Tagebuch von Isidra Kowaljewa
Diarium der Adpeta minora Isidra Kowaljewa (26. Peraine 1011 BF)

26. Peraine 1011 BF

Sie haben Rik sediert, ich konnte mich gar nicht wirklich von ihm verabschieden, aber ich hoffe, dass Tanile ihm mein Versprechen ausrichtet. Ich werde ihn holen, wenn es an die erste Expeditions ins Totenmoor gibt. Ich glaube ihm, dass es dort Gefahren gibt, die ich mir gar nicht vorzustellen vermag und dass er in der Lage ist, mich davor zu bewahren. Ich habe in den letzten Tagen gesehen, wozu er in der Lage ist. Ich glaube, Rik wird mir am meisten fehlen.

Am Nordtor angekommen sehe ich in der Menge meine Eltern. Sie sind tatsächlich gekommen um mich zu verabschieden, sie haben sogar einen riesigen Korb dabei, der für mich bestimmt ist. Angefüllt mit der leckersten Wurst und dem besten Käse, den sie auftreiben konnten, dazu eine Flasche Wein, etwas Meskinnes und sogar ein echtes Glas. Meine Eltern haben sich nur für mich in Unkosten gestürtzt, ich bin gerührt. Offenbar bedeute ich ihnen doch mehr, als mir bewusst war. Auch ein Paar dicke wollene Socken haben sie dazu gepackt, mit einer Notiz "führ kaalte Tahge", ich muss mich beherrschen, nicht in Tränen auszubrechen.

Aber meine Aufmerksamkeit wird jäh anderweitig in Bann gezogen, Rika stellt Gerbald lautstark eine Forderung, die er nicht erfüllen kann, nicht erfüllen darf. Sie verlangt die Auslieferung von Gari, ansonsten würde sie dafür sorgen, dass der Bronnjar in und um Norburg keinen vernünftigen Handel mehr treiben kann. Ich muss dazwischen gehen, ich weiß nicht, wie ich den Bronnjaren diesbezüglich einschätzen kann, aber ich weiß, dass er auf meine Schutzbefohlenen nicht allzu große Stücke legt. Ich schreite ein und - ich gebe zu - lasse mich gehen. Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist, aber als ich Rika sage, dass es keinerlei Grundlage gibt, die sie Gari fordern ließe und sie mir entgegnet, dass sie, bekäme sie sie nicht, so lange sie und ihre Sippe leben würden, alles daran geben werden, uns das Leben schwer zu machen, antworte ich ihr, dass jeder einmal sterben wird und dass sie bereits einen Großteil ihrer Sippe, ihrer Söhne verloren hat. Ich glaube, die schallende Ohrfeige, die sie mir gegeben hat, war gerechtfertigt. Rika hat jetzt zwar vor allen ihr Gesicht verlorgen, sie hat mir aber auch gezeigt, wozu sie fähig ist. Ich verstehe sie sogar ein wenig, wäre es meine Familie, ich hätte ähnlich reagiert. Aber ich habe mir eine mächtige Feindin gemacht.

Nach diesem nicht sehr erfreulichen Schauspiel verabschiede ich mich von Nadira, sie bleibt noch ein paar Tage länger in Norburg, bis der Haushofmeister von Grad Isidor wieder einigermaßen einsatzfähig ist. Während wir uns umarmen wispere ich ihr zu, wie sie uns nachzukommen gedenkt. Sie meint, dass sie ja einen Kampfstab hätte und zwinkert mir zu. Ich gebe zu bedenken, dass das für sehr großes Gerede unter den Leibeigenen sorgen wird und dass sie vielleicht, um es etwas glaubwürdiger zu machen, hinter uns auftauchen soll. Sie kann sehr viel schneller reisen als wir es können und hat uns dann eben einfach eingeholt. Dies scheint mir noch die am plausibelsten klingende Option zu sein, aber wir werden sehen, was passiert.

