06. Rahja 1018 BF
So wirklich ganz frei hab ich offenbar einfach nie. Rondrasil und ich haben gerade schön miteinander über alles Mögliche geredet, während wir uns etwas ausgeruht hatten, da kommt ein weinender Kolkja in unsere Stube gestürmt, gerade, dass ich noch ausreichend Zeit hatte, mir etwas anzuziehen.
Er hat etwas Stoff um seine Hand gewickelt, welcher bereits mit Blut durchtränkt ist und drückt mir einen blutigen Brief in die Hand.
Als ich eine Pinzette nehme, um die Glassplitter, die sich offenbar in seiner Hand befinden, zu entfernen, weint er nur noch heftiger und besteht darauf, dass ich die Hand ganz zaubere. Ich seufze resigniert und denke mir dann jedoch, dass ein Balsam die schnellste Möglichkeit sein dürfte, dass ich wieder zurück zu Rondrasil gehen kann.
Während ich mich konzentriere, bitte ich Kolkja, mir doch etwas von Krox zu erzählen, der immer in seiner Nähe ist und er erzählt mir, dass er ihn gemacht habe, dass er als einziger gut geworden sei, dass die meisten, die er festhalte, schlecht würden. Was meint er damit, dass er ihn gemacht hat?
Nachdem Kolkjas Hand wieder geheilt ist, schicke ich ihn und auch Rik, der neugierig dazu gekommen ist, ins Bett, schließlich ist es draußen schon beinahe dunkel und die beiden sollten viel schlafen. Im Anschluss lese ich mir den Brief durch, er ist von Nadira. Darin fragt sie mich zuerst, ob Kolkja auch bei mir angekommen sei, sie würde morgen früh nach ihm sehen, weil sie mich heute nicht angetroffen habe.
Auch schreibt sie, dass er sich die Hand verletzt hat, weil er ihr mit Shafiria helfen wollte und dabei dann im Keller in einen der Spiegel, in dem sie zu sehen war und sich gegen das Glas geworfen habe, geschlagen hat. Daher kommen also diese Verletzungen.
Nun gut, die Nacht ist noch jung und auf mich wartet ein warmes Bett.
07. Rahja 1018 BF
Wie angekündigt kommt früh Nadira zu mir in Peraines Heimstatt und erkundigt sich, ob ich ihren Brief erhalten habe. Ich bin gerade dabei, fünfzehn Heiltränke in einer Tasche zu verstauen, um sie Funkenhuf zu bringen und sie bietet mir an, mich zu begleiten, die Tasche zu tragen, was ich dankbar annehme.
Zum allerersten Mal seit zwei Jahren ist die Temperatur wieder sehr angenehm, es dürfte um die zwanzig Grad warm sein. Während wir durch Moorwacht gehen, bekomme ich mit, wie die Bewohner sich darüber freuen, nur ich kann mich nicht zur Gänze darauf einlassen, schließlich weiß ich, welchen Preis dieser Sommer einfordert.
Als wir bei Funkenhuf auf der Lichtung ankommen, sehe ich, dass er sich halbwegs bequem hingelegt hat und teile ihm mit, weshalb ich gekommen bin. Er blickt mich nur an, bleckt die Zähne, als würde er versuchen zu lächeln und ich sage ihm, dass er nichts sagen brauche, dass er seine Kräfte schonen solle, was er mit einem Nicken zur Kenntnis nimmt.
Während ich die Fläschchen so aufstelle und positioniere, dass Funkenhuf sie leicht erreichen kann, sie aber auch nicht einfach umfallen können, schließlich muss er mit seinen Zähnen erst noch den Verschluss lösen, bevor er den Trank trinken kann, sehe ich aus dem Augenwinkel, wie Nadira über seine Nüstern streicht und leise mit ihm redet.
Als ich fertig bin mit meiner Aufgabe und näher komme, höre ich, wie sie ihm erzählt, dass sie Zweifel hat, Zweifel, ob der Weg, den sie eingeschlagen hat, noch der Richtige ist, Zweifel daran, was sie tun solle. Als sie meiner gewahr wird, bedankt sie sich bei Funkenhuf dafür, dass er so ein guter Zuhörer ist und gemeinsam gehen wir zurück nach Moorwacht.
Ich bitte Funkenhuf eindringlich, dass er auf sich aufpassen solle, dass er nicht bis zum Äußersten gehen solle und verspreche ihm, dass wir unser Bestes geben werden, um so schnell wie möglich diesen unheiligen Winter zu beenden.
Morgen soll es losgehen und heute Abend erwartet uns Tsadan zum Abendessen, dann sollen wir diejenigen bestimmen, die uns begleiten sollen.
Zurück in Moorwacht sehe ich Rondrasil, der die Miliz trainiert und nachdem ich ihm kurz ein wenig zugesehen habe, sichergestellt habe, dass sein linker Arm ihn tatsächlich nicht mehr in seinen Bewegungen einschränkt, beschließen Nadira und ich, dass wir auch ein wenig Training gebrauchen könnten.
Wir müssen ein sonderbares Bild abgeben, insbesondere ich, da mich die Moorwachter bislang noch nie wirklich mit meinem Stab haben trainieren sehen, aber die Einzelstunden bei meinem Liebsten zahlen sich so langsam aus, ich fühle mich zumindest nicht mehr ganz so hilflos und wehrlos wie noch vor zwei Jahren.
Beim Abendessen wird mir schmerzlich bewusst, dass Danjuk keinen denkbar schlechteren Zeitpunkt hätte wählen können, um Bjaldorn aufzusuchen. Er sollte schon längst wieder zurück sein, ist es aber nicht und wir müssen daher ohne ihn auskommen.
Anwesend sind außer Tsadan, Nadira, Rondrasil und mir auch Pjerow, Ifrundoch, Thezmar, Hecker, Shakra, Lysandiel, Kolkja, Goswyn, Thulvje, Rowinja, Molagh, Kantalla und Jaminka.
Jeder hat andere Gründe, weshalb er uns begleiten will, jeder hat andere Fähigkeiten, die uns sehr nützlich sein könnten.
Rondrasil möchte mit, um die Schmach, die er damals erlitten hat auszubügeln. Er ist sehr gut im Nahkampf, allerdings ist er nicht besonders gut in der Wildnis und würde den Weg wohl nicht noch einmal finden.
