Tagebuch von Anjon Belletor von Gareth
vom Platzen der Pestbeule Warunk, dem endlosen Heerwurm und den tapferen Friedwangern

...als ich wieder erwachte, gebahrte ich meiner Umgebung nicht. Es ward finsterste Nacht in der Grotte Ceranvor. Mein Körper war ein einziger Schmerz und das war gut so. Schmerz bedeutet Leben. Es dauerte nicht lange, da regten sich auch die Gefährten, mehr oder weniger. Ein magisches Licht von Jurga tauchte die Grotte in eine gespenstische Atmosphäre. Ich sammelte die Reste des widergöttlichen Wirkens von Balphemor ein, als Beweismittel, falls es nötig sein würde. Mehrere Figuren aus Speckstein, eine Schüssel mit Kaulquappen, wobei ich auf die Quappen verzichtete, sowie unheiliges Kerzenmaterial. Derweil versuchte Jurga das Holz dieser Kreaturen anzuzünden, aber bereits die erste Rauchentwicklung war so ekelhaft, dass es gleich wieder ausgemacht wurde.

Wir schleppten uns wieder nach Oben zum Eingang der Grotte. Während die Gefährten noch mit Heilmasnahmen beschäftigt waren, konnte ich das Schwert des Greifen Orbaran nun einmal genauer betrachten. Ich nutzte die Zeit, um es gründlich zu säubern, denn es ward beschmutzt mit Blut und Dreck. Wahrlich, eine einzigartige Waffe, so etwas hatte ich noch nie gesehen. Das Material der Klinge war schwarz, mit Gold war auf beiden Seiten der Klinge das Wort "Arashar" eingraviert. Die Klinge gab einen hellen, glockenähnlichen Ton von sich, wenn man sie im richtigen Rhythmus klopfte. Griff und Knauf ähnelten einem praiotischen Sonnenzepter, die Parierstange bildeten zwei Greifenfiguren. Wahrlich, den Wert dieser Waffe in Gold würden wohl nur wenige Menschen auf Dere aufbringen können, nicht, dass ich dieses Schwert je verkaufen wollte.

Ich wickelte es ein, da ich noch keine Scheide dafür hatte, legte die Rüstung ab, verstaute soweit die Ausrüstung, dann machten wir uns an den Abstieg. Angeseilt begannen wir den Abstieg vom gehörnten Kaiser. Nach einiger Zeit bot sich ein wahrhaft atemberaubender Anblick vom Gipfel des Kaisers hinab auf die Wolkendecke, die sich wie ein weißer, unendlicher Teppich ausbreitete und fast zu einem Spaziergang einlud. Das Lichte des Herrn Praios gab der Szenerie einen friedlich-glückseligen Anblick. Das war einer der Momente, in denen man Satinav bitten möge, das Stundenglas anzuhalten, nur für eine kleine Weile. Doch die Pflicht rief und so machten wir uns an den Abstieg. Dieser verlief ereignislos und so kamen wir wieder unten im Dorf bei Burg Gryffenstein an. Unser Ziel war die Gaststube und tatsächlich wartete der gute Gatz dort noch auf uns. Er war erfreut, über unser Widerkommen, hatte es wohl letzte Nacht seltsame Lichterscheinungen am Gipfel gegeben.

Mein knurrender Magen und meine geschundenen Knochen lechzten nach einem Mahl, doch vorher genehmigte ich mir noch eine Pfeife von Gatz Rauchkraut, dass immer so angenehm roch. Das tat gut. Ich wollte die letzten Sonnenstrahlen noch nutzen, ging zur Burg und suchte den Rondra-Schrein auf, betete dort zur Löwin und dankte Ihr dafür, dass Sie im Kampf gegen Balphemor von uns kein Leben eingefordert hatte. Dann suchte ich noch den hiesigen Schmied auf, wobei ich erfuhr, dass die geplante Hochzeit des Burgherrn mit seiner neuen Edeldame mangels Anwesenheit der Letzteren geplatzt war. Wäre ja nicht das erste Mal, dass so eine junge Dame kurz vor Schließung des Traviabunds noch zur Einsicht gelangt war, dass der ältere Herr doch nichts auf Dauer ist. Aber das kümmerte mich herzlich wenig. Der Schmied konnte mir aus der Waffenkammer eine halbwegs passende Scheide für Arashar verkaufen. Nachdem ich ihn um Rat gefragt hatte, meine er, das Material wäre wohl Schwarzstahl und hätte etwas Magisches an sich. Er bot an, die Klinge zu schärfen, aber ich lehnte dankend ab, der soll nderweitig schauen, wie er an Teile des Metalls kommt.

