07. Praios 1012 BF
Abends sperre ich Laske in eine Kammer, die ich von Nadira bekommen habe. In zwei Tagen ist wieder Vollmond und ich will kein Risiko eingehen, die Leibeigenen sind ihm immer noch böse, weil er Tsadan gebissen hat. Kurz darauf kommt Doram mit einer Bärenfall in der Hand auf mich zu und fragt, wo Thulvje sei. Offenbar ist er in diese Bärenfalle reingelaufen, die, wie er mir sagt, am Waldrand liegt, auf dem direkten Weg von der Höhle zur Burg. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wäre da ein Kind reingelaufen. Ich kümmere mich um Dorams Wunden im Oberschenkel und mache mich auf die Suche nach Thulvje.
Ich finde Thulvje, wie immer, auf seinem Turm, die Umgebung beobachtend. Er ist völlig betrunken, es gelingt mir aber, ihn zu wecken. Ich bitte ihn, die Fallen wenigstens etwas weiter weg von der Burg aufzustellen, aber wenigstens ist er meiner Bitte nachgekommen, für die anderen etwas Wild zu jagen. Unsere Nahrungsvorräte sind im Moment nicht sonderlich üppig, da bin ich über seine Hilfe trotz allem sehr dankbar.
Morgen brechen wir auf, ich sollte noch die Briefe schreiben, die ich Rondrasil mitgeben möchte. Ein Brief an die Akademie, ich bitte um die Entsendung eines Kollegen, der sich Narena ansehen soll, ich brauche eine zweite Meinung zu ihrem Gesundheitszustand. Sie wirkt zwar mittlerweile viel klarer auf mich, aber dennoch ziehe ich es im Moment vor, ihr die Halskrause nicht abzunehmen. Ein zweiter Brief geht ans Gut Nuppenkehmen, in dem ich die Entwicklung meiner drei Patienten berichte und mich nach Rik erkundige. Ein Brief geht an Natascha, auch sie möchte ich über Garis Werdegang informieren und darüber, dass wir mit ihrem Wechsel fähige Handwerker anheuern wollen. Der vierte Brief geht an meine Eltern. Ich bemühe mich, in möglichst einfachen Worten zu schreiben, weiß ich doch, wie schwer die beiden sich mit dem Lesen tun.
08. Praios 1012 BF
Pjerow sitzt bereits auf dem Kutschbock und erzählt mir, dass er heute Nacht eine tote Hirschkuh samt Rehkitz in seiner Taverne gefunden hat. Thulvje hat meine Bitte offenbar etwas zu genau genommen. Aber nun gut, darüber sollte ich mit ihm reden, wenn ich wieder da bin.
Die Reisezeit vertreibe ich mir mit lesen, so weit es die Hitze zulässt, aber noch ist die Temperatur recht angenehm.
10. Praios 1012 BF
Es wird von Tag zu Tag heißer, unsere Leute in der Siedlung werden viel zu tun haben mit der Bewässerung der Felder. Gegen Abend erreichen wir Trautmans Hus, ab hier werden sich die Wege von Rondrasil und uns trennen.
Während Tsadan uns im örtlichen Gasthaus einmietet, suche ich die Kräuterhändlerin auf und erstehe 10 Anwendungen Rahjalieb, man weiß nie, was noch auf uns zukommen mag. Tsadan teilt mir mit, dass er sämtliche Kosten übernehmen wird und während Pjerow gerade das Gasthaus verlässt, kann ich hören, wie am Nachbartisch ein paar Gäste von dem heldenhaften Pjerow erzählt, von seinem Kampf gegen die Werwölfe in Norburg. Das Ganze wird natürlich recht ausgeschmückt und Doram beginnt, ebenfalls eine Geschichte zu erzählen. Wenngleich diese jedoch eher von schlüpfriger Natur über Nadira ist, die er die geile Haushofmeisterin nennt. Pjerow, der inzwischen wieder zu uns gestoßen ist, erzählt den Männern, dass dieser heldenhafte Pjerow wohl weitergezogen sein soll, Richtung Notmark. Warum er dies wohl tut?
Aus dem Gespräch vernehme ich auch, dass Gerbald wohl aus Bjaldorn gejagt worden ist und jetzt zu Uriel von Notmark kriechen soll, um sich dort einzuschleimen, wie sie es ausgedrückt haben.
Die Stimmung heizt sich mehr und mehr auf und bevor die Geschichten noch schlüpfriger werden, beschließen Gari, Nadira und ich, dass wir zusammen mit Rowinja, die sonst Ifrundoch auf Schritt und Tritt folgt, einen Spaziergang zu machen. Wir sind noch nicht weit gekommen, da eilt uns ein hochroter Tsadan nach und bittet uns, sich anschließen zu dürfen.
11. Praios 1012 BF
Heute ist es noch schwüler als die letzten Tage, der Himmel ist wolkenverhangen, aber kein einziger Tropfen fällt auf die Erde. Unsere Reise führt uns, den Göttern sei Dank, in einen Wald, in dem es um einiges kühler ist und damit wesentlich angenehmer. Abends findet Ifrundoch einen kleinen Bach und wir alle sind sehr dankbar über die Abkühlung, die wir dadurch erhalten. Auch unsere Kleidung hat eine Wäsche bitter nötig.
12. Praios 1012 BF
Auf der Reise trainiert Ifrundoch mit Tsadan und Rowinja. Während wir den beiden zusehen, flechtet mir Nadira ein paar Blumen ins Haar. Rowinja scheint recht zäh zu sein, sie trainiert wie verbissen und zeigt kaum Ermüdungserscheinungen. Aber sie isst für drei Leute.
