Ingerimm 1013 BF
Ich habe diesen Mond in Norburg verbracht. Bei meiner Familie und meinen alten Freunden. Auch habe ich mich an Maschdawa gewandt, Savolina lässt mir keine Ruhe. Ab und an träume ich von ihr und ich frage mich nach wie vor manchmal, ob ich das nicht hätte verhindern können. Ich habe auch das Gespräch mit Robak gesucht, dem Marbiden, mit dem mich beinahe schon eine Freundschaft verbindet und auch er versichert mir, dass das, was ich getan habe, absolut notwendig war, um schlimmeres zu verhindern. Ich bete zu den Göttern, dass er Recht hat.
21. Firun 1014 BF
Ist es tatsächlich wieder so lange her, dass ich aufgeschrieben habe, wie es mir geht, wie es uns in Moorwacht ergangen ist? Die Zeit verfliegt so rasend schnell, wenn es einem halbwegs gut geht, alles seinen geregelten Gang geht.
Dennoch war die Zeit beinahe zu ruhig und als Tsadan uns zu einer außerplanmäßigen Sitzung zusammen ruft, ahne ich nichts Gutes. Er informiert uns, dass er einen Brief von Mikhail bekommen hat, in dem er uns mitteilt, dass Otar aus Fedoran ermordet wurde. Der Sohn des Dorfschulzen, der damals, als Uriels Männer Fedoran eingenommen hatten, beinahe den Überraschungseffekt vermasselt hat.
Mikhail bittet uns, uns des Mordes anzunehmen, da der mutmaßliche Mörder ein Norbarde der Wiobschkodas gewesen sein soll. Er sei bei seiner Flucht ums Leben gekommen und da Mikhails Leibgarde zum Großteil aus Norbarden besteht, kann er sich dieser Sache nicht selbst annehmen, äußert aber Zweifel an dem Tathergang. Vor allem, da die Schulzin Fedorans, Tassia, Otars Verlobte, fest von der Unschuld Swoboscheks überzeugt ist und Mikhail daher eindringlich um eine Untersuchung gebeten hat.
Wir beschließen, dass wir keine Zeit verlieren sollten und noch am selben Tag aufzubrechen. Ifrundoch nimmt Rowinja und Kantalla mit, Pjerow bittet Brinjidan darum, ihn zu begleiten. Golgarah ist mit von der Partie und ich frage Narena und Thulvje, ob sie mich begleiten möchten. Etwas Abwechslung könnte beiden gut tun und sollten wir auf etwas Größeres stoßen, bin ich immer froh, jemanden in meiner Nähe zu haben, der des Kämpfens mächtig ist. Nadira teilt uns mit, dass sie keine Zeit habe, uns zu begleiten, in der Burg gäbe es so unglaublich viel zu tun.
Ich reite auf Smirnoff, etwas Übung tut mir gut und Ifrundoch, der neben mir geht (und mich immer noch um einiges überragt) erzählt mir, dass er auf dem Hexenfest von Jaminka gewesen sei und dass diese den Güldenen anbeten würden. Das ist nicht gut, gar nicht gut.
22. Firun 1014 BF
Am frühen mittag erreichen wir Trautmans Hus und aufgrund der schlechten Wetterlage beschließen wir, heute hier zu nächtigen. Im Wirtshaus angekommen erfahre ich, dass dieses von Vito beliefert wird, Kost und Logis für Vitos Freunde, er meint uns damit, seien frei. Der Wirt erzählt uns von einem Verrückten, der in Richtung der Nordwalsher Höhlen gezogen sein soll, um dort nach Gold zu suchen.
Gegen abend winkt Pjerow einen der anwesenden Bauernburschen zu unser herrüber und bietet ihm Geld und Bier an, wenn er sich meiner annehmen würde. Ich glaube, ich höre nicht richtig. Als ob ich verkuppelt werden müsste. Noch dazu mit einem Bauern, den ich überhaupt nicht kenne. Den aufdringlichen und auch nicht mehr ganz nüchternen Bauern schicke ich mittels eines Ruhe Körper schlafen, bevor ich eine hitzige Diskussion mit Pjerow beginne. Auch die anderen mischen sich nach und nach ein, sind der Meinung, ich könne mich nicht selbst verteidigen und solle gefälligst kämpfen lernen.