Thulvje bietet sich an mitzukommen und sagt, er wisse noch, wo damals der Hinterhalt stattfand, er kennt sich in der Wildnis aus, kann sich seiner Haut erwehren, allerdings besteht er darauf, dass er die Führung übernehmen wolle, wenn er mitkommt.
Kantalla bietet sich ebenfalls an, sie sagt sie würde den Winter in sich aufnehmen und hat eine grobe Richtung im Kopf, in die wir gehen müssten. Sie kennt sich sehr gut in der Wildnis aus, ist jedoch nicht so diszipliniert, besser noch recht wild in ihrem Gebaren.
Rowinja sagt, dass sie weiß wo der Überfall stattfand und dass sie alles könne, was man da oben braucht.
Molagh möchte mitkommen, da er gerne sehen will, wie man den Winter besiegen kann. Zusätzlich ist er recht versessen darauf seinen ersten Ork zu erschlagen. Dies scheint ihn wohl zum Mann zu machen, wie er sagt.
Kolkja möchte mitkommen, sagt er wisse, wo wir hin müssen und dass er mit "dem Spiegel" das "Herz des Winters" auftauen würde. Allerdings ist uns allen klar, dass er weder kämpfen kann, noch in der Wildnis oder überhaupt generell alleine zurechtkäme.
Goswyn bietet sich an uns zu begleiten, da er zum einen zeigen will, dass er jetzt loyal der Siedlung gegenüber steht, solange Tsadan zahlt und zum anderen, weil er sich mit Strategie und Taktik gut auskennt, was von Vorteil wäre, wenn man dort gegen eine zahlenmäßige Übermacht vorgehen muss.
Thezmar würde sich anbieten, weil der Winter mittlerweile auch Brandthusen erreicht hat. Aber auch ein gewisses wissenschaftliches Interesse kann er nicht abstreiten. Einen weiteren kompetenten Heiler dabei zu haben, wäre sicherlich von Vorteil, wie er zu bedenken gibt.
Hecker sagt lediglich, dass er Pjerow nicht alleine im Gebirge rumlatschen lassen könne. Irgendwer müsse schließlich auf ihn aufpassen.
Lysandiel sagt, dass er zwar nicht wisse, wie man den Winter beenden könne, dass er aber dennoch eine große Hilfe für uns sein könnte.
Jaminka von Brandthusen möchte gerne mitkommen. Zum einen anderen rechnet sie sich große Chancen aus, im Gebirge ihre Wunde schließen zu können, zum anderen sagt sie aber auch, dass man diese Macht, die den Winter hier hält, sicherlich auch zu unserem Vorteil nutzen könnte.
Shakra, die sich anfangs noch etwas unwohl zu fühlen scheint, sagt, dass sie eine Nadel habe, die ihr den Weg zu der stärksten Magie zeigen würde und dass sie außerdem von ihrer Sippe ein Gris-Gris habe. Bei diesen Worten hält sie einen Lederbeutel hoch und meint, dass dieser imstande wäre, den Winter zu beenden.
Wir beratschlagen uns lange, wie wir vorgehen sollen, wie wir unsere Stärken aufteilen sollten und letztlich entschließen wir uns dazu, dass neben Thezmar, der hier in Moorwacht Thindal und Tanile unterstützen soll, auch Thulvje, Kantalla und Jaminka zurückbleiben werden.
Bei Kantalla können wir das Risiko nicht eingehen, dass sie den Winter in sich aufnimmt, denn uns ist allen klar, dass sie dann sterben würde. Thulvje ist nicht als der größte Stratege bekannt und wir müssen als Gruppe zusammenarbeiten, aber auch aufeinander Acht geben und Jaminka verfolgt zu sehr ihre eigenen Ziele. Wir wissen nicht einmal, womit wir es zu tun bekommen werden und sie hat schon wieder im Sinn, diese Kraft für sich zu nutzen. Wie gut das funktioniert, daran sollte sie eigentlich jeden Abend ihre Wunde erinnern.
Einmal ganz davon abgesehen, dass mich die Versorgung ihrer Wunde jeden Tag einiges an Kraft kosten würde. Kraft, die ich im Gebirge vermutlich sehr dringend anderweitig brauchen werde.
Ich verspreche ihr, sollte ich eine Möglichkeit finden, wie sich ihre Wunde schließen lässt, dass ich sie mitbringen werde oder was auch immer notwendig ist.
Nadira teilt uns mit, dass sie bereits Vorkehrungen getroffen hat und Gepäck für uns alle zusammengestellt hat. Wir müssen jedoch alle einiges an Gewicht tragen, insbesondere der Proviant wird schwer wiegen, aber wenn wir nicht verhungern oder verdursten wollen, muss es eben so gehen.
Wir sollten uns früh hinlegen, unsere Kräfte sammeln. Ich schmiege mich in die kräftigen Arme Rondrasils, lege meinen Kopf auf seine Brust und lausche seinem Herzschlag, wie ich es in letzter Zeit so oft tue. Das gleichmäßige Schlagen beruhigt mich, wiegt mich sanft in den Schlaf.
08. Rahja 1018 BF
Wir brechen in aller Früh auf, allesamt schwer bepackt. Rondrasil und Goswyn tragen zusätzlich zum Proviant und dem Schlafsack, den jeder von uns trägt, noch ein Zelt für vier Personen, Molagh und Rowinja je ein Zelt für zwei Personen.
Wir merken sehr schnell, dass sowohl Shakra als auch Kolkja mit mir das Schlusslicht dieser Expedition bilden. Bei Shakra und mir liegt es vermutlich an der geringen Körpergröße, unsere Schritte sind einfach nicht so groß, wie die der anderen und bei Kolkja, nun, ein sechsjähriges Kind wäre in etwa ebenso schnell wie er.
Das Wetter ist relativ freundlich, auch wenn uns immer wieder eiskalte Böen erzittern lassen.
Gegen Mittag erreichen wir den Efferdsee im Gebirge. Jener See, in dem die Moorwachter schon einmal Buße getan haben, einen ganzen Tag in ihm verbracht haben. Jener See, der über einen Wasserfall den Fluss speist, der an Peraines Heimstatt vorbei fließt.
