Tagebuch von Victor Dondoya Lucisresistis Stellamane D'Pelisario von Al'Anfa
Auf Leben und Tod

Das die Prozedur mein erstes eigenes Artefakt zu erstellen anstrengend war, ist eigentlich noch untertrieben. Ich habe den Aufwand zugegebenermaßen unterschätzt. Obwohl ich die Vorbereitung  und Durchführung extra um 2 Tage getrennt habe, um mich zu sammeln – und allein das Warten diese beiden Tage hat mich vor Neugier und Tatendrang wirklich Überwindung gekostet, aber ein Plan war nun mal ein Plan – war ich nachdem das Werk getan war überrascht, wie Kräftezehrend so etwas ist. So leer habe ich mich das letzte Mal im Anschluss an meine Abschlussprüfung gefühlt.
Auf den Tag danach fiel das Erntefest der Herrin Travia, wohl einer der wichtigsten Tage für die Bauersleut bei denen ich untergekommen war. In der Euphorie über meinen Erfolg und der allgemeinen Heiterkeit ließ ich mich wohl etwas mehr hinreißen als sonst, dem Wein zuzusprechen, obwohl ich ja eigentlich weiß, dass ich kaum mehr als ein Glas vertrage. So wachet ich am nächsten Tag mit dumpfen Schädel, einem trockenen Mund und doch reichlich getrübter Erinnerung wieder auf, und musste mir auch noch gerede hinter meinem Rücken anhören, wie lustig der Herr in der schwarzen Robe mit den Dorfmaiden über den Platz unter der Linde gehopst sei, so böse könne der eigentlich gar nicht sein. Allein, ich vermag mich nicht so recht daran zu erinnern, ob es wirklich so war, aber warum sollte das einfache Volk in dieser Hinsicht Lügenmären spinnen? Da ich noch ein Paar Tage Kost und Logis frei hatte, beschloss ich nicht sofort weiter zu ziehen, sondern mich angesichts meines sowohl astralen als auch körperlichen nicht-Wohlbefindens ein wenig auszuruhen. Das Wetter war mir wohlgesonnen, ein güldener Praiosschein erfüllte die Tage, welche ich faul in der Sonne auf einem Heuballen liegend zu verbringen gedachte. Die Bücher konnte ich auch wieder in die Hand nehmen, wenn sich mein Kopf geklärt hätte.
Es war der zweite Tag meiner Erholung, als sich etwas ungewöhnliches ereignete. Ich lag wieder auf meinem Heuballen unter dem alten Apfelbaum. Dieser befand sich unweit einer großen, gut ausgebauten Straße, welche die Dorfbewohner als „Reichsstraße“  titulierten. Das dort ständig Leute vorbei kamen, die es sich zu beobachten meistens nicht lohnte, war mir schon zur Normalität geworden. Jetzt, zur Mittagsstunde war aber kaum Verkehr, die meisten rasteten wohl zu dieser Zeit. Nur ein einzelner Reiter, wie im Schlaf auf seinem Pferde zusammen gesunken, den kopf auf der Brust, trottete die Straße hinunter. Eigentlich ging es mich nichts an, vielleicht hatte der Herr ja auch eine durchzechte Nacht wie ich neulich hinter sich. Ich konnte ihm da völlig nachfühlen. Aber wenn er mir jetzt hier direkt vom Pferd vor die Füße fallen sollte, müsste ich mich am Ende auch noch um einen aufgeschlagenen Kopf kümmern. Daher beschloss ich, ihn mit einem fröhlichen Ruf zu wecken. 
„Heda, guter Mann, wohin des Wegs?“ rief ich mit lauter Stimme, die er sicher hören musste. Die Lautstärke meiner Stimme hatte ich in der Mine ja zu genüge erprobt. Allein, ich erhielt keine Antwort. Ich grübelte kurz, sollte ich es dabei bewenden lassen, oder lieber nach dem Rechten sehen? Eigentlich ging mich ein schlafender Reisender ja nichts an, aber am Ende siegte, wieder einmal, meine angeborene Neugier. Mein Bauchgefühl sagte, dass hier etwas ungewöhnlich war, und darauf habe ich mich noch meistens verlassen können.  Also begab ich mich das kurze Stück hinüber zur Straße und kreuzte den Pfad des gemächlich trottenden Pferdes.
