Tagebuch von Isidra Kowaljewa
Diarium der adepta minora Isidra Kowaljewa (14. Ingerim 1019 BF)

14. Ingerimm 1019 BF

Ich konnte mich kaum sammeln, wir alle haben kaum einen Fuß nach Moorwacht gesetzt, als Tsadan uns schon zu einer Sitzung gebeten hat.

Während unserer Abwesenheit wurde ihm zugetragen, dass Drego Bjaldorn nicht unterstützen würde, dass er gar ganz im Gegenteil niemandem Unterstützung zusagt, der Bjaldorn helfen wolle. Er will, wenn Uriel seinen Angriff auf Bjaldorn startet, mit seinem Heer zur Burg Grauzahn ziehen, die Orte, die sich auf dem Weg befinden, befestigen und dann Uriels Heimstatt erobern.

Zeitgleich hat sich aber auch die Rondrakirche an ihn gewandt und verlangt seine Unterstützung. Das weiß ich ja bereits von Rondrasil, dass zwei Geweihte kommen werden, die kampffähige Männer und Frauen einziehen werden, um mit ihnen nach Bjaldorn zu ziehen.

Tsadan ist sichtlich ratlos, fragt uns, wofür er sich entscheiden solle, da auch wir unser Leben in die Waagschale werfen, da die Moral ohne uns praktisch nicht existent wäre.

Helfen wir Bjaldorn, verwehrt uns Drego seine Unterstützung. Helfen wir Bjaldorn nicht, wird es fallen und Uriels Armee kann nahezu direkt auf Moorwacht marschieren. Die Rondrakirche handelt auf direkten Hilfegesuch von Ilonen Schwanendottir und, wenn ich mich nicht täusche, sind alle Bronnjaren eigentlich dazu verpflichtet, die Kirche der Rondra zu unterstützen, wenn diese zu einem heiligen Krieg aufruft.

Wie dem auch sei, wenn mein Mann nach Bjaldorn zieht, dann werde auch ich dies tun, denn ganz gleich ob die Vision Algundes ein Trug war oder ob sie der Wahrheit entspricht, ich werde nicht das Leben Rondrasils aufs Spiel setzen um dies herauszufinden.

Tsadan erzählt weiter, dass er mit den Tränken, die er von mir bekommen hat, an die 150 Söldner anwerben konnte, was mir ein kleines Schmunzeln entlockt, konnte ich mich so doch immerhin auch an den Kriegsvorbereitungen beteiligen ohne gegen geltendes Gildenrecht zu verstoßen.

Auch Pjerow erzählt, dass er Söldner angeheuert habe und spricht sich dafür aus, dass wir unseren Verbündeten, also Bjaldorn, helfen sollten, dass wir einfach nicht verlieren dürfen, um nicht der Hilfe Dregos zu bedürfen.

Während Danjuk eher zurückhaltend zuhört, äußert auch Ifrundoch sich dafür, dass er Bjaldorn unterstützen wolle und Cidris sagt, dass er seinem Auftraggeber Pjerow folgen werde. Weiter schlägt er vor, dass man vielleicht gezielt mit Gift arbeiten könnte, gezielte Anschläge auf die Anführer ausüben könnte.

Gift vorzuschlagen, während Geweihte anwesend sind, der Mann hat entweder ein sehr großes Selbstvertrauen oder nicht richtig nachgedacht. Ich befürchte beinahe letzteres, denn jetzt schlägt er doch tatsächlich vor, dass man Kolkja und Rik als Waffen einsetzen könnte, sich ihrer Fähigkeiten bedienen könnte.

Selbst Danjuk mischt sich auf einmal ein, stimmt ihm zu, schlägt sogar vor, dass wir die Kinder von Moorwacht mit in den Krieg schicken sollten. Und er schlägt weiter vor, dass man doch Finger nach Grauzahn schicken könnte, um die Verträge zu finden, die Isidor zerstört wissen will.