13. Praios 1012 BF
Gegen mittag verlassen wir den Wald, es ist weiter sehr düster, bewölkt und schwül, aber wir erreichen Fedoran, ein Dorf, das zu Brandthusen gehört. Als wir im Dorf ankommen, werden wir vom Schulze begrüßt, der uns Mittagessen anbietet. Wir nehmen danken an, beschließen aber, noch heute weiter zu reisen und kommen abends in Brandthusen an.
Die Stadt ist um einen Hügel herum erbaut, die Häuser sehen recht gut aus, fast etwas zu gut für Leibeigenenunterkünfte. Zumindest wenn ich mir andere Leibeigenendörfer ansehe. Auf dem Hügel ist ein finster wirkendes Schloß mit vier Türmen und an jedem Turm hängt ein Galgen. Den Göttern sei Dank sind die Schlingen leer.
Mikhail lässt uns am Burgtor eine geraume Zeit warten, bevor wir in den Burghof geführt werden. Augenscheinlich sind seine Wachen allesamt Norbarden. Vor uns stehen zwölf bewaffnete Bewaffnete Norbarden, die uns in den Thronsaal führen, in dem Mikhail auf dem Thron sitzt. Neben ihm, an seiner rechten Seite sitzt seine Frau Sidonie, zu seiner linken erkenne ich Thezmar, dessen Gesicht sich aufhellt, als er uns sieht. Auch ich lächle ihn freudig an.
Thezmar führt uns persönlich auf unsere Zimmer und lädt mich für morgen früh auf einen Spaziergang im geweihten Rahja- besser gesagt Levthanshain ein. Ich stimme zu und gehe mit Gari auf unser Zimmer. Doram zieht es vor, im Rahjatempel zu schlafen, er mochte Gebäude noch nie sehr.
Thezmar fragt uns, ob wir noch Hunger hätten und bietet uns eine Nachtmahlzeit an. Auf unsere verwunderten Blicke, er richtet das Essen selbst an, entgegnet er uns, dass es hier im Schloß spuken würde und dass deshalb sämtliche Leibeigenen abends das Schloß verlassen würden. Einzig die Wachen und die hohen Herrschaften sind über Nacht noch hier. Thezmar sagt, dass selbst er persönlich den Spuk gesehen hat, Gegenstände seien durch die Luft geflogen. Er sagt, dass neben dem Levthanshain eine Hexe wohnen soll, Jaminka ihr Name. Bei der Erwähnung des Namens merke ich, wie Nadira aufhorcht. Thezmar erzählt weiter, dass er morgen mit der Hexe reden wolle, weil sie ihm einen Trank gegeben hat, der zu gut wirken würde. Im Vertrauen erzählt er mir, dass Mikhail einen Erben zeugen soll und deswegen ein Rahjaikum bekommen hat. Allerdings verbringt er seit dem 01. Praios 1012 BF jede Nacht bei seiner Frau. Thezmars Gesicht wird bei diesen Worten sehr traurig.
Ifrundoch möchte ebenfalls zum Rahjatempel gehen, die düstere Stimmung hier drückt ihm aufs Gemüt, wie er sagt. Derweil bietet uns Thezmar eine Führung durch das Schloß an. Während er uns durch eine äußerst gut eingerichtete Bibliothek führt, hier müssen mindestens 800 Bücher stehen, erzählt er uns von Mikhails Mutter Libussa, die auch Blutgräfin genannt worden ist. Er erzählt, dass sie vorzugsweise hübsche Jungfrauen gefoltert und getötet hat, um in deren Blut zu baden, weil sie sich davon Unsterblichkeit erhofft hat. Und angeblich soll sie selbst mit 60 Götterläufen noch wie eine junge Frau ausgesehen haben. Als einer der Leibeigenen fliehen konnte, kam die Praioskirche und hat sie lebendig in den Mauern des Schlosses eingemauert, nur mit einem Regenrohr im Raum, damit sie Wasser bekommt. Die Innenwände sollen mit Praiossiegeln versehen worden sein, damit ihre Seele niemals entweichen könne. Laut Thezmar sei sie vor ein paar Jahren gestorben, als Thezmar mit Mikhail wieder auf das Schloß zurückgekehrt wären.
Thezmar führt uns in dem verlassenen Turm in den Keller und sagt, dass sich hinter dieser verschlossenen Tür das sogenannte Spielzimmer der Blutgräfin befindet. Mit diesen Worten schließt er auf und wir stehen in einer Folterkammer, die seit dem Wirken Libussas nicht mehr angerührt worden ist. Überall auf den Folterinstrumenten liegt fingerdick der Staub, es hängen von verschiedenen Wänden Foltergeräte herunter, eine eiserne Jungfrau steht ebenfalls im Raum. In der Mitte steht eine eiserne Wanne, in der ich noch getrocknetes Blut erkennen kann. An der Wand hängt ein verstaubtes Bild, welches, nachdem wir den Staub entfernt haben, das Bild einer jungen, blondgelockten Frau zeigt, die ein tief ausgeschnittenes, rotes Kleid trägt. Doch das Kleid ist nicht aus Stoff, es ist menschliche Haut. Mir stellen sich die Nackenhaare auf, als ich realisiere, zu welchen Gräueltaten diese Frau imstande war.
