Tagebuch von Isidra Kowaljewa
Diarium der adepta minora Isidra Kowaljewa (2. Efferd 1021 BF)

02. Efferd 1021 BF

Nachdem etwa eine Stunde vergangen ist, die der Ruhe Körper gedauert hat, schlägt der Boroni seine Augen wieder auf. Im Gleichen Moment bemerke ich, wie sein Körper eine Veränderung durchläuft. Seine Haut weist einen blassen Ton auf und beginnt mehr und mehr bläulich-gräulich zu marmorieren. Dieses Bild kenne ich aus der Akademie wenn wir Sterbende begleitet haben. Der Alterungsprozess hat eingesetzt und man kann ihm mit bloßem Auge zusehen.

Nach und nach beginnen sich größere Fleischbrocken aus seinem Körper zu lösen und zu Boden zu fallen. Während die anderen sich etwas entsetzt ein wenig von ihm entfernen, bleibe ich bis zur letzten Sekunde bei ihm. Er murmelt mir noch einen letzten Dank zu, bevor er nach etwa fünfzehn Minuten tot zu Boden fällt und seine Gebeine zu Staub zerfallen.

Im selben Augenblick können wir auch beobachten, wie die Geister, die keine Geister waren, sich spurlos in Luft aufgelöst haben und nach einer kurzen Unterredung mit allen Anwesenden entschließen wir uns dazu, die sterblichen Überreste des Boroni auf dem Boronanger beizusetzen. An der Tür des Gasthauses hinterlassen wir eine Notiz für den Fall, dass ein Geweihter durch das Dorf zieht, mit der Bitte, das Grab zu segnen. Zur Sicherheit werden wir aber auch dem nächsten Boroni, dem wir begegnen, von diesem Vorfall hier erzählen. Wer weiß, wie häufig hier sonst jemand zufällig vorbei kommt.

03. Efferd 1021 BF

Am Morgen erzählt uns Ugdan, dass er sich nachts erneut mit Algunde unterhalten hat und das diese ihm erzählt hat, dass sie anfangs auch den Gedanken hegte, in Ugdans Körper Karfunkel einzubauen. Diese Idee hat sie aber wieder verworfen, da sie dann keinen Anker in seinem Körper hätte hinterlassen können. Zu schade aber auch, dass ihr das zu früh eingefallen ist. Wie viel leichter alles wohl gewesen wäre, wenn Algunde ein für alle Mal in die Niederhöllen gefahren wäre.

Ugdan fährt fort, dass ihm Algunde weiter erzählt hat, dass der Hofnarr Galottas sein größter Feind sei und das er derjenige sei, der uns in den Turm bringen könne. Jedoch sollen wir ihm nicht vertrauen.

Wenn ich ehrlich bin, ich vertraue niemandem, der für Galotta arbeitet und ich vertraue schon gar nicht den Aussagen dieser Frau oder Seele oder was auch immer Algunde jetzt ist. Sie hat paktiert und hätte schon längst ihre gerechte Strafe bekommen sollen. Aber nun gut, es ist eben so, wie es gerade ist. Hauptsache sie lässt meine Kinder in Ruhe.

Unsere Reise führt uns um die Mittagsstunde in ein kleines Dorf namens Schilfsend. Das Dorf selbst besteht nur aus etwa fünf Hütten und einer Taverne, über dessen Tür nachträglich ein Schild mit der Aufschrift Bordell angebracht worden ist. Wenn ich nicht gerade selbst durch eine militärische Zeltstadt mit um die 200 Zelten gekommen wäre, hätte ich diesen Anblick sicherlich seltsam gefunden, aber dieser Umstand erklärt im Moment einiges. Die Wappen in dieser Zeltstadt lassen sich zum Großteil Gareth und Tobrien zuordnen. Für weitere Einschätzungen sind meine Heraldikkenntnisse zu gering.

Nachdem es noch früh ist, beschließen wir, unseren Weg fortzusetzen, was einen heftigen Protest Ranijians zur Folge hat. Dieser würde gerne hier bleiben und das Bordell aufsuchen. Um ihn zum Weiterreisen zu bewegen, deuten Pjerow und Ugdan an, dass die Tobrier sich gerne mit Schafen vergnügen würden (ein ziemlich dummes Gerücht, welches über die Menschen hier kursiert, finde ich), woraufhin dieser angewidert das Gesicht verzieht. Als dann auch noch ein tobrischer Bauer unseren Weg kreuzt, der Ranijian freundlich anlächelt, eskaliert die Situation.

Mit einem angeekelten „Ihr fickt Schafe!“ schlägt er dem Mann ohne Vorwarnung kräftig die Faust ins Gesicht. Pjerow und Ugdan versuchen, die Situation zu deeskalieren, auch einige Soldaten sind mittlerweile auf unsere Gruppe aufmerksam geworden, und ziehen Ranijian weiter, während ich einen Balsam auf den Bauern wirke und mich bei ihm für die Manieren entschuldige. Pjerow murmelt noch etwas von maraskanischen Sitten bevor er sich entfernt. Wir alle beeilen uns danach, unseren Weg nach Misabeugen fortzusetzen.

Auf dem weiteren Weg bekomme ich ein Gespräch zwischen Krisha und Ranijian mit. Diese erzählt ihm von einer Orgie, die sie mal bewacht hat, auf der ein großer schwarzer Mann gewesen war. Die Anwesenden haben gelost und wer das richtige Los bekam, durfte etwas in den Mann hineinstecken und etwas aus ihm heraus schneiden. Ranijian verzieht erneut das Gesicht, sein Gesichtsausdruck hellt sich jedoch auf, als Krisha ihm anbietet, sich heute Abend mit ihm zu treffen. Ich frage mich, was diese Frau an ihm findet. Sicher, körperlich mag er erwachsen sein, aber in ihm wohnt ein kindlicher Geist ohne Manieren und Anstand. Aber nun gut, jeder hat einen anderen Geschmack.

Um die achte Abendstunde herum erreichen wir Misabeugen, ein ärmliches kleines dorf, welches aus etwa 25 Hütten besteht. Das Gasthaus ist gut besucht jedoch fällt mir sofort auf, dass sämtliche Gäste über 60 Götterläufe alt sind. Hier ist kein einziges junges Gesicht zu sehen, keine Kinder, keine jungen Erwachsenen. Wir beschließen, uns für diese Nacht im Gasthaus einzumieten und als ich mich noch einmal genauer umblicke, erkenne ich, dass es hier doch ein junges Gesicht gibt.

Auf dieses geht auch gerade Ugdan gezielt zu, denn der Tisch dieses Mannes ist der Einzige, an dem noch Platz ist. Auch wir anderen nähern uns und ich komme dazu, diesen Mann etwas genauer in Augenschein zu nehmen. Wie nahezu jeder in meinem Umfeld ist er recht groß, sicherlich fast zwei Schritt und sein dunkles Haar wirkt unordentlich. Er könnte mal wieder einen Haarschnitt gebrauchen.

Der Kleidung nach zu urteilen scheint er viel in der Wildnis unterwegs zu sein und auch der Bogen und der Köcher, die an seinem Rucksack lehnen, legen dies nahe. Jedoch will der Wappenrock nicht so ganz zum Rest seiner Kleidung passen. Während der Wappenrock nahezu ungetragen aussieht, wirkt seine restliche Aufmachung eher abgenutzt.

Nachdem wir uns zu ihm gesetzt haben, fragt Ugdan ihn, ob er wisse, warum es hier nur Alte gäbe und Jorgrim, wie sich uns der Mann vorstellt, erzählt, dass das wohl mit der Armee zu tun habe, die hier in der Nähe lagern würde. Auch dürften etliche Jüngere geflohen sein oder vermutlich schon tot.

