Tagebuch von Fringlas Seehoff aka Alrik Spökenkieker
13. Das kaiserliche Turnier

Nach Abreise fast aller seiner Gefährten und der Entdeckung, dass die Familie Seehoff mindestens einen magischen Tulamiden in der Ahnlinie haben muss, gedachte Fringlas noch etwas in Fasar zu verweilen und die hiesige Akademie näher kennenzulernen. Immerhin stammte ein nicht unwesentlicher Teil seiner Privatbibliothek aus den Beständen eines in Boran verblichenen Fasarer Kollegen. Allerdings war der Aufenthalt letztendlich doch begrenzt, denn kaum hatte Fringlas begonnen sich dort näher umzutun, wurde er mitten auf dem Basar von einem grauberobten Mann mit Stock angetippt. Ein näherer Blick enthüllte einen Boten des ODL, was Fringlas kurz zusammenzucken und sein mögliches Strafregister durchgehen liess. Und da fand sich in den vergangenen Jahren aus Gildensicht genug...

Der Bote hatte aber nur ein gesiegeltes Pergament für Fringlas im Gepäck und verschwand nach dessen Übergabe wieder. So war Fringlas nicht zu größeren Aktionen gezwungen. Das Pergament selbst enthielt eine persönliche Einladung vom Convocatus Primus Saldor Foslarin  zum nächsten Allaventurischen Magierkonvent in wenigen Monden in Gareth. Wieder begann Fringlas gedanklich sein Sündenregister in magokratischer Hinsicht durchzugehen – eine direkte Einladung des Convocatus Primus war entweder eine so große Ehre, dass Fringlas sich noch nicht wichtig genug fühlte ihrer würdig zu sein, oder hatte eindeutig Hintergedanken, die er in dem Moment noch nicht entschlüsseln konnte. Absagen war allerdings auch keine Option, hatte doch der gemeinsame Gildenvorsteher geladen und Fringlas wollte seinem Meister keine Schande machen. 

Er beschloss daher die kleine Cankunaku mitzunehmen, hatte sie ihm doch in der Vergangenheit immer wieder Glück gebracht und war hinreichend naiv um unter den Collegae als harmlose (und damit glaubwürdige) Zeugin für die Notwendigkeit von Fringlas Taten durchzugehen. Und außerdem war seine Beobachtungsreihe der längerfristigen Auswirkungen von Gedächtnismanipulationen auf die geistige und seelische Stabilität noch nicht abgeschlossen. Sie war recht schnell überzeugt, dass sich in Gareth die ein oder andere lukrative und auch interessante Situation finden ließe und begleitete Fringlas tatsächlich nach Norden. Vor dem Aufbruch kauften beide noch in Akademie und auf dem Basar nützliche, interessant und teure Dinge und Fringlas achtete darauf, dass Cankunaku nicht zu viele im Mittelreich aus Engstirnigkeit illegal genannte Substanzen bei sich hatte. Das originellste Stück in Cankunakus Sammlung war dabei neben ihrer durchaus körperbetonten Goldrüstung der Reitvogel, den sie in Aranien erworben hatte. Auch dieser Strauss und Fringlas Packpony Hottehü machten sich mit auf den Weg nach Gareth. 

Sie nahmen das Schiff entlang der Küste des Perlenmeeres nach Perricum und betraten dort im Frühjahr den Boden des Mittelreichs. Die schöne Stadt hielt gleich einen Vorgeschmack auf die humorlose Praiostreue des restlichen Reiches bereit, als die Torwache Cankunaku erst auf das Wort von Fringlas als Magister Extraordinarius hin in die Stadt ließ. Zum Glück wurde eine Leibesvisitation unterlassen und die mitgeführten Artefakte und Alchemika nicht näher in Augenschein genommen. Diese etwas unfreundliche Stadt ließen sie also bald hinter sich und machten sich auf über die Reichsstraße gen Gareth. Sie kamen gut voran und alle naselang fand sich auf der ausgezeichneten Straße auch ein Wirtshaus, in dem man sich stärken konnte – also eine wirklich angenehme Art der Reise. Nach zwei Tagen wurden sie, wie schon so manches Mal vorher, von einer Postkutsche überholt, die von einem südländischen Reiter begleitet wurde. Kurz war es Fringlas so, als hätte er in der Kutsche ein bekanntes Gesicht erspäht. Die nächste Taverne zeigte dann die Richtigkeit dieser Beobachtung, denn als sie dort ankamen, war das Gasthaus bereits voller Reisender aus dieser Kutsche. Zu Fringlas Überraschung war eine der Anwesenden die Maga Jurga Ragnirsdotti, die strahlend verkündete, dass sie zusammen mit dem anwesenden Haufen an Khunchomer Magiern auf dem Weg zum Konvent nach Gareth wären. Also sich dann noch herausstelle, dass alle der anwesenden Magier – inklusive Jurga – eine persönliche Einladung von Saldor Foslarin bekommen hatten, machte sich Erleichterung in Fringlas breit. Also waren es wohl doch keine tieferen Hintergedanken, die der persönlichen Einladung zugrunde lagen – das galt es zu feiern!

