Tagebuch von Victor Dondoya Lucisresistis Stellamane D'Pelisario von Al'Anfa
Spuren der Verheißung: Über den Dächern von Fasar (30. Rondra 1028)

Meiner Meinung nach wäre es ja höchste Zeit gewesen aus diesem armseligen Teil Deres zu verschwinden. Leider bestanden der Junker und seine bald Angetraute darauf, uns noch zumindest für kurze Zeit zu beherbergen und zu verköstigen um ihre Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen. Abgesehen davon, dass der Anblick der beiden zusammen schon fast eine Beleidigung der Schönheit der Welt war – ich meine, Azina einmal nicht nur davon sprechen gehört zu haben, man solle die Schönheit der Welt nicht nur Preisen, sondern auch mehren, aber das war glaube ich immer mit dem Ableben des Schandflecks verbunden und fiel damit aus – war natürlich das was in dieser Tristesse als „Festmahl“ aufgefahren werden konnte einfach nicht der Standard, den ich gewohnt war. Man stelle sich einmal vor, auf dem Gut eines Edlen! Ich hatte zwar auch schon schlimmer gegessen wenn die Not groß war, aber dieser Bauernfraß hätte mich so kaum hinter dem Ofen hervor gelockt.  Aber da musste ich wohl durch. Zusätzlich erschwert wurde die Situation durch die Dame Zeforika. Dass sie ein recht leichtlebiges Wesen war hatte ich ja schon gemerkt, aber ich muss meine Meinung von ihr noch eine Stufe weiter nach unten schrauben. Kindliches Gemüt trifft es fast schon eher! Kann man sich das vorstellen, sie fand diesen unsäglichen – und auch noch extrem häßlichen und entstellenden wie ich anmerken möchte – Elefantenrüssel in ihrem Gesicht immer noch amüsant und meinte sogar, mich aufheitern zu können indem sie mich damit mit Suppe bespritzte! Also wirklich! Ich hielt an mir und verzog keine Miene, während sie versuchte mich mit einem Augenaufschlag und verschmitztem Lächeln für sich zu gewinnen. Einfach Grotesk, wenn man bedenkt das ihr zu diesem Zeitpunkt ein Objekt im Gesicht hing auf das Brabaker Waldelefant neidisch geworden wäre. So etwas konnte ich weder lustig noch attraktiv finden! Das machte ich ihr auch klar deutlich. Aber meinen Hinweis darauf, dass zwar jede Unternehmung wie ein Körper und sie sicher das Gesicht dieser hier sei, aber das Gesicht nicht auch zwingend Gleichzeitig der Kopf des ganzen sein müsste, schien sie nicht verstanden zu haben.

Immerhin war sie später, nachdem ich ihr verdeutlicht hatte was für Schwierigkeiten sie mit dem Rüssel – das könnte man ja auch für ein Dämonenmal halten oder so etwas – bekommen könne und im rückständigen Albernia gerne mal ein Scheiterhaufen angezündet wird, bereit, sich das Ding von Meister Brommel wieder entfernen zu lassen und tat dies am Abend auch. Der einzige Lichtblick dieses Abends war aber ein gänzlich anderer. Der Junker hatte einen alten, zerschlissenen Wandteppich in seiner Stube aufgehängt der, so mich meine geografischen Kenntnisse nicht trogen, in groben Zügen Dere, also zumindest den Aventurischen Teil, darstellte. Und da wir ja bereits wussten, dass wir nach Fasar aufbrechen würden machten wir uns an die Reiseplanung und  Wegfindung. Dabei wurde schnell klar, dass wir völlig verschiedene Auffassungen von akzeptablen Reisevarianten hatten. Insbesondere Sari sprach sich vehement dafür aus, den Landweg zu nutzen. Wobei es bei ihr wohl eher die Angst vor der Enge auf einem schwankenden Schiff war, als eine rationale Erwägung. Selbst Melissa schien den direkten Weg über Land zu präferieren. Töricht! Ich konnte das zwar nur schätzen, aber das mussten leicht über 1000 Meilen Weg sein. Zu Fuß! Abgesehen vom Mangel an Pferden, den Melissa vielleicht hätte irgendwann beheben können, konnte ja nicht einmal jeder in dieser Runde (allen voran Azina und Sari) reiten. Und auf eine 3 Monde dauernde Wanderung hatte ich nun wahrlich keine Lust. Und egal wie rum man es drehte, wir hätten auf jedem Weg durch Kriegsgebiet in Albernia und den angrenzenden Landen und später hinter Gareth durch soweit ich wusste rechtsfreien Raum gemusst. Das konnte zwar seinen Reiz haben, machte das Reisen aber auch nicht gerade komfortabler, sicherer und schneller. Und auf anderen Wegen hätten wir entweder durch die Wüste (Faramud wäre hier wohl begeistert gewesen, hätte er nicht gerade so einen abwesenden Eindruck gemacht) oder über den Eisenwald und Raschtulswall gemusst. Nun ja, Bergsteigen war ebenfalls nicht gerade meine liebste Beschäftigung. Ich hatte meine liebe Mühe, ihnen diesen Hirnrissigen Plan auszureden. Abgesehen davon hatte ich einen gänzlich anderen Plan gefasst. Wie oben schon erwähnt, eine Unternehmung brauchte einen Kopf, am besten den klügsten verfügbaren, und dass war nun einmal ich. Mein Plan lief zwar darauf hinaus dass sich die Reisestrecke mehr als verdreifachte, aber trotzdem wohl schneller und vor allem bei weitem bequemer zu bewältigen war. Bedauerlicherweise musste ich um Melissa und Sari am Ende zu überzeugen einen Teil meines Geheimnisses preisgeben. Ich offenbarte, dass ich unterwegs eine Bekannte nach einem Objekt das sich vielleicht am Ende dieser Schatzsuche finden ließ befragen wollte, dass ansonsten möglicherweise eine Gefahr darstellen könnte und ich deswegen auf Nummer sicher gehen musste. Phexens Zunge sei gelobt, am Ende hatte ich sie soweit überzeugt, dass die Reise einen anderen Verlauf nehmen konnte. Von hier aus über Nostria (Haven wollten wir wegen des Bürgerkriegs auf dem Weg dorthin und der bekannt magophoben Art, Sari hatte ja immer noch ihre Wolfsohren und wollte auch partout nicht darauf verzichten, meiden), mit dem Schiff weiter nach Bethana. Dort konnte ich Nandurin aus dem Tempel holen und wieder nach Hause bringen. Außerdem wollte ich auch noch eine kleine finanzielle Angelegenheit mit Fabrizio bereden. Ob er mir wohl das Geld leihen würde damit ich die Schulden bei Vater begleichen und mich ein wenig aus dieser Pflicht befreien konnte? Dann weiter und mit einem kurzen Zwischenstopp in Belhanke wo ich versuchen würde die Vorsteherin der Dornen zu treffen um, das wussten die Anderen nun, nach dem Zepter zu befragen – und zu dieser Schergin des Namenlosen über die ich den Rest noch nicht in Kenntnis gesetzt hatte. Ich hoffte inständig, dass sie mir weiterhelfen konnte, jemand anderes dem ich in dieser Sache hätte trauen können wollte mir leider einfach nicht einfallen. Ob sich das wohl die Möglichkeit einer Zusammenarbeit bot? Auf dem weiteren Weg weiter nach Al’Anfa , natürlich über den Seeweg, bestand Melissa darauf, weder in Chorop noch in Brabak halt zu machen. In Chorop fürchtete sie zu irgendwelchen Spielen zugezogen zu werden und in Brabak säße ihr nachtragender Onkel. Damit konnte ich leben. Das naive Ding hatte wirklich mit einem Blick auf die Karte vorgeschlagen den Sumpfpfad am Loch Harodrol vorbei zu nehmen. Aber dieses Hirngespinst hatte ich ihr dann schnell ausgetrieben. Zu Hause in Al’Anfa würde ich Nandurin daheim abgeben, aber lange könnten wir uns nicht aufhalten befürchte ich. Wie viel Zeit mir blieb würde ich sehen wenn es soweit war. Dann weiter nach Kunchom und von dort irgendwie nach Fasar. Auf der Karte ein unglaublicher Anblick, wir würden sozusagen einmal den halben Kontinent umrunden um unser Ziel zu erreichen. Irrwitzig, wenn man es so betrachtete. Auch dieser Weg würde uns Wochen kosten. Aber so war es nun einmal. Und nachdem es so beschlossen war, war ich mehr als nur gespannt. Das erste Mal, dass ich noch weiter östlich als Selem sein würde! Wie es dort wohl so war? Aves, segne unseren Weg!

Wir hatten also die Diskussion der Reiseroute gerade abgeschlossen, auch wenn Faramud wegen der Schifffahrt noch einmal zugunsten eines Berg- und Wüstenspaziergangs (oder zumindest die Echsenversuchten Fiebersümpfe des Loch Harodrol) plädierte, als sich unerwarteter Besuch einstellte. Das Sekretarius-Kaninchen erschien und hatte eine schielende Ratte im Schlepptau die leider einen recht grenzdebilen Eindruck machte und begann ihren eigenen Schwanz als Wurm zu jagen und sich auch noch selbst biss. Er wolle uns nur warnen, so das Karnickel, das grimmige Andersweltler zu Fuß und Pferd von Süden und Osten nahten und auf Burg Madastein marschierten.  Er wolle uns nur warnen, falls wir deswegen schneller abreisen wollten. Was wir dann auch beschlossen, der Aufbruch sollte sich nicht weiter verzögern. Er bot uns aber die Ratte, die er als Maurice vorstellte, als Führer an, der uns durch die Feenwelt an jeden Ort bringen könne.

Diese Option entfachte die Diskussion sowohl was Ziel, als auch was Weg anging neu. Es wäre natürlich äußerst bequem gewesen, einfach von sagen wir hier nach Fasar oder sogar Lowangen zu reisen und das so unsere Annahme quasi von einem Augenblick auf den anderen. Aber das größte Problem das sich dabei auftat war, wie machte man einer mehr als dümmlichen Ratte das Ziel einer Reise klar, wenn man noch nicht einmal selber an diesem Ort war. Namen und Himmelsrichtungen waren dem Nagetier auf jeden Fall nicht geläufig. Und Beschreibungen konnten wir der Ratte zwar grob geben, aber auf eine Antwort wie „Das kenne ich, da gibt es Bäume mit riesigen Nüssen“ hätte uns auch mitten in die Khom bringen können statt nach Fasar. Oder sonst wohin! Das führte vorerst zu nichts. Dennoch nahmen wir die Ratte einfach einmal mit – sozusagen als Notfallstrategie für eine schnelle Flucht. Darüber hinaus, den Gegenwert einer sprechenden Feenratte in Dukaten würde ich mir durchaus in Kunchom einmal taxieren lassen wollen…

Also dann doch mit dem Schiff von Nostria nach Süden. Die Ratte erwies sich als überaus geschwätziges Ding, das hauptsächlich Unfug im Kopf hatte (was Wunder, immerhin ein Feenwesen), stellten wir mit Käse und der Aussicht ruhig auf dem mittlerweile nicht mehr ganz so fetten Vito reiten zu dürfen. Unser Aufbruch war von einem Gewitter mit Wolkenbruch überschattet, der uns schon auf der ersten Meile bis auf die Haut durchnässte. Das konnte man fast nur als schlechtes Omen werten. Mein unablässiger Verstand arbeitete fieberhaft daran, doch noch einen Nutzen aus dem Vorhandensein des Nagers zu ziehen, aber es dauerte diesmal außergewöhnlich lange, nämlich gut die Strecke die wir benötigten um 2 Meilen zurückzulegen, bis sich die Eingebung einstellte. Als mich der Geistesblitz traf hätte ich mich dafür schon fast selbst Ohrfeigen wollen. Natürlich! Ich fragte die Ratte, ob sie uns denn zu einer Stadt am Meer die nach Fisch stinkt bringen könne – mit dem Hintergedanken, das Nostria ja wohl das naheliegendste sei, diese salzarelenverseuchte Hochburg des Trans. Tatsächlich bejahte die Ratte Maurice dies, so eine Stadt kenne sie. Prompt machten wir kehrt um das naheliegendste Feenportal, den See im Labyrinth wie die Ratte erklärte, zu nutzen. Und selbst wenn es nicht Nostria sein sollte es würde ja fast immer zu unseren Gunsten ausgehen! Havena? Kein Problem. Eine Stadt weiter im Süden? Ja gerne! Oder sogar auf der anderen Seite Aventuriens, Perricum meinetwegen? Umso besser! Es konnte ja fast nichts schief gehen! Nur weiter in den Norden hinauf wäre etwas dumm gelaufen, aber selbst geschätzt bis Thorwal hätten wir dadurch noch nicht einmal einen Nachteil was die Reisezeit anging. Und wie wahrscheinlich war es schon, dass die Ratte etwas kannte was noch weiter oben war? Einen Beschluss konnte man die Entscheidung fast nicht nennen, die hier folgte, eher eine Entscheidung meiner Person, die auf die Gruppe ausgedehnt wurde. Aber so war es nun einmal, lasset die Beschließen, die den dazu notwendigen Verstand haben. Faramud, dem das Ganze nicht geheuer schien (wiewohl ich das nachvollziehen konnte, normal hätte ich unser Los auch nicht in die schmierigen Pfoten einer dämlichen Feenratte gelegt, aber bei mir obsiegte die Neugier sowie das Kalkül von Aufwand und Nutzen), stellte ich mit einer einfachen Feststellung ruhig: „Wenn Du eine Entscheidung getrofffen hast, vergiss die Alternativen“. So einfach konnte es manchmal sein. Punkt.

Als wir am Labyrinth ankamen, ein lächerliches Passwort war bei Hasel der Hecke notwendig um Einlass zu erhalten – Suppe ohne Salz, also SOS - war das Gewitter im Inneren nur ein sanfter Sommerregen, machte das Kaninchen wieder sein Brimborium mit Formularen, Passierscheinen und diesem Humbug, hielt uns dann aber nicht weiter auf. Das Portal, also den See dann zu durchschreiten war dann keine große Sache mehr. Wir mussten uns nur an den Händen fassen oder diese dem Vordermann auf die Schulter legen und ins Wasser steigen – während um den See herum das Hörnchenvolk einen eigenartigen Tanz aufführte. Der See war erst flach, aber wir versanken irgendwann trotzdem im Wasser. Natürlich holten wir Luft, man wusste ja nicht was kommen würde, aber das Wasser fühlte sich anders an als sonst. Dann wurden wir schneller, beschleunigten in einer Spirale die uns nach unten zog und glitten an deren Ende sanft aus, wobei ich Azina ausweichen musste um nicht unsanft in sie hinein zu rutschen.  Wir befanden uns an einem Platz, an dem von grauem Wabern umstanden 5 Wege fort führten. Potztausend, schon wieder eine Gelegenheit den Limbus zu erforschen, und weder Zeit noch das nötige Werkzeug dazu zur Hand. Ich warnte die anderen nur, dem Wabern nicht zu nahe zu kommen. Im Labyrinth des Kobolds hatte Aureliane dadurch den Tod gefunden, das sollten wir hier doch nach Möglichkeit vermeiden.

Die Ratte wählte also einen Pfad aus, von dem sie sich gaaaanz sicher war, das es der richtige sei. Nun denn, wenn nicht… Ratte am Spieß gilt ja in manchen Landen als Delikatesse. Ich hatte mir die Reise durch ein Feentor ja anders vorgestellt. Hier hinein, und dort hinaus. Aber das war wohl ein Trugschluss gewesen. Wir mussten sogar auf diesen Pfaden neben der Welt, anders kann ich es derzeit nicht beschreiben, mehrmals übernachten. Wobei an jedem Rastplatz Nahrung in Form von Beeren oder Nüssen verfügbar war. Sari jammerte etwas herum, dass wir auch den normalen Weg hätten nehmen können wenn sie das gewusst hätte, aber nun waren wir nun einmal hier. Der Weg gestaltete sich dabei durchaus Abwechslungsreich. Mal breiter mit Wiesen daneben, dann wieder schmal und das graue Wabern des Limbus fast bis zu uns heran oder sogar so knapp über dem Weg, dass man gebückt gehen musste. Auch die Landschaft war keineswegs einheitlich. Einmal passierten wir ein Feld von Geröll, das ich eindeutig als Granit identifizierte (und spontan etwas davon zwecks alchemischer Verarbeitung einpackte). Maurice meinte dabei, wir würden jetzt UNTER einem Gebirge hindurchgehen. Dann war der Pfad einmal so schmal, dass im Grau links und rechts unheimliche Dämonen zu sehen waren. Es juckte mich in den Fingern zu testen, wie dünn die Grenzen des diesseits zur siebten Sphäre hier waren! Aber als ich dies andeutete machte Faramud unmissverständlich klar, dass er so etwas recht rüde unterbinden würde. Schade eigentlich… Ich versuchte, die Route die wir nahmen in irgend eine Art Deckung mit den geographischen Gegebenheiten Deres zu bringen? Konnte es sein? Ein Gebirge und dann ein dämonenverseuchtes Gebiet… vielleicht die Brache bei Gareth, oder sogar die Trollpforte? Davon hatte ich zumindest schon Geschichten gehört! Aber sicher würde ich mir erst sein, wenn wir am Ziel dieser Reise wieder echten Boden unter den Füßen hätten.

Am letzten Tag vor dem Ende unseres Marsches durch diese Nicht-Welt erreichten wir einen seltsamen Ort. Eine Holzhütte an einer Kreuzung, die eindeutig eine Gaststätte war. Tiergeräusche drangen von drin heraus, und mir schwante schon schlimmes, als ich an das Schloss in der Feenwelt zurück dachte durch das ich einst musste. Als wir eintraten bot sich ein bizarrer Anblick. Ein Huhn stand redenschwingend auf einem Tisch und gackerte dabei vor einer Tierversammlung aus verschiedensten Kreaturen. Hinter dem Tresen zapfte eine Schlange Bier in einen Krug den sie mit dem Schwanz hielt und starrte uns überrascht so lange an, dass das schäumende Getränk am Ende sogar überlief. Allgemein waren die Tiere wohl weniger erfreut, dass unsere Ratte uns hierhergebracht hatte. Aber der Handel war am Ende, das wir Kost und Logis im Haus nehmen durften, wenn wir dafür eine Geschichte zum besten gäben. Nur Sari, die unbedingt draußen schlafen wollte, musste dafür ungeheuerliche 4 Goldstücke löhnen! Das Essen war fleischfrei, aber an sich recht wohlschmeckend und die Nacht dann sehr ruhig.