Um die zweite Nachmittagsstunde brechen wir auf, jedes bisschen Weg, welches wir noch schaffen, bringt uns näher an unsere neue Heimat. Abends schlagen wir unser erstes Lager auf und nach dem Essen versuche ich, ein wenig mit Thulvje ins Gespräch zu kommen, der sich ziemlich weit abseits von der Gruppe hält. Wie gut, dass ich noch ein Brettspiel gekauft habe, es heißt Inra und dank der beiligenden Beschreibung, die ich Thulvje mehrere Male vorlese, haben wir beide sogar ein wenig Zerstreuung, ich würde fast sagen, dass es ihm Spaß gemacht hat, mit mir zu spielen, auch wenn ich dreimal gewonnen habe. Er scheint mir auf alle Fälle sehr ehrgeizig zu sein. In einer ruhigen Minute spreche ich ihm gegenüber meine Bedenken aus, was passiert, wenn wir nicht vor dem nächsten Vollmond unseren Siedlungsort erreicht haben, da Laske ja wieder die für ihn typischen Verhaltensweisen an den Tag legt. Er bot mir an, sich mit Laske rechtzeitig vom Lager abzusondern und dann, wenn die drei kritischen Tage vorbei sind, mit ihm nachzureisen. Ich muss das noch mit Laske besprechen, hoffe aber, dass er zustimmen wird, da mir noch keine andere Lösung eingefallen ist.

27. Peraine 1011 BF

Die Nacht war recht ruhig, wir wechseln uns damit ab wer im Wagen schläft und wer das Zelt benutzt, meist meldet sich Laske freiwillig für das Zelt. Ich habe schon gestern abend beobachtet, wie er sich gerne in der Nähe der Leibeigenen aufhält, er scheint sich dort nach und nach zu integrieren, zumindest wird er nicht gemieden und sie beäugen ihn auch immer weniger argwöhnisch.

Ein starker Sturm ist zum Ende der Nacht aufgezogen und hat tatsächlich einen Wagen ganz hinten in unserem Tross zum umkippen gebracht. Während die Leute mit großer Mühe damit beschäftigt sind, die anderen Wägen in den nahen Wald zu bringen und den umgekippten Wagen auszuräumen und wieder aufzurichten, kümmere ich mich um den Kutscher, Jucho sein Name. Er scheint unglücklich auf seine Schulter gefallen zu sein und sich etwas gebrochen zu haben. Der arme Mann erlitt durch Doran, den Iffirngeweihten, sogar noch einen weiteren Bruch, da dieser dachte, der Arm sei nur ausgekugelt und kräftig daran gezogen hat. Ich kann es ihm nicht verübeln, er wollte nur helfen und auch mir sind schon Fehler passiert, ich denke nur an die Bärenfalle, in der ich Ifrundoch steckend kennengelernt habe. Mir gelingt es jedoch, den Arm zu erhalten und die Schulter zu heilen, auch wenn ich den Eindruck habe, dass Jucho nicht ganz erfreut darüber ist, dass er sofort wieder komplett einsatzbereit ist, er meint, es würde noch schmerzen, was gar nicht möglich sein kann, aber ich gebe ihm den Rat, sich die Schulter gut mit Schnee zu kühlen. Dies scheint ihm zu genügen und er trottet von dannen.

Abends bekomme ich am Rande mit, wie er das Gesprächsthema Nummer eins der Leibeigenen ist, da die meisten wohl noch nie magisch geheilt worden sind. Selbst sein lockerer Zahn soll wieder fest sitzen und er könne jetzt wieder kräftig zubeißen, wie er laut erzählt. Ich muss ein wenig schmunzeln und gehe in den Wagen, um zu schlafen. Ich habe das Gefühl, dass ich noch viel zu tun bekommen werde.

28. Peraine 1011 BF

Der Sturm hat sich gelegt, allerdings ist ein sehr starker Nebel aufgezogen, so dass eine Weiterreise vorerst unmöglich erscheint. Nur langsam gelingt es uns, uns unseren Weg vorwärts zu bahnen und um die vierte Nachmittagsstunde erreichen wir die Taverne am Silbersee.

Der Wirt scheint uns erwartet zu haben, er lässt den Innenhof mit Bänken und Stühlen ausstatten und tischt uns reichlich auf. Laske schläft mit Libussa im Wagen, Golgarah zieht es vor, direkt bei den Leibeigenen in der Scheune zu nächtigen. Gari sagt mir mit großen Augen, dass sie noch nie in einem Schlafsaal geschlafen hat, weshalb ich ihr die Freude mache und für sie und mich zwei Betten in selbigem bezahle.

