Ragusch Revenson
Sehr weit muss man nicht ausholen, die einfache Geschichte eines einfach strukturierten Mannes zu erzählen – meint man. Das dem nicht immer so ist zeigt uns das Beispiel eines Mannes Namens Ragusch Revenson.
Alles begann im Jahre 10 Hal damit, dass sich eine stämmige Olporter Landfrau nach einem Schiffbruch mit ihrem Kutter an den wilden Küsten des Gjalskerlandes wieder fand, ein wenig benommen und nass, aber nicht weiter verletzt – Swafnir sei dank. Leider (oder zum Glück für den weiteren Verlauf dieser Erzählung) trieb sich zu dieser Zeit eine Rotte Orks nahe bei herum, und so musste die junge Ansga ins Land hinein fliehen, anstatt sich einfach der Küste entlang nach Hause durchzuschlagen. Die Orks jedoch, von der Vorstellung begeistert einmal einen Thorwaler alleine stellen zu können nahmen die Verfolgung auf, sobald sie die Spuren fanden, und es dauerte nicht lang, da war eine wilde Hatz durch die Gjalsker Öde entstanden. Nun war aber jung Ansga beilebe nicht so leicht zu fangen, wie sich das die schwarzen Stinker vorgestellt hatten. Einen einzelnen Ork der sie aufgespürt hatte, tötete sie ohne Mühe. Und das davonlaufen schaffte sie mit ihren nahezu 2 Schritt Größe trotz ihrer beachtlichen 95 Stein Körpermasse mit Bravour und Ausdauer. So dauerte die Hatz durchs Hinterland einige Zeit, aber irgendwann ermüdet auch die stabilste Nordfrau und die Orks holten sie in den ersten Ausläufern des Hochlandes ein.
Nun war die Zeit gekommen, dass das Schicksal eingriff, und so begab es sich, das just an diesem Tag die Jäger der Kralja-Sippe an einem nahen Fluss zur Jagd ausgezogen waren. Ansga stolperte den Jägern regelrecht vor die Speere, und die Männer, allen voran Reven genannt „das Mammut“, waren von der zierlichen Frau sofort fasziniert (genauso wie diese entsetzt war über die vermeintlichen Trolle denen sie gegenüber stand). Aber als man feststellte, eine fast gleiche Sprache zu sprechen und die Situation geklärt wurde kam man schnell überein den dreisten Schwarzpelzen eine Lektion zu erteilen. Das folgende Geschehen als ein halbes Dutzend Hochländer über eineinhalb Dutzend Orks herfielen sie hier zur Schonung des Lesers nicht weiter geschilder...
Der junge Frau Ansga blieb nun erst einmal nichts weiter übrig, als ihre „Retter“ zu begleiten, und am Abend gab es ein großartiges Fest mit abgeschlagenen Orkköpfen, massig Met, Bergen von Fleisch und dröhnender Musik. Die nun kleinste Frau im Dorf verweilte noch ein paar Tage, und dann noch einige, und noch einmal einen Monat und dann.... nun ja, neun Monate später bekam sie einen gesunden Sohn den sie Ragusch nannte, und der mehr nach dem Vater als der Mutter kam. So schenkten Swafnir und Fruna ein neues gesegnetes Leben, dass unter den besten Sternen, im besten Land Deres beim besten Volk aller Völker begann.
Bald schon konnte man erkennen, dass die Götter ihre Gaben reichlich über dem kleinen Kerl ausgeschüttet hatten. Kühner als Rondras Löwen, stabiler selbst Firuns Bären, stärker als selbst Ingerimms Zwergenvolk wuchs der junge heran – nur Hesinde schien am Tag seiner Geburt mit Abwesenheit geglänzt zu haben. Zwar versuchten die alten und weißen des Stammes ihn immer wieder zu lehren, was ihnen ihr Alter so alles beigebracht hatte, aber dem stoisch fragenden Blick des Kindes gaben sie alle mehr oder weniger resigniert nach. Auch die anderen Kinder ( die im schönen Mittelreich der Pfaff hochkant aus der Praiostagsschule geworfen hätte) hänselten klein Ragusch ständig dafür – und bezogen im Gegenzug ordentlich Prügel. Sein bester Freund war ein Bärenjunge, dessen Mutter bei einer der Jagden seiner Sippe getötet worden war, und das man ihm überlassen hatte, als man sah, dass die beiden wie Geschwister zueinander waren.
