nachdem Ludalf das gestohlene Schwert zurückgegeben wurde, beschlossen wir, die Angelegenheit mit Euer Hochwohlgebohren Barnhelm von Rabenmund, dem Grafen von Ochsenwasser, zu regeln. Vorher bezifferte die Dame Cankunako den Wert des von den Tobriern konfeszierten Geldsacks auf 783 Goldstücke. Der hochgelehrte Herr Seehoff hatte Bedenken, ob dies ausreichen würde, um einen so wertvollen Gegenstand auszulösen. So machten wir uns also auf und fanden rasch das Zelt des Herrn Grafen. Nach einer kurzen Unterredung mit der Zeltwache wurde der Prinz der Waldwacht, der hochgelehrte Herr Seehoff und ich zum Herrn Grafen vorgelassen. Nachdem ich ihn über die delikate Angelegenheit unterrichtet hatte, reagierte er zunächst etwas ungehalten, ob des Vorschlags der Rückabwicklung. Erst nach einiger Überzeugungsarbeit und der Aufstockung des Goldbetrag auf die ursprüngliche Kaufsumme von 800 Dukaten konnte man Einigkeit erzielen unter der Bedingung der absoluten Diskretion dieser Angelegenheit. Laurom bekam den Wurmspieß in der originalen Schutzhülle wieder ausgehändigt. Somit war auch dieses geregelt.
Herr Seehoff bestand darauf, Laurom persönlich zum Zelte des Hochkönigs Albrax, Sohn des Agam zu geleiten. Ich erfuhr durch spätere Erzählungen, dass der Hochkönig wohl schon auf den überfälligen Prinzen gewartet hatte und hoch erfreut über dessen Eintreffen war. Der Herr Seehoff war oder ist ein Angraxanim und als solcher gab es dann auch den einen oder anderen Humpen mit dem Hochkönig zu lehren. Der Wurmspieß war wohl aus einem sehr seltenen Material geschmiedet, wesentlich mehr Wert als die 800 Dukaten und ein Geschenk an den Reichsbehüter Brin von Gareth. Jedenfalls konnten wir dem armen Laurom helfen, und dafür haben wir einen Gefallen gut.
Am nächsten Tag stand ich früh auf um vor dem Eröffnungsgottesdienst noch zu speißen. Ich wies die Torwachen an, die fünf Schildträger aus dem Hause Adersin passieren zu lassen bzw. zu mir zu schicken, wenn diese einträfen. In der Zwischenzeit weckte ich die anderen. Die Schildträger kamen auch rechtzeitig, jedoch hätte ich beinahe den Beginn der Gottesdienstes verpasst, hatte ich doch vor lauter Aufregung vergessen, mich zu rüsten und zu gürten. Sei es drum, der Gottesdienst wurde vom Turniermarshall persönlich eröffnet. Anschliessen nahm man in der Reihenfolge des Ranges Aufstellung zum feierlichen Einmarsch in die Tjostbahn. Dort verlor ich die anderen Gefährten aus den Augen, da ich standesgemäß als Edler mich mittig hinter den Baronen zu platzieren hatte. Auch aus Erzählungen erfuhr ich nachträglich, dass die Dame Cankunako das Gespräch des Tages war, da sie im Gegensatz zu den Anderen auf Ihrem Straußenvogel reitend an dem Zug teilnahm. Andere Länder, andere Sitten. Der Zug marschierte dann aus dem Turniergelände über die angrenzenden Straßen von Gareth unter Jubel und Beifall des Volkes zur Tjostbahn und marschierte zur Begrüßung durch die kaiserliche Familie ein. Wahrlich, es war ein bewegender Moment, die besten Streiterinnen und Streiter des kaiserlichen Reichs versammelt zu sehen und ein Teil davon zu sein.
So nahmen wir also Aufstellung und "der Greif" eröffnete als oberster Herold des Reichs das Turnier. Ihre kaiserliche Majestät Emer und Ihre kaiserliche Hoheit Rohaja sprachen ebenfalls, während Selindian und Dexter Nemrod körperliche Präsenz zeigten. Als dann die Schildträger die Schilde Ihrer hohen Herren in das Schildregal stellten, ereignete sich eine besorgniserregende Begebenheit. Ein in schwarzer Plattenrüstung gekleideter Ritter mit einem Vollvisierhelm in Form einer Wolfsschnauze preschte auf einem unheimlichen schwarzen Rosse heran und verkündete, alle Disziplinen des Turniers gewinnen zu wollen. Es war etwas Unheimliches, gar Bedrohliches an diesem hohen Herrn, der sich als "Alrik von Dunkelschlund" in die Turnierrolle eintragen lies.