Meine Treu, der Mann trug aus der Nähe betrachtet die die Farben des albernischen Königs, die ich aus Havena kannte, dazu einen ledernen Panzer und war überdies noch ohnmächtig und schwer verwundet. Vielleicht ein Botenreiter der von Räubern überfallen worden war? Sein Schwert hatte er wohl verloren, die Scheide war leer, nur ein Dolch steckte noch in seinem Gürtel. Dafür blutete er hellrot aus einer Schnittwunde an der linken Brust. Nun, ich hätte mich auch selbst darum kümmern können, der Schnitt sah aus als würde meine eigene Heilkunst ausreichen und ein Balsam hätte wohl völlig genügt. Aber in Lebensgefahr schien mir der Mann nicht zu sein, und um meinen Ruf als zu fürchtender Magus wäre es dann wohl endgültig geschehen gewesen in diesem Dorf, hätte ich mich hier auch noch als Wohltäter aufgespielt. Die Dörfler wurden mir eigentlich jetzt schon zu zutraulich. Also beschloss ich, das Pferd zu dem Bauern zu führen bei dem ich untergekommen war, und den örtlichen Geweihten zu holen. Sollte der doch seine Profession ausüben. Ich war ja nicht für alles zuständig.
Die Unruhe war groß, als ich ankam. Ich lies den Mann auf ein provisorisch errichtetes Lager in der Stube betten und Schwester Adebara, eine Dienerin Peraines, holen. Genau die richtige, um hier zu helfen, dachte ich bei mir. Als sie kam untersuchte sie die Wunde des immer wieder vor Schmerzen stöhnenden Reiters. Ich blieb dabei und sah der Heilerin über die Schulter. Ein schönes Beispiel für angewandte Wundversorgung bei schweren Schnittverletzungen, das sie da bot. Der Mann presste, zwischen unverständlichem Gestammel, auch ein paar verständliche Worte hervor. „Räuber, Brief, muss reiten, Leben und Tod“. Aber das dürfte wohl nichts werden, die Geweihte beschied, das es nicht gut um ihn stand und er nun erst einmal viel Ruhe bräuchte, mindestens zwei Tage, eher mehr. Ich sah mich kurz um. Niemand achtete derzeit auf mich. Zwar war es eigentlich nicht meine Art, in fremden Angelegenheiten zu schnüffeln, aber hier wurde es anscheinend doch interessant, und ich wollte ja an sich eh morgen weiter reisen. Außerdem war ich wieder neugierig, was so dringlich sei, dass dafür dieser Bote so leiden musste. Also warf ich einen Blick auf sein überschaubares Gepäck, das kaum mehr als die persönliche Reiseausstattung enthielt und fand einen gesiegelten Brief mit drei Kronen darauf, gerichtet an einen Vogt Cuill ui Harmlyn zu Honingen. Darum schien es also zu gehen. Angesichts der Tatsache, dass ich  mein fortgehen ja eh schon fest eingeplant hatte – trotz der drallen Blonden die mir seit dem Erntefest immer wieder kichernd über den Weg lief egal wo ich war –beschloss ich, die Aufgabe des Boten zu Ende zu bringen. Honingen war, wie ich wusste, nicht allzu weit weg. Und die Richtung stimmte grob auch, wollte ich nicht zurück Richtung Horasreich oder gen Havene gehen. Also nahm ich das Schreiben an mich. 