Das Geld für mein Bett hätte ich mir sparen können, ich verbringe die ganze Nacht in der Schankstube. Ich habe mit festgelesen, das Tagebuch des Nivesen fiel mir abends nämlich wieder ein und es enthält einige sehr wichtige Informationen. Gerbald hat einen unschuldigen, wenngleich vom Wahn berührten, Mann getötet. Ich muss ihn bei Gelegenheit darauf ansprechen, aber das mache ich am Besten erst, wenn wir die Reise sicher hinter uns gebracht haben. Ich habe das Gefühl, dass noch einiges auf uns zukommen wird.

29. Peraine 1011 BF

Ich bin schon lange nicht mehr so gut dazu gekommen, mein Diarium ausführlich und vor allem zeitnah zu führen, es ist geradezu ein wenig meditativ wenn ich schreibe.

Die Reise verlief recht ruhig, das Wetter war annehmbar und ich habe die Gelegenheit genutzt, ein wenig durch die Gegend zu gehen, mit Ifrundoch als Gefährten fühle ich mich sicher. Aber ich habe nur einen Schleimigen Sumpfknöterich gefunden. Nur gut, dass ich in Pflanzenkunde immer aufgepasst habe und auch Uuhs Oduhn mir noch einiges beigebracht hat, denn so bewahrte mich mein Wissen davor, diesen hochgiftigen Pilz auch nur anzufassen, denn das hätte schwere Verätzungen zur Folge gehabt.

Als ich ins Lager zurückkehre, höre ich, wie Thulvje eine Ansprache an die Leibeigenen hält. Er verspricht ihnen, dass, sollten sie den Versuch unternehmen, wegzulaufen, er sie jagen wird. Beim ersten Fluchtversuch wird er ihnen den Namen des Bronnjaren in die Stirn ritzen, beim zweiten Versuch wird er ihnen sämtliche Finger der linken Hand brechen und beim dritten Versuch wird er ihnen mit einem stumpfen Messer den Kopf abschneiden.

Darauf entbrennt eine hitzige Diskussion zwischen Thulvje und Gerbald. Ich kann einerseits den Bronnjaren verstehen, diese Maßnahmen erscheinen mir sehr hart, andererseits hoffe ich, dass Thulvje sich lediglich des Mittels der Einschüchterung bedient und die Leibeigenen ob seiner Ansprache gar nicht erst versuchen, eine Flucht zu unternehmen.

30. Peraine 1011 BF

Das Wetter heute ist und hold, die Sonne scheint, es ist warm und die Reise geht gut vorwärts. Gari scheint sich sehr wohl zu fühlen inmitten der Leibeigenen, sie hat keinerlei Berührungsängste und auch die Leibeigenen scheinen sie gut zu akzeptieren. Vor allem zu den Kindern scheint sie ein besonderes Verhältnis zu haben, ich sehe sie häufiger, wie sie zusammen Blumen pflücken, die am Wegesrand wachsen und wie sie dann Kränze für die Kinder flechtet und ihnen ins Haar steckt.

Auch Laske und ich nutzen das schöne Wetter um uns unsere Beine zu vertreten und ein wenig Bewegung zu erhalten. Bei dieser Gelegenheit erzähle ich ihm von dem Vorschlag, den Thulvje mir gemacht hat, da es nur noch 18 Tage sind, bis der nächste Vollmond kommt. Dabei teilt mir Laske mit, dass er nicht gut findet, was Thulvje gestern zu den Leibeigenen gesagt hat und dass er Angst hat, dass die Leibeigenen sich zusammenrotten werden um Thulvje etwas anzutun. Er sagt mir weiter, dass er glaubt, dass Thulvje sich so das Leben nehmen möchte und dass er ihm so, wie er jetzt ist, noch mehr Angst einflößt. Er findet ihn unheimlich, sagt, dass er innerlich tot wäre. Diesem Gedanken, so befremdlich er scheinen mag, sollte ich dennoch nachgehen, immerhin hat Thulvje ein großes Trauma erlitten nach dem Tod seiner Schwester. Ich hoffe, dass ich ihm da helfen kann.

