Tagebuch von Marnek Espenhain
Die Braut des Bronjaren

Nachdem wir uns ordnungsgemäß vom Bronjar und seiner Tochter, aber natürlich auch den Geweihten verabschiedet hatten ging es für uns zurück auf der Küstenstraße nach Festum. Bedauerlicherweise konnte ich den Alten nicht dazu bringen mir seine Stellmacherin Teneke für ein paar Wochen auszuborgen. Das hätte die Sache mit der Kutsche deutlich vereinfacht. Aber sei‘s drum, dafür würde sich in Festum sicher eine Lösung finden lassen. Wobei ich mir überhaupt nicht sicher war, warum ich die olle Kiste überhaupt herrichten lassen wollte. Ich meine, ich hatte ja eh nur ein Pferd zum Reiten und nichts, was ich mit so einem Frachtkarren transportieren könnte. Jucho versuchte zwar ein ums andere Mal mir zu erklären, dass man mit der Kutsche, wenn sie denn führe, weiteres Gold verdienen könne, man bräuchte ja nur waren dafür, also zum Beispiel das reichlich vorhandene Holz aus meinen Wäldern. Aber zum einen würde mit Sicherheit keiner einfach mal so um des Goldes willen die Axt an meine Bäume legen, und zu anderen war mir mehr Gold eigentlich ja auch völlig egal. Ich glaube, das einzige was mich dazu trieb das Thema überhaupt weiter zu verfolgen, war dieser putzige jugendliche Enthusiasmus, den Jucho dabei an den Tag legte. Die Reise nach Festum an sich verlief allerdings völlig Ereignislos.

 Aus Süden kommend gingen wir über die Brücke durch die alte Zollfeste in die Stadt. Auf dem Marktplatz sprach uns ein Herold an um ein Gasthaus zu empfehlen. Das musste man den Städtern lassen, solange ich diese Bronjarenfummel trug waren sie ausgesprochen zuvorkommend. Der goldene Schwan, wohl eines der besseren Häuser, kam auf Grund meiner Begleitung wohl nicht in Frage. Wobei der gute Mann einen schiefen Blick auf Melham, Boutzen und Argal warf. Vielversprechend auf wegen des Namens fand ich aber den Tempel von Rum und Grog. Er zeigte uns sogar den Weg über Marktplatz rechts ab Richtung Hesindedorf. Argal, der sich mal wieder einen Unfug nicht verkneifen konnte, tippt mich wieder mit seinem „Goldfinger“ an, so dass meine Kleidung sich mit diesem protzigen Goldschimmer überzog.  Ich weiß ja, er meinte es eigentlich nur gut. „Meister Marnek damit viel prächtiger aussehen“, sagte er dann immer. Allein, ich wollte ja überhaupt nicht noch prächtiger aussehen und noch mehr auffallen. Mir ging dieses unterwürfige Getue ja so schon genug auf den Keks. Und anscheinend hatte er auch noch viel zu viel Spaß daran, mich damit aufzuziehen. Aber da könnte ich genausogut versuchen einem Stein das fliegen beizubringen. Was theoretisch kurzzeitig ja geht, man muss ihn nur kräftig genug werfen… aber Argal wollte ich ja jetzt auch nicht herumschleudern. Direkt vor dem sogenannten Hesindedorf kamen wir an eine saubere aber etwas heruntergekommene bornische Taverne.  Melham, der sich wieder in recht plumper Art der Damenwelt anbiederte, blitzte erneut bei Nadjescha ab. Natürlich fanden wir hier einen Platz und man kredenzte mir Bärenschinken und Meskines, während es für die „Dienerschaft“ nur Suppe Brot gab. Zumindest geben sollte, den gerade Argal und Melham schienen sich mit einer so offen zu Schau gestellten niedrigeren Stellung nicht abfinden zu können. Sumu, schmeiß Hirn vom Himmel für die geistig armen, die nicht in der Lage sind auch einfach einmal ihren Stand zu akzeptieren und dadurch auch noch die guten Wirtsleute in Verlegenheit brachten.

Argal und Melham kauften sich, nachdem ich dazu sogar mein Einverständnis geben musste, selber Meskines, der normal anscheinend den Herrschaften vorbehalten war. Aber es war mir doch echt egal, wofür die beiden ihr Gold zum Fenster hinauswarfen. Argal keuchte und hustete nach der Hälfte seines Bechers und musste absetzen. Der Brand war aber auch scharf. Da wir für den Nachmittag nichts weiter vorhatten machte ich mit Nadjescha aus, das sie mir nach einem Besuch in ihrer Redaktion ein wenig Festum zeigen würde. Nach einem Abstecher in den Zoo, hier gab es allerlei Tiere zu sehen, für die man ansonsten einfach nur hinaus in die freie Natur gemusst hätte, wobei der Weg bei einigen Exemplaren schon weiter gewesen wäre, aber das schafften diese Städter anscheinend nicht, auf die sich füllende Norbardenwiese und zuletzt in die Redaktion der Festumer Flagge. Sie zeigte mir sogar das Redaktionsgebäude, ein respektabler Fachwerkbau in bester Lage, von innen. Jucho zog derweil los um Material für die Kutsche zu organisieren. Nadjescha ging zu  ihrem Chef, ein älterer Herr Namens Jakon Puschinske und Leiter der Flagge. Dieser Puschinske, ein schwarzhaariger, blasser Typ mit grauem Schnauzer im Gesicht begrüßte mich ausgesprochen höflich, nachdem Nadjescha mich vorgestellt hatte. Ein sehr netter älterer Festumer wie mir schien, der geschliffene Manieren hatte. Fragte mich dann wie lange ich das Spiel schon spiele, aber ich wusste überhaupt nicht was er von mir wollte. Welches Spiel? Ich wäre wohl recht grün hinter den Ohren, womit er anscheinend auszudrücken gedachte, dass ich als Bronjar noch nicht viel Erfahrung hatte, was ich ja nicht leugnen konnte. Dafür bot er mir einen Kräutertee in einer zarten Tasse aus Unauer Porzellan mit Schuss an. Fragte mich auch nach Graf nach Firutin. So freundlich der erste Eindruck war, ich fühlte mich von dem Alten irgendwie verhört und verstand auch gar  nicht alles was er von mir wissen wollte. Am Ende des Gesprächs war ich reichlich verwirrt und behielt nur, dass wir uns auf der Adelsversammlung  am 15. Firun in Festum wohl wiedersehen würden. Ich nahm mir fest vor, Nadjescha dort mit hin zu nehmen. Sie schien nach wie vor deutlich mehr von diesem Zeug zu verstehen als ich. Obwohl… vielleicht würde ich mich am 15. Firun ja einfach im Schloss einschneien lassen um diesem Rummel zu entgehen. Das wäre ja nicht so abwegig als Ausrede, oder?

Nach einer ruhigen Nacht trafen wir uns zum Frühstück wieder.  Mit Argal ging ich zu den Magiern. Er war schon ganz zappelig, weil er endlich sein Gold gegen das Artefakt eintauschen wollte. Wir wurden zwar direkt vorgelassen und warteten nur kurz, wurden aber ansonsten enttäuscht. Sie könnten das von Argal gewünschte Amulet nicht machen, aber kennen jemand, einen Magister Emeritus (was auch immer das sein sollte) Alvin K. Wippflügler, der dies vermöge. Er hätte in Kunchom studiert und sei auf solcherlei Werk spezialisiert. Zu finden sei er derzeit in der Nähe des Bornwaldes bei Rodebrand oder Jagotin, es gäbe dort Sphärenturbationen und Störungen im Geflecht der Mada. Nadjescha schien den Mann zumindest vom Namen nach zu kennen und diese „Störung“ hörte sich verdächtig nach dem gleichen Problem an, dass ich mit meiner eigenen Kraftquelle hatte. Nur Argal begann schnatternd zu zetern und jammern, weil er sich anscheinend von den Magiern betrogen fühlte. Dabei  hatten sie ja noch gar kein Gold von ihm genommen für das Artefakt. Aber verstehe einer diese Goblins. Dafür hatten sie seine Tränke, die ihm irgendwo mal in die Tasche gehüpft waren, analysiert. Und das meiste davon war wohl sogar noch zu gebrauchen wie es schien, aber ich passte nicht wirklich auf, was er nun alles mit sich herumschleppte. Trotzdem war seine Laune ziemlich geknickt, obwohl wir sofort vereinbarten, diesen anderen Magister aufzusuchen. Rodebrand lag ja eh nur einige Tagesmärsche hinter Strobanof, also trieb sich dieser Magier quasi bei mir daheim herum, es würde also keine Umstände machen.

Als nächstes gingen wir mit Jucho zur Norbardenwiese, wo es Kutschenteile geben solle. Am firunwärtigen Ende dieses freien Stücks Land innerhalb der Stadt kamen wir bei der Sippe Pschelawood an, mit der Jucho anscheinend am gestrigen Tag schon Kontakt aufgenommen hatte.  Er stellte uns der Mume, so etwas wie der Sippenältesten,  vor, die uns direkt zum Frühstück einud. Haferbrei mit Honig und Salz wurden gereicht, anscheinend war das eine Art formeller Begrüßung. Und dann ging das Handeln und Feilschen los. Bei Sumu, wie ich dieses Geschachere hasse… Sie boten Melham Karenlederstiefel für 1 Batzen an, dass aber nur am Rande. Nach einem kurzem Gang durchs Lager zeigte man uns eine Plane mit dem von Jucho bestellten Material. Lauter Zeug mit dem ich selbst nichts anfangen konnte. Bremsen, Stahlreife, Leder, Tuch, Nägel und Anderes mehr. Da ich der Mann mit dem Gold war wandte sich die Mume nun an mich, auch wenn Jucho beständig versuchte sich in das Gespräch hineinzudrängen. Auch er meinte es wohl nur gut, vermutlich um meinen Geldbeutel zu schonen, aber manchmal muss der Krümel eben schweigen, wenn die Kuchen sprechen. Ich bezahlte die Sippe ohne großes Gefeilsche für das Material und einen Stellmacher für 2 Monde zum Reparieren meiner Kutsche. Oben drauf verkaufte mir die Mume eine Zobelmütze als standesgemäße Kopfbedeckung für einen Bronjaren für 35 Batzen. Wobei Jucho wegen dem vielen Gold die ganze Zeit rumjammerte. Aber war ja nicht sein Gold, also was stellte er sich so an? Nadjescha handelte noch mit ihnen auf Norbardisch um eine Steinschleuder mit Beutel, und wurde recht freundlich und großzügig bedacht, mit dem Hinweis dass sie bei mir ein gutes Wort einlegen sollte für weitere Geschäftsbeziehungen.  Das sei als eine Art Investition in die Zukunft zu betrachten. Ich deutete mit keiner Mine an, dass ich verstand, was die beiden da so sprachen. Dann fragte ich noch nach einer Zibilja, wegen der Glyphen die immer noch ungenutzt auf dem Schloss herum lagen. Vielleicht konnte ich damit ja zumindest vorübergehend das Abhandenkommen der Kraftader aus meinem Garten kompensieren. Die Mume versprach sich für mich umzuhören. Und Jucho meinte dann schon wieder mit dem Kräuterhandel und der fertigen Kutsche ein lukratives Geschäftsfeld gefunden zu haben. Dabei züchtete ich die Kräuter doch nur für den Eigenbedarf, ich wollte ja kein Vollzeitbauer werden…

