Tagebuch von Talvarion, Sohn des Tarox
Vita

Talvarion, Sohn des Tarox, wurde am 28. Rondra des Jahres 68. v. Hal in den Hallen der Sippe Turbosch im Ambossgebirge in einem Seitental Xorloschs geboren.Die Sippe Turbosch war stolz, der Zwergenheit ein weiteres Kind geschenkt zu haben, denn ihre Weiber waren fruchtbar – für Zwergenverhältnisse – so dass Talvarion mit vielen Cousins und sogar einigen Cousinen aufwachsen konnte. Und so verlief seine Kindheit weitestgehend ruhig in den heimischen Hallen. Lediglich einen Mangel hatte ihm der Herr Ingerimm mitgegeben, der jedoch in den ersten 20 Jahren seines Lebens kaum auffiel – denn wen interessiert schon Untertage der Unterschied zwischen Rot und Grün? Eine Unzulänglichkeit, die verbreitet war in der Sippe, vom Großvater bishin zu zwei Cousins hatten dies mehrere Mitglieder, doch keiner grollte dem Großen Schmied deswegen, war der Unterschied wohl eigentlich nur für Kleefresser wichtig.

Talvarions Wunsch Bergmann zu werden stand schon früh fest, den Traditionen seines Volkes folgend war es ein guter Wunsch. Da der Sippeneigene Stollen jedoch fast erschöpft, und wegen der gebärfreudigen Frauen der Sippe schon recht eng war, folgte Talvarion seinem Oheim Robosch von den Gipfeln auf eine Reise, die sie zu neuen Pfünden führen sollte. So kam es, das nach seinem ersten, langen Aufenthalt über den Höhlen er eine Lehrstelle bei den Bergleuten der Beilunker Bingen annahm. Und wie froh war der junge Talvarion, als er endlich wieder in die Höhlen kam, den auf den weiten Flächen und unter freiem Himmel fühlte er sich mehr als nur unwohl, manchmal hatte er regelrechte Angst davor, die großen, freien Pfade zu queren. Zwar legte dies sich mit der Zeit ein wenig, doch nach wie vor geriet er regelrecht in Panik, wenn ihm nur am Horizont eine Berg oder Wald die Sicht begrenzte... je enger es war, umso besser. Am Rande Beilunks machte er auch das erste mal Bekanntschaft mit dem Wasser, zu dem es ihm wegen seiner Neugier hinzog. Doch naturgemäß ist ein Zwerg nun einmal kein Korken, und so ersoff er fast bei seinem ersten Besuch am Meer, als eine Welle ihn überspülte, weswegen es einsah, dass das Wasser nicht eines Zwergen Elements sei, und er es von nun an fest meiden müsse.

In den folgenden Jahren erlernte er seinen Beruf, fleißig und glücklich in den neuen Stollen, und mehr als einmal half ihm sein Gespür für Gold eine neue Ader zu finden, und ein fast unheimlicher sechster Sinn, einen kommenden Steinschlag zu vermeiden. Bald wurde er als erster in die Stollen geschickt, da er es regelrecht Spürte, wenn dort Gefahr drohte. Zwar blieb er dabei nicht ohne Blessuren, aber die heilten bei ihm schnell, denn schließlich war er ein Zwerg von gesunder Konstitution und stetig zunehmender Kraft seiner jungen Arme. Weder Hitze noch Dunkelheit, noch giftiger Staub oder Dumpfschädel machten ihm etwas aus, er war jung, er war ein Zwerg – was sollte ihm passieren? Und das er nach der Arbeit Stank wie der Arsch eines Mammuts, wen störte das schon unter Zwergen? Nun gut, die Brilliantzwerge waren da etwas empfindsamer als seine Genossen in den heimischen Hallen, aber zwischen den anderen verschwitzten Arbeitern fiel es doch eher wenig auf...

Mit seiner Weihe zum Mann lieh er sich von seinem Oheim eine stattliche Summe Goldes, die dieser ihm auch gerne gab, um seinen eigenen Stollen zu treiben, denn er war sich sicher, eine ergiebige Ader aufgetan zu haben. Und Anfangs ging alles gut, er zahlte brav seine Schulden zurück, und lange Jahre verbrachte er in voller Zufriedenheit mit seiner Arbeit.

