Tagebuch von Isidra Kowaljewa
Diarium der adepta minora Isidra Kowaljewa (26. Boron 1020 BF)

26. Boron 1020 BF

Nachdem ich mir die Tränen aus dem Gesicht gewischt habe, kann ich erkennen, dass das einst so klare Wasser, welches allgegenwärtig war im Efferdtempel, nach und nach mit brackigem Wasser durchsetzt wird. Auch die Gwen-Petryl-Steine, welche den Tempel erhellt haben, verlieren mehr und mehr ihre Leuchtkraft.

Wir sollten alle aufbrechen. Vor dem Tempel erkenne ich, dass sich vom Niederwals aus bereits Boote unserem Ufer nähern, dass die Evakuierung der verbliebenen Bürger Neersands beginnt. Auch wir wollen uns dem Strom der Flüchtenden anschließen, als wir hören, wie unsere Namen ausgerufen werden.

Als wir bei dem Boot ankommen, von welchem aus wir gerufen worden sind, teilt man uns mit, dass Thanos uns alle umgehend sprechen wolle, dass er in der Burg des Widderordens auf uns warte und wir setzen über.

Bei Thanos angekommen teilt dieser zuerst Pjerow mit, dass er Finger dabei ertappt habe, wie er versucht hat, ihn zu bestehlen und dass er ihn zu seiner eigenen Sicherheit in Verwahrung genommen habe. Direkt danach erzählt er weiter, dass Tjelka mit ihrer Armee in exakt zwei Tagen aufbrechen wird, dass sie sich mit unserer Armee, die wir bereits ausgehoben haben, treffen wird, dass wir unsere Kräfte vereinen werden.

Noch immer das Bild des zerstörten Neersands vor Augen bitte ich darum, so viele Zivilisten wie möglich in der Burg unterzubringen und Thanos sagt, dass sich darum bereits gekümmert würde. Ist er vielleicht doch gar kein so übler Mensch, wie es anfangs schien?

27. Boron 1020 BF

Meine Nacht war unruhig, ich habe schlecht geträumt. Fetzen des zerstörten Neersands haben sich mit Bildern von Bjaldorn vermischt, ich habe von Rondrasil geträumt, von Dämonen, von Toten.

Unten beim Frühstück, Thanos hat die Tafel reichlich decken lassen, setzt sich Danjuk zu mir und fragt, ob ich noch Heiltränke für ihn habe. Eigentlich fragt er vielmehr, ob ich noch zwei Flaschen mit dem Wasser habe, dass ihm so gut tut, aber ich weiß, dass er meine Heiltränke meinen muss. Das erinnert mich daran, dass ich unbedingt, wenn der Krieg vorbei ist und vor allem, wenn Moorwacht dann noch steht, wenn es Peraines Heimstatt noch gibt, ein neues Labor besorgen muss.

Ifrundoch bricht mit den Worten, dass er noch einmal nach Jucho und Jaminka sehen wolle, auf und schließt sich einem der unzähligen Bergungstrupps an, die im Moment als Einzige den Neer überqueren dürfen, in den zerstörten Teil der Stadt dürfen.

Auch Cidris und Pjerow erheben sich, sagen, dass sie die Moral der Überlebenden ein wenig heben wollen. Wenn ich zur Eingangshalle blicke, kann ich sehen, wie sie alle in einer langen Schlange anstehen an einem Kesseln, an dem ihnen etwas Warmes zu Essen ausgegeben wird. Zuvor müssen sie jedoch alle ihren Namen und Wohnort nennen und bekommen dann ein kleines Holztäfelchen. Ob das ein ähnliches System ist wie jenes, welches Tsadan vor geraumer Zeit in Moorwacht eingeführt hat?

Ich sollte nach Alderich sehen, überprüfen, ob es eine Möglichkeit für mich gibt, ihn zu heilen, ob ich nicht nur leere Aussagen geäußert habe, sondern mein Wort halten kann, auch wenn ich ihm niemals direkt versprochen habe, dass ich zu solch einer Tat wirklich fähig bin. Während ich Danjuk am Tisch sitzen lasse, kommt mir Dobrischnaja entgegen, die sich dann zu ihm sitzt, ihm etwas Gesellschaft zu leisten scheint.

Nachdem ich Alderich für mindestens zwei Stunden nochmal gründlichst untersucht habe und mich auch allgemein ausgeruht genug fühle, beschließen wir beide, dass wir einen Versuch wagen sollten, so lange die Praiosscheibe noch ausreichend Licht spendet und ich wirke einen Ruhe Körper auf ihn.

Ich musste äußerst präzise arbeiten, damit ich keine weiteren Schäden verursache und wieder einmal sind mir die stundenlangen Studien an der Holzpuppe in unserer Akademie zugutegekommen, die ich in meiner Freizeit durchgeführt habe. Es hat gefühlt eine halbe Ewigkeit gedauert und war mehr als kräftezehrend, aber nachdem Alderich wieder erwacht ist, hat er mir gleich mitgeteilt, dass er die Berührungen meiner Hand an seinem Fuß spüren kann.

Weitere Analysen ergeben, dass das Gefühl vollständig in seinen Körper zurück gekehrt ist und nachdem er sich ein wenig gefangen hat, diese überwältigenden Gefühle ein wenig in den Griff bekommen hat, gelingt es Alderich mit meiner Hilfe tatsächlich zum ersten Mal seit vielen Götterläufen wieder, auf eigenen Beinen zu stehen, mit eigener Kraft aufzustehen.

Mit Freudentränen in den Augen geht er umgehend zu seinem Sekretär und holt einen Wechsel über Zehntausend Batzen heraus, welchen er mir in die Hand drückt. Dazu sagt er, dass er im Moment nicht mehr Mittel liquide habe, dass er mir aber noch weitaus mehr schuldig wäre und mir nie vergessen würde, was ich für ihn getan habe.

Diese hohe Summe macht mich regelrecht sprachlos, deswegen schlage ich vor, dass wir umgehend zu seiner Schwester gehen sollten, damit sie mit eigenen Augen ansehen kann, dass er wieder genesen ist.

Bei Tjelka angekommen kann ich sehen, wie erstaunt, überrascht aber auch erfreut sie darüber ist, dass es mir tatsächlich gelungen ist, Alderich zu heilen und sie teilt mir mit, dass ich mir alles, was ich wollte, von ihr wünschen könnte, dass ich einen Wunsch, ganz gleich welcher Art, bei ihr frei hätte und ich erbitte mir etwas Bedenkzeit, da mir so spontan kein rechter Wunsch in den Sinn kommen mag. Oder vielleicht sind es auch zu viele Wünsche, die ich habe, ich weiß es nicht.

Auf dem Rückweg aus Tjelkas Zimmer laufen wir Pjerow und Cidris über den Weg, die beide irritiert, aber auch ein wenig anerkennend gucken, nachdem sie sehen, dass Alderich, auf mich gestützt zwar, aber selbständig geht.

Während Alderich alleine weiter in seine Gemächer geht, bleibe ich bei den beiden und Pjerow teilt mir mit, dass sie mit einer Flasche Branntwein draußen bei ein paar Händlern gewesen sind. Dass sie die Moral etwas heben wollten und dass einer der Männer vermutet, dass Tjelka etwas vorhabe, dass die Evakuierung, die Rettungsmaßnahmen viel zu schnell viel zu koordiniert begonnen hätten. Unter Sumowicz soll das mehrere Tage gedauert haben, bis erste Hilfe geleistet worden ist.

Auch erzählt Pjerow, dass laut dem Händler ein ganzes Schiff voller Rondrageweihten eine Dämonenarche versenkt haben soll, kurz bevor sie selbst mit ihrem Schiff untergegangen sein sollen. Als er das erzählt, muss ich umgehend an Rondrasil denken, jedoch war die Behandlung Alderichs so kraftintensiv, dass ich mir sicher bin, dass meine Kräfte die nächsten Tage nicht für einen Blick in Madas Spiegel reichen werden.