Am Nachmittag war dann nichts mehr zu tun, aber abends wollte ich mir mit Nadjescha eine Geschichte im Theater hören.  Der Kaufmann von Grangor wurde gegeben und im 2. Oberrang (was auch immer das sein sollte) wären noch Plätze frei. Für mich und Nadjescha zahlte ich 4 Batzen für den Eintritt. Argal, der sich wieder einmal anscheinend nicht damit abfinden konnte anders behandelt zu werden, wurde abgewiesen. Goblins sind nicht gestattet, hieß es, was ihm anscheinend erneut den Tag verleidete. Insbesondere, weil ich mich nicht für ihn einsetzte wie es schien. Manchmal hatte ich den Eindruck, der kleine Rotpelz hatte vergessen, dass er kein Mensch war und nahm sich selbst wichtiger als es ihm zustand. Ich hoffe, er würde sich irgendwann wieder fangen, sonst war es nur eine Frage der Zeit, bis er die Klinge eines übermotivierten Ritters im Pelz hatte… Melham hätte einen Platz weiter unten hinten haben können, was immer noch 5 Groschengekostet hätte, was die Andere dazu brachte sich über die Preise aufzuregen und herumzudiskutieren. Argal, den es anscheinend wirklich hart ankam draußen bleiben zu müssen war so verärgert, dass  er mir die Sonnenbrille aus der Tasche stibitzte und verschwand. In Herberge stellte ich dann fest, dass er sein Zeug gepackt hatte und weg war. Naja, der würde schon wieder auftauchen. Am Ende war dieser Goblin wie Fußpilz. Den wurde man nicht los, weswegen ich mir auch um meine Brille keine Sorgen machte. Spätestens im Schloss würde er schon wieder sein, oder dann bei diesem Magier, von dem er schließlich etwas haben wollte. Davon würde ich mir nicht den Abend verderben lassen.

Der Abend mit Nadjescha war recht angenehm, auch wenn diese Art des Geschichte erzählens nicht so recht mein Fall war. Die Schausteller wurden als „original liebfeldische Schauspieltruppe“ angekündigt, was anscheinend den hohen Preis rechtfertigen sollte. Ein sehr steifer und prüder Pfeffersack wurde von einer leicht bekleideten Südlanderin in Rot um einen wichtigen Wechsel gebracht und bekam ihn am Ende nach allerlei Verwicklungen wieder.  In der Pause gab es einen leichten Wein und Brot mit Fischmousse drauf als kleine Stärkung. Am Ende war dann der Kaufmann  weißer und pragmatischer, die diebische Elster lernte nicht zu stehlen und am Schluss hatte das fast schon lustige Stück ein moralisches Ende. Es scheinen wohl sehr gute Schauspieler gewesen zu sein, denn die Festumer gaben am Ende stehende Ovationen. Allerdings hatte ich nicht alles verstanden und öfter als nötig würde ich für dieses eigenartige Vergnügen glaube ich kein Gold ausgeben. Da war mir eine fröhliche Geschichte am Lagerfeuer oder eine gute Bardin in einer Taverne deutlich lieber.

Am nächsten Morgen trafen wir am Borntor einen jungen Norbarden der eine gut beladene und von 2 stämmigen Pferdchen gezogene Kaleschka dabei hatte. Er stellte sich als Rogoff von den Pschelawod vor. Jucho inspizierte nochmal die gekauften Waren. Er scheint den Norbarden nicht zu trauen, was mir aber recht dumm erschien, angesichts dessen das sie wohl noch öfter mit mir Geschäfte machen wollten. Aber das würde der Junge schon noch lernen. Wir folgen der Straße nach Norden. Jucho trennte sich in Schlüsselfels kurz von uns, um seinen Lohn abzuholen für die Botschaft, die er mir vor ein paar Wochen überbracht hatte.  Er kam aber  kurz danach wieder um sich eine Bestätigung von mir abzuholen, dass er die Botschaft auch wirklich überbracht hatte. Hätte man sich auch auf sein Wort verlassen können… dieses Gegenseitige Misstrauen schien hier recht weit verbreitet. Leider.

Als wir am Schloss ankamen, war Argal wie erwartet schon da. Das Schloss sah aus wie ein Saustall. Normal hätte Argal das geärgert und dzu angestiftet, die Orks herumzuscheuchen, aber diesmal verschanzte er sich in seinem Zimmer (das eigentlich mein Bronjarenzimmer war, aber ich schließf immer noch lieber in der Schmiede) und ging dann durchs Fenster stiften. Ich musste mich sogar bei ihm entschuldigen, für etwas das ich angeblich in Festum zu ihm am Theater gesagt hatte um meine Brille wieder zu bekommen. Und, langsam wurde es wirklich frech, behauptete er, ein Teil von dem Schloss gehöre ihm schließlich auch, er habe es ja mit gefunden und von den Büchern würde er dann eh welche für Gold verkaufen. Ich bin ja wirklich recht langmütig mit dem Kleinen und toleriere recht viele seiner Spinnereien. Aber langsam ging er mir doch etwas auf die Nerven. Ich war mir nicht sicher, ob er das jetzt machte um mich zu ärgern, was ihm am Ende sogar recht gut gelang, oder ob er das ernst meinte. Falls ja, würde ich ihn doch irgendwann auf den Boden der Tatsachen zurück holen müssen. Teil des Schlosses, soweit kommts noch… und auch wenn ich mit den Büchern selbst nichts anfangen kann, aber die bleiben wo sie sind. Punkt. Auch wenn ich keine Lust darauf hatte mich soweit bringen zu lassen. Aber am Ende würde ich vielleicht um einen Schlosswächter nicht drum rum kommen. Und der bekam dann die Anweisung, das Goblins keinen Zutritt haben. Dann hätte sich das auch erledigt… Nur Nadjeschas Hinweis, ich sollte mich besser um die Bibliothek kümmern, sonst würden die Bücher vergammeln, gab mir zu denken.

Nachts beschwor ich noch einen Humus-Elementar für den Garten. Sicher war sicher. Bevor wir abreisten bekamen die Orks noch einen anschiss, siesollten die Felder bestellen, immerhin war Erntezeit, und das Schloss aufräumen. Ich hatte den Eindruck es würde nur wenige Tage dauern, bis das faule Pack ohne Aufsicht wieder untätig herumlungerte. Sollten sie sehen, was sie dann im Winter fressen konnten! Hätte ich gewusst das MaLuf so lange weg war… ich brauche wohl doch eine Haushälterin und einen Verwalter. Ich hab doch keine Lust mich um alles selber zu kümmern!  Rogoff wollte mich noch unter 4 Augen sprechen. Also ging ich mit ihm hinters Haus, ohne Jucho der uns an den Backen hing wie Kleister. Er sagte dann zu mir, die Mume meinte, er repariere die Kutsche und Jucho störe ihn dabei. Bei allen Waldgeistern, muss ich als Bronjar wirklich jeden Mist selbst regeln? Also bekam Jucho, der kurz rumzickte, die Anweisung mit uns zu reisen und den Norbarden seine Arbeit in Ruhe machen zu lassen. Erstaunlicherweise hörte der Bursche sogar auf mich, was schon mal mehr war als ich von Argal behaupten kann.

Weiter zogen wir nach Rodebrannt. Der  Magier war, wie wir erfuhren, nach Westen in den Bornwald gezogen vor etwa 2 Wochen. Die Wache fürchtete sich anscheinend vor Milzenis dem Riesen als die Sprache auf den Wald kam. Abergläubisches Volk. Und selbst wenn, was würde einen Riesen der darauf Lust hätte davon abhalten den Wald zu verlassen und hierher nach Rodebrannt zu kommen? 2 Tage brauchten wir bis Schwarzmos, dort war der weitere Weg einfach zu erfragen. Der Magier war anscheinend 3 Nächte hier und ist dann weiter nach Jagothin einer Geschichte nach gezogen. Der Wald verschlinge das Dorf wurde gemunkelt, das aus drei Ortschaften bestand. Unter- und Oberjagotin und Jagotin am Weiher.  Auch wir zogen am nächsten Morgen weiter.