Dann wieder zurück zum Gasthaus, Essen, Trinken und lange Schlafen, in einem Einzelzimmer. Am nächsten Morgen zur siebten Stunde trafen wir uns alle zum Morgenmahl. Wir liesen uns Proviant für drei Tage einpacken. Gatz wurde von uns beauftragt, die Greifenfedern, die an verschiedensten Stellen in der Gegen deponiert waren, einzusammeln und nach Gareth zu bringen. Er soll sie zu Thyro Brache vom Bund des roten Salamanders bringen. Ich schrieb ihm die Namen von möglichen Helfern auf, damit er in Gareth nicht aufgeschmissen war. Meister Adersin wird sich zur Not auf kümmern. Ausserdem sagte ich ihm, er solle sich von dem Tobriern fernhalten, und abseits der normalen Reisewege gehen und diskret vorgehen, ob der brisanten Fracht. Fringlas regelte das mit der Bezahlung für Gatz.

Nach reiflicher Überlegung gab ich ihm noch ein versiegeltes Schreib für Tareka Rebakken mit, in der ich Ihr die Situation schilderte, insbesondere dass etwas Böses, Götterlästerliches aufzieht und auch Gareth in Gefahr sei. Da ich nicht garantieren kann, lebend zurückzukommen, habe ich meine Absicht schriftlich kundgetan, Sie zur Frau zu nehmen. Ich schrieb Ihr, dass ich einen Antrag noch persönlich mache und ich es Ihr nur deshalb vorab kund tat, falls die Göttin mein Leben einfordert, dann soll Sie wissen, dass Sie die erste und einzige Frau war, die es schaffte, mein kaltes Herz zu erwärmen. Sie wird es hoffentlich verstehen, was ich Ihr damit sagen will.

Wir beschlossen, dass wir zu Friedberg zurück mussten, um unsere Ausrüstung und Pferde zu fassen, welche beim hiesigen Baron noch deponiert waren. Surina war schon viel zu lange dort allein. Wie es meinem treuen Rosse wohl ginge? Gatz erklärte und den schnellsten Weg dorthin, runter nach Gallys und dann gen Firun. Ich ging langsam los, während Jurga noch ein magisches Ritual vollbrachte, um Dexter Nemrodt über die Geschehnisse zu informieren. Fringlas besorgte sich noch Stiefel, da die Mandrakenverwandlung seine Kleidung gelitten hatte. Es dauerte nicht lange, da kamen uns schon erste Züge von verzweifelten Menschen entgegen, die nur das Notwendigste mit sich führten. Teils wirr, teils verängstigt, teil das blanke Entsetzen in Ihren Gesichtern berichtetet Sie von etwas Ungeheuerlichem, was sich von Warunk auf der alten Reichsstraße in Richtung Wehrheim bewegte: ein riesiger, endloser Heerzug der Toten bzw. Untoten. Die Pestbeule Warunk war also geplatzt und der Eiter des Dämonenbuhlen quoll daraus hervor und würde nicht versiegen.

Unsere erste Einschätzung, dass die Untoten nur bei Nacht marschieren konnten, wurde schnell und schmerzlich widerlegt. Als wir einen Aussichtspunkt mit Überblick über die Bärenfangebene erreichten, war der Anblick grauenvoll. Es war kein Heerwurm, es war der totale Krieg. Wohin das Auge blickte, nur Untote. Sie verwüsteten alles, was entlang der Reichsstraße war. Gallys wurde schon belagert, hielt aber, zumindest von unserer Warte aus betrachtet, stand. Aber das schlimmste war, dass sich über dem Heer der Toten eine schwarze, undurchdringliche, alles Licht schluckende Wolke befand. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Diese Schwärze war wider der Natur. Obwohl ich mich mit so etwas nicht wirklich auskenne, das erkenne selbst ich. Diesen Anblick werde ich für den Rest meines Lebens nicht mehr vergessen. Instinktiv legte sich meine Hand auf den Griff des Schwertes Arashar. Möge uns der Herr Praios und die Herrin Rondra in diesen nächsten Stunden, Tagen und Wochen beistehen. Irgendwie, ich weiss aber nicht genau wie, schien mich der Herr Praios zu erhören, denn ich hatte dieses Kribbeln in der Hand. Arashar veränderte sich und wurde anders. Mächtiger. War es vielleicht nur Einbildung? Nein, ich bin mir sicher, das war etwas.

