Der Rückweg war nicht sehr ersprießlich, denn zunächst hatte sich der Herr von Rosenfels aus mir unerfindlichen Gründen doch noch dazu entschlossen das Kloster besuchen zu wollen. Und er verlor sich im Nebel vollkommen, noch sehr viel mehr als Callen und konnte sich an kaum etwas aus seinem Leben erinnern. Das war für die Südländerin dann wieder ein Problem und führte auf Burg Mersingen zu diversen Verwicklungen und ich musste den beiden heimlich aus der Patsche als ich eine falsche Spur zu einem nicht existenten Dieb erfand. Aber die Schande mit (stümperhaften) Dieben unterwegs zu sein, wollte ich Bardan ersparen. Also sorgte ich dafür, dass die beiden Liebchen ein Alibi hatten und eine falsche Spur in die andere Richtung zeigte. Ein Dankeschön gab es dafür nicht, weil der Herr vom Rosenfels das ganze gar nicht durchblickte und diese Yamira saba Kasan eine Schwäche wohl nicht zugeben kann. Sei’s drum, solange sie uns nicht in den Weg kam, war mir ihre Meinung und Einschätzung gleichgültig.
Im Zuge der Suche nach dem Pflegevater brauchte es unseren gemeinsamen Verstand samt meines – zugegebenermaßen noch ausbaufähigen Scharfsinns – um die Spur in Richtung Bohlenburg aufzunehmen. Im weiteren Verlauf der Suche fanden wir dann den Pflegevater in einem Wäldchen südlich von Bohlenburg in einer Jagdhütte, allerdings versklavt von einer Bande Räuber. Diese freuten sich, dass ihnen eine kleine Gruppe Reisende direkt in den Unterschlupf gelaufen war und war in kleinster Weise de, vernünftigen Disput zugänglich. Dann blieb uns nichts anderes als das Mittel der Gewalt um diese Sache anzugehen. Während der Oberst und Callen eine stabile Kampflinie formten und das Dutzend Feinde auf Abstand hielt, schnetzelte ich mich recht schnell durch die Reihen dieser ungeübten Strauchdiebe. Die Südländerin erdolchte derweil die zwei Schützen aus dem Hinterhalt – war sie am Ende eine tulamidische Meuchlerin? Auf jeden Fall war sie deutlich mehr und etwas anderes als das was sie zu sein vorgab...
Am Ende des Kampfes hatten wir die gesamte Bande aufgerieben, auch wenn wir auch sehr gelitten hatten. Aber sowohl den Oberst als auch die Dame saba Kasan musste und konnte ich erfolgreich versorgen, sodass wir dann mit dem Pflegevater sprechen konnten. Er war augenscheinlich ein einfacher Bauer oder Krämer gewesen, bevor er zur Landwehr gekommen war und dann desertiert. Angesichts der aktuellen Erfahrungen war er zu überzeugen, dass das Kind mit Namen Albiron bei Bardan besser aufgehoben war als bei einem Deserteur. Auch wenn Bardan sich um die Rücknahme dieser Verurteilung bemühen würde, war das kein geringes Verbrechen, sodass er bis zur Begnadigung weiter versteckt bleiben müsste.
Wir nahmen das Kind – einen gesunden Jungen – in unsere Obhut und ich fragte Bardan kein einziges Mal wer sein Liebchen und die Mutter des Kindes gewesen war. Denn das es sich um einfaches Findelkind handelte war angesichts der ganzen Expedition ausgeschlossen. Aber das war Bardans Geheimnis und ich war mit seinen lauteren Absichten zufrieden, denn nur wenige Kriegswaisen haben das Glück einen echten Paten zu haben. Unsere zwei Querulanten waren allerdings nicht ganz so realistisch und wollten furchtbar gerne wissen wer die Mutter sei. Dass diese Bardan Geliebte gewesen sein könnte, die im Krieg umgekommen war – und dass das Kind gar von einem Anderen und der Gewalt entstammen könnte – auf diese naheliegenden Gedanken kamen die beiden nicht. Die beiden waren wohl in der glücklichen Lage noch nicht den richtigen dreckigen Krieg erlebt zu haben. Ich sagte dazu nichts, denn ich wollte nicht in alten Wunden meines Gefährten bohren und ihn wieder zum Schnaps hin treiben.
Nahe dem Ochsenwasser hatte ich dann noch eine beglückende Begegnung, denn wir trafen auf den Perldrachen, den ich auf dem Hinweg in der Ferne erspäht hatte. Die Drachendame erkannte in mir das Erbe der Kaiserin und Ersten der Perldrachen und nannte mich einen Essenzträger. Damit hatte ich nicht gerechnet, als ich den Splitter des Karfunkels verschluckt hatte, aber so war es und damit bin ich wohl noch deutlich mehr ein Drachenchronist als ich es mir zunächst ausgemalt hatte.
Zurück in Gareth trennten sich unsere Wege und ich war durchaus froh die Südländerin und den Andergaster los zu sein. Und ich beobachtete die beiden noch so lange bis sie die Stadt verlassen hatten. In den weiteren Tagen unterrichtete ich Silia, die sich recht geschickt und klug dabei anstellte und ich hoffe, dass die Saat aufgehen wird, die ich hier gepflanzt habe. Und dann erfuhr ich, dass mit Nuri Sahin auch der zweite Gefährte nun hier in der Stadt weilte. Daher beschloss ich ihn aufzusuchen und ihm vom Kodex Draconensis zu berichten.