25. Peraine 1011 BF
Rik hört nicht auf zu packen, egal wie genau und eindringlich ich versuche ihm zu erklären, dass ich ihn nicht einfach so mitnehmen kann. Ich habe Sorge, er könnte aus dem Gut ausbrechen und mir nachreisen, aber dieses Risiko muss ich beinahe eingehen, oder?
Aber eins nach dem anderen, ich muss meine Gedanken erst einmal sammeln um nieder zu schreiben, was die letzten drei, sind es wirklich erst drei Tage, geschehen ist.
(22./23. Peraine 1011 BF) Ich konnte Rik nicht davon abhalten, seine Kiste zu packen, aber wenigstens ließ er sich dazu überreden, sich hinzulegen, der Tag war aufregend und anstrengend zugleich. Doch meine Nacht währt nur kurz, ich werde gegen ein Uhr aus dem Schlaf gerissen, zwei Werwölfe haben offenbar die Leibeigenen des Bronnjaren und die Ragaschoffs angegriffen. Scheinbar haben die Ragaschoffs zu einem Fest geladen als die beiden Werwölfe angriffen. Die Norbarden wurden regelrecht zerfleischt und in Stücke gerissen, die Leibeigenen, die im Übrigen völlig betrunken waren, wurden je zweimal gebissen und laut Zeugenaussage achtlos beiseite geworfen. Meine Kollegae, die von der Akademie wesentlich schneller vor Ort waren, als ich, haben schon die meiste Erstversorgung durchführen können, so dass ich mich mit den Verwundeten in die Akademie begeben konnte um dort die weitere Versorgung zu übernehmen. In einer ruhigen Minute habe ich mit Uuhs Oduhn gesprochen, aber sein "Auch anderes Leben ist Leben" lässt mich vermuten, dass ich dieses Mal keinen weiteren Drachenschlund von ihm erwarten kann. Einmal ganz davon abgesehen, 15 gebissene Leibeigene mit je zwei Bissen, das wären 30 Anwendungen Drachenschlund, ich glaube, dass das selbst für ihn eine schier unmögliche Aufgabe wäre.
Also studiere ich wieder das Fachbuch, das Einzige wohlgemerkt, welches wenigstens einige Informationen über Werwölfe enthält. Offenbar werden wir die Werwölfe, die die Leibeigenen gebissen haben, töten müssen, wenn wir die Verletzten retten wollen, nur wie sollen wir das anstellen?
Ich bin so müde, aber zum schlafen fehlt mir einfach die Zeit. Ich kehre zum Gut zurück und frühstücke erst einmal, dabei nutze ich die Gelegenheit, Laske und Gari von dem Überfall zu erzählen. Vor allem muss Garis Mutter davon erfahren, dass es einen Verdacht gibt. Der Händler Trjendow Wukschpaar soll ein Werwolf sein und sie steht doch, wenn ich das richtig mitbekommen habe, in engem Kontakt zu ihm, oder? Ich weiß schon gar nicht mehr, was ich zuerst tun soll.
Ifrunndoch scheint die Fährte der Wölfe verfolgt zu haben, zumindest erzählt er mir das während er mir einen Tiegel mit einer übelriechenden Enthaarungspaste übergibt sowie einigen Haaren. Er meint, der Wirt in der Taverne, zu der die Spuren geführt haben, hätte ausgesagt, dass ein reicher Händler wohl dort übernachtet haben soll.
Ifrunndoch fragt, wann es los geht und meint, er bräuchte noch mehr Wurfbeile. Sicher, wenn er sich - und hoffentlich auch uns - verteidigen will, muss er bewaffnet sein. Als ich ihn jedoch frage, ob er Geld hat, fragt er mich doch allen Ernstes was das sei, Geld. Ich sehe schon, dem muss Abhilfe geschaffen werden. Ich schreibe an die Akademie und liste auf, welchen Nutzen Ifrunndoch für das Gut derzeit hat, immerhin versorgt er uns tagtäglich mit frischem Wild. Sicher, Rik ist das egal, aber ich sehe den anderen an, dass sie sich freuen, mal etwas Abwechslung auf dem Speiseplan zu haben. Ich bin mir sicher, dass die Akademie sich dafür erkenntlich zeigen wird.