Mir wird wieder einmal schmerzlich bewusst, wie sehr ich meinen Mann vermisse. Welch große Sorgen ich mir um ihn mache und dass ich jetzt am Liebsten an seiner Seite wäre. Ich hoffe sehr, dass es ihm gut geht, dass er wohlauf ist, dass er das Schwert der Schwerter erreicht hat, seine Botschaft überbringen konnte und dass er vor allem wohlbehalten bald wieder an meiner Seite stehen wird, ich ihn bald wieder in die Arme schließen kann. (Er vielmehr mich in seine starken Arme nimmt und mich nie wieder loslässt.) Ob er wohl stolz auf mich ist, wenn er von meiner Leistung heute erfährt?

28. Boron 1020 BF

Meine Nacht war kurz, ich habe lange wach gelegen und an Rondrasil gedacht. Daran, dass ich mit meinen Kräften haushalten sollte aber auch daran, dass die Heilung Alderichs vermutlich in diesem Moment einfach vorrangig sein musste, wenn wir doch so weitere Unterstützung in dem Krieg gegen Uriel bekommen können.

Nach einem viel zu kurzen Schlaf werde ich von lautem Geschrei vor den Burgmauern geweckt und als ich ans Fenster trete, erkenne ich, dass Tjelka offenbar damit angefangen hat, die Bürger Neersands zu rekrutieren. Den Protesten nach zu urteilen scheint es sich um eine nicht ganz freiwillige Rekrutierung zu handeln, aber ich kann die Reaktion verstehen. Wer zieht schon gerne freiwillig in den Krieg?

Nachdem ich mich etwas frisch gemacht habe, suche ich Alderich in seinen Gemächern auf. Er steht am Fenster und sieht der Rekrutierung mit Abscheu und Entsetzen zu. Er erzählt mir, dass seine Schwester jeden, der gestern etwas zu Essen von ihr bekommen hat und damit ein Holztäfelchen erhalten hat, rekrutieren würde. Weiter erzählt er, dass jeder, der sich weigern würde, als Deserteur hingerichtet wird.

Er wird öffentlich, vor den Augen aller anderen, auf ein Rad geflochten, ihm werden sämtliche Gliedmaßen gebrochen, bevor er qualvoll stirbt. Nach dem dritten Kriegsdienstverweigerer wird das Geschrei ruhiger und niemand weigert sich mehr. In Anbetracht der Konsequenzen eine nur allzu verständliche Reaktion.

Ich muss mich von den Geschehnissen draußen ablenken und auch Alderich scheint mir dankbar zu sein, dass ich damit beginne, ihm Übungen zu zeigen, die er ausführen soll, um seine Muskulatur zu kräftigen. Schließlich musste er seine Beine jahrelang nicht mehr benutzen, ein wenig Training wird ihm gut tun.

29. Boron 1020 BF

Heute brechen wir auf. Wir, das sind eigentlich nahezu alle Neersander, auch die Magier der Akademie wurden zwangsrekrutiert. Sumowicz begleitet den Zug in Ketten gelegt und wir sind ungefähr zweitausend Menschen, als wir uns auf den Weg machen.

Neersand gleicht bei unserem Verlassen einer Geisterstadt. Zwar ist das brackige Wasser in den letzten zwei Tagen nahezu vollständig abgeflossen, aber überall in den ehemaligen Straßen dominieren Schlamm und Matsch, die meisten Häuser sind bis auf ihre Grundmauern zerstört worden und dennoch höre ich die Menschen raunen, dass sie nach dem Krieg alles wieder aufbauen wollen.

Gegen Abend erreichen wir einen kleinen Ort namens Pusperaiken und auch hier rekrutiert Tjelka sämtliche Einwohner. Auch hier wird jeder, der sich weigert, sich uns anzuschließen, getötet, anschließend zerhackt und verbrannt. In Anbetracht der Tatsache, wozu Uriel mit Leichen imstande ist, mag dies zwar durchaus eine vernünftige Lösung sein, aber es kann doch nicht die einzige Option sein, oder?

30. Boron 1020 BF

Wir ziehen weiter und verlassen Pusperaiken, besser gesagt das, was noch davon übrig ist. Tjelka hat einige Späher vorgeschickt, die die auf dem Weg liegenden Dörfer darüber in Kenntnis setzen sollen, dass wir kommen und dass sie sich der Rekrutierung freiwillig beugen sollen in Anbetracht des Schicksals, welches ihnen sonst droht.

Ich gehe den ganzen Tag über schweigend mit den anderen mit.

Abends erreichen wir Hinterbruch und auch hier beginnt Tjelka umgehend mit ihren Rekrutierungsbemühungen. Auch hier wird jeder, der sich weigert, getötet und ich ziehe mich von der Szenerie zurück, nutze die Gelegenheit, um an einem etwas ruhigeren Ort einen Blick durch Madas Spiegel auf meinen Geliebten zu werfen.

Ich erkenne sein Gesicht, sehe, dass er angestrengt in die Ferne blickt und sehe hinter ihm ein Segel. Offenbar befindet er sich auf einem Schiff. Mich überkommt eine mich schier zerreißende Sehnsucht nach ihm, aber ich spüre auch, dass mein Rondrasil sich nach mir sehnt. Auch fühle ich ein hohes Pflichtbewusstsein und spüre, wieder einmal, die starken Schmerzen in der linken Schulter. Ich hoffe nur, dass er noch ausreichend Heiltränke hat und dass er sie vor allem auch einsetzt, wenn es nötig ist. Ich will, dass er zu mir zurückkommt. In einem Stück!

Als ich zu den anderen zurückkehre, sehe ich Thanos, der gerade eine junge Leibeigene, die in etwa in Tjelkas Alter ist, zu sich beordert hat. Er begutachtet intensiv ihre Hände und teilt ihr dann mit, dass er sie als Leibdienerin für Tjelka haben wolle, dass ihre Aufgabe unter anderem darin bestünde, dass sie die Speisen der Adelsmarschallin vorkosten werde.

Ich ahne, wofür Thanos die junge Frau wirklich braucht und als ich ihn unter vier Augen darauf anspreche, antwortet er mir frei heraus, dass er sie vergiften werde. Auf meine Frage, warum er mir das erzählt, warum er glaubt, dass ich nichts sagen würde, entgegnet er, dass er sie schmerzlos töten werde, wenn ich nichts sage. Sollte ich jedoch versuchen sie zu warnen, dann würde ihr Tod schmerzhaft und qualvoll sein.

Seine Grausamkeit und die mir gegenüber zur Schau gestellte Hochnäsigkeit machen mich wütend und ich lasse mich auf eine Diskussion mit ihm ein. In dieser erteilt er mir den Ratschlag, dass ich es unterlassen sollte, Tjelka mit meinen Methoden zu heilen, da mich dies nur unnötig viel Kraft kosten würde. Dies sollte ich ja bei Alderich bemerkt haben, wirft er mir entgegen und bringt als Argument, dass er nur Gutes für Tjelka wolle und dass der Zweck die Mittel heiligen würde.

Als ich vorschlage, dass ich die junge Frau fragen könnte, ob sie ihre linke Hand freiwillig hergeben würde, wenn dies ihr Leben verschonen würde, lacht er nur verächtlich und meint, dass ich das in zwei, drei Tagen, wenn er wieder zu Kräften gekommen ist, gerne versuchen könne. Er warnt mich jedoch davor, dass ich daran schuld sein werde, wenn sie ablehnt und er sie daher qualvoll umbringen müsse.

Noch bevor ich etwas darauf antworten kann, fährt er fort, dass Tjelka mit uns noch etwas vorhaben würde, dass er vermutet, dass sie uns nach Festum entsenden wolle und lässt mich dann stehen.

Erst als er weg ist, merke ich, dass ich meine Hände vor lauter Wut zu Fäusten geballt habe, dass meine Fingerknöchel schon weiß hervortreten und meine Muskeln vor lauter Anspannung bereits angefangen haben zu zittern. Was soll ich nur tun?

