Die Geheime Mine
Neue Gefangene
Phex hatte wohl ein Einsehen mit mir, denn Donato blieb in seinem Suff im Tiefschlaf und es schien ihm auch nicht aufzufallen, dass er das Appellbuch am nächsten Morgen hatte, ohne sich daran erinnern zu können woher. Nun gut, in seinem Zustand kaum verwunderlich. Und woanders her wenn nicht von mir oder Ulf hätte es auch kommen sollen? Dieser Trunkenbold hatte wohl des Öfteren Erinnerungslücken. Die Begebenheiten, an denen ich ihn wirklich vollständig nüchtern vorgefunden hatte, ließen sich an einer Hand abzählen. In dieser Hinsicht war er noch deutlich schlimmer als seine Schwester.
Es gingen wieder etliche Tage ins Land, ohne dass sich etwas Besonderes ereignet hätte. Zumindest war mir mittlerweile klar, welche der Wachen zu übermäßigen Exzessen gegen die Gefangenen neigten und welche sich noch eine Spur Menschlichkeit bewahrt hatten. Dann nahmen die Ereignisse mit einem Mal eine ziemlich schnelle Wendung. Alles begann, als wieder einmal 4 neue Gefangene herangeführt wurden, was an sich keine Besonderheit bei dem Verschleiß von etwa 2 Arbeitskräften im Mond darstellte. Ein Elf, ein Thorwaler und zwei junge Frauen, eine davon fast eher noch ein Mädchen von vielleicht 16 Götterläufen. Mit den kurz geschorenen Haaren und in der grauen Einheitskleidung war das schwer zu sagen, aber auch so schien das junge Ding nicht unansehnlich zu sein. Beim Morgenappell war es an mir diesen armen Gestalten die Regeln der Gemeinschaft näher zu bringen, aber es war augenscheinlich, dass diese sich nicht ohne weiteres fügen würden. Sie hatten eine ziemlich renitente und vorlaute Art, die die Frage OB es mit ihnen Ärger geben würde direkt in ein WANN verwandelten. Zumindest erkannte das ein wacher Verstand wie der meinige umgehend. Warum sich die da Costas solchen Ärger ins Haus holen wollten bleibt mir ein Rätsel. Aber sie mussten wohl einfach nehmen was kam. Und bisher schienen sie noch mit jedem Widerstand zurechtgekommen zu sein. Deswegen machte ich mir gar nicht erst die Mühe, sie nach ihren Namen zu Fragen. Wer konnte schon wissen, wie lange sie hier unten überhaupt durchhielten?
Fürs erste sollten die Neuen Ladedienst verrichten, also das Erz und den Abraum auf die Wägen verfrachten, um den Aufenthaltsbereich der Gefangenen kennen zu lernen und die Spielregeln zu verinnerlichen. Da sollte es noch keine Probleme geben, würde man meinen, standen sie doch so unter konstanter Aufsicht. Ich selbst begab mich wieder einmal zu Gabrielle. Eigentlich war sie wirklich ein hübsches Ding, aber ich wusste nicht so recht einzuordnen warum sie mir immer wieder Avancen machte. Versprach sie sich einfach eine bessere Behandlung davon? War sie verzweifelt? Oder meinte sie es wirklich ernst? Ich glaubte, sie suchte in ihrer labilen Art einfach etwas Kontakt und Stabilität in dieser für sie kaum ertragbaren kleinen Welt. Immerhin konnte ich mich so auf ihre Verschwiegenheit verlassen, was es leichter machte offen mit ihr zu reden. Und das Bedürfnis mich auszutauschen hatte selbst ich zugegebenermaßen auch hin und wieder, hatte ich doch stets im Hinterkopf, dass auch meine eigene Sicherheit möglicherweise keineswegs gewährleistet war, auch wenn ich diese Erkenntnis noch mit niemandem geteilt hatte. Offensichtlich sah Gabrielle in mir einen Philanthropen, nur weil ich nicht unbedingt Spaß daran hatte, im Gegensatz zu anderen Wärtern jemanden grundlos zu schikanieren. Ein Magier der linken Hand zu sein bedeutet ja nicht automatisch, dass man auch seine Menschlichkeit ablegen musste… Aber egal wie, ich mochte sie. Ihre langen Haare, die sie von den übrigen Gefangenen abhoben, erinnerten mich aus irgendeinem Grund an meine Schwester. Bei der Vorstellung, dass meine liebe kleine Liliana hier gewesen wäre, ich hätte keine Sekunde gezaudert das schlimmste grauen der Niederhöllen auf diese Bastarde herab zu rufen. Eigentlich war dieser Gedanke es sogar wert, weiter verfolgt zu werden, später vielleicht. Man brauchte ja auch immer einen Alternativplan. Dann deutete Gabrielle an, sie würde vielleicht einen Fluchtweg kennen. Ich ging nicht direkt darauf ein, solch ein Gerede war gefährlich, falls es die falschen Ohren hören sollten. Man konnte hier ja doch den wenigsten trauen. Aber alleine, dass sie es mir gegenüber erwähnte, zeugte ja schon davon, dass ich ihr Vertrauen zumindest genoss. Wir wurden rüde unterbrochen als Donato in die Kammer kam. Ich sollte endlich wieder zu meinem Wachdienst, und Gabrielle sich um die Kranken kümmern. So gingen wir fürs erste auseinander.