Gegen Abend kommen wir in Wosna an, welches auch Dorf der sieben Seen genannt wird und tatsächlich, in der Ferne kann ich schon zwei der Seen glitzern sehen. Die Bronnjarin, Elida, empfängt uns geradezu fürstlich, sie hat einen Ochsen schlachten lassen und tischt uns reichlich auf. Ich sehe, wie ihre eigenen Leibeigenen, die meisten sehr abgemagert, nichts davon essen, erst als Ifrundoch anfängt, Teller zu beladen und zu verteilen, schlingen sie das Essen so schnell sie nur können hinunter.

Vor der Scheune sitzt Thulvje und ich leiste ihm ein wenig Gesellschaft. Er bietet mir eine Wette über 5 Heller an, dass innerhalb der nächsten zwei Wochen einer von den Leibeigenen davonlaufen wird bzw. die Flucht versuchen wird. Ich hoffe, dass er falsch liegt und schlage ein. Ich bin überzeugt davon, dass die Ansprache von ihm so viel Angst verbreitet hat, dass es keiner wagen wird. Alleine schon, weil sie in der Wildnis dem Tode geweiht wären, weit und breit wird es die nächsten Wochen keine Herberge, kein Dorf mehr geben und ich hoffe, dass ihnen das ebenso bewusst ist wie mir.

Spätabends kommt der Bronnjar mit einer ihn bedrückenden Angelegenheit zu mir. Er teilt mir mit, dass Elida ihm weiteres Kraftfutter versprochen hat, wenn sie vom Bronnjaren zwei Leibeigene bekommt. Dabei hat sie ihre Wahl sehr klar eingeschränkt und jetzt ist Gerbald ein wenig ratlos, da er zum einen nicht auf seine Männer verzichten will, zum anderen aber auf das Kraftfutter angewiesen ist, da er sich diesbezüglich offenbar verkalkuliert hat. Zur Auswahl stünden Woltan, Thezmar und Pitjow. Ein Bauer, ein Holzfäller und der Zimmermann. Der zweite Leibeigenen wäre ihr egal, nur beim ersten müsse es einer der drei sein. Auf den Schmied will Gerbald unter keinen Umständen verzichten, bleibt also die Wahl zwischen den Beiden. Bei Thezmar gebe ich zu bedenken, dass er eine kleine Tochter hat, die noch nicht für sich selbst sorgen könne und Woltan, der zwar eine schwangere Frau, Winja hat, ist bereits unangenehm aufgefallen. Er wollte sich gegen Thulvje auflehnen und war am Tag der Abreise auf der Seite von Rika und hat die Herausgabe Garis gefordert. Ich plädiere daher für Woltan, da ich denke, dass seine Frau nach der Niederkunft wieder für sich selbst sorgen könne. Hätte ich vorher gewusst, was ich mit dieser Entscheidung auslöse, ich hätte lieber mein gesamtes Erspartes für das Futter gegeben.

01. Ingerimm 1011 BF

Beim Frühstück macht der Bronnjar Woltan und Lumin klar, dass er als Bestrafung für ihr Verhalten, Lumin war ja schon einmal Schollenflüchtig, beschlossen hat, sie bei Elida zu lassen, die ihnen Manieren beibringen wird. Zusätzlich wird er Schweine, Ziegen und Gänse plus dazugehöriges Tierfutter gegen Kraftfutter und Fuhrwerke eintauschen. Noch während Gerbald zu den Leibeigenen spricht, wirft sich Winja ihm zu Füßen und bittet darum, ebenfalls bleiben zu dürfen. Als Gerbald ihr sagt, dass dies Elida zu entscheiden hätte, wirft sie sich ihr zu Füßen, diese bleibt jedoch hart, sie hat nur Interesse an den Männern. Lumin scheint regelrecht erfreut darüber zu sein, geht doch das Gerücht um, dass die gutaussehenden, kräftigen Männer bei Elida ihre Dienste im Schlafzimmer zu verrichten hätten.