Auf geschicktes Nachfragen Ugdans erzählt Jorgrim uns, dass er eine Botschaft zum Wirt gebracht hat und dass er Soldat für Perainefurten sei. Als Ranijian ihn fragt, ob er Tobrier sei, und er das bejaht, fragt dieser dumme Maraskaner ihn direkt, warum sie Schafe ficken würden. Auf Nachfrage Jorgrims, wie er zu dieser Annahme käme, antwortet er, dass er das von Pjerow und Ugdan erfahren habe. Ich kann zwar das Gesicht dieses Mannes nicht richtig deuten, bin aber trotzdem überrascht darüber, wie ruhig er Ranijian mitteilt, dass diese Aussage nicht stimmt.

Jetzt ist es an Jorgrim zu fragen, was uns in diesen Teil des Landes verschlagen hat und noch ehe wir antworten können sagt Flüjonda bereits, dass wir eine Depesche nach Perainefurten bringen würden. Daraufhin bietet Jorgrim uns an, uns morgen zu begleiten und uns in Perainefurten persönlich zum Grafen zu bringen. Wir tauschen unauffällige Blicke untereinander aus und ich hoffe, dass dies keine Lüge von Flüjonda war. Danach entschuldigt Jorgrim sich mit den Worten, dass er sich zu Bett begeben werde

Ich kann es nicht lassen und teile dem Wirt mit, dass ich gerne helfen würde und dass ich mich auf die Kunst der Heilung verstünde. Auf meine Frage, ob er wüsste, ob jemand meiner Hilfe bedürfe, antwortet er mir lediglich, dass dies eine lange Nacht für mich werden würde. Aber nun gut, ich bin ausgeruht und habe Kraft, ich bin bereit, dieses Opfer in Kauf zu nehmen.

04. Efferd 1021 BF

Der Wirt hatte Recht. Ich bin erst sehr spät ins Bett gekommen, habe ich mich doch die halbe Nacht mit schlechten Zähnen, eitrigen Abszessen und einem fast abgetrennten Daumen beschäftigt. Immerhin konnte ich den Dorfbewohnern so ein wenig helfen. Diese haben mir zum Dank einen Schafbock geschenkt, den ich hinten an den Wagen gebunden habe. Dieser scheint Wilmaan nicht sonderlich zu mögen, der auf dem Ochsenkarren sitzt. Ich kann beobachten, wie der Bock immer wieder mal mit dem Kopf voran vor den Karren rennt.

Ugdan erzählt uns in einer ruhigen Minute, dass Algunde ihm in dieser Nacht davon erzählt habe, dass Jorgrim ein missglücktes Experiment sei. Sie habe ihm wohl vor einigen Götterläufen ein Schutzamulett verkauft, welches ihm das Leben gerettet habe. Ich frage mich, was genau daran ein missratenes Experiment sein soll, aber wer weiß, ob diese Aussage überhaupt der Wahrheit entspricht oder ob Algunde sich das nur ausgedacht hat, um Zwietracht zu sähen.

Wir machen uns wieder auf den Weg und es wird immer deutlicher, dass auch hier vor nicht allzu langer Zeit Kämpfe getobt haben müssen. Am Wegesrand kann man noch immer Spuren davon erkennen. Mir fällt auf, dass Ranijian heute ziemlich still ist und immer drei Schritte hinter Krisha geht, sie dabei jedoch keineswegs lüstern anstarrt oder dergleichen. Ich frage mich, was diese Frau mit ihm gemacht hat und kann mir ein Schmunzeln nicht ganz verkneifen.

Immer wieder weicht Jorgrim vom Weg ab und führt uns in einem Bogen um die Straße herum. Auf unsere Frage, warum er dies tue, erklärt er uns, dass es hier noch immer Fallen gäbe, die nicht ausgelöst worden sind. Ich bin gerade tatsächlich froh, dass wir einen ortskundigen Führer an unserer Seite haben. Mir fällt auf, dass er immer wieder besorgte Blicke in den Himmel wirft und als ich ihn frage, was los sei, antwortet er mir, dass der Feind zur Überwachung der Grenze dämonische Vögel verwenden würde. Diese würden jedoch nicht an genau an der Grenze Halt machen sondern kämen auch teilweise bis hierher und seinen Schilderungen entnehme ich, dass es sich um Irrhalken handeln muss.

Dies würde auch die Krater erklären, an denen wir immer wieder vorbei gekommen sind. Soweit ich das im Kopf habe, können diese Kreaturen in einer Art Feuerball auf den Boden stürzen und alles um sich herum verbrennen. Nachvollziehbar, dass Jorgrim immer mit einem Auge den Himmel im Blick behält und auch ich ertappe mich dabei, wie ich den Blick jetzt häufiger gen Himmel richte.

Als es anfängt zu regnen, beschließen wir, Rast zu machen und mir fällt auf, dass Ugdan Jorgrim eine Weile lang fixiert, bevor er dann zu Ifrundoch, Pjerow und mir kommt und uns leise mitteilt, dass er einen Sensibar auf ihn gewirkt habe. Er teilt uns mit, dass Jorgrim besorgt und niedergeschlagen wäre, aber auch freudig neugierig und dass sich uns gegenüber langsam Vertrauen entwickeln würde, er uns zumindest nicht als Bedrohung wahrnehmen würde. Eigentlich müsste ich Ugdan jetzt ermahnen, dass er nicht ohne Einverständnis einen Zauber auf Fremde wirken könne, aber ich weiß, dass ihm dies sehr wohl bekannt ist und dass er sich daran bewusst nicht hält, weshalb es verschwendete Zeit wäre, ihn zu belehren.

Am Abend erreichen wir einen Ort namens Derdingen und mir fallen sofort die vielen Soldaten auf, offenbar ist die Front nicht mehr weit. Nachdem Jorgrim ein gutes Wort für uns eingelegt hat, werden wir eingelassen und mieten uns im Gasthaus Tobriens Trutz ein. Während wir das Tor passieren, ruft eine der Torwachen Jorgrim noch zu, dass erneut Schläger angeheuert worden seien, woraufhin Ifrundoch und Pjerow sich anbieten, ihm bei diesem Problem zu helfen. Dies lehnt Jorgrim jedoch ab, erklärt nur vage, dass er bei einem Adeligen in Ungnade gefallen sei. Seinen Andeutungen entnehme ich, dass er sich offenbar in die falsche Frau verliebt hat, bevor er sich im Gasthaus dann bei uns entschuldigt und zum Wirt geht.

Im Anschluss nimmt er die Treppe zu den Zimmern nach oben und mir fällt auf, dass ihm nach kurzer Zeit vier finster aussehenden Gestalten folgen. Ein wenig später höre ich von oben ein lautes Krachen, bevor kurze Zeit darauf die vier Gestalten erbost wieder nach unten kommen und das Gasthaus verlassen. Ugdan, der sich ebenfalls bereits hingelegt hatte, kommt kurz danach ebenfalls wieder herunter und teilt uns mit, dass die Schläger sämtliche Türen der Zimmer zertrümmert hätten, Jorgrim jedoch nicht gefunden hätten. Ob er das Weite gesucht hat?

05. Efferd 1021 BF

Nachdem wir im Schankraum alleine waren und sich Jorgrim nicht hat blicken lassen, haben wir beschlossen, unseren Weg ohne ihn fortzusetzen. Vor den Toren hat er sich dann aber überraschenderweise doch wieder unserer Gruppe angeschlossen. Scheinbar hatte er lediglich die Nacht draußen verbracht, um den Schlägern zu entgehen.

Unser Weg führt uns abermals an alten Kampfschauplätzen und Fallen vorbei und abends erreichen wir Welferode, ein, wie mir scheint, eiligst aus dem Boden gestampftes Dorf, welches sich an die Stadtmauern von Perainefurten schmiegt. Welferode ist stark überfüllt und ich kann erkennen, dass hier hauptsächlich Flüchtlinge untergebracht worden sind.