Am nächsten Morgen halfen die Zwerge wie immer beim Appell mit. Jedes Mal, wenn ich einen Namen aufrief, hoben sie gleichzeitig einen Stab, um anzuzeigen, dass es in Ordnung war. Irgendwie fühlte ich mich sogar als Kontrolleur noch kontrolliert. Ein eindeutiges Zeichen, dass auch wir als Wächter kein echtes Vertrauen bei den daCostas genossen, selbst wenn mein Stand wohl um einiges besser war als der Anderer. Am Ende des Antretens lies ich mir erst noch einmal den Elf vorführen um seine Halskrause zu begutachten. Ein solcher Fall hier war neu für mich, und ich war neugierig, wie es mir wohl selbst ergehen würde, sollte ich selbst in eine solch missliche Situation kommen. Man konnte ja nie wissen... Der Metallkragen war fest mit einem Bolzen verschlossen, kein Schloss, sondern stramm vernietet. Ein Problem, das meine Kenntnisse des Foramen an dieser Stelle schon einmal obsolet machte. Da bräuchte man tatsächlich eher einen Zwerg mit Hammer und roher Gewalt als Finesse. Man wollte wohl auf Nummer sicher gehen. Kaum waren die Neuen mit dem Zwerg Wackertrunk hinaus ins Tal zu ihrem heutigen Arbeitsdienst, da kam auch schon eine Meldung zurück, dass sich der Elf weigerte seinen Dienst - Baum fällen - auszuführen. Das hätte sich der dumme Zwerg aber auch denken können… oder hatte er es vielleicht genau deswegen getan um den Elf zu provozieren und zu brechen? Also musste ich hinauf gehen um Donata - ihr Bruder war sicher noch nicht ansprechbar- Meldung zu machen als unten auch schon der Alarm anging. Die Neuen hatten gleich die erste Gelegenheit genutzt um Ärger zu machen und den armen Wackertrunk kaltblütig ermordet um anschließend in den Wald zu fliehen. Man musste ihnen lassen, Zaudern war nicht ihre Art. Aber Denken wohl auch nicht. Leider war blinder Aktionismus ohne reifliche Überlegung nun einmal ein schlechter Ratgeber. Hätten sie sich schlau gemacht, sie hätten gewusst, dass es aus dem Tal dort kein Entkommen gab. Folgerichtig waren alle, bis auf den Elf (wie er es wohl geschafft hatte zu verschwinden?), ein paar Stunden später fast erfroren wieder eingefangen. In dem schattigen Tal war es selbst zu dieser Jahreszeit manchmal noch bitterkalt. Sie hatten sich in dem Bergsee versteckt! Tapfer und ausdauernd, aber dumm. Ich glaubte, ich selbst wäre in diesem See schon lange erfroren. Die Bestrafung sollte in meine Hände gelegt werden (na toll!). Also ließ ich die ersten Beiden die eingefangen worden waren, der Thorwaler und das junge Mädel, an den Pfahl binden und mir die Dreischwänzige geben. Donata hatte aber anscheinend andere Pläne ohne mir dies zu erklären. Warum auch immer ließ sie die beiden losbinden und dafür einen Kerl namens Fabrizio heranschaffen, der stattdessen die Strafe zu erleiden hätte. Sippenhaft nannte sie es, das durchtriebene Stück. Aber gut, sie machte das schon länger, hatte wohl ihre Erfahrungen damit, was bei dem ein oder anderen besser half. Nun blieb mir nichts anderes übrig, als es diesem Fabrizio zu geben. Wobei mir das sogar noch lieber war als ein schmächtiges junges Mädchen schlagen zu müssen. Abgesehen davon, dass ich nicht der Stärkste und Geschickteste mit der Waffe war, stellte ich mich wohl auch noch übermäßig dilettantisch dabei an. Eigentlich wollte ich mir Mühe geben und den Anschein wahren, ich würde die Bestrafung mit voller Inbrunst ausführen, was Gabrielle mir mit enttäuschtem Blick quittierte. Aber meine Leistungen waren wohl sowohl mit der Peitsche als auch schauspielerisch so schlecht, dass Donata die Strafe noch einmal verdoppelte und mir androhte, wenn ich mich nicht etwas mehr bemühte, stünde ich bald selbst dort vorne. Daher machte ich weiter, aber das Ergebnis war, auch mit der anderen Hand, nicht besser. Immerhin überzeugte dies Donata von meiner Unfähigkeit an der Peitsche und sie ließ mich das Elend beenden. Anschließend musste ich Fabrizio trotz allem in die Heilerkammer verfrachten lassen, wo sich Gabrielle seiner annahm. Anscheinend war er dort einer der häufigsten Gäste und eines der Lieblingsopfer Donatas.
Gabrielles Tod
Am nächsten Tag hatte sich die als letzte Eingefangene auch noch einen Schnupfen zugezogen. Kein Wunder, wenn man stundenlang im eiskalten Wasser ausharrt. Also wurde auch sie, ihr Name war Xinda, zu Gabrielle gebracht. Das fehlte noch, dass eine Seuche unter den Arbeitskräften wegen dieser Trottel ausbrach! Ich kam dazu um nach dem Rechten zu sehen und unterhielt mich noch mit Gabrielle, als Donato, wieder einmal recht angetrunken, in die Kammer stürmte. Offensichtlich brauchte er ein Ventil für seine Wut, denn er begann schnell auf den ohnehin schon Verwundeten Fabrizio einzuprügeln. Anschließend packte er Gabrielle und zerrte sie nach oben. Als sie später, ich war bereits wieder in meiner eigenen Kammer, etwas derangiert herunterkam, machte sie einen noch verwirrteren Eindruck als sonst. Mir war zuletzt schon mehrmals aufgefallen, dass es mit ihrer geistigen Gesundheit wohl nicht zu weit her war, sie wirkte oft regelrecht depressiv, kam mit der Situation insgesamt kaum zurecht und brach manchmal fast zusammen. Aber was ihr nun Wiederfahren war, musste das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Auf Höhe der Heilerkammer rief sie noch etwas in die Höhle und sprang dann ohne weitere Vorwarnung von dort die acht Schritt in die Tiefe. Bestürzung überkam mich. Ich rannte sofort hinunter so schnell mich meine Beine trugen, in der Hoffnung ihr noch irgendwie helfen zu können. Und tatsächlich lebte sie noch, wenn auch schwer verletzt. Blut und Schaum standen ihr vor dem Mund, sie musste sich wohl auch innerlich verletzt haben. Ich riss ihr die Kleider auf, legte die Hand auf ihre Brust um sie mittels eines Balsams zu retten. Allein, ihre Wunden waren zu schwer für meine Kunst und ich versagte. Borons ruf war zu stark. Gerade dieser Spruch, der so viel Gutes tun konnte... ich beschloss umgehend, meine Studien in dieser Richtung noch deutlich zu vertiefen. Aber wie, an diesem Ort ohne literarische Möglichkeiten? Mit den letzten Worten nahm sie mir das Versprechen ab, ich möge die hier zu Unrecht gefangen gehaltenen schützen und befreien. Was für ein Schlammassel, in den mich das alles brachte! Aber konnte ich einer Sterbenden den letzten Wunsch verweigern? Was würden die Götter davon halten? Und nun hatte ich nach Julio mit Gabrielle auch noch die einzige Person verloren, der ich hier drin einigermaßen trauen konnte. Ihr Verlust ging mir näher, als ich nach außen zeigen wollte. Gerade für sie hätte ich mir einen glücklichen Ausgang dieses Dramas gewünscht. Aber wie hätte ich Donato aufhalten sollen, ohne mich selbst dabei sofort ins Unglück zu stürzen? Ich fühlte mich ohnmächtig, was für einen Magus wie mich bei weitem keine angenehme Erfahrung war, schließlich sind wie einfach etwas Besseres als der gemeine Rest. Aber jetzt wurde die ganze Sache langsam persönlich. Diese Tat würde ich Donato nicht vergessen! Außerdem würden wir nun wohl einen neuen Heiler benötigen.
