Wir eilten zu dem was noch vom Praios-Tempel übrig war und liesen uns dort sogleich zum Hüter des Lichts bringen. Es war nicht zu früh, denn der unheilige Splitter hatte so an Kraft gewonnen, dass mittlerweile ein zorniges Kreischen von ihm ausging und der Choral der Praios-Diener verstummt war. Wir gingen sogleich ans Werk und begleiteten die Prozession zur Magierakademie. Die Kiste mit dem Splitter wurde auf Stangen aufgebahrt und von mehreren Praios-Dienern getragen. Gesang begleitete uns. Immer wieder sah ich um mich herum das Männer und Frauen begannen aus Nasen, Augen und Ohren zu bluten. Keiner näherte sich dem Zug für lange. Ich selbst hatte das Gefühl, dass der dämonische Splitter versuchte meinen Geist zu übernehmen, die Herrschaft über mein innerstes zu erlangen. Ich wiederstand ihm. Die Träger, denen es nicht gelang zu wiederstehen, wurden nach und nach ausgetauscht. Ich fragte mich ob die Kraft Praios stärker in mir ist als in Ihnen, seinen Dienern. Je stärker der Splitter versuchte Herrschaft über mich zu erlangen, desto stärker waren meine Gedanken bei meinem Greifenflug. Das Ding konnte mir nichts anhaben. Als wir ankamen erlebten wir eine Böse Überraschung, das Gefängnis für den Splitter war noch nicht richtig fertiggestellt. Zwar hatte Leonardo die Konstruktion beendet, allerdings musste diese noch mit Magie wiederstandsfähig gemacht werden. Fringlas eilte los und versuchte Kraft zu organisieren. Woher er die Kraft bekam, weiß ich nicht, doch war er es der das Gefängnis mit Magie auflud. Nun, scheinbar seines Ende gewiss, bot der Splitter nocheinmal alle Kraft auf und versuchte sich mit aller Gewalt gegen uns zu stemmen. Scheinbar blieb so wenig Zeit, dass Leonardo sagte irgendjemand muss das Ding genau in der Mitte des Gefängnisses platzieren. Ich nahm mir Alchimisten-Lederhandschuhe die herumlagen, denn mit der nackten Haut wollte ich das Ding nicht berühren, und griff es. Ich musste alles an Konzentration aufbieten, um den Splitter nicht gleich wieder fallen zu lassen, so eine Kälte und böse Kraft wirkte auf mich ein. Irgendwie schaffte ich es noch, das dämonische Dinge in der Mitte zu platzieren, bevor mir der Schmerz die Sinne raubte und ich ohnmächtig zusammenbrach. Von dem was folgte wurde mir folgendes erzählt. Canku und Jurga zogen mich aus dem Gefängnis. Dort brach im gleichen Moment das Chaos los. Der Splitter wuchs und wurde größer. Ein Tor in den Limbus schien sich geöffnet zu haben und alles in unmittelbarer Nähe in sich einzusaugen. Leonardo wurde vor den Augen meiner Gefährten in den Limbus gezogen, Fringlas versuchte vergeblich ihn festzuhalten. Dann war der Spuk vorbei. Leonardo und der Splitter waren weg. Das Gefängnis schien versagt zu haben, oder doch nicht? Ich selbst stand scheinbar auf der Schwelle zum Tode. Meister Foslarin hat mich unter Aufbietung seiner letzten Kräfte ins Leben zurückgeholt. Das erste was ich sah, nachdem ich wieder zu mir kam, war, dass Fringlas mit einem Arm in der Hand im Gewölbe stand. Ich saß eine zeitlang noch sehr verwirrt dort unten herum um mußte mir die Spekulationen der Magier anhöhren, warum der Splitter jetzt weg ist. Jurga ergriff die Gelegenheit, dass dort unten so ziemlich alle guten Magier versammelt waren und fragte den Magier El Karna ob er Sie nicht von der Wirkung des Wachtrunks befreien könne. Es dauerte nicht lange, da schlief sie tief und fest. El Karna begutachtete auch mich. Nachdem ich den Rest meiner Handschuhe ausgezogen hatte, hieß er nachdem er meine Hände gesehen hatte sofort alle, mich nicht zu berühren. Meine Hände waren schwarz, ohne jegliches Leben. Die Berührung des Splitters hat sie erfrieren lassen. In diesem Moment wurde mir bewußt, dass ich künftig von den milden Gaben und der Gutmütigkeit anderer abhängig sein würde. Keine Hände, kein eigenbestimmtes Leben. Welch grausamer Preis, die Rache Rastuls für meinen Zweifel, dafür, dass ich im Zweifel war? Als ich noch so in meinen Gedanken versunken war, wurde eine Schüssel mit lauwarmen Wasser vor mich hingestellt und mir wurde geheißen meine Hände langsam hineinzulegen. Nach kurzer Zeit kam ein Peraine-Priester zu mir, Ehrwin Roggentreu, er machte sich daran einen Heilsegen über mich zu sprechen. Ich dachte noch bei mir, dass dies sowieso nicht gelingen wird, da die Zwölf einem der nicht ihrem Kreis oder Glauben angehört nicht helfen, da setzte das Wunder ein. Absolute Ruhe und Gelassenheit breitete sich in mir aus. Ich hatte das Gefühl, dass ich mich leicht wie eine Feder im leichten Sommerwind hin und herbewege und der Duft eine frisch gemähten Kornfelds langsam meine Nase hinaufkroch. Während dieses Gefühls der absoluten Geborgenheit begann eine Stimme zu mir zu sprechen. Es war die Göttin Peraine selbst. Sie fragte mich "Warum hast Du noch Zweifel, nachdem Du bereits zweimal von den Göttern berührt wurdest?". Danach wurde es still und die schönen Bilder entfernten sich langsam wieder aus meinem Geist. Als ich meine Hände betrachtete, war alles wieder so wie vor der Berührung des Splitters. Peraine selbst kam herab um einem unwürdigen Novadi Heilung zu geben. Sie nahm sich meiner an und zerstreute meine letzten Zweifel. Rastul ist nicht, er ist keiner wie Sie oder Praios. Ich will nicht mehr zu Ihnen, den Verblendeten gehören. Arm sind sie, dass Sie die Wunder der richtigen Götter nicht blicken dürfen. Mein Weg ist fortan ein anderer. Allein eine Frage steht noch offen, welcher ist der richtige Gott für mich?