Tagebuch von Aureliane della Sandoval
aller Abschied ist schwer, doch ... die See wird Ihnen Hoffnung geben

Mein Blick schweifte langsam über das morgendliche Paavi, die ersten Strahlen der Praiosscheibe vertrieben den schwarzen Mantel Phexens, die Geruhsamkeit der Nacht wich langsam dem geschäftigen Treiben. Hier am Hafen, wo der salzige Geruch des Meeres am deutlichsten zu vernehmen war, begannen die ersten Handwerker, Fischer und Tagelöhner mit ihrem Tagewerk. Segel und Netze wurden geflickt, Boote zu Wasser gelassen, andere ausgebessert. Nachdem die Schlacht um Paavi, deren Spuren noch immer in der Stadt zu sehen waren, zwei Monde her war, kehrte langsam wieder so etwas wie Normalität ein. Die ehemalige Herzogin und Paktiererin Geldana hat ihr gerechtes Ende gefunden, ihre Schergen mit Ihr. Ja, man spürte es ganz deutlich, es lag etwas in der Luft, etwas über Paavi, eine Stimmung, die sich nach Erlösung und Befreiung anfühlte. Dort, ein Mann mit einem Jungen, die gerade ein Fischerboot klar machten, schienen miteinander zu scherzen. Das ist das genaue Gegenteil von der Stimmung, die die letzten beiden, oder waren es sogar drei Götterläufe gewesen, über der Stadt gelegen hatte. Als meine Gefährten und ich damals mit dem Handelszug der Kranskes ankamen, hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass sich das Blatt für Paavi so zum Guten wenden würde. Bei den Göttern, wir hatten wirklich etwas Gutes zustande gebracht und etwas ... bewirkt.

Wehmütig ertastete meine Hand das geweihte Rapier namens "Schneller Heller", das an meiner Seite hing. Erinnerungen an den langen, beschwerlichen, gefahrvollen und steinigen Weg flogen an meinem geistigen Auge vorbei. All das hatte sich jedoch gelohnt, zumindest für Paavi und die Menschen hier. Mit Herzog Dermot hatten Sie nun wieder einen Herrscher, der so die Götter es wollten, alles wieder zum Guten wenden würde. Ein leises Gefühl der Zufriedenheit breitete sich in mir aus, stolz auf das, was wir erreicht hatten, woran wir unsern Anteil hatten. Manchmal sind es ein paar Sterbliche, die den Unterschied ausmachten, dem Pendel des Schicksals den Auschlag in die richtige Richtung gaben. So wie wir. 

Wir, das sind Ragusch, der Gjalskerländer, stark wie ein Bär, nicht ganz so stark im Geiste, doch verlässlich und treu ergeben. Fjedril Reschkin, der Norbade aus den schwarzen Landen, ein aufgeweckter junger Mann, erfinderisch, keck und ebenso jemand, der für uns mehr als einmal durchs Feuer ging. Melham, der alte Stinkbär und Schwerenöter, ein guter Bogenschütze und Spurenleser, mit seinem Hund Freund eine wahre Bereicherung, auch wenn er mir ständig nachgestellt hatte, Madanan, der Nivese, ein Naturtalent im Umgang mit Hunden und dem Schlitten. Nicht zu vergessen, Xardosch, der sein Leben im Kampf mit einer Nagrachkreatur lies, Mara, die ängstliche Frau, die aber mutiger war, als viele andere und Yazinda, die südländische Heilerin. 

Mein Blick fiel wieder hinaus auf das Meer und .... da, weit draussen am Horizont sah ich sie majestätisch durch das Wasser gleiten. Die horasische Karavelle "Stolz von Vinsalt" glitt über die Wogen, die voll gesetzten Segel trieben sie über die Gischt dahin auf direktem Wege nach Paavi. Wehmut überkam mich in diesem Augenblick, die Gewissheit des Abschieds von Paavi in greifbare Nähe gerückt. Aber es gab da Dinge aus der Vergangenheit, um die ich mich in Vinsalt kümmern musste, und die keinen weiteren Aufschub mehr duldeten. Kaum zu glauben, dass mir diese unwirkliche Gegend, die so ganz anders ist, als meine horasiche Heimat, tatsächlich so ans Herz gewachsen war, dass mir jetzt gar Tränen des Abschiedsschmerzes über die Wangen liefen. Schnell und vorsichtig wischte ich sie weg, um meine Schminke nicht zu sehr zu beschädigen. 

Stunden später, nachdem die Ladung des Schiffes gelöscht war, alle Passagiere das Schiff verlassen, die neuen inklusive mir das Schiff betreten und deren Gepäck verladen war, was bei meinem etwas länger dauerte aufgrund der Anzahl an Koffern, legten wir mit der einsetzenden Flut ab. Ich stand an der Reeling und genoß den Anblick von Paavi noch ein letztes mal. Efferd war uns hold und eine gute Brise lies uns Fahr aufnehmen. Bei den Göttern, was wird in Vinsalt auf mich warten? Ich wusste es nicht, doch wer derartiges in Paavi bewirken konnte, der konnte auch begangenes Unrecht der Vergangenheit an meiner Familie wieder gerade rücken. 

Abenteuer: Paavi
Dieser Eintrag wurde am 20.06.2019 (10:48) verfasst und 646 mal aufgerufen.
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