Den ganzen nächsten Tag fieberte ich der Überraschung entgegen, wohin uns die Ratte nun tatsächlich gebracht hatte. Die Hoffnung auf Nostria hatte ich eigentlich schon aufgegeben. Dafür stellte sich dieses erwartungsvolle Kribbeln ein, dass man als Kind vor seinem Tsatag hat wenn man noch nicht weiß, mit welchem Geschenk die Eltern einen vielleicht bedenken werden. Es war so spannend! Das Ergebnis war dann allerdings ein, wenn auch sehr praktisches weil meinen Plänen zu 100 Prozent entsprechend, doch irgendwie enttäuschendes, auch wenn die Enttäuschung nur sehr kurz währte. Wir traten durch einen Wasserfall hinaus und standen… auf der Straße nördlich von Bethana in einer Senke die mit feinem Wassernebel gefüllt war und von der ein Bach zum Meer hin abfloss. Wirklich jetzt? Nach Fisch stinkende Stadt am Meer und wir kommen ausgerechnet in BETHANA an? Nostria, Havena, Thorwal, Festum, das hätte ich mir ja eingehen lassen, aber Bethana? Nun gut, ich kannte die Perspektive einer Ratte, auch aus olfaktorischer Sicht, natürlich nicht. Aber das erfüllte meine Erwartungen in keinster Weise! Auch wenn ich den ursprünglich von mir durchdachten Plan nun einfach ohne den Umweg über Nostria und eine Schifffahrt einfach wieder aufnehmen konnte. Es hatte ja auch seine Vorteile, insofern war es also nicht erforderlich an der Ratte irgendein Exempel zu statuieren, die mir in der Zwischenzeit sogar fast etwas sympathisch geworden war – für ein Feenwesen zumindest. Das kleine Kerlchen hatte einen naiven, sehr offenen Charme, der seine Dämlichkeit fast schon wieder überspielte. Aber sei es drum…

Am Tor nach Bethana fragten wir die Wache zuerst nach dem Datum. Der 30. Rondra 1028, zumindest hatten wir einiges an Zeit gewonnen was die Reise anging. Zu Land und Schiff wären wir sicher erst in einer oder sogar zwei Wochen hier angekommen! Da der erste Efferd morgen ein Feiertag war würde zu Ehren des Herrn der Meere wohl eine Fest in Fabrizios Haus stattfinden, wie man uns sagte. Fabrizio und Esmeralda waren überrascht, dass wir schon zurück waren und einen ersten Erfolg vorweisen konnten. Und natürlich erhielten wir nicht nur sofort unsere Zimmer, sondern auch eine Einladung zur Festgesellschaft die wir gerne annahmen (bis auf Sari, die lieber wieder hinaus aufs Land wollte).

Am späten Abend saß ich mit Fabrizzio wieder einmal in seinem Kaminzimmer. Ein Glaß roten Bosparaner in der Hand unterrichtete ich ihn zunächst einmal über unsere Reise. Natürlich interessierte ihn als Händler auch, woran es den Alberniern derzeit am meisten mangelte. Mangel gebiert den größten Profit. Und, so meine Auskunft, würde er Nahrung oder Vieh dorthin bringen können, ein guter Schnitt wäre ihm wohl gewiss. Im Gegenzug erfuhr ich von ihm, dass die Stimmung in der Stadt trotz des anstehenden Festtages nicht die beste war. Vor einer Woche, am 23. Rondra, war Amene Horas III. verstorben, die Herrscherin des Lieblichen Feldes. Und wie es in solchen Situationen oft war, standen die Aaskrähen der Familie bereit und begannen kaum das die Dame unter der Erde war, um das Erbe und damit den Thron zu streiten. Dieses traurige Schicksal trugen zu viele der wohlhabenden und mächtigen Familien. Da hatten es die armen Schlucker auf der Straße zumindest nach dem Ableben der Lieben leichter... Aber Fabrizzio wäre nicht der kluge und vorsichtige, aber deswegen erfolgreiche, Händler gewesen der er ist, wenn er nicht vorausschauend auf diese Situation reagiert hätte. Er fürchtete, so teilte er mir mit, Auswirkungen eines möglichen Konflikts um die Thronfolge auf sein Geschäft und seine Familie. Zwar würde er natürlich neutral bleiben, sollte es zu Auseinandersetzungen kommen. Aber wir beide erinnerten uns noch gut daran, wie schnell die Obrigkeit dabei sein konnte Besitz zu requirieren, Konten einzufrieren und das Geschäft zu bedrohen. Daher bat er mich, da unser Weg ja sowieso über Al'Anfa führen würde, mit einem von ihm schon vorbereiteten Seegler einen guten Teil seiner haltbaren Waren mit uns zu nehmen und in Al'Anfa für ein sicheres Lager zu sorgen, so dass er im Notfall zumindest eine gesicherte Rücklage und Fluchtoption haben würde. Oder seine Versicherung, wenn er das Geschäft erneut von unten würde aufziehen müssen. Aber, so versicherte ihm, da würde ihm mein Vater sicher behilflich sein können. Für meinen alten Herren dürfte es ein leichtes sein, ein bewachtes Lagerhaus dafür zu organisieren oder sogar eines seiner eigenen Lager vorübergehend an Fabrizzio zu vermieten, was für ihn ja wieder leicht verdientes Geld wäre.

Aber auch ich hatte ein Anliegen und eine Frage an Fabrizzio. Schon länger drückte mich die Last meiner Schulden bei Vater, deretwegen ich, so ich wieder einmal auf Fahrt ging, auch immer ein schlechtes Gewissen hatte. 425 Dublonen schuldete ich Vater noch - und dabei war meine Ausbildung noch befreit von jeglichem Luxus der extra gekostet hätte! Das wäre schon noch teurer gegangen, wie ich Fabrizzio versicherte und kurz abdriftete in Schilderungen, mit welchem körperlichem Einsatz ich mir Tutorien verdienen musste, meine Unterbringung im Schlafsaal und die Bevorzugung reicherer Zöglinge. Aber sei es drum, das hatte ich hinter mir gelassen. Ich bat ihn, ob er mir nicht das Geld leihen würde, meine Schulden bei Vater auszulösen. Natürlich würde ich ihm das Geld ersetzen. Wir wussten beide, sollte die aktuelle Aufgabe von Erfolg gekrönt sein würde ich mir dies mit Leichtigkeit und noch einiges mehr leisten können. Und für den Fall, das Boron zuerst nach mir riefe, würde ich ein Schriftstück hinterlassen, welche Dinge aus meinem Besitz seine Auslagen decken sollten. Es brauchte aber gar nicht vieler Worte. Fabrizzi verstand mich, wie so oft, und war sofort bereit mir in dieser Sache zu helfen. Ich sollte meine Schulden bei Vater einfach mit einigen Wechseln der Nordlandbank decken, die er ohnehin vorhatte mir mit den Waren mitzugeben. Ein Kästchen mit Pfandbriefen und Schuldverschrebungen im Wert von sicher 2000 Dukaten, das er mir persönlich anvertraute. Und davon durfte ich nehmen, was ich benötigte und im Gegenzug mein Vermächtnisanerkenntnis einlegen.So sehr wir uns gegenseitig vertrauten, wir wären beide Narren gewesen, hätten wir das nicht schriftlich festgehalten, was wir sofort taten. Ich würde nicht bei einem bößwilligen Menschen als Dieb von Fabrizzios Vermögen dastehen wollen. Und ich fühlte mich im Gegenzug wohler, ihm nicht nur mein Wort, sondern auch meine Unterschrift darauf geben zu können, zu riskant war mein Leben in den letzten Jahren gewesen, dass nicht doch etwas passieren mochte. Darauf gaben wir uns die Hand und stießen ein letztes mal an, bevor wir zu Bett gingen.

Die Kleiderdiskussion vor dem Fest am nächsten Tag mit Azina, die wieder eine Gelegenheit sah ihr Ballkleid auszuführen, erspare ich uns lieber hier widerzugeben. Ich selbst, bisher ja nach wie vor im grauen Reisegewand unterwegs, zog nun endlich standesgemäß meine schwarze Robe über und verstärkte meine Präsenz und mein grandios gutes Aussehen noch schnell mit einem kleinen Attributo Charisma, bevor ich den Saal betrat. Ich hatte ja gehofft die Gräfin bei dieser Feierlichkeit zu treffen und gleich noch einmal ordentlich beeindrucken zu können, aber diese Hoffnung wurde leider enttäuscht. So verging der Abend mit einer kleinen Fachsimpelei mit einem Advocatus, der sich an mich als Fabrizios Verteidiger vor Gericht erinnerte und zu meinem Erfolg damals gratulierte bevor er begann sich in Rechtswinkeln und Paragraphen zu verlieren, denen ich nicht mehr folgen konnte und wollte. Die Frau des Bürgermeisters, eine üppige Matrone, bedachte mich mit dem gierigen Blick ältlicher Damen, die sich auf junges Frischfleisch zu stürzen gedachten, aber derlei kannte ich ja schon und konnte mich dem folgenden Gespräch auch wieder entziehen, nicht ohne ein Tänzchen mit der guten Frau gemacht zu haben. Wäre ich einer dieser horasischen Gigolos die es auf das Geld der Damen abgesehen hätten, ich hätte hier einen verdammt guten Wal getroffen… das letzte Gespräch mit dem Großjagdmeister der nach meinem Abenteuer in der Mine Paminas Ausbildung übernommen hatte war dann schon fast wieder erfrischend dagegen, auch wenn er mir nicht sagen konnte wo das junge Ding sich derzeit herumtrieb.

Am nächsten Morgen, das Frühstück fand spontan auf einer Terrasse im freien statt, berichteten wir Fabrizio noch in aller gebotenen Kürze was geschehen war. Azina hatte sich unser Gespräch am gestrigen Abend anscheinend zu Herzen genommen und zog später mit Esmeralda los um sich ein neues Kleid zu beschaffen. Ich hingegen eilte, den ein wenig argwöhnischen Faramud im Schlepptau der bezweifelte das ich ein Kind hätte, noch vor dem Essen zum Tempel der Allweisen Herrin Hesinde um Nandurin abzuholen. Die Geweihte versicherte mir, mit dem Jungen sei alles in Ordnung. Sie habe sich aber erkundigt, es gäbe wohl sehr wenige solche Fälle, in denen nach dem Segen ein Dämon noch Zugriff auf ein Kind hatte. Aber, so bestärkte sie mich noch einmal, außerhalb der Namenlosen Tage sei für Nandurin keine Gefahr zu erwarten. Das war gut zu wissen und ich glaubte ihr. Dann musste ich also nur sicherstellen, dass ich in diesen Tagen an der Seite meines Kleinen sein würde. Oder er in einem Tempel die Tage auf geweihtem Boden verbringen konnte.

Wir saßen noch gemütlich unter dem Baum und wollten gerade unser Frühstück beenden, als wieder einmal das Schicksal seine Fäden wob und uns einen weiteren Gast bescherte. Pamina Corner, das Mädel das ich in der Mine zur Ersatzheilerin gemacht hatte, kam mit einer etwa kniehohen Mischlingstöle, wohl ihr Jagdhund  durchs Tor, sah uns, eilte herüber und begann sofort ohne großes Luftholen auf uns einzuplappern. Jetzt fehlte eigentlich nur noch dieser hässliche Thorwaler um das Bündel vollzumachen. Sie hatte ja anscheinend ihre Ausbildung beendet und war vorübergehend woanders in Lohn und Brot gestanden, hatte aber gestern leichtlebig wie sie war in den Straßen an den Feierlichkeiten zum 1. Efferd teilgenommen und wollte nun noch einmal bei Fabrizzio vorbei sehen, freute sich aber auch sichtlich über Atzinas Anwesenheit.

Mich hier zu sehen schien sie besonders zu überraschen. Ich begrüßte sie, immerhin war sie mir in ihrer Unbedarftheit damals eine große Hilfe gewesen. Noch überraschter war sie allerdings von Nandurin und das sie sogar seine Mutter, die verfluchte Donata Efferdana da Costa kannte. Aber das vertieften wir nun nicht. Schon in den ersten Momenten ihres Auftauchens hatte mein messerscharfer Verstand ihr Erscheinen als glückliche Fügung erkannt. Ihre Kenntnisse der Natur des Südens, insbesondere der Wälder und Dschungel, und seiner Tiere mochte uns durchaus hilfreich sein. Sollte die Höhle die wir suchten nicht in einem von Dschungel umstandenen Gebirge liegen? Und Saari mochte sich in der Natur natürlich ebenfalls auskennen, aber eben in der Natur des hohen Nordens. Steppen, Schnee und Eis, da würden wir wohl auf sie setzen. Aber hier im Süden? Und Faramud mochte wissen wie man in der Wüste überlebte. Aber ob er schon einmal einen dampfenden Regenwald durchquert hatte war auch eher zu bezweifeln. Darüber hinaus… das naive Ding wäre sicherlich besser als jeder auf der Straße angeheuerte Alrik. Bei ihr würden wir uns schon auf Grund ihres simplen Wesens sicher sein können, dass es quasi ausgeschlossen wäre, dass sie uns zu hintergehen trachten würde

Also lockte ich Sie mit mehr oder eigentlich weniger subtilen Andeutungen auf eine Schatzsuche, und sie sprang auch ohne Zögern auf diesen Köder an. Nicht nur ihre nach wie vor immense Neugier zog sie sofort in den Bann der Geschichte, auch die Aussicht auf gutes Gold, dass sie anscheinend für ihre Familie benötigte, ließen sie an meinem Haken zappeln wie einen Fisch, den man nur noch aus dem Wasser zu ziehen brauchte. Es war fast schon zu einfach… Atzina unterstützte es direkt, Pamina mitzunehmen, aber das letzte Wort würde natürlich die Dame Zeforika haben, und auch die Entlohnung hing ja im Wesentlichen von ihrem Wohlwollen ab. Aber die Verhandlungen waren dann doch recht kurz, da Melissa natürlich auf mein und auch Atzinas Urteil vertraute und sich meinen Argumenten was für Pamina sprach nicht entziehen konnte. Und als sie auch noch auf die lächerliche Frage, wie sie denn zu einem Rüssel im Gesicht antwortete, auf einem Fest als lustige Verkleidung könne sie sich dies durchaus vorstellen – hier kam wieder diese dümmliche Anekdote mit der gespritzten Suppe hinzu -  war Melissa auch schon überzeugt, solange ihre Loyalität – das Wort musste man Pamina erst einmal erklären - gewahrt bleiben würde. Nur den Eidsegen wollte sie von Pamina natürlich auch geleistet haben. Dann war das also geklärt. Nur die Großzügigkeit der Dame Zeforika schockierte mich dann doch wieder einmal. Etwas weniger als wir, aber immerhin noch 4% (wohl wieder etwas was Pamina nicht wirklich verstand, außer dass sie viel Gold erhalten würde) sollte sie bekommen. Mein Hinweis das sie auch für einen Bruchteil davon mitgekommen wäre tat Melissa aber recht gelangweilt ab.

Gegen die 11. Stunde kamen dann auch Faramud und Sari dazu; Wala der Wolf zuckte noch nicht einmal auf Grund des neu hinzugekommenen Hundes. Nun ja, für sie wäre dieser küümmerliche Köter wohl nicht einmal ein Frühstück gewesen. Das dominante Auftreten gegenüber dem Hündchen, das Pamina übrigens Saba nannte, schien die Rangordnung ausreichend zu regeln. Was ich, am Rande bemerkt, übrigens sehr lustig fand aber für mich behielt war, dass Faramud die Dame Zeforika immer wenn er sie in seiner unterwürfigen Art ansprach auch Saba nannte. Anscheinend eine respektvolle Ansprache für Höhergestellte Damen da wo er herkam. Ich war mir fast sicher, dass ich es mir irgendwann nicht würde verkneifen können daraus einen kleinen Scherz zu machen. Aber nicht jetzt…

Pamina fiel angesichts des Wolfes mit einem regelrechten Wortschwall über Sari her, kannte sie Wölfe doch wohl eher als Beute ihrer Streifzüge. Aber Sari reagierte nur sehr einsilbig auf das Geplapper. Faramud hingegen verlor mit Pamina – ich glaube allgemein hatte er ein Problem mit niedriger gestellten Frauen die es wagten das Wort zu ergreifen, recht schnell die Geduld und raunzte sie an: „Weib, Dein Mundwerk ist schneller als dein Gehirn“. Was mich dazu veranlasste zu Atzina hinüber zu flüstern: „Und manche Reden mehr als sie denken…“, was er aber natürlich nicht hörte.

Unsere Abreise sollte bereits am Nachmittag sein. Pamina wollte nur noch einen Brief an ihren Onkel senden. Ich war überrascht, dass sie überhaupt Schreiben könne, aber natürlich wollte sie dabei auf die Hilfe von Fabrizzios Bediensteten zurückgreifen. Warum merkte ich später schnell.

Fabrizzio klärtdie Anderen noch rasch über die aktuellen politischen Geschehnisse auf. Der kürzliche Tod Amene Horas, Querelen um die Thronfolge zwischen sogenannten Timoristen und Aldarenern, wobei Bethana historisch gesehen den Timoristen zuzuordnen wäre. Wir sollten doch je nachdem wohin wir kamen darauf achten, uns nicht zur falschen Seite zu bekennen. Und bei den Aldarenern wäre es wohl auch nicht sehr geschickt auf ihn als Handelsherren aus Bethana zu verweisen, selbst wenn er versuchen würde neutral zu bleiben. Politik ist so eine nutzlose Verschwendung von Zeit, Energie und Ressourcen! Man stelle sich einmal vor, hier würden sich ähnliche Dramen abspielen wie wir sie bereits in Albernia gesehen haben. Das Horasreich wäre, gelinde gesagt, am Arsch. Und wofür? Nur damit der ein oder andere königliche seinen feisten Hintern auf den bereits erkaltenden Thron setzen konnte. Auf der anderen Seite… für meine Heimat wäre das wohl das vorteilhafteste was passieren konnte. Eine existenzielle Schwächung der Horasreichs als Kern der goldenen Allianz würde diese Farce von einem Bund gegenüber der schwarzen Allianz derart nach hinten werfen, dass auch hier eine Verschiebung der Macht zugunsten Al’Anfas stattfinden mochte. Aber mich persönlich tangierte das eigentlich nur peripher. Diese Adligen und Politiker waren und blieben am Ende des Tages doch nur ein eitles, verzanktes Pack das lediglich zum eigenen Wohle handelte, das große Ganze dabei aber nicht im Entferntesten im Auge hatte. Wie würde das anders aussehen, wenn ich hier das Sagen hätte… ich glitt tatsächlich ein wenig in Tagträume ab.