Ich ließ vier Gefangene herantreten die mir bei der Beerdigung Gabrielles behilflich sein sollten und nahm auch noch 2 Wachen mit hinaus ins Tal. Ein Risiko wollte ich da nicht eingehen, nicht dass ich auch noch so enden würde wie der arme Zwerg, weil diese Dummköpfe eine Gelegenheit witterten. Die Gefangenen ratschten den ganzen Weg über, aber ich hatte weder Lust mir deren Gewäsch anzuhören noch sie zurechtzuweisen. Dazu war meine Stimmung gerade einfach nicht entsprechend. Dafür unterhielt ich mich mit dem Wächter, Bergil, von dem ich wusste, dass er einer von denen war, die zumindest keinen Spaß an ihrer Arbeit hatten. Und tatsächlich hatte Gabrielle wohl auch ihm schon einmal von einem Weg erzählt, der durch einen Kamin hinausführen würde. Allein, er wusste nicht wo hier unten überhaupt ein Kamin sein sollte. Ich hingegen kannte da einen… in Donatas Zimmer. Das schlaue Frauenzimmer hatte sich wohl selber einen Fluchtweg offenhalten wollen, nur für alle Fälle. Bergil kannte Julio gut, und ich beschloss, ihm ein wenig mehr anzuvertrauen, als bisher überhaupt irgendjemand anderem. Ich erzählte ihm vom Schwert, von den Rückbuchungen und lies ihn daraus seine eigenen Schlüsse ziehen – die recht eindeutig ausfielen und nicht unbedingt seine Stimmung hoben. Es war oft hilfreicher, wenn die Leute meinten, sie wären selbst auf einen schlauen Gedanken gekommen, als von mir belehrt zu werden. In ihm würde ich wohl einen Verbündeten haben, wenn es darum ging hier für ausgleichende Gerechtigkeit zu sorgen. Er erzählte mir, dass einmal im Mond, wenn die Huren da waren, die Hälfte der Wachen fort oder betrunken seien, und dass, wenn überhaupt, dann zu diesem Zeitpunkt, eine Gelegenheit bestand hier heil heraus zu kommen. Hei heraus kommen… das war mir noch zu wenig. Ich würde Rache für Gabrielles Tod einfordern, wenn es mir möglich wäre! Dann begruben wir ihren Leichnam, wobei ich feststellte, dass der Boronanger sicher schon 30 Gräber oder mehr aufwies. Und wir mussten nun das nächste in dem steinigen, harten Boden hinzufügen. Zorn kochte in meinen Eingeweiden.
Unerwartete Verbündete
Ich hatte den Eindruck, die Dinge würden sich nun mehr und mehr beschleunigen. Am nächsten Tag wurde diese Xinda-Person, das Weib war grobschlächtig und mir wirklich nicht übermäßig sympathisch, erneut in die Heilerkammer geschickt. Sie war immer noch verschnupft - obwohl wir noch keinen neuen Heiler gefunden hatten. So musste ich mich lästigerweise um sie kümmern. Dabei blieb es nicht aus, dass wir uns trotz allem ein wenig unterhielten, obwohl ich sonst nicht dazu neigte, mich mit den Gefangenen zu unterhalten. Aber sie selbst war recht offensiv in ihrer Art und ich wohl noch ein wenig angeschlagen vom Verlust Gabrielles. Sie erzählte mir, einen Gefangenen namens Alrik im Verdacht zu haben ein Spitzel Donatos zu sein. Das würde zu dem kaltblütigen Hund passen, sich auch noch nach unten abzusichern. Aber immerhin eine wertvolle Information, die ich zuverlässig memorierte. Beim nächsten Appell musste ich darauf achten, wer dieser Alrik eigentlich genau war. Außerdem kamen wir darauf, dass sie von einem Herren Efferdan eigentlich für eine ganz andere Arbeit angeheuert worden sei bevor sie hier gelandet war. Diese Art von Geschichte hörte ich ja nicht zum ersten Mal. Das passte ins Bild, offensichtlich zeichnete sich hier langsam ein Muster ab. Diese Xinda war anscheinend eine, wenn auch wenig liebreizende, aber recht gewitzte Person für eine bürgerliche. So wie Bergil als Bindeglied zu den Wachen mochte ich sie vielleicht als Verbindung zu den Gefangenen nutzen können, wenn ich mir über mein eigenes weiteres Vorgehen erst einmal klar wäre.
