Tagebuch von Victor Dondoya Lucisresistis Stellamane D'Pelisario von Al'Anfa
Im Netz der Mörder

Netz der Mörder

Interludium

Ich wartete eine geschlagene Zeit auf die Rückkehr der Collega Junasia, aber durch die Studien bei Meister Dergelsaum wurde die Zeit zum Glück nie lang. Sie kehrte zurück, kurz nachdem ich mit dem was mir der Meister beizubringen gewillt war geendet hatte, so dass ich seine Gastfreundschaft nicht über Gebühr in Anspruch nehmen musste. Und da das Wetter immer ungastlicher, kälter und feuchter wurde und dies Junasia sichtlich noch weniger Freude bereitete als mir, machten wir uns hurtig auf den Weg nach Gareth. Von dort, so sagte mir die Karte im Handbuch für den Adepten, führte eine gut ausgebaute Straße gen Punin und weiter in den Süden, wo das Klima bedeutend freundlicher wäre. Wie das unter Kollegen so ist kommt man dann schon mal ins Plaudern, ins Disputieren und Ansichten austauschen. Und da bestand das eigentliche Problem. Die Dame Junasia war zwar eine erquickliche, gutaussehende und spannende Reisebegleitung, aber ihre Weltsicht lag quasi konträr und diametral entgegen gesetzt zu der Meinigen, so dass wir recht schnell jedes Mal von einem spannenden Disput zu einer handfesten Streiterei in kürzester Zeit kamen, sobald die Themen so etwas wie Magie und Ethik, Sphärologie, Dämonen, Schwarzkunst, etc… anrissen. Das wir beide anscheinend von recht aufbrausendem Temperament waren machte die Sache nicht besser, aber immerhin hatten wir uns beide soweit im Griff, das es nicht in aller Öffentlichkeit zu einem magischen Schlagabtausch kam, auch wenn wir mehr als einmal kurz davor waren. Kurz , wir schafften es nicht einmal gemeinsam bis nach Gareth, da die Dame Junasia eines Abends, es regnete gerade nicht, nach einem erneuten heftigen Streit um die moralische Akzeptanz 7.-Sphäriger Wesen als Arbeitshilfen im nichtverletzenden Einsatz, wutentbrannt unser Lager verlies. Und danach auch nicht wieder kehrte. Ich wartete sogar bis zum folgenden Mittag, musste dann aber einsehen, dass sie mich wohl hatte sitzen lassen, daher setzte ich im Anschluss meinen Weg nach Gareth, welches ich einen Tag später auch erreichte, alleine fort. Wobei ich mit nun trotzdem hin und wieder dabei ertappe, mich zu fragen was aus ihr geworden ist. Aber die Antwort mag vielleicht irgendwann mit Satinavs Lauf kommen…

Im Netz der Mörder

Gareth. Größte Stadt Aventuriens! Kapitale des Mittelreichs! Enge Häuserschluchten und breite Alleen, prächtige Paläste und ärmliche hütten, schmucke Villen und finstere Mietskasernen. Derzeit alles ein wenig derangiert, um nicht zu sagen verwüstet, durch das wirken, wie ich nun weiß, meines ehemaligen Magisters Gallotta. Was für eine Macht muss man besitzen, um so eine Stadt so herzurichten? Ich war tief beeindruckt… Edle Herrschaften und Bettler, hühnenhafte Thorwaler, glutäugige Tulamiden und rothaarige Albernier, herbes Ferdoker Starkbier und süßer Almadaner Wein, Kunchomer Honig und bornische Essigrüben, Grühnkohl aus den umliegenden Dörfern und Tomaten aus Thalusa. Geschäfte in denen trotz allem Tuche Waffen und Geschmeide feilgeboten werden. Teure Herbergen und üble Spelunken – all das und von viel mehr scheint Gareth zu bieten, ähnlich wie daheim Al’Anfa, nur nicht so schön und warm. Ich musste wohl vor der Weiterreise sowieso mindestens eine Nacht hier verbringen, da konnte ich mir auch einen kurzen Aufenthalt erlauben. Einen drängenden Zeitplan hatte ich ja nicht, und ich war sicher, hier gäbe es trotz allem etwas zu sehen. Nur die Kleidung sollte ich wohl ändern. Ähnlich wie in Havena waren die Reaktionen auf eine schwarze Robe die nicht von einem Boroni getragen wurde, im besten Falle, nicht freundlich.

Schon einige Zeit streifte ich durch die Straßen und war allein vom Ausmaß der Stadt sehr beeindruckt. Mein Weg war dabei eher ziellos, ich lies mich treiben, bis sich mein magen und meine Kehle vernehmlich meldeten; der eine hat Hunger, die andere Durst. Von Passanten, die ich im Vorbeigehen befragt habe wurden mir, ziemlich reserviert wenn ich überhaupt Antwort bekam, drei Häuser empfohlen. Ich bin sicher es gäbe derer noch vieler mehr, allein, es wollte kaum jemand mit mir sprechen, da musste ich dringen etwas tun. Die Schenke Heldenrast, das Bierhaus Bei Damian und die Herberge Bei Algrid hatte ich in Erfahrung bringen können. Nun zuförderst galt es Unterkunft zu beziehen und sich in „zivil“ wenn überhaupt noch einmal außer Haus zu begeben. Langsam hatte ich es satt, in jeder dieser mittelreichischen Städte so feindselig empfangen zu werden. Logisch, das ich nun die Herberge Bei Algrid zu meinem ersten Ziel erkor.

Diese lag in einer Nebengasse bei einem der örtlichen Traviatempel. Nicht gerade ein Ort, an dem das Leben tobt sondern eher ein biederes Lokal mit vermutlich langweiligen Gästen, dafür aber wie es schien sauber und mit moderaten Preisen, die meine Reisekasse nicht zu sehr schröpften. Auf dem Weg zum Tresen, den ich ansteuerte um eine Zimmer zu nehmen, kam ich an einer offenen Tür vorbei. Der Raum dahinter, ich konnte mir einen neugierigen Blick nicht verkneifen, wurde gerade festlich geschmückt und ich sah eine Traviageweihte, ettliche Helfer  sowie einen sicher neunzig Götterläufe zählenden Tatterkreis, der von zwei ungemein kräftig aussehenden Männern flankiert wurde, die ihn nicht nur stützen, sondern anscheinend auch wachsam zu sein schienen. Ich verweilte kurz vor der Tür, spitze die Ohren, mehr aus reiner Gewohnheit denn aus echtem Interesse: „Nun, Mutter Travira, die Vermählung meiner Urenkelin soll ein Tag der Freude werden, nicht nur für mich, sondern auch für die, die es weniger gut getroffen hat als mich. Deshalb möchte ich gerne eine bescheidene Summe für das Haus der Gütigen Göttin spenden.“ Ich sah, wie der Wächter der Geweihten einen prallen Beutel übergab. „Oh, habt Dank, Meister Gutbrod. Die Götton sieht diese Tat – wie jede Andere übrigens auch.“ „Ach, ich bin doch nur ein alter Mann, der es durch harte Arbeit zu bescheidenem Wohlstand gebracht hat. Was soll ich noch mit all dem Gold in meinen Jahren. Die Armen brauchen’s nötiger.“ In diesem Augenblick hatte mich wohl einer der Wächter bemerkt, da ich mit einem unfreundlichen „He, was gibt’s denn da zu gaffen“ angefahren wurde. Aber um keinen weiteren Ärger zu riskieren trollte ich mich, nahm ein Zimmer, entledigte mich der meisten meiner Habseligkeiten die ich in einer abschließbaren Kiste deponierte und verließ das Haus für weitere Erkundungen Gareths allein in Leinenhemd und – hose gekleidet, sowie einigen Silbertalern um mir ein Gasthaus für ein Essen und einen Schlummertrunk zu suchen. Wenn hier gerade eine Feier vorbereitet würde, war der Gastraum eh besetzt und meine Chancen etwas Warmes zu bekommen gering.