Den Rest der Strecke reisten sie mehr oder minder gemeinsam und unter Bedeckung des Novadi, der von den Khunchomern wohl als Bedeckung angeheuert worden war. Also musste der Kerl was taugen, sonst würde seine Spektabilität Okharim ihn nicht ausgewählt haben. Gareth begrüßte sie mit einer bereits Meilen vorher rich- und später sichtbaren Dunstglocke. Eine solche Masse Mensch auf einem solch dichten Haufen hatte Fringlas nun noch nie gesehen. Die Stadt war nicht mit Boran oder Khunchom, nicht einmal mit Al'Anfa vergleichbar und er fragte sich, wie sich unter solchen Bedingungen wohl furchtinvozierte Geschehnisse auf die Gruppendynamik auswirken würden. Vielleicht würde sich da ja noch eine Gelegenheit für das eine oder andere kleine Experiment ergeben. Sie wollten erst einmal in der Akademie Schwert und Stab unterkommen, wie in der Einladung geschrieben. Auf dem quälend langsamen Weg durch die von Menschen verstopften Gassen kamen sie auch an einer riesigen Arena vorbei, vor der sich verschiedenste Kämpfer drängten. Dort würde also das in der Einladung genannte Frühjahresturnier stattfinden. Als Fringlas Cankunaku und dem Novadi namens Nuri Shahin von der Turney berichtet hatte, beschlossen die beiden sich dort ebenfalls zu melden und teilzunehmen. In der wartenden Menge erspähte Fringlas zu seiner Überraschung den Schwertgesellen Anjon Beletor von Gareth, den er das letzte Mal auf der Reise von der Schlacht um die Dunkle Halle zurück nach Thorwal gesehen hatte. Da sich dieser hier auskennen würde, machte Fringlas alle miteinander bekannt. 

Nachdem auch Jurga zu ihnen gestoßen war, meldeten sich alle zum Turnier an. Auch Fringlas beschloss teilzunehmen, denn dies war in der Einladung ausdrücklich empfohlen und er wollte sich diese Erfahrung nicht entgehen lassen. Nachdem er seine Dinge und das treue Hottehü in der Akademie untergebracht hatte, trafen sie sich alle abends auf dem Turnierplatz an einem der großen Gemeinschaftszelte, in dem anscheinend Canku, Anjon und Nuri untergebracht waren. Am Lagerfeuer lernte Fringlas dann die unerwarteten Begleiter etwas näher kennen. Gerade was der Novadi erzählte klang dabei völlig unglaublich, denn er berichtete er wäre in Tze Tha gewesen und hätte dort gegen eine Wesenheit namens Pardona gekämpft. Von beiden Dingen hatte Fringlas in seiner Studienzeit schon einmal gehört, allerdings waren gerade die Geschichten über Tze Tha äußerst phantastisch und in grauer Vorzeit angesiedelt. Pardona wiederum war etwas anderes – dort hatte er schon deutlich mehr Gerüchte gehört. Sei es im eisigen Norden, sei es in der Sammlung der Gerüchte zur Borbarad-Krise. Auf jeden Fall war es höchst unwahrscheinlich, dass irgendetwas davon den Tatsachen entsprechen würde. Der Novadi hatte wahrscheinlich zu viele Rauschkräuter geraucht und an Cankunaku konnte man sehen, dass dies der geistigen Gesundheit und der Verbindung zur Realität zuweilen abträglich war. Aber wenn er daran glaubte, war das gut. Also nickte Fringlas höflich lächelnd und flocht das eine oder andere aus seinen Vorlesungen ein. Die Turniertage würden schon zeigen, was in dem Wirrkopf wirklich steckte.

