Auf dem Basar drängten Menschen sich aneinander. Sie liefen umher oder bestaunten die Köstlichkeiten und Luxusgüter aus ganz Aventurien hier versammelt waren. Stimmen aus allem Himmelsrichtungen vermischten sich miteinander, bis man kaum noch die Rufe eines Händlers, der seine Waren anpries, von dem Flüstern in den Schatten unterscheiden konnte. Gerüche von Obst, Wein und Duftwassern schwängerte die Luft.
So viel Leben herrschte auf dem Markt. Man konnte die Diebe kaum erkennen, welche die Unaufmerksamkeit von Reisenden nutzen, um Geldbeutel los zu schneiden.
Selten war Saphira glücklicher darüber, dass die Menschen einen Bogen um sie machten. Keiner wagte, sich in den Weg einer Rahjani zu stellen oder sie zu belästigen. Schützend legte sie die Hand auf das Haupt des Mädchens, welches sich an ihren Rock geklammert hatte. Mit großen Augen betrachtete diese das geschäftige Treiben auf dem Basar.
>>Seht ihr, Herr, ich kann unmöglich einige meiner Männer für euch abbestellen. Ich verkaufe hier in Fasar nur die Ware, die ich einkaufe. Keine Dienstleistungen. Wenn ihr die Waren an einen Ort geliefert haben möchtet, so müsst ihr dafür Leute angagieren.<<
Vor einem Stoff mit erlesenen Stoffen blieb die Geweihte stehen. Sie begutachtete die ausgebreiteten Waren schweigend und wartete darauf, dass der Händler sie bemerkte. Dieser diskutierte mit einem Kunden über die Transport einiger Ballen über den Raschtulswall, doch er verstummte, als er die Rahjani bemerkte.
Mit einer tiefen Verbeugung wandte er sich an sie. >>Eurer Gnaden, warum habt ihr nichts gesagt? Wie unhöflich von mir, euch hier stehen zu lassen. Was kann ich bescheidener Mann für euch tun? <<
Ein sanftes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. >>Ich wollte nicht die Unhöflichkeit besitzen, mich einfach vor zu drängeln.<< Saphira blickte den Kunden an, der neben ihr stand. Er machte eine Geste und deutete ihr somit, dass er sie vorließ. >>Ich bin neugierig auf deine Waren. <<
>>Selbstverständlich, Herrin. Doch bezweifle ich, dass meine Waren euch genügen werden. <<
>>Das liegt an mir, es zu entscheiden, nicht war? << Ihr Lächeln jagte ihm einen Schauer über den Rücken. >>Ich hörte, ich könnte bei dir einige Ballen Al’Anfanischer Seide finden. <<
Der Händler schien wie durch einen Blitz getroffen. Erst schien er nicht zu wissen, was er tun sollte, dann stolperte er fast zu einigen Kisten hinter dem Tresen. Eine Weile suchte er, bis er eine mit dem wertvollen Inhalt fand. >>Einige Ballen habe ich noch hier, euer Gnaden. Meinen Restbestand der letzten Lieferung. Leider ist es nicht mehr viel. << Während er suchte plapperte er unentwegt, was Saphira mit milden Lächeln erduldete. >>Der rote Stoff ist schon seit einigen Tagen verkauft. Hätte ich gewusst, dass ihr Interesse an hegt, hätte ich sie zurück legen lassen…<<
Saphira gebot dem Händler zu schweigen. Sie beugte sich zu dem Mädchen herunter, die sich an ihrem Rock klammerte. >>Ischar. Welche Farbe soll das Kleid deiner Puppe haben? <<
>>Ich mag grün sehr gerne, Tante. <<
>>Dann soll es wohl grün sein. Hast du gehört, guter Mann? << Er zuckte leicht zusammen und krammte in der Kiste nach dem passenden Stoff. >>Zwei Meter reichen mir. Sowohl von dem dunklen als auch von dem hellen Grün. <<
Er nickte. >>Ohne euch nahe treten zu wollen, aber die Seide ist sehr teuer. Die Produktion, die Reisekosten, der Lohn für meine Arbeiter. Es lohnt sich kaum, einige Meter zu kaufen…<<
Saphira reichte ihm einen schweren Geldbeutel. >>Gutes Material kostet. Das verstehe ich. Von dem Rest des Goldes würde ich gerne Ballen diesen Stoffes dort kaufen. << Die Geweihte deutete auf dem roten, durchsichtigen Stoff mit Rosenstickereien.
Der Händler riss die Augen auf, als er gewahr wurde wie viele Münzen in dem Beutel waren. Er verbeugte sich mehrfach und murmelte Lobpreisungen an die heitere Göttin, während er sich daran machte die Stoffe zu verpacken.
>>Langweilst du dich, kleine Prinzessin?<<
Ischar schüttelte den Kopf. Wachsam und neugierig betrachtete sie sie die Menschen auf dem Basar. Händler, Bettler, Reisende. Das Mädchen hatte Saphira inständig darum gebeten, einmal die Gegend außerhalb des Tempels sehen zu dürfen. Fasar war eine gefährliche Stadt, doch so lange die Geweihte ein Auge auf sie hatte, musste sie sich nicht sorgen.
Der Tempel der roten Schwester war kein Ort für Kinder. Ischar hatte keine Spielkameraden oder Gelegenheiten um sich abzulenken. Saphira musste mit Reshalia sprechen, damit diese die Kleine irgendwohin geschickt werden konnte, wo sie Kontakt zu Gleichaltrigen bekam.
Die Geweihte merkte, wie Ischars Blick an etwas hängen blieb. Auf einem Jungen, der im selben Alter war wie sie. Er rannte auf eine Frau zu, fiel dabei hin und begann zu weinen. Sofort eilte die Frau auf ihn zu und half ihm beim aufstehen. Beruhigend redete sie auf ihn ein und betrachtete die Wunde am Bein. Als das Kind sich brav beruhigt hatte, wurde es von seiner Mutter auf den Arm genommen. Der Junge umarmte sie dankbar.
>>Es wird Zeit zurück zu gehen<<, sagte Saphira sanft.
Ischar riss den Blick von dem Jungen los und blickte schuldbewusst zu Boden.
Ich muss dringend mit Reshalia reden, dachte Saphira besorgt. Ischar war ein Kind, dass Radscha Uschtammar auf Dere haben wollte und so hatte ihre Mutter schon früh angefangen, sie in der Lebensweise der Heiteren zu schulen. Aber dem Mädchen fehlte etwas. Das normale Leben eines Kindes. Mit Gleichaltrigen und vor allem eine Mutter.
Ischar wurde immer aufmerksamer, wenn sie merkte, dass etwas fehlte. Etwas, was der Glaube an Radscha nicht füllen konnte. Sie war keine Göttin für kleine Mädchen.
Saphira musste Reshalia davon überzeugen, ihrer Tochter mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
>>Eurer Gnaden?<<, stammelte der Händler. Die Geweihte schaute auf. Er rang mit den Händen. >>Ich habe die Bündel vorbereitet... Wie wollt ihr sie in den Tempel transportieren?<<
Sie lächelte. >>Meine Begleiter werden sich der Bündel annehmen. Habt dank, ich werde euch empfehlen.<<
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