Präludium des Abenteuers für Marno:
"Es ist bereits Jahre her, dass Du das wanderleben eines Abenteurers geführt hast. Lange, lange Zeit hast Du gebraucht zu lernen, zu schreiben und das gesammelte Wissen in die gelehrten Archive der Nanduskirche in Vinsalt zu übertragen. Unbestritten DER Experte für alles Drachische im Orden warst Du nun über all die Zeit ein gesuchter Gesprächspartner nicht nur aus den Reihen der Nandus- und Hesindekirche, sondern auch für die örtliche Magierschaft und so manche Loge des Horasreichs. Gerade dort wurdest Du immer wieder zu Gastvorträgen eingeladen oder zu Deiner Meinung nach "echt drachischen Artefakten" die mehr oder weniger seriöse Abenteurer zum Kauf anboten konsultiert. Sogar die Leitung mehrer Expeditionen in den Süden zu Echsenstädten oder zur suche nach vermeindlichen Drachenhorten bot man Dir an. Aber die Pflichten als Chronist gingen vor.
Jetzt bist Du jedoch selbst endlich zufrieden. Das Wissen, das Du preisgeben wolltest, die Geschichte der Drachenkriege, die verlorene Insel... all das ist nach mühevollen Jahren endlich zu Pergament gebracht. Sogar zwei Kopisten hat man Dir an die Hand gegeben, um die Seiten, kaum dass sie Deine Feder verlassen haben, zu vervielfältigen. Das Original Deiner Schrift würde selbstversändlich in Vinsalt verbleiben. Ein Exemplar würde man direkt nach der Fertigstellung den Hallen der Weißheit in Kuslik übersenden. Das dritte sollte dem Pentagon-Tempel in Gareth und dem dortigen Nandus-Schrein übergeben werden. Von dort könnten auch die Brüder und Schwestern der Schlange aus das Wissen mehren. Und die Ehre, die Kopien, die so umfangreich sind, dass man sie in kleinen Kisten transportieren musste, zu übergeben, obliegt natürlich Dir selbst.
Die Reise von Vinsalt nach Kuslik war wenig abenteuerlich. Eine Reise im Lieblichen Feld ist nun einmal nichts, was größeres Ungemach bedeutete. Aber von dort nach Gareth änderten sich die Dinge, kaum dass Du die Grenzen überschritten hast. Was in den letzten Monden nur als Schreckgeschichten und Gerüchte an Deine Ohren gedrungen ist, wird mehr und mehr zur Realität, je weiter Du den Yaquir hinauf reist. Zunächst nur als ein seltsames Gefühl im Verhalten der Almadaner, die einen erstaunlichen Nationalstolz auf "Ihren" König, den Wiedergekehrten, den Mondenkaiser, an den Tag legen. Heerzüge an Gespannen und Karren, die die leer entgegen kommen und in die andere Richtung schier unendliche Mengen an Korn, Öl, und allem was essbar und nicht leicht verderblich ist transportieren. Und ein stetiges Rinnsaal an ausgebrannten, erschöpften, verzweifelten Menschen, die aus dem Herz des Mittelreichs in vermeintlich sichere Almada ziehen, um dort ein neues Leben zu beginnen. Kein Flüchtlingsstrom, das nicht, aber ein stetiger Zug der Verzweifelten, aus deren abendlichen Erzählungen Du das blanke Grauen heraushörst, dass die Metropole des Mittelreichs heimgesucht haben muss.