Meine Sachen waren schnell gepackt, ich nenne ja immer noch nicht viele Dinge mein eigen. Aber das tragen in der Stofftasche wurde langsam doch beschwerlich, vielleicht konnte ich in Honingen einen Rucksack erwerben, der die Beförderung etwas angenehmer machen dürfte. In meinem Hinterkopf meldete sich immer wieder eine Stimme, ich sollte zumindest wissen, was in diesem Brief stand, den ich da hatte. Neugier, ich verdamme dich! Jedes Mal wenn ich ihn ansah juckten meine Finger und wollten ein Eigenleben entwickeln. Aber ein Magus hat nun einmal einen eisernen Willen, er kennt seine Schwächen und weiß sich im Zaum zu halten. Und überdies, was gäbe das für ein Bild? Ich als Fremder gebe einen Brief an einem Fürstenhof ab, das wächserne Siegel gebrochen. Am Ende stehen da Geheimnisse geschrieben, die mich wie in der Mine in Gefahr bringen mit der Obrigkeit in Konflikt zu geraten? Nein, das war das Risiko nicht wert.  Lieber machte ich mich einfach so auf den Weg. Der Entschluss war gefasst, mein Wille Stark und Zuversicht durchströmte mich. 
Das Pferd des Boten war wohl noch nicht allzu lange geritten worden oder zumindest nicht übermäßig scharf, es schien noch recht frisch zu sein. Ich tat dem Bauern und der Geweihten meine Absicht kund um Missverständnisse zu vermeiden. Beide waren sichtlich froh, dass ich mich der Sache annahm und sich keiner von beiden darum kümmern müsste. Man riet mir, das Pferd mich dem königlichen Brandzeichen zu nehmen und als Zeichen meiner Aufgabe des Wappenrock des Boten überzuwerfen. Dann würden alle sofort sehen, dass ich in offizieller Mission unterwegs war. Ich tat wie geheißen, die Idee schien mir vernünftig und man sattelte mir das Pferd. Selbst hätte ich es wohl auch kaum gekonnt. Honingen würde ich morgen zur Mittagszeit erreichen beschied man mir, bevor man mich verabschiedete und mir die Geweihte noch 20 Heller Handgeld mit auf den Weg gab um Unterkunft und Verpflegung sicher zu stellen. Dann machte ich mich auf. Nun ja, mit meinem reiterischen Geschick ist es nicht weit her. Um genau zu sein, saß ich jetzt das erste Mal auf einem Pferd, das nicht jemand anderes am Strick führte. Vielleicht wäre ich zu Fuß doch schneller? Nun ja, ich würde es auf einen Versuch ankommen lassen. Absteigen und weiter gehen konnte ich ja noch  jederzeit. Allerdings wurde es mit einem eindrucksvollen Ritt die Dorfstraße hinunter nichts, da ich im Sattel zugegebenermaßen wohl eine jämmerliche Figur abgab und alle Mühe hatte, mich überhaupt oben zu halten. Viel schneller als zu Fuß war ich so wohl auch nicht, aber wenigstens musste ich nicht selber laufen. Ich bog also auf die Reichsstraße ein und vor mir dräuten als dunkler Streifen am Horizont einige Hügel. Der Greifenberg, wie ich noch erfahren hatte, ein steiler Hügel, über den es zwar kürzer wäre gen Honingen, aber die Straße führe außen herum. In Anbetracht der Tatsache, dass ich auch so schon genug zu tun hatte das Tier vorwärts zu bewegen, entschied ich mich dafür den längeren Weg außen herum zu wählen. Es brächte niemand etwas, wenn ich auf dem Hügel vom Pferd in eine Schlucht stürzen würde und folgte daher der Reichsstraße.
Eigentlich hatte ich geplant, bis zur nächsten Raststätte zu reiten, die hier an der Reichsstraße ja regelmäßig stehen. Meist einfache Häuser mit einfachem Essen, aber immerhin ein Dach über dem Kopf. Aber schon aus der Ferne musste ich zu meiner Enttäuschung  einen roten Schein und Rauch sehen, die sich in den Abendwolken spiegelnd mir entgegen leuchteten. Als ich ankam, stand der Stall der Herberge lichterloh in Flammen, Leute eilten hektisch hin und her. Hier konnte ich auch nicht helfen, außerdem hatte ich eine Aufgabe. Mit der geruhsamen Nacht war es wohl trotzdem fürs erste nichts, sie hatte sich, im wahrsten Sinne des Wortes, in Rauch aufgelöst. Ich erhielt die Auskunft, dies sei das Werk von 5 Schlagetods, abgerissenen Halunken unter der Führung einer Frau, die im allgemeinen Durcheinander die Reisenden bestohlen hätten. Grandios, noch ein Punkt auf dieser Reise, der es nicht einfacher machte. Nun musste ich nicht nur noch bis zum nächsten Gasthaus weiter reiten, obwohl es bald dunkel werden würde, sondern auch noch besondere Obacht walten lassen, weil Strauchdieben vielleicht vor mir auf dem Weg warten mochten.