Thezmar erzählt, dass Libussa einen Pakt mit der Widersacherin Rahjas eingegangen ist. Als dies alles bekannt geworden ist, wurde der Adelsmarschall Jucho von Dallentin und Persanzig, damals ein junger Mann, eingeschaltet, der die Strafe festgesetzt hat. Jedoch weiß niemand mehr, wo die Blutgräfin eingemauert worden ist, der letzte Mann, der dies wusste, der damalige Dorfschulze, wurde nämlich vor drei Jahren zu einem Vampir, just in dem Moment von Mikhails Rückkehr.. Einzig ein Rahjawunder hat das Dorf vor dieser Vampirplage, wie Thezmar sie nennt, gerettet. Danach wurden auch Thezmar und Mikhail von der Praiosinquisition, die angereist war, hochnotpeinlich befragt und für unschuldig befunden.
Auf meine Frage, ob denn nie nach der zugemauerten Kammer gesucht worden ist, antwortet mir Thezmar, dass er dies getan habe, aber nichts finden konnte. Alle Türme im Schloß sind baugleich aufgebaut und in keinem fehlt ein Zimmer oder wirkt kleiner als die anderen. Noch während er uns das erzählt, hören wir alle hinter uns ein klappern und sehen, sobald wir uns umgedreht haben, wie eine Schüssel ohne äußeres zutun umfällt. Auch die eiserne Jungfrau schwingt bedrohlich an ihrem Haken hin und her, scheinbar ist der Spuk gerade mit uns hier im Raum. Wir beschließen daher alle, mehr oder weniger panisch, die Folterkammer zu verlassen und eilen die Wendeltreppe hoch. Jedoch scheint Pjerow zu stolpern und stürzt die Treppe wieder runter. Zeitgleich verlöschen sämtliche Lichter. Ich taste mich im Dunkeln die Treppe herunter, als Thezmar hinter mir einen FlimFlam wirkt. Im Lichtschein sehe ich Pjerow, der sichtlich erblasst, gerade wieder dabei ist, die Treppe zu erklimmen.
Während wir wieder im erleuchteten Teil des Schlosses sind, erzählt uns Thezmar, dass er dem Spuk in der Küche begegnet ist. Wir hören immer wieder Schritte, können aber niemanden sehen. Der Spuk ging wohl in der Nacht vom ersten auf den zweiten Praios los und wurde zuerst von einer Küchenmagd entdeckt. In der Nacht darauf hat Thezmar selbst dann diese Geschehnisse beobachten können. Er erzählt uns, dass es zwar zu Attacken kam, selbst Mikhail wurde von dem Geist attackiert, aber es gab bislang keine Toten. Einzig Mikhails Stimmung hat sich seitdem sehr verdunkelt, er wirkt kurz angebunden und sei nicht er selbst, würde mittlerweile jede Nacht bei Sidonie verbringen, was vorher nie der Fall gewesen wäre.
Die Spuke treten hauptsächlich in der Nacht auf und meine Theorie, dass sich der Geist vielleicht Sidoniens bemächtigt haben könnte, stößt bei Thezmar auf Zustimmung. Allerdings müssen wir dafür erst noch Beweise finden. Ich bitte Thezmar, seine Bibliothek benutzen zu dürfen und nehme mir ein Buch, dass die Widersacherin Rahjas und deren Bann behandelt. Vielleicht finde ich dort ja einen Anhaltspunkt, jetzt sollte ich allerdings erstmal schlafen gehen.
Ich träume. Ich bin nicht ich selbst und werde von zwei kräftigen Männern in die Folterkammer geführt und auf die Streckbank gefesselt. Ich sehe die Blutgräfin, die mir die Kleider vom Leib schneidet. Anschließend schneidet sie mir einen Finger ab, ritzt mir Zeichen in die Haut und schneidet mir das linke Auge heraus. Es ist nur ein Traum, aber die Schmerzen fühlen sich ziemlich echt an. Ich wache auf und mein linkes Auge blutet.
14. Praios 1012 BF
Auch wenn es mitten in der Nacht ist, ich beschließe, zu Thezmar zu gehen und ihn wegen der Träume zu fragen. Als ich bei ihm ankomme, öffnet er mir die Türe und nach meinen Erzählungen guckt er sich mich ganz genau an. Aber augenscheinlich bin ich unverletzt, vielleicht weiß Jaminka ja etwas.
Heute fängt es endlich an zu regnen und kühlt etwas ab. Es regnet sogar außerordentlich stark. Nadira bricht gleich nach dem Frühstück auf zu Jaminka, ich gehe mit Thezmar erst einmal in den Levthanshain. Im Hain tröpfelt es erstaunlicherweise nur noch und wir gehen durch dicht mit Rosen bewachsene Gänge. Teilweise sehr dicht bepflanzt, ich glaube fast, dass es gewollt ist, dass man sich Kratzer holt. Während wir immer tiefer in den Hain vordringen, treffen wir Ifrundoch, der an einem Teich sitzt und sich mit einer jungen, schönen Rahjageweihten unterhält. Er sagt mir, dass dieser Teich Zauberwasser enthalten würde, er hätte sich verletzt, habe im Teich gebadet und die Verletzungen seien wie von Zauberhand verschwunden. Bei diesen Worten fragt mich Thezmar, ob mein Auge noch wehtue und als ich bejahe, schubst er mich kurzerhand in den Teich. Die Schmerzen sind wie weggeblasen, sehr faszinierend.
