Tagebuch von Anjon Belletor von Gareth
vom brennenden Gareth, Mördern und dem verschwundenen Auge des Morgens (30. Peraine 1027 BF)

Es ward mir nicht vergönnt, in Borons Armen lange genug zu verweilen, damit wenigstens ein paar Lebensgeister in meinen geschundenen Körper zurückkehrten. Meine Gefährten hatten alle von diesem Trunk von Tyro Brache, der des Schlafes überdrüssig macht, gelabt, bis auf Canku. So waren diese voller Tatendrang und weckten mich, gerade als tief und fest schlief. 

Ich werde die Ereignisse der folgenden beiden Tage thematisch zusammengefasst aufschreiben, denn auch jetzt noch war die Müdigkeit in mir, so dass ich kaum den Federkiel zum Schreiben halten kann. Zunächst eine wichtige Angelegenheit betreffend des schwarzen Auges, welches im Besitz des Ulmenkabinetts ward, das "Auge des Morgens". Dieser befand sich immer noch in der neuen Residenz und jenes, was meine Gefährten vermeintlich geborgen hatten, ward eine Fälschung gewesen. Man muss den hohen Herren eines lassen, verschlagen sind sie in diesen Dingen. Es ward also unsere Aufgabe, zurück in die neue Residenz zu gehen, um das Auge zu bergen. Ein derart mächtiges Artefakt durfte nicht in unbefugte Hände fallen. Und die Schar derer, die plünderten und stahlen, ward zahlreich in diesen Tagen. So machten wir uns auf zu dem Orte, der einmal die neue Residenz des Greifenthrons gewesen war. Jetzt war es ein Ort der Verwüstung, ein Trümmerfeld, durchzogen von dem, was einst die fliegende Festung gewesen war. Die Vorahnung mahnte zur Vorsicht, denn agrimothisches Unmetall ward dort angehäuft. Und so sollte es auch kommen. Beim Durchqueren des Trümmerfelds manifestierten sich feindseelige und übernatürliche Dinge, die einen hinterrücks angriffen. Mäuler, die sich aus dem Nichts bildeten und nach einem schnappten, Dornen aus dem Boden, die zustachen, oder schlangenähnliche Rankengebilde. Dies ward ein von dämonischen Wesenheiten durchsetzter Ort, der nicht zum Verweilen einlud. Aber dennoch. Das Auge des Morgens musste gefunden werden. Die Gefährten und ich kämpften uns zu dem Zugang in den ehemaligen unterirdischen Bereich vor, mussten dann aber unverrichteter Dinge abziehen. Man hatte nicht die notwendige Ausrüstung für eine Expedition unter Tage dabei. So kam es, dass die Gefähten ohne mich eine erneute Expedition unternahmen, mit Hilfe von einer paar Angroschim, die man zu diesem Vorhaben rekrutieren konnte. Mir wurde nachträglich folgendes berichtet. Die Gefährten kamen nach einigen Umwegen dort an, wo das Auge des Morgens lag. Die Götter waren jedoch nicht mit ihnen, denn das Auge ward bereits verschwunden. Lediglich der Stahlschrank und das Dreibein war noch da. Jenes entwickelte wohl eine Art unnatürliches Eigenleben und griff die hochgelehrte Dame Jurga hinterücks an. Man fand einen Fußabruck einer großen und schweren Person, die ein ungearbeitetes Schuhwerk trug. Dessen Spuren führten zum Schrank hin und wieder zurück. Ich vermutete einen Nordmann, Thorwaller, Gjalsker oder Fjarninger. Die Gefährten mussten unverrichteter Dinge wieder den Rückzug antreten. Bei den Götter, das Auge des Morgens in unbefugter Hand war eine mehr als beunruhigende Nachricht, so befremdlich dies sich in diesen Stunden in Mitten von Zerstörung, Chaos und Gewalt auch anhörte.