Das Wetter hat umgeschlagen und laut Ifrundoch und Nadira wird es heute auch nicht mehr besser werden, weshalb wir hier unser erstes Lager aufschlagen werden. Nadira angelt einen Fisch und auch Ifrundoch ist mit Rowinja jagen gegangen, so dass wir unsere haltbaren Vorräte lediglich für Kolkja anbrechen müssen.
Dieser ist übrigens in Tränen ausgebrochen, als Nadira und die anderen beiden mit ihrer Beute zurückgekehrt sind, aus der uns Pjerow ein köstliches Abendessen gekocht hat.
Ich teile mir eins der Zelte mit Rondrasil und auch Lysandiel und Kolkja schlafen mit bei uns. Also mehr oder weniger, Kolkja schläft ja nicht wirklich.
Wir haben beschlossen, dass wir alle abwechselnd in drei Schichten zu je zwei Personen Wache halten werden, man kann nie vorsichtig genug sein.
09. Rahja 1018 BF
Ich wache völlig erschöpft auf, habe einen seltsamen Traum gehabt. In meinem Traum stand ich in einer Höhle gänzlich aus Eis, vor mir weißbepelzte Gestalten, die Goblins nicht unähnlich waren, jedoch größer gewachsen, stämmiger. In der Mitte konnte ich einen Eisblock erkennen, in dem ein schwarzes, schlagendes Herz eingefroren war. Ein hagerer Mann, der von den bepelzten Gestalten auf einen Tisch gedrückt wird, wird geopfert und sobald das Blut ins Eis gesickert ist, hat das Herz schneller geschlagen. Als sich die Blicke der Gestalten mir zugewandt haben, bin ich aufgewacht.
Am Lagerfeuer erfahre ich, dass die anderen den gleichen Traum gehabt haben, alle sehen sie ähnlich erschöpft aus, wie ich mich fühle. Wir packen unsere Sachen zusammen und wandern den Weg entlang gen Norden.
Abends, während die anderen die Zelte aufbauen, beschließen Nadira und ich, etwas Gemüse, Wurzeln und Knollen zu suchen, um unsere Vorräte zu schonen. Auch Ifrundoch geht wieder jagen, dieses Mal nimmt er Molagh mit.
Unsere Suche war recht erfolgreich, so dass es uns möglich ist, geradezu vorzüglich zu speisen. Am Ende kommen wir alle kugelrund von unserer Expedition zurück. Wenn der Anlass kein so ernster wäre, man könnte beinahe Spaß empfinden.
Shakra hat sich einen Zweig von einer Tanne abgeschnitten und sagt, dass sie uns die Träume nehmen könne, sie müsse uns dafür nur mit ihrem Zweig schlagen. Wir blicken uns alle etwas unschlüssig an, einzig Pjerow erklärt sich bereit, sich schlagen zu lassen.
10. Rahja 1018 BF
Ich habe wieder geträumt. Vor mir sehe ich ein Meer aus toten Leibern, die allesamt gegen eine Mauer aus Eis laufen, an ihr kratzen. Hinter den Leichen sehe ich schwarzgerüstete Gestalten mit roten Rubinen als Augen, Shakagra, die sich durch die Leiber hindurch einen Weg in meine Richtung bahnen.
Lautes krächzen holt mich aus diesem Albtraum, Krox.
Außer mir hatten auch die anderen wieder den gleichen Traum, einzig Pjerow sagt, dass er sehr gut geschlafen habe, offenbar hat Shakra tatsächlich dafür sorgen können, dass er nicht von diesen Träumen (oder Visionen? Zukunft oder Vergangenheit?) heimgesucht worden ist.
Abends, wie gestern auch, gehen Nadira und ich sammeln, Ifrundoch und Rowinja jagen. Die beiden kommen mit einer Antilope zurück, was Kolkja wieder in Tränen ausbrechen lässt. Aber auch wir haben ordentlich was gefunden und so können wir uns heute wieder die Bäuche vollschlagen. Die Ausbeute ist so üppig, dass auch unser Frühstück morgen sehr reichhaltig ausfallen wird.
Als Shakra fragt, wer sich alles von ihr schlagen lassen wolle, melden wir alle uns freiwillig, jeder möchte gerne einmal wieder durchschlafen. Einzig Kolkja sitzt jede Nacht am Lagerfeuer, stochert darin herum und leistet den Nachtwachen so etwas Gesellschaft.
11. Rahja 1018 BF
Ich werde wach, weil ich draußen Stimmen höre. Ich liege an Rondrasils Brust geschmiegt da und höre, wie Molagh erzählt, dass er Krox gejagt habe, weil dieser ihn genervt habe und dass er ihn auch mit dem Speer erwischt habe, jedoch sei Krox danach einfach weiter geflogen. Nun, dass Krox kein richtiger Rabe ist, wird der Grund dafür sein, geht es mir durch den Kopf.
Die anderen scheinen vergessen zu haben, dass man auch in einem Zelt noch alles hören kann, denn nach ein paar Minuten überlegen sie, ob man mich nicht wachsen lassen könne, sogar Lysandiel wird gefragt, ob es da nicht einen Zauber gäbe.
Ich rufe aus dem Zelt heraus, dass ich meine Größe gerne so behalten würde, schließlich habe ich mich daran gewöhnt und komme sehr gut damit zurecht. Ich kann es mir jedoch nicht verkneifen, Rondrasil zu fragen, ob er sich denn wünschen würde, dass ich größer wäre, aber er erwidert liebevoll, dass ich so, wie ich bin, genau richtig wäre.
Heute geht der Anstieg steil nach oben, wir alle sind sehr erschöpft, gerade da wir nach wie vor sehr viel Gepäck mit uns herum tragen. Ifrundoch muss Molagh stützen, Rondrasil hat Kolkja kurzerhand auf seine Schultern gehoben und trägt ihn hoch und auch Goswyn kommt völlig entkräftet oben auf einem Plateau an, wo er sich einfach auf den Boden fallen lässt und sofort einschläft.