Im Nachhinein scheint das mit dem Schlummertrunk wohl keine so gute Idee gewesen zu sein. Ich erinnere mich, dass das erste Haus in dem ich einkehrte „Morgenstern“ hieß, bevor ich zum Maaaps (`zeihung) MAdamal unnn schlieschlisch schumm Dorschschulsch weiterzog. Und da verlies mich die Erinnerung endgültig. Ich weiß auch nicht genau, wann und wie ich das letze Gasthaus verlassen habe oder ob ich danach noch etwas Weiteres unternommen habe, da sich mein Geist erst in den frühen Morgenstunden wieder klärte – leider. Ich vernahm rostiges Kreischen, Klimpern und den hellen Klang eines Riegels. Laut und vernehmlich fiel eine schere Tür, wohl eine Kerkertür uns Schloß. Das ächzen der Scharniere klang wie hämisches Lachen, als wollte sich das Eisen über mich armen Tropf lustig machen, aber ich dachte nur daran, das hier mal ein Hauswart mit einer Kanne Öl zum Schmieren durchgehen sollte. Das Loch in dem ich saß hatte kein Fenster und lag wohl ein gutes Stück unter der Erde. Die „Einrichtung“ die ich mit müh und Not im spärlichen Fackelschein der von draußen herein fiel schemenhaft erkennen konnte bestand aus etwas Stroh und einem Eimer für die Notdurft. Und die löchrige Decke, auf die man mich gelegt hatte musste ich wohl mit ettlichen Krabbeltieren teilen. Es war erbärmlich und unwürdig, aber erst einmal musste ich wieder in der Lage sein einen klaren Gedanken zu fassen, während in meinem Schädel eine Zwergenband die Trommeln schlug. Vielleicht konnte ja eine der Wachen mir beantworten, warum man mich hier festzuhalten gedachte? Fragen konnte mich ja nun auch nichts mehr kosten…

Ich musste mich lautstark bemerkbar machen, bis sich überhaupt jemand bequemte, zu reagieren. „Warum sperrt man mich ein? Ich habe nichts getan. Was wirft man mir vor?“ Am Ende war ich fast dabei zu brüllen, weil niemand erscheinen wollte, aber dann näherte sich doch eine Wache meiner Tür. „Was du getan hast? Mord, mein Lieber. Ist das etwa nichts?“ Die Wache stiefelte wieder von dannen, und ich schluckte erst einmal. Das war nun wirklich kein erfreulicher Vorwurf, auch wenn ich mich an nichts erinnern konnte. Im Gegenteil, umso schlimmer eigentlich, da ich den Vorwurf nicht mit sicherheit entkräften konnte. Ich beschloss, erst einmal abzuwarten. Zwar hätte ich die Zelle jederzeit verlassen können, aber was hätte mir das im Augenblick gebracht? Die Zeit verstrich, ohne das ich genau  sagen konnte wie viel, quälend langsam, aber irgendwann öffnete sich die Tür. Zwei Wächter traten ein. „Mitkommen!“ herrschte mich einer an, „Dir wird jetzt der Prozeß gemacht!“. Das war doch schon mal etwas. Bei einem Prozeß konnte man wenigstens von einem geordneten Verfahren ausgehen, und da wären meine Möglichkeiten doch wieder um einiges besser, also folgte ich der Anweisung. In einer nicht einmal weit entfernten Amtsstube wartete eine Richterin auf mich, das Schild auf ihrem Schreibtisch wies sie als Harika Knackenberg aus. Zuschauer waren wohl nicht geladen, denn ich war fast allein in dem Raum, nur die Wache, die mich wohl aufgegriffen hatte war als Zeuge geladen. Die Richterin kritzelte noch auf einem Papier herum, bevor sie mir nach einiger Zeit ihre Aufmerksamkeit zuwandte. „Wie heißt du?“ Ich nannte, nicht ohne Stolz, meinen Namen. Aber was nun folgte, lies mich schaudern. „Der Herumtreiber Victor Dondoya di Pelisario wird beschuldigt, den Raubmord am ehrenwerten Kaufherrn Travion Domonto begangen zu haben. Weibel Holgart, worauf gründet sich die Anklage?“ „Wir haben den Angeklagten neben Travian Domonto knieend aufgefunden,, das blutige Messer in der einen Hand, den geldbeutels des ehrenwerten Herrn in der anderen. Herr Domonto ist, ganz kurz bevor wir eintrafen, verstorben und kann nicht lange gelitten haben, das konnten wir eindeutig feststellen. Außer dem Beschuldigten war niemand in der Nähe, der die Schandtat sonst hätte begehen können.“ Ganz langsam kehrte die Erinnerung zurück. Ich sah einen toten Mann und war damit tatsächlich schlagartig nüchtern. Ich hielt ein Messer in der Hand, dann kamen auch schon die Wachen und nahmen mich fest. Und da war noch… gütiger Praios, warum erinnerte ich mich nicht an alles? Die Richterin  wand sich mir zu: „Der Fall scheint eindeutig, Angeklagter, was hat er diesen Vorwürfen entgegen zu setzen? Bedenke bei deiner Antwort, dass der Herr PRaios dich sieht.“ Ich beschloss, bei der Wahrheit zu bleiben. „Ich war völlig betrunken und kann mich an nichts erinnern.“ „um so schlimmer! Wer Rahjas Gabe des Rauschs vorschiebt um solch eine schändliche Tat zu entschuldigen, verdient eine besonders harte Strafe. Weibel Holgart, oder war der Beschuldigte vielleicht so betrunken, dass er die Tat hätte gar nicht ausführen können?“ „Nein. Er hat zwar schlimmer gestunken als Pagols Brennerei, aber er war immer noch Herr seiner selbst.“ „Gut, damit ist der Fall klar. Ich habe mein Urteil gefällt.“ Ich wollte noch zu einer Erwiderung ansetzen um mich zu verteidigen, kam aber nicht dazu. „Der Herumtreiber Victor Dondoya di Pelisario ist des Mordes an dem ehrenwerten Kaufherrn Travion Domonto schuldig. Er hielt noch die Mordwaffe in der Hand und auch den Geldbeutel des Getöteten, außerdem war niemand in der Nähe, der für die Tat sonst in Frage kommt, so dass für das Gericht kein Zweifel bestehen kann. Für diese Tat gibt es nur eine Strafe: Victor Dondoya die Pelisario  wird so lange am halse aufgehängt, bis sich der Herr Boron gnädig seiner Seele annimmt. Das Urteil wird am nächsten PRaiostag in der morgendämmerung vollstreckt.“ Ich war entsetzt. Das sollte ein fairer Prozeß sein?

Zwei Wachsoldaten sperrten mich wieder in eine, diesmal andere, Zelle. Ich musste überlegen. Hier heraus zu kommen wäre nicht das Problem, aber danach in Gareth als gesuchter Mörder unterwegs zu sein?  Keine gute Idee. Ich haderte ein wenig mit dem Schicksal. Was nun? Wenn der herr Praios kein Einsehen hatte, dann wäre ich morgen auf dem Weg zu seinem Bruder Boron. Aber was sollte er denn einsehen? Vielleicht hatte ich die Tat ja tatsächlich begangen, auch wenn ich mir das beim besten Willen nicht vorstellen konnte und mir auch einbildete, meinen Dolch gestern in der Herberge gelassen zu haben. Schließlich betete ich erst einmal, das konnte zumindest nicht schaden. Ich hatte die Zwölfe gerade zum dritten oder vierten Mal durch, als mich die Ereignisse überrolten. Die Tür öffnete sich und Weibel Holgart, genau der, der mich hergebracht hatte, stand dort mit zwei Schlagetods. Ich vernahm ein „Dergan, komm raus, rasch!“ vom Weibel und fühlte mich zwar nicht angsprochen trat aber trotzdem in das helle Viereck wo Licht vom Gang in die Zelle fiel. „Das ist ja gar nicht Dergan“ sagte einer der Schlagetods. „Goblindreck“ zischte der Weibel, „falsche Zelle.“ Derweil tönte aus der Ferne eine Stimme: „He, da sind ja zwei Türen offen.“ Die anderen mussten mindestens genauso dumm dreingeblickt haben wie ich, als ich auf den Gang hinaus trat. Aber zurück in dieses Loch wollte ich nicht, wenn sich schon einmal so eine Gelegenheit bot. Die beiden schlagetods beratschlagten kurz, kamen dann aber überein mich einfach mitzunehmen und schnell zu verschwinden. Wir wurden vom Weibel (der korrupte kleine Drecksack) durch schmale Gänge und über steile Treppen in einen Turm geführt. Dort hing ein Seil durch ein Fenster hinab, während nun der Alarm durchs ganze Haus gellte. War nicht das eigentlich, was ich vermeiden wollte? Als Verbrecher auf der Flucht zu sein? Verdammte Spontanität. Aber was blieb mir nun anderes übrig, als mich hinter den beiden Schlägern das Seil hinab zu lassen? Und in die Freiheit zu klettern? Immerhin war es unwahrscheinlich, das uns wer in der regnerischen Dunkelheit die herrschte sehen würde.