Soll ich das Mädchen warnen, ihr zur Flucht verhelfen? Ich glaube nicht, dass sie sich vor Thanos verstecken könnte, schon gar nicht in Anbetracht der Tatsache, dass er als Brabaker Zugang zu Dämonen hat.

Soll ich besser nichts sagen? In Kauf nehmen, dass sie zwar schmerzlos und schnell stirbt, aber eben ihr Leben lassen muss? Für einen Arm?

Ich muss das Risiko einfach eingehen und hoffen, dass es mir gelingt, sie davon zu überzeugen, dass sie auch mit nur einem Arm noch ein gutes Leben haben kann. Wenn es sein muss, werde ich ihr eine Anstellung in Peraines Heimstatt geben, dann hat sie ausgesorgt.

01. Hesinde 1020 BF

Ich habe wenig bis gar nicht geschlafen, mich nur unruhig hin und her gewälzt und nachgegrübelt, wie ich das Schicksal der jungen Frau positiv beeinflussen könnte. Aber mir bleibt eigentlich nur der Weg der Wahrheit übrig. Ich muss ihr erzählen, dass ihr Leben in Gefahr ist und dass ich es retten kann, wenn ich ihr ihren linken Arm abnehmen darf. Mögen die Götter mir beistehen, wenn es so weit ist.

Abends erreichen wir Sonngrunden und auch hier wird jeder, der auch nur ansatzweise eine Waffe halten kann, unserem Tross einverleibt.

Mir fällt auf, dass die Späher heute nicht, wie sonst üblich, spätabends zum Lager zurückgekommen sind, ich vermute, dass der Weg zum nächsten Dorf morgen weiter sein wird.

02. Hesinde 1020 BF

Bereits gegen Mittag erreichen wir Ruckert und werden von dem Dorf mit einem Pfeilhagel empfangen. Das erklärt, warum die Späher nicht erschienen sind gestern.

Tjelka erteilt den Befehl, dass wir angreifen sollen, dass sämtliche Überlebenden als Warnung gepfählt werden sollen und auch wenn ich auf das Heftigste protestiere, so gibt sie das Signal zum Angriff.

Während mir auffällt, dass Cidris, Danjuk und Ifrundoch beinahe verbissen versuchen, so viele Menschen wie möglich zu töten, offenbar wollen sie so verhindern, dass viele lebendig gepfählt werden, zumindest hoffe ich das, bemerke ich auch, dass manche Menschen, vorrangig Neersander scheinbar regelrecht darauf erpicht zu sein scheinen, die Ruckerter nur kampfunfähig zu machen, sie zu überwältigen.

Allgemein ist mir bereits die letzten Tage aufgefallen, dass diejenigen, die sich in Neersand noch so lautstark und vehement gewehrt haben gegen die Zwangsrekrutierung, jetzt am erbittertsten darauf bedacht sind, andere zu zwangsrekrutieren. Mir kommt das Bild von einem Hund in den Sinn, der scharf gemacht wird.

Versucht Tjelka die Menschen skrupellos und mordlüstern zu machen? Macht sie dies bewusst oder ist dies eine Folge von ihrer Ehe mit Mengbillar? Oder ist das gar, ihr Götter bewahret, eine gängige Kriegstaktik?

03. Hesinde 1020 BF

Kurz nach unserem Aufbruch erkenne ich, dass Tjelka Ruckert niederbrennen hat lassen, die Flammen schlagen meterhoch in den Himmel, während wir uns immer weiter davon entfernen.

Abends erreichen wir Garbeldüne und dort erwarten uns nicht nur die Garbeldüner, auch die Bewohner aus dem benachbarten Garbeln haben sich bereits eingefunden und warten darauf, sich uns anzuschließen.

Der Ruf Tjelkas erzielt offenbar langsam aber sicher die von ihr erwünschte Wirkung.

Mit den Worten „Versucht euer Glück!“ tritt Thanos an mich heran und ich weiß, dass ich jetzt nicht scheitern darf. Ich habe mir die letzten Tage wieder und wieder die in meinen Augen passendsten Worte zurecht gelegt doch als ich jetzt vor der jungen Frau stehe, ist mein Kopf leer.

Ich erzähle ihr, dass ihr Leben in Gefahr ist und sie fragt umgehend, ob das Essen vergiftet sei. Als ich antworte, dass es zu kompliziert wäre, jetzt sämtliche Gründe darzulegen, dass ich aber ihr Leben retten könnte, wenn sie bereit ist, sich von ihrem linken Arm zu trennen, merke ich noch während ich die Worte ausspreche, wie unglaubwürdig und falsch sich das alles gerade anhören muss.

Aus dem Zelt neben uns höre ich Thanos nach mir rufen, mich fragen, ob ich so weit wäre und ich starte erneut einen Versuch, die junge Frau, deren Namen ich noch nicht einmal weiß, dazu zu bringen, sich von ihrem Arm zu trennen, doch wieder scheitere ich, sie wird nur noch misstrauischer und noch während ich fieberhaft überlege, welche Worte ich sagen könnte, um das Blatt doch noch zu wenden, tritt sie lautlos einen Schritt von mir zurück.

Mit Schrecken erkenne ich, dass sich hinter ihr ein katzengleiches Wesen auf zwei Beinen, ein Zant, manifestiert und muss entsetzt mitansehen, wie dieser sie qualvoll und langsam tötet, dabei aber penibel darauf achtet, ihren linken Arm nicht zu beschädigen.

Ich will schreien, weglaufen, doch ich kann nur stocksteif da stehen, die Szenerie beobachten, während mir die Tränen über die Wangen laufen.

Kurz darauf kommt Thanos aus dem Zelt und sagt mir, dass er sie auch schmerzlos hätte töten können, dass er mir aber eine Lehre erteilen wollte.

Ich fühle mich wie betäubt und merke kaum, dass er mich in das Zelt geleitet, in dem Tjelka schläft. Thanos doziert beinahe schon, dass er ihr ein Schlafgift gegeben habe, dass sie sich morgen nur ziemlich unausgeruht fühlen würde und beginnt dann eine Variante des Balsams zu wirken, die mir gänzlich unbekannt ist.

Während ich ihm zusehe, erkenne ich, dass er ein immenses anatomisches Wissen zu haben scheint. Er präpariert die Sehnen und Muskeln beider Arme präzise frei und hat währenddessen unablässig mit mir geredet. Er hat erzählt, dass er zu Beginn auch um Erlaubnis gefragt habe, dass dies aber zu keinem Ergebnis geführt habe. Weiter erzählt er, dass dieser Balsam societas, wie er ihn nennt, sogar dazu in der Lage wäre, dämonische Wunden zu heilen und mir schießt sofort das Bild Rondrasils in den Kopf.

Aber nein, ich kann niemand Unschuldigem seinen linken Arm abnehmen und ihn meinem Geliebten anheilen. Wenn dieser Krieg vorbei ist, werde ich mit Rondrasil zu Noumiza gehen und sie um Hilfe bitten. Wenn sie Jaminkas Wunde heilen konnte, dann ist sie bestimmt auch dazu in der Lage, Rondrasils Schulter wieder vollständig herzustellen und ich werde alles tun, was sie von mir verlangt.

Ich muss ein wenig meinen Gedanken nachgehangen haben, denn mir fällt auf, dass Thanos mittlerweile seine Operation beendet hat und mich auffordernd ansieht. Auch höre ich ihn von sich behaupten, dass er unsterblich sei, dass er sein Phylakterium in Raum und Zeit gelassen habe.

Ich kann dieser Person nicht länger in die Augen sehen, ich muss hier raus. Als ich das Zelt verlasse, fällt mir wieder auf, dass die Menschen hier regelrecht auf böse gedrillt werden. Ich muss unbedingt nachsehen, wie es meinem Mann geht, ich muss sein Gesicht sehen, muss mich vergewissern, dass es ihm gut geht.