Nach ein wenig Schlaf gehe ich in die Stadt zurück, die Angaben im Buch sind zwar recht eindeutig, aber wenn sich jemand mit Werwölfen auskennt, dann doch wohl Thulvje. Daher suche ich ihn in der Garnison auf, er hat sich die ganzen Finger zerschnitten, weil er mit einer Tonscherbe versucht, das Schloss aufzubrechen. Er lässt sich davon zwar nicht abbringen, aber immerhin darf ich ihm die Hand verbinden. Er bestätigt mir, dass die Wölfe, die den Angriff durchgeführt haben, getötet werden müssen, wenn wir die Leibeigenen retten wollen. Er sagt mir weiter seine Hilfe bei der Jagd zu, wenn ich ihn hier raushole. Ich bin mir sicher, dass er sich das ein wenig anders vorgestellt hat, zumindest seine Andeutungen, dass die Wache oben den Schlüssel habe, interpretiere ich so, aber ich habe eine bessere Idee. Ich gehe in die Norburg zum Grafen und erzähle ihm davon, dass Thulvje uns bei der Jagd behilflich sein will und dass er mir versprochen hat, pünktlich zur Gerichtsverhandlung wieder in der Zelle zu sein. Gerbald wirkt skeptisch, willigt dann aber ein, unter der Voraussetzung, dass Thulvje einen heiligen Eid auf die Herrin Rondra schwört. Ich hoffe sehr, dass diese Jagd von Erfolg gekrönt ist. So sehr ich das töten verabscheue, das Leben von 15 Menschen hängt davon ab, dass diese Jagd erfolgreich verläuft.
Später erfahre ich, dass man Trjendow Wukschpaar festgesetzt hat, aber sich nicht sicher ist, wie man herausfinden kann, ob er ein Werwolf ist oder nicht. Die hohen Herren fragen mich, ob mir ein Zauber bekannt sei, der einen dazu zwingt, die Wahrheit zu sagen. Ich verspreche, dies in Erfahrung zu bringen und begebe mich in die Akademie. Dort wälze ich zuerst die Bücher und finde heraus, dass es wohl tatsächlich einen solchen Zauber gibt. Als ich die Dozenten frage, ob sie wüssten, wer diesen Zauber beherrscht, werde ich an Bisminka von Jassula verwiesen, welche mir mitteilt, dass sie diesen Zauber sehr wohl könne, es aber eine große Gefahr wäre, da sie dazu den zu Verzaubernden berühren müsse. Zurück in der Norburg teile ich diese Erkenntnisse mit und wir überlegen, wie wir diese Gefahr minimieren können. Die hohen Herren haben offenbar eine, für sie passende, Lösung gefunden, zumindest wird Wukschpaar in sein Haus überführt, scheinbar soll es dort einen Kerker geben, der für diese Zwecke geeignet wäre.
Ich kehre noch einmal in das Gut zurück, in dem schon ein Brief von der Akademie auf mich wartet. Maschdawa hat 2 Batzen für Ifrunndoch beigelegt, welche ich ihm überreiche. Auf seine Frage, was er damit anstellen soll, biete ich ihm an, später mit ihm in die Stadt zu gehen und einen Schmied aufzusuchen. Der wird sicherlich ein oder zwei Wurfbeile für ihn fertigen können.
Im Gut läuft mir Tanile über den Weg, deren Haar nahezu vollkommen versengt ist. Offenbar werden sie und Rik keine Freunde werden. Rik ist ein wenig beleidigt, weil Tanile ihn mit Wasser bespritzt hat, aber nun gut, so lange es nur das Haar ist. Wie gut, dass Ifrunndoch offenbar sehr häufig in meiner Nähe zu sein scheint, das vermittelt mir ein Gefühl der Sicherheit. Wir klappern insgesamt drei Schmiede ab, aber die haben alle Hände voll zu tun und sind dabei, sämtliches Silber einzuschmelzen, das sie auftreiben können, um daraus Waffen für die Norburg zu fertigen.
Manchmal weiß ich nicht, wo ich mit meinen Gedanken bin und genau das ist das Stichwort. Warum einen Wahrheitszauber sprechen, der mit Gefahren verbunden ist, wenn man auch in die Gedanken blicken kann. Ich teile dies, gerade noch rechtzeitig, den anderen mit und erkläre mich bereit, diesen Zauber bei den ersten drei Festgesetzten, Wukschpaar, dessen Kutscher und einer alten Dienstmagd, anzuwenden. Noch bevor ich die Treppen zum Keller hinunter gehe, hält mich Nadira Ilumkis auf. Sie teilt mir, nachdem sie sich versichert hat, das wir alleine sind, mit, dass sie eine Tochter Satuarias ist und bereits einen Blick in die Gedanken von Wukschpaar getan hat. Sie erzählt mir, was sie gesehen hat, dass Wukschpaar seine eigene Frau und sein Kind als Werwolf ermordet hat, dass Marjeschka Karamir ebenfalls ein Werwolf ist, der weißhaarige, um genau zu sein und sie sagt mir weiter, dass sie es sehr schätzen würde, wenn ich ihre Identität nicht preisgeben würde.