Wir flohen ein paar Straßen weiter, bevor die beiden finsteren Gestalten stehen blieben und verschnauften. Dabei überlegten Sie laut, was sie mit mir machen sollten. Der Vorschlag des einen gefiel mir überhaupt nicht… er zog einen Dolch aus seinem Wams und sagte „Wir sollten ihn im Nirgendmeer baden lassen. Macht uns sonst doch nur Scherereien…“ Ich sammelte meine geistige Kraft schon zum Schlag. „Nein, das werden wir nicht. Du weißt, dass der Patriarch solche Methoden nicht mag. Wir nehmen ihn mit und Sigman soll entscheiden, was mit ihm anzustellen ist. Vielleicht kann er ja Dergan ersetzen. Den sehen wir nämlich so bald bestimmt nicht wieder.“ Dann wandte er sich mir zu. „Hör zu, du kommst mit. Wenn du auch nur die kleinste Schwierigkeit machst, nagen morgen die Ratten an deinen Knochen.“ Ich hatte zwar keine Zweifel, dass ich mittlerweile wieder mit den beiden fertig werden würde, aber einer so netten Bitte wollte ich erst einmal nachkommen. Allein schon deshalb, weil ich hier allein auf den Straßen Garehts wahrscheinlich nicht einmal meine Herberge wiedergefunden hätte. Wo hätte ich mich also sonst hinwenden sollen? Als vorerst gesuchter Mörder wäre es wahrscheinlich sogar am sichersten bei diesen beiden Halunken, die würden sicher keiner Wache in die Arme laufen. Also schlich ich ihnen hinterher, durch die Gassen Alt-Gareths  bis hinauf zu einem Bach, den die beiden als Gardel bezeichneten, und wo wir durch das Wasser in einen Tunnel stiegen der die Stadtmauer unterquerte. Ich musste den Kopf in den Nacken nehmen um Luft holen zu können, zudem war es stockduster hier unten und ich folgte allein dem platschen, dass die beiden vor mir verursachten. Schließlich gelangten wir an ein Wassertor, an dem sich einer der Gitterstäbe aus der Verankerung lösen lies. Die beiden kannten sich aus. Triefnass steig ich auf der anderen Seite der Mauer aus dem Bachbett. Das musste Neu-Gareth sein.

Wir gingen noch ein Stück, und aus dem Geplauder der beiden entnahm ich, das dieses Viertel Südquartier hieß.  Schließlich kamen wir zu einem Haus, auf dem ein Schild den Besitzer verkündete: Sigman Gutbrod – Fuhrmann. Lediglich eines der Fenster im Haus war noch erleuchtet, und genau dahinein führtem mich die beiden. In einem Schaukelstuhl sitzend und Pfeife rauchend saß dort ein Greis. Wer hätte das gedacht? Als sich der Alte umdrehte erkannte ich den Mann aus der herberge, der der Traviageweihten eine Spende überreicht hatte. Neben ihm saß eine kräftige Frau mit rotem Haar und einer narbe über der linken Augenbraue. „sieh an, ein bekanntes Gesicht“, sprach mich der Alte an und lächelte dabei wie ein Fuchs, der gleich die Gans verspeisen wollte. „Den mussten wir aus dem Kerker mitnehmen,“ sagte einer der Schläger, „ich erklär das alles später“. Der Alte runzelte die Stirn. „Soll der doch am Schellenkerl zeigen, was er kann“, warf die Frau ein. „Eine gute Idee, Daliane“, stimmte der Greis ihr zu. „Parinor, bring unseren Gast doch nach unten.“ Ich wusste nicht so recht, was ich jetzt tun sollte. Mich hatte man bisher überhaupt nicht gefragt, ob ich nicht etwas zu sagen hätte… Ich hatte keine Ahnung, was diese Gestalten nun von mir wollten. Ein Schellenkerl? Ich wusste nicht was das sein sollte, aber auf jemandem, mit dem ich jetzt Maulschellen austauschen sollte hatte ich überhaupt keine Lust. Dennoch schwieg ich und folgte dem Mann namens Parinor einfach in den Keller. Als er eine Öllampe entzündete sah ich eine Puppe im flackernden Licht. Knapp zwei Schritt groß auf einem Ständer und bekleidet mit einem Wams mit erstaunlich vielen Taschen, einem Gürtel mit Beutelchen daran und über und über mit Schellen behängt. Ich war kurz erleichtert, dass es keine Schlägerei gab, bevor mir dämmerte, was nun von mir erwartet wurde. Dem Ding ohne Lärm zu verursachen Dinge aus den Taschen und Beuteln zu holen… das könnte ein Problem werden. Phex sei Dank, ich hatte zwar keine Ahnung von der Materie, aber anscheinend ausreichend geschickte Finger und eine gute Körperbeherrschung um keine der Glocken zum Läuten zu bringen, auch wenn mir der Schweiß auf der Stirn stand.  Aber man soll sein Glück nicht überstrapazieren, daher präsentierte ich Parinor die Beute und bedeutete ihm, das mir das genug sei. „Ist immer gut wenn man seine Grenzen kennt, der Kerker ist voll von unvorsichtigen Draufgängern“ meinte er, und schien mich zu bestätigen. Trotzdem hieß er mich, noch ein wenig am Schellenkerl zu üben und gab mir dabei sogar den ein oder anderen wertvollen Hinweis. Bei Phex, diese Beutelschneiderei konnte ja eine regelrechte Kunst sein. Aber schließlich führte er mich doch wieder nach oben. Mittlerweile war der Tag angebrochen, aber der Patriarch, wie alle den alten nannten, saß immer noch in seinem Sessel. Die rothaarige war fort, aber Parinors Kumpan war nach wie vor da. Gutbrod, der Patriarch gab ein friedliches Bild ab, er schaukelte, ich staunte, ein etwa eineinhalb jähriges Mädchen auf seinen Knien, wohl seine Ururenkelin. Parinor meinte zu ihm, ich hätte wohl das nötige Talent, was dem Patriarch zu gefallen schien. Dann wandte er sich an mich um mit mir zu reden. Bevor er jedoch ein Wort sagen konnte, begann das kleine Mädchen auf seinem Schoß an zu plärren. Ich war über die folgende Szene mehr als überrascht, vom Anführer eines Verbrecherclans hätte ich das am wenigstens erwartet. Er wand sich sofort von mir ab und dem Kind zu. „Oh mein Augenstern, du willst unterhalten werden. Hör mal, was Großväterchen für ein hübsches Lied kennt. Alrik heißt mein Pferdchen, trabt froh durch mein Gärtchen, springt dann im Gallopp, übers Zäunchen hopp.“ Beim Hopp schleuderte der alte Mann das Kind mit dem Knie ein Spann hoch in die Luft und die Kleine jauchzte vor Vergnügen. „nun zu dir. Warum hat man dich eigentlich eingesperrt?“ Ich beschloss, bei der Wahrheit zu bleiben. Wer konnte schon wissen welche Quellen der Alte sonst noch hatte? Und gleich bei einer Lüge ertappt werden würde er mir wohl eher übel nehmen. Also antwortete ich wahrheitsgemäß: „Ich soll den Kaufherrn Domonto ermordet haben. Die Wache fand mich neben der Leiche; ich hatte den Dolch in der hand. Ich war betrunken und kann mich nicht an viel mehr erinnern, weiß aber gewiss, dass ich Domonto nicht getötet habe.“ Bei meinen Worten verfinsterte sich das Gesicht des Patriarchen. „Travion Domonto war ein ehrenmannm und er hat für seine Standhaftigkeit mit dem Leben bezahlt. Ich glaube Dir, dass du nicht sein Mörder bist. Aber wer immer es getan hat, der wird den Tag seiner Geburt noch verfluchen.“ Die Worte beruhigten mich einigermaßen, anscheinend hatte ich hier einen Verbündeten bei meiner Suche nach der Wahrheit gefunden. Gutbrod wand sich nun an Parinor und seinen Kumpanen, der Robak hieß, wie ich inzwischen mitbekommen hatte. „Sucht unserem jungen Freund ein Quartier.“ Bevor er sich wieder seiner Ururenkelin widmete, fuchtelte er noch mit der Hand in der Luft. „Ach, hät ichs doch fast vergessen. Erklärt ihm unser erstes Gesetz.“ „Alrik heißt mein Pferdchen….“ Ich zog überrascht die Augenbraue hoch, als Parinor mich packte, mir mit erfahrenem Griff die Arme auf den Rücken drehte und mich schraubstockartig festhielt. Gleichzeitig holte sein Kumpan aus und rammte mir die Faust in den Magen. Ich krümmte mich zusammen und übergab mich, wurde dabei aber losgelassen. Das würde ich mir merken. Der Tag würde kommen, wenn die drei das bereuen sollten… Während ich mir den Mund abwischte, wand sich mir der Alte noch einmal zu. „Nur als Warnung, falls du glaubst, die Alte Gilde (Aha, da war ich also gelandet) verplotzen zu können.“ An PArinor und Robak gewand „Geht nun. Vielleicht lässt sich mit ihm was anfangen. Wir brauchen immerhin Ersatz für dergabn, gerade jetzt, wo uns die Almadaner solche Scherereien machen. Und stellt sich heraus, dass er doch Flausen m Kopf hat, dann treibt sie ihm aus.“ Na die würde sich wundern…