Tze Tha – also wirklich...

Die folgenden Tage verbrachte er teilweise auf dem Gelände des Turniers, teilweise in der Akademie, denn er wollte auf keinen Fall die Ankunft des Lehrkörpers seiner Akademie oder gar von Meister Puschinske verpassen. Allerdings war er in der Akademie nicht sonderlich warm begrüßt worden. Anscheinend genossen weder die Halle der Macht, noch seine Lehrakademie der Vierfachen Wandlung in Sinoda einen sonderlich guten Ruf in Gareth. Während der Vorbereitung auf das Turnier lachte sich Cankunaku einen Galan an, der sie unterhielt – immerhin einen Grafen namens Geldahan von Streitzig. Jurga wiederum sorgte dafür, dass sie und Fringlas bei der Turney die Kämpfer magisch im Auge behielten um eine Wettbewerbsverzerrung auszuschließen. Der zweite Hofmagus Melvin Stoerrebrandt schien hier weniger von Vorurteilen belastet zu sein als die Weißkuttenträger von der Schwert und Stab. Während dieser Tage verschlechterte sich nicht nur das Frühjahrswetter, sondern es ereigneten sich noch weitere seltsame Dinge – so fielen immer wieder haufenweise tote Vögel vom Himmel. Die magische Examinatio eines solchen Exemplars enthüllte Fringlas eine dämonisch invozierte Furchtkomponente in einer Stärke, die das Herz des Eulenvogels zerrissen hatte. Eine daraufhin zur weiteren Aufklärung von den Khunchomern ausgesandter Luftdschinn berichtete, dass er die Nähe von Dämonen gespürt hätte. Flugdämonen über Gareth also. Leider war unter den anwesenden Magiern keine vernünftige Auskunft zu bekommen, um welche Art oder Klasse von Dämon es sich dabei handeln könnte. Die Vermutungen gingen aber zunächst in Richtung von Kharakilim. Nette Aussichten...

Eine erfreulichere Begegnung hatte Fringlas dann mit einem Zwergen – er war noch auf dem Tuniergelände unterwegs als Cancunaku einen offensichtlich derangierten und verwirrten Zwerg zu ihnen brachte. Dank des Aufenthalts in den Zwergenbingen von Xorlorsch und unter dem Amboß war Fringlas Rogolan recht passabel. So konnte er mit dem Zwergen, der anscheinend kein Garethi sprach, kommunizieren und ihm seine Geschichte entlocken. Dass sich Fringlas dabei als Angraxanim zu erkennen gab, half hier ungemein, auch wenn es ihn daran erinnerte, dass er nicht allein der Herrin Hesinde gehörte... Der Zwerg stellte sich als Prinz Lauron Sohn des Arom, Enkel des Arombolosch vor und berichtete, dass ihm ein Paket mit einer wertvollen Waffe gestohlen worden war – und seine Geldkatze und der prinzliche Siegelring gleich mit. Aus Interesse, und weil es nie schlecht war einem Prinzen zu helfen, überredete Fringlas Cankunaku, Jurga, Anjon und den Novadi der Sache nachzugehen und die Sachen wiederzubeschaffen. Das dauerte etwas, gelang dann aber mithilfe einer Bande von Straßenkindern, den Schornsteingeistern. Fringlas sorgte dafür, dass sie für ihre Dienste für ihre Verhältnisse reich belohnt wurden. Man wusste ja nie, wen man in dieser Riesenstadt noch einmal brauchen könnte. Die Diebe waren eine Gruppe von tobrischen Flüchtlingen unter der Leitung eines Mannes namens Grauzottel. Sie gaben nach einer Stärkedemonstration Anjons die gestohlenen Sachen fast alle recht schnell wieder heraus. Einschüchterung mittels Masse klappte eben doch manchmal und Fringlas musste dazu nicht einmal eingreifen. Die Waffe selbst hatten die Diebe allerdings nicht mehr, sondern bereits für teuer Geld an einen Adligen weiterverkauft. Also galt es den Käufer, einen Grafen Barnhelm von Rabenmund, zu überzeugen die Waffe wieder herauszugeben. Der Graf schien keinen guten Ruf zu haben, war Anjon doch angemessen erschreckt bei Nennung des Namens. Da sie aber das an die Tobrier gezahlte Geld und einen guten Ruf hatten, konnten sie den Grafen überzeugen, dass es das klügste sei das Geschäft rückabzuwickeln. Allerdings litt darunter etwas die Kasse des Herrn Beletor. Prinz Lauron sorgte dann aber dafür, dass der Verlust kein dauerhafter war und so konnte Fringlas mit einem überglücklichen und dankbaren Lauron dem Fringlas von früher bekannten Hochkönig Albrax die Waffe übergeben. Das Stück sollte eigentlich an den ehemaligen König Brin von Gareth gehen, der aber vor der Dritten Dämonenschlacht gestorben war. Daher würde sie nun an seine Frau Emer von Gareth übergeben werden. Bei der Waffe, die der Hochkönig Fringlas kurz zeigte, handelte es sich um einen unzweifelhaft aus Endurium bestehenden zwergischen Wurmspieß – ein mächtiges Artefakt, so viel war sicher und so hatte sich dieser kleine Dienst doch mehr als gelohnt.

