Tagebuch von Anjon Belletor von Gareth
vom Verstoß gegen Praios Gebote und dem Ghumai-Kal, der Hütte auf zwei Beinen

So packte ich die Ausrüstung für die Unternehmung, besorgte mir vom Schmied noch einen geschwärzten Schild, einen Sack Pferdefutter und begab mich zum Treffpunkt. Dort erwartete mich nebst den Gefährten eine alte Bekannte aus dem kaiserlichen Frühjahrsturnier. Die Baroness von Zobel ward als Anführerin des Unternehmens benannt worden. Eine kompetente Fechterin, die gute Dame, gegen die ich meinen erstes Kampf der Vorrunde bei den leichten Handwaffen verloren habe. Nachdem das Missverständnis mit dem Pferd aufgedeckt, ich Surina wieder in den Stall gebracht und die Baroness die einzelnen Mitstreiter vorgestellt hatte, fragte Ihr Hochgebohren nach den speziellen Fertigkeiten, die wir aufzubieten hatten.

Dann geschah es, als ich Ihr Araschar vorzeigte. Eine Stimme ward in meinem Kopf präsent und verurteilte meine Handlungen auf Burg Auraleth aufs Äusserste. War es die Stimme des Götterfürsten persönlich? Er benannte meine Taten mit "Einbruch", "Verkleiden", "Diebstahl" und anderen, gotteslästerlichen Begriffen. Danach ward diese besondere Kraft von Araschar erblasst und die Klinge erstrahlte nicht mehr im selben Glanz. Habe ich versagt und mich in den Augen des Herrn Praios als unwürdig erwiesen, diese ihm geweihte Klinge zu führen? Es schien fast so. Obwohl ich kein Priester bin, sah ich in diesem Moment ein, dass das Eindringen und Entwender der Plagenknolle aus dem Scriptorium der Bannstrahler keine dem Herrn Praios gefällige Tat war. Auch schien dem Herr Praios der Begriff "Sachzwang" nicht im Geringsten zu kümmern. Natürlich waren es aus dieser Sicht herbe Verstöße gegen Parios Gebote, damit werde ich aber für den Rest meiner hoffentlich noch zahlreichen Tage leben müssen. Ich schwor mir, in diesem Moment, es wieder gut zu machen.

Dann kam aber gleich das Nächste Ungemach. Die Baroness von Zobel erläuterte die anstehende Aufgabe: Als verkleidete Einheit der Paktierer und Reichsfrevler hinter die feindliche Linien einsickern und etwas in Besitz nehmen, dass als "Ghumai-Kal" bezeichnet wird. Es sind Hütten auf zwei etwa acht Schritt hohen Hühnerbeinen. Nach der Besitznahme sollten wir dann mit diesem Ding auf ein Zeichen des KGIA warten, um dann loszuschlagen. So viel zur Absicht "es wieder gut machen" und den Geboten des Herrn Praios: direkt, unerschütterlich, offen. Was sollte ich also tun? Die Gefährten zusammen mit den KGIA-Agenten alleine losziehen lassen? War mein Platz und der von Araschar nicht eher beim kaiserlichen Herrhaufen an der Seite Ihrer königlichen Majestät Rohaja, als bei einem nostrischen Schwarzmagier, einer thorwalschen Windmagierin, einem Novadi, einer Südländerin und sieben KGIA-Agenten, um dem Feind direkt, unerschütterlich und offen entgegenzutreten?

Ihr Götter, warum bringt Ihr mich immer wieder in solch missliche Lagen? Es muss sich um eine besondere Prüfung durch die Götter handeln. Auch wenn ich es ungern zugebe, so habe ich doch im Laufe der Zeit meine Gefährten lieb gewonnen und  es würde mir den Rest meines Lebens schlaflose Nächte bereiten, wenn ich nach der Schlacht erfahren müsste, dass einer oder mehrere von Ihnen die Reise in Borons Hallen angetreten haben und ich war nicht da, um Sie zu schützen. So ging ich also mit. Wir legten geschwärzte Wappenröcke an, auch schwärzte ich die leichte Plattenrüstung und lies die Halsberge weg. Das Schild lies ich ebenfalls da. Bewaffnet mit Araschar, dem Anderthalbhänder, Kurzschwert und Kriegsbogen zog ich also los.

