Tagebuch von Fjedril Reschkin
12. Das Eisherz und die Suche nach Schirr'Zach - Die Reise

Auf ihrem Weg gen Eestiva kamen sie auf dem Pfad gut voran und noch war es auch möglich Holz zu schlagen. So konnten sie ihre Tranvorräte wenigstens etwas schonen. Sie hatten einen zweiten großen Schlitten gebaut und weitere Hunde gekauft, sodass sie mit einer Meute von anderthalb Dutzend Zugtieren die hintereinander gespannten Schlitten zogen. Ragusch stand dabei auf dem ersten, Mardanan auf dem zweiten Schlitten, sodass sie das Gesamtgespann einigermaßen gerade auf dem verschneiten Weg halten konnten.

Kurz vor Eestiva sahen sie dann vor ihnen in einiger Entfernung einen Überfall von ein paar Strauchdieben auf ein altes norbardisches Händlerpaar, was Fjedril und auch Ragusch in Grimm versetzte. So stürmten Ragusch und Mardanan auf dem Schlitten voran, während die anderen hinterher kamen - ein Anaurak ist nicht sehr praktisch um sich schnell zu bewegen...

Als sie endlich nahe genug waren, gingen Ragusch und Fjedril die Sache entschlossen an und sogar die kleine südländische Heilerin zog ihren Zahnstocher. Da Melham sie mit dem Bogen unterstütze, war es ein recht einseitiges Gehaue, bei dem Ragusch sich deutlich besser schlug als Fjedril. Die acht Strauchdiebe waren damit recht schnell in die Flucht geschlagen, zumindest die vier die noch laufen konnten.

Nach einer schnellen Bestandsaufnahme ihrer Wunden, wandten sie sich dem Norbardenpaar zu. Die freundlichen Leute hatten für den weiteren Weg in die Grimmfrostöde noch den einen oder anderen Tipp parat, das Wichtigste war für Fjedril aber zu erfahren, dass die Paavischen Fjarninger unter der Kontrolle der Herzogin glaubten in Firun den Widersacher Frunus zu bekämpfen. Die Herzogin hatte den Barbaren also nicht nur verkauft, dass der Gott Firun ein Gegner des anderen Gottes Frunu war, sondern gleichzeitig anscheinend auch den Gott Frunu durch Nagrach ersetzt. Wenn Fjedril wiederum seinem Barbaren Ragusch glaubte, dann war der Gott Frunu vielleicht sogar identisch mit Firun - nur eben in anderem Gewande, ebenso wie es die Herrin Heschinja mit den Güldenländern gemacht hatte, die sie nur Hesinde nannten und ihre wahre Tiefe nicht erkennen konnten. Das war auf jeden Fall wirklich wertvolles Wissen und Fjedril dankte neben der Herrin Heschinja auch ihren Boten, dem alten Norbardenpaar, dass sie ihm diese Erleuchtung gebracht hatten.

Auf der weiteren Reise gen Eestiva wurden sie des Nächtens vom Rest der zuvor vertriebenen Bande überfallen - was allerdings dazu führte, dass die neue Südländerin sich wirklich dumm und stümperhaft benahm und darüber mit Mardanan in Streit geriet. Zum Glück konnten Ragusch und Fjedril dazwischen gehen und größeres Blutvergiessen verhindern. Fjedril hielt die Südländerin nämlich nicht nur für ausgesprochen ansehnlich, sondern auch für sehr nützlich. Das wäre eine echte Verschwendung gewesen sie schon so frühzeitig auf der Reise zurückzulassen.

In Eestiva fanden sie dann im Vergleich zum letzten Besuch ein völlig anderes Bild vor. Anscheinend hatte die verrückte Blutpriesterin tatsächlich Wort gehalten und baute die Stadt zu einer Festung aus, sodass in diesem armseligen Nest tatsächlich ein etwas militärischer Geist wehte - kein Vergleich zu Medena unter den Großkomtur Helme Haffax, aber doch ein deutlicher Unterschied zu Paavi, wo sie die vergangenen Monde verbracht hatten.