Der Ort wird von dem Ordenshaus der Badilacaner dominiert, einem Orden der heiligen Travia, der sich zur Versorgung der Armen verpflichtet hat. Vor dem Haus haben sich lange Schlangen gebildet. Ich kann Kinder, Schwangere, Invalide und Alte erkennen, sprich all die Menschen, die nicht mehr oder noch nicht kämpfen können. Als wir uns dem Haus nähern, schneidet Flüjonda mit einem Seitenblick auf mich den Bock vom Karren los und geht damit zu den Badilacanern, spricht kurz mit ihnen. Der Ansprache danach kann ich vernehmen, dass er den Bock gespendet hat und dem Jubeln der Flüchtlinge entnehme ich, dass diese schon sehr lange kein Fleisch mehr bekommen haben.

Als Flüjonda zurückkommt, teilt er mir mit, dass er mir den Bock ersetzen würde, woraufhin ich ihm sage, dass ich nicht anders gehandelt hätte, er mir lediglich zuvor gekommen sei. Ich hätte den Bock so oder so nicht mit ins Kriegsgebiet nehmen können und so kommt er immerhin denjenigen zugute, die es am bittersten gebrauchen können.

Wir durchqueren Welferode und betreten Perainefurten, wo uns Jorgrim direkt zur Unterkunft des Grafen bringt. Auf dem Weg dorthin sehe ich Rondrianer, Ingerimm- und Borongeweihte und mir fällt auf, dass die Stadt sehr trutzig gebaut worden ist. Wenn ich das richtig erkenne, müsste sich der Feind erst durch zwei oder drei Ringe durchkämpfen, bevor er überhaupt ins Innere der Stadt gelangen würde. Kein Wunder, dass die Front sich hier festgesetzt hat.

Beim Grafen fällt mir auf, dass dieser Jorgrim äußerst freudig begrüßt, beinahe schon als wären sie alte Freunde. Offenbar ist er sehr beliebt hier, denn auch die Soldaten auf unserem Weg haben ihm mehrmals die Hände geschüttelt oder ihm freundlich zugenickt. Aber auch Flüjonda scheint für den Grafen kein Unbekannter zu sein.

Nachdem er den Magier entdeckt hat, geht er auf ihn zu und bedankt sich für ihm für die Bögen, die er an die Stadt geliefert hat, sagt, dass diese angekommen seien und fragt dann uns, ob wir wirklich in die schwarze Stadt gehen wollten. (So viel zum Thema wir reisen unauffällig, aber nun gut, vielleicht ist mir nur wieder einmal ein Teil des Plans entgangen.)

Als Flüjonda die Frage des Grafen bejaht, antwortet dieser, dass er vorhabe, übermorgen eine Offensive zu starten und dass wir die Ablenkung des Feindes für unseren Aufbruch nutzen könnten. Er sagt, wenn wir uns trauen, sollten wir uns wohl eher durch die Wildnis, den Wald schlagen und teilt uns mit, dass wir dann jedoch einen Führer bräuchten, der uns zur Seite stehen würde.

Bei dieser Aussage richtet er seinen Blick auf Jorgrim, bevor er fortfährt zu erzählen. Er teilt uns mit, dass Jorgrim sein bester Mann sei, dass er einen der berüchtigten schwarzen Reiter aus dem Sattel geschossen hätte und so vielen Menschen das Leben gerettet hätte. Das erklärt, warum er hier so beliebt ist. An Jorgrim gewandt fährt er fort, dass er ihm nach diesem Auftrag einen Adelstitel anbieten könnte, ihm eine Baronie übertragen würde. Weiter sagt er, dass er den Verlobten einer bestimmten Adeligen vorne direkt an die Front schicken könnte, was sicherlich dafür sorgen würde, dass der Weg für ihn frei sei und dass es ihn sicherlich freuen dürfte zu hören, dass die Zimmer in seinem Anwesen begrenzt seien und er nur noch ein Doppelzimmer für ihn hätte, welches bereits von besagter Adeliger bewohnt würde.

Auch wenn ich das Angebot, den Verlobten dieser Frau in den Tod zu schicken, etwas makaber finde, so bin ich dennoch überrascht, wie sehr der Graf offenbar hinter dieser Romanze zu stehen scheint und wie unangenehm dies Jorgrim zu sein scheint. Oder ist es ihm gleichgültig? Ich werde aus seiner Mimik einfach nicht schlau, vermutlich muss ich ihn dazu erst noch besser kennenlernen. Aber ich bin froh, dass er wenigstens zusagt, uns nach Yol Ghurmak zu führen.

Mit diesen Worten entschuldigt er sich von uns, sagt, dass er noch seine Eltern aufsuchen wolle und der Graf ergreift wieder das Wort, bietet uns an, uns auszustatten. Für die Magier hat er leider keine nützlichen Dinge in seiner Stadt aber für die Kämpfer unter uns und ich bin überrascht, als selbst Ifrundoch dieses Angebot wahrnimmt und sich eine lederne Weste aussucht, die ihm etwas Schutz geben sollte. Im Anschluss werden wir noch zum Abendessen eingeladen, welches äußerst üppig ausfällt und ich muss erneut an die Flüchtlinge vor den Stadtmauern denken, denen es weitaus schlechter geht.

Nach dem Essen ziehe ich mich in mein Zimmer zurück und freue mich darüber, dass ich sogar einen kleinen Balkon habe. Auf diesem kann ich in Ruhe Madas Spiegel auf meine Jungs wirken und ich bin erleichtert, als ich sehe, dass es ihnen gut geht. Thezmar schläft gerade und Isidor, der neben ihm im Bettchen liegt, spielt mit seinen kleinen Händchen und winzigen Fingerchen. Mir wird schwer ums Herz, ich wünsche mir nichts sehnlicher, als jetzt bei meiner Familie zu sein. Aber ich weiß, dass das nicht möglich ist. Nicht, wenn ich will, dass sie in Sicherheit aufwachsen können. Ich sollte mich hinlegen und schlafen.

06. Efferd 1021 BF

Um mich etwas abzulenken, schließlich können wir erst morgen aufbrechen und ich möchte nicht in Melancholie und Heimweh versinken, suche ich den Perainetempel auf und biete dort meine Hilfe an. Es ist beinahe wie zu Hause, ich bin den ganzen Tag beschäftigt und komme erst Abends zurück zum Abendessen.

Dort erfahre ich dann auch, dass Ugdan beim Orden der grauen Stäbe Astraltränke erwerben wollte, dafür jedoch 200 Dukaten pro Trank gebraucht hätte. Als er diese bei der Bank holen wollte, wurde ihm mitgeteilt, dass dies erst nach Aufbruch der Truppen wieder möglich sei, woraufhin er magisch die Bearbeitung beeinflusst haben soll. Jedoch scheint dies nicht unbemerkt geblieben zu sein, denn der Graf hat ihn dann abends wütend zu sich zitiert und ihm gesagt, dass er doch nur etwas hätte sagen müssen, dann hätte er für ihn gebürgt. So musste er neben den Schulden auch noch Schweigegeld an die Bank zahlen, damit dieser Vorgang nicht an die Öffentlichkeit gelangt.

Ugdan hätte doch auch einfach mich um Geld bitten können, er weiß doch, dass ich zwar einiges besitze, aber selten davon Gebrauch mache. Ich bezweifle mehr und mehr, dass er seinen Astraltrankkonsum im Griff hat aber mit ihm darüber zu reden bringt uns leider auch nicht weiter, das habe ich oft genug versucht.

07. Efferd 1021 BF

Zur vierten Morgenstunde machen wir alle uns bereit. Die Soldaten sammeln sich und auch wir begeben uns mit Jorgrim zusammen vor die Stadtmauern. Jorgrim teilt uns mit, dass wir die Wahl haben, mitten im Schlachtgetümmel über die Furt den Fluss zu durchqueren, was jedoch nicht ganz ungefährlich ist oder dass wir den Fluss im sicheren Bereich überqueren könnten. Jedoch müssten wir dann schwimmen und uns beeilen, da die Irrhalken auch diesen Bereich kontrollieren werden. Ugdan schlägt daraufhin vor, dass er mittels Weiches erstarre den Fluss passierbar machen könne und wir dadurch zügig vorankommen dürften, weshalb wir uns für die Variante im sicheren Gebiet entscheiden.