Wir suchen Jaminka auf, Nadira und auch Doram sind schon bei ihr und sie erzählt uns offen und frei, dass sie eine eigeborene Hexe ist. Nadira schaut mich etwas entsetzt an, aber meine Neugier ist geweckt und ich löchere Jaminka mit Fragen. Sie erzählt mir, dass es nur eine begrenzte Zahl an eigeborenen Hexen gibt und dass nur diese eine neue eigeborene Hexe hervorbringen könnten. Die Eier entstünden durch Magie, auch das brüten erfolgt durch Magie. Sie erzählt weiter, dass es einen Wald gibt, in dem sogar drei eigeborene Hexen in einer Hütte leben sollen, das sei für solche Hexen recht ungewöhnlich, wie sie mir mitteilt.
Nachdem meine Neugier gestillt ist, frage ich sie, ob sie weiß, wo die Blutgräfin eingemauert sein könnte, immerhin sagt sie von sich, dass sie bereits hundert Jahre alt sei, auch wenn sie immer noch wie eine Zwanzigjährige aussieht. Sie verneint dies und teilt mir mit, dass sie zu jener Zeit bei einem Druiden Unterschlupf gefunden habe und auf meine entzückte Frage, ob sie mich diesem Druiden einmal vorstellen könne, stimmt sie sofort zu und wir verabreden uns für den Abend. Ich bin schon sehr gespannt, ich habe noch nie einen Druiden kennengelernt.
Doram sitzt immer noch äußerst schweigsam und bleich am Tisch und auf meine Frage, was ihm denn widerfahren sei, erzählt er mir, dass er einen Mannwidder gesehen habe in seinem Kopf, der zweieinhalb Schritt hoch gewesen sei, mit einem Gemächt, so groß wie er selbst. Äußerst interessant.
Während ich Doram zugehört habe, ist mir entgangen, worüber Jaminka mit Nadira gesprochen hat, allerdings sehe ich, wie Nadira ihr eine Haarsträhne gibt und bin mehr als erstaunt darüber. Weiß Nadira denn nicht, dass Jaminka damit ziemlich viele Dinge anstellen kann?
Als wir zurück ins Schloß kommen, erzählt mir Pjerow, wie die Verhandlungen mit Tsadan und Mikhail verlaufen sind. Komischerweise will der sich nicht mehr an sein Versprechen erinnert haben, dass er zehn Leibeigene von uns ausbilden wolle, als er den Vertrag gesehen habe, hätte er dann jedoch sein Angebot sofort verdoppelt. Auch haben wir, laut Pjerow, ein sehr gutes Geschäft abgeschlossen, weil wir für vier Stein Vieh ein Stein Eisen zahlen sollen. Sein Gedächtnisverlust ist äußerst seltsam.
Mit diesem Gedanken gehe ich in die Bibliothek und stöbere ein wenig in einem Buch, das ein gewisser R.W.E. Wilmaan geschrieben hat und das über Vampire handelt. Vampire unterstehen eigentlich dem Namenlosen, einzig die Widersacherin Rahjas konnte Madarerstra, eine Vampirin, für sich beanspruchen. Damit ist jene Erzdämonin die einzige andere Wesenheit, die auch über Vampire verfügt.
Doram teilt uns mit, dass er eine Jagd veranstalten wolle, damit Mikhail und seine Wachen das Schloß verlassen, um Jaminka freien Zugang zu ebenjenem zu gewähren, diese will außer Nadira und mir nämlich niemanden da haben. Tsadan teilt uns mit, dass er sich sehr sehr unwohl fühlt und deshalb in die Taverne gehen wird, auch Doram verlässt das Schloß und sucht wieder den Rahjatempel auf.
Abends, Mikhail hat zum Abendessen geladen, lässt Tsadan sich entschuldigen, was äußerst unhöflich ist, wie mir Gari mitteilt. So köstlich das Essen ist, so schweigsam ist die Stimmung. Nadira flüstert mir zu, dass sie einen Odem gewirkt habe und dass Mikhail leicht glimmen würde, Sidonie mäßig und Thezmar, wie wäre es auch anders zu erwarten gewesen, sehr hell leuchten. Doch was hat dies zu bedeuten? Wir entschuldigen uns direkt nach dem Essen, um nach Tsadan zu sehen und suchen die Taverne auf. Dort sehen wir Tsadan sitzen, einen Kräutertee trinkend. Er ist kaltschweißig, zitrig, blass und klagt über Übelkeit, ich kann jedoch keine Krankheit feststellen. Nadria blickt in seine Gedanken und sieht dort, dass Mikhail einen rohen, blutigen Schweinekopf gegessen hat und dass er genüsslich in ein rohes Auge gebissen habe. Dieser Anblick hat Tsadan zutiefst verstört.
Im Anschluss suchen wir Jaminka auf, ich bin schon sehr gespannt darauf, diesen Durm kennenzulernen. Wieder öffnet sie uns die Tür noch bevor wir klopfen können und sie teilt uns mit, dass sie uns kommen hat sehen. Sie sagt, dass sie viel sieht, auch, was Nadira in Tsadans Kopf gesehen hat, aber dass sie nicht sehen kann, was in der Burg passiert. Ein wenig abschätzend sieht sie an mir und meinem Festgewand herunter und teilt mir mit, dass wir jetzt drei Stunden durch den Wald gehen werden. Das wird Blasen an den Füßen geben, aber das nehme ich in Kauf.
