Der naive Anjon hätte in seiner fraglosen Göttertreue sicherlich behauptet, dass nun in dieser dunkelsten Stunde des Reichs, einem Funken der Hoffnung gleich, die Boten des Götterfürsten sich offenbarten und direkt aus Alveran herabstiegen.
Ich sage, die Greifen kamen zu spät um einen wirksamen Beitrag zu Kampf gegen Rhazzazor zu liefern. Zu meiner Überraschung kamen aus Nordosten noch zwei weitere fliegende Gestalten, zwei kleinere Drachen nämlich, die anscheinend tatsächlich dem Ruf des Wickelkopfes gefolgt waren. Anjon und der Rhastullahgläubige (!!) Wickelkopf handelten dann einen Pakt mit den Greifen aus, bei dem ich mich sehr im Hintergrund hielt – mir war nur zu gut bewußt, dass die Greifen mich eher angreifen würden als mich zu tragen. Aber dafür gab es ja zwei Drachen, die Jurga und mich tragen würden. Und so stiegen wir tatsächlich auf gen Festung und Anjon konnte sich zwei Trödeleien im brennenden Gareth nicht verkneifen. Er wollte unbedingt niederen Pöbel vom brennenden Hausdach retten und wurde dabei schwer getroffen. Also mussten wir noch eine Zwischenstation einlegen, damit ich ihn wieder zusammenflicken konnte. Ansonsten würden uns die Greifen wahrscheinlich nicht zu Festung eskortieren.
Nachdem ich Anjon mit einem meiner quasi unersetzlichen, mächtigen Heiltränke wieder auf die Beine gebracht hatte, geschah das für mich bisher überraschendste, was ich in meinem Leben als Magus erfahren durfte. Orbaran, der Greifenfürst, Herold des Mittelreiches und von uns - genauer von mir - vor der Verderbnis durch Balphemor von Punin gerettet, bot mir tatsächlich an den Pakt, den ich mit Llogramoth eingegangen war, zu brechen!
Hier musste ich nicht sehr lange kalkulieren – hatte ich doch nach dem ersten Aufenthalt auf der fliegenden Festung erhebliche Zweifel an der weiteren Nützlichkeit des Paktes entwickelt. Ich hatte den Mahlstrom in die Niederhölle an der Spitze von Khollakai gesehen und Llogramoth, der dorthin direkt verschwunden war. Ich hatte bei der Erstürmung der fliegenden Kiste die Macht und das Begehen Agrimoths gesehen und mir war dabei klar geworden , dass diese Macht für den Beschwörer nur mit Hilfe des Dämonenkaisers zu kontrollieren war. Daher hegte ich die Befürchtung auf der Festung mich selbst an die Niederhöllen zu verlieren oder – eine noch viel größere Demütigung eines großen Magus wie mir – vom Giftzwerg in die Irre geführt und kontrolliert zu werden. Und jeder dieser Möglichkeiten widerstrebte mir im Angesicht der praiotischen Macht der Greifen zutiefst!
Also ging ich auf das Angebot des Herrn der Greifen ein und gestattete ihm den Exorzismus. Ich konnte spüren, wie die göttliche Macht des Herr Praios der Sonne gleich durch mich hindurch ging, mein Innerstes ausfüllte, die Linien meiner Kraft durchpulste und dabei allen Schatten den der falsche „Freund“ in meinem Kopf über mich geworfen hatte, ausbrannte. Mit diesen Schatten gingen nicht nur die Erkenntnisse, die der Pakt mit Llogramoth mir gebracht hatte, sondern auch ein guter Teil des Wissens zur magischen Natur von Belhalhar dem Blutsäufer, die ich bei der Befreiung Borans gemacht hatte. Aber das war der – eigentlich viel zu niedrige – Preis, den ich für meine Zweckbindung mit dem Chaos zu zahlen hatte und ich zahlte ihn gerne.
Dann endlich begann der echte Flug der Greifen, die Erstürmung der fliegenden Festung – und so wahr ich Fringlas Seehoff heisse – allein mit der Macht der Greifen wäre uns der Durchbruch nie gelungen. Zu dicht war der Ring der Irrhalken, den der Dämonenkaiser um Khollakai gezogen hatte. Und brauchte es nicht nur Praios Schutz und Geschöpfe, sondern die Macht der Herrin Hesinde und die Kraft und Voraussicht Rohals des Großen, der diesen Moment wohl vorausgesehen und Vorbereitungen zur Entschwörung getroffen hatte um letztendlich die Festung zu erreichen.