Auf dem Plateau ist ein kleiner See und wir können erkennen, dass es von hier aus in vier Richtungen weiter geht. Heute werden wir hier unser Lager aufschlagen, jedoch beratschlagen wir, in welche Richtung wir weitergehen müssen. Kolkja meint, dass wir nach Westen müssten, dass wir uns an eine bestimmte Reihenfolge hier im Gebirge halten müssten.
Nadira bietet an, dass sie in der Dämmerung auf ihrem Kampfstab fliegen könnte und die Wege allesamt auskundschaften könnte. Sie könne auch im Dunkeln noch sehr gut sehen und wir nehmen ihren Vorschlag dankbar an.
Als sie zurückkehrt, teilt sie uns mit, dass sie im Norden weit entfernt ein kleines Feuer gesehen habe und im Westen, wo es laut ihr auch zu einer alten Rondrastatue ginge, sei ein kleines Lager mit mehreren Wachfeuern und auch Wachen, welches direkt auf dem Weg liegt, den Kolkja uns gehen lassen will.
Wir überlegen, wie wir herausfinden sollen, ob das Lager uns freundlich oder feindlich gesinnt ist und wieder ist es an Nadira, diese Aufgabe zu übernehmen. Sie fliegt erneut los und nach einer gefühlten Ewigkeit kommt sie zurück und teilt uns mit, dass es sich offenbar um ein Lager von Banditen handele, die die Schatzsucher ausrauben würden, dass sie Gefangene halten würden.
Was sie beschreibt, dass die Männer allesamt sehr abgemagert seien, äußerst aggressiv wirken würden, veranlasst uns dazu, unseren Weg noch einmal zu überdenken. Nadira sagt, dass wir auch nach Norden gehen können, dieser Weg würde etwas weiter hinten ebenfalls nach Westen abzweigen.
Da ich heute keine Wache habe, krabbele ich zu Rondrasil in den Schlafsack, der schon tief und fest schläft, als ich mich zu ihm kuschle.
Traum: Ich stehe in einem Lager aus heruntergekommenen Hütten, welches mit einer Palisade umgeben ist. Auf das Lager sehe ich verschiedene Söldner mit Bannern zu marschieren und ich höre das sirren von abertausenden Pfeilen und Bolzen und ehe ich mich versehe, wache ich auf, spüre einen großen Schmerz in meiner Brust, mein Hemd verfärbt sich langsam blutrot.
Als ich an mir heruntersehe, entdecke ich eine Wunde, die von einem Bolzen stammt und noch ehe ich groß darüber nachdenken kann, höre ich Molagh und Hecker schreien. Ich raffe mein Hemd notdürftig mit einer Hand zusammen und eile mehr stolpernd aus dem Zelt.
Auch Molagh und Hecker sind scheinbar von diesen Bolzen im Traum getroffen worden, Molagh muss ich mit einem Balsam heilen, bei Hecker reicht ein profaner Verband am Fuß. Nadira bietet mir an, sich um meine Wunde zu kümmern, was ich dankend annehme, ohne einen Spiegel habe ich eine sehr schlechte Sicht auf das Wundgebiet und ich will mich nicht gleich magisch heilen, sollte mit meinen Kräften haushalten.
12. Rahja 1018 BF
Nicht wirklich ausgeruht brechen wir unsere Zelte ab und umgehen das Lager, indem wir nach Norden gehen. Dazu müssen wir am Rand durch den See waten und da er zwar am Ufer flacher ist, aber immer noch tief genug, werden Kolkja, Shakra und ich hinüber getragen.
Nur Nadira fliegt über den See und Lysandiel läuft, wie damals in Neersand, einfach über das Wasser.
Abends im Lager fragen wir Goswyn, ob er sich ein wenig mit Wappen auskennt und er erzählt uns, dass das Wappen, welches Nadira in dem Banditenlager gesehen hat, zu einer Söldnerbande gehöre, die sich Wildfang nennt. Dabei soll es sich um Räuber aus Festum handeln, die allgemein wenige Skrupel kennen sollen. Die Söldner, die wir im Traum gesehen haben, gehören Wintertreu an und sollen ehrlose, sich nicht an den Kodex haltende Söldner sein, die quasi ihr Fähnchen in den Wind halten.
Wildfang soll laut Goswyn angeblich direkt von Uriel für eine wichtige Mission angeheuert worden sein. Stellt sich die Frage, ob die wichtige Mission das ausrauben der Schatzsucher beinhaltet oder ob dies nur ein Nebenerwerb der Bande ist.
Nadira ist früh ins Bett gegangen und hat dadurch nicht von Shakra den Schutz vor den Träumen bekommen.
13. Rahja 1018 BF
Ich werde geweckt, weil Nadira mich ruft. Sie sitzt am Feuer und Ifrundoch, der neben ihr sitzt, blickt ganz ungläubig auf seine Hände. Er sagt, dass er sie nur warmrubbeln wollte und dass er plötzlich ihre Haut in seinen Händen gehalten habe. Ihre restliche Haut ist mit Reif überzogen und fühlt sich kalt an.
Während ich einen Balsam auf sie spreche, erzählt sie mir, was sie geträumt hat. In ihrem Traum stand sie bei der Rondrastatue und hat hünenhafte Gestalten gesehen, Fjarninger, um genau zu sein, die der Statue mit einem Hammer den Kopf und den Schwertarm abgeschlagen haben. Danach habe sich einer der Fjarninger zu ihr umgedreht und mit dem Finger auf sie gezeigt, woraufhin sie einen stechenden Schmerz verspürt habe und danach aufgewacht sei.
Nachdem der Balsam wirkt, merken wir, wie auch das Gefühl langsam in Nadiras Körper zurückkehrt, die Haut sich langsam wieder erwärmt, geschmeidiger, robuster wird. Wir müssen unbedingt besser aufpassen.
Als ich jedoch Shakra sehe, die tiefe Augenringe hat, erschrecke ich mich. Auf unser Nachfragen sagt sie, dass es sie enorme Kraft koste, uns die Träume vom Leib zu halten, sie muss sich unbedingt heute Nacht ausruhen.