Gegen elf Uhr kommen wir an einer kleinen Höhle an und ein kleines, verhutzeltes steinaltes Männchen kommt raus, nur in einen Lendenschurz gekleidet. Ich reiche ihm die Hand und er beginnt, einen Handkuss etwas zu übertreiben. Er leckt mir jeden Finger einzeln ab und auch sein Lendenschurz gerät in Bewegung. Ich ignoriere diese Tatsache und folge ihm in die Höhle. An der Wand hängen viele kleine Wachspüppchen, die mit Haarsträhnen umwickelt sind oder mit Blut beschmiert. Auch ein schwarzer Dolch hängt an der Wand. Durm reicht uns Tee, der sehr sehr süß ist. Mir wird kurz etwas warm, aber mehr auch nicht. Jaminka und Nadira lehnen dankend ab und nachdem ichi nochmal am Tee gerochen habe, weiß ich auch, warum. Dieser Tee ist ein äußerst starkes Rahjaikum, aber offenbar wirkt er bei mir nicht.
Durm erzählt uns, dass der Schulze zu ihm gekommen sei und dass er ihm erzählt habe, wenn er in die Folterkammer ginge und die Foltergeräte mit seinem eigenen Blut einreiben würde, könne er der Blutgräfin helfen. Da diese jedoch schon tot war zu diesem Zeitpunkt, wurde der Schulze ein Vampir, da er dadurch einen Pakt mit der Widersacherin Rahjas eingegangen wäre.
Durm erzählt weiter, dass er täglich noch viele Püppchen herstellen würde und dass er damals der Blutgräfin geholfen habe, eben jenen Pakt einzugehen. Meine Neugier überwiegt im Moment den Schrecken über seine offene Rede und ich höre ihm weiter zu. Er erzählt, dass er für seine Taten von der Boronkirche verflucht worden sei mit ewigem Leben und ewigem Vergessen.
Als wir ihn wegen Mikhails Essgewohnheiten fragen, antwortet er nur, dass der Junge endlich den richtigen Appetit bekommen habe. Auch Jaminka ist äußerst mitteilsam, sie erzählt mir von Hexentreffen, einer Ballkönigin, die die oberste Hexe sein soll, der allgemeinen Rangfolge und noch einigem mehr.
Wir machen uns um Mitternacht auf den Rückweg und erreichen etwa gegen drei Uhr früh wieder das Schloß.
15. Praios 1012 BF
Wie ich später von Pjerow und Doram noch erfahre, waren auch Doram und er in unserer Abwesenheit nicht untätig. Sie gingen in die Küche, weil dort der erste Spuk angefangen hat und entdeckten dort hinter einem Regal acht bis neun frische, nicht haltbar gemachte Schweinekadaver und hinter diesen sehen beide eine nackte junge Frau hängen, der die Kehle durchgeschnitten worden ist. Es ertönt ein lauter Knall und das Regal fällt hinter ihnen zu, die Ketten beginnen zu rasseln, die Kadaver bewegen sich. Doram rufit Ifirn um Schutz an, die Wände sind plötzlich voller Blut, es blitzt draußen und auf einmal sind die Wände wieder kahl und draußen beginnt ein kräftiges Gewitter.
Ich erinnere mich an das Gewitter, es begann, als wir in Durms Höhle gingen.
Die beiden beschließen, die Folterkammer aufzusuchen, die Tür ist jedoch verschlossen. Für Pjerow scheint es ein leichtes gewesen zu sein, das Schloß zu knacken und sie hören ein "pitsch, pitsch". Eine Schweinehälfte hängt von dem Haken über der eisernen Wanne, das Blut tropft in ebenjene. Doram öffnet die eiserne Jungfrau und sieht einen Augenblick den Körper einer jungen Frau, danach ist dieses Folterinstrument wieder leer. Kurz darauf sieht Doram wohl etwas aus der Blutwanne steigen und greift es an, Pjerow kann jedoch nichts sehen, der Angriff geht ins Leere.
Die beiden nehmen das Bild der Blutgräfin ab und entdecken dahinter eine versteckte Tür. Nachdem Pjerow auch dieses Schloss geknackt hat, schlägt ihnen ein muffiger Geruch nach Balsamieröl und Verwesung entgegen und sie stehen in einer Kammer, die angefüllt ist mit Skeletten und anderen mumifizierten Körpern. Die Körper sind verdreht, weisen Knochenbrüche auf, haben geöffnete Brustkorbe und andere grausame Verletzungen. An einer Wand hängen verschiedene Kleider, allesamt aus haltbar gemachter menschlicher Haut, geschneidert für eine Frau.
Pjerow will Verstärkung holen, während Doram Wache hält und während er alleine ist, sieht er, wie eine Robe durch die Luft fliegt und vor einen großen Spiegel gehalten wird. Just als Pjerow zurück kommt, hören die beiden ein Kratzen auf Glas und sehen im Spiegel verkehrt herum geschriebene Worte. "Kein Dämon, Hilfe, kalt, keine Erinnerung, Dunkelheit". Die beiden beschließen, den Spiegel heraus zu tragen, es gelingt ihnen aber ob der schweren Machart nicht. Also holen sie Ifrundoch zu Hilfe und als sie den Spiegel aus der Kammer gebracht haben, verschüttet Pjerow Lampenöl und zündet alles an. Ein Schrei wie aus tausend Kehlen sei zu hören gewesen, berichten mir die beiden.
Es wird beschlossen, dass der Spiegel in den Rahjatempel gebracht werden soll, der übrigens immer noch das Abbild der Kammer und der sich darin befundenen Schrecken zeigt und Rahjaina erklärt sich bereit, eine Nische für den Spiegel freizuhalten. Danach bietet sie den drei Männern eine Flasche mit Tharf an, welche die drei dankbar annehmen.
Wieder angekommen beim Schloss gehe ich umgehend in die Bibliothek, ich will alles niederschreiben, was ich von Jaminka erfahren habe, während Nadira zu Tsadan geht um zu sehen, wie es ihm geht.