Der weitere Weg führte sie dann durch die verschneite Landschaft gen Nordosten, wo sie noch in einem freundlichen Norbardendorf Station machten um weitere Informationen zu sammeln. In einer der folgenden Nächte verfluchte Fjedril seine Unaufmerksamkeit Mardanan gegenüber. Es war eine klare und eiskalte Vollmondnacht als sich Mardanan in den Wolf verwandelte und mit seinem Rudel auf die Jagd ging. Dies führte bei der südländischen Heilerin zu großer Verwirrung, hatte sie anscheinend noch nie mit Werwölfen zu tun gehabt. Fjedril hatte da nicht nur mit Mardanan bereits Erfahrung, sondern ja seit seiner Jugend das werwolf-verfluchende Silber in der Mine gefördert auf das es nicht gegen den tobrischen Herzog und seine Meute eingesetzt werden könne. Er hatte aber vor dieser Reise unachtsamerweise in Paavi vergessen wenigstens eine Silberwaffe mitzunehmen, sodass er recht wehrlos war, wenn Mardanans Instinkt sich gegen ihn wenden würde - was spätestens oben in den Bergen der Fall sein konnte, wenn keine andere Beute mehr in Reichweite war. Da würde dann nur noch der starke Axtarm von Ragusch und von Fjedril selbst helfen und ggf. eine ablenkende andere Beute. Der Südländerin konnte Fjedril zunächst anscheinend erfolgreich verkaufen, dass es sich bei Mardanan um einen Wolfsmenschen handele - hätte sie Werwolf gehört, wäre sie am Ende noch blindlings in Panik in die Wildnis davongestürmt. Sie war ohnehin schon viel zu neugierig geworden und hatte die Nase in Fjedrils Angelegenheiten gesteckt, die sie nun wirklich nichts angingen. Sollte sie also am Ende als Ablenkung gegen Mardanan dienen, war das Fjedril nur mehr als recht.

In den folgenden Tagen machten sie noch im Jägerlager Elverund Station und füllten ihre Vorräte so gut es ging auf. Dann führte ihr Weg sie wirklich in die Wildnis. Schon die vor ihnen liegende Siedlung Cor war nicht mehr besiedelt. In Elverund hatten sie erfahren, dass Cor wegen zu häufiger Überfälle von Sammlern aufgegeben worden war. Als sie endlich in Cor ankamen, waren allerdings keine Sammler zu finden - aber Fjedril hatte ohnehin von seinem Ziel unbedingt Theriak zu finden Abstand genommen. Feqz würde ihm zu gegebener Zeit schon damit beglücken. Vorher danach zu suchen, das hatte er begriffen, war nicht sinnvoll. Und dass Feqz ihnen insgesamt gewogen war, zeigte sich darin, dass Madanan an einem der folgenden Abende doch tatsächlich einen Wolfsangriff aufhalten konnte als er sich in einen Wolf verwandelte und den Anführer des angreifenden Rudels bezwang. Das kostete sie in der Folge zwar zwei Dutzend Stein Pemmikan, hielt ihnen aber das Wolfsrudel vom Hals.

In den Tagen nach Cor wurde der Stinker Melham dann geradezu zudringlich und wollte von Fjedril nicht nur vieles aus seiner Zeit in der Mine wissen, sondern fragte am Ende gar, ob Fjedril als Sklave dort geschuftet hatte. Fjedril musste all seine Selbstbeherrschung zusammennehmen um ihrem Schützen und Jäger nicht gleich den Schädel zu zertrümmern. Dieser wehleidiger Südländer hatte keine auch nur blasse Vorstellung von den Zuständen in den Minen Schwarztobriens und Fjedril wollte sich nie mehr daran erinnern wie seine Meschpoche Schritt für Schritt und Atemzug für Atemzug ihr Sein ausgehaucht hatte. Allein sein  Näschen hatte ihn - und nur ihn - vor Sieche und Dunkelheit bewahrt und seinen Weg zu Meister Raschid geebnet.