Bei der Übergabe zu Mittag kam es dann auch schon zum nächsten Vorfall. Warum immer auf meiner Schicht? Ich legte doch überhaupt keinen Wert darauf, wie sollte man da in Ruhe einen durchdachten Plan fassen können, wenn einen die Ereignisse vor sich hertrieben! In einem der Stollen war es zu einem Wassereinbruch gekommen und der neue Thorwaler Ansgar hatte anscheinend nicht nur Schuld daran -typisch Thorwaler eben- sondern auch noch zu Anfangs feige seine Hilfe beim Absichern verweigert. Donato, der wieder einmal mehr als nur einen Zacken in der Krone hatte, wollte sich diesmal der Bestrafung persönlich annehmen, und ließ den Kerl an den Pfahl binden. Der nach seiner Meinung befragte Zwerg schätzte den Verlust auf etwa 3 Sack Silber, so dass der Thorwaler 30 Hiebe bekommen sollte. Aber schon beim ersten Ausholen mit der Peitsche erbrach Donato sich vor lauter Anstrengung den Schlag zu führen unrühmlich vor der versammelten Mannschaft. Zwei Wachen geleiteten ihn auf sein Zimmer, so dass es schon wieder an mir hängen blieb die Strafe zu vollziehen. Ich tat also diese ungeliebte Pflicht. Und tatsächlich schaffte ich es, den Rücken des Nordmanns etwas zu malträtieren - auch wenn ich von Donatos Ergebnissen bei solchen Arbeiten noch himmelweit entfernt blieb. Der hätte den Thorwaler mit 30 Hieben wahrscheinlich umgebracht. Außerdem musste ich diesmal nicht übermäßig hart zuschlagen, Donata war nicht zugegen um mich zu beobachten. Trotz allem, 30 Schläge waren auch so 30 Schläge. Nun brauchte ich wohl wirklich eine Heilerin, wollte ich mir nicht selbst die Hände an dem Kerl dreckig machen. Nahebei stand das neue Mädel, Pamina, die ich kurzerhand zur interims-Heilerin ernannte bis jemand besseres gefunden werden würde. Einen anderen Freiwilligen hatten wir bisher noch nicht gefunden, obwohl der Posten ja sogar Privilegien mit sich brachte.
In der Heilerkammer waren also nun Fabrizio, der immer noch darniederlag, Pamina, ich sowie der Thorwaler Ansgar. Diese hatten sich wohl schon bekannt gemacht, schienen ein wenig miteinander vertraut, und Fabrizio erzählte gerade als ich eintrat, er glaube an einen Komplott gegen ihn und seine Familie, die mit den Efferdans im Zwist läge. Er ließ mich hellhörig werden, als er mir eine durchaus respektable Belohnung für seine Befreiung in Aussicht stellte. Sein Vater würde das fünffache dessen zahlen das ich hier verdienen würde, wenn ich ihm und den anderen zur Flucht verhülfe. Das war eine Summe, bei der mein Herz schier stehen blieb und das Angebot wohl aus der puren Verzweiflung heraus geboren. Aber selbst, wenn es am Ende weniger werden würde, wäre ich damit die nächsten Monde abgesichert um mich meinen Studien zu widmen. Zum Glück wusste er nichts von meiner eigenen, unsicheren und lebensbedrohenden Situation, sonst hätte er gewusst, dass mir eigentlich gar keine andere Wahl bleiben mochte, als auf sein Angebot einzugehen. Selbst wenn ich alleine von hier entkommen sollte, was mir ja ein Leichtes wäre, würde die daCostas mich jagen lassen um ihr schmutziges Geschäft zu beschützen. Da sich sein Angebot also mit meinen ohnehin schon vorhandenen Absichten deckte sicherte ich ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit meine Hilfe auch gerne zu. Jetzt konnte ich nur noch auf die Hilfe der Zwölfe setzen, allen voran Phex und Hesinde, um mit heiler Haut hier heraus zu kommen ohne meine bereits gegebenen Versprechen zu brechen.
Allerdings hatte ich nicht viel Zeit und musste zurück zu meiner Wache, bei der mich dann Donata auf dem Fleet aufsuchte. Sie müsste in etwa einer Woche, wenn die Huren kommen, für etwa 2 Wochen fortgehen um Geschäfte zu erledigen. Meine Aufgabe sollte es sein auf ihren Bruder mäßigend einzuwirken, damit nicht noch mehr Arbeitskräfte verschlissen würden. Die geschäftsschädigenden Verluste der letzten Zeit schienen sie zu beunruhigen. Das sollte ich am besten über Alvez oder Pablo tun die ihn am besten kannten. Hesinde, schmeiß Hirn vom Himmel. Warum sollte ausgerechnet ich mir den Zorn dieses Trunkenbolds zuziehen müssen? Ich würde es irgendwie schaffen müssen soweit in seiner Gunst zu steigen, dass da auch nur ein kleines bisschen Aussicht auf Erfolg bestand!
Die erste Gelegenheit dazu ergab sich direkt am Abend. Donato steuerte wieder mit schwerem Schritt wie ein Matrose bei Seegang herum und klagte über einen erheblichen Kater, den ich ihm mittels eines Klarum Purum nehmen konnte. Ja, auch Alkohol war am Ende nur ein Gift, auch wenn das bei vielen Trinkern offenbar noch nicht im Kopfe angekommen war. Dabei bezichtige er Fabrizio ein übler Steuerhinterzieher zu sein der es verdient hätte hier zu knechten und einer Sonderbehandlung zu unterliegen. Ich sollte nur darauf achten, dass er nicht stürbe, da seine Strafe noch länger dauern sollte. Als ich diesem auf dem Krankenlager die Geschichte erzählte, hieß er Donato einen Lügner und Verbrecher, sei er doch selbst nur der Sohn eines Händlers oder so, der mit den Efferdans um irgendeinen Gildenvorsitz rivalisierte. Da Fabrizios Wunden aber nach wie vor nässten und nicht allzu gut aussahen, offensichtlich verstand die kleine Pamina nicht allzu viel von der Heilerei, verbesserte ich seinen Zustand mittels Balsams, um ihn, wenn die Huren kommen würden, soweit einsatzbereit zu haben wie ich ihn brauchte. Belem, der für mich Wache vor der Kammer stand, sprach mich auch noch direkt auf eine mögliche Flucht an. Konnte hier denn keiner außer mir für 5 Kreuzer denken und sein Maul halten? Was, wenn die Geschichte an die falschen Ohren kam? Ich schärfte ihm ein, ja nicht noch jemanden ins Vertrauen zu ziehen. Aber das Ganze nahm langsam konkrete Formen an, die ich so schnell nicht erwartet hätte.