Es ist still in der Bibliothek, daher entgehen mir die leisen Schritte auf dem Gang nicht. Ich trete vor die Tür und sehe, wie Sidonie mit ziemlich zerfetztem Kleid über den Gang schleicht. Auf meine Frage, was passiert sei, sagt sie mir, dass es ihr gut ginge, doch dem ist wahrlich nicht so. Ich bugsiere sie auf ihr Zimmer und mache mich daran, ihre Wunden anzusehen. Ihr fehlt ein großes Stück Haut am Rücken, ich sehe sogar ihr Schulterblatt, so tief wurde geschnitten, auf ihren Rippenbogen und den Innenseiten der Schenkel sind Zeichen in Zhayad eingeritzt, die ich abmale, bevor ich sie heile. In ihrem Schrank liegen blutige Verbände, das ist offenbar nicht zum ersten Mal passiert und mit den Worten "Ihr wart gut zu mir, lasst mich euch etwas zeigen" hängt sie den Spiegel in ihrem Zimmer ab. Dahinter kommt ein kleines Loch in der Wand zum Vorschein, dahinter ist ein dunkler Raum und Sidonie erzählt mir, dass dahinter die Erfüllerin der Wünsche sei, die ihr versprochen habe, dass ihr Mann endlich mit ihr schlafen würde, wenn sie einen Ziegel aus der Wand brechen würde. Offenbar hat sie damit den Geist der Blutgräfin befreit. Weiter erzählt sie mir, dass sie Mikhail nicht mehr genügen würde und dass er jetzt im Moment zwei Frauen aus dem Dorf bei sich haben würde.
Mir schwant böses und in meiner Angst mache ich den größten Fehler, den ich nur begehen konnte. Ich eile zu Gari, bitte Rowinja Verstärkung zu holen und drücke Gari ein Skalpell in die Hand, wir müssen unbedingt die Frauen retten, bevor Mikhail ihnen wer weiß was antut.
Ich hämmere mit den Fäusten an die Tür Mikhails und dieser öffnet mir, nur mit einem Lendenschurz bekleidet, die Tür. Ich schlage ihm sofort mit dem Stab zwischen die Beine, da ich im Hintergrund erkenne, wie eine Frau gerade erwürgt wird mit einer Schlinge. Noch während ich mich an Mikhail vorbeidrängle um die Frau loszumachen, höre ich, wie Gari mit einem Schrei auf ihn losgeht und wie von Sinnen auf ihn einsticht.
Es gelingt mir, die Frau loszuschneiden, jedoch höre ich kurz darauf Gari schmerzerfüllt aufschreien und sehe, wie die Wachen Mikhails ihr einen Bolzen in die Brust gejagt haben. Ich eile sofort zu ihr und heile sie, das war ziemlich knapp. Während Mikhail laut nach Thezmar rufend den Raum verlässt, werden wir von seinen Wachen festgenommen. Als er zurückkommt, sind seine Wunden verschwunden und als ich ihn mit Blutgräfin anspreche, ändert sich sein Gesichtsausdruck vollkommen. Er meint zu mir, dass er mich jetzt, da ich Bescheid weiß, verschwinden lassen muss. Die Saat sei so oder so gepflanzt. Gari wirkt vollkommen von Hass erfüllt, aber zugleich auch verängstigt, es geht ihr gar nicht gut.
Wir werden von vier Wachen in die Folterkammer geführt, in der wir Thezmar, gefesselt und geknebelt von der Decke hängen sehen. Er hatte offenbar auch keine Ahnung. Es gelingt mir, die Wachen dazu zu überreden, ihn wenigstens von der Decke runterzulassen. Scheinbar sind selbst sie nicht zur Gänze davon überzeugt, ihn gefangen zu nehmen, aber Befehl von Herr ist Befehl, wie sie mir sagen.
Plötzlich kommt Nadira in die Kammer gestürzt, als wäre sie vor jemandem auf der Flucht. Scheinbar sind die Wachen davon einigermaßen irritiert, denn es gelingt mir, sie davon zu überzeugen, dass Mikhail von einem bösen Geist besessen ist und dass wir ihm nur helfen wollen. Auch Nadira schafft es, eine Wache auf unsere Seite zu ziehen und wir versprechen ihnen, ihrem Herrn nichts zu tun. Mit diesen Worten verlassen wir die Folterkammer und ich sehe Rahjaina, die sich mit zwei weiteren Wachen unterhält. Auch die Männer sind mittlerweile bei uns angekommen und beschließen, die Wachen vorerst einzusperren, die beiden auf der Treppe wollen auch unbedingt mit hinein, bevor wir die Türe verbarrikadieren.
Wir eilen zu Mikhails Zimmer, doch das ist leer, weshalb wir zu Sidoniens Zimmer weiter laufen. Unterwegs erzähle ich, wie Sidonie den Geist der Blutgräfin befreit hat und als wir ankommen, stehen wir vor verschlossener Tür. Doram und Ifrundoch gelingt es nicht, sie einzutreten, aber Pjerow zückt seinen Dietrich und knackt das Schloss. Auf dem Bett sehen wir Sidonie liegen, während Mikhail mit einem Hammer versucht die Wand weiter einzureißen. Doram und Mikhail schießen bzw. werfen den Hammer auf sich, verfehlen jedoch beide. Erst als Pjerow mit seiner Armbrust Sidonie bedroht, hält Mikhail inne, offenbar befinden wir uns in einer Patt-Situation. Doram nutzt die Situation und schießt einen stumpfen Pfeil auf Mikhails Kopf, der davon getroffen zu Boden geht und sofort von Doram weiter niedergerungen wird.