Die aber abrupt unterbrochen wurden als Maurice aus Saris Tasche heraus kam, sich in ein halbes Baguette legte das er zu diesem Zwecke aushöhlte und auf dem Tisch mit seinem Schwanz herum blödelte. Pamina nahm es zuerst nur bedingt zur Kenntnis, ein weiteres Tier eben, war aber nahe einem Schock als Maurice sie fragte ob er auf  ihrem Hund reiten dürfe. Ich konnte mir nicht verkneifen Pamina darauf mit einem Augenzwinkern hinzuweisen, sowas passiere eben wenn man sich mit einem Magier anlege. Als sie auch noch die Wolfsohren an Sari erblickte war es erst einmal um Pamina geschehen. Das war für ihren simplen Geist zu viel des Guten auf einmal.  Saris Frage an Pamina ob sie  viel in Häusern gewesen sei verstand diese aber natürlich nicht. Vielleicht wenn sie etwas länger mit Sari unterwegs war…

Die 5 verbliebenen Stunden bis zur Abfahrt verliefen recht ereignislos. Ich fragte Atzina in einer ruhigen Minute wie viel Geld sie noch hätte. Nicht weil ich es mir leihen wollte, sondern weil sie mich ja einmal gefragt hatte wie es um ein Schutzamulett für sie bestellt sei. Zwar waren meine eigenen Kenntnisse des Arcanovi  gerade ausreichend, dass ich so etwas hätte erstellen können, aber den Armatrutz-Cantus würde ich noch ein wenig üben müssen. Aber wir würden ja in Kunchom vorbei kommen, und da hatte ich mir in der Zwischenzeit etwas überlegt was sie dort in Auftrag geben könnte. Ich skizzierte ihr das Theorem auf, zwei Schildkrötenpanzer passender Größe, die man auf Grund ihrer Affinität zu Zaubern die dem Erz zuzuordnen waren (wie der Armatrutz eben) und der funktionalen Übereinstimmung als Schulterkacheln perfekt als Träger für ein solches Artefakt geeignet wären. Auch die passende Thesis würde ich, wenn sie das wollte auf der Schiffahrt zu Papier bringen könnten, so dass sie es als Lohnarbeit in Kunchom würde in Auftrag geben können. Ein Preis von 120 Dukaten oder mehr wäre aber sicher zu veranschlagen, was ihr Budget von noch 100 Dukaten aber geringfügig übersteigen würde. Aber mal sehen, was sich noch ergeben mochte…

Pamina nahm ich mir dann beiseite, um ihr einen besonderen Auftrag zu geben. Für alchemystische Zwecke benötigte ich ja noch die ein oder Andere Komponente tierischer Herkunft. Und wer würde mir diese besser besorgen können als meine eigene Jägerin? Also diktierte ich ihr eine Besorgungsliste, musste aber gewaltige Geduld aufbringen, da sie langsamer schrieb als ein Novize im ersten Akademiejahr. Manche Wörter musste ich ihr gar buchstabieren, bis sie sie in ihr kleines Büchlein übertragen hatte! Aber nun ja, sie war Jägerin, keine Schreiberin. Ich will mich da jetzt nicht zu sehr drüber aufregen.

Auch das Schiff war ein, wenn auch nicht unbedingt freudiges, wiedersehen. Der  Esel der Meere, das langsame Schiff mit dem großen Laderaum das uns bereits auf die Zyklopeninseln gebracht hatte, war von Fabrizzio ausgesucht worden seine Güter und uns nach Al’Anfa zu bringen. Was natürlich bedeutete, auf Komfort würden wir diesmal keinen Wert legen dürfen. Hängematte im Frachtraum und eine Kiste waren das höchste der Gefühle. Der neue Kapitän, ein Seebär namens Syronimus mit Plautze, weißem Bart und wettergegerbtem Gesicht wie aus dem Bilderbuch, wollte auch für die Damen seine Kajüte nicht räumen. Ich bezog mit Nandurin und Atzina eine Ecke im Frachtraum, natürlich mit meiner eigenen Hängematte, um wenigstens ein wenig Ruhe zu haben. Dort wären wir auch der Mannschaft am wenigsten im Weg. Sari und Wala hingegen zogen es vor sich an Deck einzurichten und mieden die Enge des Unterdeck. Wobei die winselnde Wala überhaupt erst nach gutem Zureden durch Sari bereit war auf das Schiff zu gehen. Die Kommunikation der beiden zueinander finde ich ja nach wie vor höchst erstaunlich und beobachtenswert!

Unser erstes Essen an Bord war ein simpler Eintopf.  Das Essen fand ob der beengten Verhältnisse im Wechsel statt, aber wir als Passagiere hatten natürlich ein Vorrecht. Aueliane beschwert sich über die Speise, mich wunderte ja das der Schiffskoch ihr ob der Beleidigung nicht gleich den Kochlöffel um die Ohren Hieb, und wollte dann auch nichts davon. Pamina hingegen durfte sich so über eine doppelte Portion freuen. So schlimm war der Eintopf gar nicht. Ordentliche Seemannskost, kein Luxus, aber auch nicht widerwärtig. Es hätte schlimmer sein können. Mit dem breiigen Anteil fütterte ich Nandurin, dem es sogar ganz gut zu schmecken schien. Atzina war es, natürlich, zu lasch gewürzt. Ich glaube, sie schüttete diese Chilis die sie dabei hatte einfach pauschal in jedes Essen, das nicht gerade eine Süßspeise war. Aber den Koch konnte sie davon nicht überzeugen. Ich erbot mich sogar, der Dame Aureliane das Essen etwas schmackhafter zu  machen und fragte sie, nach was ihr Eintopf den schmecken sollte. Immerhin wäre das eine gute Gelegenheit gewesen den Delicioso Gaumenschmauß einmal in der Praxis zu erproben. Aber sie lehnte es nach wie vor rundheraus ab, etwas von diesem „Fraß“ zu sich zu nehmen.

Atzina stellte sich dem  Kapitän dann noch als Medica vor und er nahm ihre Dienste auch direkt in Anspruch. Eine verkrustete eiternde Wunde am Arm plagte ihn, wohl nach einer Rauferei in irgendeiner Kaschemme wie ich mir dachte, aber das war für Atzina ja keine Herausforderung. Zumindest hatte sie danach einen Stein bei ihm im Brett und immer wieder einmal etwas zu tun auf der Fahrt. Den Kapitän darauf hinzuweisen das er sich im Bedarf magischer Unterstützung an mich wenden mochte sparte ich mir aber auf Grund der Offensichtlichkeit meines Erscheinungsbildes.

Irgendwann in dem Gespräch gab mir der Kapitän das Entscheidende Stichwort. Hexe! Da war ja noch etwas! Ich entschuldigte mich und lief umgehend zu Aureliane hinüber, stellte mich vor sie und sah sie durchdringend an. Die Überraschung  stand ihr erst ins Gesicht gechrieben, dann sprach ich die Worte: Odem Arcanum Senserei! Es dauerte gefühlt keinen Herzschlag, da hatte ich ihren Dolch an den Rippen. Nun gut, offensichtlich hatte sie von sowas keine Ahnung und nahm an, das wäre jetzt etwas Bedrohliches. Meine gute Atzina stand dann auch, da sie mich bedroht sah, direkt selbst mit dem Dolch in der Hand hinter Aureliane. Gut, da hatte ich jetzt vielleicht ein wenig zu spontan agiert, diese Reaktion hatte ich nicht voraus gesehen. Auf der anderen Seite, eine mögliche Hexe die man überprüfen will vorwarnen, so dass sie sich tarnen konnte wäre aber auch nicht sinnig gewesen. Aber das Ergebnis war hier eindeutig. Die Aura, latente Magie in rudimentärer Ausprägung, war völlig unzureichend für eine echte Hexe. Mit Sicherheit keine Zauberwirkerin, die jemals eine Ausbildung genossen hatte, ein völlig verkümmertes Potential. Schon wieder! Was machten eigentlich die Akademiewerber den lieben langen Tag, wenn doch offensichtlich allüberall Menschen mit der richtigen Veranlagung herumzulaufen scheinen, und dann doch nicht ausgebildet werden? Hier musste sich dringend etwas ändern! Das brauchte eine klare Struktur, eine Führende Hand. Ich hätte da ja durchaus schon Ideen. Zwangsrekrutierung magisch Begabter zum Dienst. Ausbildungslager für die, deren Potential nicht ganz an das eines echten Magus heranreichen würde. Ganze Kompanien von Halbbegabten unter der Führung echter Magier würde ich aufstellen können denen keine reguläre Armee der Deres gewachsen wäre um eine Magokratie zu untermauern! DAS wäre ein Anblick! Nachdem die Dolche wieder weggesteckt waren, das nur am Rande, erfuhr ich von Aureliane, dass sie solche Dinge wie an der Wand klettern als kleines Mädchen auf einmal konnte. Eher eine gefühlsmäßige Sache. Was waren das für Rabeneltern, die das Potential eines Kindes sehenden Auges verschenkten? Aber auch diese Chance… vertan.

Im abendlichen Sonnenuntergang tummelte sich dann eine Schule Delfine fröhlich neben unserem Schiff, ein gutes Omen für die Reise und ein Schauspiel, das ich mir gerne ansah. Die matrosen des Schiffs hatten dafür jedoch keine Augen, klebten diese doch förmlich an meinen gutaussehenden Begleiterinnen während sich diese auf Deck aufhielten. Zwar konnte ich es durchaus nachvollziehen, aber trotzdem… ungehobeltes Pack.

Wir segelten die Nacht hindurch, und waren am Morgen gutes Stück Richtung Bethana vorwärts gekommen. Jedoch hatte sich über Nacht schlechtes Wetter zusammengebraut. Blitze zuckten und die See war rau. Ich blieb mit Nandurin unter Deck, das schwanken des Schiffs glich die Hängematte wenigstens ein bisschen aus. Faramud hingegen schien das Unwetter sogar zu begrüßen und tanzte mit gezogenen Klingen im Sturm über das Deck – ein Wunder, das er keinen der armen Matrosen dabei aufschlitzte. Die einzige Unbill für mich währenddessen war, dass  Pamina mir unentwegt ein  Loch in den Bauch fragte.

Am Vormittag kamen wir dann in Belhanka an. Die Stadt war auf vorgelagerten Inseln und dem dahinter liegenden Festland errichtet. Der geschäftige Hafen befand sich auf einer bebauten Insel am tieferen Wasser. Eigentlich hatte ich gehofft, maximal mit Atzina diesen Gang zu tun, aber auf meine Frage wer denn mit zum Rahjatempel kommen wollte schlossen sich auch noch Melissa, Aureliane und Pamina an. Unter anderen Umständen hätte ich den Besuch eines Rahjatempels in Begleitung von gleich vier hochattraktiven Frauen durchaus als Erfolg bezeichnet. Aber heute hatte ich ja ein völlig anderes Ansinnen. Wir kamen auch an der Kaschemme  „Heuers Grab“  vorbei, die beim letzten Mal unser Ausgangspunkt war. Atzina sonderte sich hier ab, um einmal einen Blick hinein zu werfen und wollte dann nachkommen. Ich ging weiter zum Tempel, dort erhoffte ich mir deutlich eher einen Kontakt zur Hierophantin der Dornen herstellen zu können. Aber Atzina holt uns noch vor dem, Tempel wieder ein und meinte, Herrin sei nicht dort und wir würden zurück müssen. Melissa,  Pamina und Aureliane waren sichtlich enttäuscht, als ich ihnen eröffnete, dass sich unsere Wege nun doch trennen würden. Nun ja, meine Wirkung auf Frauen ist ja bekannt. Aber sie würden sich mit einem Besuch der hiesigen  Parfümerien wohl über die enttäuschten Hoffnungen hinweg trösten müssen.

Im Heuers Grab war unsere Kontaktperson vom letzten Besuch, Fario, auch wieder da. Sollte diese Kneipe so etwas wie der feste Anlaufpunkt sein? Nun gut. Wir folgten wieder durch den gleichen verwinkelten Weg. Unser Führer versicherte sich, dass uns keiner folgt, war aber schnell zufrieden. Diesmal würde ich mir den Weg einfach einprägen, dann erübrigte sich diese komplizierte Kontaktaufnahme beim nächsten mal. Die Tunnel durch die wir gingen schienen unter den Inseln hinweg zu führen, waren zum Teil recht tief und es dauerte etwa halbe Stunde bis wir unser Ziel erreichten. Am Ende standen wir im gleichen stilvoll eingerichteten Raum wie beim letzten Mal. Die Hierpohantin erwartete uns bereits. Wieder war sie verschleiert aber  gut angezogen. Lediglich ihr goldblondes Haar und die markanten grünen Augen mochten uns einen Hinweis auf ihre Person geben, aber wer war ich, dass ich dieses Geheimnis hätte ergründen wollen?  Ich hatte ganz andere Sorgen.

Virinja,ich  war mir nach wie vor sicher, dass dies nicht ihr richtiger Name ist, begrüßte uns und wusste noch genau, wer wir waren. Kurz schilderte ich ihr mein Anliegen. Der sitzende erhebt sich, die Ratte hebt das Haupt. Die Bedrohung meines Sohnes und meiner selbst. Das Interesse der mysteriösen Dienerin des Namenlosen an dem Zepter aus dem Schatz und der Handel der mir angeboten worden war. Und das ich natürlich keinerlei Intention hatte, dem Rattenkind das zu geben, was es wollte. Aber sie kannte weder das Szepter noch die Priesterin des Namenlosen, was ich aber auch nicht vermutet hatte, das wäre nun ein zu glücklicher Zufall gewesen. Sie versprach, sich zu erkundigen, immerhin hatten wir erneut einen gemeinsamen Feind. Das genügte mir schon. Jede Quelle würde mir am Ende nützen, wenn es zur letzten Konfrontation kommen würde und ich diese Dienerin des Rattenkindes ins Jenseits beförderte. Wir sollten nur Nachricht für Viranja zu Belhanka in den Rahjatempeln auf unserer Reiseroute für Sie hinterlassen, damit sie sollte es Neuigkeiten geben diese nicht Ziellos herumgereicht würden. Es ging durch andere Tunnel zurück, als hin, aber am Ende standen wir wieder am Heuers Grab.

Die Weiterfahrt nach AlAnfa verlief dann regelrecht ereignislos. Als wir unter Praios strahlendem Antlitz endlich in den heimischen Hafen einliefen war es aber diesmal kein beruhigendes Gefühl der Heimkehr, wusste ich doch, das der Aufenthalt nur kurz sein würde. Ich ließ meine Begleiter im Hafen zurück mit der Bitte, sie mögen sich doch um ein Schiff zur Weiterfahrt nach Kunchom kümmern. Schwer würde es ihnen sicher nicht fallen, in dieses bedeutende Handelszentrum gingen quasi täglich Schiffe ab, hier kam es eher darauf an das richtige Schiff zu finden das schnell und bequem genug sein würde. Ich selbst hingegen machte mich auf zur Residenz meiner Familie. Natürlich waren sie hocherfreut Nandurin und mich wohlbehalten wiederzusehen. Aber meine überstürzte Abreise und die hinterlassenen Nachrichten hatten nicht gerade zu ihrer Beruhigung beigetragen, so dass mich nun mehr Fragen erwarteten, als mir lieb war. Aber ich kam nun nicht umhin, sie in die wichtigsten Dinge einzuweihen, auch, weil in der Dienerschaft schon die absonderlichsten Gerüchte und Geschichten kursierten. Alles konnte, und wollte, ich ihnen aber auch nicht erzählen, zu groß war die Gefahr. Das Nandurin vor meiner Abreise von einem Dämon besessen gewesen war hatten sich Vater und Mutter schon zusammengereimt, nicht zuletzt die beschädigte Krippe und der umgeworfene Schrank sowie das Gewäsch der Amme waren nicht zu verheimlichen gewesen. Aber, und damit konnte ich sie ein Stück weit beruhigen, seit dem war nichts mehr vorgefallen, und die Versicherung der von mir zu Rate gezogenen Priester es wäre nur zu bestimmten Zeiten zu fürchten, taten ein übriges. Und damit waren wir schon beim Punkt. Ich nahm meinen Eltern das Versprechen ab, da ich Nandurin nun wieder bei Ihnen lassen müsste, dass sie ihn spätestens in der Woche vor den Namenlosen Tagen auf geweihtem Boden, sei es nun im Tempel der Allweisen Schlange oder des schweigsamen Raben, unterbringen würden um seine Sicherheit zu garantieren. Es bedurfte dann doch noch einiger Diskussion und Überredung mehr, aber am Ende ließ sich insbesondere Mutter darauf ein, genau so zu verfahren. Vaters Skepsis konnte ich deutlich sehen. Aber solange Mutter mir ihr Wort gab hatte ich keine Zweifel, dass es geschah wie besprochen.

Aber natürlich musste ich mich nun erklären, warum ich nicht bleiben und mich selbst darum kümmern konnte. Und da war sie dann doch wieder, die familiäre Stimmung als wir beisammen saßen und ich mein letztes Abenteuer in buntesten Farben schilderte. Sollte mein Vater am Anfang vielleicht noch Zweifel gehabt haben, dass er mich erneut würde gehen lassen waren diese spätestens bei den Worten „Zeforika“ und „Schatz“ zerstreut. Ich konnte nur ahnen was in seiner Stirn vorging. Aber das er bereits überlegte, wie er aus einer Verbindung zu den Zeforikas Kapital schlagen konnte und was ein gefundener Schatz in meinen Händen für die Familie bedeutete war für ihn sicher so natürlich, wie für andere das Atmen. Ich endete mit meiner Erzählung spät in der Nacht und alle außer Vater gingen dann auch zu Bett. Aber eine Unterredung unter 4 Augen mit ihm musste ich noch führen.

„Vater“, eröffnete ich, „es gibt da noch zwei Dinge, die nur Euch und mich betreffen. Das eine ist eine Handelsangelegenheit und ein Dienst für einen Freund, das andere etwas Persönliches.“ Zuerst schilderte ich ihm Fabrizzios bitte, die angekommenen Waren sicher zu verwahren und einzulagern. Mein Vater wäre kein richtiger Händler gewesen, hätte er die sich damit bietende Chance verstreichen lassen. Eine Schiffsladung mehr oder weniger, das war nichts was er in seinen Lagern nicht unterzubringen vermochte. Insbesondere wenn es keine Umschlagsware war an die man sofort wieder heran musste sondern sie dauerhaft in einem hinteren Winkel untergebracht werden konnte. Natürlich würde dafür ein gewisser Mietzins anfallen… aber damit hatten Fabrizio und ich ja gerechnet. Auch Lagerplatz kostete Geld. Aber, und da überraschte mich Vater dann doch wieder, bei weitem weniger, als ich es vermutet hatte. Für einen Freund der Familie und guten Geschäftspartner, meinte er, könne man da schon einmal etwas entgegenkommen zeigen. Und die Wachen wären ja so oder so zu bezahlen, egal ob dieser Lagerplatz nun belegt sei oder nicht. Eh-da-Kosten nannte er es dann, oder so. Er war auf jeden Fall fürs erste mit meinem Wort zufrieden, dass ich hier in Fabrizzios Namen sprach und wir uns einig waren. Den Rest würde er per Depesche mit Fabrizzio klären. Und wegen der Bezahlung brauche er sich ja nicht zu sorgen, immerhin lägen ja die Waren schon wie auf dem Präsentteller zur Not als Pfand in seinem Lager, mehr Sicherheit könne er sich ja gar nicht wünschen. Eigentlich, dachte ich im Nachhinein, hätte ich mir einmal die Frachtliste ansehen sollen. Ein wenig Neugierig was Fabrizzio denn nun hierher geschafft hatte war ich jetzt doch am Ende. Aber sei es drum, ich hatte jetzt anderes zu tun.