Wir beschossen nun keine Rücksicht auf unsere Körper zu nehmen und legten einen Gewaltmarsch hin. Am nächsten Morgen kamen wir nach Friedwang. Dort waren etwa 150 von diesem Pack und marodierten durch das Dorf. Man sah zwei schwarze Standarten mit einem Zeichen, dass der Herr Seehoff als Zhaihaat oder so ähnlich beschrieb. Es muss wohl etwas mit der Kontrolle von den Untoten zu tun haben. Zwei Schwarzkuttenträger waren zu sehen, etwas fünfzig Knochenreiter und Söldner. Die Burg wurde belagert, hielt aber noch Stand. Nach einiger Diskussion, ob der nächste Schritte, raschelte es plötzlich hinter uns. In einiger Schritt Entfernung war ein pervertiertes Konstrukt aus Totenschädeln unterwegs. Muss wohl so eine Art Späher sein. Eine Flammenlanze und ein paar Tritte später waren die Totenschädel erledigt. Wir umgingen die Belagerer und passten einen günstigen Moment ab und kamen so an die Burgmauer ran. Die Wachen sahen uns und halfen uns mit Seilen.

In der Burg bot sich ein erbärmliches Bild. Der Baron hatte etwas zehn Kämpfer, die man als solche bezeichnen konnte, sowie noch etwas das Doppelte an wehrfähigen Bauern. Der Rest waren Alte, Kranke, Frauen und Kinder. Wenigstens war Surina noch da und es ging Ihr gut. Wir konnten den Baron davon überzeugen, dass Aussitzen keine Lösung war, denn seine Vorräte gingen zu Neige, Ihre draußen nie. So ersannen wir einen Plan, um einen Ausfall durchzuführen. Die Kämpfer werden einen Keil bilden, die Schwachen dahinter in zweiter Reihe. Zur Verwirrung würde Nuri in Mandrakenform die Standarten holen, in die Burg bringen, dort verbrennen. Das müsste die Untoten unkontrolliert werden lassen, meinte Herr Seehoff, und das anschliessende Chaos nutzen wir aus um so schnell wie möglich von der Wolke wegzukommen, denn unter dem Antlitz des Herrn Praios können uns zumindest die Untoten nichts tun. Der Baron stimmte schlussendlich zu und wir würden morgen in der Frühe den Ausfall wagen.

So machten wir uns denn bereit. Ich ging mit der Handvoll Bogenschützen nach Oben, Nuri machte sich unten bereit. Herr Seehoff erklärte der Menge, was nun passieren wird und dann passierte es. Da ich mich auf die Umgebung vor dem Tor konzentrierte, sah ich es erst, als es mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit auf die Rechte der beiden Standarten zustürmte. Die Gegner waren so überrascht, dass erst nach der Hälfte der Entfernung überhaupt Bewegung in die Kämpen kam. Doch es war viel zu spät. Ein paar dieser Knochenreiter stellten sich in den Weg, diese wurden durchlaufen, eine Schwarzkutte vor der Standarte einfach umgerannt und die Standarte in voller Geschwindigkeit gegriffen. Die zweite Standarte machte etwas mehr Schwierigkeiten, aber im Nachfassen kein Problem. Es lief wieder durch eine mittlerweile dichtere Knochenreiterreihe, aber die Hiebe mit dem Säbel schienen keine Wirkung zu haben. Es brach Panik bei den Gegnern aus, insbesondere die Schwarzkutten schrien wild umher. Die Untoten schienen den Standarten zu folgen, waren aber viel zu langsam. Es war dann wieder im Innenhof, das Tor wurde verrammelt, die Standarten in die Schmieder gebracht, dort angezunden und verbrannt. Ich hetzte runter von der Pallisade, um meinen Kriegsbogen zu verstauen und bekam nicht mit, ob nun Chaos ausbrach oder nicht.

Es blieb noch Zeit für ein Stoßgebet zur Herrin Rondra und zum Herrn Praios, dann schwang ich mich auf Surina und wartete auf den Befehl zum Ausfall.....

Abenteuer: Jahr des Feuers - Schlacht in den Wolken
Dieser Eintrag wurde am 15.11.2015 (17:12) verfasst und 837 mal aufgerufen.
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