Noch bevor ich aufbrausen kann, fällt mir Rondrasil ins Wort, erklärt, dass die Kirche der Rondra Kolkjas Fähigkeiten niemals dulden würden, auch Rik wäre eher in Gefahr, da sich die Rondrakirche niemals von Magie helfen ließe, wenngleich sie mittlerweile immerhin die Hilfe von Heilmagiern akzeptiert.

Trotzdem weist mich Tsadan an, dass ich evaluieren soll, inwieweit Rik uns behilflich sein könnte und ich sage ihm zu, dass ich mein Bestes geben werde, um in Erfahrung zu bringen, ob er die Tragweite dieser Entscheidung überhaupt begreifen kann, sofern er sich denn für eine Hilfe entschließen würde.

Nachdem dies halbwegs geklärt ist, kommt Tsadan zu seinem nächsten Anliegen. Auch wenn man in Schichten schläft und die Burg bis in den letzten Winkel auslastet, bietet sie dennoch maximal für etwa die Hälfte aller in Moorwacht lebenden Menschen Platz. Tsadan hat bereits damit begonnen, ausreichend Vorräte zu lagern, jedoch sorgt er sich darum, dass nicht alle von den Burgmauern geschützt werden können.

Dafür fällt uns jedoch keine adäquate Lösung ein, außer vielleicht der Tatsache, dass ein Ausweichen ins Gebirge nicht sinnvoll wäre, dass man daher höchstens noch die Garnison außerhalb Moorwachts bemannen kann und die Palisaden verstärken sollte.

Ich sollte nach der Sitzung unbedingt Funkenhuf warnen, ihm Bescheid geben, was auf ihn zukommt, damit er auf der Hut ist.

Cidris schlägt vor, dass man Moorwacht zur Gänze evakuieren könnte, jedoch gibt Tsadan zu bedenken, dass Moorwacht noch mit am besten ausgebaut wäre, dass die Ausweichorte entweder von Uriel bereits korrumpiert sind oder eben schwächer befestigt, weshalb wir uns darauf einigen, Moorwacht so gut wie nur irgend möglich zu sichern.

Als nächstes legt Tsadan eine Liste mit Namen auf den Tisch, auch mein Vater steht drauf und als er erklärt, dass es sich hierbei um die Liste der Freiwilligen handelt, die mit in die Schlacht ziehen wollen, stockt mir kurzzeitig der Atem. Neben meinem Vater stehen auch Laske, Gari, Thindal und Tanile, Woltan und einige mehr darauf.

Tsadan bittet Rondrasil, sich die Personen, die auf der Liste stehen, genauer anzusehen, sie nach ihrer Kampfkraft zu beurteilen und zu entscheiden, ob sie mitkommen sollten oder nicht. Gerade bei Finger und Shakra sei er unsicher, jedoch lehnt Rondrasil dies ab, da er niemanden abweisen könne, der mutig genug sei, für die Schwachen zu kämpfen, weshalb sich Cidris dieser Aufgabe annehmen will.

Abschließend einigen wir uns noch darauf, dass die Moorwächter in Moorwacht bleiben werden, dieses verteidigen sollen und wir mit den Söldnern von Tsadan und Pjerow sowie zwei Drittel der Norbarden, die sich freiwillig gemeldet haben und den Moorwachtern, die von der Rondrakirche ausgewählt werden, nebst den Freiwilligen, nach Bjaldorn ziehen werden.

Mittlerweile ist es spät geworden, aber gleich morgen werde ich mit Gari, Laske und meinem Vater reden.

15. Ingerimm 1019 BF

Mir ist in der Nacht noch eingefallen, dass Nadira Noumiza fragen könnte, ob sie uns helfen würde, vorausgesetzt, Rik kommt mit nach Bjaldorn, damit die beiden Elementare sich nicht gegenseitig bekämpfen, weshalb ich sie direkt nach dem Frühstück aufsuche und darum bitte. Nadira verspricht mir, umgehend zu ihr zu fliegen und sie zu fragen.