Bei der am folgenden Tag folgenden Vorstellung der Turnierteilnehmer vor der mittelreichischen Herrscherfamilie kam allerlei buntes Volk zusammen und man bekam dabei eine gute Übersicht über alle möglichen Kämpfertypen auf Aventurien. Ein Kämpfer fiel allerdings auf, denn er blieb namenlos und forderte mit seinem gesamten Auftreten die versammelte Ritterschar des Mittelreiches heraus. Dieser Schwarze Ritter war ein interessantes Exemplar und es galt ihn im Auge zu behalten. Fringlas war durchaus bewusst was ein Sieg eines heimischen Kämpfers für die Moral der Zuschauer und weiteren Mittelreicher bedeuten würde – und was eine Niederlage...

Der erste Turniertag brachte dann wenig überraschendes mit sich, außer dass Anjon wohl einen echten Groll gegen einen anderen Adligen namens Alrik von Blautann hegte. Dafür zeigte sich aber endlich einmal ein potentiell in Sachen Dämonologie kompetenter Magus in der Stadt. Unter den Zuschauern fand sich ein schwarzberobter und finster dreinblickender Südländer, der wohl aus Brabak stammte. Fringlas setzte sich zu ihm und plauderte ein wenig mit ihm. Anscheinend hatte der andere keine Ahnung mit wem er es zu tun hatte. Der Brabaker stellte sich als Said ibn Abdul vor und wollte mit seinem Auftritt wohl die Weißkuttenträger ein wenig erschrecken – eine amüsante und ein wenig kindische Reaktion, wie Fringlas fand. Zu Fringlas Hinweis auf Flugdämonen mit einer Horriphobuskomponente wollte sich der Brabaker zunächst nicht äußern und es bedurfte ein wenig Überredungskunst bevor er sich aus der Reserve locken ließ. Die Auskunft Braggu- oder Kharakilim-Abart war allerdings nicht wirklich weiterführend, konnte ibn Abdul doch keinen konkreten Flugdämon mit dieser Eigenschaft nennen und verwies stattdessen darauf, dass es sich um alles mögliche handeln könne, wenn der Beschwörer nur die richtige Eigenschaft invozieren würde. Wieder etwas gelernt, dachte sich Fringlas – allerdings war er nicht überrascht, waren Dämonen doch das reine Chaos mit nur geringfügiger, flüchtiger Struktur. Da sollte eine Strukturerweiterung durchaus vorstellbar sein. Nur half ihm diese Auskunft nicht wirklich weiter, sondern machte das unübersichtliche Feld solcher Unstrukturen noch verwirrender. Also verabschiedete sich Fringlas nicht viel klüger von dem Brabaker als vorher.

Am Abend am Feuer begegneten sie dann dem Greifen, dem Herold des Mittelreiches, der den Umsitzenden die Geschichte von Ranabo aus Obango erzählte. Eine Geschichte, die wohl auf einen gefallenen Praioshochpriester (eventuell auch ein Greif) hindeutete, der von Praios zum immerwährenden Dienst an den Menschen verpflichtet worden war, bis seine Schuld getilgt wäre. Cankunaku war von der Geschichte gefesselt, denn diese erinnerte sie anscheinend an ihr Volk. 