Dann bat ich Vater, sich zu setzen und den zweiten Teil bei einem weiteren Glas Wein zu besprechen. Ich eröffnete ihm, ohne lange drum herum zu reden, dass ich nun meine Schulden bei ihm bezahlen würde und legte ihm die vorher abgezählten Pfandbriefe der Nordlandbank auf den Schreibtisch. Sichtlich überrascht fiel er in seinem Sessel zurück. 425 Dublonen waren zwar kein Vermögen, aber auch nichts womit man scherzte. Auf seinen zweifelnden Blick hin erläuterte ich ihm kurz meine Übereinkunft mit Fabrizio. Und das dies nicht bedeutete, dass ich nicht weiter in seinen Diensten stehen wollte oder würde. Aber das hatte ich ihm ja bereits geschrieben. Nein, es ging mir lediglich darum, mit ruhigem Gewissen das Haus verlassen zu können, so ich es denn  als notwendig erachtete. Aber, und das versicherte ich ihm, allein schon weil nur hier bei der Familie ich Nandurin als wohlbehütet wusste und ich niemals Mutter und Geschwister im Stich lassen konnte, würde ich immer wieder in seine Dienste zurückkehren auch ohne weiteren Lohn , solange denn meine und Nandurins Versorgung und Unterkunft sichergestellt sei. Das beruhigte ihn zumindest dahingehend, dass er seine „Investition“ in meine Ausbildung nicht verlor und meiner Dienste weiter Gewiss sein konnte. Wobei ich mir sicher war, er hätte dieses kleine Druckmittel der Schulden gerne noch weiter in der Hinterhand gehabt. Aber mit welcher Begründung hätte er einem Schuldner die Rückzahlung denn verweigern wollen? Das waren ja nun einmal der Sinn der Sache, dass man diese dem Gläubiger früher oder später erstattete. Innerhalb der Familie war das natürlich etwas komplizierter, aber im Grunde doch das Selbe. Also konnte ich mich Vater gegenüber zumindest dieser Pflicht als enthoben betrachten, worauf wir zum Ende doch noch anstießen. Ich denke, er wird sich schnell in diese neue Situation einfinden. Der alte Fuchs war schon immer höchst anpassungsfähig gewesen. In Fabrizzios Schatulle, die nun ebenfalls bei Vater Verwahrung fand, legte ich noch meine ihn betreffende Nachlassregelung im Austausch für die entnommenen Schuldscheine. Soweit ich meine Schulden noch nicht abgetragen hatte mochte er sich aus meinem Nachlass, wenn mir etwas wiederführe oder ich verschwände, die magische Pfeife in meinem Zimmer nehmen und verkaufen, und was dann noch an Schulden übrig blieb mit dem Verkauf eines oder mehrerer meiner Bücher decken. Der Rest meiner Habe sollte dann an Nandurin gehen. Viel mehr von Wert besaß ich ja ohnehin nicht, wie mir bedauernd bewusst wurde. Im Grunde, und dabei seufzte ich, war ich wenn man meine Schulden und meine Habe gegeneinander aufrechnete, war ich immer noch ein mittelloser armer Schlucker.

Den nächsten Morgen verbrachte ich noch einmal mit Mutter und Liliana, wussten wir doch alle, dass ich nun wieder fort musste. Ich drückte Nandurin noch einmal an mich, ungewiss, wann ich ihn wieder in den Arm nehmen konnte oder ob ich überhaupt von dieser Fahrt heimkehren würde. Die Gefahren waren ungewiss. Und so optimistisch wie ich sonst war, gab ich mich doch nicht dem Wahne hin unverwundbar oder unsterblich zu sein. Jeder Tag den ich diesen Weg ging war ein Geschenk der Götter, und die konnten auch launisch sein und jederzeit ihre Gnade verweigern. Nun also galt es. Kunchom und Fasar. Ich war gespannt auf diese Städte – die eine ob der AlAchami berühmt in Magierkreisen, die andere berüchtigt für ihre Akademien, die die Freiheit der Lehre noch weiter fassten als unser eigenes Institut und das ungeregelte Leben in der Stadt. Ich hatte sogar extra noch einmal die entsprechenden Passagen im Leitfaden des wandernden Adepten in der Nacht nachgeschlagen, um zumindest ein wenig vorbereitet zu sein. Aber die Hinweise waren, im besten Fall, als dürftig zu bezeichnen.

Auch meine Gefährten, hier besonders Melissa, Aureliane und Atzina, waren nicht untätig geblieben. Sie hatten uns direkt für den späten Nachmittag eine Passage auf einer unter Kunchomer Flagge segelnden Zedrakke gebucht die uns an unser nächstes Ziel bringen würde. Diesmal sogar mit einer vernünftigen Unterbringung in eigens dafür abgeteilten Quartieren. Am frohesten über unsere Rasche weiterfahrt dürfte wohl Sari gewesen sein, auch wenn sie Schiffe nicht mochte. Aber der Aufenthalt selbst nur ihm Hafenviertel Al’Anfas, immerhin der zweitgrößten aber dafür erstschönsten Stadt Deres, ohne die Möglichkeit die Stadt zu verlassen und hinaus zu fliehen wie in Bethana, hatte sie regelrecht in einen katatonischen Zustand versetzt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie noch nie zuvor im Leben so viele Menschen auf einem Platz gesehen hat – und vielleicht auch nie wieder sehen wird. Zumindest wenn es nach ihr geht. Für die Fahrt brauchte unser Schiff gute 2 Wochen, auch wenn die Aufenthalte unterwegs so gering wie möglich gehalten wurden. Aber der Kapitän vermied es nach Möglichkeit, also in Küstennähe, bei Nacht zu fahren. Nur auf offener See und wenn es nicht bewölkt war wagte er es auch unter dem Sternenhimmel zu segeln. Zu gefährlich, meinte er, seien die Riffe an der Küste oder die Gefahr, sich des Nachts zu verfahren, wenn es keinen Orientierungspunkt gäbe. Ob uns da wohl die Navigationskünste der Visari geholfen hätten. Fast hätte ich Faramud gefragt, wie weit er mit diesen Geheimnissen bereits gekommen ist, aber, so erinnerte ich mich, er war ja immer noch auf der Suche. Nichtsdestotrotz erreichten wir Khunchom. Und schon bei der Einfahrt in den Hafen sah ich, dass diese Stadt, quirlig und pusierend, wie aus den Märchenbüchern von 1001 Rausch entsprungen war. Fasar hin oder her, ich hoffte, zumindest ein paar Tage würden wir hier verweilen können.

Unser Schiff traf nach einer ruhigen und diesmal deutlich komfortableren Reise am 25. Efferd in Khunchom ein. Es war später Nachmittag als ich die beeindruckende Festung und , die hohen hellen Mauern mit den vielen Türmen das erste Mal am Horizont erblickte. Je näher wir kamen und erkennen konnten, umso beeindruckender bot sich uns die Kulisse dar. Eingerahmt von einem breiten, sich träge dahinwälzenden Strom, dem Mahanadi soweit ich wusste, schien die Stadt alle versprechen zu erfüllen, die ich in den Geschichten über sie gehört hatte. Ich war schon richtig unruhig, meine Neugier ließ sich nur schwer im Zaum halten. Bei Hesinde und Aves, soweit östlich wie heute war ich bisher noch nie in meinem Leben gewesen!

Noch während wir vom Deck des Schiffes aus das beeindruckende Panorama vor uns betrachteten, sprach Faramud etwas an, dass auch mich schon umgetrieben hatte. Ich selbst hätte als gebildeter Mann da natürlich keine Probleme, aber wer von meinen Begleitern mochte in diesen fremden Landen vielleicht mit einer Sprachbarriere zu kämpfen haben, sich nicht richtig verständlich machen können? Lustigerweise bezeichnete er das Tulamidiya in seiner blumigen Ausdrucksweise als „Die Sprache aller Sprachen, was mich doch etwas schmunzeln ließ. Weiß doch jeder, dass damit im wahren Kern nur das Bosparano  bezeichnet werden konnte, aber auf dieser Seite des Kontinetns schien man das ein wenig anders zu sehen. Meine Befürchtungen waren aber völlig unnötig. Natürlich, Atzina beherrschte in ihrem maraskanischen Dialekt das Tulamidia ebenso gut wie das Garethi – wobei man in beiden Sprachen zwar Abschläge bei der Eloquenz zugunsten der Sprechgeschwindigkeit hinnehmen musste. Aber sie kommt zurecht. Die edlen Damen Melissa und Aureliane hatten offensichtlich die Praiostagsschule auch nicht geschwänzt. Und selbst Pamina wusste sich ganz ordentlich auszudrücken, würde also auf den Sprachen auch keine Probleme haben durchzukommen. Ich war angenehm überrascht! Nur Sari, aber das war ja zu vermuten, hatte mit dieser Zunge noch keinerlei Berührungen gehabt und sah uns nur verständnislos an, als wir auf einmal munter Worte in der für sie so fremden Sprache austauschten. Ein Eichhörnchen das seine vergrabenen Nüsse nicht mehr fand hätte kaum ratloser dreinschauen können…

Faramud warnte unsere Damen dann, sollten sie es insbesondere in Fasar mit einem echten Novadi zu tun bekommen, sie mögen sich doch bitte vorsehen. Zum einen, weil diese wohl sehr eigen seien bei der ungelenken Benutzung der Sprache durch Fremde, zum anderen, weil Frauen, er benutzte hier das Wort Weiber, wohl an sich nichts zu sagen hätten. Das wunderte mich eh. Er hatte einige der uns begleitenden Damen schon mehrmals, auch in rüdem Ton wie ich fand, mit „Weib“ angesprochen. Melissa die Zeforika ausgenommen, die sprach er regelmäßig respektvoll nur als Saba, also Herrin, an. Das ihm keine der anders titulierten bisher eine aufs Maul gegeben hatte  oder sich zumindest beleidigt fühlte, war mir etwas schleierhaft. Aber nicht meine Sache, die Damen waren alle alt und groß genug um selbst zu entscheiden, ob sie sich das gefallen lassen wollten oder nicht. Ich erlaubte mir dann, eher im Spaß, die Frage an Faramud, ob er auch die Mutter der Sprache aller Sprachen beherrschte. Man mag sich meine grenzenlose Überraschung ausmalen, als er mir daraufhin in zwar schwerem, aber verständlichem Ur-Tulamidia antwortete. Mindestens ebenso überrascht schien er dann davon, dass ich dies ebenfalls beherrschte, auch wenn ich zugebe, dass mein Wissen in dieser Sprache bei weitem nicht ausreichen würde um ein komplexes magisches Schriftwerk vollständig zu entziffern. Dieser Bursche verbarg mehr Geheimnisse, als ich gedacht hatte.

Unser Schiff lief dann  zur  5. Stunde des Abends in den, ich gebe es zu, ziemlich großen und sehr geschäftigen Hafen Khunchoms ein. Hier war kaum weniger los, als in meiner Heimatstadt, auch wenn Al'Anfa natürlich deutlich größer war. Aber der Hafen hier schien ein Umschlagplatz für Waren aus aller Herren Länder zu sein, ein Knotenpunkt für den Handel. Und damit sicher ein wesentlicher Beitrag zum offensichtlichen Wohlstand der Stadt. Wir waren mit unserer Habe kaum von Bord, da stellte sich die Frage wohin wir nun gehen sollten. Atzina war, wie sie meinte, schon mehrmals hier gewesen. Und die Frage der angemessenen Unterkunft wurde andiskutiert. Ihre erste Empfehlung, den „Palast der Sinnesfreuden“  nahmen wir auf, bis sich doch bald herausstellte, dass dort wohl in erster Linie Liebesdienste zumindest im Angebot keine unwesentliche Rolle spielten. Sari und Pamina, denen ob des Gedränges an Menschen und der mannigfaltigen Sinneseindrücke schon wieder der Angstschweiß auf der Stirn stand, ließen sich sowieso nicht dazu überreden mit uns ein Hotel aufzusuchen. Lieber wollten Sie, wie schon wiederholt geschehen, vor der Stadt kampieren und uns im Morgengrauen am Westtor treffen. Und weg waren sie… Die zweite Unterkunft die uns dann vorgeschlagen wurde, das Haus „Erhabener Mahanadi“ war dann anscheinend etwas mehr nach Melissas Geschmack.

Die Dame Zeforika disputierte dann mit mir über den weiteren Weg. Als ob ich hier in der Gegend schon einmal gewesen wäre… aber vernünftige Alternativen boten sich ja wohl nur zwei. Mit dem  Flussschiff den Mahandi hinauf? Ich persönlich war absolut dafür. Das mochte vielleicht langsam uns sogar ein Umweg sein, aber Eile war bis gerade eben ja auch kein Thema gewesen. Ich plädierte also heftig dafür! Dagegen sprach allerdings, das wohl mindestens Sari und ihr Wolf nicht auf das Schiff steigen würden, wenn sie die Möglichkeit hätten nebenher zu gehen. Aber das wäre ihr Problem. Allerdings legte Melissa mit einem mal einen erstaunlichen Drang an den Tag unsere Reise zu beschleunigen. Wusste sie etwas, das ich nicht wusste? Sie schlug sogar allen Ernstes vor auf die Ratte Maurice zurückzugreifen! Das lehnte ich aber mit einem kategorischen  „Nein, niemals“! ab. Zumindest nicht ohne Not sollten wir uns auf dieses Vabanquespiel nicht noch einmal einlassen. Am Ende landeten wir statt in Fasar in einer Oase der Khom oder sonstwo!  Ich äußerte dann leichtsinnigerweise, dass ich dann sogar lieber Laufen würde. Und das war es dann auch schon. Die örtlichen Reisemöglichkeiten nannten sich Karawanen, also eine Art Handelszug. Aber noch ging ich davon aus, dass wir zumindest eine Kutsche nehmen oder mindestens auf irgendwie geartete Reittiere zurückgreifen würden. Aber das war nun das nächste, um das es sich zu kümmern galt.

Auf Weg zur vorgeschlagenen Unterkunft überfluteten uns die  vielen Eindrücke Khunchoms regelrecht. Nun gut, ich selbst komme aus einer Stadt die ja noch bei weitem größer ist und verkraftete dieses bunte Potpourri recht gut. Trotzdem, die vielen Gegensätze die sich hier dicht an dicht mischten, reich und arm nah beieinander, Menschen aller möglichen Kulturen vom Mittelländer bis zum Wüstenmensch, Maraskaner und Waldmenschen, selbst vereinzelte Nordländer traf man in den staubigen Straßen. Sprachen und Dialekte mischten sich zu einer beständigen Kakophonie, überlagert durch das allgegenwärtige blumige Tulamidia der Einheimischen die in einer lautstärke sprachen, dass man beständig den Eindruck hatte mordlüsterne Irre würden ihren Streit auf offener Straße austragen. Kein Wunder das unsere tierischen Begleiter mit hängenden Ohren neben uns her trotteten. Aber überall brodelt die Stadt vor leben. Ein kultureller Schmelztiegel im wahrsten Sinn des Wortes. Um hier aufzufallen musste man schon besonders exotisch sein.

Als wir das „Alter Mahanadi“ erreichten bot sich uns ein überaus gepflegtes, ehrwürdiges Haus. Schon von außen sah es nach viel Geld und teuer aus; ein Diener im engen Kostüm, sprach mich an, hatte ich doch noch die schwarze Robe übergeworfen und er hielt mich  wohl für den Ranghöchsten unserer Reisegesellschaft. Ich wollte mir gar nicht vorstellen welche Rollen er bei unseren in hautengem Leder gekleideten Damen annahm. Und für Faramud hatte er nur einen sehr abschätzigen Blick übrig. Ob wir hier schlafen wollten. war seine Frage, die ich natürlich bejahte und wir dann, nicht ohne einen erneuten Blick in Richtung von Faramud, eingelassen wurden. Melissa buchte dann an der schmuckvollen Holzrezeption für uns Räume. Wer zahlt, hat auch das sagen. Es gäbe allerdings nur Einzel- und Doppelzimmer. In einem Anfall von Protzentum meinte die Dame Zeforika, anscheinend um die Angestellte zu beeindrucken, natürlich nähmen wir alle ein Einzelzimmer. Allerdings insistierte Aureliane, wohl wegen irgendwelcher Sicherheitsbedenken sie und Melissa sollten doch lieber ein Doppelzimmer nehmen. Wo, frage ich, waren den diese Bedenken bisher? War irgendetwas vorgefallen, dass sie mir verschwiegen hatten? Es war doch alles in bester Ordnung… Aber gut. Oder hatte Aureliane andere Absichten? Hatte sie etwa ein Auge auf Melissa geworfen? Aber das wäre etwas, was nur die beiden anging… Jedes Zimmer verfügte über eine Badewanne die wir gerne in Anspruch nahmen nach der langen Schifffahrt. Das Essen war exquisit: Man bot uns Fasan nach Khunchomer Art und einen lokalen, süßen, schweren Wein. Und danach ließ Atzina eine Wasserpfeife mit Arangentabak auftragen. So konnte man es aushalten! Kein Vergleich zur Bauernkost auf dem albernischen Junkersgut. Auch meine Robe ließ ich vom Personal reinigen. Auf einer staubigen Straße hier im Süden und auf dem Weg nach Fasar würde ich wohl auf das schlichtere Reisegewand zurückgreifen. Man stelle sich vor wir würden von irgendwelchen alhanischen Banditen überfallen. Das wir sie zurückschlagen würden war ja keine Frage. Aber einen erneuten Säbelstreich über die Brust der mir das gute Stück verschandelte, darauf konnte ich gut verzichten!