Aber auch Hoffnung. Auf einen Neuanfang für sich selbst. Einen Neuanfang für das Reich. Einen Neuanfang für das Kaiserhaus, hat doch gerade erst zum 1. Praios nun endlich auch das Reich wieder eine gesalbte und gekrönte Kaiserin. Gespannt und Neugierig lauscht Du den Erzählungen, die sich im Kern alle ähneln, und doch jede für sich anders ist. Immer wieder ist dabei die Rede von Männern und Frauen, die das Rad des Schicksals zugunsten des Reichs gedreht haben - von den meisten werden sie nur die "Helden von Gareth" genannt. Helden, die den übelsten Magier dieser Jahre, Galotta, und den schrecklichen Drachen Rhazzazor vernichtet haben. Übergroß und strahlend sind die Darstellungen in den Geschichten, eben echte Helden. Aber eines Abends, Du übernachtest heute in Ragath, triffst Du jemanden, der sogar die Namen dieser strahlenden Recken kennt. Cankunako, Jurga Ragnirsdottir, Anjon Beletor, Fringlas Seehoff, Nrui Sahin und Bardan Firngrim. Es dauert etwas, bis es Dir dämmert. Kommt dir nicht mindestens einer dieser Namen bekannt vor? Hast Du ihn nicht selbst in den letzten Jahren immer wieder einmal zu Papier gebracht? Auf Deine Frage, ob sich diese Helden des Reichs noch in Gareht befinden, weiß der Mann keine Antwort, aber, so meint er, sei doch davon auszugehen, wenn sie nun an der Seite der Kaiserin stehen.
So reist Du weiter nach Norden, immer näher an die Metropole des Reichs heran, bis Du schließlich im späten Sommer, es ist fast schon Herbst, in der Ferne die geschundene Metropole des Mittelreichs erblickst. Eine lange Schlange Reisender wartet bereits am Almadaner Tor auf Einlass.
Nach einer Wartezeit am Tor führt der Weg weiter in den Pentagon-Tempel der Allweisen Schlange, der auch einen Nandus-Schrein aufweist.
Tatsächlich ist ein Schreinhüter vor Ort im Pentagon-Tempel, allerdings kein Priester, sondern nur ein Akoluth, der sich dir als Horald von Hirschquell vorstellt. Der eigentlich zuständige Priester befände sich derzeit auf einer Mission im Tempel Sankta Niobara zu Dornensee in in Eslamsgrund. Aber er ist Dir natürlich gerne in jeder Hinsicht behliflich. Aus seinem Dialekt kannst Du heraushören, das er wohl gebürtiger Garether sein muss.
Da Deine Ankunft natürlich nicht unbemerkt geblieben ist, man Dich aber bei Deinem Reisedank auch nicht stören wollte, erhälst Du in Begleitung Horalds sehr bald Gehör beim Erzwissensbewahrer Valnar Yitskok, der dich auch, nach Übergabe der Schriften die Umgehend in die Archivkeller wandern, den Rest des Nachmittags und Abends mit Fragen löchert und neben der, sicherlich ebenfalls erleuchtenden Schrift, an Deinen persönlichen Eindrücken und Schilderungen der Ereignisse sichtlich interessiert ist. Als Angehöriger der Pastori wird er für die sichere Verwahrung dieses für das gemeine Volk sicherlich verstörenden Schriften sorgen. Dies ist allerdings der erste ausführliche Bericht, der den Pentagon-Tempel erreicht. Was umso bedauerlicher ist, wenn tatsächlich zwei stattbekannte Recken dieses Wissen schon früher mit der Kirche hätten Teilen können. Aber zugegebenermaßen hatte man in Gareth zuletzt ein wenig andere... Schwerpunkte und Sorgen. Seines Wissens nach sind die genannten Männer auch der Kirche der allweisen Schlange nicht besonders nahestehend.