Der folgende Tag war der offizielle zweite Turniertag, an dem die Kämpfe mit den leichten Handwaffen ausgetragen wurden. Zu Fringlas Überraschung gewann er sogar einen der drei Vorkämpfe und den zweiten musste er nur verloren geben, weil seine Waffe im Kampf gegen eine meisterlichen Hammerschwinger zerbrach. Anscheinend machte sich der jahrelange Umgang mit dem Kurzschwert doch bemerkbar und Fringlas war inzwischen zu einem gar nicht so schlechten Nahkämpfer geworden. Dummerweise hielt der dritte Kampf für ihn eine Niederlage gegen einen der Magusse von der Garether Akademie Schwert und Stab bereit, sodass er deswegen ausschied. Trotzdem verfolgte er die weiteren Kämpfe seiner Gefährten mit Interesse und konnte erkennen, dass der Novadi recht begabt war was den Nahkampf anging. Gegen den Schwarzen Ritter unterlag der Novadi nur sehr knapp. Da fiel Fringlas dann endlich ein, wo er eine vage Skizze des Nuri Sahin schon einmal gesehen hatte. In Al'Anfa, bei diesem schmierigen Gladiatorenschulen-Inhaber, der sie aus der Oberstadt hatte weghalten wollen. Dort hatte ein Steckbrief des Novadi gehangen – das war ja wirklich ein Zufall und er beschloss den Novadi in einem ruhigen Augenblick mal auf seine Vergangenheit außerhalb von Tze Tha anzusprechen...

Den gesamten Tag gewann am Ende übrigens Cankunaku in einem knappen Sieg gegen den Andergastschen Ritter Castaval. Kein Wunder, wenn eine weitgereiste Fischerin gegen einen der Eichelfresser antrat. Insgesamt hatte sich allerdings der Schwarze Ritter sehr gut geschlagen und war vierter geworden und auch hier war es ein knappes Ringen gewesen. Da wurde bereits spürbar, dass seine Vermutung bezüglich der negativen Konsequenzen eines Siegs des Schwarzen Ritters auf die Moral der Bevölkerung zutraf.

Der dritte Turniertag war dem Schießen und Werfen gewidmet und auch hier schlug sich Fringlas mit seinen Borndornen und Wurfmessern durchaus achtbar und kam ins Mittelfeld. Sieger wurde hier ein halbelfischer Meisterschütze, der bereits bei der Eroberung von Maraskan durch Kaiser Reto dabei gewesen war. Allerdings war auch das Ergebnis des Schwarzen Ritters durchaus beachtlich und das Gemurmel auf den Ränge nahm zu.

Am Abend machte sich Fringlas mit Jurga und Nuri auf zur Akademie um noch einmal mit den Khunchomer Magistern zu beraten, als sie in einer Seitengasse eine ungleiche Rempelei erblickten. Eine ganze Horde Bannstrahler ging wohl auf einen älteren Herrn los – mutmaßlich ein Magus. Da packte Jurga gleich der Zorn und sie konnte ihr Temperament nicht mehr unter Kontrolle halte. Wurde sie denn nie etwas älter? Andererseits Thorwalerin und Elementarbeschwörerin, was war also anderes zu erwarten. Also hinterher un d ncihts wie rein in den Kampf. Es durfte nur nicht jemand ernsthaft zu Schaden kommen. Durch ihr Eingreifen war die Sache dann schnell entschieden, denn der alte Magus paralysierte gleich drei Bannstrahler auf einen Schlag, was eine mehr als beeindruckende Leistung darstellte. Der Rest unter der Führung einer Person namens Griffpurga von Auraleth machte sich nach den entsprechenden Demonstrationen ihrerseits aus dem Staub. So konnten sie den Magus, der sich als der berühmte Erzmagier Dscheleff ibn Jasaffer vorstellte, aus der Gasse bringen und zur Akademie eilen. So hatte Fringlas durch Hesindes Gnade ganz einfach einen weiteren Archomagus kennengelernt, der ihnen bezüglich des Dämonenproblems über Gareth riet sich an die Puniner Collegae zu halten. Diese wüssten sicherlich Rat und überhaupt seien sie herzlich eingeladen ihn in den kommenden Tagen zu besuchen.

