Wir fingen naturgemäß mit der Suche nach Prinz Selindian dort an, wo er zuletzt gesehen wurde, im Boron-Tempel von Alt-Gareth. Seine Allerdurchlautigste Hoheit wurde von einem Reliquienhänder gesehen, wie er zwischen der neunten und zehnten Stunde den Tempel zusammen mit zwei kaiserlichen Wachen und Bruder Stygomar betrat. Jedoch sah der Händler ihn nicht mehr aus dem Tempel kommen. Nachdem ich dem Herrn Boron eine Spende von drei Silbernen zukommen lies, verliesen wir den Tempel wieder.
Eine inneren Eingebung des hochgelehrten Herrn Seehoff folgend, beschlossen wir, den Prinzen bei der alten Nekropole von Gareth zu suchen. Diese befand sich etwa 4 Meilen ausserhalb des Südquartiers. Da es schon spät war, bezahlte ich einen Nachtwächter, uns den Weg dorthin zu leuchten. Und tatsächlich, am Galgenhügel stand eine Gestalt, welche zwei Raben beobachtete. Nach vorsichtiger Annäherung konnte die Gestalt tatsächlich als Prinz Selindian identifiziert werden, welcher in einem Art Entrückungszustand immer und immer wieder ein Requiem rezitierte. Da ich dem Alt-Bosparanischen nicht mächtig bin, verstand ich von dem Gesprochenen kein Wort. Die Raben kreisten eine Weile um die Galgen, aber dann flogen Sie weiter Richtung Boronsanger und Prinz Hal folgte den Raben. Herr Seehoff benutzte Magie, um sich nach Gareth zurück zu begeben und die Herren Eslamsbad und Stygomar zu benachrichtigen. Der Rest folgte dem Prinzen ins Boronsanger, durch das er etwas ein Stundenglas immer hinter den Raben herstapfte. Es war eine unheimliche, gar gespenstische Stimmung zu so später Stunde, begleitet durch das ständige Zitieren des Requiems. Mir war irgendwie nicht wohl in meiner Haut. Dennoch war es unsere heilige Pflicht, den Prinzen zu schützen und so wichen wir auch nicht von seiner Seite.
Dann endlich, nach einer schier unendlichen Zeit setzten sich die Raben auf eine Grabstehle. Prinz Hal schritt zielsicher auf eines der Gräber zu, dessen Inschrift lautete: VERGESSEN, ERINNERN, VERFOLGEN. Es war weder Tsa- noch Boronstag zu entdecken, jedoch konnte ich einen Namen finden: Coran Grassberger. Dieser Name sagte zumindest mir etwas, war dieser doch zu Zeiten Kaiser Retos ein gefürchteter Zweikämpfer und noch berüchtigter Schlächter auf Maraskan, der auf Seiten der Kaiserlichen mit maraskanischer Taktik viele Feinde in den Tod schickte. Daher auch sein Beiname "Der Tod". Es heisst, er war ein meisterlicher Kämpfer mit dem Tuzakmesser. Ein direktes Duell mit Grassberger wäre wohl selbst für mich eine Herausforderung. Was wohl aus ihm geworden war? Ich wusste gar nicht, dass er bereits in Borons Reich eingegangen ist. Oder war er vielleicht noch gar nicht? Das musste ich bei Gelegenheit einmal nachforschen.
Ausserdem war da noch die Nachbildung eines Boron-Heiligtums: der Stab des Vergessens, erkennbar durch einen Rabenkopf am oberen Ende, Krallen am unteren Ende und in der Mitte eine Art Astloch. Der Stab des Vergessens wurde von Tar Honak in den Khom-Kriegen gegen die Novadis eingesetzt und das Heer Al'Anfas war dadurch siegreich aus der Schlacht hervorgegangen. Aber mehr wusste ich in diesem Augenblick nicht über den Stab.
In jenem Moment stießen Bruder Stygomar, Dom Eslam und einige Zeit später auch Fringlas wieder zu uns. Der Prinz, immer noch weggetreten, rief plötzlich: "Schützt uns, Schützt die Toten". Dann erwachte jener aus seinem Zustand und konnte sich an nichts erinnern. Wir gelobten Bruder Stygomar und Dom Eslam, über diesen Vorfall den Mantel des Schweigens auszubreiten und bekamen als Belohnung fünfzig Goldene, die wir gerecht aufteilten. Anschliessend verliesen wir diesen düsteren Ort, den wir hatten die Ruhe der Toten bereits genug gestört und der Herr Boron reagiert ungehalten auf unnötige Spielereien der Lebenden.