Tagebuch von Anjon Belletor von Gareth
von der Prüfung des Heriophan, dem Unmetallkraken und ersten Erfolgen (3. Ingerim 1027)

als ich wieder erwachte, fühlte ich mich zum ersten Mal seit langem ausgeruht. Doch wie lange hatte ich geschlafen und wie kam ich vom Stuhl im Arbeitszimmer meines Vaters in mein Bett? Langsam dämmerte es mir, dass die Anstrengungen der letzten Tage und Wochen wohl ihren Tribut gefordert hatten. Sei es drum. Ich nutzte die Gelegenheit zu einem ausgiebigen Bad mit Körperpflege und Rasur. Bei den Göttern, tat das gut. Warmes Wasser, ein Badezuber für mich alleine, in Ruhe die Rassur und Haarpflege, dazu noch ein gutes Duftwasser. Seit langem fühlte ich mich wieder als Edelmann. So machte ich mich am frühen Morgen dann auf dem Weg zur alten Residenz. Dort traf ich die Gefährten an, die mich darüber in Kenntnis setzten, was in der Zwischenzeit passiert war.

Und da war einiges passiert. Es wurde herausgefunden, dass das aus dem Hause von Praiodan von Luringen entwendete Siegel ein Fälschung ward. Das echte Siegel wurde vor dem Diebstahl in der Greifenstatue des Herophan in der Stadt des Lichts deponiert. Auch wurde herausgefunden, dass das schwarze Auge von einem Tobrier gestohlen wurde. Der Plünderer lag in dem Peraine Tempel zur Behandlung, in dem Nuri sich seit der Geschichte mit dem Splitter aufhielt. Die Götter sorgen also doch immer wieder für Gerechtigkeit. Als drittes konnten die Gefährten den Dom Eslam zu Eslamsbad ausfindig machen. Dieser bestritt auch gar nicht, am Tatort gewesen zu sein. Nach seinen Aussagen wurde er im Hause des Herrn Praiodan von dem späteren Mörder niedergeschlagen und als er aufwachte, ward der Herr Praiodan bereits ermordet gewesen. Ich traue diesem Almadaner nicht. Einmal Almadaner, immer Almadaner.

Nun galt es keine Zeit zu verlieren und das Siegel zu bergen, bevor es jemand anderes tut. Vorher jedoch unterrichtete ich noch
den hochwohlgeborenen Grafen Paligan über die Notwendigkeit des Aufschubs unserer Abreise gen Elenvina. Ausserdem kamen wir in Bezug auf die Wahl des Reisemittels überein, dass der Herr Graf eine Kutsche besorgt, da nicht alle Gefährten des Reitens mächtig waren. Jurga besorgte sich noch ein Gewand. Seltsamerweise zog sie dies über ihrer Rüstung an, was etwas befremdlich aussah. Es wurde noch ein wenig magisch geheilt, dann machten wir uns dann auf den Weg. Beim Verlassen der Residenz bemerkte ich eine Ansammlung von Menschen in der Nähe der Kaiser Hal Statue. Dort schien eine alte Vettel den jüngeren Garethern die Verehrung des "Gott-Kaisers" schmackhaft machen zu wollen. Die Begründung ist immer die gleiche: "Früher war alles besser". Obwohl ich streng genommen keine Zeit hatte, konnte ich es mir nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass dieser Gott-Kaiser ein Frevler war. Kein Sterblicher solle sich anmaßen, sich selbst zu einem Gott zu erheben, nicht einmal der Kaiser von Gareth. Doch es galt Wichtigeres zu tun. Wir kamen nach einiger Zeit bei der Greifenstatue an. Diese ward gut bis zur Hälfte mit Schutt und Trümmern von der abgestürzten Festung bedeckt. Schnell kam man überein, dass Nuri der Geeignetste war, um das Artefakt zu bergen. Denn jeder, der das tun wollte, musste eine Prüfung des Herrn Praios durch den Greifen Herophan über sich ergehen lassen. So wurde ein Seil nach oben geworfen, und Nuri als geschickter Kletterer hatte keine Schwierigkeiten, nach oben zu gelangen. Ich hielt derweilen das Seil auf der anderen Seite auf Zug, damit er gut hochklettern konnte. Als Nuri oben angekommen war, betrat er den Kopf des Greifen und verschwand aus unserem Blickfeld.