Nach dieser netten Plauderei und der Feststellung, dass auch die Khunchomer Magister keine weiteren Erkenntnisse zum Thema Dämonen über Gareth hatten, schlenderten sie zurück auf den Turnierplatz. Jurga bekam dann Bescheid, dass sie und Fringlas am nächsten Tag als magische Aufseher erwünscht seien. Am vierten Turniertag war also Fringlas eingeteilt die Einhaltung des Magieverbotes zu überwachen. In der Vorrunde war recht wenig zu tun, was sich in der Hauptrunde allerdings änderte. Hier war er aufgefordert den Schwarzen Ritter zu observieren. Ein ordentlicher Odem enthüllte Fringlas dann die Macht der Rüstung des Schwarzen Ritters, war sie doch vollständig aus einer Enduriumlegierung gewonnen und strahlte daher magisch bunt. Der Mann dahinter allerdings war gänzlich unmagisch wie beim Blick in die Augenschlitze des Rüstungshelms zu sehen war. Aber Fringlas beschloss den Einsatz etwas zu erhöhen und bedeutete dem Fremden, dass er ihn klar durchschaut hatte und im Auge behalten würde. Auch die etwas unaufmerksamen Magusse des Kaiserhofes machte er auf diesen Tatbestand aufmerksam. 

Bei den anschließenden Kämpfen war Fringlas dann ernsthaft beunruhigt – nicht wegen des Schwarzen Ritters, sondern weil der Baron Dexter Nemrod in Begleitung eines Boron-Geweihten Fringlas und Jurga von der Tribüne aus beobachtete. Und der Lehrkörper in Lowangen war, was fähige und gefährliche Nichtmagier anging, sehr klar gewesen. Die Liste ist kurz, aber exklusiv und Dexter Nemrod steht sehr weiter oben...

Der Schwarze Ritter schied schlussendlich im Viertelfinale gegen den wackeren Anjon aus, nachdem dieser zwei Waffen an ihm und seiner Enduriumrüstung verschlissen hatte. Erst der Turnierzweihänder des mit Anjon bekannten Ludalf von Wertlingen beendete den Kampf und das Volk sowie der Adel auf den Rängen tobte. Trotzdem hatte Anjon dann nichts mehr mit dem Sieg zu tun, denn im Angesicht von Hochkönig Albrax war Schluss der Herrlichkeit!

Nach dem Kampf wurden Jurga und Fringlas von dem Begleiter des Barons Nemrod einem gewissen Dom Eslam vom Eslamsbad zu Yaquirtal und einem Borongeweihter angesprochen, ob sie aushelfen könnten. Der jüngste Sohn der Reichsregentin Emer von Gareth, ein Prinz Selindian würde seit dem Morgen vermisst. Er sei dem Boron zugetan und seit der Morgenmesse im Borontempel verschwunden. Es galt ihn also wiederzufinden und nach Möglichkeit unversehrt zu bergen. Da anscheinend Anjon an der Sache gelegen war und der Baron sicherlich da mit drin steckte, hielt es Fringlas für klug sich dieser obskuren Sache tatsächlich anzunehmen. So machten sie sich gegen Abend auf die Suche, die sie zunächst in die Garether Boron-Tempel führte. Erst im älteren, kleineren, der nicht der Haupttempel war, wie Fringlas lernte, konnten sie die Spur aufnehmen. Nach einem Gebet und einer Spende an den Schweigenden dirigierte Fringlas seine Begleiter nach Süden – denn dort sollte es eine große Nekropole der Metropole geben. Dort würden sie sicherlich einen von Boron träumenden Jüngling finden – wo auch sonst? Warum Jurga oder Anjon nicht auf solch einfache Gedanken gekommen waren, war Fringlas immer wieder ein Rätsel. Tatsächlich konnten sie mit Hilfe einiger Hinweise die Spur des Prinzen aufnehmen und ihm Richtung Nekropole folgen. Als klar war, dass der Gesuchte sich dort aufhielt, nutzte Fringlas seine neu erworbene Kenntnis des Transversalis um ihren Auftraggebern Bescheid zu geben. Die anderen suchten derweil in der Nekropole mit Hilfe eines Nachtwächters weiter. 

Sie trafen sich dann mit Hilfe wohl göttlicher Fingerzeige in Form von zwei Raben an einem Grab, an dem auch der Prinz zu finden war. Das Grab trug die Inschrift : VERGESSEN, ERINNERN, VERFOLGEN. Allerdings waren weder Tsa- noch Boronstag zu entdecken, nur der Name: Coran Grassberger.  
Als der Prinz Fringlas sah, sprach er mit seltsamer Stimme in Trance: „Schützt uns – schützt die Toten“. Das war eindeutig ein Boronischer Orakelspruch und Fringlas wurde es ganz anders angesichts der Tatsache, dass nun neben der Herrin Hesinde nicht nur Ingerimm, sondern auch noch Boron ein Augenmerk auf ihn gerichtet haben könnte. Das war eindeutig zu viel göttliche Aufmerksamkeit!