Wir marschieren weiter gen Norden, es fängt an zu schneien. Während wir kurz Rast machen, erkenne ich mit Schrecken, dass jede einzelne Schneeflocke eine kleine Wunde in Rondrasils Gesicht verursacht. Als ich ihm sage, dass er bitte seinen Gugel aufsetzen solle, zeigt er mir seine Arme, die von seiner Kleidung eigentlich geschützt worden sind, auch sie weisen unzählige kleine Verletzungen auf. Dieser dämonische Schnee schadet meinem Liebsten und er hat keinen Ton gesagt, mir ist es viel zu spät aufgefallen. Ich ziehe einen der Reserveheiltränke, die ich mitgenommen habe, aus der Tasche und drücke ihn Rondrasil auffordernd in die Hand. Dieser trinkt ihn und in seinen Augen erkenne ich Dankbarkeit, auch wenn ich weiß, dass er selbst niemals einen Ton gesagt hätte.
Als wir die Zelte aufgebaut haben, geht er umgehend und ohne zu murren hinein und auch, als ich sage, dass er heute keine der Wachen übernehmen wird, kommt kein Widerspruch von ihm.
Nadira beschließt, dass sie heute die ganze Nacht wachbleiben wird, sie sagt, dass sie nicht wieder ihre Haut verlieren wolle.
Traum: Ich stehe in einer heruntergekommenen Taverne, kann außer mir auch Pjerow und Rondrasil sowie Molagh und Ifrundoch erkennen. Aus der Küche kommt ein bestialischer Gestank und uns allen ist bewusst, dass wir gerade träumen. Ich konzentriere mich und es gelingt mir tatsächlich, aufzuwachen. Ich wecke umgehend Rondrasil und eile dann in das Zelt nebenan, in dem glücklicherweise Ifrundoch, Pjerow und Molagh schlafen, weshalb es mir möglich ist, sie allesamt gleichzeitig zu wecken, indem ich mich schwungvoll in ihre Mitte werfe.
Als ich zurück in unser Zelt gehe, habe ich immer noch diesen Gestank in der Nase und kurz darauf kommt Pjerow zu uns und fragt, ob unser Proviant auch verdorben sei. Dem ist so und wir legen alles auf einen Haufen, damit ich einen Abvenenum darauf wirken kann. Wir können es uns nicht leisten, unseren Proviant auf diese Art und Weise zu verlieren.
14. Rahja 1018 BF
Wir marschieren weiter gen Norden, bis wir abends an eine Weggabelung kommen, an der wir morgen nach Westen weiterziehen wollen. Etwas versteckt bauen wir unser Lager auf und ich verbinde die Füße Rondrasils, die durch den Schnee, durch den wir laufen mussten, ziemlich gelitten haben. Und wieder einmal hat er keinen einzigen Ton von sich gegeben.
Nadira ist äußerst erschöpft, weil sie die ganze Nacht zuvor wach geblieben ist, weshalb ich alleine nach etwas Essbarem suchen gehe. Hätte ich das mal besser nicht getan.
Im Schnee vor mir liegt ein Schwertknauf und als ich mich dem nähere, taucht vor mir aus einem Schneehaufen eine dieser Eisbestien auf, die uns auch schon in Moorwacht begegnet sind. Ich stoße einen lauten Schrei aus und erkenne noch aus dem Augenwinkel, wie sich drei weitere dieser Bestien aus dem Schnee erheben, während die erste mich anspringt, mich zu Boden wirft und mir in den Kopf beißt.
Während mir das Blut in die Augen läuft, sehe ich, wie Kolkja teilnahmslos auf der Lichtung steht und mich mit traurigen Augen ansieht. Aber auch die anderen sind von meinem Schrei alarmiert worden und eilen mir zu Hilfe. Es entbrennt ein bitterer Kampf, diese Bestien sind zäh, enorm zäh und nur mit vereinten Kräften gelingt es uns überhaupt, sie nach und nach zu bezwingen.
Rowinja hat weniger Glück, sie ist mit vollem Anlauf auf zwei dieser Bestien zugelaufen und wurde von einer so unglücklich erwischt, dass sie zu Boden geht. Das Biest beißt ihr in den Oberschenkel und ich erkenne, wie helles Blut in pumpenden Stößen aus ihrem Schenkel spritzt und sie nahezu sofort das Bewusstsein verliert.
Ich wische mir das Blut aus den Augen und verreibe etwas Schnee in meinen Händen, auch wenn dieser dämonische Schnee mir Schmerzen bereitet, so brauche ich ihn dennoch, um den Balsam wirken zu können. Unter Aufbietung meiner gesamten Konzentration ist es mir möglich, den wohl schnellsten Balsam meiner Geschichte zu wirken und das über eine Distanz von etwa sechs Schritt hinweg. Jedoch merke ich auch, wie enorm kräftezehrend das Ganze ist.
Ifrundoch und Rondrasil gelingt es gemeinsam mit Pjerow und Molagh, die anderen Bestien zu töten, während Nadira und Goswyn völlig erschöpft daneben stehen, unfähig, etwas zu tun. Auch Molagh wurde im Kampf übel verletzt, sein Knie wurde in einem unnatürlichen Winkel verdreht und während ich Rowinja einen der Heiltränke eingeflößt habe, muss ich Molaghs Bein magisch heilen.
Im Lager kriechen wir allesamt erschöpft in unsere Schlafsäcke.
15. Rahja 1018 BF
Am Morgen berichten Ifrundoch und Pjerow, dass sie erneut geträumt haben. Sie standen auf einer verschneiten Öde und vor sich im Berg haben sie eine Höhle gesehen, vor denen zwei Orks Wache stehen. Plötzlich hat einer der beiden einen Pfeil im Auge und um die Ecke kommen wir, offenbar hat Lysandiel den Ork getötet. Kurz darauf sehen die beiden, wie aus der Höhle ein großes Wesen mit neun Tentakeln hervorbricht, welches ein großes Auge besitzt und einen langen Schnabel.
Als Rondrasil davon hört, wird er kurz blass, erzählt dann, dass es sich um einen Shruuf handele, einen Dämon aus der Domäne des Widersachers von Rondra und dass er selbst schon einmal gegen ein solches Ungetüm gekämpft habe. Er sagt, dass es viele fähige Rondrianer gebraucht habe und dass nur wenige zurückgekehrt seien nach der Schlacht.