Aber die Namen sind ihm natürlich bekannt, er hat sie sogar schon persönlich gesehen, zuletzt bei der Kaiserkrönung am 1. Praios, zu der auch die Herren Firngrimm und Sahin, sogar als Ehrengäste, geladen waren. Den Herrn Sahin hat man zuletzt stets im Umfeld der Stadt des Lichts gesehen. Vor der Krönung war er sogar mehrfach hier im Tempel um in den Archiven nach der Familie Conchobair aus Albernia zu lesen - umso unverzeihlicher, wenn er im Gegenzug solches Wissen vorenthält! Aber nach der Krönung, so heißt es, habe er die Stadt mit unbekanntem Ziel verlassen. Der Herr Firngrimm dagegen ist seit seiner Erhebung zum Rittmeister durch die Kaiserin selbst stets in derem Umfeld zu treffen, da er der Führer der neu formierten Bannergarde sei. Die Kaserne befindet sich, soweit er sich erinnert, im Norden Gareths in einem Gutshof, in dem auch früher schon zu Krisenzeiten Kavallerieeinheiten untergebracht waren, da es dort genügend Ställe und Koppeln für die Pferde eines ganzen Banners gibt.
Selbstverständlich erhälst du eine der Gästekammern des Tempels um zu später Stunde ins Bett zu gehen. Daher kommst Du auch erst am nächsten Tag dazu, dich durch die Stadt treiben zu lassen. Drei Dinge fallen Dir dabei besonders auf. Jetzt, nach dem Sommer und im angehenden Herbst scheint eine allgemeine Aufbruchstimmung in Gareht zu herrschen, die Menschen scheinen langsam den Schatten der vergangenen Ereignisse zu überwinden und wieder Mut zu fassen. Überall siehst du die Spuren der Zerstörung, aber auch des Wiederaufbaus. Kein Straßenzug in dem der Verkehr nicht durch Baugerüste, Schutthügel oder dem Aushub neue angelegter Fundamentgruben behindert wird. Und zuletzt der allgegenwärtige Hunger. Obwohl ständig Fuhrwerke aus dem Umland und von weiter Weg mit Nahrung durch die Straßen fahren, scheint ein normaler Handel mit den Lebenswichtigsten Dingen nur eingeschränkt zu funktionieren. Das Meiste davon scheint direkt in die Speicher der Stadt zu wandern, um die Leute durch den schon wieder vor der Tür stehenden Winter zu bringen. Wer es dennoch schafft seine Waren auf den Markt zu bringen, verdient sich aber bei denen die genug Geld haben eine wahrhaft goldene Nase.
Mit Deinem kirchlichen Stand erhälst Du selbstverständlich Zugang zu allen Archiven, die du einsehen möchtest und kannst Dir in den folgenden Tagen ein umfassendes Bild über die Geschehnisse der letzten Monde machen, die insbsondere im Kirchenarchiv sehr gut dokumentiert sind. Das Stadtarchiv befindet sich derzeit im Wiederaufbau und ist zwar zugänglich, hier ist man aber mit der Sichtung und Rettung der alten Aufzeichnungen beschäftigt, so dass man dich zwar gerne selbst recherchieren lässt, aber nur wenig helfen kann. Überhaupt sind die Aufzeichnungen nur bis zum Angriff auf Gareth und die Nacht des Feuers vorhanden..."
EInstieg in die Reisenotizen von Marno Beratas, Akoluth des Herrn Nandus:
Der Weg nach Gareth war unauffällig und recht kurzweilig. Je näher man dem Norden kam, desto schlechter wurde die Lage. Um Gareth herum sah man deutlich die Folgen des Krieges und des Hungers. Aber auch die Versorgung der Stadt lief an und dem Herbst entsprechend zog allerlei Landvolk und Händler in die Stadt. Am südlichen Stadttor war ein wenig Wartezeit zu überbrücken und so hörte ich voller Überraschung, dass in den Ereignissen zum Sturz zweier Erben Borbarads und zur Verteidigung der Stadt zwei alte Bekannte eine wesentliche Rolle gespielt hatten. Die zwei einäugigen Schlagetods mit den unkontrollierten Mordwaffen waren anscheinend auch hier wacker.
Und umso mehr freute ich mich zu hören, dass der alte Oberst Bardan Firngrimm in der Stadt sei. Der andere Einäugige Nuri Sahin wäre allerdings wohl nicht mehr in der Stadt, dabei hätte ich ihm gerne die Kodex Draconensis präsentiert. Beim Oberst war ich mir (zu Recht wie sich zeigen würde) nicht sicher, ob er sich genauer erinnern würde und die Geschichte zu schätzen wüsste.