Der Borongeweihte Bruder Stygomar und Baron von Eslamsbad bedankten sich bei ihnen für ihre Hilfe und verpflichteten sie der Verschwiegenheit, wobei hier die Frage wäre was da eigentlich erzählenswert wäre. Einerlei die beiden packten den derangiert wirkenden Prinzen Selindian ein und fuhren mit einer edlen Kutsche Richtung kaiserlicher Residenz von dannen.

Später an dem Abend äußerte der gute Anjon dann auch eine Vermutung zur Herkunft des Schwarzen Ritters als er in ihm den Marschall des Magus Gaius Galotta und seine Dämonenreiches, einen gewissen Udalbert von Wertlingen, vermutete. Auf ihrem Rückweg durch die Stadt zum Turniergelände kamen sie dann noch einer einer Gruppe beklagenswerter Gestalten vorbei, die durch die Stadtwache einer Züchtigung unterzogen wurden. Unter den Delinquenten konnten sie den ihnen bekannten Tobrier Grauzottel und noch einige, deren Namen verwesen wurden – einer hieß Nestel, was Fringlas leicht amüsierte. Waren sie also am Ende doch geschnappt worden. Nun wurden ihnen alle Haupthaare geschoren und ihre Köpfe mit einer scharlachroten Flüssigkeit traktiert, die wohl nie mehr loszuwerden sei. Das ganze nannte sich Scharlachkappentanz, war äußerst schmerzhaft und auf jeden Falle schon einmal bei dem erwähnten missgestalteten Magus Galotta vollzogen worden. 

Meister Puschinske war hier immer sehr klar gewesen: Mens sana in corpore sano. 

Etwas, was dieser Galotta nie verstanden hatte, wie der Meister immer wieder betont hatte.

Am nun folgenden letzten Turniertag stand das Wagenrennen an, dass der Schwarze Ritter gegen Ludalf von Wertlingen gewann, weil dieser sich sehr dumm verhielt. Dabei konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieser Sieg und vor allem die Niederlage des von Wertlingen dem Schwarzen Ritter ein gewisses Vergnügen bereitete. Und so war das geschehen, was keiner erwartet und gewollt hatte, der Schwarze Ritter hatte den Turniergesamtsieg errungen. Nun denn, das war nichts für das einheimische Volk, sie würden es aber nun wegstecken müssen. Das gesamte Turnier würde dann mit einem großen Bankett feierlich zu Ende gebracht. Da galt es sich zu präsentieren, sodass Fringlas beschloss sich das erste Mal seit vielen Monden seine edle Konventsrobe anzulegen – nachtschwarz und silbern bestickt, wie es sich für ein Mitglied der Bruderschaft der Wissenden gehört.

Auf dem Weg zu eben diesem Bankett in der kaiserlichen Residenz trafen sie den Greifen in der Nähe der Stadt des Lichts. Der Greif raunte ihnen zu: „es tut sich etwas an der Grenze, in der Schwarzen Sichel“, erbleichte dann und fiel einfach so vom Pferd. Sie beschlossen schnell ihn zurück in den Praiostempel zu bringen, denn er rief wie im Fieber „ich brauche Kraft“ und  „die Greifen, sie kämpfen mit Irrhalken“, „die Greifen, sie fallen“ und auch etwas von einer Grotte namens Keranvor. Das waren alles keine guten Anzeichen und, dass zwei Magusse den Greifen in den großen Praiostempel brachten, war auch nicht alltäglich. 

Zu Fringlas Überraschung gelang es ihnen aber in der Verwirrung mit der Not eines zwischenzeitlich fiebernden Greifen – geistige Notiz: Stress, Zeitdruck und dramatische Umstände lockern die Wachpräsenz vor Praiostempeln!

Der im Tempel diensthabende Inquisitor Gandalf von Thuranien war dann auch deutlich zugänglicher als die Umstände es erwarten ließen – stand doch immerhin ein vollberobter Schwarzmagus im höchsten Paiostempel Aventuriens vor ihm mit einem fiebernden hochgestellten Sendboten des Reiches in den Armen. Guter Mann dieser Gandalf und äußerst flexibel! Er konnte berichten, dass der Greif einen Ucuriaten namens Holgrir, einen seiner Sendboten, in die Schwarze Sichel entsandt hatte um dort nachzusehen.