Ich wurde durch enge Häuserschluchten geführt, auf einem Schild konnte ich Puniner Straße lesen und schließlich gen Efferd. Weiter draußen, wir erreichten einen Waldrand, ereichten wir ein gewaltiges, langgestrecktes Haus mit fünf Stockwerken und mehreren Anbauten. Hier sollte ich also wohnen. Zu meiner Linken fiel mir ein Laden im Erdgeschoss auf: Feinste Krämerwaren – Travion Domonto. Ich wollte einen kurzen Blick darauf werfen, wurde aber von Parinor direkt zu meinem Quartier weitergezogen. Auf dem Weg passierten wir noch eine Garküche, in der ich freundlicherweise einen Happen zu Essen erhielt, bevor die beiden Schläger mich in meine Kammer direkt unter dem Dach brachten. Ein kümmerliches, gerade 4 Rechtschritt messendes Zimmerchen mit Schemel, Truhe einem nur noch dreibeinigen Tisch den ein Ziegel vor dem umfallen bewahrte sowie ein kleiner Alkoven mit Strohsack und dünner Decke. Verglichen mit dem Kerker geradezu luxuriös, aber noch weit weg von dem, was ich sonst gewohnt war. „Hier bleibst du, bis wir uns wieder melden“, meinte Parinor bevor er ging. Es war das erste Mal, das ich Zeit hatte über meine Grundsätzlichen Optionen in Ruhe nachzudenken. Ich könnte jetzt Problemlos die Stadt verlassen, allerdings wäre ich dann hier wohl sowohl von der Wache ein gesuchter Mörder, als auch ein Fahnenflüchtiger für die Unterwelt und bräuchte mich kaum noch einmal in Gareth blicken lassen. Wenig verlockend, weiß man doch nie, wann einen Aves wieder herzuführen gedenkt. Auf der anderen Seite müsste ich wohl irgendwie meine Unschuld beweisen, um dem Schlammassel zu entgehen. Allein würde das schwierig, aber vielleicht mit Hilfe dieser zwielichtigen Gestalten? Ich beschloss, erst einmal bei dieser ominösen Alten Gilde zu bleiben. Weglaufen könnte ich später wenn es sein musste immer noch. Außerdem wollte ich mich für den Schlag von vorhin ja auch noch revanchieren… Leider war ich so aufgewühlt, dass ich kaum Schlaf fand. Und die Zeit wurde verdammt lang, ohne meine Bücher zu lesen und nichts zu tun. Ich harrte einfach der Dinge die da kommen würden, auch wenn es reichlich öde war. Satinav lies seine Ketten sehr langsam rasseln… es dauerte fast bis zur nächsten Mitternacht, als Parinor ohne anzuklopfen ein mein Quartier stürmte. Ich schreckte vom Bett auf und stieß mir den Kopf am der Decke des Alkovens. Jetzt würde ich wohl das erste mal der Alten Gilde einen Dienst erweisen sollen. Wir wechselten kurz ein paar wenig informative Worte und gingen dann nach unten, ohne dass ich wusste worum es ging. Unten waren schon Robak und Daliane, die auf uns warteten. Wir gingen zurück zum Anwesen von Gutbrod dem Patriarchen, diesmal aber in eine Wagenhalle. Während zwei meiner Begleiter in einer Kammer verschwanden und man von dort getuschel vernehmen konnte, blieb Robak bei mir, wohl als Aufpasser. Anscheinend traute man mir noch nicht völlig, aber wenn ich hier vorwärts kommen wollte, musste ich genau das. Das Vertrauen dieser Gauner haben, um ihre Hilfe zu bekommen. Ich lauschte angestrengt, ob nicht doch etwas zu verstehen war, und tatsächlich. Ein paar Fetzen des Gesprächs drangen durch die Tür an mein Ohr „Tobrische Eichen… tos Sohn… gestaucht… Galankrone… Denkzettel, hahn… Eis von wem… Warnung?“ Dann wurde auch ich in die Kammer geholt, eine Mischung aus Werkstatt und Schreibstube in der sowohl Listen geführt als auch bei esse und Ambso Reparaturen durchgeführt werden konnten. Der Patriarch war auch Anwesend, er hatte anscheinend die Anweisungen verteilt. Auf dem Boden bemerkte ich, zu meinem missvergnügen, drei aus der Brust blutende Leichen.  „Oh, dass sind Almadaner, die regeln ihre streitigkeiten immer so, die kennen das nicht anders“; schnarrte der Patriarch. Wunderbare Gesellschaft, dachte ich bei mir… „Wir gehen zum Haus von domonto und zünden ihm den Laden an“, erläuterte mir Daliane nun. Damit der bengel nicht auf Dummheiten kommt. Er hat nämlich noch was… das würde aber jetzt zu weit führen“. Domonto? Ich dachte der ist tot, deswegen bin ich ja nun hier? Parinor übergab mir einen Dolch, er dachte wohl mir damit einen Gefallen zu tun, aber ich gedachte nicht, mich dessen zu bedienen. Während Daliane mich warnte „Keine dummheiten, sonst leistest du den dreien Gesellschaft.“ Aha, damit war klar wo ich in der Hackordnung stand… ganz unten und verzichtbar… Die Leichen packten wir in Säcke und schleppten sie durch dunkel Gassen bis zu dem Haus, das die anderen als Domontos bezeichneten. Es war mir auf dem Weg ja schon einmal aufgefallen. Offensichtlich hatte Daliane hier das sagen, gut zu wissen. „Robak und du, ihr packt die Almadaner aus und passt auf, das uns niemand überrascht, Parinor und ich werden derweil ein wenig einheizen.“ Damit machte sie sich an der Ladentür zu schaffen, während wir uns schnell um die Toten kümmerten und dann dumm herum standen um aufzupassen. Zum Glück tat ich genau dass, denn in einer Toreinfahrt und einem verwilderten Garten rührte sich plötzlich etwas. Entweder ich würde die drei Schurken jetzt ausliefern, an wen auch immer, oder mir ihr vertrauen erarbeiten. Die Wahl war einfach… ein kurzer Pfiff durch die Finger, und wir nahmen unsere Beine in die Hand, währnd sich hinter uns einige Schläger aus den Schatten lösten. Die Flucht verlief recht gut, ich folgte einfach mangels eigener Ortskenntnis den anderen, und hinter uns begann sich Helligkeit und Feuerschein auszubreiten. Dann kehrten wir zu Gutbrod zurück.

