Die Fliegende Festung driftete auf einer Kraftlinie gen Gareth, eines von Madas Haaren, das auch durch das verläuft, was früher Wehrheim war. Es blieben uns dann vielleicht noch drei oder vier Tage die Stadt vorzubereiten auf das was da käme. Während meiner Zeit in der Festung hatte sich bei mir der Gedanke verfestigt, dass ich der einzig Richtige wäre, der es mit dem Träger des Agrimoth-Splitters aufnehmen könnte – der Einzige der die Möglichkeiten und das Kalkül hätte, Galotta den Giftzwerg zu töten. Die Bausteine dafür hatte ich auf Kholakai entdeckt, jetzt galt es nur noch sie zu entschlüsseln und zu aktivieren. Außerdem setzte ich bedeutende Hoffnung in den Erbauer dieses Wunderwerks – Leonardo hatte uns nicht nur befreit und rausgeholt, sondern gleichzeitig einen gangbaren Weg zurück auf die Festung gezeigt. Ein solches Genius rechnete also mit unserer Rückkehr und hatte da sicherlich entsprechendes vorbereitet.
In den verbleibenden Tagen in Gareth tat jeder das seine um den kommenden Kampf vorzubereiten und so sahen wir uns nicht so viel. Die Reichsbehüterin wies uns ein Stadthaus im Norden von Alt-Gareth zu und zu meiner Überraschung hatte hier vorher ein mir bekannter Magus, ein Herr Curtius gewohnt. In diesen Tagen war ich recht viel mit dem novadischen Wickelkopf unterwegs und ich beschloss ihn zusammen mit der kleinen Wilden als meinen persönlichen Schutz zu nutzen. Jurga und noch viel mehr Anjon würden als Ablenkung für Galotta und seine Schergen vollkommen ausreichen. Zu den erfreulicheren Begegnungen zählten in diesen Stunden der Vorbereitung die Zeit mit den Großen meiner Gilde, bei denen ich Unterstützung für meinen Angriff auf Galotta erlangen wollte. Mein neu gefundener Freund in meinem Kopf zeigte mir dabei, dass meine Treue zu Großmeister und Archomagus Puschinske ein Torheit wäre und ich mir lieber Verbündete aussuchen sollte, die mir weiterhelfen und nützlich sind bei meinem Vorhaben.
Und wenn ich erst Galotta getötet hätte, dann würde ich selbst Großmeister werden und solche wie Puschinske nicht mehr benötigen.
Den groben Plan erläuterte ich den anwesenden Großmeistern Puschinske, Atherion und Savertin zumindest grob und zu meiner Überraschung schloss sich Archomagus Thomeg Atherion unserem Vorhaben an. Der Wickelkopf beschloss zu meiner großen Überraschung über eine recht mächtige Graumagierin nach Drachen zur Unterstützung zu schicken. Wenn das klappen würde, wäre das eine weitere mehr als nützliche Ablenkung, die meine Chancen erhöhte. Der Wickelkopf stieg damit weiter in meiner Skala der Nützlichkeit...
Die zweite Komponente, die es zu aktivieren galt, war das Fluggerät, das uns wieder auf die Festung bringen sollte. Dazu trieben die Anderen den Gehilfen Leonardos auf. Nestel war allerdings recht verstockt, war er doch von der Stadtwache gepeinigt worden, weil just er beim Turnier die Lanze Finsterfang gestohlen hatte und wir sie wieder zurückgeholt hatten. Anscheinend hatte die Stadtwache dann die gesamte Gruppe erwischt und dem Scharlachkappentanz unterzogen. Unter den jetzigen Umständen hatte das sogar eine poetische Note, zogen wir doch gegen den Bringer des Tanzes ins Gefecht. Eigentlich wollte ich mit dem Objekt Nestel reden und ihn zum Sprechen bringen, aber die vorlaute Thorwalerin wollte mich da nicht in Ruhe arbeiten lassen. Ruhe aber brauchte ich, denn ich wollte wirklich mit ihm reden und nicht seinen Geist magisch brechen. Denn ich war mir bewußt, dass ich nicht mehr auf den Pfaden der Göttin wandelte, sondern mit den Mächten des Chaos noch mächtigeren Mächte des Chaos bekämpfen wollte. Damit war das Gleichgewicht der Dinge für mich weit ins Dunkel gedreht und ich wollte das nicht noch weiter treiben.