Als der Ansturm der Soldaten beginnt, beginnt auch Ugdan damit, den Weiches erstarre auf den Fluss zu wirken und sobald er uns das Signal gibt, bemühen wir alle uns, möglichst schnell aber auch möglichst leise den Fluss zu überqueren. Während einige von uns dies recht gut bewältigen, benötigen andere, darunter auch ich, etwas Hilfe und, wieder einmal, werde ich von Ifrundoch einfach unter den Arm geklemmt und mit nach drüben getragen.

Nach nicht einmal zwei Minuten stehen wir alle dreizehn (ich hoffe, dass das kein schlechtes Omen für unser Unterfangen ist, aber ich bemühe mich sehr daran, nicht abergläubisch zu werden) im Wald auf der anderen Flussseite. Es fällt sofort auf, dass die Bäume hier keine Blätter tragen, sondern voller schleimiger schwarzer Pilzgeflechte sind. Es herrscht eine unheimliche Stille, kein einziges Tier ist zu hören und die Luft ist stickt, trocken und äußerst heiß. Es stinkt erbärmlich und ich verstehe jetzt, warum Jorgrim uns dazu angehalten hat, möglichst viel Trinkwasser mitzunehmen. Wir werden hier kein Wasser finden und selbst wenn, so würde ich es nicht trinken wollen.

Unsere Reise gestaltet sich mühsam, wir kommen nur langsam voran und ich muss mich beherrschen, mich nicht ständig umzudrehen. Es ist, als hätte der Wald Augen. Noch nie war ich so früh über die Robe, die mir Pjerow vor etlicher Zeit geschenkt hat, welche mich ein wenig besser vor Beeinflussungen schützen soll. Trotzdem habe ich ein mulmiges Gefühl, als wir abends ein Lager aufschlagen und bin froh, dass Wachen aufgestellt werden. Auch ich werde eine Schicht übernehmen.

08. Efferd 1021 BF

Wir reisen weiter. Offenbar war die Nacht ruhig, zumindest ist mir nichts zu Ohren gekommen und gesehen habe ich während meiner Schicht auch nichts. Während der Boden sich anfühlt, als sei er voller spitzer Steine, fällt mir auf, dass aus den Bäumen, besser gesagt aus ihren Stämmen ab und an Hirschbeine herausragen. Es sieht so aus, als hätten die Bäume die Hirsche verschlungen. Ein schauderhafter Gedanke und es wird auch nicht besser dadurch, dass meine Kugel im Stab die ganze Zeit durchgehend rot leuchtet. Dass dieser Wald nicht natürlicher Natur ist, ist mir bewusst, aber dass er mir schaden will, ist beinahe schon unheimlich.

Nachmittags fällt mir auf, dass sich die Rüstung Ranijians blutrot gefärbt hat und als ich ihn bitte, mir seinen Rücken zu zeigen, sehe ich mit Schrecken, dass er lauter kreisrunde offene Stellen hat, aus denen das Blut unaufhörlich hinaussickert. Da er jedoch keinerlei Schmerzempfinden hat, ist ihm selbst gar nicht aufgefallen, dass er verletzt worden ist. Ich wirke einen Balsam auf ihn, bevor wir unsere Reise bis zum Abend fortsetzen.

09. Efferd 1021 BF

Ich verstehe jetzt, warum Jorgrim uns dazu angehalten hat, bei jedem Wachwechsel alle zu wecken, damit sie ihre Position ändern. Als ich die Augen aufschlage, erkenne ich, dass sich um meine Beine ein Kraut gewickelt hat, welches ich vorsichtig abstreife. Kurz darauf kommt Ifrundoch zu mir und sagt, dass ihn etwas gebissen hätte und zeigt mir seine blutende Brust, auf der ebenfalls eine kreisrunde Wunde klafft, ähnlich den Wunden, die Ranijian auf seinem Rücken hatte.

Ich lege ihm einen Verband an, nachdem er mir versichert, dass ein Balsam nicht nötig sei und mir fällt auf, dass dort, wo sein Blut auf den Boden getropft ist, kleine gelbe Blumen gewachsen sind. Ich nähere mich vorsichtig einer der Blüten mit der Hand, will herausfinden, ob sie auf die Anwesenheit von mir reagieren und bin zu langsam, als diese mich mit einer ätzenden Säure anspritzt, welche sich schnell ins Gewebe meiner rechten Hand frisst. Ich muss einen ganzen Wasserschlauch opfern, um die Säure abzuwaschen, bevor sie sich noch tiefer ins Fleisch gräbt und umwickle die Wunde dann zügig mit einem Verband, bevor das nachquellende Blut den Boden berühren kann. Warum muss ich auch immer so unglaublich neugierig sein?

Wir setzen unsere Reise fort und ich merke, dass die Nächte langsam ihren Tribut fordern. Meine Konzentrationsfähigkeit lässt Stück für Stück immer mehr nach und ich finde nicht die notwendige Erholung in der Nacht, die ich dringend bräuchte, um meine Energie zu regenerieren. Uns allen fällt der sengende Wind auf, der plötzlich durch die Bäume pfeift und scheußliche Geräusche verursacht und alle, die eine Waffe bei sich tragen, bekunden nach Abklingen des Windes, dass sich das Metall spröde anfühlen würde. Wir müssen uns beeilen und aus diesem dämonisch pervertiertem Gebiet herauskommen. Nicht auszudenken, wie es meinem Mann ergehen würde, hätte er uns begleitet.

Ich unterdrücke ein Seufzen bei dem Gedanken an Rondrasil aber ich wage es nicht, hier einen Madas Spiegel zu wirken. Zu hoch ist die Gefahr, dass dabei etwas schief gehen kann. Am Ende schaffe ich so eine Pforte, durch die dämonisches Wirken nach  Norburg gelangen kann. Dieses Risiko kann ich nicht eingehen. Ich kann nur zu den Göttern beten, dass sie auf meine Lieben aufpassen, während ich weg bin.

10. Efferd 1021 BF

Es muss etwa Mitternacht sein, als wir alle durch ein lautes Kreischen geweckt werden. Jorgrim hat ein laut kreischendes fliegendes Auge mit großem Mund auf seinem Kurzschwert aufgespießt und ich erkenne sofort, dass es sich um einen Gotongi handelt. Dies erklärt auch das Gefühl, dass ich beobachtet werde, welches ich die letzten Tage ständig gespürt habe. Und dem Mund nach zu urteilen war dieses Biest auch für die Wunden verantwortlich, die Ranijian und Ifrundoch erlitten haben.

Auf Anweisung Wilmaans hole ich meine Flöte hervor und beginne, ein paar schiefe Töne darauf zu spielen, woraufhin plötzlich der Wind zunimmt und noch heißer wird. Wilmaan ruft nur noch „Lauft!“, bevor er selbst möglichst schnell die Lichtung verlässt und auch wir anderen raffen unsere Sachen zusammen und suchen das Weite. Allerdings stolpert Ugdan über eine Wurzel und fällt der Länge nach hin.

Mit Schrecken sehen wir alle, wie sich eine Feuerwalze unaufhaltsam auf ihn zubewegt und in letzter Sekunde gelingt es ihm, einen Gardianum zu wirken, der den Großteil der Hitze von ihm fernhält. Jedoch steht er jetzt inmitten von glühendem Boden und die Wurzel, über die er gestolpert ist, hat sich um sein Bein gewunden. Als er diese herausreißt, spritzt aus ihr ebenfalls, wie aus den Blumen, eine Säure, die sich über sein Bein ergießt und auch er muss eine ganze Wasserflasche opfern, um schlimmeren Schaden zu verhindern.