Der nächste Tag verlief weitgehend ruhig. Den Morgen wollte ich nutzen um im Wald Vierblatt zu finden, allein es fand sich keines. Meine Wachschicht teilte ich glücklicherweise mit 4 Wächtern denen ich halbwegs trauen konnte und das würde wohl auch die nächste Zeit so bleiben. Immerhin hatte ich damit eine Truppe, auf die ich mich bei einem Aufstand stützen könnte. Ein Anführer muss sich seines Gefolges sicher sein können, sonst steht jeder noch so gute Plan auf tönernen Füßen. Und der Einzige, der mir hier als Anführer in Frage zu kommen schien war ich selbst. Am Abend, ich sah wie jedes Mal nach meiner Schicht noch in der Heilerkammer nach dem Rechten, bat ich die sichtlich schockierte Pamina um eine Schale Blut vom nächsten Verwundeten oder Kranken, den sie zu behandeln hätte. Eine Erklärung sparte ich mir lieber gleich ganz. Sollte das naive Ding doch denken was es wollte, aber ich hatte meine Vorbereitungen zu treffen. Und ein wenig den Ruf als bösartiger Schwarzmagus aufzupolieren konnte auch nicht schaden. DAS konnte sie meinetwegen weitertratschen. Etwas Angst unter den Gefangenen und Respekt bei den Wachen gegenüber meiner Person würde überhaupt nicht schaden.
Als ich früh am nächsten Morgen, meiner Routine folgend, ebenso dort wieder zur Kontrolle vorbei ging stank es in der Kammer erbärmlich nach Schwein. Das Mädel Pamina hatte sich wohl unvorsichtigerweise draußen im Tal im Schweinekoben herumgetrieben und es nicht einmal für nötig befunden sich zu säubern. Denken war wohl wirklich nicht ihre Stärke. Ich machte sie beim Frühstück darauf aufmerksam und ging dann erneut zur Kräutersuche in den Wald. Es konnte doch nicht sein, dass in diesem Tal gar nichts nützliches wuchs! Aber auch diesmal wollte sich kein Erfolg einstellen bevor ich meine Schicht antrat. Peraine schien mir aus unerfindlichen Gründen derzeit nicht wohlgesonnen zu sein.
Auch heute war kein guter Tag, denn einer der Stollen stürzte ein und zertrümmerte einem Gefangenen namens Siegfried das Schienbein. Nun… sein Pech, aber mein Glück. Ich ließ Pamina sein Blut in einer Schale auffangen und benutzte es, um unter einem zur Seite gerückten Bett ein Pentagramm auf den Boden zu malen. Wer mochte schon wissen ob man nicht doch in nächster Zeit vielleicht einmal einen Hesthot brauchen würde? Ich war gerade damit fertig es wieder zu verstecken als Donata die Kammer betrat. Pamina stammelte wirre Dinge zusammen als sie zum Zustand des Verletzten befragt wurde und Donata, immerhin eine erfahrene Maga, wusste es wohl selbst deutlich besser. Allerdings schien sie Wert darauf zu legen nicht noch eine Arbeitskraft langfristig zu verlieren und behandelte den Unglücklichen mit einem Balsamsalabunde. War das nun Menschenfreundlichkeit oder kaltes Kalkül? Die Dame war mir manchmal ein Rätsel, allein ich getraute mich nicht die entsprechend erhellenden Sprüche der Clarobservantia, die ich durchaus beherrscht hätte, auf sie anzuwenden. Üblicherweise reagierten Magier unserer Zunft nicht allzu erfreut darauf selbst Ziel von noch so harmlosen Canti zu werden. Danach eröffnete sie mir, dass sie 2 Tage früher abreisen würde. Die Dringlichkeit ihrer Geschäfte ließe es nicht anders zu. Wo sie mir vorher noch strikt verboten hatte ihr Zimmer zu betreten nahm sie mich jetzt endlich mit in ihre Kammer und betraute mich damit, dort für Ordnung zu sorgen. Ich sollte gleich damit anfangen. Dann verschwand sie. Ja war ich denn ihr Majordomus? Das Hausmädchen? Ulf musste murrend meine Schicht übernehmen während ich mich daran machte ihren Saustall zu entmisten. Wahrlich, diese Frau legte keinen Wert auf Ordnung. Wie konnte eine kompetente Maga nur so unordentlich sein?
Donato tat, was er in einem solchen Fall anscheinend immer tat – er mäkelte herum und trank mehr als er vertrug. Während des Aufräumens ordnete und sortierte ich die Dinge die sich fanden. Leider hatte sie die wesentlichen Schriften, auf die ich einen Blick zu erlangen hoffte, allesamt schon mitgenommen. Lediglich zwei fein gearbeitete Dolche und etwas Arachnea weckten mein Interesse. Als ich den Kamin näher inspizierte fand sich tatsächlich ein schmaler, etwa 15 Schritt hoher Ausstieg durch den Rauchabzug. Danke, Gabrielle. Boron sei Deiner lieben Seele gnädig. Aber ich war sicher, die Seelenwage Rethon würde zu ihren Gunsten ausschlagen. Ich schaffte es die restliche Schicht über nicht, alles zu verräumen, ja, wollte es auch gar nicht schaffen um noch einmal herauf kommen zu können. Alvez, darauf angesprochen das ich morgen nicht erneut kommen könnte, weil ich jetzt im Gegenzug Ulfs Wache zu übernehmen hätte, untersagte mir dies und wies Ulf brüsk an seine Arbeit trotzdem zu machen und dann mich, morgen sofort wieder zu kommen. Mir sollte es recht sein, aber ich hatte den Eindruck Ulfs Widerwillen mehr und mehr zu spüren zu bekommen. Er fühlte sich offensichtlich durch meine Person in den Hintergrund gedrängt und seines Status‘ beraubt. Keine gute Basis für ein friedliches Auskommen miteinander. Ich hatte gehofft ihn auf meine Seite ziehen zu können, aber die Aussicht darauf Stand derzeit wohl eher schlecht. Ich besorgte ihm daher ein Fläschchen Wein zur Wiedergutmachung, aber so richtig ließ er sich auf mein Friedensangebot nicht ein.