Also sollte die Jurga doch das Problem lösen, wenn sie sich mit dem menschlichen Geist so gut auskennt. Ich hatte keine Geduld mit ihr zu diskutieren. Stattdessen machte ich mich auf Archomagus Atherion zu unterrichten und ggf. um Hilfe zu ersuchen. Zu meiner Überraschung stellte sich aber heraus, dass Jurga dem Wicht Nestel tatsächlich den Standort des Adlers entlocken konnte, sodass wir uns am folgenden Tag auf den Weg machen könnten. Atherion würde sich uns auf seinem Teppich anschießen.
In den wenigen Stunden bis zur eigentlich Schlacht war für uns alle genug zu tun, die Garether schafften es aber trotz ihrer Menge nicht eine vernünftige Vorbereitung zu organisieren. So mussten etwa Jurga und ich für den berühmten Alchemisten Tyro Brahe einige Ingredienzien besorgen – die wichtigste hatten wir ihm schon zur Verfügung gestellt. Die Greifenfedern aus der Episode in der Schwarzen Sichel waren an ihn übergeben und würden hier einen guten Einsatz finden – und meine Geldbörse hatte auch etwas davon. Da ich nicht so viel Gold herumschleppen wollte, gab ich den Reisebegleitern ihren Anteil. Bei der Suche nach den exotischen Zutaten machten wir Bekanntschaft mit einer Bande Kinder – eine sehr nützliche Einrichtung wie ich immer wieder feststelle. Sie waren recht leicht gekauft und überzeugt und würden noch nützlich sein. Sie vermittelten auch den Kontakt zur Gruppe der Almadaner, die die von Brahe dringend benötigten maraskischen Alchemika zur Verfügung hatten. In der Kinderbande fiel mir ein Mädchen namens Alina auf, von der ich vermutete, dass sie magisches Potential hat. Vielleicht könnte sie meine erste Schülerin werden, wenn ich nach Galottas Tod erst Großmeister wäre...
Die wertvollste Waffe für den bevorstehenden Kampf war allerdings das Vermächtnis des Barons Dexter Nemrod. Auf der Festung hatte er ja mich erspäht und mir die Buchstaben GAL XXIII signalisiert. Da ich meine eigene Akte und ihr Aktenzeichen zumindest in Teilen kenne und noch immer bei mir führe, war mir schon damals klar, dass es sich um die Akte von Galotta handeln musste. Es benötigte etwas Überzeugungskraft und die Autorität der Reichsbehüterin Emer von Gareth, damit die Archivarin dem Novadi und mir diese Akte zugänglich machte. Der Inhalt waren diverse Schriftstücke zum Werdegang und Potential des Giftzwergs – er wurde als Freizauberer der Beherrschung bezeichnet – und Tränke, die gegen seine Beherrschungsmagie immun machten. Außerdem war noch die zweite Komponente eines absolut tödlichen Zweikomponentengiftes enthalten, dessen ersten Teil Galotta noch während seiner Zeit als Hofmagus appliziert worden war.
Damit begann sich in meinem Geist ein Plan zu entwickeln, der wirklich aussichtsreich erschien:
Nachdem wir mit der Hilfe des Mechanikus zurück auf der Festung sind, wird Leonardo uns sicherlich helfen weiter in die Festung reinzukommen. Er will ja anscheinend den Giftzwerg loswerden und ggf. die Festung für sich haben. Soll er das doch ruhig versuchen, er wird uns auf jeden Fall an Galotta ranbringen. Dann werden wir uns mit Anjons und Jurgas Hilfe möglichst weit an den Giftzwerg ranmachen und seine Aufmerksamkeit auf die beiden als Streiter des guten Gareths lenken. Mithilfe des Trankes sollte es zumindest der nützlichen, kleinen Cankunaku gelingen so weit an ihn ranzukommen, dass sie das Gift einsetzen kann. Derweil deckt mich der Wickelkopf und ich schreite ein, wenn das mit der kleinen Wilden nicht klappt. Als Alternativplan gebe ich mich, nachdem die ach so tapferen Gefährten gefallen sind, geschlagen und quatsche dann Galotta das Gift rein. In seiner grenzenlosen Überheblichkeit wird er mich sicherlich beeindrucken wollen, dass ihm auch Gift nichts anhaben kann und dann meine Loyalität empfangen. Das Ganze hängt nur daran, dass er von der Leistung meiner Begleiter ausreichend beeindruckt sein muss. Mein Wechsel auf seine Seite sollte nicht allzu unglaubwürdig sein, da ich mir doch ebenfalls die Mächte des Chaos unterworfen habe.
Ja, ich dachte wirklich, das wäre ein guter Plan...