Im Anschluss nimmt er gleich zwei Astraltränke und beginnt damit, sich auszuziehen, um sich, wie ich aus Erfahrung weiß, in einen Raben zu verwandeln. In diesem Moment fällt mir ein, dass Jorgrim von dieser Fähigkeit noch gar nichts weiß, aber um ihn aufzuklären ist es schon zu spät. Ich hoffe nur, dass er von Magie nicht so viel Ahnung hat und davon ausgeht, dass dies ein völlig normaler Zauber sei.

Als Ugdan sich zurückverwandelt hat, teilt er uns mit, dass er in Richtung Südosten eine starke dämonische Präsenz wahrgenommen hat und ich glaube wir sind alle erleichtert, dass Jorgrim uns bedeutet, dass unser Weg uns nach Südwesten führen wird.

Es hat keinen Sinn, nochmal ein neues Lager aufzuschlagen, weshalb wir unsere Reise bereits jetzt fortsetzen. Vermutlich weiß Galotta schon längst, dass wir auf dem Weg zu ihm sind, wer sonst hat uns diesen Gotongi auf den Hals gehetzt?  Wir kommen an einem Baum vorbei, auf dessen Ast ein Vogel sitzt. Die Füße scheinen mit dem Baum verwachsen zu sein, der Vogel selbst lebt aber noch, zwitschert sogar ein wenig. Das erste Geräusch von einem Tier seit unserem Aufbruch und dennoch ist der Anblick schier unerträglich für mich und ich beeile mich, weiter zu gehen.

11. Efferd 1021 BF

Diese Nacht war, im Verhältnis zu den anderen, beinahe sogar erholsam. Uns allen steht die Erleichterung darüber, dass sich offenbar kein zweiter Gotongi in unserer Nähe zu befinden scheint, ins Gesicht geschrieben.

Gegen Mittag erreichen wir eine Lichtung, in dessen Mitte ein kleiner See verlockend ruhig da liegt. Um den See herum wachsen abertausende dieser kleinen gelben Blumen und wir machen einen großen Bogen um sie herum, wissen wir doch durch meine leidvolle Erfahrung, zu was diese kleinen Pflanzen in der Lage sind. Am Abend erreichen wir die Ausläufer des Kajan, dessen breites Flussbett hauptsächlich aus Matsch und Morast besteht. Lediglich in der Mitte fließt noch ein kleines Rinnsal. Doch auch wenn uns unsere Wasservorräte ausgehen, so sehen wir keine Möglichkeit, gefahrlos an dieses Wasser heranzukommen, wir müssen weiterreisen und beschließen, den Fluss entlang zu gehen.

Mittlerweile ist es dunkel und wir erreichen ein kleines Dorf, in dessen Mitte ein Brunnen steht. Unglücklicherweise wird dieser von einer Wache bewacht und Jorgrim erklärt, dass es sich um einen der Besatzer handelt, die dafür sorgen, dass die Bauern hier nicht fahnenflüchtig werden. Die Bauern müssen sämtliche Nahrung, die sie hier anbauen, an Yol Ghurmak abgeben und laut Jorgrim sind hier mindestens fünf Büttel und einer dieser schwarzen Reiter.

Mir kommt eine Idee, wie wir dennoch ungesehen an den Brunnen und damit an Wasser gelangen könnten und ich unterbreite meine Gedanken den anderen, die dem Vorschlag umgehend zustimmen. Uns allen ist der Durst und die Erschöpfung anzusehen.

Ich wirke einen Ruhe Körper auf die Wache am Brunnen und lasse mir dabei besonders viel Zeit, da ich eine Distanz von über fünfzig Schritt überwinden muss und bin sehr erleichtert, dass mir dieser Zauber gelingt. Die unzählige Übung auf Distanzzauberei macht sich bezahlt.

Als die Wache herzhaft gähnt und sich an den Brunnenrand lehnt, bevor sie einschläft, schleichen Ifrundoch, Jorgrim und Pjerow zum Brunnen, um unsere Wasserschläuche aufzufüllen. Mir stockt der Atem, als die Tür des Gasthauses aufgeht und einer der Büttel herauskommt, während die anderen am Brunnen sind. Den Göttern sei Dank pinkelt der Büttel jedoch nur an die Hauswand, bevor er wieder hinein geht, die anderen nicht bemerkt.

Wir beeilen uns, das Weite zu suchen und schlagen abseits vom Weg unser Lager für die Nacht auf. Zwar ist der Weg nicht gerade sicher, aber wir alle sind froh, uns außerhalb dieses pervertierten Waldes zu befinden.

12. Efferd 1021 BF

Kapillar hat sich nachts weggeschlichen, besser gesagt, sie hat es versucht, wurde aber von Jorgrim dabei erwischt, obwohl Yuto versucht hat, ihn mit einem Gespräch abzulenken. Auf Nachfrage, wo sie hin wolle, hat sie ihm erklärt, dass sie sich ins Dorf schleichen wolle, um dort im Kornspeicher ein Präsent zu deponieren, welches in drei bis vier Monden alle krank machen würde. Ich bin mir unsicher, ob ich sie aufgehalten hätte, Jorgrim hat es zumindest nicht getan aber nun gut, rückgängig lässt es sich so oder so nicht mehr machen.

Wir reisen entlang der Straße, bemühen uns aber, so weit wie möglich abseits zu bleiben ohne jedoch wieder zurück in den Wald zu gehen und kommen so um einiges schneller voran als noch die Tage zuvor.

13. Efferd 1021 BF

Unsere Reise verläuft ruhig, fast ein wenig zu ruhig, dafür, dass Galotta uns doch sicherlich bereits erwartet. Heute mussten wir uns verstecken, weil eine Karawane unseren Weg gekreuzt hat, aber ansonsten war der Tag, den Göttern sei Dank, ereignislos.

14. Efferd 1021 BF

Heute teilt uns Jorgrim mit, dass unser Weg uns zurück in den Wald führen wird und wir alle sehen nicht sonderlich glücklich ob dieser Nachricht aus, aber eine andere Wahl haben wir eben nicht. Im Wald kommen wir an einem deformierten Bienenstock vorbei und ich beobachte, wie die Bienen den schleimigen Saft dieser Bäume sammeln und in ihren Stock bringen.

Abends finden wir eine verlassene Jägerhütte, die scheinbar relativ sicher zu sein scheint, weshalb wir beschließen, die  Nacht hier zu verbringen. Auf die Frage, wo der Jäger sei, dem die Hütte gehört, werde ich an einen Baum verwiesen, in dessen Geäst die Leiche eines Mannes hängt. Eigentlich hängt er nicht wirklich im Geäst, vielmehr sind die Äste durch seinen Körper gewachsen, aber wenigstens ist dieser Mann bereits tot. Nicht wie dieser arme Vogel, dem wir vor einigen Tagen begegnet sind.

15. Efferd 1021 BF

Wir begegnen immer mehr Tieren, auch wenn ich nicht glaube, dass der Begriff Tiere zutreffend ist. Tierähnliche Kreaturen und Monstrositäten trifft es wohl besser. Heute sind wir an einigen Rehen vorbei gekommen, die metallisch blinkende Zähne im Maul hatten. Eines von ihnen haben wir sogar dabei beobachten können, wie es gerade ein borkiges Kaninchen gefressen hat. Ich hoffe nur, dass diese Tiere uns in Ruhe lassen.

16. Efferd 1021 BF

Als ich aufwache, bittet Okultatum mich zu ihm und sagt mir, dass ich sein Gemächt abschneiden solle, da es am Boden festgewurzelt worden ist über Nacht. Er meint, ich solle seinen Penis ruhig abschneiden, der würde wieder nachwachsen und teilt mir weiter mit, dass er keinen Ruhe Körper oder dergleichen brauche. Ich durchtrenne die Wurzeln und erneut fehlt es mir an Fingerfertigkeit und ich verätze mir die Hand. Schon wieder. Und wieder muss ich einen Wasserschlauch dafür opfern, dass sich die Säure nicht durch die ganze Hand frisst. Die ersten Wunden waren gerade eben verheilt und jetzt habe ich erneut einen Verband um meine rechte Hand und werde neue Narben davon tragen, die mich an meine Taten und Fehler erinnern werden.