Der Pfad führte hier schon durch dichten Wald, am Rand des Weges wirkten die Bäume wie Mauern. Undurchdringliches Dickicht Umstand uns abseits des Weges. Wir sollten den Pfad besser nicht verlassen, ohne Haumesser, und ich hatte keines dabei, würde man hier nur schwer vorankommen.  Oder man kannte sich in der Wildnis aus und wusste Wildwechsel zu nutzen. Ich denke wenn ich zwischen die Stämme getreten wäre, ich hätte die Anderen innerhalb von Liedschlägen abhängen können, und grinste innerlich. Wir sollten bis Abend da sein hatte man uns erzählt. Der Weg war derzeit trocken, aber nach einem Regenguss müsste das Dorf wie hinter einer Schlammgrube abgeschnitten sein. Bei Einbruch der Dämmerung waren wir noch nicht angekommen und nachts wurde es schon recht kühl. Bald wäre auch neue Mada, mit viel Licht im Wald durfte man also nicht rechnen. Vor uns waren Geräusche in der Ferne zu hören. Eine Viertelstunde später wich die grüne Mauer zurück, und wir blickten von Süden auf ein Kaff von 10 Katen durch das die Straße führte und einen Weiher. Felder und Wiesen umgaben das Dorf, Ziegen blökten am Rand der Lichtung. Vereinzelte Leute gingen von den Feldern zu ihren Häusern. Die Dörfler achteten nicht groß auf uns, als auf einmal Hufgetrappel von vorne aus Norden heran kam. Eine Kaleschka mit 2 Pferden und 4 bewaffnete Reiter mit grünem Wappenrock kamen ins Dorf. Das Wappen war weiß und grün schräg geteilt, ein silberner Blütenkranz fand sich im Grün. Auch die Kutsche trug Wappen an der Seite, anscheinend der Bronjar des Ortes. Musste ich mir mein Wappen dann auch auf meine Kutsche malen, tat man das so? Und Wachen hatte ich ja auch keine. Aber ehrlich gesagt auch keine Lust, eine kleine Horde Waffenschwinger durchzufüttern…

Wir machten Platz und gingen einen Schritt zur Seite um den Bronjar vorbei zu lassen. Die Kutsche fuhr zum südlichsten Haus. Ein stämmiger Mann Anfang  40 mit mächtigem Schnauzer und schwarzem Kinnbart, Bärenfellmütze und steifem Mantel aus rotem Samt stieg aus. Ein wadenlanges Seidengewand mit Schärpe in Regenbogenfarben hüllte ihn ein. In meinen Augen sah er ja reichlich lächerlich aus, aber ich bin in Modedingen ja nicht so bewandert… Im Haus stand ein rothaariger Mann der seine Filzkappe zwischen den Fingern knetete, dahinter eine Frau Anfang 30 mit rotbraunen Haaren und ein hübsches Mädchen mit feurigem Rotschopf. Der Bronjar wolle, wie er nun ankündigte, die Tochter Heiraten und in 3 Tagen abholen, ein Kleid habe er schon mitgebracht. Potztausend, der Bursche war mindestens doppelt so alt wie das Mädel! Das Mädchen war anscheinend überrascht und begann zu weinen bevor sie knickst und sich zurückzog, aber wie Freudentränen hatte das nicht ausgesehen. Der Vater lud den Bronjar in die Hütte ein, während der Kutscher und die Bewaffneten  am Weg rum lümmelten.

Nachdem wir nun mit den Leuten des Bronjar Petta Ulmewowitsch von Jagotin allein auf der Straße waren fragte Nadjescha den Kutscher nach dem Magier. Die Anführerin der Wachen wusste anscheinend  Bescheid. Der Magus hatte sich nicht mit ihrem Bronjar verstanden und war dann weitergezogen, vermutlich Richtung Pervin. Er wollte anscheinend den Bronjar Ulmewowitsch mit gelehrtem Geschwafel beeindrucken. Aber, und das war interessant, hatte aber falsche Fragen gestellt. Man solle den Bronjar nicht nach dem Wald fragen, bevor man ihn nicht besser kenne. Auf die Frage nach einer Herberge beschied sie, wir könnten in der ersten Kate schlafen, die sei grade leer. Oder bei den Tetzmars fragen, dem Ortssprecher. Und dann ging es wieder los. Die Anderen stellten mich als Bronjar vor, obwohl ich extra nur die Reisekleidung mit Strobanoffs Schlapphut angelegt hatte. Die Garde überlegte zunächst, knickste dann aber. Seufzend  zog ich mich hinter dem nächsten Eck wieder Bronjarig um, wobei mich ein großer bärtiger Mann hinter seinem Zaun beobachtete. Toll. Nun wurde ich schon von Bauern beim ankleiden beobachtet…

Wir warteten auf den Bronjar, es war dann schon dunkel als er wieder herrauskam.  Argal bezog unterdessen schon die gewiesene Kate ein. Ich wurde vom Bronjar recht freundlich als Bruder begrüßt recht kräftig in den Arm genommen. Als er hörte, das wir dem Magier folgen hieß er mich und mein Gefolge (womit er Nadjescha und Boutzen meinte) mit auf sein Gut zu kommen, der Rest dürfe in die Kate schlafen. Sie würden schon vom Dorfvorsteher versorgt werden. Nadjescha fuhr  mit dem Bronjar in der Kaleschka, Boutzen durfte am Kutschbock platznehmen, ich ritt nebenher. Wir würden die anderen dann Morgen früh wieder im Dorf treffen, sobald wir wissen wohin wir dem Magier nun folgen wollten.

Es ging eine halbe Stunde durch den Wald, bei Unterjagotin, das nur aus 3 Häuser bestand, gab es einen Abzweig auf einen Hügel. Dort stand eine Palisade aus Holz mit einem Torhaus aus Stein. Am Tor standen Wachen mit Fackeln, ein großer Turm ragte im Dunkel dahinter auf.  Der  4-eckige Wehrhof schien alt und mit dunklem Efeu bewachsen zu sein. Nebenan stand ein Fachwerkhaus, in das wir eingeladen wurden. Die Anführerin der Reiter, Vanjescha, flitzte vor und kündigte uns an. Eine mollige Frau schaute zu uns herüber. Der Bronjar empfing uns mit einem improvisierten Abendmahl. Auf Gäste war er heute wohl nicht eingestellt gewesen. Wieder Bärenschinken, damit machte man anscheinend nie etwas falsch, sowie Grütze mit Salz und Honig, danach ein kleines Mahl. Das mit dem Salz und Honig musste ich mir merken, das schien hier zur traditionellen Begrüßung dazu zu gehören für willkommene Gäste. Auf den Magus angesprochen plauderteder Bronjar dann frei weg. Dieser sei ein, Südländer, ein alter Mann der denkt er weiß alle, aber über die hiesigen Verhältnisse gar nichts wisse. Auch nicht was der Bornwald ist. Wie er wächst, wann er wächst… Beim Thema Wald waren wir uns erstaunlich einig. Man nimmt, was man nehmen darf und kann. Das war eine sehr vernünftige Einstellung fand ich. Der Bronjar hatte sogar einen Unfreien, den Schorkin, den er sogar die Axt führen lies. Aber der mann hatte Respekt vor dem Wald, das war gut! Ich mochte ihn irgendwie, auch er war auf seine etwas tapsige Arte ein Hüter seines Landes. Und anscheinend kein schlechter Mensch. In seinem Dorf gab es an Freien  nur die Axanofs zu denen auch seine zukünftige Braut gehörte. Nadjescha fragte dann taktvoll danach, warum er noch nicht verheiratet sei? Daraufhin ließ er Meskines bringen um eine längere Geschichte zu erzählen. Er  war schon mal verheiratet gewesen, aber seine Frau starb vor einigen Jahren ohne ihm einen Erben geschenkt zu haben. Aber in seinen Augen konnte man sehen, dass er seine Frau wirklich geliebt hatte. Wie ich sagte, eigentlich kein schlechter Mensch. Er sprach dem Schnaps gut zu ohne sich dabei sinnlos zu betrinken, wollte dann aber zu Bett gehen. Sich verabschiedend murmelte er noch etwas wie, die Zukunft muss kommen, irgendwann müssen die Geister gehen. Donner grollt in dem Moment.

Nadjescha und ich sahen uns an. Geister? Echte oder nur im übertragenen Sinne? Nicht das wir zuletzt nicht genug mit einem Geist zu tun hatten… Nadjescha eilte dem Bronjar hinterher und überzeugte ihn irgendwie, doch noch einmal zurück zu kommen um noch ein wenig weiterzuplaudern. Aber das mit den Geistern scheint wohl eher seine Redensart gewesen zu sein, wie sich zeigte. Er müsse auch irgendwann Wanja seine Frau einmal loslassen, seinen Engel, seine Schneeperle. Und dabei waren seine Worte so zärtlich, dass niemand auf den Gedanken kommen würde, er könnte das Andenken seiner Frau nicht in Ehren halten. Aber  sie gehe natürlich nicht als Geist im Haus um, sondern nur in seinem Kopf. Die junge Axsanof sei so ein einfaches, freundliches Mädel, ohne falsch und ohne fehl. Dabei war seine Zunge schon schwer. Betrunkene sagen bkanntlich am ehensten die Wahrheit. Er schien sie wirklich zu mögen. Und dann schwadronierte er noch ein wenig. Die Zukunft wartet nicht. Satinav bleibe nicht stehen. Er hoffe nur, dass sie sich eingewöhne und ihm Erben schenken kann. Das Land verlangt nach den Erben. Und wir, dabei blickte er mich ernst an, müssen das Land hüten.  Der Axsanof sei ein wirklich guter Heiler, kommt aus Norden, und ist etwas unheimlich, aber ein wirklich guter Heiler und seine Frau sei eine hervorragende Hebamme. Er sei hier wegen einer Abmachung, hat Land und die Kate bekommen und durfte mit seiner Familie bleiben. Und wenn es mal knapp wird bezahle er sie sogar. Die anderen beiden Kinder ein Boutzen von 13 Jahren und Salvinja die noch mit Puppen spiele, machten die Familie komplett.

Ich war ein wenig hin und her gerissen. Auf der einen Seite hatte ich zunächst den Eindruck gehabt, das Mädchen würde zu etwas gezwungen und müsste bedauert werden. Aber nun war ich mir da nicht mehr so sicher, denn der Bursche schien wirklich kein lüstiger alter Bößling zu sein, sondern im Grunde seines Herzens eine gute Seele zu haben. Warum konnten die Dinge nicht einfacher liegen… da musste ich noch eine Nacht drüber schlafen.