Erst nach einer geraumen Weile beruhigt sich die Lage wieder etwas und Brinjidan erzählt von der Fauna und Flora auf Maraskan. Dort möchte ich dann tatsächlich nicht sein, ich glaube, selbst die Pflanzen sind wehrhafter und gefährlicher als ich es je sein könnte. Während Brinjidan erzählt, schmiert er sich unentwegt eine Paste auf seinen Braten und als Ifrundoch davon probiert, meint er, dass diese sehr scharf sei. Mich überkommt die Neugier und ich probiere ebenfalls ein kleines Stück. Diesen Schmerz werde ich so schnell nicht vergessen, das Zeug brennt wie Feuer, ich habe das Gefühl, dass es mich von innen heraus verbrennt und kaum habe ich den Bissen herunter geschluckt, rumort es auch schon in meinen Gedärmen und ich renne hinaus zum Abort.
23. Firun 1014 BF
Nie wieder Feuerpaste aus Maraskan!
Auf dem weiteren Weg nach Fedoran kommen uns ein paar der Wiobschkodas entgegen, die die Leiche des Swoboschek mit sich führen. Er wird, wie alle anderen Wiobschkodas auch, in dem Grab hinter unserer Mine beigesetzt werden.
24. Firun 1014 BF
Gegen nachmittag haben wir endlich Fedoran erreicht und wir gehen direkt zum Haus der Schulzin. Dort angekommen klopft Ifrundoch an die Tür und kann seinen Blick nicht von den Brüsten der Amme, die uns öffnet, abwenden, so dass Pjerow das Wort ergreifen muss. In diesem Punkt sind sich wohl sämtliche Männer gleich.
Wir werden hereingebeten und bekommen Tee serviert, bis die junge Schulzin, Tassia, ihr Vater starb bei der Schlacht um Brandthusen, uns aufsucht. Sie trägt Trauerkleidung, jetzt hat sie niemanden mehr. Ihr Vater verstorben, der Verlobte ermordet. Diese Frau leidet und das sieht man ihr auch an.
Sie erzählt uns, dass für Anfang Tsa die Hochzeit geplant war und dass der Norbarde, Swoboschek, ein Freund aus ihrer Jugendzeit gewesen ist, der sie zum ersten Mal seit langem wieder besucht habe, um ihr alles Gute für die bevorstehende Hochzeit zu wünschen. Er kam, wie früher auch, zu ihr durch das Fenster ihres Schlafzimmers im ersten Stock geklettert und kurz nachdem er sie wieder verlassen hatte, hörte sie ein Schreien, dass ein Mörder umgehen würde.
Otar lag tot vor dem Perainetempel und Wiland, der dazugekommen sei, habe die Mütze Swoboscheks in der Nähe der Leiche liegen sehen. Die anwesenden Leute haben daraufhin die Verfolgung aufgenommen und auf seiner Flucht sei Swoboschek dann gestorben, angeblich ist er einen Abhang hinunter gestürzt.
Tassia erzählt uns, als die Amme fort ist, weiter, dass sonst immer Otar zum Fenster herein gekommen sei, dass sie deswegen das Fenster offen gehabt habe, weil sie ihn erwartet hatte. Auch erzählt sie, dass Swoboschek ihr komische Fragen gestellt habe, ob sie jemanden gesehen hätte, den er suchen würde, einen Ladislav oder so ähnlich. Als ich den Namen Boleslav erwähne, sagt sie, dass dies der Name sei. Boleslav war der Norbarde, der den Seffer Manich der Wiobschkodas damals an die Ragaschoffs verkauft hat.