Der Bronnjar drängt zum Aufbruch und ich sehe, wie Doran bei Winja bleibt um dieser die nötige Zeit des Abschieds zu gewähren. Er wird mit ihr nachkommen, aber ich sehe, wie tief sie das trifft, sie ist in Tränen aufgelöst und weint herzzereißend. Die übrigen Leibeigenen jedoch scheinen die Entscheidung des Bronnjars zu begrüßen, offenbar ist es ihnen sehr wichtig, dass er konsequente und vor allem strenge Entscheidungen trifft.

Unterwegs finde ich Belmart, welchen ich sogleich im Wagen zum trocknen aufhänge.

Abends, als wir unser Lager aufgeschlagen haben, wird Tsadan zu mir gebracht, der eine blutende Kopfplatzwunde hat. Er sagt mir, dass ihm ein Holzscheit auf den Kopf gefallen sei, weil er damit Kraftübungen gemacht habe, wie Ifrundoch sie ihm aufgetragen habe. Ich bin sehr gespannt, was das zu bedeuten hat. Direkt danach kommt der Bronnjar zu mir und gibt mir 1 Batzen und 5 Silbergroschen, meine Bezahlung für die eine Woche im Perainemond sowie die magische Heilung von Jucho. Ich bin ein wenig erstaunt, da der Vertrag doch eigentlich erst ab dem ersten Praios geschlossen wurde, zumindest dachte ich dies, aber ich beklage mich nicht. Sollte nochmal das Geld knapp werden um Futter zu kaufen und die Wahl zwischen viel Geld und Leibeigenen anstehen, so werde ich nicht zögern, mein Geld zur Verfügung zu stellen.

02. Ingerimm 1011 BF

In der Nacht sind Doran und Winja zu uns gestoßen, Doran teilt mir jedoch mit, dass Winja kein Auge zugetan hat. Ich bitte sie, den Tag über in meiner Kutsche zu verbringen, in der Hoffnung, dass sie dort ein wenig zur Ruhe kommt, immerhin muss sie an ihr ungeborenes Kind denken. Jedoch vermag sie nicht zu schlafen und auch meine Versuche, sie ein wenig Ruhe bekommen zu lassen, scheitern kläglich. Wenigstens konnte sie sich körperlich ein wenig schonen, aber ich befürchte, dass sie sich aufgegeben hat, ich muss unbedingt versuchen, an sie ranzukommen.

03. Ingerimm 1011 BF

Aufgrund heutigem sehr dichten Nebels verzögert sich unsere Reise und jeder nutzt die Pause um ein wenig zu Kräften zu kommen. Gerbald und Tsadan führen eine sehr lebhafte Diskussion über Recht und Unrecht, zu welcher sie mich hinzu bitten, da Tsadan sehr interessiert an dem großen Brand von 1008 BF zu sein scheint und sich wundert, weshalb Rik nicht verhört wurde, da er doch verdächtig gewesen sei. Ich versuche ihm klar zu machen, dass Rik zu keiner Zeit verdächtig gewesen sein könne, da er nur magische Feuer legen könne und der große Brand nicht magischen Ursprungs war. Jedoch drehen wir uns irgendwie im Kreis, ich hoffe nur, dass ich mich deutlich genug ausgedrückt habe bezüglich der Unschuld Riks.

Winja scheint nicht wirklich etwas zu essen, sie sagt, sie habe keinen Hunger. Ich sehe, wie auch Doran sehr besorgt um sie scheint und gehe sorgenvoll ins Bett.

04. Ingerimm 1011 BF

Seit Mitternacht regnet es ziemlich stark, es wundert mich, dass die Zelte dicht halten. Im Starkregen wird das Lager zusammengepackt, wir müssen vorwärts kommen und trotz des schlechten Wetters kommen wir ohne Zwischenfälle gut vorwärts.

Abends, als wir unser Lager aufschlagen, regnet es immer noch und nahezu alle sind komplett durchnässt. Kurze Zeit nachdem das Lager steht, klart der Himmel jedoch ein wenig auf und ich sehe, wie Ifrundoch und Gerbald abwechselnd erst die Kinder und dann sogar eine ältere Leibeigene, ich glaube sie heißt Ulmjescha, hochheben. Ich mag meinen Augen kaum trauen, aber sogar einer der Rondrageweihten wird hochgestemmt. Die beiden werden morgen sicherlich Rückenschmerzen haben, aber den Leibeigenen scheint es zu gefallen. So können sie sich wenigstens ein bisschen von den Strapazen erholen.