Während ich meine Hand verbinde, hebt Okultatum seinen Penis vom Boden auf und holt zwei Steine aus seiner Tasche, die er mit dem Penis verbindet. Ich kann dabei zusehen, wie sich die beiden Teile seines Körpers wieder miteinander verbinden und als dieser Vorgang abgeschlossen ist, zerspringen die beiden Steine in tausende kleine Stücke.

Wir setzen unsere Reise fort, niemand möchte länger als unbedingt notwendig in diesem Wald verbringen und nähern uns dabei wieder dem Waldrand. Dort bietet sich uns ein entsetzliches Bild. Ungefähr achtzig Menschen wurden in Reih und Glied festgebunden und winseln und schreien um Gnade. Als wir näher kommen, erkenne ich, dass sie nicht festgebunden worden sind, sondern festgewurzelt. Jorgrim teilt uns mit, dass dies eine beliebte Strafe hier sei und dass wir uns von den Menschen fernhalten sollten.

Diese haben uns mittlerweile entdeckt und flehen uns um Erlösung, um Gnade an. Ich will den Menschen helfen, ihr Leid beenden, werde jedoch von Ifrundoch davon abgehalten. Auch Flüjonda, Krisha und Jorgrim steht das Entsetzen deutlich ins Gesicht geschrieben und wie mir fällt es ihnen schwer, sich zu entfernen. Aber wir dürfen nicht riskieren, hier und jetzt aufzufallen.

Diese grausame Szenerie bedeutet jedoch wenigstens, dass unser Weg durch den Wald endgültig vorbei ist. Ich kann den Yslisee beziehungsweise das, was noch von ihm übrig ist, sehen. Schwarze Wolken verfinstern den Himmel und Blitze zucken über den matschigen Morast des Seeufers. Die Stadt Yol Ghurmak ist in einem riesigen Krater erbaut worden, die Gebäude sehen allesamt sehr windschief aus und wirken so, als bestünden sie nur aus Ecken und Kanten. In der Mitte der Stadt kann ich ein düsteres Glühen ausmachen und einen großen Turm, dessen Ende ich nicht sehen kann, weil er durch die Wolkendecke ragt. Um den Turm herum fliegen verschieden große geflügelte Gestalten, allerdings sind wir zu weit weg, um zu erkennen, um was für Kreaturen es sich genau handelt.

Wilmaan drängt uns zur Weiterreise, sagt, dass er sich mit ein paar alten Freunden treffen wolle, bevor wir dann die Stadt vernichten sollten. Ich frage mich, wie wir das anstellen sollen, aber vielleicht hat er ja einen Plan, den er uns noch nicht mitgeteilt hat?

Wir gehen zum Tor, welches schwer bewacht wird und werden von den Wachen mit den Worten begrüßt, dass es sehr selten passiert, dass die Menschen freiwillig nach Yol Ghurmak kommen. Diese Aussage verwundert mich ganz und gar nicht. Auf die Frage, was uns hierher führt, holt Wilmaan ein Schreiben aus seiner Robe und sagt laut und deutlich vernehmbar, dass er als Abgesandter von Al’Anfa hier sei und zum Herrscher dieser Stadt vorgelassen werden wolle. Noch während er diese Worte ausspricht, fällt mir siedend heiß ein, dass wir Jorgrim gar nicht in unsere Pläne eingeweiht haben, dass wir ihm nicht gesagt haben, wofür wir uns hier ausgeben wollen. Er muss uns für Verräter halten, denen er zu Unrecht vertraut hat. Doch für ein klärendes Gespräch ist es jetzt leider zu spät, die Tore werden geöffnet und drei dieser schwarzgerüsteten Gestalten, deren Rüstungen, zumindest für mein ungeschultes Auge, keinerlei Schwachstellen zu haben scheinen, geleiten uns hinein.

Wir werden zur Festung im Zentrum der Stadt geführt auf steil bergab führenden Straßen. Wir kommen vorbei an Feldern mit schwarzem Korn, die jedoch viel zu klein sind, um sämtliche Einwohner hier ernähren zu können. Wir passieren einen weiteren Krater, an dessen Wänden Menschen hängen und eifrig gegen selbige hämmern. Es wirkt so, als würden sie diesen Krater bauen oder etwas abbauen. Es gibt hier sogar einen skurrilen Park, in dessen Mitte sich ein Lavasee befindet. In diesem See gibt es eine kleine Insel auf der ein Arkhobal steht. Zu der Insel führen kleine Holzbrücken und ich kann erkennen, dass diese dafür genutzt werden, um dieser Perversion Opfer darzubringen. Jedoch holen sich die Ranken des Baumes nicht immer nur das dargebotene Opfer sondern manchmal auch gleich den Darbietenden mit.

Wir werden an dem See vorbei geführt, an einer Handelshalle vorbei hin zu einer trutzigen roten Festung. Zu unseren drei schwarzgerüsteten Gestalten haben sich in der Zwischenzeit noch einige Büttel und, die Götter mögen mir gnädig sein, einige Heshtotim gesellt. Als mir dieser Anblick bewusst wird, stoppt die Gruppe, vor mir ist ein kleiner Tumult entstanden und auf meinen fragenden Blick hin flüstert mir Flüjonda zu, dass Jorgrim geflohen sei. Ich kann es ihm nicht verübeln, ich weiß nicht, ob ich den Mut aufgebracht hätte an seiner Stelle, aber daran gedacht hätte ich mit Sicherheit auch.

Nach etwa einer halben Stunde kommen die Häscher, die ihm nachgesetzt sind, zurück und wir setzen unseren Weg fort. Den Göttern sei Dank ohne Jorgrim, offenbar hat er sich erfolgreich verstecken können. Hoffe ich.

Als wir der roten Festung nah genug gekommen sind, erkenne ich, dass die Wände mit Folterszenen verziert worden sind. So schrecklich der Anblick selbst auch sein mag, ich komme nicht umhin und muss gestehen, dass die Ausführung selbst äußerst kunstvoll ist. Wir werden in die Festung hinein, direkt zu einem Thronsaal geführt, in dem wir von einem alten Mann mit roter Glatze und siebenzackiger Krone erwartet werden.

Sein Mund ist zu einem leicht spöttischem Grinsen gekräuselt und er weist uns an, niederzuknien. Auch wenn ich anfangs den Impuls habe, dies nicht zu tun, so fühle ich mich dennoch außerstande, diesem Befehl nicht zu gehorchen. Hier muss irgendeine Art Einfluss- oder Herrschaftsmagie am Werk sein. Eine äußerst mächtige, wenn selbst meine Robe und mein Gürtel mir nicht helfen können.

Der Mann, Galotta, tritt vor jeden von uns und fragt uns, wer wir sind und was wir hier wollen und dass wir gar nicht versuchen sollten, ihn anzulügen, er würde es sofort bemerken. Während Wilmaan sagt, dass er als Abgesandter Al’Anfas hier ist, versuchen wir anderen uns in etwaigen Umschreibungen unseres Hierseins. Ich erkläre, dass ich hier bin, um die Gruppe, die ich begleite, zusammenzuflicken, was ja per se nicht gelogen ist. Einzig Skandia gelingt dies so gar nicht. Sie springt vor und ruft laut aus, dass sie hier sei, um Galotta umzubringen, bevor sie von den anwesenden Bütteln gepackt und fortgebracht wird.

Galotta grinst erneut äußerst spöttisch, als er uns mitteilt, dass wir abends zu seinem Fest kommen sollen, er hätte jetzt keine Zeit, sich weiter um uns zu kümmern, da er sich intensiv mit Skandia unterhalten wolle. Ich will mir gar nicht ausmalen, was er ihr antun wird und mir wird bewusst, in welcher großen Gefahr wir alle uns gerade befinden. Ich versuche nicht an mein Zuhause zu denken, wer weiß, ob man nicht sogar die eigenen Gedanken als Waffe gegen mich verwenden kann.