Damit zusammenhängend, sollten wir im Auftrag von Meister Morgenthau eines der geheimen Reichsinsignien sicherstellen. Eine Art Ring in Form eines Greifenkopfes. Dies war ein Sigel, mit dem das Auge des Morgens aktiviert werden konnte, auch von nicht magisch begabten Personen. Es ward in der Obhut des Praios-Geweihten Praiodan von Luring. Die Gefährten und ich machten uns zu dessen Heim auf, nur um den toten Körper von ihm vorzufinden, insbesondere ohne den Ring. Die vorgefundenen Umstände am Ort des Geschehens, belegten einen Mord, da der Körper einen sauberen Schnitt einer einseitig geschliffenen Klinge am Bauch aufwies. Man entdeckte auch Spuren von Erde und Samen auf dem Boden, welche eine Fußspur ausserhalb des Anwesens durch die Beete offenbarte. Als die Spur zurückverfolgt wurde, endete diese an einer rankenbesetzte Mauer. In diesen Ranken fand ich einen almadanischen Reitersäbel, der in seiner Scheide steckend am Befestigungsband zum Gurte hin abgerissen ward. Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügte, dann gehörte diese edle Waffe dem Grafen Dom Eslam zu Eslamsbad. Sollte er der Mörder sein? Man musste sehr vorsichtig mit Anschuldigen gegen derart hochgestellte Persönlichkeiten sein, so musste ich die Indizien genauestens prüfen. Nachdem sowohl Melcher Dragentod als auch Thorn Eisinger die Echtheit der Waffe bestätigten, sowie das auf der Klinge angebrachte Wappen deren von Eslamsbad nicht gefälscht war bzw. nachträglich angebracht, ward kein Zweifel mehr. Dies war der Säbel des almadanischen Grafen. Das sagte noch nichts über seine tatsächliche Verwicklung aus, aber die Frage, wie seine Waffe dorthin kam, wird er beantworten müssen.

Dann war da noch die Aufbewahrung des Agrimoth-Splitters zu lösen. Leonardo, der verwirrte Mechanikus, baute ein Gefängnis für diesen, da der Splitter nicht mehr lange im Zaum gehalten werden konnte. Dazu mussten wir eine Vielzahl von exotischen Materialen auftreiben, etwa Blutulme oder einen Gwen Petryl Stein und vieles mehr. Der hatte Nerven, der Mann. Wo sollte man in diesen Zeiten das ganze Zeug bitte auftreiben? 

Zu guter Letzt wurde der Rat der Helden wieder ins Leben gerufen bzw. wurde dieser wieder eingesetzt, um als künftiges Verwaltungs- und Beschlussgremium der Stadt Gareth die nächsten Schritte in die Wege zu leiten. Thorn Eisinger wurde zum Ratsvorsitzenden gewählt und musste das Amt des Zunftmeisters der Schmiede abgeben, was ihm sichtlich schwer fiel. Gleich bei der ersten, richtigen Sitzung trat der ehemalige Reichsmarschall Boronian von Rommilys forsch auf und stellte die Berechtigung des Rates der Helden in Angelegenheit der Sicherheit aufs Äußerste in Frage. Verächtlich entsagte er einem Rat aus "Bürgern und Handwerkern" die Kompetenz. Was für ein aufgeblasener Gecke, ohne Blick für die aktuelle Situation. Seine Reichsgarde bestand aus sage und schreibe vier Mann. Nach einiger Zeit wurde es mir zu bunt und ich mischte mich in dieses Gespräch zwischen Thorn Eisinger und Boronian ein. Nachdem die Notwendigkeit von aktuem Handeln zur Widerherstellung und Sicherung des Friedens in der statt auch bei dem Herrn Boronian endlich ankam, einigte man sich auf eine Überlassung der Kompetenz dem Rates der Helden zur sofortigen Organisation der Sicherheit unter Führung der Handwerkszünfte, welche die Stadt in geeignete Viertel einzuteilen hatten und zu einer mittelfristigen Rekrutierung und Aufstellung einer neuen Garde unter Boronian. Wie ich diese schleimscheissenden Kriecher in den Allerwertesten hasse, die beraubt ihrer einstigen Macht nun aus den Löchern hervorkrochen und Ansprüche stellten. Am liebsten hätte ich diesem Boronian den Splitter des Agrimoth in seinen Arsche gesteckt.