So vergingen die Jahre, das Bärenjunge wuchs, Ragusch wuchs und alles war eigentlich soweit in Ordnung. Gehänselt wurde er auch nicht mehr, denn irgendwann war der kleine Bär gar nicht mehr so klein, und auf unheimliche Weise schienen sich die beiden zu verstehen. Und wenn der eine Ohrfeigen austeilte, keilte der andere mit – was bei einem Bär sehr unangenehm sein soll... Der Schamane sah dies gern, denn er erkannte darin eine besondere Zuneigung Frunas für Ragusch und nahm diesen unter seine Fittiche. Der alte Mann lies vor Gram über den Sumpfsinn seines Schülers Jahre seines Lebens und viele Nerven, aber es gelang ihm mit alveranischer Geduld, dem Burschen zumindest zu verstehen zu geben, was denn mit ihm los sei. Zahllose Geisterquesten, Räusche und lange Nächte brauchte es, aber Ragusch verstand, dass er vom großen Bären ausgewählt worden war, ein Streiter für seine Sache zu sein...
Doch auch die schönste Zeit ist einmal vorbei, und der beste Bär verspürt den Ruf einer Bärin. So verlies der Gefährte Ragusch eines Tages, nur um kurze Zeit später von einer Rotte Orks gefangen und abgeschlachtet zu werden. Ragusch der seinem liebsten Freund gefolgt war wiederum wollte das natürlich nicht hinnehmen, und so fiel er mit dröhnendem Gebrüll über das Pack her. Der Kreis schloss sich, und die Orks die schon von dem Kampf mit dem ersten Bär geschwächt waren, hatten nun ein sehr kurzes, aber eindeutiges Problem, dem ihr ableben ein Ende bereitete...
Ragusch der mittlerweile ein junger Mann war, nahm den Orken ihre paar Habseligkeiten ab, seinem Freund Pelz, Krallen, und was sonst noch so nützlich ist, damit er ihn auch weiterhin ständig begleiten könne, und ging ins Dorf zurück. Der Schamane erkannte sofort die Trauer seines Zöglings, lies sich die Dinge zeigen, die die Orks so mit sich herumgeschleppt hatten und fand dabei auch eine Karte der Wüste Khom (von der er selbst nicht wusste, was dass den sei). Um den jungen auf andere Gedanken zu bringen schickte er ihn auf eine Queste mit den Worten, „geh dorthin mein Junge, in das Land wo die Sonne ist, und finde damit deine Zukunft“. Begeistert brach Ragusch noch am selben Tag auf, immer der Sonne nach...
Was nichts anderes bedeutete, das er in eliptischen Spiralen immer weiter nach Südosten ging (morgens und mittags schneller, im lauf des Tages immer langsamer werdend) und irgendwann im Bornland herauskam.
Dort hatte er einen kleinen Unfall mit einem Mann, der ihm seine Jagdbeute wegnehmen wollte, was er überhaupt nicht verstand und diesem persönlich übel nahm. Der Besuch des Wojwoden bei Boron war ein unangenehmer Nebeneffekt. Was Ragusch hingegen verstand war die freundliche Aufforderung der Männer die ihn mit Hunden, Speeren und Schwertern jagten, das Land zu verlassen. So führte ihn sein Weg weiter, quer durch die Lande und es dauerte einige Jahre, bis er mehr zufällig im albernischen heraus kam. Sogar die Sprache der seltsamen kleinen Leute hatte er mittlerweile ein wenig zu verstehen gelernt, dank einer seltsamen Frau in fließenden orangenen Gewändern, die ihn einige Zeit auf seiner Wanderschaft beleitet hatte und ständig versuchte ihm etwas über gute Gänse zu erzählen, aber dann sehr erbost war, als er ihr schließlich eine sehr gut über dem Feuer zubereitete Gans angeboten hatte... seltsam diese kleinen Menschen...
So zog er allein weiter, verstand auch das man mit den kleinen Runden Blechdingern die sie Geld nannten leckere und nützliche Sachen bekam, verdiente sich einige davon mal hier mal da mit Feuerholzhacken, Schleppdiensten die er besser als jeder andere ausführte oder indem er Personen begleitete (was ihm das liebste war, einfach für das Nebenherlaufen Geld zu bekommen). Bis er schließlich in einer kleinen Stadt am großen Fluss anlangte, wo ein ganz neuer Abschnitt seines Lebens beginnen sollte...