Nachdem sich der Schatten des Rahastes von Aventurien gelöst hatte, war der Untote Heerwurm dem Licht der Götter schutzlos ausgeliefert und sofort begann das Kroppzeug sich in den Boden zu vergraben. Was da nicht schnell genug war, zerfiel zu Staub, wie es sich für minderwertiges Material gehörte. Da würde uns in der Nacht noch genug Arbeit erwarten – für den Augenblick konnte ich aber den Sieg genießen und der Siegesrede der Königin von Garethien lauschen – sie hat meine Worte gut vorgetragen muss ich sagen. Rhetorisches Talent kann ich ihr nicht absprechen – da hat sich meine Zeit gestern Morgen doch gelohnt.
Leider hielt unser Siegestaumel nicht allzu lange, schwirrte Rhazzazor doch da oben noch sehr selbstgefällig umher. Und als sich die letzten Schlieren des Rahastes aufgelöst hatten, wurde mir klar warum. Der ganze Aufmarsch des Untoten Heerwurms, die Beschwörung eines so mächtigen Wesens wie des Rahastes, die verbrannte Ebene hin zur Trollpforte, die Belagerung von Gallys – all das war nur eine Finte gewesen. Eine einzige groß angelegte und großartige Finte zur Ablenkung des Reiches und auch von mir. Hatte Balphemor von Punin vor wenigen Tagen nicht gesagt: „Der Himmel wird sich gegen euch wenden?“
Das hatte ich vergessen und so war ich nicht weniger erstaunt wie alle anderen Mittelreicher auf dem Schlachtfeld, als eine riesige Struktur in sicherlich einer Meile Höhe und wahrscheinlich sogar noch größerem Durchmesser über unser aller Köpfe schwebte. Das war also der Auftritt Galottas, des Giftzwergs – und ein beeindruckender obendrein!
Leider hielt sich der Felsbrocken nicht damit auf über uns zu schweben, sondern initiierte ein gewaltiges magisches Werk – eines, das ich dank der Hilfe meines neuen Freundes als das Magnus Opum des Weltenbrandes, jenes also des Agrimoth, zuordnen konnte. Dann begann auch schon das erste Unelement zu wüten – der Wind! Der Fokus lag wohl über Wehrheim und als die ersten Dächer und Mauerstücke begannen über das Schlachtfeld zu wehen und die Luft scharf und ätzend wurde, setzte ich das Ghulmakai in Richtung Trollpforte in Bewegung. Nur weg von hier! An jenem Nachmittag sah ich mehrere Arjunoor'i über das Mythraelsfeld schreiten, eine Macht, die mir unwirklich vorkam. Aber es kam noch viel schlimmer – nach Luft kam Humus und damit regneten giftige Pilzsporen und Bluttrinkerranken vom Himmel. Als das Messergras die Beine des Ghulmakai zerschnitt und der Daimonid sein Diesseits-Sein aushauchte, sah ich nur noch die neu gelernte Thesis des TRANSVERSALIS als Fluchtmöglichkeit.
Und tatsächlich trug sie mich an den Rand des Schlachtfels, von wo ich in Ruhe die unglaubliche Macht des Rituals wirken sehen konnte. Allein eine Flammenlanze erwischte mich und verbrannte mein Bein schwer. Nachdem auch das Unelement Erz gewütet hatte, war das Land tot und leer, verwüstet und nicht wiederzuerkennen. Wehrheim war nicht mehr und die Fliegende Festung Galottas setzte zum Sinkflug an. Als ich sah, dass Garghyle begannen die Überlebenden einzusammeln, beschloss ich dieses Eintrittsticket in die unglaubliche Festung zu nutzen und mir das Ganze aus der Nähe anzusehen. Ich legte also alles wichtige ab und versteckte es so, dass ich es wieder finden würde und liess mich einfangen. Dabei konnte ich sehen, dass auch meine Begleiter dieses Irrsinn überlebt hatten und so hatte ich noch nützliche Verbündete in der Festung.
Die fliegende Festung, wie sie von den Garghylen genannt wurde, war ein absolut faszinierendes Unikat. Nie habe ich mir träumen lassen eine so perfekte Synthese zwischen machtvollster Magie und, wie ich bei Gang durch die Festung zu den Verliesen feststellen konnte, genialer Mechanik zu erblicken – so etwas war wirklich jenseits meiner Vorstellungskraft. Angetrieben wurde die Festung von gigantischen blutmagischen Opfern, sehr dosierten allerdings, die ihre Opfer (zu denen auch ich dann kurzzeitig gehörte) nicht sofort erschöpften und verbrauchten, sondern sehr langsam und damit ungleich effizienter als mittels roher Gewalt wie ich es einst bei den Runenschiffen der Thorwaler gesehen habe. Das neu erworbene Wissen meines neuen Freundes ermöglichte mir gar festzustellen, dass es in der bekannten Geschichte nichts ähnliches je gegeben hatte. Diese fliegende Festung war ebenso genial erbaut wie sie furchterregend war – ob sie dabei allerdings effizient war, bezeifle ich bis heute.