Wie hielten uns von Wehrheim aus südlich gen Gareth um dann nach einiger Zeit am Fluss entlang gen Rahja zu ziehen in Richtung des endlosen Heerwurms. Nach einiger Zeit kam eine berittene Patrouille auf uns zu und das Kommando kam, uns zu verstecken. Verstecken? Was ist das? Hilfesuchend blickte ich um mich, als der Rest des Trupps wirklich interessante Dinge tat, um nicht gesehen zu werden. Erstaunlich, was es alles für Möglichkeiten dazu gibt. Vierblatt zog mich nach unten und war eine Decke über mich drüber. Gerade noch rechtzeitig, wie es schien, denn wir wurden nicht gesehen. Nach einer Überquerung des Flusses mit einem Boot, dass Canku gekonnt aus dem Fluss barg und uns damit nicht minder gekonnt über den Fluss setzte, ging es weiter. Wir passierten einen Bauernhof, der noch bewohnt zu sein schien. Kurz danach auf offenem Acker hörten wir seltsame Geräuche und wieder mussten wir Deckung suchen. Diesesmal wurde ich mit frischer Erde zugeschüttet. Es bot sich gar ein seltsamer Anblick, als erst eine Horde von Ghulen (ja, es waren schon wieder Ghule, irgendwie schienen mich diese Viecher zu verfolgen) aus dem Wald gerannt kamen, so als würden Sie panisch vor etwas fliehen. Das, wovor sie flohen, kam dann kurz danach aus dem Wald, nachdem man es vorher schon roch. Es ward ein Tatzelwurm, ein stinkendes Drachgezücht, beritten von zwei Gestalten. Einer machte sich wohl einen Spaß und schoss mit einem Bogen auf die Ghule. Sie ritten nah an uns vorbei, doch sahen sie uns nicht. Was ein Glück, bei Phex, gegen einen Tatzelwurm anzutreten ist wahrlich kein Vergnügen, insbesondere stinkt man danach gar fürchterlichst und kriegt den Gestank ewig nicht abgewaschen.

Weiter ging es gen Heerwurm. Nach einiger Zeit kam uns eine gehetzte, ausgelaugte und panisch verängstigte Menschenmenge entgegen. Diese flohen mit Handkarren, Alten und Kranken vor einer Horde von Untoten. Diesesmal mussten wir einschreiten. Die Baroness positionierte uns an einem Waldrand, die Armbrustschützen luden, während wir auf den Befehl zum Angriff mit den Blankwaffen warteten. Es waren etwas mehr als ein Dutzend Untoter. Nach zwei Salven Bolzen griffen wir an. Ich wurde auf die linke Flanke neben einer jungen Heilerin und einem Agenten beordert und wir sahen uns gleich vier dieser Kreaturen gegenüber. Mit Araschar in der Hand stellte ich mich diesem verotteten Gezücht, gegen das ich mich nicht zu den Regeln des ehrenhaften Zweikampfs verpflichtet sah.

Den ersten spaltete ich mit einem einzigen Hieb von Araschar von rechts oben nach links unten. Eine viertel Drehung nach links, der zweite Untote, der die Heilerin bedrängte, drehte mir den Rücken zu. Nach einer Vollkreisdrehung zum Ausholen trennte der nächste Hieb von Araschar den Untotenschädel vom Untotenhals mit einem Streich. Dann kam ein drittes Monstrum mit einem Speer in der Hand auf mich zu. Der dritte Hieb trennte den Kopf nicht ganz vom Rumpf. Es war dann rasch vorbei, denn die Gefährten und Agenten verstanden das Waffenhandwerk und diese Untote würden niemanden mehr verfolgen. Wir trennten die Köpfe von den Rümpfen und liesen sie liegen. Ein kurzes Stoßgebet zur Herrin Rondra, möge Sie mir weiterhin die Hand gut führen. Araschar war auch ohne Segen des Herrn Praios eine mächtige Waffe. Ich hatte noch nie etwas Vergleichbares geführt.