Als wir ins Bett gingen tobte ein Gewitter über uns. Ich hatte ein einzelnes Gästezimmer mit Bett. Es rumpelt recht ordentlich und goss wie aus Kübeln. Mit schaudern dachte ich an den morgen wahrscheinlich kaum noch passierbaren Weg…

 

Allerdings drückte mich dann doch noch ein Gedanke, so dass ich bevor ich ins Bett ging noch kurz zu Nadjescha ins Zimmer ging. Ich fragte sie, ob es sich aus ihrer Sicht bei der jungen Axsanof  um Freudentränen bei dem Heiratsantrag gehandelt hätte. Aber, so wie mir selbst, schien ihr das nicht so, was mich etwas in eine Zwickmühle brachte. Ich fand den hießigen Bronjar eigentlich recht vernünftig und nett, wollte mich also nicht in seine Sachen einmischen. Allerdings war eine Zwangsheirat auch so eine Sache… ich tauschte mit Nadjescha noch ein wenig Gedanken aus, ob Strobanof vielleicht eine Zuflucht auch für diese Familie sein könnte. Wobei wir dann schnell abdrifteten in Spekulationen, was die wohl für Dreck am Stecken haben mochten weil sie sich hier versteckten und dann ging es auf einmal irgendwie wieder um mich. Nadjescha meinte, ich solle mich mehr der örtlichen Gegebenheiten anpassen, modisch und politisch und so, dann sei ich auch selbst interessanter für die Damen. Nicht das mich das nicht interessieren würde, aber das war schon wieder so mühsam…  Dann erzählte mir vom roten Chor, einer Art Goblin-Gesangsgruppe aus Festum, und anderen seltsamen Dingen.  Als ich dann doch zu Bett ging schlief ich trotz des Gewitters aber erstaunlich gut. Am nächsten Morgen nahmen wir mit dem Bronjar noch ein gemeinsames Frühstück ein bevor wir uns bereit für den Rückweg nach Jagotin am Weiher machten. Das Pferd würde ich angesichts des verschlammten Weges wahrscheinlich führen müssen. Wir waren noch nicht los als Bauer Hof betrat und sich vor mir verbeugte, aber dann zum Gutshaus weiter ging. Er wurde von der Wache ohne Umstände vorgelassen und wir dachten uns nichts weiter dabei, als von drinnen auf einmal Gebrüll zu hören war. „Was berichtest du Hund? Wie? Verschwunden? Findet sie!“.  Wir sollten wohl schnell zu unseren Gefährten zurück, da schien dicke Luft zu herrschen. Der Bauer hieß Tezmar und ich erinnerte mich, dass er der Dorfvorsteher wäre. Ein Mann mitte 40, der uns auf dem Weg zurück begleitete und dabei erfuhren wir, dass die Braut des Bronjar sich anscheinend in der Nacht aus dem Staub gemacht hatte. Nadjescha und ich sahen uns wissend an. Er legte einen guten Schritt vor, trotzdem dauerte der Weg etwa eine Stunde. Dabei schimpfte er auf die Axsanov. Sie seien noch nicht lange hier, erst paar Jahre, hätten sich schon breit gemacht, auf welche unlautere Art  sie wohl an die Kate gekommen wären und so fort. Gut gelitten schien die Familie also nicht zu sein. Er warnte uns dann vor Marisja, bei der gehe es  nicht mit rechten Dingen zu, sie habe den Baron verhext. Und der Alte wolle Heiler sein, kenne sich aber gar nicht aus, auch nicht die Hausmittel der Großmütter und verlange viel Geld für seine Dienste. Die Mutter Natschenka sei eine Kräuterhexe und die Tochter wie die Mutter. Und so ging es in einem fort. Die Frage war nur, war das jetzt einfach fremdenfeindliches und von Neid geprägtes abergläubisches Geschwätz, oder war da etwas dran. Ein wenig hatte uns der Bronjar ja schon erzählt, und das Sprach eher dagegen. Aber dieser Hexen-Vorwurf, das würde sich leicht überprüfen lassen…

Als wir in Jagotin am Weiher ankamen waren wir bis zu den Knien mit Schlamm voll und mein Pferd bis zum Bauch eingesaut. Das würde wohl jemand putzen müssen… Tetzmar ging direkt t in sein Haus und wir weiter zu den Axsanof. Mein Rufen nach den Anderen blieb allerdings unbeantwortet, es war keiner mehr da. Was mich wiederum nur wenig verwunderte- Entweder waren sie sicher zur Rettung des Mädchens ausgezogen oder auf das Versprechen einer Belohnung hin. Untätiges herumsitzen hätte ich sowieso bei diesem Zappelhaufen nicht erwartet. Nadjescha klopfte an der Kate. Der Alte erzählte, dass unsere Gefährten früh am Morgen direkt im Wald auf der Suche nach seiner Tochter verschwunden seien. Aber er schwor Stein und Bein sie sei sicher nicht freiwillig gegangen. Aha, das bezweifelte ich zunächst. Dann aber erfuhren wir, dass sie wohl tatsächlich in den Bronjar verliebt gewesen sei, seit dem Frühlingsfest oder so. Hatten Nadjescha und ich uns so getäuscht? Sie schläft mit ihrem 12 jährigem Bruder Boutsen in einem Raum. Aber der konnte uns auch nicht weiter helfen Er sei irgendwann mal aufgewacht, sie war nicht da. Hätte wohl nach den Zicklein geguckt wegen dem schlechten Wetter, hat er sich gedacht. Nadjescha nahm die Frau Axsanof zur Seite, um  unter 4 Augen mit ihr zu reden. Ich guckte dabei schnell mit einem Odem auf die „Kräuterhexe“, aber die Geschichte schien eindeutig erlogen. Die gute Frau war so unmagisch, wie ein Quaderstein und NAdjescha erfuhr auch nicht wirklich etwas Erhellendes von ihr, das uns weiter gebracht hätte Also gingen wir dann den anderen in den Wald hinterher. Boutsen suchte nach den Spuren, die aber leicht zu finden waren, immerhin sind da vor kurzer Zeit 3 Personen mit Hund in den Wald getobt. Natürlich hätte ich den Spuren auch selbst folgen können, wahrscheinlich sogar besser als der Soldat, aber als Bronjar muss man ja nicht alles selber machen.

Über die Wiese hinter dem Dorf durch die Büsche ging es in den Wald. Der war hier erstaunlich Licht und Hell, ganz anders als ich mir den „finsteren Bornwald“ vorgestellt hatte. Junge Fichten, Tannen, Föhren, Ulmen… und eine erstaunliche Anzahl Singvögel verbreitete eine schon fast gelöste Stimmung. Das hier war auf jeden Fall ein junger Wald. Sehr, sehr jung, gerade eine Menschengeneration vielleicht. Keine alten Bäume, keine hohen, dicken Bäume. Ich war wirklich erstaunt. War es das was sie meinten, als sie sagten der Wald hole sich das Land? Es dauerte etwa eine dreiviertel Stunde, dann kamen wir auf einen Fußweg. Na gut, eher ein Trampelpfad im Wald, aber immerhin. Boutsen fand eine frische Markierung eingeritzt  am Stamm an einer Erle. Ein schneller Blick zeigte mir, dass die noch keine Stunde alt sein konnte, der Saft des Baumes quoll noch aus der Wunde in der Rinde. Einer von den Dreien vor uns, wahrscheinlich Argal der mich am besten kannte, schien fest damit zu rechnen, dass wir ihnen folgen würden. Und nachdem die Spuren  auch da lang gingen, folgten wir dem einfach. Wenige Schritte  dahinter hörten wir dann auch schon Stimmen vor uns. Ich rief in den Wald hinein nach Argal und Jucho. Endlich waren wir wieder beisammen. Aber sie waren auf dem Rückweg, da sie die Spur offensichtlich verloren hatten und nun vermuteten, dass die entflohene/entführte dem Weg in die andere Richtung gefolgt war.

Aber immerhin hatten sie auf dieser Seite des Weges etwas gefunden, einen gruseligen Baum mit einem Opferstein und Knochen etwa 10 Minuten den Weg weiter. Boutsen schien das nicht geheuer, denn er meinte wir sollten leiser sein im Wald… Argal meinte aus den Spuren gelesen zu haben, das Mädchen sei von mehr wie einer Person entführt worden, bis zu einer Handvoll. Na das konnte ja heiter werden. Ich ging schon einmal zur Lichtung weiter, während Argal nach einem kurzen Wortgeplänkel versuchte Nadjescha hochzuheben. Warum auch immer… Boutsen und Jucho soffen derweil Meskines, wohl um sich den nötigen Mut anzutrinken.

Auf der Lichtung stand eine alte hochgewachsene Lärche, die aber teils schwärzlich abgestorben war, nur vereinzelte grüne Zweige zeigten, dass noch Leben in dem Baum war. Zeichen waren überall eingeritzt, manche alt, manche frisch. Die meisten waren mir unbekannt, aber auch Boronsräder, Pfeil und Bogen und manche Zeichen kamen mir aus dem Garten bekannt vor. Aber genau konnte ich sie nicht identifizieren. Zybilia-Glyphen wie auf meinen Runensteinen schienen es aber nicht zu sein. Von den Zweigen baumelte Zeug aus Tierknochen, Lederstreifen, Kränze, Zapfen. Es wirkte alles irgendwie seltsam auf mich, einen druidischen Ritualplatz schloss ich erst einmal aus. So einen Humbug wie das hier veranstalteten meine Brüder und Schwestern nicht. Laut äußerte ich allerdings die Vermutung, dass es sich um einen Hexenplatz handeln könnte, was Melham, Boutsen und Jucho direkt den Angstschweiß auf die Stirn trieb und von der Lichtung fließen ließ. Der quaderförmige Stein am Fuß des Baums war grau verwaschen und an der Oberseite braun von altem Blut.  Ich wirkte einen schnellen Odem Arcanum und tatsächlich war alles rot an diesem Ort. Ein Knoten der Kraft Baum im Baum und es waberte um Baum herum. Aber es war auch direkt zu erkennen, dass das Gewebe sich sehr langsam auflöste und schwächer wurde. Was wohl auch der Grund dafür war, dass ich diesmal nicht wie erwartet geblendet wurde. Ein weiterer Ort der Macht, der seine Kraft verlor? Das war doch mehr als seltsam! Interessanter für unsere derzeitige Situation war aber ein leichtes wabern am gegenüberliegenden Ende der Lichtung hinter dem Baum. Eine Taube gurrte. Ich ging direkt über Lichtung unter dem Baum durch, während die Anderen lieber den Weg außen herum suchten. Abergläubisches Volk…