Die Bedienstete am Empfang fragte uns dann auch sehr freundlich nach dem Dauer unseres Aufenthalts und dem Ziel unserer Reise. Als wir ihr mitteilten, uns zöge es nach Fasar runzelte sie die Stirn. Die Weiterreise nach Fasar wäre aktuell etwas schwierig. Es hatte anscheinend kürzlich etwas stattgefunden, dass hier als 35-Tage-Krieg bezeichnet wurde Wunderbar… von einem Kriegsgebiet in das nächste. Gab es denn derzeit auf Dere kein ruhiges Fleckchen mehr? Am Fluß und der Straße entlang gäbe es nun nach dem Ende der Kreigshandlungen marodierende Söldner und Banditen aus aufgelösten Heerhaufen die sich anderweitig ein Einkommen suchten – als Straßenräuber. Das hörte sich tatsächlich nicht gut an. Zwar waren wir nicht völlig wehrlos, aber ich wollte es sicher nicht drauf anlegen das wir allein einem verzweifelten Haufen abgerissener Gestalten als finanzieller letzter Ausweg dienen würden. Es blieb wohl nichts anderes übrig als sich einem Handelszug anzuschließen.  Eigentlich, so wagte ich einzuwerfen, sei dies noch ein Grund mehr auf dem Fluss zu reisen. Denn welche Räuberbande, die Reisenden auf der Straße auflauerte, verfügte schon über ein Boot um spontan als Flusspiraten tätig zu werden? Aber mein Apell verhallte ungehört. Ich zog mich dann um, meine Robe sollte ja gesäubert werden und wir mussten uns nach einer Reisemöglichkeit umhören. Der Kamel- und Sklavenmarkt könnte hier der passende Ort sein meinte Atzina. Also gingen wir dorthin.

Auf dem Weg trug sich dann noch eine absolute Ungehörigkeit zu. Man merkte sofort, dass es hier keine schwarzmagische Akademie gab sondern nur die verweichlichten Greise der grauen Gilde. Ich erhielt einen Schubs von einem Kind in den Rücken, das mich offensichtlich ablenken wollte während ein anderes Kind mir in die Robe langte um nach meinem Geld zu angeln. Natürlich merkte ich das, meine Sinne waren ja schärfer als die eines Luchses. Ich wand mich dem mickrigen, dreckigen Gossenkind zu, verfehlte aber beim zugreifen seinen Arm: „Bürschlein, was erdreistest Du Dich!“, brachte ich noch hervor, bevor die kleine Kröte wegrannte. Auf eine Verfolgung verzichtete ich aber angesichts des Gedränges auf der Straße. Daheim hätte sich niemand aus dem Fana so eine Ungeheuerlichkeit erlaubt. Die hätten genau gewusst, dass sie ob einer solchen Dreistigkeit als Probanden für Experimente in den Akademiekellern verschwunden wären!

Der Markt befand sich schon im Abbau. Aber einer der Händler, ein Kerl namens Hablet el shakir biedert sich dennoch an. Der Mann war von solch enormer Schleimigkeit, da wäre sogar eine Kröte auf der ausgelegten Spur ins Rutschen gekommen. In blumigsten Worten und einem kaum einmal zum luftholen versiegenden Redeschwall wollte er uns Sklaven für nur 60 Dukaten und die besten Kamele für 250 Dukaten verkaufen. Faramud mischte sich da freundlicherweise ein, solcherlei Verhandlungen schienen ihm bekannt zu sein und zu liegen. Außerdem schien er  sich sogar mit vollgesoffenen Kamelen auszukennen.  Etwas ratlos folgte ich dem Wortgefecht das nun folgte und er drückte den Preis des Händlers sogar noch um einiges herunter, das fand ich sehr erstaunlich. Allerdings hatte ich ja überhaupt nicht vor mich mit einem stinkenden und sabbernden Kamel zu belasten, geschweige denn mir hier einen Sklaven zu kaufen. Was sollte ich denn damit! Am Ende blieb ein fluchender Händler zurück der hinter uns her schimpfte weil kein Geschäft zustande gekommen war. Allerdings wussten wir nun, dass nicht der Markt sondern eine der Karawansereien vor dem Tor wohl der bessere Anlaufpunkt für unser Anliegen sein würde.

Am Tor angekommen stellte sich die Frage herauszugehen. Den raus würde man wohl  ja kommen,  ein späteres reingehen wäre aber nicht mehr möglich. Ich ging noch kurz die Optionen durch, wollte ich doch auf keinen Fall mein gutes Zimmer im Hotel gegen einen verlausten Strohsack in so einer Karawanserei eintauschen. Ich würde ja mit Faramud mittels Transversalis zurück in die Stadt kommen können, auch wenn das natürlich immer ein gewisses Restrisiko barg. Aber meine Gedanken wurden rasch unterbrochen, den Faramud schien mir meine Zweifel angesehen zu haben und erbot sich freiwillig alleine zu gehen. Ich sollte nur seine Sachen morgen früh mitbringen, wir würden uns am Tor vor Morgengrauen wieder treffen, wenn üblicherweise die Karawanen aufbrachen. Diesmal war ich ihm sogar richtig dankbar. Der Bursche hatte nicht nur ungeahnte Qualitäten, sondern konnte anscheinend wenn er wollte auch regelrecht einfühlsam und auch nützlich sein. Wenn er sich weiterhin so bewährte, würde ich meine Meinung über ihn wohl noch einmal gründlich überdenken müssen.  Im Geiste machte ich mir einen kleinen Vermerk, ihm deutlich mehr Chancen einzuräumen, sich hervortun zu können.

Zurück im Hotel wollte ich zunächst auf den Zimmern Bescheid geben, dass uns ein früher Aufbruch bevorstand. Melissa sah gerade den Schlüssel  an als ich zu ihr kam, versuchte gar ihn zu verstecken, lies es aber sein als sie merkte das ich es war. Sie wirkt gedankenverloren. Anscheinend hatte sie Angst, dass wir als ihre Begleiter die Geduld verlieren würden. Wie goldig! Wir waren doch gerade einmal ein paar Wochen unterwegs! Jetzt schon unsere Loyalität in Zweifel zu ziehen machte mich  fast traurig. Ich beruhigte sie dann. Meine bedingungslose und geschworene Unterstützung hatte sie – sie konnte ja auch nicht ahnen, dass es für mich noch um weit mehr ging als nur um Gold. Und für die Sicherheit meines Juniors hätte ich sie auch Jahre begleitet. Und atzina würde sicher nicht von meiner Seite weichen. Sari hatte ja ihre eigenen Interessen unverhohlen klargemacht und zog Faramud mit. Und Aureliane würde ihren Auftrag sicher auch nicht vorzeitig beenden. Und Pamina… nun gut. Wir hatten ohne sie begonnen und würden die Queste sicher auch ohne sie abschließen können, aber ich denke, sie wäre ohne uns in diesen fremden Landen ziemlich verloren und würde alleine schon deshalb bei uns bleiben.

 Melissa erteilte denn auch den Auftrag zum frühen Wecken. Atzinas Zimmer war zu meiner Überraschung leer, aber sie wollte ja in den Rur und Gror Tempel zum Beten und Klatsch austauschen. Bei Maraskani, so dachte ich mir, konnte dieser Austausch dann sicher auch einmal länger dauern. Sie würde schon rechtzeitig wieder da sein. Insofern sorgte ich mich nicht. Allerding war ich noch überraschter, als ich sie in meinem Zimmer auf dem Bett sitzend vorfand. Ihr war nach dem Tempel  aufgelauert worden und wurde sogar leicht vergiftet. Eine Botschaft, dass ihre Zeit ablaufen würde. Das war nicht gut… wir würden nun tatsächlich auf der weiteren Reise vorsichtig sein müssen. Andererseits… wenn wir vorsichtig genug waren und uns nicht überraschen liesen konnten uns diese Attentäter gar keinen größeren Gefallen tun, als zu uns zu kommen. Dann musste ich sie nicht erst mühsam suchen. In Gedanken ging ich schon einmal alle magischen Schutzvorkehrungen durch, die wir an der Akademie gelernt hatten. Atzina hatte Glück! Immerhin war ich ausgebildeter arkaner Personenschützer. Was wollten dann so ein paar maraskanische Assassinen dann schon für Probleme bedeuten? Die waren ja nicht die Hand Borons. Trotzdem schlief Atzina heute bei mir im Zimmer und nicht in ihrem eigenen, rein vorsichtshalber. Sie fühlte sich offensichtlich derzeit wirklich nicht so sicher. Also waren aus anfänglichen 5 Zimmern nun doch nur 2 genutzte geworden…

Wir wurden wie gewünscht früh geweckt und erhielten ein reichliches Frühstück mit Kaffee das wir noch einmal so richtig genossen. Bald würde es sicher nur noch Dörrobst, Kamelmilch und ähnliches geben. Faramuds Gepäck nahmen wir natürlich mit, auch meine Robe war aus der Reinigung zurück. Sogar ein  Träger des Hotels begleitete uns zur Karanwanserei um mit dem Gepäck zu helfen. Mit Service, das muss ich sagen, kannten sich die Tulamiden offensichtlich aus. Wir verliesen Khunchom noch vor der Toröffnung durch die Mannpforte. Faramud wartete bereits wie vereinbart. Und aus dem Morgendunst des Mahanadi schälten sich 2 Gestalten und 2 Tiere. Damit waren wir wieder vollzählig. Allerdings, so teilte uns Faramud mit, hätten wir noch 2 Stundengläßer Zeit. Er habe eine kleine, feine Karawane gefunden unter der Führung eines Mannes namens Machmud ibn Fahami. Atzina hatte für die gleiche Karawane eine Empfehlung  im Tempel erhalten, anscheinend waren einige Exilmaraskaner Teil dieses Handelszuges. Ob ich das nun gut fand war ich aber nicht sicher, mochten doch genau auf diese Art ihre Attentäter leichten Zugang zu uns erhalten. Zu allem Überfluss mussten wir auch noch Laufen statt Reiten oder in einer Sänfte reisen zu können. Empörend! Vielleicht 2 Wochen zu Fuß über staubige, holprige Straßen unter der heißen Sonne des Südens. Ich bedauerte schon wieder, nicht stärker auf einem Flussschiff bestanden zu haben…

Der Karawanenführer merkte dann noch an, er würde es vorziehen wenn ich meine schwarze Robe anlegen würde, das wäre auf Strauchdiebe sicherlich abschreckender. Aber auch ihm erläuterte ich, dass ich vorübergehend das graue Reisegewand vorziehen würde. Er ging ja auch nicht in seinen Praiostagskleidern auf Reise. Ich seufzte. Das würden zwei unerfreuliche Wochen werden… und ich hatte noch nicht einmal die Gelegenheit gehabt die berühmte AlAchami von Khunchom zu besichtigen. Eigentlich hätte ich dringend die Kollega dieser Akademie besuchen wollen um eine Abschrift der Ringkunde für Fortgeschrittene zu erwerben. Wenn nicht hier, wo dann? Aber nicht einmal dafür war Zeit geblieben. Abgesehen davon, dass meine Barschaft derzeit für so eine Anschaffung tatsächlich etwas unzureichend sein dürfte. Aber trotzdem… ärgerlich!

Wir waren noch nicht losgelaufen, da nahm Atzina uns beiseite. Die Begebenheit der letzten machte ihr wohl doch mehr Sorgen, als sie sich anmerken lies.  Dabei war doch noch gar nichts passiert. Trotzdem bat sie uns, verschleiert und tulamidisch gewandet wie sie nun war, sie nicht mehr Atzina zu nennen. Stattdessen sollten wir sie Sefira Sahelsuni rufen. Auf Nachfrage der Anderen meinte sie nur, sie hätte hatte nachts unerfreulichen Besuch gehabt, ging aber nicht weiter ins Detail, so das nur ich die genauen Umstände kannte. Aber bei ihrem  Ableben sollten wir sie nach maraksanischer Art beerdigen. Auf meine Frage was das den genau bedeutete begann sie mit umfangreichen Ausführen zur  Aufbahrung mit Blumen, durch Stadt getragen werden, das Ableben laut verkünden und in einem Tempel 16 Ratschläge und 16 Forderungen an den Toten mitzugeben. Alles in allem anscheinend recht aufwendig und ermüdend, was die Maraskani mit ihren Toten trieben. Auf eine eher scherzhaft von mir gemeinte Frage sagte sie sogar, ihr ist es egal was mit altem Körper geschieht, weil sie ja sowieso wiedergeboren würde. Boron reinigt den Geist, Tsa gebiert ihn neu. Völlig verrückt diese Maraskani. Aber immerhin, sie hatte nichts dagegen, das wäre vielleicht dann meine erste Totenbelebung mittels Nephazz! Nur Faramuds drohender Blick hielt mich zurück meine Pläne näher auszuführen.

Der Karawanenfüher dem wir nun folgen würden stellte sich uns kurz darauf vor. Sein Name war Abu ibn Rohal. Was für ein Hohn, den Namen eines der größten Zauberer und Gelehrten aller Zeiten an einen einfachen Kameltreiber zu verschwenden. Ich meine, wenn er jetzt wenigstens ein tulamidischer Zauberer gewesen wäre, einverstanden. Aber das? Das war ja fast schon so etwas wie Majestätsbeleidigung! Diese Tulamiden hatten  offenbar wenig Sinn für das was angemessen war. Er gab uns dann eine kleine  Einweisung zum richtigen Verhalten während des Zuges. Insbesondere Sari sollte mit dem Wolf bitte etwas Abstand halten von den Kamelen und lieber hinterher gehen. Aber das würde kein Problem sein. Ich würde mich da auch lieber bei ihr halten als bei diesen stinkenden und sabbernden Viechern. Von vorne erscholl ein helles Horn, offensichtlich das Signal zum Aufbruch.

Pamina reichte mir dann beim losmarschieren noch ein Paar Hasenohren, die anscheinend bei ihrer letzten Jagd abgefallen waren. Nun ist das erbeuten von ein paar Hasenlauschern wahrlich keine Heldentat, aber damit zeigte sie auf jeden Fall einen erfreulichen Einsatz und das sie meinen Auftrag auf ihre Art durchaus ernst nahm. Die Ohren hängte ich zum Trocknen an den Esel, der uns von Abu (ich weigere mich, ihm den Ehrentitel Rohal auch nur als Name zuzugestehen!) als Tragtier für die Reise zugewiesen worden war. Und natürlich konnte Pamina ihre kindliche Neugier nicht zügeln und wollte unbedingt wissen, wofür ich denn Hasenohren bräuchte. Ich hatte schon eine spitze Antwort auf der Zunge für diese unangebrachte Neugier. Aber hier wäre, ich seufzte innerlich, jeder Scherz oder Sarkasmus verschwendet gewesen. Sie meinte es ja nicht böße! Und verstanden hätte sie es wohl auch nicht. Also sagte ich ihr einfach die Wahrheit, war diese doch ziemlich unverfänglich. Hasenohren waren ja nur eine simple Zutat für Angstgift. Und, so teilte ich ihr mit, gerne dürfe sie mir auch noch mehr bringen, bevor ich sie mit 2 Hellern entlohnte.

Um die Schilderung der Reise nicht zu sehr ausufern zu lassen, die zugegebenerma0ßen zunächst auch wenig ereignisreich war, kürze ich nun etwas ab. Wir verließen irgendwann das mückenverseuchte das Delta des Mahanadi. Bemerkenswert war nur der  viele Verkehr von und nach Khunchom, der die Bedeutung der Stadt unterstrich. Wir rasteten üblicherweise während der Mittagshitze, meist an bereits bestehenden Lagerplätzen an denen es Parzellen und Pflöcke für die Tiere gab. Abu lud uns zum Speisen mit den anderen Teilnehmern der Karawane ein. Einmal gab es sogar etwas zu schmunzeln, denn Abu warnte uns noch vor einem besonders bissigen Kamel, ein räudiges Tier das sie Shila nannten, welches auch prompt nach Faramud schnappte. Der Wüstensohn erstaunte mich dann ob seiner stoischen Gelassenheit. Anstatt dem Vieh eine zu verzimmern begann er in ruhigem Ton auf das Tier einzureden und schien sogar noch Respekt vor dem bockigen Mistding zu haben. Das soll mal jemand verstehen!

Das Essen war dann noch eine ganz eigene Sache, kannte ich ja bisher die hiesigen Gepflogenheiten nicht was das betraf. Meine Annahme, man würde sich wie in zivilisierten Landen eine Schale nehmen und seinen Brei oder Suppe löffeln wurde schnell zunichte gemacht. Am Feuer buck man Fladen und in einem großen Topf wurde ein einfacher Brei gemacht. Dann nahmen alle im Kreis auf ausgelegten Teppichen Platz. Mit den noch weichen Fladen langte dann einfach jeder in den Topf und löffelte solchermaßen Hirsebrei aus dem Pot. Ich will mir gar nicht ausmalen, was für Schmutz dabei ins Essen geraten mochte! Ich bräuchte dringend eine eigene Schüssel! Atzina würzte den Brei dezent nach, kochen konnte sie ja ganz ordentlich. Zumindest der Geschmack war dann für so ein einfaches Mahl annehmbar. Sogar einen Schlauch mit Dattelwein ließ man kreisen und Atzina bot jedem der wollte an von ihrer Pfeife zu ziehen.  Wir hätten doch das Flussschiff nehmen sollen…

Abu frage uns, was wir den in Fasar zu tun gedachten. Auch hier blieb ich, zumindest weitgehend, bei der Wahrheit. Wir würden  Möbel kaufen wollen. Fatalerweise war sein Bruder, Schwager oder Onkel anscheinend Schreiner der uns alles herstellen würde ws wir bräuchten, und falls wir nicht fündig würden sollten wir doch auf den Yol Ifritiim. Das musste wohl ein Stadtteil sein. Dort gäbe es tagsüber fliegende Händler, leere Ruinen bei Nacht. Ich wunderte mich nur über den Namen. Einen Stadttei Dämonenhügel zu nennen hätte woanders direkt die PRaioti auf den Plan gerufen. Aber wir suchten ja ein bestimmtes Mögelstück. Einen großen Thron aus Mohagoni mit überaus breiter Sitzfläche. Ich verkniff mir Melissa zu Fragen, ob ihr Vorfahr so einen dicken Hintern gehabt hatte, oder warum sie die Sitzfläche so heraushob? Aber Abu verlor schnell das Interesse am Thema und wandte sich vielmehr meinen hübschen Begleiterinnen zu. Was heißt zuwenden, er baggerte die Damen regelrecht an! Natürlich ging keine davon auf die primitiven Angebote eines blumig dahersülzenden Kameltreibers ein. Aber etwas irritiert war ich schon ob der Dreistigkeit! Nachdem er irgendwann einsah dass er keinen Stich landen würde riet er Sari noch zur Vorsicht, Wala solle keine Schafe reißen. Aber war das in einer zivilisierten Gegend nicht selbstverständlich? Es war doch klar, was die örtlichen Bauern mit einem Wolf tun würden, der ihnen ein Schaf riss, oder? Ich würde es ungern sehen, wenn uns ein wütender Mob Bauern jagen sollte, nur Weil Sari ihren Wolf nicht im Griff hatte.