Als ich mittels Madas Spiegel erneut für einige Sekunden das Gesicht meines Geliebten sehe, merke ich, dass sich mein Atem langsam etwas beruhigt. Offenbar ist Rondrasil gerade auf keinem Schiff mehr, vielmehr scheint er auf Landgang zu sein. Eventuell in Perricum, ich bin mir gerade nicht ganz sicher.

Ich reibe mir meine verspannten Muskeln, als ich plötzlich Ifrundoch zusammen mit Jaminka das Lager betreten sehe. Jaminka? Sie schmiegt sich eng an Ifrundoch und erzählt uns dann, dass sie Jucho zu den Persanzigs gebracht habe. Dieser sei ihr zwar ein wenig böse, weil sie ihn dafür in einen Frosch verwandeln musste, aber dennoch, Jucho ist am Leben und er ist in Sicherheit.

Jaminka erzählt weiter, dass sie als offizielle Botschafterin entsandt worden sei und dass sie uns den Weg weisen solle zum Rest des Heeres, mit dem wir uns treffen sollen.

04. Hesinde 1020 BF

Wir verlassen Garbeldüne und passieren mittags Garbeln. Kurz hinter dem Dorf biegen wir Richtung Okol ab, welches wir am frühen Abend erreichen.

Thanos ist, wie in jedem Dorf, wir mir im Nachhinein schmerzlich bewusst wird, auf Fleischbeschau, scheint aber nicht gerade die beste Laune zu haben. Offenbar entsprechen die Bewohner Okols nicht seinem oder dem Ideal Tjelkas. Ich frage mich, nach welchem Körperteil er dieses Mal Ausschau hält, will es aber eigentlich doch lieber nicht wissen und wende mich abrupt ab.

05. Hesinde 1020 BF

Gegen Abend erreichen wir Alderoff und die Schneise, die sich durch den Ort zieht, zeigt deutlich, dass Uriels Heer mitsamt der steinernen Schlange hier durchgekommen sein muss. Der Ort ist menschenleer und erst, als wir ihn umrundet haben, sehe ich, dass sich hier ein riesiges Heer mit mindestens siebentausend Menschen niedergelassen hat.

Noch bevor wir überhaupt richtig angekommen sind, werden wir bereits zu einem Gespräch bestellt. Anwesend sind neben Cidris, Danjuk, Ifrundoch, Pjerow und mir auch Thanos mit Tjelka, Thesia von Ilmenstein, Jucho von Dallentin und Persanzig, Tsadan, Fjadir und Wahnfried von Ask.

Uns wird mitgeteilt, dass Thesia auf Bitte Tsadans sich dem Heer angeschlossen hat und Tjelka gibt an, dass sie neben uns fünf noch eine Gruppe von sieben weiteren Leuten nach Festum schicken wollen, um dort in ihrem Namen um Hilfe zu bitten. Sieben Leute aus dem Grund, dass eine zwölfgöttergefällige Gruppe von zwölf Leuten die Festumer vielleicht eher davon überzeugen kann, dass wir nicht auf der Seite Uriels stehen.

Scheinbar werden wir gar nicht mehr gefragt, ob wir überhaupt nach Festum wollen, vielmehr wird über uns entschieden, aber in Kriegszeiten sollte ich mich besser davor hüten, zu sehr meinen eigenen Kopf durchsetzen zu wollen. Einzig als Tjelka erwähnt, dass sie Thanos mit uns mitschicken wolle, muss ich meine Wut kurz herunterschlucken. Ich weiß nicht, ob ich das so gut finde, aber andererseits, wenn er nicht in Tjelkas Nähe ist, dann sind die jungen Frauen zumindest für eine geraume Zeit vor ihm sicher, oder?

Nach der Besprechung können wir endlich zu den anderen im Lager gehen, zu unseren Freunden. Während Pjerow zu Banja und Hecker geht, Cidris immer in seinem Schatten, sehe ich, wie Danjuk auf Kantalla zueilt und sie umarmt. Sie sitzt inmitten eines großen Rudels Silberwölfe.

Ich sehe, wie Danjuk sie etwas zu fragen scheint, vermutlich, ob sie mit uns nach Festum kommen will, doch sie schüttelt den Kopf, deutet mit einer Handbewegung auf das Rudel hinter sich, offenbar kann sie es hier unter den Menschen nicht alleine lassen. Verständlich, würde ich sagen.

Als ich mich umsehe, fällt mein Blick auf eine etwas abseits sitzende Gruppe von ungefähr einhundert Elfen und unter ihnen entdecke ich Lysandiel. Umgehend eile ich auf ihn zu, will ihn umarmen, ihn begrüßen, als ein anderer Elf plötzlich aufsteht und mich mit seiner Waffe bedroht. Erst als Lysandiel ihm mitteilt, dass ich ein Freund bin, setzt er sich wieder.

Lysandiel sieht glücklich aus. Er erzählt mir, dass dies hier seine Sippe ist, dass sie im Bornwald war, ihn wieder aufgenommen hat und dass sie jetzt hierhergekommen seien, weil etwas Böses das Lied bedrohen würde.

Es freut mich sehr zu hören, dass Lysandiel nicht von seiner Sippe verstoßen worden ist, dass sie ihn wieder aufgenommen hat, hatte ich doch sehr befürchtet, ihn badoc gemacht zu haben. Schließlich habe ich die Therapie seines Traumas nach menschlichen Gesichtspunkten gestaltet, ich hatte zuvor noch nie einen Elfen als Patienten.

Nachdem ich gestern keinen Blick in Madas Spiegel gewirkt habe, kann ich es nicht lassen, meinen Geliebten erneut zu erspähen. Ich weiß, dass ich eigentlich mit meinen Kräften haushalten sollte, andererseits, ich muss ihn sehen.

Ich sehe Rondrasil, seine Haare wehen im Wind, er scheint auf einem Pferd zu reiten und hinter und neben ihm erkenne ich unzählige Rondrageweihte. Ich habe noch nie so viele Rondrageweihte auf einmal gesehen, aber es beruhigt mich ein wenig, ich könnte mir gerade keinen sichereren Ort vorstellen als inmitten unzähliger Rondrageweihter.

(Erneut sind unzählige Herzchen und Initialen an den Rand dieser Seite gekritzelt.)

Wenn ich schon einmal dabei bin, sollte ich auch mal gucken, wie es Rik geht. Ihm und den anderen, die in Moorwacht zurückgeblieben sind. Ich kann nur einen kurzen Blick auf Rik erhaschen und muss mit Schrecken sehen, dass er im Burghof steht, dass das Burgtor hinter ihm eingedrückt ist und dass ich aus dem Schnee Karmanathi formen.

Ich spüre eine Entschlossenheit und Wut und hoffe sehr, dass er die Bedrohung ausschalten kann, dass er die Karmanathi verbrennen kann, wie er es bereits einmal getan hat, als mich eine dieser Kreaturen mitten in Moorwacht angegriffen hat. Seine Wut scheint zumindest groß genug zu sein, sonst würde er nicht mitten im Burghof stehen. Bei diesem Wetter geht er normalerweise nicht freiwillig hinaus.

Ich hoffe nur sehr, dass er siegreich ist, denn mehr kann ich im Moment nicht tun. Wenn nur Narena jetzt bei ihm wäre, ich bin mir sicher, dass sie ihm helfen könnte.

Narena. Ob ich einen Blick zu ihr wagen sollte? Warum eigentlich nicht, ein wenig mehr Übung in diesem Zauber dürfte mir gut tun.

Als ich Narenas Gesicht sehe, erkenne ich, dass sie sich in einem Wald befinden muss. Ich spüre Ruhe und Aufmerksamkeit, Wachsamkeit, offenbar befindet sie sich auf Patrouille.

Das mit Rik lässt mir keine Ruhe und als ich Tsadan aufsuche, ihm davon berichte, antwortet dieser, dass uns außer beten nichts weiter übrig bliebe, was wir tun könnten. Er fügt jedoch noch hinzu, dass er, selbst wenn er etwas tun könnte, es nicht tun würde, da sich alle kampffähigen Männer und Frauen bereits hier befinden würden. Es macht mich traurig, ihn das sagen zu hören. Zu sehen, wie verbittert und kalt er seit Nadiras Tod geworden ist.