Das trübe rote Wabern welches ich gesehen hatte war natürlich am Ende des Odem erloschen. Aber hier war jemand, das konnte ich am Boden zweifelsfrei sehen,  unauffällig durchgegangen, es gingen Spuren mehrerer Leute weiter. Und das hatten meine Fährtenleser übersehen? Da hatte ich Argal und diesen stinkenden Burschen mit seinem Hund wohl überschätzt. Eine kurze Diskussion, dann ging es weiter durch den lichten Wald. Allerdings standen wir wenig später, es mögen 10 Minuten gewesen sein, vor einer Wald-Wand. Hier sah es auf einmal ganz anders aus. Große Bäume, ein dichter Föhrenbestand, zum  Teil Mannsdick, so hab ich mir Bornwald vorgestellt. Die Spur endete an dieser Mauer in einem dichten Brombeergestrüpp wie Argal und Melham beschieden. Argal ging mit Melham an dem Gestrüpp entlang rechts herum, wir sollten warten.  Boutsen und Jucho sollen in die andere Richtung gehen. Der Wald machte ihnen anscheinend doch Sorgen. Ich blieb mit Nadjescha stehen und mir fiel auf, dass beide Gruppen fast auf gerader Linie von uns fort gingen.  Allerdings kamen sie dann auch unverrichteter Dinge zurück. Dieser Wall zog sich anscheinend recht weit hin. Argal wollte einen der Bäume erklettern um drüber hinweg zu sehen. Wie ein Eichhorn flitzte er den Baum rauf obwohl der Stamm unten herum kahl war. Da er aber vor lauter Bäumen nichts weiter sah stieg er  höher, bis wir ihn nicht mehr sehen und hören konnten. Das musste wirklich sehr hoch sein, hoffentlich war er vorsichtig. Ich besah mir derweil die Hecke etwas genauer. Insbesondere unten herum in der Höhe in der kleine Tiere sie passieren mochten. So ganz unbekannt schien mir das nicht zu sein. Ich hatte ja im Reichsforst selbst meine Behausung mit einem solchen Hag geschützt. Im Wald gab es nichts Besseres und Unauffälligeres… Und ich behielt Recht.  Etwa 8 Schritte zu unserer Recht, verborgen hinter dichtem Farnbewuchs, waren ein kleiner Durchgang in der Brombeerhecke wie ein getarnter Eingang. Etwa ein Schritt und ein Spann hoch, so dass man sich hindurch bücken musste. Den hätten unsere Fährtenleser doch auch finden können… musste ich denn am Ende doch alles selber machen?

Argal kam am Ende seiner Klettertour  wieder runtergerumpelt, das sah deutlich weniger elegant aus als sein Aufstieg. Hinter der Mauer, meldete er, sei nur noch mehr Wald. Überall um uns rum sei Wald, das Dorf wie eine kleine Insel im Meer. Nun ja, überraschend kam diese Erkenntnis nicht. Ich  schickte Argal zum Durchgang um  nachzusehen, wie weit er dort kommen würde. Er war immerhin der kleinste und flinkste von uns. Mit der Nase drauf gestoßen schien er etwas enttäuscht, das übersehen zu haben, krabbelte aber gehorsam  vor und wir hinterher als klar war, dass es dort tatsächlich durch ging. Nur Nadjescha weigerte sich direkt vor Melham zu krabbeln, sie hatte wohl Befürchtungen der Lustmolch würde ihr an den Hintern tatschen. Es waren nur etwa 7 Schritt zu kriechen, dann öffnete sich die Hecke nach oben, wie zu einem Durchgang. Auf der anderen Seite waren auch wieder Spuren zu sehen, diesmal recht einfach zu finden. Wohl ein Mensch und auch ein Tier. Neben dem Taubengurren krähte nun auch ein Rabe. Nadjescha flüstert etwas lauter als nötig zu mir „In der Nacht kommen bestimmt die Hexen her.“ Woraufhin  Melham schon wieder sichtlich nervös wurde. Ich hatte langsam den Eindruck, der Bursche hatte ein Problem mit den Töchtern Satuarias. Argal war sich etwas unsicher, aber Melham und Freund fanden die Fährte dann doch wieder. Wer auch immer hier gegangen war hatte sich anscheinend nicht mehr so viel Mühe gegeben die Spur zu verbergen wie vorher. Dann wurde es noch einmal kurios. Melham wollte das Nadjescha oder Jucho eine Socke von ihm an der Hecke aufhängen als Zeichen wo der Durchgang zu finden war, aber keiner wollte das Wollobjekt das er ihnen zuwarf anfassen. Warum er es nicht einfach selber über einen Ast stülpte ist mir ein Rätsel. Auf jeden Fall dürfte sie  Socke jetzt immer noch da am Boden liegen...

Wir durchquerten viel Gestrüpp und Hecken, bis zu einer  Lichtung mit mannshohem Farn durch die der Weg führte. Mitten drin war ein Grasstück bei dem Melham  seinen Hund der der Spur folgte zurück riss. Das Graß wirkte trockener als es in diesem Wald sein sollte, leicht dunkler und gelblich. Ab vom Weg würden wir ohne Haumesser keine Chance haben darum herum zu gehen. Also scharrte ich, nachdem alle anderen irgendwie ratlos vor sich hin diskutierten mit den Händen am Boden, die dünne Erdkrume beiseite. Darunter war ein Weidengeflecht wie eine Platte ausgelegt. Ich hob sie an und zog sie zu mir, bevor sie dann nach unten  wegkippte. Darunter war eine Grube etwa anderthalb Schritt tief, sonst aber nichts. Seltsam, aber wer auch immer hier entlang war schien mit Verfolgern zu rechnen, wobei diese Galle niemand wirklich aufgehalten hätte. Allerdings lobte ich dann  Melham für sein gutes Auge. Für solche Dinge schien er ein gute Gespür zu haben.

Es war kurz nach Mittag als wir die Grube einfach überstiegen. Nach etwa einem halbem Stundenglas fanden wir uns in einem  Brennessellfeld wieder. Der Weg war schmal, aber man würde sich durchdrücken können. Ich zog nun wieder meine lederne Reisekleidung an, das war hier im Wald einfach angebrachter, während Argal schon mal vorging. Mit seinem Pelz würden ihm die Brennnesseln kaum etwas anhaben. Und mitten im Wald musste ich nicht wirklich Bronjarig aussehen… Noch schnell die Rindenrüstung über die Kleidung, rein vorsichtshalber, dann war auch ich bereit. Argal blieb auf einmal stehen, beugte sich runter und putzte den Boden, ähnlich wie ich es vorhin gemacht hatte. Dann schnitt er die Nesseln mit dem Messer weg und fand eine schlinge aus Dornrankengestrüpp. Die zog sich um einen Stock zusammen den er sich geholt hatte und riss ihn fort. Danach ging  Argal deutlich vorsichtiger weiter, mehr fand sich hier aber nicht. Trotzdem, irgendwer hatte sich echte Mühe gegeben den Weg unschön zu machen. Für ein paar unbedarfte Dörfler hätte es sicher gereicht…

Bei einer weiteren Dornenhecke mit schmalem Durchlass fanden wir einen dünnen Leinenfaden, wir waren sicher noch auf der richtigen Spur. Melham verschwand vor uns im Gestrüpp, dann hörte man auf einmal lautes Geräusch wie ein Stolpern, Rascheln im Gebüsch und lautes Fluchen. Argal folgte vorsichtig. Eine Stolperranke am Boden hatte den Hundeführer zu Fall gebracht, aber zum Glück auf den Weg, denn daneben wäre er auf angespitzte Pfähle im Boden gestürzt. So recht wollte mir die Art, wie hier Fallen gestellt wurden nicht einleuchten. Wer auch immer das tat, ob es ihm richtig ernst damit war bezweifelte ich langsam. Schon waren weitere 2 Stunden vergangen, die Sonne musste mittlerweile über dem Blätterdach ihren Zenit lange überschritten haben.

Als nächstes kamen wir an eine große Lichtung. Eine uralte, riesige, sicher 80 Schritt hohe Tanne stand in ihrer Mitte. Daneben, wie an den Baumreisen angelehnt, fand sich eine verwitterte, windschiefe moosbewachsene Hütte neben der ein riesiger weißer Rauhwolf stand der erst leise, dann immer lauter knurrte. Kein Rauch kroch aus dem Schornstein. Nun, hier schien es fast als hätten wir das Ziel erreicht, die typische Behausung eines Einsiedlers. Ich rief auf die Lichtung, wir kämen in Frieden und wollten nur reden. Was ja auch der Wahrheit entsprach, wenn wir das Mädchen wieder haben könnten. Aber niemand antwortete. Eine Taube gurrte, ein Rabe krähte, das war alles. Ich sah in den Bäumen um die Lichtung viele Vögel sitzen. Dann raschelte es der anderen Seite der Lichtung und ein Mann trat hervor. Kleine dunkelbraune Augen in einem wettergegerbtem Gesicht. Wirre schwarze Haare und ein verfilzter Bart, um den Körper schlecht gemachte Lederkleidung. Eine verflochtene Ranke an der Hüfte diente als Gürtel, einen mit Fell und Leder umwickelten großen Knochen hielt er in der Hand. Schamane oder Druidenbruder, schoss es mir durch den Kopf. Die Abwesenheit jeglichen Metalls sprach für letzteres, aber welcher meiner Brüder würde statt seinem rituellen Dolch eine knöcherne Keule führen? Er rief den Wolf zu sich.