Wir ziehen weiter, jetzt nach Westen und kommen nochmal an dem Kampfplatz von gestern vorbei. Dort finden wir die Teile einer kompletten Leiche und Leichenteile von etwa fünf bis sechs weiteren Personen. Offenbar bin ich gestern mitten in die Vorratskammer dieser Biester gestolpert.
Während wir uns durch den Schnee kämpfen, erzählt Kolkja, dass Hecker Sevkegen umgebracht hat, dass er ihn zu dem Suizid gezwungen habe und dass er dabei zugesehen habe. Ich bin entsetzt, als ich das höre, werde aber sogleich davon abgelenkt, dass Goswyn beinahe zusammenbricht vor Erschöpfung.
Auch Rondrasil setzt der Schnee sehr zu und nachdem wir das Lager in Windeseile errichtet haben, kümmere ich mich hingebungsvoll um seine Wunden.
16. Rahja 1018 BF
Der Schnee ist einem Sturm gewichen und Nadira bietet sich an, in luftiger Höhe zu gucken, wie wir weiter gehen müssen. Zur Sicherheit binden wir ihr ein Seil um die Hüfte, damit sie nicht weggeweht werden kann.
Sie teilt uns mit, dass etwas weiter weg im Westen eine Art Stollen sei, den wir als unser nächstes Lager anpeilen.
Pünktlich zum Abend erreichen wir den Stollen, besser gesagt das, was mal ein Stollen werden soll. Jemand hat sich etwa zwei, drei Schritt in den Berg hinein gearbeitet und vorne am Eingang ein Schild mit der Aufschrift „Flux Eigentum – betreten verboten“ angebracht. Die Lagerstatt ist jedoch verlassen und leer.
Traum: Ich bin ein älterer Mann und plötzlich stürmen einige Söldner zur Tür herein, die Zahnketten um den Hals tragen. Sie zerren mich aus der Hütte raus und mein Goldlager, welches ich angelegt habe, wird geplündert. Unter einem hämischen Lachen bekomme ich einen kräftigen Schlag in die Magengrube, der mich aufweckt.
17. Rahja 1018 BF
Nachdem unsere Vorräte langsam etwas zur Neige gehen, ist Nadira früh zurück zu dem Platz geflogen, an dem wir vor einigen Tagen viele Pilze gesehen und auch gesammelt haben.
Während sie weg ist, teilt uns Kolkja mit, dass wir die Steilwand, die sich vor uns befindet und in die der Stollen gegraben worden ist, überwinden müssten, denn unser Ziel läge dahinter. Die Steilwand ist an die 150 Schritt hoch und wenn wir alle unsere Seile aneinander knoten, kommen wir maximal auf 50 Schritt Länge. Pjerow erklärt sich bereit, mit dem Seil vor zu klettern und etwa nach 50 Schritt bleibt er auf einem Vorsprung stehen und bedeutet uns, nachzukommen.
Nadira, die zwischenzeitlich auch zurückgekommen ist, fliegt zu ihm hoch und hält mit ihm gemeinsam das Seil, während wir anderen einer nach dem anderen hoch klettern. Kolkja binden wir fest, der wird hochgezogen und ich klettere als Letzte, damit ich, falls jemand runter fallen sollte, da bin, um zu reagieren, zu heilen.
Während ich unten warte, merke ich, wie mir etwas Feuchtes auf den Kopf klatscht und als ich nach oben blicke, sehe ich Hecker, der mich hämisch angrinst. Ich hätte gestern nicht vor ihm sagen sollen, dass ich der Meinung bin, dass er einen schlechten Einfluss auf Pjerow ausübt.
Auch der zweite und dritte Aufstieg klappen, den Göttern sei Dank, ohne dass jemand von uns stürzt. Oben angekommen sehen wir die Rondrastatue, besser das, was von ihr übrig ist. Ihr Kopf und auch ihr Arm mit dem Schwert wurden abgeschlagen und ihr gegenüber, dort wo Nadira sich im Traum hat stehen sehen, wie sie sagt, steht ein Wolf aus Eis, der die Zähne fletscht.
Es wirkt so, als würde er Rondra angreifen wollen, die selbst wehrlos ist. Gemeinsam mit Rondrasil mache ich mich daran, diese Eisstatue zu zerstören, sicher ist sicher.
Auf der anderen Seite führen Stufen den Berg hinunter und laut Kolkja müssen wir auch dort hinunter, dort ginge es weiter. Wir erkennen weiter hinten einen See, der sich im untergehenden Licht der Sonne spiegelt und beschließen, dass wir heute hier nächtigen werden.
Traum: Ich stehe mit Rondrasil und Hecker an einem zugefrorenen See. Als Hecker mich sieht, verdreht er die Augen und schimpft, dass ich ihn jetzt auch noch in seinen Träumen verfolgen würde. Noch während er meckert, bemerken wir, wie irgendetwas aus dem See zu kommen scheint, ein langer Riss geht durch das Eis. Es ist mir schon einmal gelungen, durch reine Selbstbeherrschung aufzuwachen und jetzt halte ich Rondrasil und Hecker an, dies ebenfalls zu tun. So sehr sich die beiden auch konzentrieren, es will ihnen nicht gelingen.
Der Riss im Eis kommt immer näher. Ich versuche, durch einen Schmerzreiz dafür zu sorgen, dass Hecker aufwacht und kneife ihn kräftig in sein Ohrläppchen. Dies scheint funktioniert zu haben, denn plötzlich ist er weg. Als ich mich Rondrasil zuwende, sagt dieser mir, dass seine Konzentration nicht klappen würde, ich solle schon mal aufwachen, er würde nachkommen, doch das lasse ich nicht gelten. Ich nehme seinen Kopf in meine Hände und lege meine Stirn an seine Stirn. Dabei flüstere ich ihm zu, dass er tief in sich gehen solle, dass er sich konzentrieren solle, darauf, dass er aufwachen müsse und auf einmal ist auch er weg. Jetzt muss nur noch ich aufwachen, bevor das Eis gänzlich gerissen ist, was mir, den Göttern sei Dank, gerade noch rechtzeitig gelingt.
18. Rahja 1018 BF
Als wir in der Früh den anderen von unserem Traum berichten, Hecker schimpft immer noch, dass sein Ohrläppchen noch weh täte, erzählt Kolkja, dass das Herz des Sees gefroren wäre und dass wir es entweder töten müssen oder dem See helfen müssten es aufzutauen, weil er dann uns helfen würde.
