22. Peraine 1011 BF
Ich kann an zwei Händen abzählen, wie viele Stunden ich die letzten drei Tage geschlafen habe, aber nicht jede schlaflose Stunde war dieses Mal eine Katastrophe, ich beginne am Besten mal von vorne:
Ich konnte bei Rik leider keinen Blick in die Gedanken erhaschen, seine Gedanken scheinen mir so andersartig, so fremd geradezu, ich werde einfach nicht schlau aus ihm. Ich hatte gehofft, nach dem Erfolg mit dem Bad, dass ich den Grund etwas herausfinden könnte und meinem Eindruck nach war er auch wirklich dazu bereit, dass ich in seine Gedanken blicken darf, nur leider half das trotz allem nichts. Nichtsdestotrotz gibt es bei Rik weitere Fortschritte, aber dazu später.
(19. Peraine 1011 BF) Die drei gefährlichen Tage bei Laske gehen wieder los, scheinbar hat er ein Huhn gerissen, während wir damit beschäftigt waren, Rik zu baden, aber ein Kollege von mir hat ihn dann in die Isolationszelle gesperrt. Sein Verhalten ist wie üblich, er wird immer animalischer. Dafür ist Paschjew geheilt, er verliert sein Fell, ich habe ihn im Laufe des Tages aus der Isolationshaft genommen und ihm erstmal ein Bad eingelassen, er konnte auch einige Angaben zu dem Überfall auf die Kutsche machen. Die drei zerstückelten Leichen, augenscheinlich Norbarden, haben die Kutsche überfallen und das Pferd mit einem Bolzen zu Fall gebracht. Paschjew gab an, dass zwei Kutschen unterwegs gewesen seien und er selbst nicht gewusst hätte, wen er transportiert, ob die Begleitung von Trjendow Wukschpaar oder ihre Doppelgängerin. Als die Norbarden die Kutsche angriffen, kam dann offenbar diese Bestie (seine Formulierung) und zerfetzte die drei Angreifer, seine Begleitung und ihn habe sie nur gebissen. Was danach geschah, ist mir ja bekannt, ich kam dazu, als Thulvje die Begleitung Paschjews erstach und konnte ihn gerade noch davon abhalten, ihm selbiges anzutun. Peraine sei Dank. Aber dank der Befragung des Bronnjaren war dies wieder ein sehr schlafloser Tag meinerseits,, denn Abends waren wir ja wieder eingeladen. Zusätzlich musste ich den Firun-Geweihten untersuchen, da Golgarah, die wie mir Tanile mitteilte, mit einer Marbidin ein hitziges Gefecht gehabt zu haben scheint, nicht anwesend war. Ich hoffe nur, dass sie mir nicht allzu böse ist.
Offenbar gab es am Vortag einen versuchten Brandanschlag zur zehnten Stunde. Nur heute sollte es noch schlimmer kommen, just nach dem Treffen von Gari und mir mit dem Bronnjaren bei Garis Mutter. Natascha hat dem Bronnjaren deutlich gemacht, dass sie ihm ein sehr gutes Angebot unterbreitet, dass dieses jedoch erlischt, sollte er mit den Ragaschoffs handeln. Da gehe ich mit ihr vollkommen konform. Gari hat es sehr zugesetzt, dass ihre Mutter dem Bronnjaren erzählt hat, was ihr Problem ist, sie meinte zu mir, das ginge ihn doch nichts an. Mir fiel auf, dass sie mehr und mehr verkrampfte bei dem Thema, weshalb ich mit ihr in den Innenhof gegangen bin und ein klärendes Gespräch geführt habe. Erst da bemerkte ich, dass sie eine Gabel dabei hatte, ich bin froh, dass ich schlimmeres verhindern konnte. Als wir uns gerade auf den Heimweg machen wollten, es war so um die elfte Stunde, bemerkten wir beim Nordtor ein großes Feuer, ich habe sofort den Kutscher zum löschen geschickt und mich mit Gari in die Akademie begeben. Ich habe dabei festgestellt, unter Druck scheint Gari vollkommen automatisch zu funktionieren, sie schneidet selbst Männer aus ihrer Kleidung ohne irgendein Anzeichen von Verkrampftheit oder Angst. Ihr Helferkomplex überwiegt offenbar ihr Trauma.
Ich bin froh, dass ich zur Stelle war und helfen konnte, die traurige Bilanz dieses Abends, man bemerke allein in der Akademie, 15 Schwerstverletzte, 12 mittelschwer Verletzte, auch Nadira Ilumkis kam zur Behandlung, sie hat eine Mutter und ihr Baby aus den Flammen gerettet und leider auch ein Toter. Insgesamt hat das Feuer 30 Menschen das Leben gekostet.