05. Ingerimm 1011 BF

Nachts hat es zu stürmen angefangen und offenbar sind einige der Hemden, die die Leibeigenen zum trocknen aufgehängt haben, vom Sturm weggeweht worden. Ich kriege mit, wie die Hemden von Jucho - der hat aber auch ein Pech, Nessa, Vito, Kolkja, Beernja, Urjelke, Dulgjew und Paisuma weg sind. Die zitternden Kinder dürfen bei Pjerow im Wagen mitfahren, wo sie eine Decke, die der Bronnjar noch übrig hat, bekommen, die von Jadvine zu kleinen Hemden  umgeschneidert werden soll. Der Bronnjar hat noch zwei Gambesone, die jetzt erstmal die wärmende Funktion des Hemds übernehmen sollen und selbst Gari bringt einen Schneefuchspelz, den sie anbietet, den Gerbald jedoch ablehnt. Es sind noch zwei weitere Decken und Sommerkleidung da, sagt er ihr. Aber er bedankt sich sehr für ihre Großzügigkeit.

Zur dritten Nachmittagsstunde ist der Sturm Firun sei Dank vorbei und wir können aufbrechen. Ich versuche während der Fahrt mit Winja ins Gespräch zu kommen, finde aber offenbar nicht die richtigen Worte sondern sogar genau die falschen. Sie rennt schluchzend davon und sucht die Nähe zu Doran.

Nachts werde ich von Marja aus dem Schlaf gerissen, sie holt mich zu den Zwillingen, die offenbar krank sind. Nach einer eingehenden Untersuchung stelle ich fest, dass die beiden nicht krank sondern schwanger sind. Sie scheinen nicht sehr glücklich darüber zu sein und auf mein Nachfragen erfahre ich nur, dass es sich bei beiden offenbar um den selben Mann handelt, der der Vater ist und dass dieser nicht mehr am Leben ist. Jetzt haben wir bereits vier Schwangere in unserer Gruppe, ich sollte mich intensiv um alle vier kümmern, immerhin glaube ich, dass nicht nur die körperliche Verfassung wichtig für eine gute Schwangerschaft ist. Marja ist derweil damit beschäftigt, das ganze Lager ob der, laut ihrer Aussage, frohen Kunde zu unterrichten.

(Notiz an mich: Eine Schwangerschaftsgruppe ins Leben rufen und dafür sorgen, dass die Frauen sowohl über körperliche Schonung aufgeklärt werden als auch Übungen mit ihnen lernen. Desweiteren auf die Psyche der Frauen eingehen, insbesondere bei Winja. Paisuma scheint sich mit ihrem Mann Hane sehr auf das Kind zu freuen.)

06. Ingerim 1011 BF

Der heutige Tag ist warm und wir nehmen unsere erste Hürde über einen Gebirgspfad. Die Reise ist beschwerlich, wir kommen aber gut voran. Einzig der körperliche Zustand aller Leibeigenen macht mir Sorgen, sie scheinen alle ziemlich abzumagern.

Abends am Lager bekomme ich einen Streit mit, bei dem Jucho Tineke beschuldigt, dass diese seiner Tochter Alinja die Tagesration gestohlen haben soll. Sie beginnt bitterlich zu weinen und beharrt darauf, dass sie es nicht getan hat, auch wenn man als Beweis eine zweite Schüssel in ihrem Zelt gefunden hat. Aber warum sollte ein kleines Kind lügen? Andererseits, ich werde das Gefühl nicht los, dass Tineke von den anderen geschnitten wird, immerhin hat sie in Norburg versucht zu fliehen. Ich sollte das im Auge behalten. Währenddessen hat Gerbald sich dazu entschlossen, Tineke zu bestrafen indem er sie die nächsten beiden Tage nur die halbe Ration bekommen lassen wird und die beiden halben, die dadurch eingespart werden, soll die kleine Alinja jetzt bekommen, da diese ja nichts zu essen hatte.

07. Ingerimm 1011 BF

Der Tag heute wird immer wieder von kurzen Schauern begleitet, die Reise selbst verläuft jedoch ruhig, ich komme gut dazu, meine Bücher zu studieren.