Ich weiß, dass die Töchter Satuarias nicht überall herzlich aufgenommen werden, aber vor mir braucht sie definitiv keine Angst zu haben. Und ich bin auch sehr froh, dass sie mir gesagt hat, was sie bei Wukschpaar gesehen hat, denn ich komme nicht zu ihm durch. Ich sage Gerbald jedoch dennoch, dass er ein Werwolf ist, ich vertraue Nadira diesbezüglich und Thulvje übernimmt es, Wukschpaar zu töten. Beim Kutscher habe ich mehr Erfolg, ich kann sehen, dass er ebenfalls ein Werwolf ist, dass Karamir der Leitwolf zu sein scheint und, was noch schlimmer ist, dass drei Werwölfe gerade auf dem Weg sind, das Gut anzugreifen. Ich schreie es förmlich heraus "Das Gut wird angegriffen! Er ist ein Werwolf und drei weitere dieser Kreaturen sind gerade auf dem Weg zum Gut! Ich muss sofort da hin!" Noch während ich dies rufe, machen sich Thulvje, und Ifrunndoch bereits auf den Weg, einzig Gerbald hält mich zurück, ich möge doch noch die Dienstmagd in Augenschein nehmen. Ich sehe, dass sie mehr Angst und Verwirrung als Wissen in ihrem Kopf hat, sie ist kein Werwolf und just als ich dies kund tat, eile ich auch schon los.
Ich renne so schnell mich meine Füße tragen können, Pjerow und Nadira begleiten mich. Schon von weitem erkenne ich einen hellen Widerschein, das Gut steht in Flammen. Ich schicke ein Stoßgebet zu Peraine und hoffe, dass es Rik ist, der sich wehrt, erfolgreich wehrt. Am Gut angekommen sehe ich bereits am eingedrückten Tor einen toten Werwolf liegen und im gleichen Moment höre ich einen Schrei, Garis Schrei. Ich eile in den Innenhof und sehe dort Laske blutend auf dem Boden liegen, eine klaffende Wunde in seinem Bauch, aus der helles Blut hervorquillt. In einer Ecke steht Gari, davor Thulvje, der sich schützend zwischen sie und einen Werwolf geschoben hat. Ich muss darauf vertrauen, dass Thulvje sie beschützen kann und knie sofort neben Laske nieder und beginne, einen Balsam zu wirken.
Aus den Augenwinkeln erkenne ich, dass Rik offenbar im Haus ist und gegen einen weiteren Werwolf kämpft, Funken sprühen, Feuerstrahlen lassen die Scheiben bersten, aber ich muss mich konzentrieren, auf Laske konzentrieren. Ich versinke beinahe in Trance und merke kaum, wie der andere Werwolf meinen Arm ziemlich übel zerkratzt, ich darf mich nicht ablenken lassen. Nur am Rand bekomme ich mit, wie Rik Tanile aus dem Fenster plumpsen lässt. Der Werwolf im Innenhof stolpert plötzlich über mich und reißt mich derart aus meiner Konzentration, dass der Zauber abbricht. Aber durch sein Stolpern kann er wenigstens getötet werden.
Kurz darauf flieht ein brennender und furchtbar stinkender Werwolf aus dem Haus und vom Gut, nur um kurz danach von Gerbald, der endlich auch angekommen ist, verfolgt zu werden. Mir bleibt keine Zeit mich auszuruhen, Gari, Nadira und ich beginnen unverzüglich damit, das Gut zu löschen, was uns, den Göttern sei Dank, auch gelingt. Rik taumelt schwer verletzt auf den Innenhof, am Rand einer klaffenden Wunde sprießt ein grau-braunes Haar, er wurde gebissen. Ich bete zu den Göttern, dass Gerbald dieses Biest zur Strecke bringt. Nach einer gefühlten Ewigkeit sehe ich, wie das einzelne Haar in einer kleinen Stichflamme aufgeht und weg ist, Gerbald scheint erfolgreich gewesen zu sein.
Noch während die Nacht erfüllt ist vom Rauch, höre ich, wie Pjerow mit jemandem zu reden scheint und ich gehe zu ihm. Ich sehe, dass er mit Libussa redet bzw. es versucht. Viel beunruhigender ist jedoch, dass Libussa etwas in die Asche vor sich gezeichnet hat. Die Norburg, zwei Männer und einen Werwolf! Woher auch immer sie das weiß, sie hat Rik damals auch von dem Feuer erzählt, daher eile ich hinaus und rufe, dass ein weiterer Werwolf die Norburg angreift, woraufhin Gerbald losreitet und Ifrunndoch, der Thulvje auf dem Rücken hat mit Pjerow hinterher eilt.
Ich hoffe sehr, dass einer der Büttel, die Gerbald mit hierher gebracht hat, die Magier verständigt, mein Kopf schmerzt, ich fühle mich vollkommen ausgebrannt und doch bedarf es noch so viel Hilfe. Nur viel kann ich im Moment nicht tun. Ich bin so erschöpft.