Der eigentliche Durchbruch zum Boden der Fliegenden Festung wurde erst durch das größte Opfer Orbarans möglich, das er geben konnte. Er opferte sich und sein Dasein um uns den Angriff auf Galotta zu ermöglichen. So starb der Fürst der Greifen, der Herold des Mittelreichs nach Jahrhunderten, vielleicht Jahrtausenden Daseins um dem Reich und den Menschen eine Chance auf ein weiteres Leben zu geben. Welch ein Erbe treten wir also an wir Sterbliche!
Die Geschehnisse auf der Festung waren so grauenhaft, dass ich nur Splitter notieren möchte. Ich sah einen wahren und echten Teil der Seelenmühle auf einem der Dächer Khollakais thronen, passend ausgerichtet zum großen Mahlstrom direkt in die Domäne des Agrimoth an der Spitze des Sternenturms. In diesen Momenten dankte ich der Herrin Hesinde für die Einsicht auf das Angebot Orbarans eingegangen zu sein, weiss ich doch nicht, ob ich sonst nicht zum Feind übergelaufen wäre.
Unser ersten Anlauf den Thronsaal Galottas zu erreichen führte über die riesige Treppe zum direkten Tor . Zu unserem Glück (so dachte ich in dem Moment) war das Tor verschlossen, zeigte sich beim verstohlenen Blick durchs Fenster doch, dass Galotta von sicherlich sechs oder sieben Dutzend Heshtotim umschwirrt war. Mit Mühe schafften wir es an den Wächtergolems vorbei wieder hinunter und suchten uns dann den Weg durch die Eingeweide Khollakais. Und wie von mir schon fast vermutet, half uns das alte, wirre Genie Leonardo der Mechanikus. Er führte uns zu dem Weg, der uns schlussendlich zu Galotta brachte. Der Weg war gefährlich und gespickt mit unelementaren Fallen, die sich aber zum Glück jeweils mittels der Nutzung des Gegen(un)elements überwinden ließen.
Leider erwartete uns der Giftzwerg als wir den Thronsaal erreichten – ich hatte gehofft, dass wir unbemerkt dorthin kommen könnten. Ich hatte mich und die Gefährten rechtzeitig mit dem Erbe Dexter Nemrods, dem Rotkappenwillentrunk, versorgt und dann begann auch schon der Tanz. Anjon wurde von der letzten Falle so schwer verletzt, dass ich keine Hoffnung mehr hatte, dass er uns helfen könnte. Also einen Heiltrank reingekippt und vor zu Galotta. Der Baron höchstselbst übrigens war schlussendlich doch dem Bann Galottas erlegen und erwartete uns als Galottas Leibdiener vor dem Thron. Der Novadi hielt sich an den Plan und verwandelte sich in eine Mandrake um dem vorgeblichen Kaiser dann die Gefolgschaft Tze Thas anzubieten. Diese absurde Vorstellung reichte immerhin aus um uns nahe an den Thron zu bringen. Dort offenbarte der Giftzwerg dann auch einen seiner Hauptantriebe – er wollte mit der Einnahme des Reichs und der Übernahme der Kaiserkrone wohl die unsterbliche Legende Nahema für sich gewinnen. Anscheinend hatte sie ihn einst abgewiesen bis er Kaiser wäre. Welch Irrsinn, welch Wahnsinn sich daraus ergeben hat, dass der missgestaltete Giftzwerg seine Eroberung nicht bekommen hat. Wie recht Meister Puschinske doch hat mit seinem Leitgedanken Mens sano in corporit sano.