Die Haut der beiden beginnt zu dampfen und Doram verzieht schmerzverzerrt das Gesicht, bleibt aber fest auf ihm sitzen. Ich beginne einen Geisterbann zu wirken, doch während ich zaubere, sieht mich Mikhail, nein, die Blutgräfin sieht mich aus seinem Gesicht an und schreit "du nicht". Mein Auge beginnt zu schmerzen und der Zauber misslingt. Ich bitte Doram noch etwas durchzuhalten und auch Pjerow und Ifrundoch beginnen, sich auf Mikhail zu werfen, der sich immer stärker windet. Beim zweiten Versuch gelingt mir der Zauber und wir alle können sehen, wie ein Geist aus Mikhails Körper entweicht und in die dunkle Kammer fliegt. Das Winden hört auf, jetzt ist der Bronnjar gänzlich apathisch und erinnert mich an Libussa, an meine Libussa. Wir müssen seinen Geist finden, wenn wir ihn retten wollen.
Während Doram umgehend damit beginnt, die Wand weiter einzureißen, bringen wir den Körper Mikhails in den Rahjatempel. Auf dem Weg dahin kommt uns Jaminka entgegen und sagt, dass sein Geist noch in der Burg sei, sie könne ihn in der Nacht rufen und wieder an seinen Körper binden, Nadira hätte ja bereits dafür bezahlt. Das also hatte sie vereinbart? Aber wie konnte sie davon schon vorher wissen?
Nun gut, wenn wir mit Mikhail so oder so bis zum Anbruch der Nacht warten müssen, dann kann ich mich derweil um die verletzte Frau kümmern. Ich frage zwei der Wachen, wo sie sie hingebracht haben und sie sagen mir, dass sie im Stall sei. Ich bitte sie, mir dabei zu helfen, die Frau zum Levthansteich zu bringen, damit ihre Verletzungen vollkommen heilen, was sie auch bereitwillig tun. Auch Gari nehme ich mit und lasse sie in den Teich steigen. Sie wirkt immer noch äußerst verstört, weshalb ich die Zeit bis mittags damit zubringe, eine Therapiesitzung mit ihr abzuhalten.
Noch während wir am Teich sitzen, kommt Doram zu uns und erzählt, dass es ihm gelungen ist, die Wand einzureißen. In der Kammer lag ein Skelett, dass sich erhoben und ihn angegriffen hat. Es ist ihm aber gelungen, mit einem Pfeil, den er von Ilonen bekommen hat, das Skelett zu Fall zu bringen, welches sich danach in Asche aufgelöst hat. Diese Asche, die beim übertreten der Schwelle des Tempels in einer Stichflamme aufging, begräbt er dann auch hier auf geheiligtem Boden. Ich glaube, dieser Geist wird nicht mehr wieder kommen.
Um Mitternacht betreten wir zusammen das Schloss und Jaminka ruft nach Mikhails Geist. Auch wenn wir nichts sehen können, so fährt sein Körper dennoch plötzlich prustend in die Höhe und nachdem er sich ein wenig erholt hat, erzählt er uns, dass er seit dem 01. Praios 1012 BF keinerlei Erinnerungen mehr habe. Er sagt, dass er um Hilfe gerufen hat, irgendwann als Dämon bezeichnet worden ist und es um ihn herum immer dunkler wurde. Offenbar war er der Spuk, den hier alle gespürt haben. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn ich diesen Spuk gebannt hätte.
Zum Dank für seine Rettung schenkt er uns für unsere Siedlung noch mehr Tiere, sowie ein großes Fass Wein, der Brandthuser Wein ist im ganzen Bornland bekannt und er bietet uns an, dass er uns 20 seiner Leute in die Siedlung schicken wird, die die Ausbildung unserer Leibeigenen übernehmen werden, die Berufe dürfen wir uns aussuchen. Selbst ich erkenne, dass dieses Angebot mehr als großzügig ist.
Auch die Stimmung im Schloss ist nicht mehr so drückend und da für morgen ein Fest geplant ist, gehen wir allesamt schlafen, selbst Tsadan, seine Anwesenheit fiel mir erst spät auf, bleibt wieder hier.
16. Praios 1012 BF
Aus Rücksicht auf die Geschehnisse im Schloss wird das Fest im Gasthaus Levthanshain abgehalten und Mikhail fragt uns infolgedessen ganz offen, auf welcher Seite wir im bevorstehenden Krieg stehen werden. Tsadan bittet uns daraufhin kurz hinaus und berät sich mit uns, wie wir uns entscheiden sollen. Nach einer gewissen Diskussion und Abwägen entscheiden wir uns dafür, vorerst neutral zu bleiben, bis wir mehr Informationen sammeln konnten.
Ich verabschiede mich nach diesen Ereignissen recht früh von der Feier, nicht ohne vorher noch ausgiebig mit Thezmar gefachsimpelt zu haben. Er hat einige interessante Ansätze, die den Balsam und den Ruhe Körper betreffen, die ich mir bei Gelegenheit näher ansehen sollte.
17. Praios 1012 BF
Wir reisen weiter, das Wetter ist wieder schön sonnig und warm, aber Gari hält sich von den anwesenden Männern wieder so weit fern, wie nur irgend möglich. Ich hatte bei ihr so gute Fortschritte erzielt und durch diese eine unüberlegte Handlung habe ich so viel kaputt gemacht. Wie konnte mir das nur passieren? Abends gesellt sich Salima zu uns und Gari streichelt sie gedankenverloren.