Mir fällt auf, dass Winja sehr stark abgenommen hat, obwohl Doran darauf zu achten scheint, dass sie isst. Ich gebe ihr eine meiner Rationen, die ich von der Akademie mitbekommen habe und passe auf, dass sie diese auch wirklich zu sich nimmt. Ich habe das Gefühl, dass Winja sich selbst aufgegeben hat, sie lässt mich im Moment jedoch nicht an sich heran, ich hoffe, dass Doran ihr genug Halt gibt, dass sie sich nicht vollständig zu Tode hungert. Ich muss unbedingt mit ihm sprechen, vielleicht können wir ihr gemeinsam helfen, ihm scheint sie zu vertrauen.

Die Schwangerschaften bei Paisuma und den Zwillingen verläuft bis jetzt ohne Komplikationen, ich bete zu Peraine, dass das so bleibt. Dafür scheint der kleine Vito krank geworden zu sein. Kein Wunder, das schlechte Wetter und das verlorene Hemd, der kleine scheint sich ordentlich erkältet zu haben, mit einer großen Rotznase und Fieber. Ich mache ihm Wadenwickel und gebe ihm Belmart. Wenn er drei Tage Ruhe einhält, wird es ihm sicherlich wieder besser gehen. Derweil darf er im Bierfass, wie er es nennt, schlafen.

Heute komme ich gar nicht wirklich zur Ruhe, kaum schläft Vito, kommt der Bronnjar zu mir und bittet mich, drei seiner nicht mehr ganz so appetitlichen Rationen wieder aufzubereiten, was mir auch gelingt. Er fragt mich, wer von den Leibeigenen zwei der Rationen am nötigsten habe und ich bitte ihn, die drei Äpfel an die Schwangeren zu verteilen, mit Ausnahme von Winja, die ja bereits von mir eine zusätzliche Ration erhalten hat. Was er mit der dritten Ration macht, entzieht sich meiner Kenntnis, ich sehe nur, wie er damit zu Bruder Aaren geht.

Kurz danach wird der Jäger, ich glaube er heißt Meljow, von Ifrundoch zu mir gebracht, der mir erklärt, dass er von einer Sumpfranze gebissen wurde. Es gelingt mir, den Biss zu heilen, ich trage ihm jedoch zur Vorsicht auf, sich die nächsten fünf Tage bei mir morgens und abends einzufinden, damit ich seine Temperatur und sein Befinden kontrollieren kann. Um Wundfieber mache ich mir keine Sorgen, das hat der Balsam verhindert, jedoch weiß ich, dass diese Tiere auch Tollwut übertragen können und ich gehe lieber auf Nummer sicher.

Ich lege mich hin und versuche, zu Kräften zu kommen, besser gesagt bei Kräften zu bleiben, ich sehe, meine Dienste werden hier dringend benötigt.

08. Ingerimm 1011 BF

Früh meldet sich Meljow bei mir, aber ich erkenne keinerlei Anzeichen einer beginnenden Krankheit, hoffentlich bleibt das auch die nächsten Tage so.

Während die Leibeigenen eine Schneise durch den Wald schlagen, damit die Wägen durchkommen, nutze ich die Gelegenheit um ein paar Kräuter zu sammeln und ich habe Glück, ich finde gleich fünf Anwendungen Gulmond, die ich zum trocknen im Wagen aufhänge.

Als ich zurückkehre, bittet mich Bruder Aaren zum Gespräch mit Gerbald, er meint zu ihm, dass ich mich in Sachen Krankheit nicht wirklich auskennen würde und plädiert dafür, dass er die Aufsicht über sämtliche heilerischen Tätigkeiten übernehmen wolle und dass sämtliche Kräuter doch in seine Obhut gehörten. Noch während ich empört widerspreche und versuche, ihm klarzumachen, dass ich mich auch auf dem Gebiet der Krankheiten bestens auskenne, bringt man Thulvje zu uns. Ihm geht es gar nicht gut und ich diagnostiziere eine Blaue Keuche, welche höchst ansteckend ist. Bruder Aaren meint, es wäre noch keine blaue Keuche, ich kann ihn jedoch eines besseren belehren, die Zunge Thulvjes ist schon so blau, eine Blaubeere wäre blass dagegen. Mürrisch gibt mir Bruder Aaren Recht und da Thulvje die Nacht im Bierwagen verbracht hatte, verfrachte ich ihn dort auch wieder hinein, er braucht unbedingt einen warmen Ort, sonst überlebt er die Nacht nicht. Ich mache ihm und auch mir einen Gulmondtee. Ihm, um ihm zu helfen, sich gegen die Krankheit zu wehren, mir als Schutz vor ebenjener und halte nachts wache. Immerhin komme ich so zum lesen, denn wach sollte ich so oder so bleiben. Thulvje geht es nicht gut und ich bete zu Peraine, dass sie ihm Kraft gibt.