Diese Umsicht zahlte sich alsbald aus. Lieber sicher, als überhastet, sagte schon Meister da Vyna. In einem Gebüsch die Straße hinunter meinte ich, eine Bewegung zu sehen, vielleicht ein schlecht versteckter Tagedieb der nur darauf wartete, mich in einen Hinterhalt zu locken. Was sollte ich tun? Von 5 Gestalten war die Rede, zu viele um sie im Kampf zu konfrontieren. Aber einfach schnell vorbei zu hetzen war bei meinen Reitkünsten auch nicht geraten, ich würde ihnen wohl direkt vor die Füße fallen. Also beschloss ich, erst einmal ein Stück den Weg zurück zu reiten und mir die Situation per Pedes näher und von hinten anzusehen. 
Ich schlich durch die Büsche neben der Straße. Solche Dinge liegen mir, sozusagen, im Mohablut. Einer Dschungelkatze gleich, kein Geräusch verursachend näherte ich mich der Stelle die ich vorher gesehen hatte. Zum Glück war der Tag noch nicht ganz vorbei, so dass es noch genug Licht gab um zu sehen. Tatsächlich, eine Hand voll abgerissener Gestalten kauert da im Hinterhalt neben der Straße, nahe bei ein paar Klepper, die auch nicht besser aussehen als ihre Herren. Ich bin gerade nahe genug zum zu verstehen, das die Frau, offensichtlich die Wortführerin mit ihren Schergen unzufrieden ist. Und den Beweis, dass es sich um dieselben Kerle handelt, die auch den Boten bereits hochgenommen haben, habe ich nun auch. Allerdings scheint sie zumindest soweit denken zu können, dass ihre Taten genug Aufmerksamkeit erzeugt haben, so dass sie die Gegend nun verlassen müssen. Aber ihre Schergen ließ sie trotzdem hier an der Straße warten, um dem nächsten armen Reisenden wie mir selber aufzulauern, während sie aus einem Lager in der Nähe Sachen herbeischaffen will. Das machte mir die Situation zwar klarer, aber nicht besser. Mit dem Pferd auf der Straße würde ich an diesen Halunken trotzdem nicht vorbei kommen. Aber der Schlange schlägt man bekanntlich am besten eh zuerst den Kopf ab… deswegen beschloss ich dem Weib zu folgen und die Bande ihrer Führung zu berauben.
Zwar konnte ich mich an ihre Fersen heften, aber das dreckige Miststück legte ein ordentliches Tempo vor, das es mir schwer machte ihr zu folgen. Ihr durch den Wald zu folgen ist schwerer als ich dachte, und gerade als ich schon befürchtete sie völlig verloren zu haben – ich bin nun einmal Magus und kein Waldläufer – stolperte ich auf eine Lichtung hinaus. Leider ohne die Frau vor mir zu sehen, dafür musste ich ein knacken in meinem Rücken vernehmen.  Offensichtlich war ich beim Folgen,  Anschleichen und Verstecken doch nicht so geschickt wie ich es mir eingebildet hatte, denn die dürre Räuberin stand mit gezückter Waffe hinter mir, wollte mich wohl aus dem Hinterhalt heraus niederstrecken. Nun hieß es wohl, ihr Säbel gegen meinen Stab und Geist.