 

Dann kam das Unglück, das Verderben der Beilunker Zwerge, das halb Dere umkrempelte. Bisher war die gewaltsamste Auseinandersetzung für Talvarion eine Schlägerei mit den anderen Arbeitern nach ein paar Bier gewesen, und nur gelegentliche Waffenübungen wie es gute Zwergenpflicht ist hatten ihn mit dem Kriegshandwerk in Berührung kommen lassen. Doch dann kam Borbarad – und mit ihm seine Schergen. Zuerst berührte es die Zwerge kaum.  Doch dann viel Burg Krukum, Beilunk wurde belagert, und in die Binge der Zwerge drangen ein ums andere mal unheilige Kreaturen vor – bis Stollen um Stollen und Zwerg um Zwerg fiel. Talvarion folgte dem ruf der Pflicht, verteidigte sich, seinen Stollen und das Volk, griff zu Axt und Hammer. In Bergmannstrupps zu 10 traten sie den vorrückenden Horden entgegen – und wurden ein ums andere mal frustrierend geschlagen. Während es mit den Schergen noch ganz gut klappte waren die Bärtigen gegen so manches Dämonengezücht machtlos und mussten sich unter Trauer, Hass und Wut zurückziehen, ohne dem Feind auch nur eine Wunde schlagen zu können. Als die Bedrohung immer größer wurde schloss sich Talvarion einer Rotte junger, streitlustiger Zwerge an, die sich „Angroschs wilder Haufen“ nannten und so etwas wie eine eigene Söldnereinheit bildeten. Für einen viel zu billigen Preis verpfändete Talvarion seinen Stollen gegen gute Waffen und Rüstung, denn sein Blut brannte heiß und trübte seine klare Sicht. Schlacht um Schlacht kam, ging, kam erneut und forderte Ihren Blutzoll – bis nach Jahren des Kampfes die Ältesten der Beilunker Bingen einsahen, dass der Kampf verloren war. Nicht mehr viele waren von Ihrem Volk übrig, und die letzten verzweifelten flohen aus den Stollen, die ihrem Volk Jahrtausende Sicherheit geboten hatten. Und mit ihnen, den Rückzug deckend, ging Talvarion. Beilunk war gefallen, und so schlich man hinaus und hinüber bis in die sicheren Lande. Noch einmal ein guter Teil der Freunde und Bekannten fiel auf diesem Exodus, bei dem nur wenige zurückbleiben wollten, bis man schließlich ins sichere Reich fand.

Dort trennten sich die Wege, und Talvarion, der mittlerweile ein gestandener Kämpfer war, auch wenn er nie die berühmte Drachenkampfschule besucht hatte, machte sich auf den Weg in die Heimat. Denn auch sein geliebter Oheim war gefallen, und es war an ihm die traurige Kunde zu überbringen. Bei seiner Heimkehr war nur wenig Freude in der Sippe, den der Verlust wog schwer. Er erzählte die ganze Geschichte, ehrlich und ohne Übertreibungen – und die ältesten entschieden, dass seine Schuld beim Oheim auf die Sippe überging. So stand er nun mit einigem Gold in der Pflicht bei seinem Cousin Ulrosch. Und dies ist wohl der wichtigste Grund, warum er wieder hinauszog in die Welt, mit Grimm im Herzen auf die Feinde des Zwergenvolkes und auf der Suche nach einem guten Verdienst, um seine Verbindlichkeiten auszulösen, denn seinen geliebten eigenhändig gegrabenen Stollen wird er wohl nicht so schnell wieder in Besitz nehmen können.

Also gib acht fremder, ob Dir nicht ein waffenstarrender, grimmig blickender Zwerg Namens Talvarion über den Weg läuft, denn wo es Geld zu verdienen gibt, da magst Du ihn wohl finden können.

Dieser Eintrag wurde am 17.04.2020 (21:12) verfasst und 461 mal aufgerufen.
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