Nandus Kloster nahe Punin
Was bleibt von einem, wenn sich die Seele vom Körper in seiner derischen Existenz gelöst hat und Satinav einen Punkt im Buch der Geschichte setzt?
Mein ganzes Leben habe ich mit meinem Schicksal gehadert. Weder durfte ich das Geheimnis meiner Herkunft klären, noch eine glückliche Kindheit genießen. Mit Krankheit und körperlicher Schwäche gestraft, musste ich mit den Widrigkeiten des Lebens fertig werden. Mein Wissen und meine Erkenntnisse zu jeglichen Themen der Magie oder Geschichte wurden verkannt, ignoriert oder mit Neid begegnet. Angst schürte die Abneigung mir gegenüber. Immer wieder schickte man mich auf Reisen in der Hoffnung, ich würde niemals wiederkehren. Dann bürdete mir das Schicksal das erste Zeichen auf. Führte mich an den Rand der Niederhöllen und des Wahnsinns. Meine Gefährten verrieten mich, man nahm mir die Magie, das Augenlicht und ließ mich in der Einsamkeit zurück. Für alles gab ich den Göttern die Schuld. Wer auch sonst konnte dafür verantwortlich sein? Das Schicksal eines Sterblichen steht fest, nur die Götter und Geschöpfe außerhalb des Mysteriums von Kha sind wohl in der Lage es zu ändern. Ich war mir sicher, die Götter hatten sich in mein Schicksal eingemischt und es gegen mich gewand. Aus Vergnügen an meinem Leid, wie ich mir sicher war, doch wie vermochte ich als Sterblicher auch die Wahrheit erkennen?
Was nützen die Augen, wenn man nicht sehen vermag? Ich musste mein Augenlicht verlieren um zu sehen. Mir musste die Magie genommen werden um die Wahrheit in meinem Herzen zu erkennen. Mir wurde das Vertrauen genommen, um in der Einsamkeit die Nähe die Götter zu finden – um die Wahrheit zu sehen.
Eine Klinge muss durch das Feuer gehen: Zerbricht sie war sie es nicht wert. Zerbricht sie jedoch nicht, dann ist sie umso stabiler und bereit für den Krieg.
Die Götter waren für mein Schicksal verantwortlich. Jedoch hatte ich mich mein Leben lang im Grund geirrt. Die Götter ergötzten sich nicht an meinem Schicksal, sie bereiteten mich erst auf mein Schicksal vor. Man nahm mir alles um zu sehen ob ich wie die Klinge zerbrechen würde oder gestärkt aufstehen würde.
Wie kam es eigentlich dazu, dass Randol, der Magier, sich nach dem Exorzismuses seines Dämonenpaktes zu einem Geweihten des Nandus weihen ließ? Und was passierte innerhalb der Mauern des Nandustempels, nachdem die Gezeichneten ihn hier untterbrachten?
Seit die Gezeichneten den wirren Geist und zerbrechlichen Körper Randols der Obhut der Puniner Nandusgeweihtenschaft anvertrauten, durchlebte er eine tiefgreifende Wandlung. Zeiten von tiefer Verzweiflung und bitterer Erkenntnis wechselnden ebenso wie der Sommer dem Herbst wich und dieser dem Winter. Es vergingen mehrere Götterläufe, bis Randol die Wahrheit erkannte. Als Randol von den Geweihten aufgenommen wurde, war sein Geist wirr und er verfluchte die Götter, die ihn schon sein ganzes Leben betrogen, verleugnet und ihr Spiel mit ihm getrieben haben. Er fühlte sich zutiefst verraten von den Gezeichneten und verlassen von allem und jedem. Seiner Magie beraubt, fehlte ihm jetzt sein einziger Grund zu leben. Nach einigen Wochen beruhigte sich sein Verstand und er begriff, dass er mit dieser offenkundigen Ablehnung den Geweihten gegenüber nie wieder einen Fuß vor den Tempel setzen würde. Er ersann den Plan, vordergründig den Anschein zu erwecken, sich zu ändern. In der Hoffnung irgendwann entlassen zu werden, nahm er an Andachten und Götterdiensten teil. Zu diesem Zeitpunkt stellte man ihm den Novizen Nandu Dottersbach zur Seite. Mit dessen Hilfe begann Randol dann die Tempelbibliothek systematisch nach Wissen gegen Borbarad und um Rohal zu durchsuchen. In Ermangelung seiner Sehkraft bediente er sich dem jungen Nandu, der ihm so manches Buch vorlas. Die Zeit verging und der Winter wich wieder dem Frühling. Immer wieder keimte in Randol der Gedanke, vielleicht wieder seine alten Kräfte in einem Pakt zu suchen… Die Versuchung war groß, immerhin hatten die Götter ihn schon früh verlassen. Doch mit der Zeit, den Büchern und dem Umfeld wandelte sich sein Blickfeld. Randol wurde ausgeglichener, seine Sinne schärften sich. Er nahm Dinge war, die er sonst nie so empfunden hatte. Dufteten die Blumen im Frühjahr immer so intensiv? Diese Unruhe der Leute in den Tempeln… Etwas änderte sich. Des Nachts wurde Randol um das eine wie andere Mal von Träumen aus dem Schlaf gerissen. Visionen, brennende Städte, verwirrende Parabeln. Träume mit denen er oft nicht anzufangen wusste. Die Freundschaft zwischen Randol und dem Novizen Nandu, der von dem Magier fasziniert war, wuchs und Randol nutze dies, den Novizen für seine Ziele einzubinden. Über einige Unterhändler gelang Randol in den Besitz der verbotenen Chroniken von Ilaris, welche Nandu ihm vorlas. Nächte lang diskutierten sie über die ketzerischen Thesen von Ilaris. Die Zeit verging und Randols Gedanken wurden zweifelhafter. Hatte er sich geirrt? Warum war er hier? Waren es die Götter die ihn verlassen hatten? Eines Tages, verriegelte Randol die Tür und verließ seine karge Kammer 12 Tage lang nicht mehr. Am 12 Tage, öffnete er entkräftet die Tür und bat den Tempelvorsteher matt nach der Aufnahme in die Arme der Zwölfgöttlichen Kirche. In diesen 12 Tagen der Meditation, der Streitgespräche mit sich selbst und der Entbehrung, hatte der blinde Randol endlich seinen Platz auf Dere erkannt: Die Götter hatten sich nie von ihm abgewendet, seine Schwächen waren keine Strafe und sein Schicksal war niemals verdammt gewesen. Ihm war in diesen Götterläufen eine schicksalhafte Rolle zugedacht worden und sein gesamtes Leben war nur die Vorbereitung auf das, was da kommen werden würde. Jede noch so harte Prüfung, jeder Rückschlag, der Pakt, seine eingebüßte Zauberkraft, seine Blindheit, all das war nur die Vorbereitung seines Geistes auf nichtmenschliche Belastungen. Er war das Schwert, das durch das Feuer musste um es zu härten. Und er ist nicht zerbrochen, sondern gestärkt daraus hervorgegangen! Noch am selben Tag trat er als Novizen in die Nanduskriche ein und nahm sich den neuen Namen Randorius Nandruian. Hingebungsvoll und mit einem ungewöhnlichen Durchblick wandelte er sich von einem selbsterklärten Feind der Götter zu einem treuen Diener. Er war erblindet aber hat das Sehen dadurch erst gelernt. Nach der Zeit des Novizentums nahm er dann schlussendlich die Weihe an. So wurde aus dem Magier und Adeptus minor Randol, der Nandusgeweihte Randorius Nandurian.