Nach unserem Bericht seufzte der Alte. „Läufige Cella, diese Almadaner werden langsam lästig. Wahrscheinlich haben die ihre toten mitgenommen, und der kleine domonto hat nun gar keine ahnung, wer ihm den Laden angezündet hat. Wie soll er denn dann wissen, auf welche Seite er eigentlich gehört?“ So kann man das natürlich auch sehen… Sogar Daliane fand noch ein paar lobende Worte für mich, auch wenn ich mit der Wahl nicht ganz einverstanden war. „unser Küken hat sich übrigens gut gehalten“, worauf ich vom Patriarchen tatsächlich noch 12 Silbertaler erhielt. Bevor sie ging lud mich Daliane noch ein. „Schaud coh mal bei mir rein. Ich wohne am Ende der Walpertgasse, in dem gelben Mietshaus, Kammer Nr. 66“. Sollte das eine amouröse Einladung sein? Die Rahjareize dieser Frau waren ja jetzt nicht so sehr ausgeprägt das sie mich damit locken würde… Dann zerstreuten sich alle und ich blieb unschlüssig allein zurück. Anscheinend traute man mir zumindest nun soweit, dass ich keinen Aufpasser mehr brauchte. Aber was sollte ich tun? Zu Daliane gehen war erst einmal nichts was mich lockte. Und auf eigene Faust losziehen, dazu kannte ich die Stadt noch nicht gut genug befürchtete ich. Was wäre, wenn ich der Wache in die Arme lief? Also erst einmal zurück zu meiner Kammer. Aber da ich wusste, dass der Domonto-Laden auf dem Weg lag, wollte ich dort erst noch einmal vorbei sehen und mich gegebenenfalls etwas umhören, den kannte ich nun wenigstens. Allerdings waren die Antworten die ich von den übrigen Bewohnern des mittlerweile verrusten und angebrannten Hauses (ja, die Leute waren ein wenig in Aufruhr) erhielt dürftig und immer dieselben. Egal wen ich fragte, eine hure, einen Säufer, eine Witwe mit sieben kindern, von allen erhielt ich die gleiche Auskunft. Domonto war ein ehrenwerter Mann und sein Tot wurde bedauert. Zum Glück wussten die Leute nicht, dass man mich dessen verdächtigte. Man hielt den Täter wohl für einen Verrückten. Solcherlei unbefridigt ging ich weiter nach Hause. Vor meiner Unterkunft stand ein schnittiger Einachser, so eine Rennkutsche kannte ich aus AlAnfa. Winzberger Kauca, bei uns daheim sündhaft teure Importware, der mit angeschirrtem Pferd vor der Tür stand. Für diese ärmliche Gegend, man nannte sie wohl Südquartier, aber eindeutig ein deutlich zu elegantes Gefährt. Andererseits wohnten in dem Haus wohl auch mehrere Mitglieder der Alten Gilde wie man mir gesagt hatte, und die mochten wer weiß wie hoch in der Hierarchie stehen. Im Treppenhaus, ich musste ja in den fünften Stock zu meiner Kammer, war alles ruhig. Noch nicht einmal der Betrunkene, dessen Füße aus einer Nische ragten, schnarchte. Das war verdächtig… ich warf einen kurzen Blick auf den Mann und konnte sofort feststellen: Er war tot. Ich wollte mich gerade umwenden um zu sehen ob ich den Täter finden konnte, da brach ein Stockwerk unter mir Tumult los. Jemand sprang mit langen Schritten die Treppe hinab und polterte dabei wie ein Waldelefant. Ich sprang zur Treppe und warf einen Blick hinunter. Leider waren die Lichtverhältnisse bescheiden, so erkannte ich nur schemenhaft eine Gestalt im Madalicht, die ein etwa schrittlanges Bündel bei sich trug, während es an einer offenen Wohnungstür begann laut zu werden. Kurzentschlossen rannte ich hinterher die Treppe hinunter und zur Tür hinaus. Ich sah die Gestalt auf die wartende Kutsche springen, das Bündel dabei hinein werfend und dann so rasant losfahren, das die hufeisen der Pferde Funken aus der Straße schlugen. Ich setzte zu einem Sprint an um zu folgen, aber zu Fuß war das natürlich vergebene Liebesmüh. Aber manchmal muss man einfach auf Phex vertrauen, und tatsächlich erspähte ich in einem verschatteten Winkel einen weiteren Einachser – eine Ferrara Aves. Auf der Plattform stand ein junges Pärchen, dass sich wohl auf ein Stelldichein im verruchten Südquartier getroffen hatte und zaghafte Küsse austauschte. Leider musste ich die beiden Turteltauben stören. Nur bin ich natürlich selbst kein Wagenlenker, das machten ja sonst die Leute in der Arena, die Fuhrleute oder Diener. Ich hoffte einfach auf das beste und warf den Burschen (der hätte sich womöglich noch gewehrt wenn ich ihn zu etwas hätte zwingen wollen) vom Bock und herrschte das verschreckte Mädchen an loszufahren. Zum Glück hatte ich den Dolch, um meinen Worten Nachdruck zu verleihen und hielt ihr die Klinge unter die Nase „Vergiß den Knaben und fahr dem Kauca dort hinterher!“ Ich konnte die Angst in ihren Augen sehen, aber sie gehorchte und nahm die Zügel. So ungeschickt stellte sich das Mädchen gar nicht an, zumindest deutlich besser als ich es gekonnt hätte. Langsam holten wir zu dem Winzberger auf, als dieser unvermittelt in eine Seitengasse abbog. Wir preschten hinterher und verloren dabei kaum fahrt, die Aves auf er ich stand fuhr erstaunlich gutmütig. Leider war dies nicht das letzte Hindernis. Auf der breiteren Havener Straße, wir hatten ein weiteres Stück aufgeholt, blitzten plötzlich die Waffen einer Gardepatrouille  im Madalicht. Der Kauca kontne noch an den Bütteln vorbeirasen, die verdutzt dreinblickten, aber uns wollten sie anscheinend aufhalten und formten eine Straßensperre. Kein gutes Gefühl auf die gestreckten Speere zuzufahren, aber ich hatte ja sowieso keine Wahl. Wenn diese Büttel meiner Habhaft würden, säße ich sofort wieder im Kerker und hinge morgen am Galgen, also mussten wir durchbrechen. Die Entfernung wurde immer geringer, ich motivierte meine Fahrerin mit dem Dolch noch einmal mit den Zügeln zu schnalzen und schneller statt langsamer zu werden, und dann sprangen die Wachen beiseite. Niemand, nicht einmal Garether Wächter, sahen einen Sinn darin sich von einer rasenden Kutsche über den haufen fahren zu lassen…

Die Kutsche vor uns bog in das tor einer Villa in neu-Gareth ab und ich beschloss wie bisher einfach zu folgen. Das Tor war eng, aber wir durchfuhren es knapp. Die kleine Amazone am Steuer verstand wirklich etwas davon… Als wir neben der Kauca zum Stehen kamen wusste ich, was in dem Bündel war. Ein lauter, greinender Schrei, der eindeutig zu einem Kind gehörte. Da wir aber am Ziel des anderen Fahrers waren, würde er hier wohl Verstärkung bekommen, auf ein Duell sollte ich mich also nicht einlassen. Daher schubste ich einfach meine Kutscherin hinüber um den anderen aus dem Gleichgewicht zu bringen, packte mir das Bündel, sprang von der Kutsche und rannte los in Richtung des offenen Tores zurück. Ein Blick über die Schulter zeigte mir, das ich ziemlich bald den fremden Fahrer und einer Handvoll Verfolger und Hunde an der hacke hatte. Zum Glück war ich unbelastet, quasi ausgeruht und recht agil. Nach nur wenigen weiteren Schritten hatte ich das Torpassiert und rannte so schnell ich konnte über einige Felder bis zu einem Waldstück, in dem ich mich verbarg. Ein rascher Blick auf das Kind zeigte mir, zu meiner völligen Überraschung, dass ich die kleine Ururenkelin des greisen Gutbrot, seinen „Augenstern“ in den Armen hielt. Ich wartete noch einige Zeit ab, aber schließlich wähnte ich mich sicher genug um den Heimweg anzutreten. Welche ungeahnten Möglichkeiten mochte mir diese phexgnädige Entwicklung geben?

Als ich nach einem guten Stück Fußmarsch mit einem schreienden Kind und ntlichen schiefen Blicken von garether Bürgern bei unserem Wohnhaus ankam, waren bereits mehrere Mitglieder der Gilde dabei, den Patriarchen zu trösten, der mit finsterster Miene in in einem Lehnstuhl saß. Als ich herein kam und er gewahr wurde, wen ich da bei mir trug hellte sich sein Blick auf, seine rostige stimmte jubelte regelrecht, als er mir die Arme entgegen streckte um das Kind an sich zu nehmen und ich kam mir vor wie der Held des Tages. Selbst Verbrecher wie diese unterscheiden sich anscheinend in manchen Dingen nicht von ganz normalen Menschen, die in Sorge um ihre liebsten sind. Schließlich, nachdem er seine Ururenkelin ausreichend geherzt und betütelt hatte, wand sich der Alte Gutbrod mir zu. „Hör zu, du hast bewiesen, dass du Vertrauen verdienst. Deshalb sollst du nun etwas erfahren: Travion Domonto hatte die … Alveransrkone… verkaufen…. Argh!“ Der Greis fasste sich an die Brust, krümmte sich und schnappte nach Luft. Die Aufregung war wohl zu viel für den alten Mann. Ich schnappte mir das Kind, damit es nicht zu Boden fiel, und ein paar herumstehende Leute die mir unbekannt waren legten den Alten flach auf den Boden, während ein weiterer nach einem Medicus schreiend das Zimmer verlies. Was mir aber auffiel war die Gleichmut in den Gesichtern manch Anwesender, während die meisten doch echte Bestürzung zeigten. Der heribegerufene Medicus tat wohl was er konnte und kam nach einiger Zeit aus dem Zimmer „Fast hätte Herrn Gutbrod der Schlag getroffen, aber boron hat befunden, dass es noch nicht an der Zeit ist. Herr Gutbrod hat in den nächsten Tagen strengste Bettruhe einzuhalten. Ruhe… danach war mir jetzt auch irgendwie.  Daher begab ich mich nun auch zurück in mein Quartier, und nachdem ich mich auf dem Strohsack ausgestreckt hatte war ich auch sofort eingeschlafen. Als ich erwachte fühlte ich mich frisch, gestärkt und voll Tatendrang. Was sollte ich nun tun? Auf jeden Fall war klar, es war schon mal schlimmer, ab heute würde es aufwärts gehen.