Die nächste einigermaßen interessante Begebenheit trug sich bei einem Ort namens Al Rabat zu.Vor diesem war ein regelrechter Stau auf der Straße, da man dort anscheinend eineArt Zoll zahlen musste, wenn man der Straße durch den Ort hindurch folgte. Folglich gingen wir außen herrum um keine Gebühr zu zahlen, was zwar ein kleiner Umweg war, aber wie man an dem ausgetrampelten Pfad erkennen konnte recht häufig geschah. Zur linken befand sich ödes Land, das sich so sagte man uns, bis zur berüchtigten Gor erstreckte. Einer Wüste, mit rotem Sand, deren Staub auch hier konstant in der Luft lag. Wohl dem, der einen Schleier vors Gesicht ziehen konnte! Alle anderen, insbesondere unsere Begleiter aus dem Norden, knirschten nun im wahrsten Sinne des Wortes mit den Zähnen. Die Gor… sie soll ja sehr unwirtlich sein. Und doch hätte ich große Lust sie einmal zu erkunden. In den Lektionen über Geschichte an der Akademie hieß es, dort hätte Borbarad seine Feste gehabt und die Schlacht gegen Rohal geschlagen. Wie viele noch verlorene Schätze mussten dort im Sand schlummern? Jetzt war leider keine Zeit dafür, aber wenn diese Queste erledigt wäre… ich machte mir schon einmal eine geistige Notiz, noch einmal hierher zurückzukehren!

Bei der Ortschaft Terekand bauten wir einmal unser Nachtlager auf. Im Gegensatz zum ursprünglichen  Versprechen, regelmäßig in Karawansereien schlafen zu können nächtigten wir hier im Freien. Ich hatte das Glück bei bei Atzina im Zelt schlafen zu dürfen, dass groß genug für uns war. Sari ging einmal wieder jJagen,  Faramud folgt ihr mit Abstand.  Ob er nun aber nur auf sie aufpassen wollte oder ihr behilflich war konnte ich nicht sagen. Pamina kam zu mir, das neugierige Ding hatte anscheinend unendlich viele Fragen. Wieso ich eigentlich nicht bei meinem Sohn geblieben sei? Als wenn sie meine persönlichen Gründe etwas angingen! Aber ich antwortete ihr trotzdem, dass  ich geschworen hatte Melissa zu begleiten. Und irgendwie muss ja auch ein Vater sein Gold verdienen... Atzina, Melissa und Aureliane saßen derweil  im Lager bei anderen Maraskani die ebenfalls Teil der Karawane waren. Das ausgelassene Getratsche drang durch die abendliche Stille bis zum Zelt herüber. Offenbar verstanden sie sich gut. Wobei ich mich wohler gefühlt hätte, Atzina wäre hier etwas vorsichtiger. Man konnte ja nicht wissen, ob einer der Burschen es nicht auf Sie abgesehen hatte! Ich überlegte mir schon einen Plan, wie ich sie mittels der dafür geeigneten Formeln, dem Blick in die Gedanken und dem Sensibar Empathicus, würde überprüfen können. Aber dazu würde ich Atzinas Hilfe bedürfen. Es käme sicherlich nicht sonderlich gut an wenn ich sie direkt einzeln Fragen würde, ob einer von ihnen vorhatte Atzina zu schaden. Natürlich, ich hätte direkt jede Lüge durchschaut. Aber subtil  wäre dieses Vorgehen nicht gerade… Das bald folgende Gemeinschaftsessen diesen Abends enthielt diesmal sogar Fleisch, eine Hammelhälfte wurde klein geschnitten und im Brei mit verarbeitet. Aber Hammen ist ja jetzt auch nicht gerade für seinen feinen Geschmack bekannt… nun ja. Man nimmt, was man bekommt. Hätten wir anders speisen wollen, hätten wir uns eben vorher selbst darum kümmern müssen.

Meist ging es dann auch früh weiter, so auch heute. Nasir Malkid wurde uns als nächstes Ziel genannt. Es war für die Jahreszeit sehr warm, aber wir waren ja auch nahe einer Wüste. Nur leichte Schleierwolken zierten den Himmel. Die Umgebung wirkte unwirtlich, eher steinig, karg und steppig. Atzina fragte den Karawanenführer nach dem vor uns liegenden Weg und insbesondere der versprochenen Übernachtungen in Karawansereien. Aber er erwartete Gefahren durch Plünderer erst in 2 Tagen, näher Richtung Fasar. Faramud, der anscheinend doch über etwas Erfahrung in solchen Dingen verfügte, plante trotzdem schon einmal die Verteidigung der Karawane und verteilte die wenigen vorhandenen  Bogenschützen. Zumindest gedanklich, denn so richtig hörte anscheinend keiner auf ihn. An der Marschordnung der Karawande änderte sich zumindest für mich nichts Ersichtliches. Die anderen plauderten meist munter während des Marschs. Ich hingegen, das muss ich gestehen, hatte schon meine liebe Mühe bei der Wärme, dem Staub und der langen Strecke so Schritt zu halten. Mir schien es gar, dass die Karawane noch schneller weiterzog. Aber die Lösung war, wie so oft, für einen wachen Verstand dann recht simpel. Der Esel, der uns für das Gepäck gegeben worden war, trug kaum eine Last, hatten wir doch alle gar nicht so viel dabei. Also stieg ich einfach auf und ritt ab da weiter. Endlich machten sich die Reitstunden die ich in Honingen damals genommen hatte bezahlt, hatte ich das störrische Grautier doch perfekt im Griff! Nun ja, es war auch kein heißblütiger Shadif der versucht hätte mich abzuwerfen. Aber ich machte mich auch nicht lächerlich sondern saß souverän im nicht vorhandenen sprichwörtlichen sattel. Nach der  nächste Ortschaft und einem  Mittagslagerwurde die  Landschaft wird hügelig, so dass wir jetzt alle hintereinander gehen mussten. Dadurch zog sich die Karawane auf 100 Schritt Länge auseinander. Atzina ging einmal sogar mit ihrem Fernrohr auf einen Hügel um die Umgebung zu überprüfen. Aber das schützte uns nicht vor dem kommenden.

Vorne wurden die Kamele auf einmal lauter, ich hörte hektisches Geschrei. Um uns herum warauf einmal eine recht große Räuberhorde, die sich dem Anschein nach rechts des Weges unter einem Überhang versteckt hatte und in unsrem rücken auftauchte, kaum dass wir die Stelle passiert hatten. Die übrigen Banditen hatten sich anscheinend vor uns und auf der anderen Seite des Weges zwischen den Hügeln versteckt, wo ihre Bogenschützen auch Position bezogen.

Es blieb uns nur wenig Zeit zu reagieren. Ich trat hinter Atzina und legte ihr die Hände auf die Schultern: „Armatrutz, Schild und Schutz!“ sprach ich, noch bevor sie sich dem ersten Gegner in den Weg stellte. Dann brach der Kampf bricht los, wir fühlten uns deutlich in Unterzahl. Trotzdem lief es, zumindest soweit ich das bei uns hinten beobachten konnte, nicht allzu schlecht. Mein erster Hieb mit Stab an Atzina vorbei die vorgerückt war traf sein Ziel. Auch restlichen meiner Hiebe wahren erstaunlicherweise meist erfolgreich, wenn ich auch zugeben muss das sie den in Leder gerüsteten Gegner kaum sonderlich beeindruckt haben dürften. Aus dem Augenwinkel sah ich Wala einen Gegner umwerfen und sich in seinem Arm verbeißen, Aureliane schoss einen Schlagetod über den Haufen und Pamina verfing einen Gegner in einem Wurfnetz. Insgesamt also gar nicht so schlecht, auch wenn Atzina und Pamina Schläge einstecken mussten, aber wir hielten uns ganz gut. Von Sorgen war ich daher auch noch weit entfernt, machte mir gerade einmal Gedanken welchen Feind ich gezielt mit einem Fulminictus niederstrecken wollte, als uns unerwartet Hilfe zuteilwurde.

Auf einmal kamen 6 Reiter auf Kamelen angestürmt und vertrieben die Räuber die wir in Schach gehalten hatten endgültig. Atzina reinigte ihre und Paminas Wunden, aber dem Rest von uns ging es gut. Nach dem Austausch einiger kurzer Höflichkeiten schlossen sich die Reiter uns bis zur nächsten Stadt an. Ihr Anführer nannte sich Zachaban ben Marawan und war wie wir auf dem Weg nach Fasar. Den Grund nannte er uns aber nicht, sie seien Reisende war alles was wir erfuhren. Vielleicht Händler mit besonderer Fracht, denn auf ihren Kamelen hatten sie durchaus auch weiteres Gepäck. Er hätte uns kürzlich vorbeiziehen sehen von seinem Lager etwas abseits der Straße in den Hügeln. Und als er den Lärm des Kampfes gehört hatte, sie waren nicht weit hinter uns auf der Straße, hätten er und seine Leute sich dann gesputet.

Am Abend rasteten wir in Nasir al Malkid, genauer etwas außerhalb des Orts. Dort gab es auch endlich 2 Karawansereien, eine davon in der wir einkehrten ein imposantes 3-stöckiges Bauwerk. Atzina, die nun erst richtig Zeit hatte die Wunden zu versorgen kümmerte sich um Pamina und sich selbst. Zwar bot ich Pamina an, mich ihrer ebenfalls anzunehmen, aber das Angebot wurde von dem naiven Ding rundheraus abgelehnt. Das hat man davon, wenn man einmal freundlich sein und seine Kraft in einen hilfreichen Balsam investieren möchte! Hatte ich ihr irgendetwas getan? Nein! Womit, frage ich, habe ich dieses Misstrauen verdient? Faramud, den der Überfall anscheinend stutzig gemacht hatte, fragte unseren Karawanenführer nach der mitgeführten Fracht. Offiziell so beschied ihm Abu, hätten sie Tücher in ihren Kisten, inoffiziell aber seien es erlesene, teure Gewürze. Das in Verbindung mit den Kamelen musste den Banditen als lohnend genug für das Risiko erschienen sein, sich mit einer so großen Karawane wie unserer Messen zu wollen. Wobei sich natürlich die Frage stellte, woher diese Wüstensöhne denn über unsere Fracht hätten Bescheid wissen sollen? Aber gut, dieses Rätsel würde warten müssen. Alle bis auf Faramud und Sari bezogen wir Zimemr in der großen Karawanserei um nicht erneut im Freien übernachten zu müssen. Die Nacht war ruhig und erholsam. Zu ruhig, wie sich am nächsten Morgen zeigte.

Früh am Morgen, es mochte so zwischen der sechsten und siebten Stunde gewesen sein, rannte auf einmal eine nur im Nachtgewand leicht bekleidete, panische Aureliane über den Gang und weckte uns. Melissa sei weg, ihre Habe aber wäre noch da. Natürlich eilten wir hoch zum Zimmer das sie sich geteilt hatten. Atzina begutachtete die Tür und Schloss fachmännisch. Aber, so stellte sie fest, es waren keine Einbruchspuren zu sehen. Die Tür schien von innen geöffnet worden zu sein. Auch das Fenster war zu, die Läden geschlossen. Was mochte das bedeuten? Wir sahen zuerst einmal am naheliegenden Ort nach – dem Abort. Vielleicht war Melissa ja nur austreten und hatte Aureliane nicht wecken wollen? Aber dort war sie nicht. Dafür fand ich dank meiner überaus scharfen Sinne am Eingang vor der Damentoilette ein  eingeklemmtes Stück feines Leinen am Türstock, das ich Melissas Nachtgewand zuordnete. Das war dann doch etwas verwunderlich. Soweit wir wussten neigte die Dame Zeforika weder zu Schlafwandelei noch würde ich davon ausgehen, dass sie sich des Nachts davon gestohlen hatte um sich einem der Kameltreiber zuzuwenden. Es war doch einigermaßen mysteriös, ihr verschwinden. Aber dieses Rätsel würden wir lösen, bei Hesinde! Im Geist ging ich schon einmal die Liste der mir bekannten Dämonen durch, den ich mit einem Suchauftrag nach Ihr aussenden konnte ohne sie dabei in Gefahr zu bringen.

Aureliane, die ja als Wächterin zumeist bei Melissa schlief, bestätigte und, dass das der Fetzen auf jeden Fall zu Melissas Nachthemd gehöre, die Rüschen stammten eindeutig vom kurzen Ärmel desselben. Nun, immerhin schien sie sich auch in Situationen akuter Eile darauf besinnen zu können, welche Details wichtig sein können. Eine wertvolle Eigenschaft, die ich zwar bei mir kenne, bei ihr aber nicht unbedingt vermutet hätte. Der scharfe Blick für die kleinen Dinge, das Vermögen sich auch ansonsten unwichtigste Kleinigkeiten zu erinnern… solcherlei muss man sich erst einmal bewusst sein. Offensichtlich schlummerte aber unter der ansehnlichen Gestalt der Dame Sandoval neben den vielerlei anderen Talenten die ich schon bemerkten durfte auch noch ein nicht einmal allzu verschlafener Verstand. Sehr gut! Damit kann ich arbeiten…

Atzina ging unterdessen Sari und Faramud holen. Irgendwann musste diese Unsitte, sich ständig von der Gruppe zu absentieren aufhören.  Da würden wir sie einmal des nächtens brauchen, weil wir vielleicht von irgendwelchen Attentätern attackiert werden, und dann sind sie nicht da, nur weil sie in lauen nächten gemeinsam den Schein des Madamals genießen wollten? Das würde so nicht weitergehen können! Da ich nicht sicher sagen konnte, ob man die Dame Zeforika schon von hier fort verfrachtet hatte, so es denn wirklich eine Entführung war, machte ich mich ans nächstliegende. Im Hof waren gerade 3 Karawanen dabei sich für den Aufbruch fertig zu machen. Es mochte ja gut sein, dass sich einer dieser Melissas bemächtigt hatte um sie zum Beispiel als Sklavin zu verkaufen. Einfach die Gelegenheit genutzt sozusagen. Eine so attraktive junge Dame würde auf den Märkten in der Gegend sicher eine stattliche Summe einbringen. 500 Dukaten wären einem lokalen Potentaten für so eine Schönheit sicher zu entlocken! Daher machte ich mich daran die Ladungen Teppiche, Säcke, und Kisten vor deren Abreise zu inspizieren, zumindest diejenigen, die mir groß genug erschienen um darin einen Menschen zu verstecken. Allein, ich hatte hier kein Glück. Aber zumindest war diese Variante damit auszuschließen.

Dann durchzuckte mich eine weitere, blitzartige Eingebung. Was war mit unseren 6 neuen Reisebegleitern die uns gestern so selbstlos geholfen hatten? Sonderlich Auskunftsfreudig waren ja auch sie nicht gewesen. Zumindest ein Verdacht, dem ich nachgehen musste. Oder besser, nachgehen lassen, man muss ja schließlich nicht alle einfachen Aufgaben selbst erledigen. Daher  gab ich diesen Auftrag an Atzina weiter, die das Lager der Kamelreiter überprüfte. Faramud, der gerade noch ein wenig planlos über den Hof schlich beauftragte ich die Wächter der Karawanserei zu befragen, was er auch tadellos erledigte. Es ergab sich so, dass unsere Retter  zur 3. Stunde der Nacht mit einem Teppich (sie seien ja Händler) zurück nach Khunchom aufgebrochen waren, woher sie doch angeblich kamen. Mehr als suspekt! Dann kam auch noch unser Karawanenführer Abu lamentierend um die Ecke, ein Kamel sei entwendet und gegen ein schlechtes ausgetauscht worden, ein weiteres wäre ihm gestohlen worden. Was wiederum mit der Zahl der des nächstens aufgebrochenen korrespondierte, die mit 7 Tieren den Ort verlassen hatten. Nun, die Schuldfrage schien soweit schon einmal geklärt. Blieb noch zu eruieren, wohin sie sich gewandt hatten. Wie angegeben nach Khunchom, oder war dies eine Finte? Doch Fasar, oder ganz woanders hin? Mit diesem Gedankengang konfrontierte ich Faramud, der sich ja das ein oder andere Mal als erstaunlich Wendig im Geiste für einen Schlagetod erwiesen hatte. Zwar musste ich ihm erst einmal erläutern was eine Täuschung sei, da ihm das Wort im Garethi nicht vertraut war, das war im Tulamidia schnell erledigt. Er hielt es bei diesen, wie er sie nannte „lügnerischen Strauchdieben“ durchaus für möglich. Als ich ihm dann aber versuchte den weiteren Gedanken zu erläutern, nämlich die Annahme, wir müssten wissen, was sie denken, dass wir denken, was sie denken konnte ich die Ratlosigkeit regelrecht über sein Gesicht wandern sehen. Offensichtlich verstand er die Hypothese nicht ganz, die ich ihm zu erläutern versuchte.

Also musste ich eine andere Lösung finden. Hatten wir nicht eine erstaunlich hohe Anzahl an tierischen Begleitern dabei? Eine dieser ansonsten wenig nützliche Tölen würde doch wohl in der Lage sein eine Fährte aufzunehmen, oder? Zumindest für den anfang um die grobe Richtung der Flucht zu bestimmen. Dafür waren Jagdhunde wie Saba zum Beispiel doch üblicherweise da! Diese Idee gefiel Faramud schon deutlich besser, er fragte auch direkt nach einem Duft, einer Witterung die das Tier wohl benötigen würde. Aber diese Hoffnung machte uns Pamina zunächst zunichte. Saba sei ein Jagdhund, kein Spürhund und führte uns dann im längeren die offensichtliche Nutzlosigkeit ihres Tieres aus, das wohl nur dazu tauge irgendwelche Beute aufzuscheuchen und vor den Bogen zu treiben, anstatt sie zu finden. Sehr enttäuschend. Und den dicken Vito konnten wir wohl für so ein Unterfangen ebenfalls ausschließen. Und auch der Wolf Wala, wenn auch ansonsten sehr verständig wie s mir schien, anscheinend nach wie vor noch zu sehr ein wildes Tier zu sein, als dass es den Auftrag schnüffle und finde verstanden hätte. Selbst als sie mit der Nase in Melissas Bett gedrückt wurde, wo der Geruch der zu findenden ja intensiv genug hätte sein sollen, war es Sari nicht möglich dem Wolf verständlich zu  machen was wir von ihr erwarteten. Nutzlose Biester, allesamt!