Tassia weist uns darauf hin, dass Otar vor dem Perainetempel gelegen habe und dass Väterchen Heimeran vielleicht mehr weiß. Wir beschließen, zum Perainetempel, besser gesagt Schrein zu gehen und reden mit Heimeran. Der vermutet, dass Otar durch einen wuchtvollen Schlag gestorben ist und auf meine Frage, warum er das vermute, führt er mich zu Otars Leiche, die aufgebahrt in einem Nebenraum liegt. Otar hat gut 1,85 Schritt gemessen und sowohl sein Schädel als auch seine Gesichtsknochen sind gebrochen. Die Wunden sind nur an seinem Hinterkopf oben zu finden, es gibt keinerlei Abwehrreaktionen, einzig an seiner linken Handinnenfläche haben sich seine Nägel tief ins Fleisch gegraben und ein Fingernagel fehlt. Der Schlag, der Otar niedergestreckt hat, wurde mit aller Wahrscheinlichkeit von schräg oben ausgeführt, der Täter muss also größer als er gewesen sein, oder erhöht gestanden haben. Ich finde keine Rückstände in der Wunde und gehe zu den anderen zurück.
Heimeran erzählt, dass er von dem Geschrei der Leute alarmiert worden sei und erst dazu gekommen sei, als sich bereits einige Schaulustige versammelt hatten. Namentlich nennt er uns Juri, Sinia, Pale und Wassej, Hane und Wiland. Jener Wiland habe dann die Norbardenmütze entdeckt und gemeinsam mit Sinia und Hane haben sie die Verfolgung des Norbarden aufgenommen, den sie auf einem Acker gesehen haben wollen. Heimeran erzählt weiter, dass Otars Vater Streit mit den Norbarden gehabt haben soll, weshalb viele Jahre lang keine mehr hier gewesen seien. Das erklärt, warum der Jugendfreund Tassias so lange nicht mehr hier war. Auch soll Otar sich mit der Schmiedin Olessa gestritten haben.
Es gibt einige Verdächtige, daher beschließen wir, uns aufzuteilen und uns später zur Besprechung wieder zu treffen.
Ifrundoch und Narena suchen Hane auf, der die beiden mit einer mächtigen Alkoholfahne empfängt. Er hat einen kräftigen Oberkörper und wirkt etwas verlottert. Sauber, aber dennoch ungepflegt. Er erzählt, dass er auf dem Heimweg von der Taverne gewesen sei, als ein Mann um Hilfe gerufen habe. Als er zu der Quelle der Hilferufe geeilt sei, wären dort schon Juri und Sinia gewesen und kurz darauf sei Wiland hinzu gekommen und habe die Mütze entdeckt. Er erzählt weiter, dass sie Swoboschek flüchten haben sehen und hinterher seien. Daraufhin habe Swoboschek Hane, der ihm am nächsten gekommen wäre, am Kragen gepackt und ihn mit einem Knüppel ins Gesicht geschlage, weshalb er die Verfolgung abbrechen musste. Zwei Tage lang hätte er flach gelegen und sei krank gewesen.
Pjerow und Brinjidan suchen derweil Juri auf und treffen auf einen ehemaligen Militaristen, dessen Hütte penibel sauber und gepflegt ist. Juri erzählt, dass er Hilferufe gehört habe und hingeeilt sei. Dort angekommen sah er Otar auf dem Rücken liegend. Die Stimme, die um Hilfe gerufen habe, soll dunkler als die Otars gewesen sein, aber männlich. Kurz nach ihm kam erst Sinia, dann Hane, der recht gehetzt wirkte. Nach Hane kam Wiland zum Ort des Geschehens und fand die Mütze, etwa ein bis zwei Schritt von der Leiche entfernt. Die drei, namentlich Hane, Wiland und Sinia hätten dann die Verfolgung Swoboscheks aufgenommen.
Er erzählt weiter, dass Olessa letztes Jahr einen Händler verprügelt haben soll, weil dieser ihre Arbeit bemängelt habe. Weiter erzählt er, dass die Norbarden, die uns gestern entgegen kamen, vor Fedoran gelagert hatten, um zu handeln und dass Wiland Otars bester Freund gewesen ist.