Nun musste ich mir nur über meine nächsten Schritte im Klaren werden. Da der alte Gutbrod als Patron und Informationsquelle wohl erst einmal ausfiel, vielleicht konnte mir seine rechte Hand weiter helfen? Ein Besuch bei Daliane, solange er nicht in irgendwelchen amourösen avancen endete, schien mir jetzt durchaus angebracht. Zum Glück hatte sie mir ja schon gesagt, wo ich sie finden könnte, Zimmer 66. Ich begab mich zu ihrer Kammer und klopfte höflich, so wie es sich gehört.  Daliane öffnete auch kurz darauf und bat mich herein. Wir tranken einen Schluck und plauderten, bevor ich schließlich zur Sache kam. So viele Fragen, aber ich begann mit einer einfachen. Zuerst musste ich mir im klaren darüber sein, mit wem ich mich da genau eingelassen hatte, also bat ich Daliane, mir mehr über die Alte Gilde zu erzählen. Ihre Auskunft war mehr als aufschlussreich… „Unsere Aktivitäten sind vielfältig. Zum einen finden wir Dinge, bevor andere sie verloren haben. Zum anderen, we soll ich’s erklären, ja sorgen wir für Ruhe und Ordnung. Wer uns bezahlt lebt in Sicherheit. Das ist sehr wichtig, wo sich die Büttel doch hier kaum hertrauen.“ Auch auf meine Frage nach den anderen Banden, schließlich muss man seine Feinde ja kennen, gab sie mir bereitwillig Auskunft. Der Alten Gilde bereiteten wohl die Tobrier, ehemalige Flüchtlinge unter der Führung Ifirnjas von Mundtbach aus Meilersgrund und die Almadaner am meisten Kopfzerbrechen. Letztere verdienten ihr Geld wohl meist mit Diebstahl und Rahjadiensten und wurden von einem Alrik Ragather geführt, der in einer Villa in neu-Gareth wohnt. Leider hatte sie wohl noch etwas vor, da sie mich mit freundlichen Worten vor die Tür setzte und meinte, ich könne ja später noch einmal vorbei kommen. Immerhin, das waren schon einmal ein paar Aufschluss-, wenn auch  nicht zwingend hilfreiche Informationen. Es blieb mir wohl gerade nicht viel mehr übrig, als den Tatort selbst noch einmal zu inspizieren, auch wenn ich dort besondere vorsicht walten lassen musste.

Am Ort der Tat angekommen vielen mir mehrere Dinge ins Auge. Zum einen war da die Handvoll markanter Gebäude, ein Bordell, ein Alchemist, ein notarius, eine Wahrsagerin und ein Geldverleiher. Aber wohin hätte sich Domonto hier wohl begeben? Ich beschloss, anstatt auf gut Glück irgendwo hinein zu stürmen den Bettler an der ecke zu fragen, vielleicht konnten mit ein oder zwei Silber seine Erinnerungen geweckt werden? Der bedauernswerte Kerl hieß Hannik und bbehauptete ein Veteran von der Trollpforte zu sein, was ich erst einmal arg anzweifelte.Ich eröffnete unser Gespräch mit einem Silbertaler, den ich in seine Almosenschale fallen ließ…  Auf sein Geplänkel und seine Lobeshymnen lies ich mich gar nicht erst ein, sondern kam direkt zur Sache. Eine gepflegte Konversation wäre mit der armseligen Gestalt eh nicht möglich. Leider waren die Informationen die ich erhielt nicht das, was ich erhofft hatte. Über die Gilden wusste er auch nicht mehr als Daliane mir schon erzählt hatte, Domonto war ein herzensguter Wohltäter und jetzt Tot, sowie die Alveranskrone (schon wieder dieses Wort) fort, Mörder kannte er keine und es gab wohl ein paar mehr oder minder korrupte oder abhängige Gardisten, was mich jetzt wiederum nicht verwunderte, und einen Hehler schien der Kerl zu kennen, aber ich hatte ja eh nichts, was ich dort hätte feil bieten können. Hier würde ich wohl nicht weiter kommen, daher beschloss ich, mich weiter umzusehen. Ein wenig ärgerte ich mich über das ausgegebene Geld…

Was könnte Domonto hier gewollt haben? Ich entschied mich zuerst für das Bordell, vielleicht hatten ihn ja einfach menschliche Gelüste in diese Gegend geführt? Mit besonderer Vorsicht, das Bordell lag mir eigentlich viel zu nahe am Kerker den ich schon von innen kannte, schlüpfte ich in das Etablissement. Die Empfangsdame lächelte mich erst offen, dann ob meines armseligen Aufzugs zweifelnd an. Und als ich den eigentlich lächerlichen Preis von 10 Silber auch nicht zahlen konnte (verfluchter Bettler!), musste ich unverrichteter Dinge wieder von Dannen ziehen. Auf der anderen Seite, ob Domonto wirklich hier war schien mir doch zweifelhaft. Vielleicht war es ja genau anders herum, und Domonto, immerhin war sein Name Travian, war im Tempel der Herrin des Herdfeuers gewesen? Zumindest würde mir dieser Besuch weniger Ärger einbringen. Allerdings befand sich der Tempel in einem beklagenswerten Zustand. Die Ereignisse der letzten Zeit hatten Ihre Spuren hinterlassen, so das er mehr eine Baustelle als einem Gotteshaus glich. Nur eine kleine Bethalle war noch einigermaßen intakt und diente daher dem Gottesdienst und der Armenspeisung. Mit der nötigen Ehrfurcht und dem angebrachten Respekt trat ich ein. Mutter Travira, die Tempelvorsteherin persönlich ließ mich ein. Zwar hatte der Bettler meine Barschaft schon arg geschröpft, aber ein Haus der mildtätigen Göttin betritt man nicht ohne Gabe, wenn man noch besitzt. Und die paar Silbertaler machten das Kraut jetzt auch nicht fett, daher legte ich von den verbliebenen 7 Talern noch 4 in die Opferschale.Ich war den Tempelzehnt eh schon viel zu lange schuldig geblieben. Ich unterhielt mich mit der Geweihten, fragte Sie auch nach Domonto, und tatsächlich wusste sie etwas zu berichten. „Travion Domonto war am Tag seines Todes noch einmal hier. Er hat mir berichtet, dass er ein gutes Geschäft abzuschließen gedenke und noch einmal einen Rechtsgelehrten oder Kaufmann, ich weiß nicht mehr genau, konsultieren wollte. Nach Abschluss hat er mir eine größere Spende zugesichert. Ich glaube, ich muss Daliane noch einmal zu Domonto befragen und begab mich noch einmal zu ihr. Als ich sie in ihrer Kammer antraf redete ich nicht lange um den heißen Brei herum und fragte Sie direkt, wer Travion Domonto wirklich war. Nun ja, wie ich es erwartet hatte, war Domonto nicht irgendwer, sondern der Hehler der alten Gilde. Eine weitere Frage brachte mir die Erkenntnis, dass er die Alveranskrone (jetzt schloss sich der Kreis) verhökern sollte, ein Edelsteinbesetztes Schmuckstück, das nun, wie ich ja wusste, verschwunden war. Da hatte die Traviageweihte wohl recht, einen Kaufmann der etwas anderen Art wollte er wohl wirklich aufsuchen… einen anderen Hehler eher, der ihm das Ding hätte abnehmen sollen. Nun wusste ich, was ich zu tun hätte. Ich musste den Hehler ausfindig machen, dem Domonto das Stück verkaufen wollte. Allein, so einfach ist es nicht an dieses Gesindel heran zu kommen, ohne einen entsprechenden Köder, den ich leider nicht besaß, würde ich wohl kaum Zugang zu so einer sinistren Gestalt erhalten. Wenn Phex nicht gerade Hehlerware vom Nachthimmer werfen würde, hätte ich da wohl ein Problem.