Ich führte dann mit Faramud und Pamina einen kurzen aber fruchtlosen Disput über die Fähigkeiten der Tiere. Natürlich hätte ich eine Lösung für dieses Problem parat gehabt, sogar eine recht simple! Wofür kannte ich denn den wahren Namen eines eiskalten Hetzers? Einem Thalon wäre es, im Gegensatz zu den wenig hilfreichen hundeartigen, ein leichtes die Fährte aufzunehmen, Melissa zu suchen und uns zu ihre zu führen. Aber Faramud hatte bei solchen Ansinnen ja schon mehrfach seine begrenzte Toleranz angezeigt. Deswegen bliebt ich mit meinen Andeutungen diesmal etwas vorsichtiger. Meine Formulierung, wir könnten ja eine sichere Hilfe „von jenseits des Sternenwalls“ in Anspruch nehmen, entlockte Faramud ein lautes und energisches „WAS?? WIEDERHOLT DAS NOCH EINMAL, MAGIER!“  Aber meine Beteuerung, das es da durchaus hilfreiche Wesen geben, die ienem das Suchen abnehmen könnten und das alles völlig harmlos sei fielen, wie leider zu erwarten, auf taube Ohren. Immer diese Verbohrtheit was den Einsatz von Dämonen anging. Konnte dieser bonierte Wüstensohn nicht einmal etwas zugänglicher sein? Also schied auch diese, unsere BESTE! Option, vorerst aus. Nun, wenn es nicht anders ginge, würde ich es eben hinter seinem Rücken tun müssen. Die Sicherheit von Melissa ging da eindeutig vor irgendwelchen Ressentiments eines halbgebildeten Söldners!

Wir trafen uns dann auf dem Hof alle wieder. Der Feind hatte etwa 3 Stunden Vorsprung und im Gegensatz zu uns Kamele, was die Verfolgung nicht besser machen würde.  In lautes Bimmeln am Hof ertönte und der Herr der Karawanserei begann zu zetern man habe ihm einen Teppich, ein altes Erbstück,  aus dem Raucherraum gestohlen. Der Wächter, den er in der Folge als räudigen Hund beschimpfte,  erwies sich zumindest insoweit als nützlich, als das er bestätigte, dass die Flüchtigen in Richtung Khunchom weggeritten waren. Dann würden wir wohl damit beginnen müssen. Noch bevor wir aufbrachen begann Sari sich zu entkleiden, mit Bärenfett einzureiben und seltsame Runden auf den Körper zu malen. Was sie wohl vorhatte? Fasziniert betrachtete ich den Vorgang, völlig im unklaren wozu  dieses seltsame Verhalten wohl wieder dienen mochte. Nicht einmal ihr wohlgeformter Leib vermochte es, mein wissenschaftliches Interesse abzulenken, da halte ich eine eiserne Disziplin. Allein, es mochte sich mir keine Erkenntnis erschließen. Da wir uns auf einen längeren Fußmarsch einstellen mussten nahmen wir, auf freundlichen Hinweis von Abu und des Herrn der Karawanserei hin, die ja ihe Kamele und den Teppich wiederbeschafft haben wollten, noch mehr Wasser und etwas Verpflegung mit. Sicher war sicher, wussten wir doch nicht wann und ob überhaupt wie diese Banditen einholen würden.

Paminas versuchte noch einmal mit dem Stofffetzen ihren Hund Saba zu animieren sich doch als Suchhund zu bewähren. Aber natürlich war der Köter nicht hilfreich sondern verstand das ganze lediglich als Aufforderung zu einem lächerlichen Zerrspiel. Saris Eingebung, Wala vielleicht  eher nach  den Kamelen „jagen“ zu lassen, statt dem Geruch eines Menschen zu folgen schien hingegen schon folgerichtiger. Der Wolf war ja auch so ein guter Hetzjäger. Warum soltle er also nicht die Fährte eines Tieres aufnehmen können? Da hatte unsere wilde Nordländerin einen klugen Gedanken geäußert! In einigem Abstand von Karawanserei begannen wir dann mit der Spurensuche. Wobei das wir sich natürlich auf Sari und Pamina bezieht. Ich selbst wäre bei einem solchen Unterfangen wohl eher hinderlich gewesen, für mich war eine Spur im Sand wie die andere. Ich hätte vielleicht noch einen menschlichen Stiefel vom Abdruck eines Kamels daneben unterscheiden können, aber das wäre es auch schon gewesen. Faramud führte den  Esels mit dem Proviant. Unser Aufbruch war dann etwa zur 8. Stunde, also hatte der Feind leider einen nicht unerheblichen Vorsprung, der mir ersnte Sorgen bereitete. Aber zumindest fand Pamina Schleifspuren auf dem trockenen festen Untergrund. Ich war erstaunt dass man auf diesem knochenharten Boden überhaupt etwas finden konnte. Das schien mir eigentlich so aussichtsreich als hätte ich versucht auf einer gepflasterten trockenen Straße  Fußabdrücke zu finden. Aber dieses Handwerk schien das Mädel durchaus zu verstehen, sehr gut! Ihrer Aussage nach handelte es sich wohl um ein Kamel mit besonderem Gang innerhalb einer Gruppe von sieben Tieren, dessen Spur sich  immer wieder einmal auf dem Weg fand und der wir fortan folgten.

Nach 3 Stunden, kurz vor Mittag, kamen wir am letzten Kampfplatz an. Die Spur aber ging weiter, anscheinend hatten sie keine Pause gemacht. Nun, gut, sie waren ja sozusagen auf der Flucht, da hätte so bald eine Pause auch wenig Sinn ergeben. Wir als Verfolger machten immerhin auch keine. Mein Zorn auf dieses Pack wuchs mit jedem unnötigen Schritt in die falsche Richtung, die mir diese Dreistigkeit abnötigte. Meiner Meinung nach sollten wir hier ein Exempel statuieren, wenn wir diese Hunde einholten! Eine Dreiviertelstunde weiter wurde die Landschaft weniger Hügelig. Abseits des Weges hörten wir einige Ziegen meckern. Das wollten sich Atzina und Sari einmal ohne uns ansehen und gingen alleine vor in der Hoffnung vielleicht jemanden um Auskunft bitten zu können. Wir anderen blieben zurück und erneut nahm ich mir Faramud beiseite um mich mit ihm auszutauschen was die zu erwartende Konfrontation anging. Er schien mir in dieser Hinsicht eindeutig die logischste Wahl für eine Besprechung.

Ich äußerte meine Sorgen, immerhin war der Feind zu sechst, so wie wir auch, uns aber an schierer Kampfkraft aber höchstwahrscheinlich überlegen. Ein ungezieltes vorgehen versprach mir daher wenig Aussicht auf Erfolg. Also richtete ich die Frage an Faramud: „Ich nehme an, Eure Antwort lautet nein, aber ich Frage trotzdem… habt ihr einen Plan?“ Natürlich war dem nicht so, wie vermutet. Unseren Vorteil sah er nur dahingehend, dass wir über drei Bögen und eine Armbrust verfügten. Was bedeutete, dass außer mir nur Atzina im Nahkampf verbleiben würde, also nicht gerade beruhigend, aber vielleicht genug für einen Hinterhalt oder Überfall. Wala gedachte er wohl so etwas wie einen Flankenangriff zu, allein, konnte man ihr das begreiflich  machen? Und dann würde er sich selbst ins Getümmel werfen. Nun gut. Es war ein Plan, aber für gut befand ich ihn noch nicht wirklich. Das ganze würde ich sicher noch zu unseren Gunsten optimieren können. Aber, und das war wiederum erwartungsgemäß, mein Angebot zur rechten Zeit eine schwarzbekuttete Gestalt der Dunkelheit die Schwert und Peitsche trägt herbeizurufen (vulgo natürlich ein Hesthot) um ihm im Kampf zu helfen und sein Leben zu schonen schlug er wieder aufs heftigste aus. „Was erdreistet ihr Euch, Magus. Die Mächte sind mit usn und wir sind zu sechst. Die Elemente sind mit uns. So wird der Kampf ein guter sein und wir werden siegen.“ Aha, daher wehte also der Wind! War Faramud etwa so ein verkappter Elemente-Diener, wie Junasia damals auch? Das würde seine ablehnende Haltung zumindest erklären. Bei ihm musste ich also mit den Formulierungen subtiler sein. Und dann gelang es mir tatsächlich, ihm sozusagen  in einem Winkelzug ein Zugeständnis abzuringen. Ein Algenwesen, so meine Frage, würde aber als Manifestation des Elementes Wasser gelten, oder? Dem stimmte er dann durchaus zu. Ich musste ihm ja nicht auf die Nase binden, dass ich hier von einem Ulchuchu sprach… allein, ein solches Wesen in der trockenen Steppe zu beschwören war erstens reichlich schwer, und zweitens reichlich sinnlos… aber zumindest im Prinzip hatte ich ihn schon einmal da, wo ich ihn haben wollte…

Unterdessen war Atzina von den Ziegenhirten zurück und wusste zu berichten, dass der Feind in Richtung der Gor gegangen war, die Faramud als „Wunde der Welt“ bezeichnete. Dort sei an einer alten Handelsstraße ein ummauerter Rastplatz zu finden. Dort würden aber, so die abergläubischen Hirten, des nächtens Tote umgehen. Was die anderen wohl eher schreckte, da sie daraufhin partout bei Tag den Kampf suchen wollten, fand ich wiederum eigentlich sehr erfreulich. Auf meine Aussage, wenn sie doch schon herumlaufen, könne man die Toten doch auch einfach etwas sinnvolles tun lassen, wie den Kampf für uns zu führen (ich hätte ja mittels eines oder mehrere Nephazz die Kontrolle über die Leichen übernehmen können) fand – wie sollte es auch anders sein – natürlich wieder keinen Anklang. Bei den 12 Erzdämonen, wie soll man hier einmal sein Potential entfalten und etwas Hilfreiches beitragen, wenn man ständig von diesen Kleingeistern daran gehindert wird? Es war schier zum Verzweifeln. Unsere Probleme wären nur halb so groß, wenn diese Kretins mich einfach einmal machen ließen…

Nun machten  wir uns  auf in die Hügelkette abseits der Straße und folgten einem  schmalen Pfad. An einem kleinen Rinnsal, füllten wir noch einmal die Schläuche. Wasser war ein nicht zu unterschätzendes Gut in dieser Gegend. Vor uns erstreckte sich ein weites, von kleinen Hügeln durchzogenes dürres Land. Alles andere als optimal für uns, denn der Gegner dürfte uns wenn er Wache halten sollte bereits von weitem sehen. Atzina zückte erneut ihr Fernrohr und suchte die Gegend vor uns ab. In der Ferne sah sie sehr klein ein Gebäude, sonst nichts. Es sah aus wie die halb verfallenen Mauern einer Festung aus hellbraunem Stein. Also war das wohl unser Ziel. Es war sehr warm und wir tranken viel, während der Staub der Gor in unseren Kehlen kratzte, trotzdem  gingen wir durch das weite Land näher heran. Uns blieb ja keine andere Möglichkeit. Das heißt, bleiben würden uns schon welche, allein die durfte ich ja nicht nutzen. Ich grummelte etwas vor mich hin.

Aber, auf dem Weg, und das schien mir an dieser Stelle von grundsätzlicher Wichtigkeit, etwas musste ich noch mit Faramud klären, also nahm ich ihn erneut zur Seite.  „Seid ihr grundsätzlich gegen die Gaben Madas voreingenommen? Oder dürfte ich Euch im Notfall stärkend, schützend und heilend zu Seite stehen?“ fragte ihn während wir weiter gingen. Seine, wie immer blumig ausfallende Antwort, fand ich dann durchaus interessant. Wobei es half, das wir Tulamidia sprachen, da konnte er wenigstens vernünftig ausdrücken was er sagen wollte. „Die Gaben der Mondriesin sind willkommen, wenn sie von einem geordneten Geistgelenkt werden. Die jenseitigen Iffritim sind aber zu verdammen.“ Nun, da konnte ich ihn beruhigen, einen geordnetteren Geist als den meinen würde er hier wohl auf weiter Fläche kaum finden… Ich war dann aber überrascht als er weitersprach und ich nun erfuhr, woher seine Abneigung gegen Dämonen herrührte. Alle seine Brüder, seine gesamte Sippe, war im Kampf gegen den dunklen Bruder, womit er Borbarad als den Bruder des hellen Rohals meinte, gefallen. Faszinierend! Seine Brüder hätte ihr Sein gegeben um eine Bresche zu schlagen zum Sturm auf Borbarads Feldherrenhügel. Nur weil er zu diesem Zeitpunkt selbst noch zu jung war sei er noch am Leben, sonst wäre sein Schicksal bereits erfüllt gewesen. Nun, auch ich war damals noch zu jung, ich wäre in dieser Schlacht ja zu gern dabei gewesen. Dieser größte magische Krieg des Zeitalters… was muss das für ein Anblick gewesen sein! Aber nur wusste ich, dass diese Abneigung Faramuds gegen Dämonen einen Hintergrund hatte, der nicht zu unterschätzen war. Ich musste vorsichtig sein, mit Nachsicht seinerseits konnte ich wohl kaum rechnen. Aber mit der entsprechenden Umsicht… naja. Ein Hindernis, gewiss, aber kein Grund. Der Wache Geist findet stets Mittel und Wege…

21:18

Wir folgten eine halbe Stunde der Spur bis zur Ruine. Atzina bat uns am Fuß des Hügels allein weitergehen zu dürfen  um über Mauer zu spähen. Wir warteten. Da uns bisher noch niemand gesehen hatte wie es schien, mochte es auch weiter gut gehen. Besonders wachsam schienen sie also nicht zu sein. Ich hätte in dieser besonderen Situation Faramud sogar etwas von dem Schlafgift aus meiner Tasche gegeben, aber er hielt sich selbst nicht ausreichend gut genug mit dem Bogen dafür, seine Künste mit dem Khunchomer seien deutlich besser. Und für einen unsicheren Schuss würde ich das nicht verschwenden, dazu war dieses Mittel dann doch zu teuer. Und Aureliane hatte es nicht nötig, ihre Schüsse waren auch so tödlich genug, dass hatte sie ja schon gezeigt.

Atzina hing unterdessen an der Mauer, winkte uns und deutete damit die Richtung an, wo wir weitergehen könnten. Dort oben schien also alles gut zu sein. Es gab in dieser Richtung eine Öffnung nach innen, einen Mauerdurchbruch wo die Festung ein Stück weit in sich zusammen gefallen war. Ob das wohl von einer lange vergangenen Belagerung herrührte? Wäre ich Altertumsforscher, hätte ich das sicher ergründenswert gefunden.  Aber solange es sich dabei nicht um ein magisches Phänomen gehandelt haben mochte, und dafür sah ich keinen Anhalt, war das jetzt natürlich nur nebensächlich. Als wir um die Ecke spähten sollte Melissa anscheinend gerade von 2 der Männer, ich zählte zu meiner Verwunderung nur 5 und suchte nervös mit den Augen nach dem sechsten, vergewohltätigt werden. Einer döste im Schatten, einer lag anscheinend niedergeschlagen, am Boden und der letzte den ich sah kümmerte sich um die Kamele.

Die Distanz betrug gut 100 Schritt. Leider kam der Wind aus unserer Richtung und trug den Wolfsgeruch anscheinend herüber, so dass die Kamele unruhig wurden. Wir beratschlagten noch unser Vorgehen und wie wir die Burschen am besten unschädlich machen konnten, da trat Sari ins Freie, offenbar ungeduldig ob unserer langen Planung. Hektisch zitierte ich Faramud zu mir. Er solle sich wenn es aggressiv werde kurz gedulden. Auf die Entfernung sah ich, wie einer Melissa mit seinen schmierigen Fingern am Bein begriffelte während Sari unverdrossen auf die Männer zuging. War das Mädel lebensmüde? Wir folgten ihr. Sie bemerkten uns nicht bis wir auf 60 Schritt heran waren. Anscheinend hatten wir Saris Absicht missdeutet. Sie war anscheinend vorausgegangen um zu verhandeln. Allerdings, und da war ich nun einer festen Meinung, käme hier Verhandlung nicht in Frage. Solche Dreistigkeit musste bestraft werden! Unsere  Diskussion dahingehend war etwas lauter als gedacht und wir wurden nun doch bemerkt, denn einer der Burschen schlug Alarm.

Der sich nun entspinnende Wortwechsel war fast schon grotesk zu nennen. Sari rief den Kerlen entgegen, dass wir mit dem Wirt gesprochen hätten,  er hätte gerne seinen Teppich zurück. Faramud rief „Ihr Söhne der Unverfrorenheit, wir hätten gerne die Herrin zurück“ worauf einer mit halb herabgelassener Hose entgegnete, er  sei noch nicht mit ihr fertig und dann alle ihre Waffen zogen. In einem Theaterstück hätte ich ob eines solchen Dialogs nicht gewusst ob ich weinen oder lachen sollte…  Faramud entgegnete dann noch „Söhne der Dummheit, wir haben mehr Bögen als ihr“ was einen weiteren zur Retouere veranlasste „Ihr kämpft wie alte Weiber.“  Dann kamen sie uns entgegen. Potztausend, die waren sich ihrer Sache aber ziemlich sicher, obwohl sie zwei weniger waren als wir! Ich sprach mit den Händen auf seinen Schultern einen schnellen Armatrutz auf Faramud, immerhin sollte er mein Schild an der Front sein! Atzina sprang unterdessen dem der im Schatten gedöst hatte ins Kreuz. Zumindest versuchte sie es, landete aber mit einer ungewohnt uneleganten Bauchlandung allerdings neben statt auf ihm. Sari sprintete derweil sehr schnell auf den Burschen bei den Kamelen zu der einen Bogen angelegt hatte und wich dabei sogar dem ersten Pfeil aus der auf sie abgefeuert wurde.

Faramud ging mit gespanntem Bogen weiter vor, ich direkt hinter ihm, während zwei Gegner auf uns zu eilten. Pamina schoss und traf mit dem Bogen. Ich reif hinter Faramud hervor: „Keine Gefangenen, lasst sie diese Unverfrorenheit büßen!“ Auch Faramuds Schuss traf, während Sari den feindlichen Schützen im Nahkampf band. Nur der Schuss von Aureliane schlug abseits seines Ziels ein. Dann lies Faramud vor mir seinen Bogen fallen und nahm Khunchomer und Schild zur Hand. Aus den Augenwinkeln sah ich wie Vala ansetzet über Sari hinweg die sich abkniete  den Feind anzuspringen, aber stattdessen Sari ins Kreuz und sie so vor dem Gegner fast zu Boden stieß. Pamina traf erneut und schwächte den Gegner damit weiter. Nun hätte sich Faramud im Kampf gegen zwei Feinde befunden, aber das Verhältnis würde ich zu seinen Gunsten ändern. Fulminictus Donnerkeil donnerte ich dem pfeilgespickten Burschen entgegen, der daraufhin auch anstandslos zusammenbrach. Nun würde es einfacher werden!