Rowinja, Kantalla und ich gehen zu Sinia und noch bevor wir die Hütte erreichen, werden wir von vier großen Hunden, weiße Olporter, wenn ich mich nicht irre, umgerannt. Also, Rowinja und ich, vor Kantalla scheinen die Hunde Angst zu haben. Sinia, die uns entgegen kommt und die Hunde zurück pfeift, erzählt uns folgenden Tathergang: Sie habe die Hilferufe gehört und sei zum Ort des Geschehens geeilt. Juri stand schon da, nach ihr kam Hane, dessen Jacke aufgerissen war. Er hat sich wohl öfter mal mit Otar geprügelt. Kurz darauf kam Väterchen Heimeran aus dem Peraineschrein und danach Wiland, der von den anderen relativ unbemerkt die Mütze entdeckt haben will. Daraufhin sei Sinia hierher zu ihrer Hütte geeilt und habe die Hunde geholt, um die Verfolgung aufzunehmen. Sie erzählt, dass sie Swoboschek bis zu einem Acker verfolgt habe, als dieser plötzlich zu einer anderen Person auf ein Pferd gestiegen sei.
Juri ist aufgrund seines nervösen Magens nicht mitgekommen, sie ist aber mit den Hunden hinterher. Auch Hane und Wiland seien wohl mitgekommen, wären aber schnell zurückgefallen, wie sie sagt. Am frühen morgen habe sie Swoboschek dann gefunden, die Pferdespuren hätten weg geführt, aber er lag unten an einem Abhang. Sie hat ihn daraufhin ins Dorf zurück gebracht, wo er recht schnell von den anderen Norbarden abgeholt worden sei.
Ich frage sie, ob ich in ihre Gedanken blicken dürfe und etwas ängstlich erlaubt sie es mir letztlich doch. Ich sehe ein totes Gesicht mit offenen Augen, der Schädel ist zertrümmert, die Kleidung aufgerissen, der rechte Oberschenkel weist einen offenen Bruch auf, ich sehe einen toten Norbarden. Ich bitte Sinia, an die Nacht davor zu denken und sehe Swoboschek, der vor ihr davon läuft. Auf einem Pferd sitzt eine dunkle Gestalt, die auf norbardisch zu ihm sagt "Hey Bridercher, komm hir rüber, die wolln dich vertobaken, ich werd dich heim bringen zu der Mame". Offenbar hat ein anderer Norbarde Swoboschek bei seiner Flucht geholfen. Bleibt die Frage, war sein Tod ein Unfall oder wurde auch er ermordet?
Auf dem Rückweg teilt uns Sinia noch mit, dass Hane ein Lügner sei, da er so viel saufen würde und dass wir Heimeran nach einer Seuche fragen sollen, die hier vor ein paar Jahren gewütet haben soll.
Beim Abendessen kommt Thulvje zu uns getorkelt, sagt, dass er Nachforschungen in der Taverne angestellt habe und dass er die Mörderin gefunden habe. Olessa, die Schmiedin, habe mit Otar an jenem Abend noch gestritten. Wiland sei dazwischen gegangen. Der Streit soll wohl um ein Ding gegangen sei, welches Olessa gefertigt hatte, mit dem er nicht zufrieden gewesen sein soll.
Wir beschließen, uns erneut aufzuteilen, irgendjemand lügt hier, nur wer?
Pjerow und Brinjidan suchen Wiland auf, der ihnen in einem festumer Dialekt von dem Abend im Gasthaus erzählt. Er gibt an, dass er der letzte Gast gewesen sei, nachdem Olessa und Otar nach ihrem Streit die Taverne verlassen hatten. Olessa habe Otar einen Pflug gefertigt, welcher diesem nicht gefallen habe. Wiland sei dazwischen gegangen, um den Streit zu schlichten und Otar ging hinaus. Olessa, die das Angebot Wilands, dass er sie auf ein Bier einladen würde, ausschlug, ging kurz darauf auch raus. Kurz danach hörte er die Hilferufe und als er dazu kam, sah er die Norbardenmütze und teilte dies den anderen mit. Daraufhin habe Juri auf den Feldern den flüchtenden Swoboschek gesehen. Wiland habe daraufhin sein Pferd geholt und ist ihm nachgeritten. Er hat allerdings nur Hane gefunden, der neben einem Baum lag, ziemlich übel zugerichtet. Diesen habe er dann ins Dorf zurück gebracht. Er sei zwar nochmal lsogeritten und auf Juri gestoßen. Während er erzählt, schimpft er immer wieder über die Norbarden, die ihm die Preise ruinieren würden.