Auf ein langes Duell wollte ich mich nicht einlassen. Dazu hatte ich zu viel Respekt vor ihrer Klinge. Ich sammelte meinen Geist, formte direkt einen Schlag der sie vielleicht schon aufs Erste außer Gefecht setzen sollte. Sie hieb dafür mit der Klinge nach mir, verfehlte aber knapp meinen Arm. Ihre Bewegungen waren ungelenk, so als ob sie selbst keine besonders gute Fechterin wäre. Das hatte ich bei Xinda zum Beispiel schon deutlich eleganter gesehen.  Ich stieß ihr meinen Arm mit dem Zauberstab entgegen, ein laut vernehmliches „Fulminictus Donnerkeil“ hallte über die Lichtung. Und sie krümmte sich vor Schmerzen. Ein Strom, von Kraft durchfloss mich, von dessen Intensität ich kurz übermannt wurde. Dieser Zauber war wirklich Potent, wenn er doch nicht immer so viel Kraft kosten würde. Sicher ein Viertel meiner Macht war damit schon dahin. Dafür lag das Weib nun ohnmächtig vor mir. Aber Gnade war für diese Mordbrennerin nicht angebracht. Daher stieß ich ihr, bevor sie wieder erwachen konnte, meinen Dolch in die Kehle so wie ich es Fabrizio habe bei Donato machen sehen. Ein Blutschwall spritzte mir entgegen und vor meinen Füßen auf den Boden. Was für eine Sauerei, schlimmer als in den anatomischen Kursen im Studium!
Erst einmal schöpfe ich kurz Luft und bekämpfe die aufkommenden Kopfschmerzen. Das konnte ich nun wirklich gerade nicht gebrauchen, immerhin gab es noch mehr von den Kerlen, und öfter wollte ich diese Variante zu siegen eigentlich nicht ausprobieren. Und was, wenn nun ihre Kumpanen kommen würden. Ich bedeckte die Tote grob mit Steinen und Ästen, einerseits um sie zu verstecken, andererseits um die Tiere von ihr abzuhalten. Das mochte als Beweis meiner Tat dienen, wenn der Vogt zu Honingen seine Leute ausschicken würde. 
Anschließend beschloss ich mein Pferd zu holen und um die 4 verbliebenen Gestalten hier hinten herum zu führen. Besser, als von ihnen doch noch auf der Straße ausgeraubt zu werden.  Zwei Stunden später erreichte ich die Herberge „Zum Sechsspänner“ im Schein meiner Laterne, wo man mir für eine Übernachtung und ein einfaches Mahl 8 Heller abnahm.  Zwar hatte ich schon erholsamere Nächte, aber das musste reichen. Und nach einem kurzen Frühstück setzte ich die Reise fort. Der restliche Weg gestaltete sich erfreulicherweise als wenig anstrengend und gefährlich.
Honingen betrat ich durch das Praiostor, vorbei an einer Gardekaserne, dem Peraine- und Rondratempel hinein in die Innenstadt. Nicht schlecht für so ein Kleinstädtchen, aber selbst Bethana war da noch schicker. Hier wirkte alles irgendwie…. bieder und ländlich. Als ich mich schließlich zum Stadthaus des Vogtes durchgefragt hatte, war dieser selbst nicht zu sprechen, ein vielbeschäftigter Mann eben. Also übergab ich die Botschaft einem Offizier der Garde, dieser wiederum einem Laufburschen, der es dem Vogt bringen würde. Nun war ich froh, das Siegel nicht gebrochen zu haben. Das hätte wohl selbst mit einem einfachen Wachmann Probleme gegeben.
Das Lob für mein umsichtiges Handeln, das mir nun von dem Offizier angetragen wurde, war zwar freundlich gemeint, aber eine Heldentat hatte ich nun wahrlich nicht vollbracht. Wüsste der Mann, mit was für Ärger ich mich in den letzten Monden herum geschlagen hatte, er hätte sich wohl den Atem gespart. Für das kurze Wegstück gestand er mir die Entlohnung zu, die sonst der Bote erhalten hätte. 11 Heller, die ich  mir gegen einen Zahlschein an der Kasse abholen durfte. Ein Betrag, der es eigentlich kaum Wert war das schöne Papier dafür zu verschmutzen! Aber gut, dies waren wohl die ordnungsgemäßen Wege, die die Bürokratie in diesem Land ging. Ich berichtete ihm noch von den Räubern, die immer noch auf freiem Fuß waren und der Toten im Wald, und er versprach, sich darum zu kümmern. Kopfgeld gab es allerdings keines, dazu war diese Truppe wohl zu unbedeutend und den Mantel des Boten musste ich ebenfalls wieder abgeben.