Wir packen unsere Sachen zusammen und steigen die Treppe hinab. Als wir unten angekommen sind, ist der Tag schon zu weit fortgeschritten und da wir nicht am See selbst nächtigen wollen, beschließen wir, hier zu rasten und die Zeit zu nutzen, um unsere Nahrungsvorräte aufzustocken, indem wir jagen und sammeln gehen.
Abends bemerken wir, wie Hecker sich betrinkt und als er recht wacklig aufsteht und das Wort ergreift, blicken wir alle ihn an.
Offenbar verspürt er den Drang, mit uns allen abzurechnen. Von Nadira sagt er, dass sie in Ordnung sei, Ifrundoch hält er für sehr überheblich. Rowinja sagt er, dass sie sich um eine vernünftige Anstellung kümmern solle, vielleicht bei Pjerow und Molagh solle etwas gegen sein Hautproblem machen, das sei nämlich laut seiner Aussage eklig.
Von Lysandiel verlangt er, dass er von seinem hohen Ross herunterkommen, normal mit ihm reden solle und nicht dem Einhorn das Popöchen knutschen solle. Rondrasil sagt er, dass er sich sehr bewährt gemacht habe, jedoch auch mal mit dem Bodensatz der Gesellschaft verkehren, einen saufen gehen solle.
Zu Shakra könne er nichts sagen, die gehöre zu Pjerows Bande und auch Goswyn erhalte einen Stammkundenbonus von ihm.
Mir sagt er, dass ich vorlaut und impulsiv sei, dass ich ihn aber auch schon sehr oft zusammengeflickt habe und dass ich mich von Kolkja versauen ließe, dass dieser böse sei.
Zu Pjerow sagt er abschließend, dass er ihn sehr gern habe, bevor er sich dann in sein Zelt begibt und laut schnarchend einschläft.
19. Rahja 1018 BF
Heute haben Rondrasil und ich nicht geträumt. Jedoch werden wir von einem weinenden Kolkja geweckt und als ich vor das Zelt trete, sehe ich, wie er eine Hirschkuh umklammert hält, die sich langsam vorwärts schleppt und mit jedem Atemzug Wasser ausatmet.
Auf meine Frage, wo er diese Hirschkuh gefunden habe, sagt er mir, dass sie am See ertrunken sei, dass er alleine zum See gegangen wäre, weil er hingehen musste und dass ich ihm helfen müsse, das Tier zu heilen, er würde es so lange festhalten.
Es fällt mir schwer, ihn so traurig zu sehen und ich sage ihm daher, dass ich es zwar versuchen könne, aber nicht garantieren könne, dass es klappt. Ich habe zwar von Funkenhuf einen Zauber gelernt, der es mir ermöglicht, Tiere zu heilen, jedoch bin ich noch nicht dazu gekommen, diesen Zauber anzuwenden.
Ich konzentriere mich, erschwerend kommt ja noch hinzu, dass ein Zauber von einem Einhorn definitiv nicht sonderlich gildenmagisch ist und hoffe, dass ich nicht zu dämlich dabei aussehe, und, ich glaube es kaum, mir gelingt es tatsächlich, die Hirschkuh zu heilen. Sie schaut mich aus ihren großen braunen Augen an, bevor Kolkja sie loslässt und sie davon läuft.
Als Pjerow und Ifrundoch sagen, dass diese Hirschkuh uns satt machen hätte können, erwidert Kolkja, dass am See noch mehr Tiere lägen und wir brechen unser Lager ab und gehen hin. Kolkja hat nicht gelogen, um den See herum liegen hunderte Tiere, manche scheinbar schon länger, andere noch nicht lange und Pjerow und Ifrundoch gelingt es, einige Rationen Fleisch zu erhalten von den Tieren, die noch genießbar sind.
Über dem See wabert Nebel, der von Ifrundoch immer wieder misstrauisch beäugt wird und die Oberfläche ist zur Gänze zugefroren. Während Nadira über den See läuft, bringt Kolkja mir einen toten Hasen, den ich heilen soll. Als ich mir den Hasen ansehe, bemerke ich, dass seine Augen leer sind und weise Kolkja darauf hin. Dieser lässt umgehend das Tier los und es fällt leblos zu Boden.
Nach dem, was Kolkja gesagt hat, wirke ich einen Analys auf den See und kann erkennen, dass er definitiv magisch ist, dass es sich um elementare Wassermagie handelt, die jedoch langsam mehr und mehr von dämonischem Eis korrumpiert wird.
Ich teile den anderen meine Erkenntnisse mit und wir überlegen, wie wir vorgehen sollen. Kolkja sagt, dass das Herz im See wäre, wir aber nur nachts ran kämen, weshalb wir warten müssen, mehr Zeit haben, uns einen Plan zurecht zu legen.
Wenn es uns gelingt, das Herz aufzutauen, sollte das reichen, dass das Wasserelementar, welches hier scheinbar lebt, sich selbst regenerieren kann. Dazu beschließen wir, dass wir das Elementar ablenken müssen, damit Lysandiel das Herz bergen kann und es gemeinsam mit Shakra, die sich verstecken soll, mit Feuerpaste einreiben kann, um die Eisschicht zu schmelzen.
Ich ruhe mich aus, sammle meine Kräfte und kurz bevor die Sonne untergeht, verteilen wir uns um den See herum, lassen lediglich die Seite frei, an der Lysandiel mit dem Herz aus dem See kommen soll.
Ich bereite einen Gardianum vor, kann anhand des Traums, den ich hatte, relativ genau abschätzen, wie viel Zeit mir bleibt, bevor das Eis bricht. In der Mitte des Sees steigt eine Gestalt aus den Fluten empor, eine kleine, zierliche Frau mit Flügeln, gänzlich aus Wasser, die uns zuruft, dass wir fliehen sollen, dass sie es nicht aufhalten könne. Ich kann beobachten, wie sie sich mit Eis überzieht, ihre Blicke starr werden.