Im Anschluss habe ich Gari, Laske und Papa zu mir gebeten und alle drei teilen mir mit, dass sie Moorwacht beschützen wollen, indem sie Bjaldorn beistehen. Papa will Mama beschützen, Gari „ihre“ Kinder und Laske sagt, dass er sich hier so wohl fühlt, dass er etwas zurückgeben wolle, hat dabei jedoch nur Augen für Gari, die davon, wie so oft, keinerlei Notiz nimmt. Mit einem Seufzen erklärt er, dass Cidris ihn sowieso ausgemustert habe, wenngleich ich glaube, dass er sich darüber sogar hinwegsetzen würde, wenn es ihm Garis Aufmerksamkeit einbrächte.

Es gelingt mir nur schwer, die drei davon zu überzeugen, dass sie hier besser helfen können, denn hier kennen sie sich aus, können besser improvisieren, wenn es notwendig ist. Ich befürchte nämlich sehr, dass, auch wenn wir in Bjaldorn siegen sollten, einige Notmärker hierher kommen werden und sei es nur, weil Mengbillar mich hier vermutet.

Das Argument, dass sie hier einen Heimvorteil hätten, scheint allen am einleuchtendsten zu sein und ich atme innerlich etwas auf.

Nachdem die drei wieder gegangen sind, setze ich mich zu Rik ans Feuer und versuche behutsam mit ihm zu reden, herauszufinden, ob er uns helfen würde, ob er es denn wollen würde. Kolkja, den ich wieder einmal nicht habe kommen hören, sagt plötzlich hinter mir, dass Rik mir etwas verbrennen könne, wenn ich das wollte, fährt aber sogleich fort, dass ich ihn nicht einsperren dürfe, dass er sehen müsse, ob sie die Wahrheit sagen würden, dass er sammeln müsse, weil darin der Schlüssel läge.

Das mit dem einsperren kam gestern in der Sitzung auch zur Sprache, gerade weil es gefährlich wäre, Kolkja, der die Seelen der Verstorbenen sammelt, in der Nähe einer Schlacht zu haben, jedoch habe ich mich dagegen ausgesprochen. Erst im Nachhinein habe ich Krox gesehen, daher wundert es mich auch nicht, dass Kolkja davon weiß.

Auf meine Frage, wen er mit „sie“ meint, antwortet er, dass er die Seelen meine, dass er eine Aufgabe habe, aber noch nicht wisse, welche das sei. Im gleichen Atemzug redet er, wie so oft in letzter Zeit, wieder von Ilonen. Davon, dass er sie haben will, dass sie so schön ist, dass er sie unbedingt haben will. (Ein weiterer Grund, weshalb es wichtig ist, dass Kolkja in Moorwacht bleibt.)

Da ich mittlerweile immer ratloser bin, wie ich mit Kolkja und Rik verfahren soll, hole ich mir Rondrasil und Golgarah zu Hilfe. Rondrasil ist dafür, dass beide hier in Moorwacht bleiben sollten, Golgarah gibt jedoch zu verstehen, dass, sollte Kolkja hier bleiben, mit Sicherheit eine militärische Streitmacht herkommen wird.

Das hilft mir nicht weiter. Ich sollte ein wenig über diese Entscheidung nachdenken, nochmal ein, zwei Nächte darüber schlafen, vielleicht sehe ich ja dann etwas klarer.

17. Ingerimm 1019 BF

Auch das Gespräch mit Bruder Aahren und Tsacharan hilft mir nicht weiter. Sie wissen zwar noch nicht, wer von ihnen mit nach Bjaldorn kommen wird, beide haben sie sich freiwillig gemeldet, aber ebenso wie Tanile und Thindal wird nur einer von beiden mitkommen. Aber beide sind nicht sehr erfreut über die Aussicht, dass ich Rik und Kolkja mitnehmen möchte.