Fluchtvorbereitungen
Der abendliche Ausflug in die Heilerkammer war da schon viel erfreulicher. Zum einen ging es Fabrizio deutlich besser. Zum anderen erzählte mir die kleine Pamina, dass es wohl ein paar Zwerge und Wachen gäbe, die heimlich Silber beiseiteschafften und draußen im Tal versteckten. Dann eröffnete sie mir einen krude zusammengezimmerten Plan, wie man die Wachen und Zwerge erpressen könnte. Humbug! Man merkte sofort, dass der Plan zwar im Ansatz den richtigen Gedanken trug, aber weit davon entfernt war ausgereift genug für eine Ausführung zu sein. Eine so plumpe Erpressung hätte nur einen „unglücklichen Mienenunfall“ des Erpressers zur Folge, da war ich mir sicher. Blitzartig vervollkommnete mein brillanter Geist den Plan zu etwas, das auch Aussicht auf Erfolg haben würde. Wir würden zwei Sack Silber gegen Steine austauschen – das durften Xinda uns Ansgar besorgen -, Pamina das Silber des Nachts dann in der Heilerkammer zwischenlagern – ein Kessel mit Blutgetränkten Lappen als Versteck sollte da helfen -, am nächsten Tag Ansgar durch eine Prügelei mit dem Koch für Ablenkung sorgen und wenn dann alle Wachen dazu eilten konnte Pamina den mir suspekten Wachen in ihren Kammern das Silber unterschieben. Anschließend musste nur noch Xinda den vermuteten Denunzianten einweihen und mit etwas Glück wären wir bald ein paar Probleme los. DAS war ein Plan… das Denken sollte man doch einfach denjenigen überlassen die dafür ausgebildet waren und nicht irgendwelchen dahergelaufenen Bauern.
Beim Aufräumen am nächsten Tag wurde ich oben von zwei mir neuen Wachen begrüßt die sich als Tuco und Migel vorstellten und recht umgänglich waren. Die anderen beiden hätten sich den Magen verdorben, weswegen ich nach der neuen Heilerin schicken sollte. Nun, solange es nur wegen einer Magenverstimmung war würde es wohl keine Probleme geben. Das sollte selbst die kleine Pamina mit einem Kräutertee hinbekommen. Dann machte ich mich wieder ans Aufräumen und fand dabei tatsächlich im Schrank ein Kästchen. Eine Flasche die als Heiltrank deklariert war und eine Ampulle mit Schlafgift. Wie überaus praktisch! Letzteres füllte ich in einen leeren Flachmann um der herum lag und nahm es mit. Das mochte sich für meine Pläne noch als nützlich erweisen. Als ich endlich fertig war schickte ich wirklich noch die arme Pamina hinauf, goss im Kessel einige blutige Lappen auf und ließ von einem anderen Gefangenen noch frisches Wasser herbeischaffen. Dabei fiel mir auf, dass das zertrümmerte Schienbein ausgesprochen kompetent behandelt war. Hatte die Kleine doch versteckte Talente die sie bisher erfolgreich versteckt hatte? Vielleicht bestand ja doch noch Hoffnung für sie. Bei der Aussicht lächelte ich in mich hinein.
Als ich nach meiner Schicht noch einmal vorbei kam um zu sehen wie es Fabrizio ging war ich ein wenig entsetzt. Donato war dagewesen. Das dumme Mädel hatte wieder einmal seine Zunge nicht in Zaum halten können und auf Fabrizios gute Genesung hingewiesen. Von wegen guter Aussichten für sie! Dies nahm Donato zum Anlass den Fortschritt erst einmal mit der Peitsche rückgängig zu machen. Wofür machte ich mir eigentlich die Mühe? Es war zum Verzweifeln. Wie sollte man unter diesen Bedingungen ordentlich arbeiten? Aber der Kleinen jetzt einen Vortrag zu halten wäre wohl genauso verschwendeter Atem gewesen. Allerdings war es mir zu unsicher mit dem zweiten Patienten in der Heilerkammer offen zu sprechen. Auch wenn der Bruch noch bei weitem nicht gut verheilt war, so ließ ich ihn doch von zwei Wachen, die auf Grund ihres Sadismus kein Problem damit hatten, nach unten in die Hütten verlegen. Ja, im Gegenteil schien mir dieses Vorgehen noch eher ihre Anerkennung einzubringen wie ich ihren Kommentaren entnehmen konnte. Nun waren für die kommende Nacht alle Hindernisse die ich einkalkulieren konnte beseitigt. Ich war etwas nervös, die Dinge begannen sich schneller zu entwickeln als ich gedacht hatte. Hoffentlich erledigten die Anderen Gesellen ihre Aufgaben heute Nacht auch ohne meine Aufsicht ordentlich.
Früh sah ich noch einmal nach Fabrizio der fester in seine Verbände verschnürt war als eine Vinsalter Dame in ihr Mieder. Ich musste sogar seine Verbände lockern um schlimmeres zu verhindern. Pamina mochte ein nettes Mädchen sein, aber vom Heilen hatte sie offensichtlich ungefähr so viel Ahnung wie ein Thorwaler von gepflegter Konversation. Dafür hatte sie es geschafft nachts das Silber herbei zu schaffen, wie ich erfreut mit einem prüfenden Griff in den blutigen Kessel feststellte. Ganz nutzlos war sie also doch nicht! Als sie vom Frühstück zurück kam ging ich den Plan vorsichtshalber noch einmal mit ihr durch. Ich hatte den Eindruck hatte, sie hätte nicht in alles im Detail verstanden und wollte da lieber kein Risiko eingehen. Und dem war wohl so, denn entsetzt stellte sie fest, dass sie den wesentlichen Teil mit der Ablenkung nicht an Ansgar weitergegeben hatte. Zum Glück konnte sie ihm diese für ihn überraschende Wendung noch rechtzeitig mitteilen bevor er zur Arbeit abtreten musste. Ich ging derweil auf meine Kammer, gespannt der Dinge harrend die nun passieren würden. Warten ohne selbst handeln zu können, dass musste ich immer wieder feststellen, war eine der zermürbendsten Angelegenheiten die man sich vorstellen konnte. Ich hasste es zu Untätigkeit verdammt zu sein, auch wenn sich der Plan ganz nach meinen Vorstellungen zu entwickeln schien.