Mein Gardianum geht los, als ich erkenne, wie die Eisgestalt Hecker bis zur Hüfte in den Boden einsinken lässt und wie Pjerow mit einer Fackel versucht, diesen wieder zu befreien. Wir versuchen die Aufmerksamkeit auf uns zu lenken, was uns auch gelingt, eine Wasserfontäne schießt auf uns zu und wird von meinem Gardianum zu einem Großteil aufgehalten.
Während Nadira sich auf ihren Kampfstab schwingt und nach oben fliegt, hat Ifrundoch die Kreatur mit einer Fackel in Raserei versetzt, so dass diese ihn unter Wasser in den See zieht und die Oberfläche über ihm gefrieren lässt.
Pjerow scheint brennendes Öl auf die Eisfläche gegossen zu haben, hinter mir wird es hell, während ich zu Ifrundoch eile und mich bemühe, das Eis mit meiner Fackel zu schmelzen. Ich sehe, wie der Dämon Nadira gefährlich nahe kommt und versuche ihn mit einem Gedankenbild, das ich sende, abzulenken.
Ich lasse dazu Rik in seiner vollen Größe und Kampfkraft von einer Seite des Sees kommen, an dem gerade niemand von uns steht und es klappt, ein riesiger Wasserstrahl wird von dem Wesen in diese Richtung geschossen, der die nahestehenden Bäume messerscharf abrasiert. Zwischenzeitlich ist es mir auch gelungen, Ifrundoch aus dem Eis zu befreien.
Als ich mich umblicke, höre ich, wie Rondrasil der Kreatur laut „Kämpf mit mir!“ zuruft und ich sehe, wie sich das Wesen ihm zuwendet. Ich nehme meine Beine in die Hand, um zu ihm zu eilen und vor mir erhebt sich eine Wand aus Wasser, die mein Vorankommen hindern soll.
Die Kreatur hat sich sechs Arme wachsen lassen, in jeder ein Schwert und schwebt auf Rondrasil zu, während ich um die Wand herum laufe. Ich versuche erneut ein Gedankenbild zu senden, dieses Mal lasse ich Rik einen riesigen Feuerball von oben auf sie werfen und prompt entsteht über uns allen eine Kuppel aus Eis.
Dies scheint sie weit genug abgelenkt zu haben, dass Rondrasil dem Angriff ausweichen kann, der von sechs Schwertern gleichzeitig gegen ihn ausgeführt worden ist. In der Mitte des Sees kann ich erkennen, wie Lysandiel wieder nach oben getaucht ist und auf dem Wasser zu laufen beginnt. In seinen Händen hält er etwas Leuchtendes, Pulsierendes.
Diesem Befehl, den Rondrasil gegeben hat, kann sich der Dämon nicht entziehen und es gelingt mir gerade so, ihn zu erreichen und einen Gardianum zu wirken, bevor eine weitere Wassersäule auf uns zuschießt und in tausende kleine Eissplitter zerspringt, die von meinem Gardianum abgehalten werden.
Mein Atem geht schwer, der Gardianum ist kraftintensiver als ich gedacht habe, als ich erkenne, wie die Eisschicht um die Gestalt zu schmelzen beginnt. Ungläubig blickt sie an sich herunter und sagt dann zu uns, dass sie frei sei, dass wir sie gerettet hätten und wie sie sich bedanken könne.
Nadira scheint von all dem nichts mitzukriegen, erst als ich ihr winke, kommt sie näher, scheint nichts mehr hören zu können, ich vermute, dass der Dämon ihre Trommelfelle unter Wasser zum Platzen gebracht hat. Auch die anderen sind ordentlich angeschlagen und Noumiza, wie sich der Elementar uns vorgestellt hat, teilt uns mit, dass wir ihr Wasser trinken sollen.
Dies scheint eine heilende Wirkung zu haben, auch Nadira kann wieder hören, nachdem Ifrundoch sie, als sie sich geweigert hat zu trinken, mit dem Kopf unter Wasser gedrückt hat. Ich sage Noumiza, dass mir körperlich nichts fehle, ich nur sehr erschöpft sei und auch mich weist sie an, zu trinken und augenblicklich fühle ich mich erfrischt.
Wir erzählen ihr, weshalb wir hier sind und umgehend bietet sie uns ihre Hilfe an, teilt uns mit, dass wir sie mitnehmen sollen, sie bräuchte dazu lediglich ein größeres Gefäß und sie wolle an der frischen Luft sein.
Das einzige größere Gefäß, welches wir haben, ist der Kochtopf, den wir mit uns führen und als wir sagen, dass wir dann nichts kochen könnten, teilt uns Noumiza mit, dass sie das Wasser nahrhaft machen könne, so dass wir keinen Hunger leiden müssten.
Mit einem Wink ihrer Hand lässt sie den See anschwellen, die Kadaver der toten Tiere mit sich ziehen, bevor sich aus Wasser einige Zelte formieren, mitsamt Bett und allem drum und dran. Auf Pjerows Frage, ob wir dann nicht nass würden, wenn wir darin schliefen, meint sie, dass dem nicht so wäre und selbst wenn, dass das Wasser warm sei. Wir sollen uns ordentlich ausruhen, wenn wir morgen weiterziehen wollen mit ihr, um den Winter aufzuhalten.
Mein Gardianum hat gewirkt, ich konnte Rondrasil vor großem Schaden bewahren, das macht mich stolz, aber ich muss noch mehr üben, besser werden, ich habe ihn zweimal gewirkt und bin völlig erschöpft, das darf nicht passieren. Ich frage mich, ob sich Noumiza auch umsiedeln ließe, ob sie bereit wäre, umzuziehen in den Efferdsee. Ich glaube, einen so mächtigen Verbündeten in der Nähe zu haben, könnte durchaus von Vorteil sein. Einmal ganz davon abgesehen, dass es so einfacher wäre, Jaminka hierher zu bringen, denn laut Noumiza könne sie auch chronische Wunden heilen.
Aber darüber mache ich mir später Gedanken, wenn wir den Winter nicht beenden können, ist Jaminkas Wunde das kleinste Problem, welches wir haben. Wir sollten uns ausruhen, zur Ruhe kommen und auf andere Gedanken kommen.
Ich gehe zu Noumiza und frage sie, ob sie das Zelt von Rondrasil und mir abdunkeln könnte, damit man nicht hineinsehen kann.