Wir haben alle darunter gelitten, sie war uns allen eine gute Freundin, auch mir und ich kann sehr gut nachvollziehen, dass er ihren Tod rächen möchte. Nicht auszudenken, was ich an seiner Stelle täte, wäre Rondrasil nicht mehr am Leben, aber ich glaube nicht, ich hoffe nicht, dass ich jemals so kaltherzig werde. Hoffentlich wird er irgendwann über seine Trauer hinweg kommen.

Als ich mich gerade zur Nachtruhe begeben möchte, werden wir noch einmal zusammen gerufen. Tjelka übergibt uns allen ein Schreiben, welches uns dazu berechtigt, alles nur erdenklich Mögliche in ihrem Namen zu tun. Dieses Schreiben bestätigt, dass wir in ihrem direkten Auftrag handeln und dass wir von keiner Gerichtbarkeit geahndet werden können.

Neben Cidris, Danjuk, Ifrundoch und Pjerow kommen noch Shakra und Finger mit, vielleicht können sie die Goblins in Festum auf unsere Seite ziehen. Auch Jaminka, welche sich immer in Ifrundochs Nähe aufhält und Molagh, der Ifrundoch immer noch böse Blicke zuwirft, begleiten uns. Fjadir wird uns im Namen Bjaldorns begleiten und mit Thanos und Alderich ist unsere Zwölfergruppe komplett.

Als Tjelka mir mitteilt, dass wir reiten werden und sie aus diesem Grund ein Paavipony für mich organsiert habe, muss ich an Smirnoff denken und mich ziemlich beherrschen, dass mir keine Träne über die Wange läuft.

06. Hesinde 1020 BF

Da Shakra und Finger nicht reiten können, habe ich angeboten, Shakra zu mir aufs Pferd zu nehmen, Finger reitet bei Pjerow mit.

Gegen Mittag erreichen wir die Tore Festums, vor denen sich eine lange Schlange gebildet hat, an der wir jedoch schnurstracks vorbei zu den Bütteln reiten. Auf deren Protest hin zeigen wir das Schreiben Tjelkas vor und sagen, dass wir in ihrem direkten Auftrag hier sind.

Verwundert erwidern die Büttel, dass bereits vor drei Tagen eine Delegation im Auftrag der Adelsmarschallin hier gewesen sein solle und wir stellen umgehend klar, dass es sich dabei um Leute von Uriel gehandelt haben muss und nicht um direkte Abgesandte von Tjelka.

Der Büttel gibt an, dass es sich bei der Delegation um fünf Leute in Rüstung gehandelt haben soll, einer davonscheint  laut Beschreibung ein übergelaufener Golgarit gewesen zu sein, der dem untoten Drachen Razzazor angehangen haben soll.

Wir machen uns auf den Weg zum Rathaus und werden dort von einem Schreiber empfangen, der uns mitteilt, dass die sterblichen Überreste der Abgesandten Uriels noch in der Stadt wären. Er erzählt uns, dass die Gruppe im wieder aufgebauten Hotel zur Quelle untergekommen wäre, welches dann jedoch mit ihnen darin abgebrannt sei. Komischerweise habe es sich bei dem Wiederaufbau um feuerfestes Material von den Maraskanern gehandelt, weshalb der Brand umso mysteriöser erscheint.

Danjuk, der in Städten offenbar eine Art Sinneswandel durchzumachen scheint, verlangt von dem Schreiber, dass dieser umgehend den Stadtrat zusammenrufen solle, was dieser jedoch mit den Worten, dass dies so kurzfristig nicht möglich sei, von sich weist. Der früheste Termin, den er uns verschaffen könne, wäre morgen zur zehnten Morgenstunde und mit einem Schreiben, welches uns Unterkunft und Verpflegung auf Kosten von Festum zusagt, schickt er uns raus.

Wir beschließen, dass wir uns aufteilen sollten, sehen sollten, was wir bereits im Vorfeld an Unterstützung auftreiben können. Cidris und Pjerow wollen zum Hafen gehen und eine alte Bekannte von Pjerow suchen, während die Goblins ins Goblinviertel gehen wollen. Alderich wird sich im Hotel am Markt einquartieren, die Reise hat ihn ziemlich erschöpft, Fjadir will den Tempel der Ifirn aufsuchen.

Ifrundoch und Jaminka wollen zum Gauklerplatz, während Molagh sich den Marktplatz ansehen möchte. Danjuk wird Thanos und mich zur Boronstadt begleiten, wir wollen uns die Leichen der Männer ansehen, die in Uriels Namen hier waren. Irgendjemand scheint sie getötet zu haben und es könnte nützlich sein, zu wissen, wer und warum dies geschehen ist.

Die Boronstadt wird von dem riesigen aus schwarzem Stein erbauten Marbidenkloster dominiert und als wir den Tempel aufsuchen, fällt Thanos mir ins Wort und teilt dem Geweihten mit, dass ich die Toten sehen wolle, sie untersuchen wolle. Ich schlucke meinen Ärger darüber hinunter, dass es eigentlich seine Idee gewesen ist, die uns hierher geführt hat und folge dem Geweihten, der uns zu einem Raum führt, in dem die fünf verkohlten Leichen aufgebahrt sind.

Während der Geweihte uns in dem Raum alleine lässt, kann Thanos es, wieder einmal, nicht lassen, mich herablassend zu behandeln, beinahe so, als wäre ich sein Handlanger. Die Tatsache, dass jedoch Danjuk sich plötzlich übergeben muss und dabei seinen gesamten Mageninhalt über Thanos entleert, lindert meinen Frust sogleich ein wenig.

Offenbar war es zu viel für Danjuk, als Thanos ihn gebeten hat, die nahezu geschmolzene Brustplatte der einen Leiche zu entfernen, denn als er dies getan hat, kam gleich die ganze Haut mit der Platte mit. Wie gut, dass ich mich eigentlich gerade mit einer weiteren Leiche beschäftigt hatte, so konnte Thanos zumindest nicht sehen, dass ich mir ein schmunzeln verkneifen musste.

Nachdem Thanos sich umgezogen hat (er weiß, dass ich den Sapefacta beherrsche, hat mich aber nicht darum gebeten, ihm zu helfen), habe ich bereits vier der fünf Leichen anatomisch untersucht und er widmet sich der fünften. Im Anschluss daran kommen wir überein, auch noch mittels Odem und Analys zu ergründen, ob Magie am Werk war.

Leiche Nummer 1: Dieser Mann wurde bei lebendigem Leib mittels eines Ignisphaero von immensem Schadensausmaß verbrannt. Zusätzlich wurden ihm die Sehnen in den Kniekehlen sowie beide Achillessehnen durchtrennt, die Ausführung wirkt fachmännisch.

Leiche Nummer 2: Dieser Mann starb sehr wahrscheinlich durch die Klinge, welche ihm noch immer in seinem linken Auge steckt, als der Ignisphaero (ebenfalls äußerst mächtig) auf ihn gewirkt wurde, war er bereits tot.

Leiche Nummer 3: Diese Leiche ist mit am besten erhalten, weist am wenigsten Brandschäden auf. In der Handinnenfläche der rechten Hand lässt sich ein kleiner Einstich erkennen, vermutlich wurde ihm dort das Gift injiziert, durch welches er gestorben ist. Sehr wahrscheinlich wurde ihm Kukris, auch als Königsmacher bekannt, verabreicht. Der Tod trat vor dem Feuer ein.

Leiche Nummer 4: Diesem Mann wurden sämtliche Gliedmaßen gebrochen. Seine Arme und Beine weisen je drei Löcher auf, vermutlich wurde er an ein Rad genagelt und gefoltert. Die magische Analyse hat ergeben, dass er unter diversen Beherrschungszaubern, manche davon borbaradianisch, gestanden haben muss, bevor er durch elementares Feuer getötet worden ist.