Der Aufstand
Tatsächlich entspann sich bald darauf im Tal ein Tumult und der von mir erwartete Alarm ertönte. Die Wachen von 2 Kammern eilten hinaus und ich ging hinunter auf das Fleet. Um keinen Verdacht zu erregen fragte ich Ulf, ob ich hinaus gehen sollte oder ob er das mit seiner Schicht regeln würde. Er zögerte kurz, entschied aber, dass es an ihm sei endlich einmal wieder Spaß zu haben. Daher besetzte ich mit Bergil und meiner Mannschaft das Fleet während die andere Schicht ins Tal strömte. Damit war der Weg für Pamina frei und kein missliebiger Beobachter mehr in der Höhle. Ich wusste nicht genau was draußen geschah, aber offensichtlich musste es UIf gefallen haben. Er ließ den Thorwaler später nicht an den Pfahl binden, obwohl dieser ja randaliert hatte, sondern war offensichtlich sogar bester Laune als er seinen Platz wieder einnahm. Anscheinend hatten er und seine Leute sogar auf den Kampf der stattfand gewettet, und dabei war wohl ordentlich etwas für Ulf herumgekommen. Meine anschließende Befragung von Pamina, ob sie ihren Teil ebenfalls erledigt hätte, fiel ebenfalls positiv aus. Und so wies ich sie an, den nächsten Teil des Plans durch Xinda umsetzen zu lassen. Es war, als würde ich geschickt Spielsteine über ein Brett schieben indem ich ihnen meine Anweisungen gab. Als nächstes sollte die Verräterratte nun die ihr zugedachte Rolle in meinem Sinne spielen. Wie leicht diese einfachen Menschen doch zu manipulieren waren... Nach dem Mittagessen machte sich dann auch ein hagerer Kerl - ja, das war Alrik wie ich ihn mir vom Appell gemerkt hatte - mit einem Wassereimer auf den Weg nach oben in Richtung Plateau. Ein schmieriger Geselle der schon aussah wie eine Ratte in Menschengestalt! Das ein Gefangener nach oben ging war ungewöhnlich genug und ich musste nun, nur der Form halber, meinen Teil zu diesem Schauspiel beitragen. Ich hielt ihn auf halber Höhe an und fragte ihn was er wolle, gab mich aber nach außen widerwillig mit seiner Erklärung zufrieden und mahnte in schroff zur Eile, während ich innerlich frohlockte. Anscheinend ging mein Plan bestens auf und entwickelte sich wie ein gut arbeitender Mechanismus. Ich konnte zufrieden sein.
Es dauerte nicht allzu lange, dann kam von oben ein Wachtrupp aus "Brüdern" um Pablo und Alvez herunter und räumte die erste Kammer, hieß die Bewohner mit nach oben kommen zu einem besonderen Auftrag. Diese verschwanden oben außer Sicht, gaben ihre Waffen an der Hängebrücke ab und ihre Kammer wurde durchsucht. Alles so, wie ich es wollte. Ähnlich lief es mit der anderen Kammer die wir präpariert hatten. Der Nachmittag verlief ansonsten ruhig und ich fragte mich schon, weil nichts geschah, ob etwas schiefgelaufen sein könnte. Hatte ich Donato so falsch eingeschätzt? Dann aber hieß es auf einmal, ich sollte alle aus der Schicht heraus gesondert antreten lassen. Donato kam mit 2 Wachen herab, hielt eine Ansprache wie enttäuscht er sei, dass er bestohlen worden wäre und wir uns alle daran kein Beispiel nehmen sollten. Dabei wies er nach oben und wir sahen 8 nackte, zerschundene Körper vom Plateau herabbaumeln. Ob sich Boron dieser widerwärtigen Schergen annehmen würde? Eigentlich könnte es mir egal sein. Damit hatte sich dieses Problem schon einmal wunschgemäß erledigt. DAS war die Al’Anfanische Art Probleme zu lösen. Elegant aus dem Hinterhalt. Besser hätte ich es gar nicht machen können, geschweige denn die Mittel dazu gehabt. Auf der anderen Seite Donato dazu zu bringen, seine eigenen Leute über die Klinge springen zu lassen in seinem Wahn… so machte man es richtig.
Nach dem antreten schnappte ich mir noch Pamina und trug ihr auf, sie solle mit ihren Kumpanen als letztes Hindernis noch den Denunzianten beseitigen. So eine Laus konnten wir in unserem Pelz einfach nicht gebrauchen. Wie sie es dann gemacht haben, ich hatte keine Ahnung. Aber zu Gesicht bekam ich den Kerl kein zweites Mal. Aber schön zu sehen, dass ich mir die richtigen skrupellosen Werkzeuge ausgesucht zu haben schien.
Nach dem Schichtende ging ich hinauf und fragte UIf, ob er nicht auch mit hinaus zur Feier und den Huren kommen wollte. Aber der war wohl immer noch angefressen und hatte keine Lust auf derlei profane Vergnügungen. Ich wusste ja nicht was mich erwarten würde, war ich doch selbst dieser Veranstaltung die letzten 2 Monde ferngeblieben. Daher betrat ich das Plateau, auf dem nur noch eine Wache Dienst tat und verließ die Höhle durch den Eingang Richtung Hütte. In der Hütte saßen zwei Wachen am Tisch und tranken, während im hinteren Teil 2 Séparées abgeteilt worden waren, von denen her ich eindeutige Geräusche vernahm. Ich setzte mich erst einmal zu den beiden auf ein Glas Wein. Allein der Gedanke, als nächster über eines der Weiber drüber zu müssen, die vorher schon wer weiß wie viele der Wachen bedient hatten, ließ mich schaudern. Als der nächste fertig war offenbarte sich mir das ganze Elend. Eine zahnlose Marie erwartete den nächsten. Angewiedert ließ ich gern noch eine weitere Wache vor. Hinter dem anderen Vorhang wartete wohl die „ungewaschene Ursula“. Allein der Name ließ mir schon die Haare zu Berge stehen. Was jedoch viel interessanter war, war die Tatsache, dass Donato die Damen wohl diesmal nur einen Tag hierbehalten wollte, da ja auch nur noch halb so viele Wachen zu bedienen wären, wie einer der Wächter beim Trunke von sich gab. Also mussten wir noch heute Handeln, obwohl ich das erst für morgen vorgesehen hatte. Nun ja, so ist das Leben. Und improvisieren hatte ich die letzten Tage wahrlich schon genug müssen. Ich verabschiedete mich daher von den Kameraden, meinen Widerwillen über die Weiber deutlich zur Schau stellend, was diese offensichtlich amüsierte. Mir rutschte noch ein bewundernder Spruch über Donata über die Lippen, aber das nahmen sie wiederum sehr unwillig auf.