Wir werden in der Festung auf unsere Zimmer gebracht, die man uns zur Verfügung stellt, damit wir uns etwas von der Reise erfrischen können, bevor man uns zum Fest abholen wird. Ich ziehe mich zwar um, wie es der Codex Albyricus verlangt, vermeide es jedoch, zu leichtfertig oder nachlässig zu sein. Kurze Zeit später klopft es an meiner Tür und wir werden gebeten, den Thronsaal aufzusuchen, es sei alles vorbereitet.

Im Saal angekommen lasse ich meinen Blick über die Anwesenden schweifen. Ich kann diverse illustre Gestalten erkennen, ehemalige Golgariten und Firuni und andere Personen, deren frühere Gesinnung nicht so offensichtlich ist.

Auf dem Tisch steht ein kleiner sehr stark geschminkter Mann, der einer Strohpuppe, die an einen auf dem Tisch stehenden Stuhl gefesselt ist. Er holt nach kurzer Zeit ein menschliches schlagendes Herz aus ihrer Brust und wendet sich mit diesem in der Hand Pjerow zu. Er fragt ihn, ob er wisse, was gerade mit seiner Freundin passieren würde und antwortet sich gleich selbst darauf, dass er den Vorgang etwas für ihn abkürzen würde. Mit diesen Worten bläst er sachte auf das Herz, welches in Flammen auf geht.

Ich wende meinen Blick ab und sehe mich weiter um. Neben einem extrem feisten Magier steht ein gut zwei Schritt großer, sehr stark behaarter Mann, dessen Physiognomie mir nur zu bekannt vorkommt. Er steht neben einem Käfig, in dem eine nackte Gestalt, ein Mann, ein tierisches Knurren von sich gibt und mein Herz bleibt für einen kurzen Moment stehen, als ich Fredo erkenne.

Während ich mich frage, wie er hierhergekommen ist, entgeht mir, dass sich mir jemand genähert hat. Dementsprechend zucke ich erschrocken zusammen, als sich eine große Hand auf meine Schulter legt. Es ist der große Mann, der sich mir als Arngrimm von Ehrenstein vorstellt. Das muss der Wolf von Tobrien sein. Er schnüffelt an mir und meint, dass ich einen sehr interessanten Geruch an mir hätte, der dem des Wilden im Käfig gleichen würde und fragt mich, wo ich herkäme, woher ich diesen Geruch hätte.

Er fährt fort, ohne eine Antwort von mir abzuwarten, dass Fredo sich für einen Erzlykantrophen halten würde. Diese Worte lassen ihn schmunzeln, vielmehr wölfisch grinsen. Ich glaube fast, dass Arngrimm den Geruch Robaks an uns beiden wahrnehmen kann, sind wir beide doch diejenigen, die die meiste Zeit mit ihm verbracht haben, aber ich werde mich hüten, diese Information preis zu geben.

Arngrimm fährt in der Zwischenzeit fort, sich mit mir zu unterhalten und erzählt, dass er Fredo in seine Obhut bekommen habe, weil er sich angeblich mit solchen Kreaturen auskennen würde und da er ein enger Vertrauter des Kaisers sei, lag die Entscheidung auf der Hand. Ich versuche, meine Angst mit etwas wissenschaftlicher Neugier zu überspielen und Arngrimm spielt mir diesbezüglich sogar in die Hände, als er uns allen mitteilt, dass er dazu in der Lage sei, Lügen zu riechen. Ich frage ihn, ob er auch Krankheiten riechen könne, was er bejaht, jedoch sei er nicht in der Lage, psychische Erkrankungen zu riechen.

Bevor ich weiter in diese Richtung fragen kann, wird unser aller Aufmerksamkeit von Galotta auf sich gezogen, der gerade den Saal betritt. Er teilt uns mit, dass Skandia alles gestanden hätte. Dass sie ihm erzählt hätte, wie sie sich bei uns eingeschlichen hat und uns hinters Licht geführt hat und dass sie dafür jetzt in aller Ruhe Wurzeln schlagen dürfe. Bei diesen Worten fallen mir die armen Gestalten am Waldrand wieder ein und ich muss mich sehr zusammenreißen, mir nichts anmerken zu lassen. Galotta fährt fort, dass er keinem von uns trauen würde, dass wir jedoch interessant genug für ihn seien, um vorerst eine Unterkunft in seiner Stadt zu bekommen und uns frei bewegen zu dürfen.

Im Anschluss weißt er uns verschiedene Unterkünfte zu. Während wir Magier, also Flüjonda, Kapilla, Ugdan, Wilmaan und ich, im Akademieviertel in der Palastgasse wohnen sollen, werden Ifrundoch mit Krisha und Yuto an das Schwarzstoffwerk, das Handwerksviertel hier, zum Schmiedeweg verwiesen. Pjerow und Ranijian sollen im Gasthaus Blutkrug unterkommen und Okultatum soll sich im Magramfeld in der Korngasse drei melden. Ich bin mir sicher, dass Galotta uns nicht ohne Grund nach und nach zu trennen versucht.

Als wir endlich das Fest verlassen dürfen und uns vor der Festung beratschlagen, ob es so eine gute Idee sei, uns zu trennen, steht plötzlich der Hofnarr inmitten unter uns. Er ist in einen Mantel aus Fliegen gehüllt und bei sich hat er die tote Gans, die mir auf dem Tisch im Saal schon aufgefallen war. Er stellt sich uns als Torxes von Freigeist vor und fragt unverblümt, was er bekäme, wenn er uns das Buch besorgen würde, weshalb wir hier seien und welches Galotta uns mit Sicherheit nicht geben wird. Ugdan musste ja auch unbedingt ausplaudern, weshalb wir hier sind.

Ich kann mich nicht lange darüber ärgern, dass immer alle der Meinung sind, ich könnte keine Geheimnisse bewahren, während sie selbst mindestens genauso redselig, wenn nicht sogar noch mehr sind, denn Torxes schlägt vor, dass Ugdan Kapilla töten solle und ich Flüjonda. Wenn wir dies täten, würde er uns helfen. Mit diesen Worten löst er sich wieder in Luft auf und lässt uns verwirrt stehen.

Wir greifen unser Gespräch von vor seinem Erscheinen wieder auf und beschließen, vorerst geschlossen ins Akademieviertel zu gehen. Galotta traut uns so oder so nicht, da macht es keinen Unterschied mehr, ob wir uns seiner Anweisung bezüglich der Unterkünfte widersetzen oder nicht. Auf unserem Weg kommen wir an verschiedenen Gespannen vorbei, die ein immer gleiches Bild bieten. Männer, die einen Wagen ziehen, auf dem große Fässer mit Wasser sind, welches sie verkaufen. Und hinter den Wägen laufen bettelnde Kinder. Manche der Männer lassen sich erbarmen und geben den Kindern einen kleinen Schluck ab, andere jagen die Kinder nur fort.

Im Akademieviertel angekommen ziehen wir uns alle gemeinsam auf ein Zimmer zurück und noch bevor wir uns beratschlagen können, wie wir jetzt weiter vorgehen sollten, klopft es an der Tür. Pjerow öffnet sie einen Spalt und hört sich kurz etwas Geflüstertes an, bevor er eine Frau mit Kopftuch in das Zimmer bittet. Dort teilt uns die Fremde mit, dass sie Jorgrim bei seiner Flucht geholfen habe (den Göttern sei Dank) und dass sie mit uns reden wolle, da wir vermutlich der Kontakt wären, auf den sie warten würden. Dann umarmt sie Kapilla herzlich, die beiden scheinen sich zu kennen.