Was mich auch schon zu dem nächsten anstehenden Thema bringt, bei dem eine noch viel größere Ansammlung deresgleichen zugegen sein wird. Dem anstehenden Reichskongress in Elenvina. Nach Unterredung mit dem Grafen Paligan werden wir ihn zu diesem wichtigen Ereignis begleiten. Geht es doch dort um das Wichtigste überhaupt, dem Greifenthron. Aber eins nach dem anderen. Zunächst ward da noch die Sache mit dem Auge des Morgens und dem Gwen Pethryl Stein für den Mechanicus. Letzteres ward ein dem Herrn Efferd heiliger Stein und so hatte vielleicht der Efferd-Tempel ausserhalb der Stadt noch etwas übrig.

Am ersten Ingerimm feierten wir traditionell den Tag des Feuers im Ingerimm Tempel. Der Tempel war voll besetzt, die Angroschim mit Väterchen Albrax waren ganz vorne. Die Familien Belethor und Rebacken verbrachten dieses Fest mit mir zusammen. Tareka sah umwerfend aus, in einem roten, engen Kleid. Bei meiner Schwester sah man schon die Rundungen des neuen Lebens in Ihrem Bauch. Das waren alles Dinge, die mir wieder Lebensmut einhauchten in diesen dunklen Tagen. Mein inneres Feuer begann wieder zu glimmen. War es nicht das, wofür es sich lohnte, zu kämpfen? Familie, das Ehe-Weib, das Heim? Zählte das nicht mehr als die gewonnenen Duelle und gesammelten Pokale? Während der Messe gingen mir immer wieder diese Gedanken durch den Kopf. Die Hochgeweihte machte eine äußerst eingehende Messe und viele Handwerker liesen anschliessend ihr Werkzeug weihen.

Dann machten die hohgelehrte Dame Jurga und ich uns auf dem Wege zum Efferd-Tempel. Vorher kam mir noch ein Gedanke hinsichtlich des Plünderes des Auges. Vielleicht ward auch dieser verletzt worden und man hatte ihm im Peraine Tempel behandelt. So gingen wir zuerst zum dem Trümmerfeld der Residenz nächstgelegenen Peraine-Tempel, aber dort ward kein Mann mit den Beschreibungen behandelt worden. Bei Phex, das Glück war nicht auf unserer Seite in diesen Tagen.

Dann gingen wir nach Rosskupeln, um nach den Tobriern und Nestel Auschau zu halten. Diese waren vielleicht eine wichtige Quelle in diesen Tagen, um exotische Materialen zu besorgen. Auch verlange Leonardo ab und an nach seinem ehemaligen Gehilfen. Ausserdem verlief der Weg zum Efferd Tempel durch Rosskuppeln, so dass wir eh zwei Fliegen mit einer Klappe schlugen. Kaum in Rosskuppeln, schon wurde das Ausmaß des Zustandes dieser Stadt deutlich. Hier regiert die nackte Gewalt. Mord, Diebstahl, Gewalt wurde offen zur Schau gestellt. War Rosskuppeln schon vorher einen Sündenpfuhl, so ward es jetzt der Vorhof zur Finsterniss. Ich öffnete sofort nach Betreten die Schlaufen der Waffenhalterungen, so dass ich das Stahl schnell ziehen konnte. Eine Hand ward ständig am Griff des Anderthalbhänders. Wir versuchten es zunächst bei dem Travia-Tempel, in dem wir die Bande der Tobrier zur Zeit des kaiserlichen Frühjahrturniers gestellt hatten. Mutter Wailbrid war anwesend und noch verwirrter als damals. Sie schien vor alle dem, was sich über und vor und in Gareth zugetragen hatte, wenig bis gar nichts mitbekommen zu haben. Bei der Frau war man sich nicht sicher, ob sie einen wirklich verstand. Jedenfalls schien Nestel noch in der Stadt zu sein. So beschlos ich, einen Brief zu hinterlassen, in dem ich ihm erklärte, dass Meister Leonardo wieder in der Stadt war und seine Hilfe in einer wichtigen Angelegenheit benötigt wurde. Er solle sich bei mir oder in der Akademie zu Schwert und Stab melden, wenn er dies las. Hoffentlich erreichte der Brief diesen Nestel.