Zum Glück wartete ihre Reise in der Folge mit einigen interessanten Begegnungen auf, sodass sie alle auf andere Gedanken kamen. Zunächst fanden sie ein uraltes Drachenskelett im Schnee, dass sie als Windfang und Nachtlagerplatz nutzten. Da Fjedril den Meister häufig genug von Drachen hatte sprechen hören, dachte er sich mit den Zähnen müsse doch etwas anzufangen sein und brach für sich und Ragusch den einen oder anderen heraus. Am folgenden Tag wurde es noch besser als sie gegen Mittag so etwas wie Kampflärm hinter einen größeren Felsen wahrnahmen. Da einer der Beteiligten sich wölfisch anhörte, war Mardanan nicht mehr zu halten und so sahen sie sich mit voller Bewaffnung die Sache näher an. Die Heilerin mit ihrem Zahnstocher liessen sie bei den Schlitten zurück. Sie sollte auf Hunde und Schlitten aufpassen und sich später nützlich machen. Melham kletterte auf den Felsen um von dort zu schiessen, der Rest umrundete den Felsen mit ihrer bewährten Taktik - immer feste voran!

Das Bild das sich ihnen auf der anderen Seite des Felsens bot, war an Klarheit kaum zu überbieten. Sechs Sammler versuchten eine fast nackte Nivesin mit einem Netz einzufangen. Just als sie um die Ecke bogen, stiess einer der Sammler der bedauernswerten Kreatur noch seinen Speer in die Seite. Das war dann ihr Zeichen zum Angriff, denn Madanan war nun nicht mehr zu halten. Die erste Welle aus Melhams Bogen, der Ballestra der Signorina und Fjedril Windenarmbrust fällte den Speerträger. Der Rest wandte sich dann ihnen zu. Und entgegen Fjedrils Erwartung, dasss dieses Gehaue ein schnelles Gemetzel würde, wurde es kurzzeitig noch knapp. Ragusch wurde von dem ersten der Sammler mit dem ersten Hieb so glücklich und schwer in den Bauch getroffen, dass ein Anderer als ihr Barbar sicherlich nicht mehr aufgestanden wäre. So war Ragusch aber zumindest so abgelenkt, dass er in der Folge kaum einen Schlag richtig traf. Sein einziger mächtiger Hieb traf im Gegenteil sogar Fjedril und fuhr ihm tief ins Bein. Fjedril liess sich davon aber nicht beirren und zerhaute mit seinem Hammer recht schnell seinen direkten Gegner, nahm sich dann einen von zwei Gegnern Raguschs vor, zerstörte dessen Waffe und zerhaute dann noch den zweiten von Ragusch Gegnern. Die Signora lag derweil bereits zu Fjedrils Füssen und blutete den Schnee voll. Immerhin hatte der Barbar ihm die notwendige Zeit gekauft um die drei Sammler nacheinander abzufertigen. Nachdem er die drei erledigt hatte und Melham derweil den Rest mit Pfeilen spickte, hatte der Rest der Sammler genug von Madanan und seinen Wolfsbegleitern, den Pfeilen - und noch einem Wolf. Wo der so plötzlich herkam war Fjedril schleierhaft, die Meute schaffte es aber immerhin einen weiteren der Sammler zu zerbeissen, sodass ihnen nur zwei entkommen konnten. Die würden vielleicht wiederkommen, dann würde es ihnen aber nicht besser ergehen als der ersten Gruppe...

Abenteuer: Feuerbringer - Des Weißen Weisheit II
Dieser Eintrag wurde am 11.12.2016 (14:16) verfasst und 737 mal aufgerufen.
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