Die Kratzer wurden versorgt, denn diese Kreaturen übertragen die schrecklichsten Krankheiten, erzählt man sich. Es soll sogar schon Fälle gegeben haben, da fiel einem Tage später nach einem Kampf gegen diese Kreaturen das Gemächt ab. Abscheulich. Dann zogen wir weiter und tatsächlich fanden wir eine dieser wandelnden Hütten. Die Gelegenheit war günstig, das Gelände gut und diese Chance nutzen wir. Entweder jetzt oder nie. Die geschickteren Gefährten stürmten mit Wurfhaken und Strickleiter los und enternten das Ding. Ich musste warten, kletterte aber dann auch nach oben. Als ich oben ankam, war der Kampf schon in vollem Gange. Man musste aufpassen, dass man nicht von den Hüttenbewohnern einen Armbrustbolzen verpasst bekam, so arbeitete ich mich langsam den schmalen Gang zwischen Hüttenwand und Brüstung entlang um die Hütte herum. Bei den geöffneten Fenstern kroch ich unten durch. Ich musste mich an ein Hornissengeschütz vorbei und über Vierblatt hinüber quetschen. Kaum war ich in Position, als einer der Agenten im Zweikampf gegen einen Hüttensöldner zu Boden ging. Es sah nicht gut aus und so stellte ich mich schützend über den Agenten.

Es war eine tückische Sache, denn die Hütte bewegte sich und auf dem blutverschmierten Boden konnte man leicht ausrutschen, was einem Todesurteil gleichkam. Die Umgegung war für den Kampf sehr beengt. Ich focht ein Duell gegen den Söldner und konnte ein paar gute Treffer setzen. Schlussendlich erledigte Nuri mit dem Morgenstern von oben meinen Gegner. Ich werde bei Gelegenheit ein paar ernste Worte mit ihm sprechen müssen, denn in einen ehrenhaften Zweikampf hat man sich nicht einzumischen. Doch war noch ein Söldner da, und schon ging es in das nächste Duell. Nach einigen Schlägen konnte ich ihm den Säbel aus der Hand prellen und hielt ihm Araschar an die Kehle. Wenigsten einen brauchten wir lebend, damit dieser uns verraten konnte, wie man diese Hütten steuert. Doch es solte anders kommen. Mit einer rasend schnellen Bewegung, die ich nicht mal im Ansatz kommen sah, entriss mir dieser Araschar. Sollte ich jetzt durch eine dem Herrn Praios geweihten Klinge meinen Tod finden, als Vergeltung für meine Frevelei auf Burg Auraleth? Ich musste einen Schlag einstecken, ehe ich den Anderthalbhänder aus der Rückenscheide ziehen konnte, doch meine leichte Platte schützte mich. Mit meinem nächsten Schlag war alles vorbei und dieser Paktierer hauchte sein Leben aus. Araschar war wieder mein. Irgendwie hatte ich das Gefühl, das der Schlag durch den Paktierer mit Araschar weniger Schaden bei mir anrichtete. 

Ich danke erneut der Donnernden und dem Herrn des Lichts, dass Sie mein Leben verschont hatten. Den Gefährten ging es soweit gut, einige Agenten hatten etwas abbekommen, aber nichts, was nicht zu flicken wäre. Und da waren wir nun, mitten auf der Hütte.

Abenteuer: Jahr des Feuers - Schlacht in den Wolken
Dieser Eintrag wurde am 19.12.2015 (22:30) verfasst und 900 mal aufgerufen.
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