Ifrundoch und Rowinja gehen derweil mit Sinia zum Fundort der Leiche Swoboscheks und untersuchen die Stelle. Dort finden sie eine Halskrause von einem norbardischen Fellmantel, einen komischen Dolg, der abgebrochen ist und einen Gummigriff besitzt. (Pjerow sagt, dass dies ein Mengbillar sei, der zum vergiften genommen würde, woher weiß er das?) und Rowinja, die den Abhang runter geklettert ist, findet noch norbardische Stiefel und einen schwarzen Samthandschuh.
Ich habe in der Zwischenzeit mit Heimeran erst zu Peraine gebetet, bevor ich ihn wegen der Seuche befrage. Er sagt, dass vor einigen Jahren, als die Blutgräfin noch herrschte, von deren Schergen Lebensmittel verteilt worden seien. Alle, die davon aßen, seien krank geworden, haben Blut gehustet und sich innerlich verflüssigt. Wiland sei damals recht neu gewesen im Dorf und gab an, dass er in Festum bei einem Apothecarius gelernt habe, weshalb er ein Heilmittel für die Dorfbewohner zusammenmischen konnte. Im Wesentlichen soll der Trank aus Alraune, Wirselkraut, Zwölfblatt und Tharf bestanden haben. Als ich laut überlege, ob der Trank eher gegen die Widersacherin Rahjas sein könnte, beharrt Heimeran darauf, dass es sich definitiv um eine Krankheit gehandelt haben solle.
Zum Abend des Mordes kann er noch sagen, dass er Wiland bewusst ankommen hat sehen und dass Juri vielleicht wissen könnte, wie lange die anderen Norbarden, die vor den Toren Fedorans lagerten, bereits hier gewesen sind. Er sagt weiter, dass Sinia früh morgens mit der Leiche Swoboscheks hier ankam und dass Tassia darauf bestand, den Mörder ihres Verlobten zu sehen. Als sie die Leiche gesehen hatte, wirkte sie äußerst entsetzt und hat alles angezweifelt, weshalb sie Mikhail und damit letztlich uns eingeschaltet hat.
Pjerow und Brinjidan sind nach dem Gespräch mit Wiland noch in die Taverne gegangen. Dort angekommen sehen sie Thulvje, der an einem der Tische sitzt und Olessa eine eindeutig drohende Geste macht. Daraufhin geht diese zu ihm und schlägt ihm mit der Faust mitten ins Gesicht, wird jedoch nach einem kurzen Kampf von Thulvje überwältigt. Pjerow geht dazwischen, um die beiden zu trennen.
Olessa erzählt ihm, dass Tassia mit dem Norbarden, Swoboschek, rumgemacht habe, sie und Otar haben ihn beide aus ihrem Fenster klettern sehen, als sie die Taverne verlassen haben. Daraufhin ist Otar in die Taverne zurück gegangen, die laut Wilands Aussage ja abgesperrt gewesen sei. Pjerow zweifelt den Wahrheitsgehalt dieser Aussage an und Brinjidan schneidet ihr daraufhin kurzerhand das Ohr ab. Als sie dennoch nicht von ihrer Geschichte abweicht, schickt Pjerow sie in den Perainetempel, wo ich ihr das Ohr mittels Balsam wieder anheile.
Zwischeinzeitlich befragen Pjerow und Brinjidan den Wirt, der von dem Streit zwischen Otar und Olessa erzählt. Dann sei Wiland dazwischen gegangen und Otar sei hinaus gegangen. Kurz darauf sei Olessa hinterher und nur noch Wiland sei in der Taverne geblieben. Er habe Wiland den Schlüssel gegeben, damit dieser abschließen würde und habe mitbekommen, wie dieser draußen mit jemandem geredet habe, bevor er gegangen sei, daraufhin habe der Wirt dann selbst hinter Wiland abgeschlossen, kurz bevor er die Hilferufe hörte. Angeblich klang es so als wolle Wiland jemanden beruhigen.