Ich habe es übrigens Ifrunndoch und Doran zu verdanken, dass die Bevölkerung Rik nicht aufgeknüpft hat, der rannte nämlich direkt in die Stadt bzw. wollte hinein, wurde an den Toren jedoch von den beiden abgefangen. (Doran ist augenscheinlich ein Zwerg, ein Ifirn-Geweihter mit kurz geschorenem Bart. So ganz blicke ich noch nicht durch, ob das so zwergisch ist, aber nun gut, er ist sehr hilfsbereit und scheinbar ein guter Jäger.) Die beiden brachten Rik dann zurück zum Gut, ein wenig lädiert zwar, aber lebend.
(20. Peraine 1011 BF) Als ich ins Gut zurückkehre, erfahre ich nur schlechte Nachrichten. Rik wurde zusammengeschlagen, dies jedoch aus gutem Grund, er hätte in der Stadt nicht lange überlebt, Tanile wurde von Thulvje überfallen, welcher Paschjew entführt hat. Ich weiß nicht, was Thulvje mit ihm vorhat, aber ich hoffe, dass Doran, Iffrundoch und Pjerow, welche sich auf die Suche nach ihm gemacht haben, ihn finden.
Das Feuer, welches in der Stadt gewütet hat, musste mit Sand gelöscht werden, ich frage mich, wie das gehen kann, ich sollte mir bei Gelegenheit in der Akademie ein Buch besorgen, welches Brandmittel behandelt, ich hoffe, wir haben eins in der Bibliothek.
Gegen Nachmittag war Paschjew plötzlich an der Tür, ich befand mich allein im Gut, da die anderen Adepten zur Aussage in Norburg waren. Nur leider kam Paschjew nicht allein, Thulvje war bei ihm und bedrohte mich mit einer Armbrust. Er sperrte mich in einer der Isolationszellen ein und nahm Laske mit den Worten "Ich heile dir jetzt mal deinen Patienten" mit. Nur gut, dass er Rik nicht ernst genommen hat, ich konnte ihn dazu bringen, mich aus der Zelle zu lassen. Was dann geschah, war noch viel surrealer. Rik machte mir verständlich, dass um Mitternacht der Firun-Tempel brennen sollte. Ich weiß nicht, woher er das wusste, aber ich habe ihm geglaubt. Noch während ich überlegt habe, wie ich verfahren soll, immerhin war ich alleine im Gut, kam Gerbald mit zwei Bütteln ins Gut. Ich habe nicht genau verstanden, weshalb, aber als ich ihm mitteilte, dass der Firun-Tempel brennen soll, wies er den einen Büttel an, vorzureiten und der zweite sollte im Gut bleiben. Gerbald packte mich und hievte mich auf sein riesiges Pferd und wir galoppierten los. Der Büttel, den er vorausgeschickt hat, hatte offenbar einen Unfall, sein Pferd lag am Wegesrand, nur gut, dass wir in der Akademie einen Magister haben, der sich mit Tieren besser auskennt, außerdem zählt jetzt jede Sekunde.
Angekommen in Norburg am Firun-Tempel eilt Gerbald direkt hinein und sieht eine Gestalt, welche in zerfetzte, zusammengewürfelte schwarze Kleidung gehüllt ist. Ich konnte nicht direkt erkennen, was er tat, aber auf einmal brannte der Tempel und Gerbald schlug wie wild auf die Gestalt ein, die sich nicht ein einziges Mal gewehrt hat. Die Büttel kamen sehr schnell zum löschen und ich gab mein Bestes um den Brandstifter vor dem Tod zu bewahren, aber es gelang mir leider nicht. Während ich mich noch bemühte, das letzte bisschen Leben in seinem Körper zu halten, fiel mir eine Art Tagebuch auf und meine Neugier trieb mich dazu, es zu lesen, nachdem ich erkannte, dass ich nichts mehr tun konnte. Offenbar handelte es sich um einen Forscher, Wissenschaftler, ich weiß es nicht genau, dessen wissenschaftliche Neugier ihn dazu trieb, die Stadt anzuzünden. Angeblich würde das Feuer das Böse reinigen, welches auf dem Vormarsch wäre. Ich muss mir das alles nachher nochmal genauer durchlesen, jetzt gilt es erst einmal wieder zurück ins Gut zu eilen, ich glaube nicht, dass ein Büttel mit allen Patienten zurecht kommt.
Rajan tobt in einer Isolationszelle, der Büttel ist schier starr vor Angst, sein Schwert scheint nahezu geschmolzen. Auf Nachfrage sagt er, dass er Rik damit in Schach halten wollte, der versucht gerade einen Baumstamm zum Kamin zu zerren. Ich glaube, er ist mir ein wenig beleidigt, hatte ich doch eigentlich vor, mit ihm in die Stadt zu gehen um die Büttel zu warnen vor dem Brand. Ich wusste ja nicht, dass ich per Pferd reisen würde.