Eine der wenigen weiteren Alternativen war dann wohl der Notarius, das ist ja auch eine Art Rechtssgelehrter, und auch solch einen gab es in der Nähe des Tatorts. Also ging ich zielstrebig zu seinem kleinen, muffigen Büroladen. Der dürre Notarius, seine Nase war spitz wie die einer Ratte und wenig vertrauenseinflößend, betrieb seine Kanzlei anscheinend allein und ohne Gehilfen, da er mir auf ein klopfen hin persönlich die Türöffnete. Gut so, das würde es mir im Zweifelsfall leichter machen mit ihm klar zu kommen. „Ungrolf mein name, tretet doch ein, was kann ich für Euch tun?“ begrüßte mich das Wiesel. Ich folge ihm in die unordentliche Schreibstube (auf der Akademie hätte es für so eine nachlässige Führung Hiebe mit dem Rohrstock gegeben…), stellte mich als Alrik irgendwas vor  und kam gleich zum Punkt, da mir langsam die Geduld abging. „Der Herr Domonto, der war doch kurz vor seinem Tot hier.“ spekulierte ich aufs geradewohl ins Blaue hinein, das aber mit fester Überzeugung in der Stimme. Ungrolf wurde bleich wie eine Albinoratte, wenn auch nur für einen Herzschlag, aber ich hatte wohl richtig geraten. Dann schlug der widerliche Kerl eine Boronsrad und erwiderte flüsternd „Den Namen eines Toten, in diesem Haus.“ Dann etwas fester „Nein, der herr  - Boron sei seiner Seele gnädig – zählt nicht zu meinen Klienten.“ Aber da war ich mir schon recht sicher, dass er log, und zu verlieren hatte ich wohl auch nicht mehr viel. Dem würde ich zeigen was er heißt mich zu belügen…

Ich packte den Notarius – der immerhin noch schmächtiger war als ich selbst -  beim Kragen: „Hör zu, du Tintensäufer, ich bin unschuldig wegen Mordes am alten Domonto verurteilt und ich habe nichts zu verlieren. Ich wüßte nicht, warum ich dir nicht deinen dürren Hals aufschlitzen sollte, wenn ich doch sowieso baumeln muss…“ Winselnd Antwortete der Kerl „Oh… oh… ich wußte nicht, das es ein Notfall ist“, woraufhin ich ihn an die Wand drängte und die hand an seine Kehle legte. „Ja, ich sag doch schon alles. Herr Domonto war mit seinem Sohn hier, ganz kurz bevor er ermordet wurde. Er hat den Kaufvertrag für ein Haus unterzeichnet und die Schlüssel abgeholt.“ „Wo ist das Haus?“ Bohrte ich nach. „Wenn… wenn ihr mich loslasst kann ich in meinen Unterlagen nachsehen.“ Ich tat der Ratte den Gefallen  und der dürre Notarius ging zu einem Aktenschrank. „Hier haben wir den Vorgang ja, Akt 460. Ordnung ist das halbe Geschäft wisst ihr?“ Was für ein Hohn!. „Die Villa liegt in Neu-Gareth in der Getreidegasse. Sie gehörte einer Havenerin namens Huppgarden. Die Dame hat das Haus vor ein paar Jahren geerbt, hat aber keine Verwendung dafür“. Als wenn mich das interessieren würde. Aber das war immerhin einmal eine nützliche Information. Das der junge Domonto ein Vatermörder war wollte ich noch nicht einmal unterstellen, aber immerhin waren die beiden gemeinsam hier, also war die Chance das er gesehen hatte wer seinen Vater wirklich ermordet hatte gegeben. Zur Sicherheit fesselte und knebelte ich den winselnden Bastard noch, nicht das er mich gleich verpfeifen würde kaum das ich zur Tür hinaus wäre und hängte das Schild mit der Aufschrift geschlossen an die Tür.

Der Entschluss das Haus Domontos nun aufzusuchen war naheliegend, aber ich wartete lieber den Schutz der Dunkelheit ab um mich etwas freier in Gareth bewegen zu können. Immerhin ist Neu-Gareth eines der besser bewachten Viertel. Die Villa war für die Verhältnisse des Viertels allerdings recht klein und lag im südwestlichen Stadtteil. Ein kleiner Park umgab das Anwesen, hatte aber wohl schon länger keinen Gärtner mehr gesehen und wirkte recht ungepflegt. Im oberen Stockwerk schimmerte, kaum wahrnehmbar, ein trübes Licht durch eine Ritze im Fensterladen, während die vordere Tür mit Brettern vernagelt war. Das war soweit alles was meine ersten Beobachtungen ergaben. Aber langes fackeln würde mir nicht helfen, also entschloss ich mich sofort, ins Haus einzudringen.

Die rückwärtige Tür war in den ganzen Weinranken etwas schwerer zu finden, war aber dafür erstaunlicherweise nicht verschlossen. Ich schlich in das schmale Treppenhaus und hörte Schritte aus der oberen Etage, wo ich den jungen Domonto vermutete. Aber um den müsste ich mich später kümmern. Erst musste ich dieses Ding namens Alveranskrone finden.

Der Bursche war wohl ein rechter Stümper – oder absolut unbedarft. Erstaunlich schlecht versteckt fand ich das Schmuckstück unter einer losen Bodendiele rechts neben der Treppe. Da war beileibe kein Profi am Werk, was mir wohl wiederum zugutekommen würde. Aber die Krone… einzigartig schön, eine Silberarbeit von feenartiger Filigranität. Zwölf mal Zwölf Edelsteine in den Farben der Götter fingen das Licht des Madamals ein und warfen es verstärkt und schimmernd in den Raum zurück. Ich entschied, da meine Rehabilitation an erster Stelle stand – auch wenn ich das Ding gern behalten hätte – die Preziose erst einmal selbst zu verstecken um dies dann als Druckmittel gegen den jungen Dromonto einsetzen zu könne.

Aber nicht im Haus, aber auch nicht zu weit weg, nicht das der Bursche sonst weg ist bis ich zurück wäre. Also brachte ich das Kleinod rasch in einen nahen, dunklen Hainund vergrub es mit bloßen Händen unter einem wilden Rahjanisbeerenstrauch und eilte danach sofort zurück zum Haus. Mit der Krone als Pfand würde ich den Fatzke schon dazu bringen vor der Wache meine Unschuld zu bekunden.

Ich schlich wie eine Dschungelkatze die Treppe hinauf und warf einen Blick durchs Schlüsselloch der erleuchteten Kammer. In dieser ging ein stark untersetzter junger Mann rastlos auf und ab. Je mehr ich ihn überraschen würde, umso weniger Widerstand erwartete ich, also trat ich schwungvoll die Tür auf. Die Möbel des Raums waren, abgesehen von einem Sessel und einem Kanapee, mit weißen Tüchern abgedeckt. Ich konnte nicht mit Sicherheit sagen ob der junge Kerl wirklich Domontos Sohn war, eine Ähnlichkeit mit dem Toten konnte ich jedenfalls auf Grund meiner alkoholreduzierten schwachen Erinnerung nicht ausmachen. Trotzdem eröffnete ich mit einer Mutmaßung die Unterhaltung, nachdem der Bursche seine Fassung wiedergefunden und den Mund geschlossen hatte. „Herr Domonto, ich habe mich Euch zu reden. Ich habe die Alveranskrone. Sie war unter der Bodendiele auch wirklich nicht pfiffig versteckt. Nun befindet sich das gute Stück in meinen Händen, und wenn ihr es wiederhaben wollt müsst ihr mir einen Gefallen tun. Ich weiß, dass ihr den Mord an Eurem Vater beobachtet habt. Ihr seid Zeuge, dass ich nicht für diese Bluttat verantwortlich bin. Ich will aber wissen, wer dahinter steckt und will vor allem, dass ihr vor der Garde meine Unschuld bezeugt.“ Hergald Domonto schluckte sichtlich. „Nein, ihr wart es in der Tat nicht. Zwei Frauen, sie sprangen wie Katzen aus dem Schatten, stürzten sich auf meinen Vater und schnitten ihm die Kehle durch, Ich bin fortgelaufen habe mir nur den Schlüssel zum Haus gegriffen. Ich habe nicht gezaudert, trotz der schrecklichen Bluttat. Ich habe die Alveranskrone geholt und hierher gebracht, erst dann konnte ich wieder einen klaren Gedanken fassen, konnte endlich trauern. Ich weiß nicht, wer wirklich hinter der Tat steckt, ich weiß nur, dass sie irgendwie mit dem Schmuckstück zusammen hängt. Mein Vater hat Andeutungen gemacht, dass er mehr an der Alveranskrone zu verdienen gedenke. Er hat mir nie berichtet, wie er das anstellen wolle, noch wer eigentlich der Kunde sei. Ich bin bereit, für Euch auszusagen. Aber gebt mir die Krone zurück. Ich, versteht ihr, ich muss entscheiden, was mit ihr geschehen soll. Ob ich sie verkaufe und das Werk meines Vaters fortführe, oder ob ich sie vernichte, wo sie so viel Unglück gebracht hat.“ Ich überlegte kurz, aber entschied schnell. „Das ist ein Wort,“ lenkte ich ein, „kommt, wir bringen es hinter uns. Ich will endlich wieder frei sein und unbehelligt in Gareth umhergehen können. Erst zur Garde und dann zeige ich euch wo die Krone liegt.“ Hergald Domonoto nickte stumm. Nun schien sich alles zum Guten zu wenden.