18. Praios 1012 BF
Gegen Mittag kommen wir in Persanzig an, ein rondragefälliger Kastenbau dominiert den Ort. Vito von Persanzig empfängt uns und tischt uns großzügig auf. Iliane fragt uns, wie unsere Namenlosen Tage waren, ihre seien schrecklich gewesen. Nach einer kurzen Schilderung unsererseits revidiert sie diese Aussage jedoch wieder. Sie erzählt uns, dass Gerbald zu Uriel von Notmark gegangen ist und sich dort einschmeicheln will. Er soll momentan laut ihr Söldner anheuern, die einen Ort namens Oljewsruh angreifen sollen. Laut der Karte, die die Persanzigs haben, handelt es sich wohl um unsere Siedlung. Gerbald will Moorwacht angreifen!
Die Persanzigs bieten uns an, dass sie uns nach dem Krieg zwanzig Bewaffnete zum Schutz nach Moorwacht entsenden werden, um das Dorf zu verteidigen, im Gegenzug wollen sie, dass wir im Kriegsfall ihre Kinder als Mündel bei uns aufnehmen. Desweiteren wollen sie uns einen Köhler, fünf Holzfäller und einen Baumeister, sowie 600 Einheiten Nahrung jeden Monat entsenden, wenn sie dafür 100 Einheiten Erz monatlich von uns erhalten. Pjerow erklärt uns, dass dieses Angebot akzeptabel sei und Tsadan schlägt ein. Ich hätte nicht gedacht, dass diese Mine uns so viele Vorteile bringen würde.
Ich sollte Gari vorerst täglich therapieren und hoffen, dass ich so ein bisschen was von meinem Fehler wiedergutmachen kann, auch Salima leistet uns wieder Gesellschaft.
19./20. Praios 1012 BF
Auf unserer weiteren Reise therapiere ich Gari weiter jeden Abend und komme zu dem Schluss, dass sich ihr Trauma wieder sehr verschlechtert hat. Wie konnte ich nur so dumm sein?
21. Praios 1012 BF
Gegen vier Uhr nachmittags erreichen wir Vierwinden, einen Pilgerort mit sieben Gasthäusern, einem Rondratempel mit der schwarzen Rondra davor, dem Gegenstück der weißen Rondra in Norburg. Auch die Statue einer knienden nackten Zwergin aus schwarzem Basalt gibt es hier.
Auf dem Marktplatz treffen wir den weißen Mann, ich bin beeindruckt, dass er trotz der Hitze weiter sein Eisbärfell trägt. Gerade als wir ihn begrüßen wollen, bekommen wir mit, dass er neben zwei Leichen steht, die ohne Kopf neben ihm liegen. Die Beine sind noch zusammen gebunden, offenbar waren sie irgendwo aufgehängt, wie in Trautmans Hus. Die ganze Stadt ist in Aufruhr. Die Rondrageweihten streiten gerade mit dem Firuni, weil sie eine Prämie auf die Mörder aussetzen wollen und der Firuni der Ansicht ist, dass dies die Pilger eher in Gefahr bringen würde.
Noch während ich die Diskussion verfolge, sehe ich, wie Doram auf Pjerow zugeht, einen Zettel in seiner Hand und ihn lautstark fragt, warum er da auf diesem Steckbrief zu sehen sei. Dieser wird ganz klein und verzieht sich kurz darauf mit Doram hinter unseren Wagen und als er wieder hervor tritt, erkenne ich ihn kaum wieder. Er hat sich sowohl die Haare als auch den Bart abrasiert und sich ein Kopftuch umgebunden.
Er scheint sehr eilig von der Straße zu wollen und als wir im Gasthaus Vierwinden einkehren, gesteht er uns, dass er in Festum gesucht wird. Er druckst ein wenig rum und erzählt, dass er dort jemanden in Notwehr getötet haben soll, einen Verbrecher, wie er sagt. Er bittet uns, ihn doch vorerst Thulvje zu nennen und Doram lässt einen nicht angemessenen Spruch los, für den Tsadan ihm sein Bier über den Kopf gießt. Selbst Gari bietet von sich aus eins ihrer Kleider an, damit Pjerow sich verkleiden könne, doch das lehnt dieser ab. Tsadan sagt, dass ihm egal sei, was er vorher getan habe, er habe sich bei uns als ein fähiger und ehrlicher Mann bewiesen und daher müsse er vor ihm keine Konsequenzen fürchten. Pjerow hält sich dennoch vorerst bedeckt, immerhin scheinen diese Widersacher Firuns Paktierer hinter ihm her zu sein.
22. Praios 1012 BF
Wir beschließen, bereits heute weiter zu reisen, obwohl es äußerst heiß ist. Nach ein paar Stunden Fahrt wird es auf einmal sehr kalt, selbst unser Atem gefriert und als wir um eine Biegung fahren, kommen wir an einen Baum, um den herum der Boden komplett mit Eis bedeckt ist. An ihm hängen zwei kopflose Gestalten, der Kleidung nach zu urteilen handelt es sich um Pilger, die unterwegs nach Ouvenmas waren. Das Gebiet um den Baum herum und die Toten selbst sind zur Gänze gefroren, nach ein paar Schritten jedoch erdrückt uns wieder die Hitze. Wir beschließen, dass wir die Leichen mitnehmen und in Ouvenmas bestatten werden, also laden wir sie auf den Wagen.
Hoffentlich ist die Reise nicht zu lang, es ist heiß und die Leichen werden schnell auftauen.
24. Praios 1012 BF
Spät abends erreichen wir das Stadttor von Ouvenmas.