Es wird immer turbulenter, Doran, Pjerow, Iffrundoch und Thulvje kehren zurück, sie sagen, der Werwolf sei zur Stadt zurück geflohen und sie wollen ihn verfolgen. In einem Nebensatz erwähnen sie, dass Laske und Paschjew noch im Wald wären. Peraine sei Dank erklärt sich Iffrundoch bereit, mit mir zu den beiden zu eilen, Paschjew hängt kopfüber vom Baum, er hat vor lauter Angst die Kontrolle über seine Ausscheidungen verloren, scheint ansonsten aber unversehrt zu sein. Laske ist verletzt, aber, ich glaube es kaum, völlig normal. Auf mein Nachfragen erklärt er mir, dass er den Werwolf in den Nacken gebissen hat, weil er so unglaublich wütend auf ihn war. Wie damals, als Thulvjes Schwester angegriffen wurde, da war er auch sehr wütend auf die Bestie. Es ist Vollmond und Laske ist ansprechbar, verhält sich vollkommen menschlich, als wäre nie etwas gewesen. Zumindest hat Thulvje Recht behalten mit seiner Aussage, wenngleich seine Methode reichlich unkonventionell ist.
Immerhin wird heute meine letzte Nachtschicht sein, danach habe ich erstmal frei.
(21. Peraine 1011 BF) Golgarah ist enttäuscht von mir, aber ich glaube, sie hat mir schon längst wieder verziehen. In der Akademie habe ich Doran und Iffrundoch Uuhs Oduhn vorgestellt, Iffrundoch scheint sich bei ihm wohlzufühlen, er hat dort sogar übernachtet. Ich habe mich den ganzen Tag meinen Studien gewidmet, ich muss es doch ausnutzen, wenn ich mal ein wenig Ruhe habe, nur ganz zur Ruhe komme ich einfach nicht, es zieht mich zurück ins Gut.
(22. Peraine 1011 BF) Dort teilt mir Tanile mit, dass Rik den ganzen Tag nicht aus seinem Zimmer gekommen ist und dass Libussa angefangen hat, zu brabbeln! Ich sei ja nicht da gewesen, weshalb sie mir nicht Bescheid gesagt habe. Ich kann nicht verstehen, was Libussa sagt, aber ihre Lippen bewegen sich unablässig und sie fixiert die ganze Zeit einen Punkt im Nordosten, ganz gleich, wie ich sie hinsetze, sie dreht sicht aktiv um und fixiert wieder diesen Punkt. In dieser Richtung liegt das Totenmoor, ob das was zu bedeuten hat?
Als ich zu Rik in das Zimmer gehe, sehe ich, wie er alles Mögliche und auch Unmögliche in eine Kiste packt. Er hat Kleidung von sich eingepackt, Stofffetzen, zertrümmerte Stuhl- und Schrankteile, er scheint zu packen. Ich habe mich zu ihm gesetzt und versucht, mit ihm zu reden. Er zieht mich zum Feuer und lässt darin kleine Figuren entstehen. Ich sehe eine sehr große Figur, ich vermute, es könnte Iffrundoch sein und eine sehr kleine, das bin wohl ich. Beide Figuren werden von einem Monster angegriffen und sterben dabei. Danach deutet mir Rik, dass er uns beschützen könne, wenn er mitkommt, eine dritte Figur entsteht, die dem angreifenden Monster einen Feuerball entgegen schleudert, das Monster stirbt, die drei Figuren leben. Rik bedeutet mir, dass er mitkommen will, wenn wir aufbrechen. Ich habe noch nie eine solche Aktivität von ihm gesehen und weiß im Moment nicht, wie ich mich verhalten soll. Ich bin mir sicher, dass der Bronnjar dagegen sein wird, ich glaube aber auch, dass Rik die Wahrheit sagt. Er meint, er hätte die Information über dieses Monster von Libussa, sie würde mit ihm in seinem Kopf reden. Was soll ich nur tun? Ich weiß, dass ich früher oder später eine Expedition ins Totenmoor machen werde, ich weiß auch, dass Iffrundoch das selbe Ziel hat, vielleicht kann ich es ja einrichten, dass man Rik nachholt, wenn es daran geht, ins Totenmoor zu reisen. Auf Dauer mitnehmen geht einfach nicht, gerade am Anfang wird jede helfende Hand gebraucht und vor allem jedes Scheit Feuerholz. Rik würde sämtliche Vorräte jede Nacht aufs Neue verbrennen, wie er es hier im Gut tut, das wäre keine gute Idee. Ich hoffe, ich finde noch eine Lösung, ich weiß nicht warum, aber ich glaube Rik. Etwas Böses wartet auf uns.