(24. Peraine 1011 BF) Ifrunndoch erzählt mir, als er ins Gut zurückkehrt, dass Thuljve seine Schwester gefunden und getötet hat und dass er noch immer in der Norburg sei. Ich beschließe zu ihm zu gehen und finde ihn mit Pjerow neben der Leiche des weißen Werwolfs sitzen und eine Flasche Wein trinken. Sanft rede ich auf ihn ein, dass er mit mir mitkommen solle, wir nehmen seine Schwester auch mit, was wir dann auch tun. Im Gut angekommen erkenne ich, dass das Funkeln, das irre Glitzern in Thulvjes Augen verschwunden ist, fast so als wären seine Lebensgeister verschwunden. Ich vermute, seine Schwester zu fangen und zu töten war seine Lebensaufgabe und die ist jetzt erfüllt. Ich glaube, dieses Trauma wird noch lange brauchen bis es verarbeitet ist. Als die Praiosscheibe aufgeht, verwandelt sich seine Schwester zurück und eine nackte junge Frau, die mir unter dem Namen Karamir bekannt war, kommt zum Vorschein. Ich wickle sie vorsichtig in eine Decke ein und Golgarah, die gerade eingetroffen ist, macht sich sogleich daran, sie auf ihre Schultern zu heben und zum Boronsanger zu tragen.
Als ich mich umdrehe sehe ich, wie Gari sich bei Ifrunndoch bedankt. Da er sie nicht verstehen kann, übersetze ich für die beiden. Sie bedankt sich sehr herzlich bei ihm, weil er ihr so selbstlos geholfen hat, sie sucht beinahe schon den Kontakt zu ihm, habe ich das Gefühl. Ein guter Schritt in Richtung Heilung. Nur bei Laske stehen wir wieder am Anfang. Der Biss des Werwolfs hat in ihm wieder die wahnwitzige Vorstellung geweckt, dass er selbst ein Werwolf sei, auch die Argumentation, dass der Werwolf ja getötet worden ist, dringt nicht zu ihm durch. Also kann ich bei ihm wieder von vorne beginnen mit der Therapie. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.
Erst einmal ausruhen.
(25. Peraine 1011BF) Heute muss ich zurück in die Norburg, der Prozess von Thulvje steht an. Meine Aussage, dass Thulvje seinen Dolch tatsächlich nach dem Angriff damals auf die Kutsche verloren hat, scheint nicht zu reichen, aber ich erinnere mich daran, dass es doch diesen Wahrheitszauber gibt und Thulvje stellt keine Gefahr für den Zaubernden dar. Ich frage daher, ob es möglich wäre, mit diesem Zauber zu verifizieren, ob Thulvje der Mörder von Meister Frunun ist oder nicht. Als mir erklärt wird, dass dieser Beweis anerkannt würde, mache ich mich sofort auf den Weg zu Bisminka von Jassula um sie zu bitten, uns behilflich zu sein. Leider teilt sie mir mit, dass sie nicht vor Gericht zaubern wird, dass dies keine Tochter Satuarias tun würde, aus Angst vor der Öffentlichkeit und dass ich, wenn mir etwas einfiele, doch Nadira fragen solle. Ich spreche mit Nadira, welche mir mitteilt, wenn es einen Weg gibt, dass niemand erfährt, dass sie eine Hexe ist, würde sie sich dazu bereit erklären und nachdem ich dies dem Gericht mitgeteilt habe und auch Gerbald sich damit einverstanden erklärt, dass die Befragung Thulvjes durch meine Quelle, wie ich Nadira genannt habe, in einem kleinen Raum stattfindet, in dem außer Thulvje und ihr nur noch Bisminka und ich anwesend sind als Zeugen, wird alles in die Wege geleitet um diesen Plan in die Tat umzusetzen.
In einem kleinen Raum warten Thulvje, Bisminka und ich auf Nadira, welche durch eine vesteckte Seitentür hereinkommt. Sie fragt Thulvje, ob dieser Meister Frunun getötet habe und er antwortet darauf mit einem klaren Nein. Sobald Nadira wieder verschwunden war, nicht ohne Thulvje vorher das Versprechen abzunehmen, nichts über ihre Identität zu verraten, verkündet Bisminka, dass Thulvje nicht der Mörder sei und dieser wird vom Grafen Isidor freigesprochen. Auch wenn die Bevölkerung das nicht gerne sieht, wir werden von lauten Buh-Rufen und Pfiffen begleitet, verlassen Thulvje und ich die Norburg und gehen zum Gut zurück. Wer weiß, vielleicht wird uns Thulvje ja auf unserer Reise begleiten, ich glaube, er braucht eine neue Aufgabe in seinem Leben, um diesen wieder einen Sinn zu geben.