Ich komme jedoch immer mehr zu dem Schluss, dass es für Moorwacht sicherer wäre, wenn ich Kolkja mitnehme. Und wenn ich Kolkja mitnehme, kann ich auch Rik mitnehmen, denn dann dürfte es relativ einfach sein, mit Rik zu kommunizieren, Kolkja versteht ihn ja ziemlich gut.

Als ich diesen Entschluss den vier Geweihten mitteile, merke ich, dass sie protestieren wollen, es dann jedoch unterlassen. Sollte ich sie vielleicht dann doch lieber hier lassen?

18. Ingerimm 1019 BF

Als ich heute Morgen aufgewacht bin, dachte ich anfangs, dass ich träumen müsse. Rondrasils Seite in unserem Bett war leer, alles war so still, es war eine surreale Stimmung. Auch Kolkjas Zimmer war leer.

Erst unten in der Stube löste sich dieses unbestimmte Gefühl in mir auf, denn Rik saß wie immer am Kamin und auf dem Tisch stand eine riesige Tsatagstorte von Mama für mich. Meine Eltern, Laske, Gari, Golgarah und Rondrasil standen daneben mit Geschenken in den Händen. Diese Überraschung ist ihnen definitiv gelungen.

Von Mama und Papa habe ich neue pelzgefütterte Stiefel bekommen. Die sind wirklich wunderbar warm und werden mir im nächsten Winter sicherlich gute Dienste leisten. Gari hat mir eine blütenweiße Robe gewebt und mit einem silbernen Faden arkane Symbole drauf gestickt, die ihr Golgarah vorgezeichnet hat. Den Faden hat Laske dafür besorgt.

Wenn mich nicht alles täuscht, dann dürften die Symbole dafür sorgen, dass mein Geist ein wenig Schutz vor Zaubern erhält, ich weniger leicht zu beeinflussen bin.

Golgarah hat mir ein kleines Gestellt geschenkt, welches sich ausklappen lässt. In Zukunft werde ich nicht mehr auf dem kalten Boden schlafen müssen, kann einige Finger über der Erde nächtigen.

Das größte Geschenk jedoch hat mir Rondrasil gemacht. Wieder einmal. Es handelt sich um einen Gürtel für meine neue Robe, die mit einer silbernen Gürtelschnalle in Form einer Schneeflocke zusammengehalten wird. Die Schnalle ist aus Mondsilber und auf ihrer Rückseite ist das Symbol der Halle des Lebens zu Norburg eingearbeitet. Er erklärt mir, dass in diese Schnalle ein Zauber eingebracht worden sei, ein Psychostabilis, wie ich seiner Beschreibung entnehme und dass dieser automatisch wirke, wenn man Herrschafts- oder Einflusszauber auf mich wirken würde.

Nach dreimaligem Auslösen würde die Schnalle dann selbständig zerspringen.

Ich überschlage grob im Kopf, dass ein solches Artefakt mehrere zehntausend Batzen wert sein dürfte und frage Rondrasil in einer ruhigen Minute, wie er sich das leisten kann, dass er mir nicht so ein wertvolles Geschenk machen soll, er ist Geschenk genug für mich. Er antwortet mir, dass er, während wir in Norburg waren, während meines Stubenarrests, mit der Akademie gesprochen habe, dass er sie unter den Schutz der Rondrakirche gestellt hat. Er erklärt mir, dass er als ranghöchster Rondrageweihter in Norburg dies ohne Probleme bewilligen könne und dass somit im Falle eines Krieges sämtliche Rondrageweihten die Akademie und ihre Bewohner beschützen müssen.

Ich habe einen ausnehmend edelmütigen Ehemann.

Abenteuer: Moorwacht
Dieser Eintrag wurde am 13.11.2017 (16:38) verfasst und 654 mal aufgerufen.
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