Ich stellte mich vor, aber willkommen waren wir hier nicht.  Ich solle gehen, ich störe die Ruhe des Waldes. Was er sprach schien recht wirr zu sein, fast schon irre. Marisja Axsanof sei die außerwählte Braut des Waldes. Er, Vigo, sei der Hüter des Waldes, und wie es schien der Bruder des Bronjaren, den er als Erbschleicher und Verräter beschimpfte. Melham, dem anscheinend ein seltener Geistesblitz kam und der sich etwas aus einer Geschichte zusammen reimte, die er im dorf gehört hatte, fragte den Zausel, ob er zufällig das Pferd der Frau des Bronjaren erschreckt habe? Denn dabei sei wohl irgendwie ein Wolf im Spiel gewesen, habe der alte Axsanof erzählt. Nun, dort vorne stand einen Wolf, was zumindest verdächtig war. Beim nächsten Neumond in 2 Tagen müsse der Pakt mit dem Wald erneuert werden was aber anscheinend glücklicherweise nichts mit einem Blutopfer zu tun hatte. Sein Bruder habe ihm, Vigo, den Thron geraubt, er sei der Ältere. Ljubasa die Amme, das Miststück, hat alle davon überzeugt das es anders ist. Wir folgerten, dass die beiden  wohl Zwillinge sein mussten. Auf die Frage, woher er das  eigentlich wisse drehte er sich um und verschwand mit dem Wolf einfach  in der Hecke. Wenn er wirklich ein Hainhüter war, wäre es nun müßig ihm weiter folgen zu wollen, wir würden weder Spuren noch einen Durchgang finden.

Also ging Argal zunächst zur Hütte, Jucho im Schlepptau. Typisch, zuert einmal plündern wollen. Ein Raum, ein Bett mit Reisig und Fellen. An der Wand Schnüre aus Pflanzen, ein Tisch, ein Stuhl, sonst nicht viel. Aber wer hätte bei dieser verkommenen Gestalt auch mit Reichtümern gerechnet? Bis hierher im alten Wald hatte nur die Spur einer Person mit Tier geführt. Aber waren im jungen Wald nicht noch mehr Spuren gewesen? Vielleicht waren wir auf der falschen Fährte weiter gegangen. An der letzten Hecke hatte ich einen Leinenfaden gesehen, der Kerl hatte aber Leder und Felle getragen. Als ich das sagte kam auf einmal ein Rabe herangesegelt und zischte knapp an mir vorüber. Der Entschluss war schnell gefasst, wie würden den Mann erst einmal in Ruhe lassen und die Hexen suchen, die wir bisher eher scherzhaft für Melham herbeibeschworen hatten. Nur der Vollständigkeit halber,  weil den Hexophoben diese Idee nicht behagte, eine Spur des Waldzausels fanden sie tatsächlich nicht, so dass ihnen nichts übrig bliebt als mir zu folgen… und ich folgte dem Raben, der am Eingang der Lichtung schon auf uns zu warten schien. Auf und ab hüpfend flog er uns voraus als würde er uns wirklich führen wollen bis zurück zur Hecke mit dem Faden. Ich war mir ziemlich sicher, dass es eines der berühmten Vertrautentiere sein musste. Wäre Melham das in den Sinn gekommen, er wäre wahrscheinlich schreiend weg gerannt… oder hätte irgendeine unüberlegte Dummheit gemacht.

Der Rabe führt uns den Weg durch den alten Bornwald zurück, verschwand immer wieder auch einmal mal aus dem Blick ins dichte Gestrüpp, tauchte aber stets wieder auf als würde er auf uns warten. Argal, dem es schwer viel länger ernsthaft bei einer Sache zu bleiben,  warf auch einmal einen Stein knapp neben den Raben, wobei ich eher den eindruck hatte, er hätte treffen wollen, aber verfehlt, was den Raben dazu veranlasste einen angetäuschten Luftangriff au f Argal zu fliegen. Am Ende standen wir erneut an der großen Brombeerhecke, wo Melhams Socke traurig und tropfend  im Schlamm lag. Auf der anderen Seite der Hecke wartete der Rabe schon auf uns. Der Leinenfaden hing immer noch am Gestrüpp. Wir gingen weiter nach Südosten, zur Lärche zurück, über die Lichtung und dann den Trampelpfad weiter. Bei Argals Markierung ging es dann aber weiter den Weg lang und am frühen Nachmittag kamen wir auf die Wiese bei Jagotin am Weiher. Da hatten wir also statt durchs Unterholz zu streifen nur  den richtigen Weg gefunden der hier endete, etwa eine Dreiviertelmeile von unserem Aufbruchspunkt entfernt.

Der Rabe flog nun etwas höher und verschwand in Richtung Unterjagotin. Derweil ließ sich Nadjescha Melhams Hexengeschichte erzählen, warum er so schlecht auf die Dienerinnen Satuarias zu sprechen war. Eine sehr unschickliche Sache, von der ich hier lieber Schweige. Allein der Gedanke an diesen stinkenden Kerl und eine adrette Hexe… pfui Dämon! Wir stapften über die Straße weiter und kamen zur vierten Stunde an. Ein rabenförmiger Schatten flog zum Hof des Bronjaren und lotste uns deutlich dorthin. Der Rabe landete in der höchsten Luke des Turms. Der Waffenknecht vor dem Tor nickte uns nur zu und ich ließ  unsere Rückkehr ankündigen. Noch im Hof trafen wir den Bronjar der aus dem Stall kam. Er war ziemlich ungehalten, als ich von seinem Bruder erzählte, in der Familie herrschte offensichtlich kein gutes Verhältnis. Argal wollte derweil unter dem Vorwand der guten Aussicht auf den Turm steigen und Nadjescha sollte ihn begleiten. Melham lud sich dann in seiner üblichen aufdringlichen Art selbst dazu ein, die beiden zu begleiten. Die Geschichte um seinen Bruder ging wohl weiter zurück, deswegen wollte der Bronjar fragen ob Ljubasa Zeit hätte, seine liebe alte Amme. Sein Bruder sei neidisch, jähzornig, skrupellos, bösartig – das ging deutlich über die Rivalität unter Brüdern hinaus. Und es sei schon das zweite Mal, dass er ihm sein Glück missgönne. Auch am Ableben seiner ersten Frau trage der Bruder die Schuld. Nun, wenn dem so war müsste ich zumindest keine Skrupel haben, den Mörder und Entführer seiner Strafe zuzuführen. Während die Anderen im Turm verschwanden ging ich mit dem Bronjar ins Esszimmer, wo er sich erst einmal beruhigen konnte. Heißes Blut ist ein schlechter Berater bei der Planung.

Natürlich wollte er wissen wo sein Bruder ist, wir sollten ihn morgen früh dort hin bringen, zur Hütte im Wald. Er habe ihn schon einmal im Wald gejagt und gesucht, aber nicht gefunden. Und er bestätigte die Gerüchte über den Wald der vorrücke.  Früher war der Wald weiter weg vom Dorf, auch wenn das Fremde kaum merken dürften. Aber die Einheimischen merken es natürlich, wenn der Waldsaum Jahr um Jahr näher rückt. Das Land scheint tatsächlich in Aufruhr, und zwar überall im Reich des Born. Hier waren Dinge im Gange, die älter und größer als einzelne Menschen waren. Hier schien es nach den Worten des Bronjar daran zu liegen, dass sie keine „Seele des Waldes“ mehr hatten. Natürlich sah er nicht das große Ganze, so wie ich, sondern nur seinen kleinen Ausschnitt Deres, aber es war ein weiteres Puzzlestück das sich einfügte. Alle 2 Generationen müsse sich jemand mit dem Wald vermählen um den Wald zu zähmen, erzählte er weiter. Die letzte Seele starb, deswegen sei nun der Pakt zu erneuern. Aber, und da wurde ihm anscheinend das Herz schwer, nicht mit seiner Marisja. Der Wald heirate die, die ihm das Dorf schicke, er wähle nicht selbst. Nur Vigo, sein Bruder, glaube etwas anderes. Die Amme Ljubasa kenne sich aber mit solchen Dingen besser aus als er, die solle ich fragen, wenn ich darüber mehr wissen wollte. Nun, das würde ich dann wohl tun müssen. Aber zunächst tranken wir noch einen auf den glücklichen Ausgang unserer bald anstehenden Jagd. Was soll ich sagen, danach waren der Bronjar von Jagotin und ich irgendwie per Du. Petta war war wirklich kein schlechter Kerl.

Später polterten Mehlham, Boutsen und Argal  die Treppe des Turms runter. Sie plapperten wild durcheinander. Ich müsse jemand mit Funken finden, sage die Hexe platzte Argal heraus, was mich besorgt die Augenbraue hochziehen ließ. Und derjenige müsse auch noch von hier sein, er darf aber her ziehen und dann wieder weg gehen... nur nicht mehr heiraten danach. Es war alles etwas wirr, was sie von sich gaben, und ich reimte mir meinen Teil zusammen. Boutsen meint, wir müssten nur bei den Axsanofs schauen, da findet sich schon einer mit Funken – als würde ein Soldat sich mit sowas auskennen. Nadjescha kam auch herunter, aber deutlich ruhiger als die Anderen, und fragte nach mir. Ich entschuldigte mich bei Petta und ging mit ihr hoch die enge Treppe den Turm hinauf. Eine  Holztür mit fantastisch geschnitzter Szene versperrte den Eingang in ein kleines, vollgestopftes  Turmzimmer. Die Einrichtung und der Kram der herumstanden erinnerten mich stark an eine Hexenküche, ich kannte ja durchaus welche. Trotzdem musste irgendwer Argal einimpfen, sich mit solchen Worten zurückzuhalten. Das konnte böß nach hinten losgehen wenn die falschen Ohren anwesend waren… Eine ältere Dame verneigte sich vor mir und stellte sich als Ljubasa vor. Sie habe schon von den Strobanoff gehört, man erzähle sich seltsame Dinge. Und das sie außergewöhnlich talentiert und begabt seien – was mir natürlich schmeichelte. Eine weitere Überraschung war, dass Nadjescha die Alte und mich dann obwohl sie hier fremd war ohne ein aufheben darum zu machen uns bediente und Tee brachte. Was ging hier vor? Ljubasa erzählte mir ebenfalls es herrsche ein Pakt zwischen Wald und Menschen. Aber sie wolle eigentlich lieber, das Marisja „ihren guten Jungen“ Petta heiratet. Aber Zeit bliebe wenig, übermorgen brauche man jemand für den Wald. Und dann sagte sie mir recht offen und unverblümt ins Gesicht, ich sei Druide, sage meine Aura. Wenn sie also in der Lage war das zu erkennen… da hatte Argal wohl im Kern der Sache richtig gelegen. Weiter meinte sie, der hiesige Hüter des Waldes starb und hatte keinen rechten Nachfolger. Ich frage mich, wer der Bruder war, immerhin bin ich ja vom westwärtigen Bornwald. Vielleicht hatte ich den Mann sogar gekannt? Sie könne das Ritual führen, und vielleicht sogar überleben. Ich meinte nur, der Bronjar hinge ziemlich an ihr, sie solle doch bitte dabei nicht sterben. Aber wenn sie sterben sollte, brauche sie jemand, der sich kundig mache um das Ritual richtig zu erneuern, wobei sie mich recht eindringlich ansah. Das solle ich sein. Das Land habe mich und meine Begleiter geschickt, das sei kein Zufall. Das Blut des Landes walle heftig in den vergangenen Jahren. Sogar Milzenis hat man schon am Rand des Waldes gesehen, dass das erste Mal seit Jahrhunderten. Ich solle bei dem  Ritual der Vermählung dabei sein und müsse sie beobachten. Da würde mir dann mein bekannt gutes Gedächtnis wohl wieder sehr zu pass kommen. Aber ich würde damit selbst als Braut des Waldes auch nicht ausscheiden, das ginge wohl auch, nur das Ritual müsse jemand anderes leiten als die Braut selbst. Als ich wissen wollte, was an dem Ritual so gefährlich sei lösten sich meine Bedenken aber in Luft auf. Es koste viel Kraft, mehr als sie selbst habe. Sie war wohl wirklich eine Hexe. Aber das Problem mangelnder Sumukraft würde ich lösen können. Sei es durch Dreingabe meiner eigenen oder zur Not indem wir mit Blut arbeiten würden, aber darauf würden wir vorsichtshalber nur zur Not zurückgreifen, wer wusste schon wie der Wald auf ein Blutopfer reagieren mochte. Zurückblickend betrachtet hatte ich auf diese Variante der Kraftgewinnung schon ewig nicht mehr zurückgreifen müssen…