Auf einmal hörte wohl Jurga etwas aus dem Schutthaufen daneben. Sie entdeckte dort den Daimoniden "Teetopf" zwischen den Trümmern. Bei den Göttern, damit hatte ich nicht gerechnet. Jedoch blieb kaum Zeit zum Durchatmen, denn es passierte ein unheiliges Wirken. Aus dem Schutthaufen um der Greifenstatue formte sich im Nu eine abartige Monstrosität. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Eine etwa fünfzehn Schritt hohe Groteske aus Trümmern, Kesseln, Leichenteilen mit unzähligen langen Armen. Entfernt erinnerte es mich an einen Kraken. Ich gab Jurga geistesgegenwärtig einen Hinweis auf das Seil und sie nahm das eine Ende, ich das andere und gemeinsam zogen wir das Seil herunter und verwickelten es in den Beinen des Monstrums.

Canku kletterte derweilen an dem Ding nach oben. Das Seil zeriss wie erwartet, doch schien es das Monstrum etwas in seinem Vorhaben zu behindern, auf die Greifenstatue einzutreten und zu prügeln. Der Kopf der Statue, in dem sich Nuri befand, neigte sich mit jedem Schlag bedrohlicher gen Boden. Gerade hatte ich mich auf das Ding konzentriert und seltsame blaue Flammenzungen entdeckt, da wurde Jurga massiv von diesem Ding bedrängt. Es fuhr eine lange, ekeleregende Zunge aus und das Ding zischte heran und traf Jurga. In dem Moment wurde mir die Not der Gefährtin gewahr und ich rannte los und löste bereits die Schnallern meines Schildes, um den nächsten Schlag der Zunge abzuwehren, welche der Kraken bereits wieder einrollte, um zum nächsten Angriff anzusetzen. Kaum hatte Jurga sich aufgerappelt, peitschte die Zunge ein zweites Mal auf sie herab und diesesmal traf diese richtig. Ob der Treffer die Gefährtin getötet hatte? Ich wusste es nicht. Zu meinem Entsetzen blieb die Zunge an Jurga kleben und sie wurde in Richtung des Kraken gezogen. Ich zog den Anderthalbhänder aus der Rückenscheide und holte zu einem gewaltigen Hieb aus. Wenn ich es nicht schaffte, das Ding mit einem Hieb zu durchtrennen, ward es um die Gefährtin geschehen, falls es nicht eh schon zu spät war. Doch der Hieb saß und durchtrennte die Zunge.

Dann schleifte ich sie aus dem Gefahrenbereich. Den Göttern sei Dank lebte sie noch. Dabei erkannte ich beim Entfernen der Reste der Zunge, dass diese aus Menschenhaut ward. In der Zwischenzeit hatte die Kreatur jedoch den Kopf des Greifen abgeschlagen und jener fiel zu Boden und im Fallen kam ein Nuri aus dem Kopf. Dann war auch schon die Meute der Praioti heran, die sich nun mit vereinten Kräften diesem Monstrum widmeten. Nachdem der erste Schrecken überwunden war, trug ich Jurga auf eine der vielen Sackkarren und legte sie dort ab. Nuri hatte die Prüfung des Greifen bestanden. Er sah etwas verbrannt aus, zumindest die Haare. Jedoch hatte er ein seltsames Mal an seiner Handinnenfläche davon getragen. Was auch immer das zu bedeuten hatte. Das Wichtigste jedoch war, dass er das Siegel hatte und zwar das Original davon. Endlich ein zählbarer Erfolg. Die Sache mit Teetopf endete dann, als die Praioti ihm den Garaus mit einer Lanze machten. So hilfreich das Wesen auch gewesen war, Daimonid blieb Daimonid. Wir machten uns auf den Weg zurück.