Nun wie gesagt, die Vorstellung Nuris hatte uns genug Aufmerksamkeit und Zeit erkauft, dass wir eine erste Attacke starten konnten und Nuri in Mandrakenform Cankunaku in hohem Bogen auf Galotta schleudern konnte. Ihr Dolch war, wie unsere weiteren Waffen, mit der zweiten Komponente des Gifts bestrichen. Allein die tapfere Canku scheiterte und konnte den unfassbar starken Armatrutz nicht durchbrechen. Sie wurde daraufhin von einem übermächtigen Fulminictus in hohem Bogen zu Anjon befördert.Als nun die Lage klar war, stürmten wir restlichen vor. Ich ging Galotta direkt an und er dachte wohl er könnte mich brechen wie den Baron, da half aber der Trank und so drückte ich den vergifteten Dolch fingerbreit um fingerbreit seiner Kehle entgegen. Derweil gelang des Nuri Galotta mit einem mächtigen Hieb seines Morgensterns tatsächlich zu verletzten, was diesen mehr als überraschte und zu Nuris Versteinerung führte. Ich bekam von links und von rechte Hiebe der Heshthotim ab und vermochte nur den wenigsten auszuweichen, allein der Griff um den Dolch in Richtung Galottas Kehle durfte nicht brechen. Den weiteren Verlauf des Kampfes bekam ich nicht mit, nur als der Baron mit totenkalten Händen meinem verzweifelten Druck gegen den Armatrutz unterstützte bemerkte ich dies. Und als er – der anscheinend bereits tot (untot?) war – noch sagte, dass wir es schaffen würden weil gute Agenten seien, fällte mich der xte Hieb eines Heshtot.
Später erfuhr ich von Jurga, dass der Baron es geschafft hatte während der Folter durch Galotta einen eingeschmuggelten Trank des Unendlichen Lebens einzunehmen, der ihn zwar zu einem Untoten machte, aber auch immunisierte gegen die Beherrschung durch den Dämonenanbeter. Welch ein Trick, welch eine Scharade – da war mein notwendiges und kalkuliertes Anbandeln mit Llogramoth ein Gesellenstück dagegen...
Ich kam erst zu mir als Anjon dem Leben des Giftzwergs endgültig ein Ende machte. Das Gift hatte ihn anscheinend so geschwächt, dass er dem nichts mehr entgegen setzen konnte. Vom Baron fehlte jede Spur, ein riesiger Brandfleck war vor dem Thron zu sehen und und den Wänden schwebte - mich trifft noch immer fast der Schlag - fuderweise Borbarads Hauch.
Der letzte Moment Galottas auf Dere war der Anblick seiner Seele, die aus seinem Körper gerissen wurde und direkt in die über uns schwebende Pforte des Grauens in die Domäne des Agrimoth gesogen wurde. Da wurde mich schlagartig klar, dass er nicht einmal in der Seelenmühle landen und als Dämon ihr entschlüpfen würde, sondern vielmehr direkt im Draußen gepeinigt würde. Und ich sah das Draußen, die Niederhölle, Domäne des Agrimoth mit eigenen Augen. Unbeschreiblich grauenerregend und nicht für die Augen der Schwachen gemacht.
Ins Diesseits holten mich die panischen Rufe meiner Gefährten – die dies alle mit Hilfe der Götter überlebt hatten – dass die Festung abstürze. Eigentlich wollte ich nichts wie weg, fiel doch von oben etwas herunter was Jurga und mich unweigerlich umschlingen und töten würde, wenn es mal unten wäre. Auf der anderen Seite würde die abstürzende Festung direkt auf Alt-Gareth stürzen. Also machte ich mich kurz mit den Steuerungsinstrumenten an Galottas Thron vertraut, atmete tief ein und steuerte die Festung dann kurzzeitig sogar erfolgreich – zumindest reichte es dafür ihre Richtung zu verändern und von Alt-Gareth weg zu bringen.
Bei der Flucht half uns wie von mir erhofft der alte Mechanikus Leonardo. Er hatte bereits die Flucht geplant und ein entsprechendes Gefährt namens Difarsmandel gebaut. Damit konnten wir alle mit Müh und Not den Erdboden wieder erreichen und in einem Löschteich notlanden. Das Wasser dämpfte den Absturz soweit, sodass wir alle heil aus dem Wasser kamen. Nuri hatte seinen Rucksack mit dem Splitter des Agrimoths gefüllt und diesen wohl mit den Resten der Dämonenkrone angefasst. Das klappte bis zu dem Zeitpunkt als der Splitter mit reinem Element in Berührung kam. Was bedeutete, dass der Splitter im Wasser des Löschteichs begann zu reagieren und das Wasser zu kochen begann.
Aber das ist die nächste Geschichte...