Olessa erzählt mir, dass Otars Vater vor zwölf Jahren Streit mit den Norbarden gehabt haben soll, so dass diese daraufhin verschwunden seien. Noch während sie mir dies erzählt, kommen Sinia und Ifrundoch zurück. Letzterer trägt Rowinja auf seinem Rücken, deren Füße eiskalt und taub sind. Sie erzählt mir, dass sie in einem Bach gewatet sei und die zwei Stunden Rückweg in ihren nassen Stiefeln zugebracht habe. Ich gebe dem Mädchen etwas Gulmondtee und hoffe, dass sie sich nicht erkältet, während ich ihre Füße vorsichtig aufwärme.
25. Firun 1014 BF
Die Nacht habe ich mit Rowinja im Perainetempel zugebracht und die Göttin hat ihre schützende Hand über Rowinja gelegt, die Füße sind nicht abgestorben.
Nadjescha, die Amme Tassias, kommt zu uns und teilt uns mit, dass Tassia mit uns frühstücken wolle. Beim Frühstück erzählt sie uns, dass sie durch ein Kratzen über ihrem Bett auf dem Dach wach geworden sei, kurz bevor sie die Hilferufe gehört habe. Daraufhin klettert Pjerow auf das Dach und findet dort einige Kratzer sowie einen Fingernagel. Vermutlich gehörte dieser Nagel Otar. Weiter teilt uns Pjerow mit, dass er beinahe in die Tiefe gestürzt sei, weil ein Teil des Daches vereist ist und Nadjescha gesteht uns, dass sie das Putzwasser regelmäßig aus dem Dachfenster kippen würde.
Pjerow fragt mich, ob ich einen Blick in die Gedanken bei Tassia und Nadjescha wirken könne, ohne die beiden um Erlaubnis zu fragen. Als ich ihm mitteile, dass dies nur nach Erlaubnis von den Betroffenen oder in diesem Fall Mikhail möglich ist, wirkt er enttäuscht. Ich verspreche ihm, mich sofort auf den Weg zu machen, um die Erlaubnis einzuholen. Ich nehme meinen Schlitten, den ich anstelle des Brettes mittlerweile habe und setze mich, außerhalb der Sichtweite Fedorans auf ihn. Allerdings sind meine Flugkünste immer noch äußerst bescheiden und als ich zum dritten Mal gegen einen Baum, eine Tanne diesmal, krache, werde ich bewusstlos.
Ich wache langsam auf und als ich meine Augen aufschlage, sehe ich, dass ich offenbar in einer Kaleschka bin. Mir gegenüber sitzt Wiland, der mir ein Fläschchen zwischen die Lippen presst und mich anweist, es zu trinken. Ich will ihn mit meinen Händen wegstoßen und bemerke dann erst, dass sowohl meine Hände als auch meine Füße zusammengefesselt und hinter meinem Rücken aneinander gebunden sind. Nachdem ich den Trank getrunken habe, Wiland hat mir offenbar einen Heiltrank eingeflößt, frage ich ihn, wo wir sind. Er sagt mir daraufhin, dass wir kurz hinter Brandthusen wären, dass er mich in einem Schneehaufen gefunden habe und dass er mich in Vierwinden gehen lassen würde, vorher könne er nicht anhalten, auch nicht umkehren. Mit diesen Worten lässt er mich auf der Bank liegend zurück und die Kalescka setzt sich wieder in Fahrt.
26. Firun 1014 BF
Plötzlich bekomme ich mit, wie Wiland die Fahrt beschleunigt, sein Pferd immer weiter antreibt und dann überschlägt sich der Wagen plötzlich. Alles klirrt und ich liege inmitten diverser zerbrochener Flaschen Haarbleiche. Kurz darauf öffnet Thulvje die Tür und macht mich los, auch Pjerow und Ifrundoch sind da. Sie halten Wiland in Schach und erzählen mir, dass sie, nachdem ich nicht zurückgekommen sei, nach mir gesucht hätten. In Brandthusen habe ihnen die Wache mitgeteilt, dass Wiland durchgekommen sei, aber nicht angehalten habe.