Ich lieferte Jurga an der Magierakademie ab, wo sie von einem Heilmagier versorgt wurde. Dann ging es zurück zur alten Residenz. Der Rat der Helden tagte dort und ich betrat die Versammlungshalle. Mein Begehr zu sprechen meldete ich bei Ratsmeister Eisinger an. Jener hatte allerdings etwas für mich. Zwei Pakete, die sich anhand der Form als Waffe und Rüstung identifizieren liesen. Ich nahm beides an mich und setzte mich auf den Platz, bis ich aufgefordert wurde zu sprechen. Ich sprach das Thema der Nahrungsversorgung an. Dabei erfuhr ich zwei interessante Dinge. Erstens wird der Preis für Lebensmittel durch den Rat festgelegt, um der Bereicherung einen Riegel vorzuschieben und zweitens wurden gerade alle Nahrungsvorräte im Umkreis von 50 Meilen um Gareth beschlagnahmt. Ich brachte vor, dass das Haus Belethor seine Fuhrwerke zur Beschaffung von Nahrung und Hilfsmittel zur Verfügung stelle, jedoch etwa drei bis fünf Dutzend Fuhrleute dafür benötigt werden. Eisinger willigte ein und ich versprach ihm, eine genaue Anzahl an Fuhrleuten alsbald melden zu lassen. Damit war meinem Begehr genüge getan.

Die Gefährten kam nach und hatten nicht auffschiebbare Neuigkeiten mit Magister Melvin Störebrandt zu besprechen. So verliesen wir den Rat der Helden in ein Nebenzimmer. Zum einen übergaben wir das Siegel an Störebrandt. Dieser schien sehr erleichtert zu sein. Dann kam die Neuigkeit, dass Nuri eine Botschaft zum Verbleib des schwarzen Auges erhalten hatte. Man möchte sich mit uns treffen und zwar nach Einbruch der Dämmerung im alten Amphietheater. Wir schlossen aus der Botschaft, dass es wohl für Gold angeboten würde. Störebrandt konnte 150 Dukaten zur Verfügung stellen. Ob es reichen würde? Ich übergab Nuri noch das Paket mit der Rüstung und machte mich dann auf dem Weg nach Hause.

Auf dem Weg dorthin betrachtete ich das Geschenk von Herrn Eisinger. Ein gut gearbeitetes Bastardschwert ohne Verzierungen und Schnörkeln. Das war eine Waffe nach meinem Geschmack. Im Hause Belletor angekommen, ward mein Vater gerade bei einer geschäftlichen Besprechung. Ich brachte ihm die Kunde bezüglich der Fuhrwerke und er lies gleich eine Liste an Fuhrleuten anfertigen. Unter vier Augen erfuhr ich dann, dass wir derzeit etwa 900 Dukaten zur Verfügung hatten. Das war beruhigend zu wissen, denn obwohl es mir gegen Strich ging, das schwarze Auge den Dieben abzukaufen, wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben. Eine gewaltsame Aneignung würde wahrscheinlich nicht gelingen und ausserdem würde es in Gareth meine Familie mehr als nur gefährden, denn die Tobrier würden sich rächen. Das konnte und wollte ich nicht riskieren.

Während der Unterredung fiel mir eine neue Magd auf, die ich von irgendwo her kannte. Auf Nachfrage hin erklärte mit mein Vater, dass es sich um eine der Schornsteingeister handelte, die Fringlas zu ihm vermittelt hatte. Anschliessend suchte ich noch meine Verlobte auf. Diese war gerade dabei ein Kleid für Jurga zu nähen. Ich sagte ihr noch, sie solle sich bereit halten für eine baldige Abreise nach Elenvina. Der Reichskongress verlangte nach uns, denn wir sollen dort die Geschehnisse um Gareth und um Gallota berichten.

Honor Primum Alia Deinde - Die Ehre zuerst, alles Andere danach

Anjon Belletor, Edler zu Gareth, Schwertgeselle nach Adersin

Abenteuer: Jahr des Feuers - Aus der Asche
Dieser Eintrag wurde am 23.09.2016 (09:06) verfasst und 790 mal aufgerufen.
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