Leiche Nummer 5: Dieser Mann wurde ebenfalls lebendig verbrannt, das Feuer scheint vom Brustbereich ausgehend angefangen zu haben. Die magische Analyse hat ergeben, dass es sich um einen mehr als mächtigen Ignifaxius gehandelt hat.

Während wir noch überlegen, wie viele Magier es benötigt, um eine solch enorme Macht der Zerstörung zu erreichen, fällt uns Danjuk ungeduldig ins Wort und fragt, wie lange wir noch bräuchte, woraufhin Thanos einen Silentium auf ihn wirkt, was Danjuk nicht sonderlich erfreut.

Mittlerweile muss es ungefähr neun Uhr abends sein und wir beschließen, dass wir genug herausgefunden haben und kehren zurück zu unserer Unterkunft im Hotel am Markt. Dort treffen wir auch auf die anderen, das heißt, weder die Goblins noch Cidris und Pjerow sind da, aber Ifrundoch und Jaminka, die uns mitteilen, dass sie im ehemaligen Hotel zur Quelle gewesen sind und dass das Feuer dort magischen Ursprungs gewesen ist.

Dies deckt sich mit unseren Untersuchungsergebnissen. Ifrundoch erzählt weiter, dass sie zuvor auf dem Gauklerplatz waren, dass er dort einem Feuerspucker assistieren sollte, nachdem er diesem ein mehr als großzügiges Trinkgeld gegeben hatte und dass er danach ein Picknick mit Jaminka gemacht habe. Offenbar ist er Jaminkas neuestes Spielzeug, wenngleich ich ein wenig den Eindruck habe, dass sie ihn ein wenig anders, besser behandelt, ja ich wage sogar zu behaupten, dass sie ihn richtig gern zu haben scheint.

Die Tatsache, dass die letzten Abgesandten der Adelsmarschallin, auch wenn sie nicht in ihrem Auftrag hier waren, ermordet worden sind, lässt in mir den Verdacht aufkeimen, dass auch wir uns in Gefahr befinden könnten und ich hoffe sehr, dass dem nicht so ist, dass Cidris und Pjerow wohlauf sind.

Ich sollte mich hinlegen, ein wenig Kräfte sammeln.

07. Hesinde 1020 BF

Es muss kurz nach Mitternacht, vielleicht auch bereits ein Uhr sein, als ich von einem Geräusch hochschrecke. Es hörte sich beinahe so an, als würde auf dem Gang jemand nahezu lautlos überwältigt werden. Alarmiert spähe ich vorsichtig zur Tür hinaus und sehe mit Schrecken einen Zant im Gang stehen.

Danjuk, der ebenfalls aufgewacht ist, stellt sich zwischen den Dämon und mich, während Thanos, der nackt auf den Gang getreten ist, mit den Worten, dass er den Zant übernehmen wolle, sich dafür aber noch umziehen müsse, zurück in sein Zimmer weicht.

Mir fällt auf, dass der Zant sich irgendwie nicht ganz so agil bewegt, er scheint auch weitaus kleiner zu sein als üblich und noch während ich überlege, ob man auch kleinere Zantim beschwören kann, fällt mir auf, dass um ihn herum Blut auf den Boden getropft ist. Dämonen können doch gar nicht bluten, oder?

Danjuk kämpft verbissen und als er einen weiteren kräftigen Schlag landet, erkenne ich mit Schrecken, dass sich aus der Mitte des Zants ein Ignisphaero manifestiert, der zum einen Danjuk weit durch den Gang schleudert als auch mich ziemlich verletzt.

Als ich mich aufrappele, erkenne ich, dass sich an der Wand in den unterschiedlichsten Schriftzeichen und Sprachen der Satz „Verräter an der zwölfgöttlichen Ordnung“ bilden, ich habe jedoch keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen, denn Danjuk entgleitet mehr und mehr dieser Welt. Wie gut, dass ich noch einen Notfallbalsam in meinem Stab gespeichert habe. Damit gelingt es mir, ihn von Borons Schwelle zurück zu reißen und mir fällt auf, dass dies weitaus weniger kraftintensiv gewesen ist als damals, als ich ihn schon einmal von Borons Schwelle gerettet habe. Vielleicht sollte ich den Balsam im Stab genau für solche Zwecke aufheben?

Thanos hat sich mittlerweile umgezogen und Alderich, der jetzt ebenfalls im Gang steht, fängt an zu hyperventilieren. Weiter hinten im Gang hören wir die Schritte von schweren Stiefeln und einen seltsamen Dialekt, kurz bevor Thanos eine runde Scheibe, ich glaube es ist ein Diskus, an den Kopf geworfen bekommt.

Gemeinsam mit Molagh und Fjadir flüchten wir zusammen in Alderichs Zimmer, doch Danjuk will sich den Angreifern stellen, weshalb er sich, begleitet von Fjadir, bewaffnet in den Gang stellt. Um die Ecke kommen einige Maraskaner, vier an der Zahl und beschuldigen uns der Paktiererei, was ich vehement abstreite.

Ich beginne eine Diskussion, als die Maraskaner sagen, dass sie einen Tipp von einem Magier bekommen hätten, dass wir Anhänger Uriels und damit Paktierer seien und noch während wir streiten, tritt plötzlich Wilmaan hinter den Maraskanern hervor. Er wirft uns an den Kopf, dass er eine Sendung an Vito abgefangen habe, die einen besessenen Dolch beinhaltet habe. Damit kann nur der Brudermörder gemeint sein und Wilmaan fährt fort, dass dieser immer wieder zu Pjerow zurückkehren würde, immer wieder versuchen werde, ihn zu töten.

Einer der vier Maraskaner hat sein Gesicht mit Bandagen verhüllt und als er das Wort erhebt, erkenne ich, dass es sich um Brinjidan handelt. Ich kann mich nicht beherrschen und umarme ihn freudig, schließlich ist er ein Freund Pjerows und kann sicherlich behilflich sein, dieses Missverständnis aufzuklären.

Auf meine Frage, was mit seinem Gesicht passiert sei, antwortet er mir nur, dass dies die Strafe dafür sei, dass er einen Befehl seines Anführers missachtet habe, genaueres könne er mir jetzt jedoch nicht sagen, zuerst müssten wir hier raus, schließlich brennt es um uns herum.

Auf meine Frage, ob ich mich noch fix umziehen könnte, meine Sachen zusammenpacken könnte, schickt er mir einen der Maraskaner mit ins Zimmer, der sich nicht einmal umdreht, weshalb ich meine Robe über mein Nachthemd ziehe.

Gemeinsam gehen wir im Anschluss zur Al’Anfaner Botschaft und werden dort von Wilmaan in den Keller geführt. Erneut entsteht eine Diskussion darüber, ob wir Paktierer sind oder nicht, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass wir Thanos bei uns haben. Wilmaan scheint eine große Abneigung gegenüber diesem Mann zu haben, wer kann es ihm verdenken.

Noch während ich darlege, dass Tjelka die Seiten gewechselt hat, dass Thanos ihr dabei behilflich ist, alles Dämonische aus ihrem Körper zu entfernen, nimmt sich Wilmaan eine kleine Armbrust und schießt Thanos in den Kopf. Auch wenn ich diesen Mann nicht leiden kann, so kann ich ihn dennoch nicht einfach so sterben lassen, weshalb ich einen Balsam auf ihn wirke.

Wilmaan teilt uns mit, dass in der Halle des Quecksilbers ein Magus aus Perricum sei, der unsere Aussage, dass wir keine Paktierer sind, entweder bestätigen oder widerlegen könne und lässt nach ihm schicken.

Noch während wir auf diesen Magus warten, kommen plötzlich Cidris und Pjerow in den Keller. Auf ihre und unsere fragenden Blicke schließen wir uns kurz, was vorgefallen ist, was wir jeweils verpasst haben.