Nachdem die beiden etwas in einer mir unbekannten Sprache geplaudert haben, wechselt die Frau wieder ins Garethi und teilt uns mit, dass wir drei Tage Zeit hätten, um zu tun, was wir hier tun wollen, weil dann die Stadt dem Erdboden gleich gemacht werden würde. Dabei müssen wir ihr jedoch helfen und mit diesen Worten holt sie sieben Steine aus ihrer Tasche. Sie erklärt uns, dass in jedem Stein die Kraft eines Elementars gebunden sei und dass wir diese jeweils an einem Ort deponieren müssen, an dem das Element noch in seiner ursprünglichen Form vorhanden sei. Zu einem festen Zeitpunkt würden dann alle Steine ihre Kräfte entfesseln, ganz gleich, ob sie am richtigen Ort sind oder nicht.

Wir überlegen, welche Orte für dieses Vorhaben infrage kommen könnten und ich fertige eine grobe Liste an.

Luft – der Turm, welchen wir gesehen haben, ganz oben sollte es noch reine Luft geben

Wasser – der Yslisee oder die Mine ganz unten, aus der das Wasser für die Stadt gefördert werden soll

Humus – der Park oder die Schwarzkornfelder

Feuer – der Lavasee

Eis – der Dreck am Yslisee, Okultatum erklärt sich bereit, diesen gefrieren zu lassen, auch wenn er sich dadurch selbst opfern wird, da dieser Zauber nicht lange halten wird und er deshalb in der Nähe sein muss, wenn die Steine ausgelöst werden (auf meinen entsetzten Blick hin, dass er zu solch einer Tat bereit ist, entgegnet er lediglich, dass wir Weichhäute viel zu egoistisch seien, nicht dazu bereit, unser Leben für ein größeres Ziel zu geben)

Kraft – die Akademie hier im Ort oder vielleicht eine Kraftlinie, auch wenn wir nicht wissen, ob es eine gibt und wenn ja, wie wir diese ausfindig machen können

Erz – die Mine

Während wir unsere Ideen sammeln, klopft es erneut an der Tür und vor ihr steht Jorgrim. Wir weihen ihn in unsere Pläne ein und überlegen, wie wir die verschiedenen Steine deponieren sollen. Dieser schlägt vor, den Kampf zwischen Ifrundoch und dem hünenhaften Maraskaner, der ihn auf dem Fest zum Duell herausgefordert hat (warum erfahre ich erst jetzt davon?), welcher morgen in der Arena stattfinden soll, als Ablenkung zu nutzen. Er ist sich sicher, dass Galotta dem Spektakel beiwohnen wird und so könnten wir die Gelegenheit nutzen, um nachzusehen, ob sich das Buch wirklich, wie von Torxes angedeutet, in seinem Schlafzimmer befindet oder nicht.

Ugdan erklärt sich bereit, zu diesem Zweck als Geist auszukundschaften, wie viele Dämonen sich in der Nähe der Festung aufhalten und wo sie unterwegs sind.

Es muss etwa Mitternacht sein, mein Zeitgefühl ist durch die anhaltende Dunkelheit hier etwas durcheinander geraten, als es wieder an der Tür hämmert. Während Jorgrim sich versteckt, öffnet Pjerow die Tür einen Spalt. Vor ihr stehen drei der schwarzgerüsteten Gestalten, die uns mitteilen, dass der Kaiser sich mit Flüjonda unterhalten wolle. Dieser wird kurz blass, steht dann aber auf und geht zur Tür. Im Gehen wirft er Pjerow noch einen Beutel zu mit den Worten, dass dies die Expeditionskasse sei.

Ugdans Körper fällt derweil leblos auf das Bett und uns allen ist klar, was er vorhat. Er wird als Geist Flüjonda begleiten.

17. Efferd 1021 BF

Mit einem Ruck setzt sich Ugdan im Bett auf und erzählt, was die letzten zehn Minuten passiert ist. Er ist als Geist Flüjonda gefolgt, wurde jedoch von einem Dämon in der Festung fixiert und angegriffen. Dieser scheint jedoch an einen Hund gebunden zu sein, weshalb es ihm gelang, nach oben den Turm hinauf zu fliegen. Dort hat er erkannt, dass die fliegenden Gestalten Gargyle sind, beseelte Wasserspeier.

Die Beschreibung des Dämons, der ihn verletzt hat, lässt mich aufhorchen und noch während ich erkläre, dass üblicherweise ein Irhiadhzal, ein Dämon aus der Domäne des Blakharaz an Hunde gebunden wird und dass dieser Dämon jeden, den er einmal markiert hat, immer und überall wiederfinden kann, hören wir ein Kläffen vor dem Haus. Der Hund muss Ugdans Fährte aufgespürt haben.

Dieser kam nur deswegen so schnell in seinen Körper zurück, weil er über die Wolkendecke geflogen ist und dort gesehen hat, dass die Sonne gerade aufgegangen ist. Dies bedeutet zum einen, dass ein neuer Tag angebrochen ist, zum anderen aber auch, dass Ugdan hier sogar am Tag als Geist umherwandern kann.

Das Licht im Raum wird dunkler und Ugdans Körper wird gegen die Wand geschleudert, es wirkt beinahe so, als würde jemand versuchen, ihn durch die Wand zu ziehen. Pjerow und Ranijian rennen mit einem Mal los, Pjerow ruft uns noch zu, dass er den Hund zum Lavasee bringen wolle, dann sind beide verschwunden und kurze Zeit darauf erkenne ich sie auf der Straße, mit einem kläffenden kleinen Köter in der Hand, in Richtung des Sees rennen. Hoffentlich haben sie Erfolg und hoffentlich werden sie nicht vom Arkhobal erwischt.

Wir beschließen, dass wir besser zur Korngasse drei im Magramsviertel gehen sollten, die Situation hier ist zu angespannt und von dort kam auch Jorgrim, das bedeutet, dort sind die anderen, die sich gegen Galotta auflehnen wollen, untergebracht.

Ugdan, der sich wieder ein wenig erholt hat, will erneut versuchen, nach Flüjonda zu sehen und auch nach Pjerow und Ranijian will er Ausschau halten. Wieder vergehen ein paar Minuten und er setzt sich ruckartig auf. Er berichtet uns, dass vor dem Haus im Akademieviertel etliche Büttel die Bürger befragen würden, ob sie jemanden mit einem Hund gesehen hätten und dass er dort auch Pjerow und Ranijian gesehen habe, die sich diskret entfernt hätten, jedoch sei er dann nicht ihnen nachgeflogen.

Er wollte die Gelegenheit nutzen, dass der Dämon weg ist, um nach Flüjonda zu sehen. Dieser wird in diesem Moment gerade von Galotta gefoltert doch noch bevor Ugdan mehr in Erfahrung bringen konnte, hat er ein weiteres kläffen gehört, weshalb er umgehend über die Wolkendecke geflogen sei, um per Schnellreise in seinen Körper zurück zu gelangen. Wie um alles in der Welt sollen wir Pjerow und Ranijian mitteilen, wo wir sind? Wie sollen wir Flüjonda helfen und die Steine deponieren? Ich bin mir sicher, dass Galotta uns einen nach dem anderen zu sich holen und foltern wird, bis er bekommen hat, was er will.

Die Situation wird immer aussichtsloser. Und jetzt kommt auch noch Jorgrim auf mich zu und drückt mir die Steine in die Hand. Er sagt, dass er sich mit den anderen treffen wolle, weil er versprochen habe, ihnen bei der Flucht zu helfen und dass noch etliches organisiert werden müsse für die Flüchtlinge. Schließlich führt der Weg zurück erneut durch unsicheres Gebiet. Dann verlässt er das Zimmer und ich ertappe mich dabei, wie ich noch lange auf die geschlossene Tür starre, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen.

Abenteuer: Humus, Feuer, Erz und Tod - Teil 2
Dieser Eintrag wurde am 12.07.2019 (12:23) verfasst und 568 mal aufgerufen.
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