Als wir Ljubasas Zimmer verliesen flitzte Argal gerade die Treppe runter. Hatte der kleine Strolch etwa versucht zu lauschen? Ich sah mich nur noch einmal genötigt Nadjescha erneut zum Schweigen über das gehörte zu verpflichten. Das letzte was ich brauchte war eine Geschichte auf Seite 1 ihrer Flagge, der Bronjar von Strobanoff sei Druide oder Hexer. Das würde ihr zwar eh keiner glauben (hoffe ich), aber den danach sicher anstehenden Besuch der Magier und Priester wollte ich eigentlich nicht erleben. Wir durften dann alle auf dem Gut übernachten, um morgen rechtzeitig aufbrechen zu können. Es würde wohl ein langer Tag werden.

Am nächsten Morgen fragte ich noch bei Ljubascha wo der Platz für das Ritual sei, damit wir uns zeitlich nicht im Wald verzetteln. Von hier 4 Stunden seien es, viel weiter als der Baum im alten Wald, in der Nähe wo der Hüter Artjom gewohnt hatte. Da wo uns der Rabe gefunden hatte in der Nähe ist der Quell des Paktes. Das war ganz schön weit, insbesondere mussten wie ja zuerst noch nach einer anderen Waldseele schauen, bevor wir losliefen, sonst wäre die Sache ja schon erledigt wer es wird. Oder auch nicht, denn wenn sich gar kein anderer finden würde und Marisja nicht wollte wie sie Petta zugetan war, würde zur Not ja immer noch ich einspringen können. Hier dafür eine Hütte zu erhalten sollte das kleinste Problem sein. Und über „Funken“ verfügte ich ja zu genüge. Die Frage war nur, wie viel von Dere ich neben dem Reichsforst und Strobanoff noch hüten sollte. Das würde dann irgendwann schon anstrengend werden.

Petta erwartete uns am Hof in leichter Rüstung mit Schild, Speer und Bogen. Fünf Bewaffnete in Filzpanzern, ausgestattet mit Streitkolben, Speeren und Kurzbögen an seiner Seite. Offensichtlich rechnete er nicht mit einer friedlichen Lösung. Vanjescha, Fredo, Galjan, Gruschin und Sorean, hatten wir alle bis auf den letzten schon gesehen. In Jagotin am Weiher sollte es losghen. Wir ritten standesgemäß bis dahin und ließen die Pferde dann dort. Der Boden war nun wieder trockener, so dass der Weg diesmal nur eine halbe Stunde dauerte – außerdem eilten wir.

Zunächst machten wir bei den Axsanof halt wegen einer möglichen anderen Waldseele. Veranlagungen für Sumus Gabe, das wusste ich, konnten in der Familie liegen und auch Ljubascha hatte etwas dahingehend erwähnt. Das Dorf folgte mit neugierigen Blicken dem Dutzend Kriegsvolk das hindurchzog.  Aragl klopfte und Linjan der Heiler blickte uns verwundert an. Natürlich wollte er wissen, was ihm die Ehre des hohen Besuch verschaffte. Zunächst teilten wir ihm die frohe Kunde mit, wir würden ausziehen seine Tochter zurückzubringen. Morgen sei sie wieder da. Aber man müsse sich auch noch über seinen Sohn unterhalten, den Boutsen. Er bat uns herein, so etwas besprach man nicht auf der Schwelle, und seine Frau Nadjenka brachte uns Tee. Nadjescha erklärte den beiden, die ja ebenfalls nur zugezogenen waren, die Situation und von der Legende der Waldseele. Nadjescha solle nun in der kommenden Nacht als neue Seele berufen werden. Ihre Tochter wurde also entführt um dazu gezwungen zu werden die Waldseele zu werden. Da das nicht jeder machen könne, man muss einen Funken Magie in sich tragen und davon gesprochen wurde das Linjan heilende Hände habe seien wir nun hier. Wir würden auch den Ort des Geschehens kennen und das Problem lösen, aber das Dorf wird untergehen, wenn keine neue Seele gefunden wird. Nadjenka meinte dann, sie müsse immer weniger weit gehen, um Kräuter zu finden, es stimme, der Wald rücke vor. Ich fragte dann recht offen, ob der kleine Boutsen nicht den Platz seiner Schwester einnehmen wolle. Linjan sah mich zuerst überrascht an, meinte dann aber ihm sei es ebenfalls schon aufgefallen, dass auch seine Kinder anscheinend über seine Gabe verfügten. Leider konnten wir der Familie nicht viel Bedenkzeit lassen, es eilt weswegen wir nicht länger als bis zum späten Nachmittag warten könnten.

Petta drängte bereits unruhig zum Aufbruch und zog direkt danach mit seiner Horde vorab in den Wald zur gezeichneten Lärche. Argal und Melham nahm er als Fährtensucher mit. Ich bliebderwei mit Nadjescha und Boutsen  im Dorf um die Entscheidung des kleinen Boutsens abzuwarten. Da die Axsanofs uns nachdem der Bronjar weg war ungeduldig ansahen,  verließen wir die Hütte. Bald darauf ging Linjan mit seinem Sohn durch den Garten und redete auf ihn ein um wenig später entlang der Dorfstraße zu den anderen Hütten zu gehen. Erst am Nachmittag kamen sie wieder aus der Hütte der Kruschins heraus, eine alte Vettel blieb an der Tür zurück und verabschiedete die Beiden mit den Worten „Und ich sag dir, das Land braucht Opfer“. Was sie wohl so lange besprochen hatten? Hoffentlich hatte die Alte dem armen Jungen keine schlimmen Schreckgeschichten erzählt. Dann gingen sie weiter zum Dorfvorsteher Tetzmar, blieben dort aber nur ein halbes Stundenglas. Als sie herauskamen streckte Tetzmar Linjan die Hand hin und nickte Boutsen zu. Da ich es nicht mehr aushielt untätig daneben zu stehen, ging ich zu den beiden und fragte sie, was ihnen erzählt wurde. In den beiden Häusern war anscheinend ganz unterschiedliches erzählt worden, zum Teil auch Furchtbares. Aber es ist wichtig fürs Dorf, meinte der Junge tapfer. Und heiraten wollte er ja eh noch nie. Das hörte sich schon einmal positiv an. Um ihn zu bestärken, beschloss ich ihm noch etwas von der Macht Mütterchen Sumus zu zeigen. Ich sagte ihm, der Wald sorge für die seinen, und brächte uns, und dabei sah ich ihm tief in die Augen, wundersame Dinge bei. Neben uns stand ein Weißdornbusch, der zu dieser Jahreszeit schon lange verblüht war. Aber ich nahm einen Ast in die Hand und lies die weißen Blüten mit einem einfachen Haselbusch erneut aufgehen.  Linjan, der anscheinend trotzdem nicht zum Gerede werden wollte, schirmte uns dabei vor neugierigen Blicken aus dem Dorf ab. Aber, und das schärfte ich dem Jungen ein, es sei seine freie Entscheidung. Zur Not würde sich, ohne dass ich ihm auf die Nase Band das ich es sein würde, jemand anderes finden, der diese Aufgabe übernehmen würde. Aber der gute Junge schien eh schon einen Entschluss gefasst zu haben. Er mache es, sagte er mit einer Überzeugung, die ich nicht erwartet hätte. Er habe es seinem Vater schon gesagt, denn dann müsse die Familie hier nie mehr weg, und wenn Marisja den Bronjar bekomme, seien sie hier endlich angekommen. So viel Verantwortungsbewusstsein und Einsicht hatte ich nicht erwartet. Ich war richtig stolz auf ihn und beschloss, in der Zukunft den Weg von Strobanoff aus hierher immer wieder einmal auf mich zu nehmen, um nach ihm zu sehen. Ein wenig mehr Anleitung als Ljibussa ihm geben konnte mochte ich vielleicht auch noch beisteuern können. Und außerdem war ich auch ein wenig froh, dass diese zusätzliche Verantwortung nicht auch noch bei mir abgeladen wurde.