Nachdem Cidris und Pjerow im Hafen seine alte Bekannte getroffen hätten, hätten sie ihr Wiedersehen lange, sehr lange, begossen und gefeiert. Gegen zwei Uhr seien sie dann zurück zum Hotel am Markt gekommen und hätten dieses lichterloh brennend vorgefunden, weshalb sie hier in der Botschaft Zuflucht suchen wollten. (Ich frage mich zwar, warum sie ausgerechnet hier in der Botschaft Zuflucht suchen wollten, aber nun gut, unter Druck reagiert man nicht immer logisch. Leider.)

Einige Zeit später kommt auch endlich der Perricumer Magus, der sich uns als Cynwal Bachental vorstellt und das Erste, das mir sofort auffällt ist der Wurm, welcher aus seinem rechten Auge herausragt. Auf meinen fragenden Blick teilt er mir mit, dass dieser Wurm in seinem Kopf wachsen würde, dass er mit seinem Gehirn verwachsen sei, ihn töten wird. Weiter erzählt er, dass Algunde ihm dies angetan habe, weil er sie getötet habe.

Während ich diesen Wurm anblicke, merke ich, dass sich meine Sicht verschlechtert, ich muss immer näher ran gehen, wenn ich ihn noch klar und deutlich erkennen möchte. Meine Hilfe, ihm den Wurm herauszuoperieren lehnt Cynwal ab, aber immerhin bestätigt er Wilmaan, dass wir nicht mit Dämonen im Bunde stehen.

Erneut frage ich Brinjidan, was genau mit seinem Gesicht passiert ist und er erzählt, dass Mulziber ihm dies angetan hat, weil er ihm nicht gehorcht habe. Mein Angebot, ihm sein altes Aussehen zurückzugeben, lehnt er jedoch ab und auch das Angebot Pjerows, dass er für ihn arbeiten könne, zu ihm kommen könne, schlägt er aus.

Wilmaan ergreift erneut das Wort und teilt uns mit, dass er Algunde töten wolle und dass Cynwal wüsste, wie das ginge. Dieser erzählt, dass sie Borbarad opfern wolle, um ihre Seele aus dem Pakt zu retten.

Wilmaan fährt fort, dass Pjerow mit dem Brudermörder Vito töten müsse, damit der Fluch dieses Dolches gebrochen würde und die beiden vereinbaren, dass Wilmaan Pjerow dabei helfen würde, Vito zu töten, wenn dieser ihm im Gegenzug dabei hilft, Algunde zur Strecke zu bringen.

Cynwal wirft noch ein, dass Algunde auf der Suche nach Wächtern sei, sieben an der Zahl und dass diese sie vermutlich verteidigen würden. Wir haben Cynwal, die Rüstung, die beiden Mirhamionetten, die Spinne, den Kutscher aber wen noch? Ich befürchte, dass wir das noch früh genug erfahren werden.

Als wir uns zum Gehen wenden, wir dürfen die Nacht über in der Botschaft verbringen, deutet Brinjidan an, dass Cidris derjenige gewesen sein soll, der ihm diese Verletzungen zugefügt habe, allerdings in seinen Träumen. Auch einen Hobel erwähnt er. So ganz werde ich aus dieser letzten Äußerung von ihm nicht schlau.

Nach einer reichlich kurzen Nacht finden wir uns gegen acht Uhr zum Frühstück ein. Wilmaan erzählt, dass Boronian sich in Al’Anfa eine goldene Nase verdienen würde mit einem Zauber, den er wie seinen Augapfel hüten würde. Als ich erzähle, dass dieser Zauber von mir entwickelt worden sei, nennt Wilmaan ihn dilettantisch und es entbrennt eine Diskussion, in der Danjuk uns in Wort fällt mit der Frage, ob man mich nicht stumm machen könnte, da ich ihn nerven würde.

Dieser Junge nimmt sich immer mehr heraus.

Pünktlich um zehn Uhr finden wir uns im Ratskeller ein, alle 24 Ratsleute sind bereits da, selbst ein Goblin befindet sich unter ihnen. Jetzt erfahre ich auch, woran Alderich beim Frühstück geschrieben hat.

Er legt dem Rat eine Liste vor, die sechs Punkte umfasst, von denen die ersten drei laut seiner Aussage nicht verhandelbar wären, über die letzten drei könne man jedoch reden.

Festum soll folgendes zur Verfügung stellen:

-          sämtliche medizinischen Vorräte

-          sämtliche verfügbaren Waffen

-          mindestens zehntausend Bewaffnete

-          Unterstützung durch die Magier

-          Sachspenden und Verpflegung für die Armee

-          ein Handelsembargo mit Uriel

Als die Liste laut vorgelesen wurde, geht ein Raunen durch den Rat und eine hitzige Diskussion entbrennt. Da ich mich nicht wirklich sinnvoll einbringen kann, lasse ich meine Gedanken schweifen, ich hoffe sehr, dass es Rik und den Moorwachtern gut geht, dass Rondrasil wohlauf ist und dass dieser Krieg möglichst schnell vorbei ist. Ich will nach Hause.

Abends, es muss um die sechste oder siebte Abendstunde sein, will der Rat, der noch immer zu keiner Entscheidung gekommen ist, die Sitzung vertagen, da stellt sich Danjuk drohend in die Tür und verkündet, dass niemand diesen Raum verlassen werde, bis man sich nicht geeinigt habe.

Wenn ich das richtig im Kopf habe, hat er das nicht zum ersten Mal gemacht. Auch bei unseren Stadtratssitzungen hat er die Tür schon diverse Male bewacht und ich glaube, dass er ganz zu Beginn, als er zu uns gekommen ist, mal etwas davon erzählt hat, dass er in seiner Sippe ebenfalls die Versammlungen bewacht oder beschützt hat. Scheinbar hat er diese Rolle erneut eingenommen.

Nach anfänglichem Protest geht die Diskussion weiter und kurz vor Mitternacht sind wir tatsächlich zu einer Einigung gekommen. Zwar werden nicht, wie von Alderich anfänglich gefordert, die ersten drei Punkte uneingeschränkt gewährt, jedoch glaube ich beinahe, dass dies zu seiner Taktik gehört hat.

Festum sagt uns zu, dass wir 6000 Landser bekommen können. Zusätzlich die Seekriegsadepten, die Magier und jeden, der sich freiwillig uns anschließen wolle. Auch die Hälfte aller Vorräte des roten Salamanders sagen sie uns zu. Ich glaube, dass das ein wahrlich großzügiges Angebot ist.

08. Hesinde 1020 BF

Es ist vielleicht eine halbe Stunde nach Mitternacht, als wir müde zur Botschaft von Al’Anfa zurückkehren und mit Schrecken sehen wir die Kutsche Algundes vor der Tür stehen.

Der Kutscher teilt uns mit, dass er uns zu Algunde bringen könnte, woher auch immer er weiß, dass wir sie suchen, jedoch müssten wir vorher noch Wilmaan aus der Botschaft holen.

Auf dem Weg hinein sehen wir mumifizierte Diener auf dem Boden liegen, die Türen sind eingedrückt und im Keller angekommen sehen wir Cynwal, der von den beiden jungen Gestalten, die von der Spinne gelenkt werden, attackiert wird. Wilmaan hat sich hinter einem Fortifex versteckt und wühlt hektisch in seiner Tasche, während Pjerow seine Armbrust anlegt und der Frau in den Kopf schießt.

Er hat sie mitten zwischen die Augen getroffen ich sehe jedoch mit Schrecken, dass der Bolzen wieder aus ihrem Kopf heraus gedrückt wird und dass sich silbrig schimmernde Fäden um die Wunde bilden. Offenbar ist diese Spinne zu weitaus mehr in der Lage als nur die beiden Kämpfer zu steuern.

Danjuk greift ebenfalls an und wirft einen seiner Wurfspeere direkt auf die Spinne, was zur Folge hat, dass die beiden Kämpfer sich zu ihm umdrehen. Während Danjuk und Ifrundoch mit den beiden Kämpfern kämpfen, beginnt Pjerow damit, einen der Fäden durchzuschneiden, mit denen die Spinne den Kontakt zu den beiden hält.