Danach schickte der Inquisitor sie zum Bankett um die entsprechenden Personen zu benachrichtigen. Leider war es auf dem Bankett auch nicht ruhiger , denn nach der Übergabe von Finsterfang durch Albrax an ihrer kaiserliche Hoheit Emer von Gareth, trat der Schwarze Ritter auf und enthüllte, dass Anjons Vermutung richtig gewesen war. Es war der Marschall von Galotta, der mit den Köpfen zweier KGIA-Agenten ein Ultimatum überbrachte, das Reich möge sich ergeben. Das geschah allerdings nicht, wie fast zu vermuten gewesen war. Zwischenzeitlich hatten sie den ihnen vom Turnier bekannten zweiten Hofmagus alarmiert, der die weiteren in dieser Angelegenheit wichtigen Personen informieren konnte. 

So stand Fringlas an diesem Abend in vollem Ornat und in Begleitung seiner mehr oder minder vertrauten Gefährten nicht nur Emer von Gareth gegenüber, sondern auch Baron Dexter Nemrod. Da galt es gaaanz vorsichtig zu sein! Zu seiner Überraschung und Entzücken kam es nach ihrem Bericht der Unpässlichkeit des Greifen aber noch viel besser – wurde vor ihren Augen doch von einigen hochgestellten Adligen und Magiern ein echtes Schwarzes Auge enthüllt und aktiviert. Fringlas wurde fast schwindlig und er konnte sein Glück nicht wirklich fassen – die Herrin Hesinde war wirklich zu gütig zu ihm! Auch einen genaueren Blick auf die Beschaffenheit des Objekt konnte er sich nicht verkneifen – und welcher echte Magus würde dies in seiner Situation nicht ebenso machen? Die schnelle Examinatio enthüllte eine uralte urtulamidische Matrix – ähnlich wie er sie vor wenigen Wochen in Fasar gesehen hatte, nur um ein vielfaches runder und harmonischer. Daneben konnte er einige Hellsichtkomponenten erkennen und etwas schimmerte im Hintergrund, was er nicht zuordnen konnte – allerdings gebot die Logik, dass es sich dabei um eine temporale Komponente handeln musste. Unglaublich, was diese Reise für ihn bis jetzt schon alles bereitgehalten hatte. 

Nach Ende der augenscheinlich recht erfolglosen Erkundigung mittels des Auge des Morgens, verabschiedeten sich fast alle Anwesenden, außer dem Baron und drei weiteren Personen. Bei denen handelte es sich um die KGIA-Agenten Xordai, Breitschwert und Morgul. Sie trugen dem Baron einen Kurzauszug aus der Akte zu jedem von Fringlas Gefährten vor und er war wirklich beeindruckt wie treffend das alles war. Daher nahm er nach Ende des Treffens die Aktennotizen an sich und verstaute sie sich in seinem Gepäck in der Akademie. 

Mit der Baron handelten sie aus, dass sie der Sache mit dem Greifen auf den Grund gehen würden und dazu den Ucuriaten Holgrir in der Schwarzen Sichel ausfindig machen und ihm helfen würden. Sein Mangel an aktuell verfügbaren KGIA-Agenten war augenscheinlich so groß, dass er für diese Mission sogar auf die Gefährten zurückzugreifen gewillt war. Der Baron gab ihnen dazu 14 Tage Zeit. Während der Mission wurde Anjon in den Rang eines Reichsgrafen erhoben, was ihnen das Vorankommen erheblich erleichtern sollte... Nachrichten an ihn sollten über Anjons Verlobte namens Tarika Rebaken gehen. Da Fringlas wusste, wie unzuverlässig Anjon manches Mal sein konnte, legte er aus ihm später nicht mehr ganz nachzuvollziehenden Gründen ein gutes Wort für Anjon bei dem Fräulein Rebaken ein. Es war schließlich nicht auszuschließen, dass Anjon überstürzt aufbrechen und dann ein Weilchen unterwegs sein würde...

Abenteuer: Jahr des Feuers I: Das kaiserliche Turnier
Dieser Eintrag wurde am 12.03.2016 (17:52) verfasst und 947 mal aufgerufen.
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