Am Abend hatte ich mich in einer Schenke niedergelassen, dem „Roten Einhorn“, wohl wissend, dass dies den Verdienst der letzten Tage fast gleich wieder aufzehren wird. Aber sei es drum, den silbernen sollte es mir heute Wert sein. Ich gedachte gerade mich endlich zu Bett zu begeben, als ein kräftiger Mann um die Vierzig an meinen Tisch trat. Er stellte sich als Angor Burkherdall vor, Schmied aus Honingen der wegen einer ungerechtfertigten Anklage zum Tode verurteilt war. Das Schreiben, welches ich gerade noch rechtzeitig überbracht hatte sei seine Begnadigung gewesen, weswegen er mir danken wollte. Wir setzten uns doch noch einmal zusammen, ich erzählte ihm die kurze Geschichte und er zog einen Dolch aus seinem Wams. Ein fein gearbeitetes Stück, schlank, elegant und mit Gravuren überzogen, dass er mir bevor er sich verabschiedete als seinen persönlichen Dank übergab. Damit hatte ich nicht gerechnet, aber die Götter sehen wohl genau hin, und ich habe den Eindruck, Gute Taten bleiben doch nicht so unbemerkt und unbelohnt, wie ich früher immer dachte.
Und doch, etwas hatte ich aus den letzten Tagen gelernt. Mir wird wohl nicht immer eine bequeme Kutschfahrt zur Verfügung stehen. Und Schusters Rappen, wie man so schön sagt, können auch von Zeit zu Zeit einfach zu langsam sein, wenn die Zeit drängt. Ich beschloss daher, zumindest noch 3 Tage in Honingen zu verweilen und quartierte mich daher in die Herberge „Honigtop“ ein, die mir sehr ordentlich und bodenständig geführt zu sein schien. Überhaupt machte Honingen einen sehr ordentlichen und geruhsamen Eindruck. Ein Ort, an dem man durchaus den einen oder anderen Tag verweilen mochte wenn man Muße hatte. Das kostete mich zwar einen weiteren Dukaten, aber ich hatte ja ein Ziel. Am nächsten Morgen suchte ich eine Stallung auf und fragte, wo man hier den Reitunterricht nehmen könnte. Ich wurde an einen Mann namens Orfang verwiesen, der hier so etwas wie der Stallmeister war und wohl auch dem ein oder Sohn oder Töchterchen aus besserem Haus hin und wieder gegen Salär das Reiten beibrachte. Genau der Mann, den ich gesucht hatte. Ich musste also noch einmal 3 Goldstücke berappen, aber das war es Wert. Er wies mir eine ruhige Mähre zu, da ich zu Anfang nicht überfordert werden sollte, und unterwies mich die nächsten Tage in den Grundzügen des Reitens, bis ich zumindest unfallfrei in den Sattel und wieder heraus kam, ja sogar hin und wieder im Trab über die Feldwege der um Honingen liegenden Äcker geritten war. Jetzt fühlte ich mich schon deutlich sicherer als zuvor. Ich war zwar bei weitem noch davon entfernt ein Rittmeister wie die Novadis die man bisweilen in der Arena zu sehen bekommt zu sein und im Sattel Kunststücke aufzuführen, aber wenigstens musste ich mir nun nicht bei jedem Schritt Gedanken machen, gleich unrühmlich gen Dere zu plumpsen. Die Abende verbrachte ich dann allerdings zumeist mit schmerzendem Gesäß im Kerzenschein auf meinem Zimmer und las in meinem zuletzt erworbenen Buch. Die Aussicht, was sich mit meinem Stab noch alles anstellen ließ, war erhebend. Allerdings würde mich das noch einige Zeit der Studien kosten, die ich jetzt nicht hatte. Überdies hatte ich nun in Honingen selbst kein Ziel mehr vor Augen.
Ich bin gespannt, wohin mich mein Weg nun führen wird. Honingen ist zwar schön und ich fühle mich hier vorerst sicher, aber einfach zu provinziell. Über meine nächsten Schritte muss ich mir nun ernsthaft Gedanken machen.
 

Out-Game Beitrag
Dieser Eintrag wurde am 17.01.2016 (14:29) verfasst und 676 mal aufgerufen.
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