Ich will einen Blitz dich find wirken, merke aber noch während des Sprechens, dass ich nicht durchkommen werde, als ich in meinem Kopf eine unnatürlich Stimme höre, die nur ein einziges Wort sagt: „Hunger!“

Wilmaan wirkt einen Corpofrigo auf die Spinne, es wird mit einem Mal kälter und Ifrundoch gelingt es, den Arm des männlichen Kämpfers abzuschlagen. Es ist sein Schwertarm, der noch immer das Schwert umklammert hält. Damit ich mich wenigstens ein bisschen nützlich mache, schnappe ich mir den Arm und zerre ihn zu einem der unzähligen Kohlebecken hier. Vielleicht kann ich ihn verbrennen.

Als ich den Arm in die glühenden Kohlen lege, sehe ich mit Schrecken, dass sich die Fäden um den Arm neu zu bilden beginnen, weshalb ich ihn umgehend wieder aus dem Becker nehme und argwöhnisch betrachte. Ich nehme mein Skalpell und löse das Schwert aus der Hand indem ich vorsichtig die Fäden durchtrenne, die beides miteinander verbindet. Wenn der Arm nochmal zum Leben erwachen sollte, dann wenigstens ohne Waffe.

Als ich damit fertig bin und mich umwende, sehe ich, wie die Spinne an der Decke versucht, den Keller zu verlassen, jedoch stellt sich Danjuk mit erhobenem Speer in die Tür und lässt sie nicht durch.

Mit vereinten Kräften gelingt es Ifrundoch und Danjuk, die Spinne zu zerfetzen und die beiden Kämpfer zerfallen danach umgehend, scheinen regelrecht zu vertrocknen.

Wir holen Wilmaan aus der Zelle, in der er sich verbarrikadiert hat und gemeinsam mit Cynwal eilen wir nach oben. In der Hektik habe ich gar nicht bemerkt, dass weder Thanos noch Fjadir und Alderich bei uns sind, ich hoffe, dass sie an einem sicheren Ort sind.

Wir eilen in die Kutsche und als wir gerade alle eingestiegen sind, kommt eine weitere Gestalt aus der Botschaft. Es ist ein Mann und sein Körper ist über und über mit Augen bedeckt. Während die Kutsche losrollt, ruft sie uns noch hinterher „Daanje, du verfluchter Verräter.“ und Wilmaan erklärt, dass dies der siebte Wächter Algundes ist, ein verfluchtes Schwert.

Ein Schwert in Menschengestalt? Oder hat das Schwert einen Menschen gefunden, an den es sich gebunden hat? Ich bin verwirrt, wage aber nicht, näher nachzufragen.

Als die Kutsche zum Stehen kommt, stehen wir mitten im Gebirge vor einer Höhle. Wir gehen vorsichtig hinein und sehen gleich am Eingang bereits einen toten Shakagra liegen, dessen Kopf wir ein paar Schritte weiter weg finden. Wilmaan klopft mit seinem Stab auf den Boden und macht uns damit mittels Ewiger Flamme Licht.

Im Schein des Stabes sehen wir unzählige tote Shakagra in der Höhle liegen, es stinkt nach Schwefel und inmitten der toten Dunkelelfen sehen wir die geöffnete Rüstung Algundes liegen. Wilmaan geht zielstrebig auf sie zu und zerstört sie, bevor er sich zu uns umdreht.

Cynwal deutet auf eine Treppe aus Eis, die nach oben führt und geht voran, wir anderen folgen ihm. Oben angekommen stehen wir in einem Raum, der mit Regalen vollgestopft ist, die überquellen mit Schriftrollen und Büchern und in dessen Mitte eine Gestalt steht, die in Lumpen gehüllt ist.

Algunde.

Sie dreht sich zu uns um und sagt, dass wir uns mit ihrem letzten Werkzeug zusammengetan hätten, meint sie damit Cynwal oder die Kutsche? Algunde fragt uns spöttisch, was wir gegen sie ausrichten wollten, da sie dazu in der Lage sei, sämtliche Magie zu kopieren und noch während sie über uns spottet, kramt Wilmaan ein Papier aus seiner Tasche und ich erkenne, dass es sich um den Paktvertrag von Algunde handeln muss.

Es ist die gleiche Seite aus dem Hesindevademecum, die über und über mit Sprüchen und Formeln in Blut geschrieben bekritzelt ist, wie die, die wir in Neersand schon einmal von Mengbillar entwendet haben. Besser gesagt, die die anderen entwendet haben. Ich sollte ja der Ablenkung Mengbillars dienen.

Ich kann nicht verhindern, dass sich meine Gesichtszüge bei dem Gedanken an Mengbillar und daran, dass Elkjow mich verspielt hätte, kurz verziehen, werde jedoch von Wilmaan aus meinen Gedanken gerissen, als dieser uns fragt, ob jemand von uns Feuer habe.

Ich krame aus meiner Tasche Feuerstein und  Zunder heraus und halte sie ihm hin, doch Wilmaan fragt mich, ob ich ihm die Ehre erweisen wolle und den Vertrag selbst anzünden wolle und ich willige mit Vergnügen ein.

Als der erste Funke von meinem Feuerstein das Pergament trifft, fängt es sofort Feuer und jetzt realisiert auch Algunde, was Wilmaan in den Händen gehalten hat. Sie konnte, wie damals auch, den Vertrag selbst ja nicht direkt sehen. Jetzt fängt auch Algunde Feuer und mit einem Schrei zerfällt sie in glimmende Pergamentstreifen.

Wilmaan bedankt sich bei mir, sagt, dass ich Algunde direkt in die Niederhöllen geschickt hätte und wir machen uns auf den Rückweg aus der Höhle. So verlockend es wäre, hier zu verweilen und die Schriftrollen und Bücher zu sichten, die Sonne geht sicherlich bald auf und nachdem wir noch zurück nach Festum müssen, sollten wir aufbrechen, so lange es noch Nacht ist, so lange die Kutsche noch fahren kann.

Als wir aus der Höhle heraus treten und ich frage, ob jemand weiß, wo genau wir sind, teilt uns Danjuk mit, dass er glaubt, dass wir uns im ehernen Schwert befinden, der Weg wäre also viel zu weit für uns um zu Fuß rechtzeitig wieder zurückkehren zu können. Dies wäre meine nächste Frage gewesen, ich will Daanje nicht unnötig damit quälen, dass wir auf seine Lebenskosten umher reisen.

Daanje wirkt äußerst bleich, die Nase tritt schon spitz hervor, viel Lebensenergie steckt nicht mehr in ihm. In der Ferne erkennen wir alle hunderte dieser dämonischen Spiralen, die sich in den Boden bohren, die das Theriak aus der Erde befördern. Ein erschreckender Anblick.

Wir steigen alle wieder in die Kutsche und machen uns auf die Heimreise. Kurz bevor die Sonne aufgeht, stoppen wir und sitzen erneut alle im Schnee. Laut Kutscher sind wir noch etwa einen halben Tagesmarsch von Festum entfernt, aber näher kann er uns nicht bringen, dafür reicht die Zeit nicht. Er sagt zu uns, dass er uns von seiner eigenen Kraft zu Algunde und zurück gefahren hat und dass wir Daanje mitnehmen sollen, er habe ihn ins Herz geschlossen.

Als letzten Wunsch fragt er nur noch, ob jemand Geld für ihn habe, damit er ins nächste Bordell gehen könne und just als Pjerow ihm ein paar Batzen in die Hand gedrückt hat, geht die Sonne auf und mit dem ersten Sonnenstrahl verschwindet der Kutscher, die Batzen fallen in den Schnee.

Abenteuer: Der letzte Marsch
Dieser Eintrag wurde am 16.02.2018 (18:37) verfasst und 603 mal aufgerufen.
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