Während wir als Opfer im Sarg (später hörte ich den Begriff Blutakkumulator) hingen, gab sich sogar der Giftzwerg Galotta die Ehre und begrüßte uns als neue Einwohner der Stadt Kholakkai. Er flog dabei auf seinem Thron und hatte den Agrimothsplitter in seiner Krone. Auch der Baron war ihm wohl in die Finger geraten, denn er wurde gerade triumphal und gekreuzigt an einem Eisenbaum hängend vorgeführt. In einem vom Giftzwerg unbeachteten Moment erspähte er mich und signalisierte mir unauffällig mehrfach die Zeichen GAL XXIII. Mein Respekt stieg nochmals vor diesem überaus fähigen Nichtmagier und ich war mir sicher, dass dies der Schlüssel für alle weiteren Aktionen wäre. Der Giftzwerg hielt dann noch eine kleine Rede in der er den Untergang Gareth ankündigte, dass durch den Samen Kholakkais ersetzt werden solle. Dann rauschte er ab.
Später als ich wieder wach wurde hatte sich die kleine, nützliche Cankunakku befreit und holte mich aus dem Blutakkumulator. Sie hatte wohl irgendwo her einen Dietrich, den sie allerdings beim Versuch die Schlösser meiner Ketten zu öffnen abbrach. Zum Glück habe ich seit Boran immer ein Messer im Stiefel versteckt, sodass mir so mit ihrer Hilfe der Ausbruch aus dem Sarg gelang. Danach machte ich mich daran meine weiteren Begleiter zu befreien und kaum waren wir als Gruppe wieder vereint, ging diese nutzlose Trödelei wieder los. Sowohl Anjon als auch Jurga und der Wickelkopf bestanden darauf ihre Klamotten aus den Lagerräumen zu bergen. Was angesichts des angehäuften Plündergutes mehr als nur ein Weilchen dauerte. Ich war kurz davor mich allein auf den Weg zu machen, als ein alter Zausel, augenscheinlich Mittelreicher, aber nicht gefangen zu uns stieß. Canku signalisierte Entwarnung, hatte er ihr doch den Dietrich gegeben. Er stellte sich als der weithin berühmte Leonardo der Mechanikus vor und berichtete, er hätte Kholakkai gebaut. Nun verstand ich die mechanische Komponenten und das dazugehörige Genius in der Konstruktion der Festung und ich entwickelte Hochachtung vor diesem augenscheinlichen Nichtmagier, der es schaffte sogar den wachenden Gurgulum-Dämonen auszutricksen. Leonardo führte uns dann durch die Festung zu einem Absprungpunkt und gab uns etwas was er Fledermausflügel nannte um den Sprung aus mehreren hundert Schritt Höhe zu überstehen.
Zum Abschluss berichtete er noch, dass Gareth in einem weiteren Magnus Opum des Weltenbrandes untergehen sollte, damit Kholakkai sich niederlassen und dann Wurzeln schlagen könne. Fünf Tage dauere der Flug weiter nach Gareth und die einzige Möglichkeit all dies zu verhindern wäre, den Giftzwerg zu töten. Wie genau Leonardo alles bereits vorgeplante hatte, zeigte sich daran, dass er auch einen Weg zurück auf die Festung organisiert hatte. Er hatte früher in Havena ein fliegendes Schiff entwickelt, das inzwischen zerlegt in Gareth weile und konnte uns auch den Kontaktmann dafür nennen. Der Mechanikus Nestel wüßte mit dem Schlüsselsatz „Wo ist der Adler gelandet?“ etwas anzufangen. Der Mechanikus war eindeutig der Schlüssel zu einem erfolgreichen Angriff auf Galotta! Den Absturz aus der Festung überlebten meine Reisegefährten und ich mehr schlecht als recht, aber was war das schon nach den Vorkommnissen der vergangenen Tage...
Nachdem wir mehr schlecht als recht die wichtigsten Sachen vom Schlachtfeld zusammengesucht und ich meine versteckten Güter wieder an mich genommen hatte, konnte es endlich gen Gareth gehen. Zwei elend lange Tage brauchte unsere Reisegruppe und manches Mal konnte ich mich kaum halten die unvernünftigen Schluderer wie Jurga der Anjon zurechtzuweisen oder mich von ihnen zu trennen, aber wenigstens konnten wir auf dem Weg alle wesentlichen Dörfer und Städte alarmieren.