Von Pjerows Armbrust in Schach gehalten erzählt uns Wiland schlussendlich die ganze Geschichte. Er ist kein Händler aus Festum, er ist Boleslav, ein Norbarde. Deshalb die ganze Bleibe, er hat sich das Haar und den Bart geschoren und blond gefärbt. Jeden Tag, immer wieder.
Er erzählt, dass er in ein Mädchen der Ragaschoffsippe verliebt gewesen sei, Rani. Und dass Rika ihm ihre Hand versprochen habe, wenn er den Seffer Manich der Wiobschkodas aushändigen würde. Nachdem er dies aus Liebe getan habe, sei der Handel aber geplatzt und er musste nach Festum fliehen. Dort sei er tatsächlich bei einem Apothecarius in Lehre gewesen und nachdem dieser gestorben ist, sei er hierher zurück gekommen.
Er habe sich unter dem Namen Wiland hier Freunde erworben und ein gutes Leben geführt. Da Otars Vater sich mit den Norbarden zerstritten hatte, gab es für ihn auch keine Angst, entdeckt zu werden. Bis letztes Jahr. Er erzählt, dass abends, als er die Taverne gerade verlassen wollte, Otar zu ihm kam und aufgebracht mitteilte, dass seine zukünftige Frau ihn betrügen würde. Daraufhin sei er mit ihm hinaus gegangen und habe Swoboschek gesehen und auch erkannt. Er hat dann auf Otar eingeredet, dass dieser Tassia zur Rede stellen solle, was dieser auch vorhatte. Dabei ist er dann jedoch auf dem eisigen Dach ausgerutscht und in die Tiefe gestürzt. Wiland, Boleslav, ist noch hingeeilt und hat ihn zum Perainetempel gebracht, wollte ihm helfen, aber es war bereits zu spät. Und in diesem Augenblick kam ihm die Idee, diesen Unfall zu seinem Vorteil zu nutzen und Swoboschek einen Mord anzuhängen. Er rief um Hilfe, bevor er um den Marktplatz herumlief, dazu zu kommen und zufällig diese Mütze zu finden. Kurz darauf sei er dann auf sein Pferd gestiegen und habe Swoboschek Hilfe angeboten. An dem Abhang habe er ihn dann vergiftet und hinuntergestürzt, bevor er auf seinem Rückweg auf Hane gestoßen sei.
Otars Tod war also ein trauriger Unfall, der Tod Swoboscheks jedoch war kaltblütiger Mord. Mit diesem Wissen fahren wir zurück nach Brandthusen, wo wir Mikhail alles berichten. Dieser verurteilt Boleslav zum Tode und mittags wird er gehängt. Die Leiche lassen wir anonym auf dem Boronanger in Brandthusen bestatten, bevor uns zurück nach Fedoran begeben und Tassia alles berichten.
Zum Dank schenkt Sinia uns im Namen Tassias einen ihrer Hunde. Er sei ein sehr guter Hütehund, einzig vor Wölfen habe er große Angst. Ob die Hunde deshalb vor Kantalla Angst hatten?
Pjerow teilt mir noch im Vertrauen mit, dass über Juri diverse Gerüchte kursieren, weil er sich öffentlich eingekotet haben soll und dass er Opfer von Spott und Streichen sei. Als ich ihn daraufhin zum Gespräch bitte und vorsichtig darauf anspreche, teilt er mir mit, dass er, sobald er nervös würde, was sehr schnell der Fall sei, keine Kontrolle mehr über seinen Schließmuskel besäße. Ich biete ihm an, dass er mit uns mitkommen könne und dass ich versuchen könne, sein Leiden zu lindern, ganz gleich, ob es körperlicher oder seelischer Natur sei und dankbar nimmt er mein Angebot an.
27. Firun 1014 BF
Wir brechen auf. Es geht nach Hause.