Auf dem Gang hinunter musste ich nun den Weg frei machen, sollten wir Erfolg haben wollen. Donato war wohl, wie immer um diese Zeit, im Suff und damit kein Problem. Die Wache an der Zugbrücke legte ich mit einem Schluck aus dem mit Schlafgift präparierten Flachmann darnieder. Und für Ulf hatte ich eigentlich eine Flasche Wein mit demselben versetzt, allerding schlief er ohnehin schon und ich wollte ihn nicht aufwecken, nur um ihn wieder in Schlaf zu versetzen. Das wäre sicher kontraproduktiv gewesen. Wir mussten jetzt nur noch leise bei der Ausführung unseres Vorgehens sein…
Unten angekommen trommelte ich Bergil mit seinen vertrauenswürdigen Wachen, Fabrizio mit seiner Truppe, sowie Xinda, Ansgar und Pamina zusammen, um den Sturm vorzubereiten. In der letzten verbliebenen Wachkammer die nicht von mit mir verbundenen Wachen besetzt war, die aber gerade bei den Damen zugange waren, deckten wir uns mit Kriegsgerät ein. Solchermaßen gerüstet schlich der Trupp nach oben. Ich übergab Xinda meinen Dietrich (Phex plante weit voraus, wer hätte gedacht das ich dieses Utensil aus Havena hier brauchen würde?) und schaffte es tatsächlich, die Tür zur Aservatenkammer zu öffnen. Zeitgleich entledigte sich Fabrizio mit blankem Hass in den Augen des betrunkenen Donatos. Mitleid konnte ich dabei nicht empfinden. Und auch die von mir in Schlaf versetzte Wache würde wohl die Augen nie wieder öffnen. Während sich die anderen in der Aservatenkammer erfreut ihre Habseligkeiten heraussuchten, die dort offensichtlich deponiert worden waren, entnahm ich Donatos Schreibtisch nicht nur den schwarzen Beutel, den ich ja eh hätte erhalten sollen, sondern auch sein Kassenbuch. Dieses übergab ich Fabrizio, der es als Beweismittel für eine kommende Gerichtsverhandlung würde verwenden können. Anschließend ließ ich Xinda noch die Seile der Zugbrücken durchschlagen. Sollte doch etwas schief gehen mussten wir darauf zählen können nicht noch einmal unten eingesperrt zu werden. Während sie dies tat holte ich noch den Heiltrank und das Arachnea aus Donatas Zimmer. Vorsicht war besser als Nachsicht! Dann wurde es ernst.
Die ersten beiden Wachen, die betrunken zurück torkelten, wurde zu Boden geworfen und überwältigt – aber immerhin nicht sofort getötet. Danach teilten wir uns auf. Fabrizio sollte den Angriff von hier innen heraus anführen, ich selbst nahm mir Xinda, Ansgar und 3 Wachen mit nach außen durch den Kamin um die Hütte von dort anzugreifen. Würden wir nur von Innen durch den schmalen Gang kommen, unser Übermachtsvorteil wäre auf Grund der beengten Verhältnisse dahin. War ich nicht ein taktisches Genie? An mir, das musste man anerkennen, war ein genialer Stratege verloren gegangen! Vom Kamin aus kamen wir auf ein 16 Rechtschritt großes Plateau mit bestem Blick auf die beleuchtete Hütte. Dort fanden sich noch zwei weitere Truhen mit nützlichen Dingen. Donata war wirklich ein schlaues Frauenzimmer, hatte für alles vorgesorgt, hätte sie selbst hierdurch fliehen müssen. Wir ließen eine Strickleiter herunter, Ansgar ging vor und stabilisierte diese. Der Seemann konnte sich einfach am besten auf solchen wackeligen Angelegenheiten bewegen, ganz im Gegensatz zu mir selbst. Zwei Mann blieben mit Bögen zurück um von oben unseren Vormarsch zu decken. Sich durch das stockfinstere Wäldchen anschleichen zu müssen gestaltete sich aber als regelrechte Katastrophe. Sowohl Ansgar als auch Xinda machten mehr Lärm als eine Horde wütender Wasserbüffel während wir durch die Bäume schritten und lösten unweigerlich Alarm aus. Ich wiederum sah in der Dunkelheit keinen Meter weit und musste mich daher an Xindas Schulter festhalten um überhaupt bis ins Licht der Laternen zu kommen. Ein kurzer, aber heftiger Kampf entbrannte bei dem insbesondere Ansgar schwer einstecken musste, sich Xinda aber erstaunlich wacker schlug. Die Frau hatte offenbar einen Hang zu morbiden und pathetischen Auftritten. Allein ihre Erscheinung, ganz in schwarz mit Schnitter… ich weiß nicht was sie darstellen wollte, aber es wirkte befremdlich. Aus dem Kampf selbst hielt ich mich heraus, unterstützte nur hier und da mit einem Blitz Dich Find, während unsere Schützen von oben eine blutige Ernte hielten. In der Hütte lief es wohl ebenfalls recht gut, so dass wir nach kurzem Gemenge die Herren der Lage waren. Jetzt hieß es einen kühlen Kopf bewahren und unnötige Gewalt zu verhindern. Die Gefangenen mussten koordiniert von hier fort gebracht werden ohne dass sie übergriffig würden. Und insbesondere Ulf als Kollegen wollte ich eigentlich auch keinen Schaden zugefügt wissen. Daher ging ich wieder hinunter in unsere Kammer, weckte ihn und eröffnete ihm, dass sein Vertrag aufgelöst worden sei – durch Ableben der anderen Vertragspartei. Es wäre jetzt wohl am besten, wenn er friedlich und ohne großes Aufsehen seiner Wege gehen würde, bevor die ganzen Gefangenen nach oben strömen wollten. Er schien nur kurz zu benötigen um zu verstehen was ich ihm sagen wollte, packte seine Habseligkeiten ein und verschwand, ohne dank oder sich von mir zu verabschieden.