09. Ingerimm 1011 BF

Zur zehnten Morgenstunde lässt Bruder Aaren Thulvje hinausbringen und stimmt mit allen Anwesenden ein Gebet an die Herrin Peranie ein. Auch ich bete inbrünstig mit und ich merke, wie Thulvje sichtlich abkühlt. Die Herrin selbst hat ihm ihre Gunst erwiesen und ihm Heilung verschafft. Zur zweiten Nachmittagsstunde wacht Thulvje auf mit den Worten, dass er sich fühle als könne er eine Woche durchschlafen. Mit diesen Worten sucht er sich ein Plätzchen und schläft direkt ein.

Heute wartet ein sehr steiles Serpentinenstück darauf, von uns bezwungen zu werden. Wir schaffen jeden Wagen einzeln herab und alle, die in der Lage sind, mich eingeschlossen, versuchen mit Seilen, die Wagen zu stabilisieren. Leider gelingt es uns nicht, alle Wägen sicher hinunter zu lassen. Als erstes stürzt der Wagen mit dem Feuerholz an die 100 Schritt tief in eine Schlucht, die beiden Ochsen scheinen sofort tot zu sein. Glücklicherweise konnte sich der Fuhrmann noch rechtzeitig retten. Nur kurz darauf kippt ein weiterer Wagen um, dieses Mal der, auf dem die Decken und das Verbandmaterial gelagert sind. Er wurde von Jucho gefahren, welcher, was für ein Unglücksvogel, vom Wagen so ungünstig erwischt wird, dass sein Bein gleich dreimal gebrochen ist, es ist regelrecht einmal komplett um sich selbst gedreht worden. Ein fürchterlicher Anblick. Ich eile sofort zu ihm und stelle mein ganzes Können unter Beweis. Ich höre die Leibeigenen staundend raunen und murmeln, während sie zusehen, wie sich das Bein Juchos wieder in seine ursprüngliche Position dreht und er nur kurz danach wieder aufsteht und sich auf den nächsten Kutschbock schwingt.

Mit vereinten Kräften gelingt es uns, alle anderen Wagen sicher hinunter zu bringen, auch wenn bei einem Wagen das Rad gebrochen ist und das Holz allgemein sehr geknarzt und geächzt hat, aber wir sind unten. Ich habe, da ich nicht gerade mit großer Stärke gesegnet bin, mich in der Hinsicht nützlich gemacht, dass ich die aufgeschürften und blutenden Hände der anderen reihenweise verbunden habe. Meine Bindenvorräte sind damit aufgebraucht aber der Bronnjar meinte, dass wir morgen versuchen werden, die beiden Wagen, die abgestürzt sind, zu erreichen um die Waren zu retten.

Dem kleinen Vito geht es auch wieder gut und er und sein Bruder Pjerow suchen immer mal wieder meine Nähe, sie scheinen mich zu mögen. Auch Jucho ist mir sehr dankbar, dass ich ihm zweimal das Leben gerettet habe, wie er sagt und er wolle sich erkenntlich zeigen, wo er nur kann. Vielleicht kann er mir behilflich sein, wenn ich meinen Kräutergarten anlege, immerhin ist er Bauer und kennt sich mit Ackerbau aus.

Müde lege ich mich schlafen und hoffe auf eine ruhige Nacht ohne Zwischenfälle.

Abenteuer: Blutspfade Teil 1
Dieser Eintrag wurde am 22.06.2015 (21:05) verfasst und 598 mal aufgerufen.
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