Als wir gemeinsam durch den Garten zum Tor gingen sprangen plötzlich drei Gestalten aus dem Gebüsch, zwei leicht gewandete Frauen und ein elegant gekleideter Mann mit einer narbe auf der rechten Wange und sauber gestutztem Vollbart wie ich im Licht der Mada erkennen konnte. „Ja, da staunt der junge Herr Domonto“ höhnte der Kerl. „Bevor ihr euch den Rachen verkühlt, weil ihr zu lange mit offenem Mund herum steht: Der Herr Notarius war so freundlich mir zu erzählen, wo ich Euch antreffen kann.“ Sollte es zu iner echten Konfrontation kommen wäre mir der weichliche Händlerssohn wohl keine Hilfe und allein gegen Drei stand es auch für mich schlecht fürchtete ich. Da aber petzte das Domonto-Bürschchen schon. „Ich habe die Krone nicht mehr, er hat sie versteckt“ winselte er kreidebleich hervor.

„Aber ich habe ein Angebot zu machen“, warf ich schnell ein, bevor er noch mehr Schaden anrichten konnte. „Ich will mit dem jungen Herrn nur schnell etwas erledigen, und dann sorge ich sofort dafür dass ihr die Krone bekommt“. Das war zwar jetzt etwas schnell und ohne große Überlegung, aber der Anführer der Drei schien mich verstanden zu haben und ebenfalls kein zwingendes Interesse an einem Blutvergießen oder lautem Konflikt zu haben. „Gut. Aber denkt daran: Man nennt mich nicht Torm Totschläger, weil ich für meine Langmut bekannt bin. Wenn ihr mich hintergeht, dann hat euch der kurze Rest eures Lebens wenig erfreuliches zu bieten.“ Ich hörte an seiner Stimme, das ihm die Drohung ernst war, diesen Kerl sollte ich vorerst nicht betrügen, wenn mir mein Leben lieb war. Also verabredeten wir uns für den nächsten Abend hier an Ort und Stelle.

Danach schleifte ich Domonto erst einmal zum sogenannten tobrischen Hof im Norden der Stadt, wo wie er sagte die Garethische Criminal-Cammer ihren Sitz hatte. Er verlangte dort den wachhabenden Gardeoffizier zu sprechen und dem Sohn eines stadtbekannten Wohltäters wurde so ein Wunsch natürlich nicht abgesprochen, auch wenn man mich als verurteilten Mörder misstrauisch beäugte und erst einmal in Schellen legte. Neben dem Offizier kam auch ein Protokoll-Weibel hinzu. „Herr Domonto, welch Freude Euch zu sehen, was kann ich für Euch tun“ wurde mein Begleiter begrüßt. „Ich… ich möchte eine Aussage machen. Ich war zugegen, als mein Vater ermordet wurde, und ich kann bezeugen, dass dieser Mann hier nichts mit der Bluttat zu tun hat. Wer meinen Vater getötet hat kann ich nicht sagen, es ging zu schnell. Ich weiß nur, dass es zwei Frauen waren. Er hier muss kurze Zeit später zufällig vorbeigekommen sein. Ich bin aus Angst einfach fortgelaufen und habe mich versteckt. Ich weiß, dass es klüger gewesen wäre, mich gleich bei Euch zu melden.“ „nun“ entgegnete der Weibel, “ das wäre es sicherlich, aber wenn man doch diesen Schrecken vor Augen gehabt hat – ich weiß nicht, ob ich nicht ebenso gehandelt hätte“ spielte er die Feigheit des weichlichen Händlersohns herunter. Ich war mir sicher, er als Gardist hätte anders gehandelt als dieses verpimpelte Kaufmannssöhnchen. Ohne große Geste wand sich der Weibel mir zu und nahm mir die Schellen ab. „Er darf gehen, na los, er ist frei“. Sonst nichts. Keine Entschuldigung, kein Wort des Bedauerns… ich musste mich beherrschen und den Impuls unterdrücken dem Weibel die Meinung zu sagen, trollte mich dann aber vor die Tür und wartete auf Domonto, der bald darauf heraus kam.

Wir gingen gemeinsam zurück zur Villa, verbrachten dort den Tag und trafen uns am nächsten Abend wie verabredet mit Torm Totschläger, der natürlich auch wieder seine Begleiterinnen dabei hatte. Ich brachte die ganze Gesellschaft zum Versteck der Krone und überlegte dabei, was wohl wäre, wenn Tötschläger nun seinem Namen alle Ehre machen wollte, wenn er erst einmal die Krone hatte? Im Geist wappnete ich mich vorsorglich schon einmal. Mich und Domonto doch noch umzubringen dürfte ihm und seinen beiden Dolchschwestern nicht übermäßig schwer fallen. Ich konnte nur darauf setzen, das er davon Ausging, das weder Domonto noch ich ihn verpfeifen würden um uns nicht selbst zu belasten.

Möglicherweise hatte er es sich tatsächlich so gedacht, denn er brachte uns beide nicht um sondern verschwand einfach mit seinen Damen im Gebüsch, nachdem ich ihm die Krone übergeben hatte. Aus dem Dunkel schallte es noch zu Domonto „Ach ja, wegen des erhöhten Aufwands meinerseits muss dir jetzt die Anzahlung genügen, die du ja schon erhalten hast,“ was auch immer das heißen sollte. Der zuckte nur wortlos mit den Achseln und ging ebenfalls, mich  stehen lassen, davon. Ich war allein und frei. Das fühlte sich gut an. Aber irgendwer, dachte ich bei mir, sollte für die Unannehmlichkeiten die ich hatte trotzdem Büßen. Domonto nicht, der war einfach nur ein kleines, feiges Würstchen. Aber dieser Totschläger… vielleicht gab es für den ja sogar eine Belohnung? Ich entschloss mich schnell zu  handeln. Wenn die Wache ihn jetzt noch schnappen würde, mit der Krone… ich rannte zurück zur Wache.

Wäre ja gelacht, wenn sich aus der Sache nicht noch etwas herausschlagen lassen würde. Erhobenen Hauptes marschierte ich in die Criminal-Cammer ein und berichtete dort, was ich noch wusste. Zwar machte man mich eindringlich darauf aufmerksam, dass ich das schon beim ersten Besuch hätte sagen müssen, aber man war bereit darüber hinwegzusehen, wenn man endlich Totschläger dingfest machen könne.

Die Rechnung ging auf. Torm Totschläger wurde kurze Zeit später gefasst, die Alveranskrone noch dabei was der Garether Justiz völlig für eine Verurteilung reichte. Das Kleinod ging zurück an seinen Besitzer und ich erhielt von der Nordlandbank 50 Dukaten Belohnung ausgezahlt worauf die Familie Karfenck noch einmal 50 Dukaten drauf legte. Ich fühlte mich wie ein Goldesel. Ich beschloss Gareth erst noch ein paar Wochen zu genießen bevor ich abreisen wollte und lies es mir gut gehen, nachdem ich auch meine Sachen wieder aus meiner ersten Herberge ausgelöst hatte. Und ich lies es mir (und ein paar feierwilligen Garether Damen) richtig gut gehen… was wohl in der Zwischenzeit aus Junasia geworden war?

Aber irgendwann war es dann doch Zeit weiter zu ziehen, ich hatte ja noch ein wenig Weg vor mir bis daheim. Als ich in der Schlange der Menschen stand, die über das Angbarer Tor die Stadt verlassen wollten, tippte mir jemand auf die Schulter. Ich drehte mich um und blickte in das lächelnde Antlitz Torm Toschlägers – und erschrak zu Tode. Der sollte doch zumindest im Gefängnis oder besser noch am Galgen sein! „So trifft man sich wieder, da staunst du, was?“ eröffnete er mit drohender Stimme. „Nun, ich habe eine Menge Freunde unter den Honoratioren der Stadt, die mir noch einen Gefallen schuldig waren. Paß auf: Eine Woche hat’s nur gedauert, bis ich und meine Mädels wieder draußen waren. So lang hab ich noch nie dafür gebraucht. Du hast mir also eine Menge ungemach bereitet und unverschämtes Glück, dass ich dich hier treffe, wo ich dich nicht von den Klöten bis zum Kinn aufschlitzen kann. Falls du dich noch einmal nach Gareth traust, vergiss meinen Namen nicht: Torm Totschläger, hörst du, TOTschläger…“ Am Tor angekommen drehte ich mich noch einmal um. Totschläger starrte mir hinterher und fuhr sich mit dem Zeigefinger über die Kehle. Hier hatte ich wohl einen Feind fürs Leben, aber immerhin hatte ich das meine noch. „He, Du hälst alles auf, weiter!“ rief mich ein Wächter an. Rasch schritt ich durch das Tor, lies die knappe Kontrolle über mich ergehen und vertraute wieder Aves meinen weiteren Weg an, wo immer der mich jetzt auch hinführen mochte. Zumindest hatte ich von den 100 Dukaten Belohnung nur noch 17 in der Tasche, aber das würde eine Zeit lang reichen…

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Abenteuer: Netz der Mörder
Dieser Eintrag wurde am 1.05.2017 (16:30) verfasst und 537 mal aufgerufen.
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