Das Turnier begann traditionell mit dem Lanzengang. Da keiner meiner Gefährten an dieser Disziplin teilnahm, gesellte ich mich auf die Tribüne zur hochgeschätzen Dame Rebakken. Ein äußerst kurzweiliges Gespräch entwickelte sich mit der Dame. Nebenbei beobachtete ich den schwarzen Ritter und sein Treiben. Meine Einschätzung bestätigte sich rasch, denn er holte einen Gegner nach dem anderen vom Rosse. Doch machte ich eine noch beunruhigendere Entdeckung. Das Brandzeichen des schwarzen Rosses bescheinigte dessen Herkunft aus dem Marstall von Warunk. Leider konnte ich das Alter des Rosses nicht einschätzen. In der Vorschlußrunde war ich dann gespannt auf den Ausgang des Duells von dem hohen Herrn Abelmir Castavall und dem Obristen. Castavall forderte das Schild des von Blauthann, wohlweislich hatte er sich auf die ausgemachte Belohnung erinnert, wenn der Herr Oberst vom Rosse fiel. Doch es sollte nicht sein. Castavall unterlag knapp. Dann werde ich mir eben den Herrn Oberst vorknöpfen, denn mit Sicherheit wird er bei den leichten Waffen teilnehmen. Das Endergebnis der Tjose war: Sieg durch Algunde von Falkenhag, eine Anführerin der Ferdoker Lanzerinnen, welche den Herrn Oberst und den schwarzen Ritter auf die weiteren Plätze verwies.
Am Abend kam es dann zu den ersten Feierlichkeiten. Der Greif gab sogar eine Geschichte in Manier eines tulamidischen Märchenerzählers zum Besten. Doch meine Gedanken hingen über den schwarzen Ritter, denn ein Stallbursche konnte das Alter des Rosses auf etwas sechs Götterläufe schätzen. Das heisst, das Ross war nach Übernahme von Warunk durch die Bethaner dort geworfen worden. Somit war dieser schwarze Ritter mit hoher Wahrscheinlichkeit auch einer dieser Fraktion und wollte das Turnier gewinnen, um das Kaiserreich der Lächerlichkeit preiszugeben. Ich wollte mit dem Herrn sprechen und suchte dessen Zelt auf. Aber leider wurde ich nicht vorgelassen, man weigerte sich sogar, mit mir zu sprechen. Dennoch blieb mir nicht viel Zeit, denn morgen standen die leichten Handwaffen an und so ging ich früh zu Bette.
Am nächsten Morgen begann die Diszplin mit einer Überraschung. Ihre kaiserliche Hoheit Rohaja lies die Teilnehmer in Linie antreten und warf ein Tuch ausgerechnet in meine Richtung. Was soll ich also tun, hatte ich doch schon die Dame Rebakken als meine Turniermaid erkoren? Ich nahm als das kaiserliche Präsent, was die Dame Rebakken sichtlich erschütterte. Aber bevor irgendein Fremdländer sich das Tuch grapschte, fing ich es lieber. Mein erster Kampf stand an gegen den hochgeborenen Malepartus von Helburg, Baron zu Höllenwall, einer Baronie neben dem Rashtullswall in der Grafschaft Eslamsgrund. Sein Schild zeigte ein schwarz-rotes Geviert und er forderte mein Schild. Ich began den Kampf nervös und nicht richtig bei der Sache. Noch immer war ich ihm Gedanken bei Rohaja, war Sie nun doch auch meiner Turniermaid. Der Herr Baron kämpfte mit einem Langschwert und vermochte, es gut zu führen. Ich musste einige Treffer einstecken, trotz der Führung eines Schildes. Doch dann bekam ich den Kampf besser in den Griff und der Herr Baron musste seinerseits Treffer um Treffer einstecken. Als sich die Gelegenheit zu einem entscheidenden Schlag bot, führte ich diesen mit einer derartigen Wucht aus, dass das Schwert des Herrn Baron und meines splitterten. Er gab anschließend auf.
Der Kampf hatte mir mehr Mühen bereitet als mir lieb war und mein Turnierlangschwert war Geschichte. Ich gewann für den zweiten Kampf das Recht, das Schild zu fordern und forderte einen mir unbekannten Edlen aus Almada, der typisch für seine Herkunft als Degenfechter mit Linkhand ohne Rüstung antrat. Ich entschied mich erneut für Schild, diesesmal mit Turnierbreitschwert nach thorwalscher Art. Dieser Kampf verlief bedeutend besser, denn ich konnte sehr früh einen schweren Treffer auf seinen Parierwaffenarm landen, der Ihn schliesslich nach einiger Zeit zur Aufgabe zwang. Somit konnte ich mich mit zwei Siegen für die Hauptrunde qualifizieren.
Mal sehen, was der dritte Vorrundenkampf bringen wird ....