Dann versuchten wir mit Hilfe eines Straßenkindes namens Oswin herauszufinden, wo die Tobrier sich aufhalten könnten. Doch ein garethischen Adeliger und eine thorwallsche Maga waren nicht gelitten in diesen Zeiten, so daß man nicht wirklich mit uns reden wollte. Jurga versprach dem Kind etwas zu essen und konnte es dann nicht einhalten. Auf dem Weg zum Travia-Tempel hörten wir einen Einbruch in einer Seitenstraße. Dorthin gingen wir zurück, um etwas zu essen zu bekommen, falls wir noch rechtzeitig waren. Leider waren wir es nicht mehr. Die Hausbewohner lagen erschlagen und gemordet innen. Es war auch nichts zum Essen da, was wir mitnehmen konnten. Auf einen Kampf gegen die Plünderer hätte ich bestanden, wenn ich bei vollen Kräften und ausgeruht gewesen wäre, doch in diesem Zustand und mit einer Jurga, die ebenfalls sehr angeschlagen war, glich dies einem Todesurteil. Wir zogen unverrichtetet Dinge wieder ab, aber Oswin nahm ich mit und würde dafür sorgen, dass er etwas zu essen bekam. Ich hatte mich eins vor langer Zeit vor den Göttern geschworen, die Schwachen und Hilflosen zu beschützen. Und wenn mir das schon nicht in Rosskuppeln für alle gelingen konnte, so doch zumindest bei einem.

Plötzlich traute ich meinen Augen nicht, da kamen tatsälich die restlichen Gefährten auch zu uns. Diese hatten einen halbnackten Stutzer dabei, der nicht besonders lebendig aussah. Die Dame Cankunaco berichtete, dass sie nun auf eine Wallfahrt ginge und den Stab des Vergessens bei sich trug. Sie hatte die Queste bekommen, diesen wieder aufzuladen. Auch hatte Coran Grassberger damti etwas zu tun. Sie müsse nun jeden Boron Tempel von Gareth bis nach Perricum besuchen. Bei den Göttern, kaum lässt man sie einen Augenblick aus den Augen, schon kommt sie mit einer Wallfahrt daher.

Rondra, Herrin des Krieges, bitte verzeihe mir diese Schwäche im Angesicht der Unehre, doch steht zu viel auf dem Spiel, als dass ich jedes Unrecht sühnen könnte. Das Schicksal des Kaiserreichs entscheidet sich in diesen Tagen und ich schwöre bei den Zwölfen, dass ich alles dafür tun werde, um den Greifenthron zu dienen. Aber dafür muss ich gesund und bei Kräften sein. Es werden noch genug Kämpfe kommen, in denen ich Dir zu Ehr das Schwert führen werde.

Honor Primum Alia Deinde - Die Ehre zuerst, alles Andere danach

Anjon Belletor von Gareth, Edler zu Gareth, Schwertgeselle nach Adersin

Abenteuer: Jahr des Feuers - Aus der Asche
Dieser Eintrag wurde am 4.09.2016 (17:37) verfasst und 856 mal aufgerufen.
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