Nach einer erquicklichen Aussprache mit einem Bruder des Herrn Nandus wurde ich zu seiner Eminenz Hochwürden Yilnan Witzkock vorgelassen und konnte das dritte Exemplar des Kodex im Pentagon-Tempel deponieren. Herr Witzkock scheint der Pastori-Richtung der Kirche der Schlange anzugehören, sodass die Ansicht diesen Exemplars wohl eher einigen Augen vergönnt sein wird.
Nach einigen Tagen des Kennenlernens der Stadt, während deren ich im Tempel ein einfaches Zimmer bewohnte, stellte ich fest, dass Gareth wirklich eine so große Stadt ist - eine sogroße wie ich erst einer ansichtig geworden bin, wobei Tze Tha deutlich weniger menschliches Leben aufweist – beschloss ich den Herrn Firngrimm aufzusuchen.
Er hatte wieder ein Kommando erhalten und residierte mit seiner Truppe im Norden vor der Stadt. Auf dem Weg dorthin wurde ich von einigen Dieben angehalten,die wohl an meinen Almosenbeutel wollten. Ich war ja eher belustigt angesichts der Bedrohung durch Knüppel und eine wohl ausgestopfte Socke, aber es war ihnen wohl Ernst mit der eindringliche Bitte. Eine des Gesindels war allerdings voller Respekt und Götterfurcht und wir konnten reden. Daher beschloss ich, dem Mädchen das Angebot zu unterbreiten sie ein wenig zu unterrichten. Vielleicht wäre es ja ein lohnendes Unterfangen, sie scheint die richtige Einstellung zu haben und mit den notwendigen geistigen Gaben – die es zu prüfen gilt – wäre sie eine potentiell wertvolle Ressource.
Nachdem dies nicht auf alle in der Bande zutraf und ich schon meinen guten alten Wanderstecken bereitmacht, wurde ich von einem jungen Recken „aus der Klemme“ gehauen. Ein großer kräftiger Kämpfer, ein Ritter gar, stand dem einfach Akoluthen bei wie es die Götterfurcht gebot. Ein sehr göttergefälliger junger Mann namens Callen, der mir sehr ehrlich und freundlich erschien. Und so musste ich keinen der armen Tröpfe verprügeln, denn sie waren von Callen ausreichend abgeschreckt. Aber mit der jungen Frau machte ich aus, dass wir uns am morgigen Tag gegen Entgelt uns treffen würden. Sie hatte keine Vorstellung davon wofür ich sie bezahlen würde – es würde interessant werden ihre geistigen Fähigkeiten zu prüfen.
Nördlich von Roßkuppeln traf ich in einem Gehöft tatsächlich meinen alten Reisegefährten Bardan Firngrimm. Er konnte sich zuerst nicht an mich erinnern, aber es war ja nun fast zwölf Götterläufe her, dass sich unsere Wege am Rashtullswall trennten. Aber mit etwas Hilfe gelang es dann doch.
Bardan hatte ein persönliches Anliegen, denn er wollte ein kleines Kind aus dem Osten holen, dass er als seines bezeichnete. Als Bedeckung suchte er noch jemanden und mir fiel der junge Callen ein. Er machte mir einen guten und ehrlichen Eindruck und so ging es auch Bardan. Also heuerte er ihn an. Der junge Ritter kam wohl aus der Familie Ui Bennain, was mir nichts sagte aber die wohl in Albernia sehr wichtig war.
Auf meine Anregung rekrutierte Bardan im Tempel der Herrin Peraine noch eine Heilerin als Amme für das junge Kind. Die Dame Yamira saba Khasan war eine Tulamidin und hatte einen etwas zwielichtigen Herrn Hagar von Rosenfels aus Andergast im Schlepptau.