Dann machten auch wir uns zur Wanderung bereit, jetzt mussten wir schnell los. Zur vierten Stunde brachen wir auf zur gezeichneten Lärche und kamen dort in der Dämmerung an. Die Häscher um Petta waren, wie ich es erwartet hatte, aber nicht erfolgreich gewesen. Das wäre in etwas so, als würde mich jemand in meinem eigenen Wald suchen und jagen wollen. Der würde mich auch nicht erwischen. Ich erzählte Petta von der Entscheidung Boutsens, der im daraufhin anerkennend auf die Schulter klopfte. Er würde ihm immer willkommen sein, die Dankbarkeit war meinem Bronjarenbruder ins Gesicht geschrieben. Ljubascha war ebenfalls angekommen, um uns zu führen. An der Lärche hinngen drei frische Blumenkränze. Wer die wohl angebracht haben mochte? Als wir an der alten Föhre ankamen war es schon dunkel. Fackeln wurden zur Beleuchtung entzündet und verbreiteten ihren unsteten Schein auf der Lichtung. Ljubascha heißt uns zurückzubleiben, sie ging allein in die Hütte bevor es weiter gehen konnte. Nah am Waldrand riss Argal Ljubascha auf einmal zurück und stieß einen Schrei aus: „Gefahr!“. Im schwachen Fackellicht sahen wir Vigo aus dem Busch kommen der das Wort an Ljubascha richtet:. „Was willst du hier schon wieder mit meinem Bruder? Du hattest ihn immer lieber als mich. Aber jetzt erwische ich dich!“ Argal stellte sich ungewohnt tapfer vor die alte Frau, Nadjescha ging daneben in Position, wurde aber dafür von der Knochenkeule Vigos an der Brust getroffen und torkelte zurück. Melham, der anscheinend mit ärger gerechnet hatte, schoss mit einem Pfeil leider daneben, aber Boutsen gelang ein sauberer Treffer. Petta trat seinem Bruder mit einem Knurren entgegen entgegen: „Verräter und Mörder“.  Von näherte sich ein weißer Blitz Petta, der Albino-Wolf. Und als wäre das nicht genug  bewegte sich der Wald rechts und links auf uns zu und schlug nach den Waffenknechten. Waldschrate, auch das noch. Dann begann im Halbdunkel ein wüstes Hauen und Stechen.  Bald hatten wir die ersten Opfer auf beiden Seiten. Boutsen schoss Vigo nieder, was aber weder Wolf noch die Waldschrate zum Rückzug animierte. Einer der Schrate schlug die Büttelin Vanjescha nieder, die sich ungünstig in seiner beachtlichen Reichweite befunden hatte. Ich traf dann endlich einmal den Wolf, der sich an Petta verbissen hatte. Der Wolf verendete dann, von einem Pfeil Melhams niedergestreckt. Kurz bedauerte ich den Tod des stolzen und schönen Tieres. Im Gegenzug nagelte einer der Schrate Kruschin um und auch ich bekam eine schmerzhafte Prellung am rechten Bein von den herumsausenden Ästen, biss aber die Zähne zusammen. Mit Mühen bezwangen wir den Schrat vor uns, während in unserem Rücken der zweite Waldschrat seinen letzten verbliebenen Gegner umschlug. Wir drehten uns geschlossen zum letzten Feind um. Auf einmal ging uns ein guter Teil unserer Kampfkraft verloren, wie Argal sich auf Melham stürzte, statt auf den Feind und ihn so vom Schießen abhielt. Später erfuhr ich, dass Melham Argals  Laterne geworfen auf dne Schrat werfen wollte um ihn anzuzünden, sie aber nur ins nächste Gebüsch gefeuert und dabei hat kaputt gemacht hatte. Auch mir entglitt der Speer einmal und Ich trafe ausversehen  Petta, der zusätzlich vom Schrat übel im Magen getroffen wurde. Boutsen der ältere hatte sich da etwas schlauer angestellt und den Schrat mittlerweile mit Brandpfeilen zum Lodern gebracht. Am Ende konnten wir einen Sieg feiern, aber der war hart und schmerzhaft erkämpft.

Argal wollte überhaupt nicht mehr aufhören Melham wegen seiner Laterne zu schimpfen, traf aber bei diesem nur auf wenig Verständnis. Das würde noch böses Blut geben… Ich ging zu den verletzten um nach ihnen zu sehen.  Petta hatte mehrere schwere Wunden, Fredo verblutete vor sich hin, Kruschin rappelte sich langsam auf und Vanjescha dämmerte langsam hoch. Gemeinsam legten wir den verletzten Verbände an, wobei ich bemerkte, dass gerade Melham und Boutsen in diesen Dingen gar nicht ungeschickt waren.  Meine Kraft, wie schon im Kampf auch, schonte ich aber, um für das Ritual gewappnet zu sein. Petta wollte mit seinen Leuten hier auf der Lichtung bleiben, sie würden uns nur aufhalten, aber wir sollten weitermachen. Nadjescha ließ sich die Wunde an ihrer Brust dann lieber von Ljubascha verbinden. Ich glaube, der geifernde Blick Melhams, der sich angeboten hatte das zu übernehmen, war da ausschlaggebend. Ich konnte sie gut verstehen, den stinkenden Lustmolch wollte wohl keine Frau freiwillig an ihren Obstgarten lassen. Argal mussten wir einen Kopfverband anlegen, aber da war ja eh nicht viel zu beschädigen.

Dann gingen wir endlich auf Ljubaschas spuren weiter, wobei der Weg gar nicht mehr so weit war.. Argal jammerte immer noch wegen seiner Laterne rum. Bald kamen wir auf eine kleine Lichtung. Im Feuer der Fackeln sahen wir einen Steinhaufen aus dessen Mitte Wasser hervorsprudelte. Anscheinend die Quelle des Bachs, der auch den Weiher von Jagotin speiste. Davor lag ein längliches dunkles Bündel. Marisja bewegte sich mühsam, halb weggedämmert und mit Lederschnüren gebunden. Wir befreiten sie hatten aber keine Zeit zu erzählen, es war höchste Zeit für eine Hochzeit. „Heute Nacht geben wir im neuen Bund dem Land und den Menschen neues Leben“, intonierte Ljubasa. Es war kühl geworden zur Mitternacht, und Marisja trat mit den Anderen zurück an den Rand der Lichtung. Ljubasa hatte Blütenkränze für den jungen Boutsen. Wir ich reichten uns die Hände und verbanden unsere Kraft im Unitatio. Ein schwacher Wind wehte in den Kreis der Bäume, Boutsen hatte nur dünnes weißes Tuch um die Hüften und erschauerte. Stille hatte sich über den Wald gesenkt, nur das Rauschen der Blätter und des Wassers war zu vernehmen. Ich roch den erdigen Duft des Waldes, ich fühlte die Bedeutung des Momentes  und lauschte ins Dunkel, kein Licht mehr außer schwachem Sternenschein drang zu uns herunter. „Vor langer Zeit wurde ein Bund geschlossen von Menschen und Wald zur Erneuerung und  zum Fortbestand Jagotins. Nimm den Bräutigam wohlwollend auf.“ Die alte Frau schöpfte Wasser aus der Quelle über Boutsen, streute Krumen von der schwarzen Erde auf ihn und malte mit einem Blütenkranz Muster in die Luft, bevor sie ihn damit krönte wie eine Jungfer zum Frühlingsfest. Stille. Und das Gefühl einer großen, uralten Präsenz legte sich über die Lichtung. Einen  Atemzug lang hatte ich den Eindruck, alle Bäume blickten auf uns. Ich hatte die kleine Veränderung zunächst nicht bemerkt, aber Ljubascha sah lächelnd auf die jungen Ilmen die trotz der Jahreszeit erneut getrieben hatten und sank dann zu Boden. Ich spürte, wie mich der Vorgang einen guten Teil meiner Kraft kostete, für einen alleine wäre es wohl tatsächlich recht schmerzhaft gewesen, aber ich hatte schlimmeres erwartet. Ich half der alten hHexe hoch, wieder einmal darin bestärkt, dass an der Schwesternschaft nun wirklich nichts Böses war. Und der junge Boutsen… er kam mir danach irgendwie älter, sogar reifer vor.

Nachdem alles getan war gingen wir zu den anderen zurück, um Petta zu beruhigen und nicht warten zu lassen. Am nächsten Morgen, banden wir Tragen für die schwerer verwundeten und schleppten uns zurück ins Dorf, wo Linjan sich um alle Verwundeten kümmern konnte und den Rest des Tages  gut beschäftigt war.

Melham und Argals Streit wegen der  Laterne indes schien kein Ende nehmen zu wollen. Melham sah partout nicht ein, etwas falsch gemacht zu haben, da er ja nur die Gruppe retten wollte, aber Argals Drang auf sein Eigentum zu bestehen und es zu verteidigen schien ebenfalls keine Grenzen zu kennen. Hoffentlich ging das gut mit den beiden. Argal neigte ja doch zu unbedachten Handlungen, wie ich zu genüge wusste.

Eine Woche später waren wir dann die Ehrengäste auf einer weiteren Hochzeit auf dem Hof des Bronjaren. Ich freute mich für Petta. Vielleicht sollte ich mir doch auch eine Gefährtin suchen. Auf der anderen Seite, jemand wirklich passendes zu finden schien recht anstrengend und aufwendig zu sein. Mein Lebenswandel war ja nicht gerade als „normal“ zu bezeichnen… Aus Rodebrandt kam eine Traviageweihte zum Segnen des Bundes und für bornische Verhältnisse wurde ein richtig großes Fest gefeiert. Müßig zu erwähnen, dass wir von nun an in Jagotin immer gern gesehene Gäste sein würden.

Aber das konnte nur eine Zwischenstation gewesen sein. Wir mussten immer noch weiter gen Pervin, den Magier für Argal finden. Und langsam hatte ich den Verdacht, Mütterchen Sumu hatte für mich hier auch noch eine Aufgabe vorgesehen. Die Unsterblichen denken in anderen Dimensionen als wir bloße Menschen. Vielleicht war es schon immer ihr Wille, mir nicht nur den Reichsforst und Strobanoff anzuvertrauen. Der Schutz des Landes, das war es doch, wofür unsere Gemeinschaft am Ende stand. Ich bin gespannt, wo das noch hinführen mochte.

Dieser Eintrag wurde am 15.01.2022 (14:54) verfasst und 241 mal aufgerufen.
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