Die Kamele wurden derweil panisch, weil Wala der Wolf beim Angriff auf den Gegner zwischen ihnen herumsprang. Atzina steuerte unterdessen ihren Gegner mit dem Rücken zu den Mauern, damit er nicht weiter vor ihrem Dolch würde zurückweichen können. Mangels sinnvollerer Alternativen schlug ich vorerst mit dem Stab an Faramud vorbei nach unserem Gegner, wobei mein Erfolg eher mäßig war. Dann rannte auf einmal Aureliane mit übernatürlicher Geschwindigkeit an uns vorbei. Faramud, den offensichtlich der Zorn gepackt hatte, schlug 2 Mal zu und traf dabei zumindest mit einem seiner Hiebe. Dann schoss Aureliane den Kerl aus nächster Nähe über Haufen, woraufhin der Rest aufgab. Das war, trotz fehlendem Planes, glatter gelaufen als ich gedacht hatte. Da war Phex noch einmal mit uns gewesen.

Pamina sah nach den Kamelen und sammelte sie ein, Faramdu säuberte Saris wunden, während ich mit dem Rest die Überlebenden an der Mauer festsetzte und befragte.  Aber einer war wohl zu ihrer Anführerin Richtung Khunchom weggeritten.  Einer Frau Namens Felicitas, deren Namen ich irgendwo schon einmal gehört hatte. Nur wo? Das Rätsel löste sich später, dies war die Häscherin, die Melissas Onkel ihr hinterhergesandt hatte! Aber warum sie es nun auf Melissas Leben abgesehen hatte? War sie dem Fluch und der Gier des Goldes erlegen, anstatt auf die Order des Onkels zu hören? Oder war der gute Onkel doch nicht so ehrenhaft, wie Melissa dachte? Melissa dämmerte derweil  vor sich hin, getrocknetes Blut klebte unter ihrer Nase, die Augen waren von Schlägen angeschwollen, blaue Flecken und Schnittwunden zierten ihren halb entblößten Körper. Darum kümmerte Atzina sich, das war schließlich ihr Beruf.

Als sie wieder ansprechbar war fragte ich Melissa, was wir mit den Schweinehunden machen sollten? Anscheinend hatten sie die widerlichen Kerle gefoltert um zu erfahren wo die Schlüssel sind. Und natürlich war das zarte Dämchen schnell eingebrochen und hatte es erzählt. Einer sei dann weggeritten zu Felicitas. Der schon zu Beginn des Kampfes Bewusstlose erwachte unterdessen. Er war wohl in Khunchom als Führer angeworben worden und hatte sich gegen die Frauenschänder gestellt, wurde dafür aber  niedergeschlagen. Zumindest diesen, so fand ich, sollte man daher wohl schonen. Das Verhör ergab weiter, das der Auftrag wohl war Melissa zu töten, was, wie sie meinte, dagegen sprach, dass die Befehle von ihrem Onkel kämen, sondern vielmehr dafür das Felicitas sich   selbstständig gemacht hätte. Aber den flüchtigen Boten einzuholen würde uns wohl nicht gelingen, so dachten wir zumindest. Weder hatten wir einen fliegenden Teppich, noch würden wir zu Fuß den Kamelreiter noch einholen. Und selbst reiten würden von uns nur die wenigsten können. Ich hätte ihm ja mit einer ausreichend guten Beschreibung durch Melissa durchaus einen dämonischen Attentäter hinterher schicken können. Aber bei so einem Vorschlag wäre Faramud nur wieder beleidigt gewesen.

Zumindest war unser Schlüssel nicht abhandengekommen. Dieser befand sich in Melissas Gepäck, das derzeit Aureliane mitführte. Und aus der Befragung der Kerle schlossen wir, das Felicitas zumindest bisher noch keinen Schlüssel selber erbeuten hatte können. Melissa meinte dann am Rande, der Schlüssel wäre ihr irgendwie unheimlich, ohne dies konkreter beschreiben zu können, lehnte es aber ab ihn jemand anderem in Obhut zu geben.

Die Diskussion, was wir mit den Kerlen machen sollten war dann recht emotional. Ich hätte sie ja einfach direkt zu Boron gesandt. Alles andere wäre unangemessene Milde gewese. Aber insbesondere Sari sprach sich vehement dagegen aus und verneinte, an solch einem in ihren Augen kaltblütigen Mord teilhaben zu wollen. Am Ende lief es dann darauf hinaus, dass wir die Burschen hier nackt und ohne Ausrüstung und Vorräte anbinden würden. Wenn sie es schafften sich zu befreien und fort zu  kommen, mochte das als Chance ausreichend sein um in Saris Augen nicht als Mord zu gelten. Die Ausrüstung auf den Kamelen war recht ordentlich, und nun natürlich in usnerem Besitz. Wir übernachteten an Ort und Stelle und auch ungestört von irgendwelchen angeblichen Untoten. Es war zwar bitter kalt in der Nacht, aber ansonsten dank des Zeltes das wir nun hatten trotzdem recht erträglich. Enien Schreck jagte uns am nächsten Morgen Sari ein, die sich nicht rührte als wir Aufstanden. Sie lag schlaff da, ihre Augen flatterten als Faramud sie rüttelte, aber sie erwachte nicht. Warum auch immer, schien sie vollständig erschöpft zu sein anstatt nach der Nacht ausgeruht wie es hätte sein sollten. Also packten wir sie auf ein Kamel und führten sie wie einen Sack Datteln mit als wir aufbrachen. Den Führer der Schergen, nur der Vollständigkeit halber, liesen wir mit seinen Kleider am Leib und einem Schlauch Wasser laufen, im Gegensatz zu den andern Banditen.

Während Sari also auf dem Kamel hing hatte Pamina alle Hände voll zu tun Wala den Wolf von den unruhigen Kamelen fern zu halten. Ich unterdessen hatte nicht die Absicht den Rückweg wieder zu Fuß zurück zu legen und gedachte eines der Tiere zu reiten. Zweimal warf mich das götterverfluchte Tier beim Aufstehen ab, bevor mir bei einem anderen, etwas ruhigeren Tier, der Aufstieg gelang und ich zur Karawanserei zurück schaukelte. Am Nachmittag dort angekommen war Sari auch langsam wieder ansprechbar. Den Teppich gaben wir seinem dankbaren Besitzer zurück. Und unsere Karawane hatte sogar auf uns gewartet, damit wir am nächsten Tag gemeinsam weiterziehen konnten. Wir waren nun Gäste des Hauses und wurden vom dankbaren Herr der Herberge fürstlich bewirtet. Natürlich gaben wir Abu seine zwei Kamele zurück, die restlichen 4 Kamele konnten wir behalten. Abu meinte augenzwinkernd die Männer hätten uns „die Kamele freundlich überlassen“. Wobei wir natürlich auf Dauer keine Kamele brauchen würden, höchstens bis Fasar um darauf zu reiten. Vielleicht, so meinte Atzina, hätte er ja Interesse sie günstig von uns zu erwerben? Darauf würden wir aufbauen.

In der Karawanserei ging ich dann noch einmal zu Melissa um sie noch vor der Abreise unter 4 Augen zu sprechen. Eine Sache ließ mir da keine Ruhe. Ich bin ja selbst, das gebe ich gerne zu, sehr nachtragend, wenn mir oder meiner Familie etwas angetan oder mir gedroht wird. Nun gehört Melissa allerdings nicht zu dem Personenkreis, bei dem ich mich schon persönlich angegriffen fühlen würde, auch wenn ich durchaus eine, wenn auch nur leichte, Verärgerung über diesen Affront verspürte. Aber, und das war der springende Punkt bei der Sache, ich hätte es durchaus nachvollziehen können, wenn sie selbst hier Rachegelüste hegen würde. Und ihr dabei behilfich zu sein, persönliche Gerechtigkeit zu suchen, wäre ich ihr wiederum gerne behilflich! Als ich ihr Zimmer betrat und Aureliane hinaus bat lag sie ruhend auf ihrem Bett, mich mit einem seltsamen Grinsen empfangend. Der Unbedarfte hätte dies wohl als ein Zeichen seltsamer Heiterkeit gedeutet, ich aber nicht. Ich hatte gelernt, in den Gesichtern der Menschen zu lesen, und das, was sie unter dieser Maske verbarg war tiefste Unsicherheit ob des Geschehenen. Natürlich, so etwas musste völlig neu für sie sein, hatte sie bisher doch wohl ein eher behütetes Leben geführt!

Ich begann damit, sie nach dieser Felicitas zu befragen. Bevor man einen riskanten Plan in Gang setzte, sollte man sich einigermaßen sicher sein das er funktionieren würde. Aber soweit Melissa wusste war Felicitas keine Magierin sondern wohl so etwas wie eine Piratenkapitänin. Und sie hatte wohl auch keinen Magus in ihren Diensten, nur Schlagetods. Sie erinnerte sich an einen Thorwaler, einen Moha und ähnliches Gesindel mehr das man auf einem Freibeuterschiff vermuten würde. Nur war ihre letzte persönliche Begegnung auch schon etwas her, als wie gesichert ich dies nehmen konnte, stand auf einem anderen Blatt. Aber, und das blieb festzuhalten, auf den ersten Blick sah es so aus, als hätte dieses Mörderweib einem von mir entsandten Dämon wenig bis nichts entgegen zu setzen. Das war gut! Leider verfügte Melissa aber über nichts was dieser Felicitas gehört hätte. Und das wäre nun einmal der Schlüssel gewesen, um einen dämonischen Assassinen mit dem Auftrag sie zu finden und zu vernichten loszuschicken. Da ich diese Felicitas nicht persönlich kannte und damit genau genug bestimmen konnte wäre ein persönlicher Gegenstand, besser noch Haare, Blut oder ähnliches am einfachsten gewesen. Aber zugegeben, woher sollte Melissa so etwas haben? Ich musste also darauf setzen, dass uns Felicitas früher oder später persönlich über den Weg laufen würde. Und das machte es natürlich auch leichter, was das eingrenzen des Suchradius anging und damit arkan deutlich weniger anstrengend!

Also erläuterte ich Melissa die Möglichkeiten die sich hier boten. Zumindest, soweit sie in der Lage war das zu verstehen und in relativ einfachen Worten. Als ich ihr aber die Rechtslage dazu erklärte, immerhin wäre das zu Tode bringen eines Menschen vermittels Dämon ein Kapitalverbrechen, das in zivilisierten Landen unter Strafe stand, nahm sie deutlich davon Abstand einen Mord auf ihr Geheiß zu beauftragen. Anscheinend wusste sie um ihre mangelnde Verschwiegenheit nur zu gut Bescheid seit jüngstem. Was ich aber fernab der Zivilisation täte wäre meine Sache, und ein Problem damit wenn Felicitas irgendwo ein nicht nachvollziehbares Unglück erleiden würde, dass hätte sie mit Sicherheit nicht. Felicitas habe durchaus eine Grenze überschritten, als ihre Schergen Melissa am Rand der Wüste geschändet und tot unter Steinen verscharrt  zurücklassen wollten – hätten wir nicht eingegriffen. Es unter diesem Blickwinkel zu betrachten reduzierte Melissas Skrupel enorm, so dass ich wohl davon ausgehen konnte, bei der Wahl der von mir als notwendig erachteten Mittel freie Hand zu haben. Und wenn dieses Mittel ein Hesthot wäre, dann sei es so. Mit meinem Gewissen jedenfalls würde ich das vereinbaren können… Und den geflohenen Banditen de sie befragt und gefoltert hatte, den würde ich in die Strafe durchaus einbeziehen dürfen.

Auf diesen kommende meinte Melissa nun, er hätte doch gesagt es fehlen nur noch 4, und sie selbst, verfüge ja schon über 2, einen vom Anfang ihrer Reise und einen aus Albernia. Wie war aber nun diese Aussage zu interpretieren? Geht der Feind  davon aus es gibt nur fünf, da sie von dem albernischen Schlüssel nichts wissen konnten? Oder gehen sie von 6 auswas bedeuten würde  der Feind könnte also schon einen haben. Und falls dem so war welcher wäre dies, damit wir nicht vergeblich zu einem Ort reisen und dort suchen würden? Ich ging nicht davon aus es sei der in Fasar, aber selbst wenn waren wir nun schon so nahe, dass der Zeitverlust verschmerzbar gewesen wäre. Da Felicitas aber zum suchen nicht viel mehr Zeit gehabt hatte als wir selbst konnte es ja nur auf einen näheren Schlüssel hinauslaufen. Also örtlich, wenn man Fasar ausnahm, höchstens der auf Maraskan, was durchaus ärgerlich wäre, wollte ich doch diese Insel aus wissenschaftlichem Interesse auf jeden Fall besuchen. Aber alles in allem lagen hier viel zu viele hypothetische Annahmen zugrunde, allem voran die Interpretation einer Vagen Aussage. Klarheit würden wir wohl nur erlangen, wenn wir uns einen der Gefolgsleute von Felicitas, oder am besten sie selbst greifen würden.

Was mich zu der Überzeugung brachte, es wäre am besten den Feind schnellstmöglich zu beseitigen, am besten noch direkt in Fasar wohin sie uns wahrscheinlich folgen würden. Mit einer Konfrontation in naher Zukunft rechnete ich nun in jedem Fall.

Und dann sprach mich Melissa noch auf die Dynamik unserer Reisegruppe an. So viel Scharfsinn, hier ein Problem zu bemerkten hätte ich ihr gar nicht zugetraut! Ich selbst hatte das ja schon sehr schnell bemerkt, aber sie? Ja, auch mich irritierten Zu weil die  Divergenz der anscheinend gesetzten Ziele die jeder einzelne hatte, auch wenn sie nicht jeder offen Aussprach, so wie ich selbst ja auch . Dabei war mir zumindest Saris Ziel tatsächlich noch völlig unklar. Bei Atzina konnte ich guten Gewissens hingegen keine verborgenen Ziele Annehmen, sie war ja wegen mir hier. Aureliane war mit dem Schutz von Melissa beauftragt, hier vermutete ich zumindest keine verborgenen Absichten. Und Pamina… das Mädel war ja sowieso eher zufällig noch dazu gekommen und darüber hinaus viel zu naiv und offen, um irgendwelche Absichten zu verbergen. Lediglich bei Faramud war ich mir völlig sicher nach dem Blick in seinen Geist zu Anfang der Reise, und ich erklärte Melissa die Sache mit den Sternenkarten um ihre Sorgen zumindest etwas zu zerstreuen. Vielleicht war unsere Begegnung, die gemeinsame Reise ein Kausaler Karmalknoten, ein Produkt der Vorsehung. Zumindest, wenn wir positiv an die Sache heran gingen und es von einem schöneren Blickwinkel betrachten wollten.

Dann plauderten wir noch kurz über Fasar. Aber da ich noch nie dagewesen, bisher überhaupt erst bis Selem gekommen war konnte ich hier wenig beitragen. Das Wenige Wissen das ich hatte war aus dem Hylfreichen Leitfaden für den wandernden Adepten, und der war hier nicht sonderlich Ausführlich. Fasar war also wohl die drittgrößte Stadt des Kontinents, recht alt und bot ein buntes Völkergemisch, das historisch gewachsen war. Die politische Lage ist eher als unklar zu bezeichnen, geordnete Herrschaftsstrukturen schien es jedenfalls nicht zu geben und, so der einzige Warnhinweis in diesem kurzen Kapitel, man solle bei der Wahl der Kleidung Vorsicht walten lassen um lokale Potentaten nicht zu erzürnen. Aber wie das nun genau zu interpretieren sei, darüber schwieg sich der Leitfaden leider aus. Was wohl daran lag, dass ich die Ausgabe besaß die sich im Schwerpunkt mit dem Horasreich, noch weitgehend mit dem Mittelreich, aber nur wenig mit den Tulamidenlanden und dem Süden und fasst gar nicht mit dem Bornland und noch weiter nördlich befasste. Hier war eine lokalkolorierte Prägung je nach Herkunft des Werkes eindeutig zu erkennen – und im vorliegenden Fall zu bedauern!

Nebenbei hatten meine Begleiter noch ein wenig „Kassensturz“ gemacht. Die von uns überwältigten Feinde hatten uns eine Barschaft im Wert von gut 10 Dukaten in verschiedenen Münzen „überlassen“, dazu natürlich etlichen Waffen mit denen ich jedoch nichts anzufangen weiß, sowie die  vier Kamele mit entsprechendem Zubehör und weitere persönliche Ausrüstung. Aber hier jedes Kochgeschirr im Detail aufzuführen wäre wohl müßig. Aber natürlich mussten wir uns bald überlegen, was wir mit den Dingen, das Geld teilten wir gerecht auf, zu tun gedachten.

Von Nasir Malkid aus, reisten wir dann am  6. Travia weiter, wobei der restliche Weg nicht besonders erwähnenswert war. Nach mehreren Tagen Reise erreichten wir eine Brücke über den Gadang,  der derzeit träge dahin floss, aber das geschulte Auge konnte am Ufer erkennen, dass er auch zu einem reißenden Strom anschwellen konnte, was wohl zur Schneeschmelze im nahen Raschtulswall eintreten dürfte. Von hier aus, meine Abu, hätten wir noch gut einen Tag bis Fasar, wir waren also fast am Ziel.

Den Abend verbrachten wir wieder in einer Karawanserei bei einem Ort namens Floeszern, Ein sehr garethisch wirkender Name für eine Landschaft, die ich eher den Tulamiden zugeordnet hätte. Aber da zeigt sich dann wieder einmal mehr der Wert der historischen Bildung! Denn natürlich wusste ich, dass auch Fasar und das darum herum liegende Umland früher einmal zu den Provinzen des Mittelreichs gezählt wurde. Das nahe Aranien ja ebenso! Ich bin mir nur bei den genauen Zusammenhängen nicht mehr so sicher, ich glaube, das hatte irgendwas zuerst noch mit den Horas und später den Priesterkaisern zu tun, oder so. Das müsste ich bei Gelegenheit noch einmal nachlesen. Frühtulamidische Geschichte hat jetzt nicht gerade zu den Schwerpunktfächern meiner Ausbildung gezählt, ich bin ja auch kein Historiker. Wir saßen dann gemütlich unter Sonnensegeln an kleinen Feuern, Musiker mit diesen jämmerlich winselnden tulamidischen Instrumenten und ein Geschichtenerzähler unterhielten das Publikum. Alles in allem versprach es ein sehr lauschiger Abend zu werden, mit dem man eine solche Reise durchaus versöhnlich beschließen konnte. Melissa  holte uns dann am Ende des Abends noch einmal alle zusammen um für ein Gespräch zu Saris Lager etwas außerhalb zu gehen. Ihre Verunsicherung durch die letzten Ereignisse saß ihr wohl noch immer in den Knochen. Sie meinte, es wäre an der Zeit das Wissen zu teilen, sollte ihr doch etwas zustoßen. Dann Läge es an uns, die sich ja nun ausreichend als Verlässliche Begleiter erwiesen hatten, diese Queste zu vollenden. Humbug in meinen Augen, selbstverständlich war es ausgeschlossen, dass ihr unter meiner Obhut etwas zustoßen würde! Aber das in uns gesetzte Vertrauen freute mich natürlich andererseits schon. Das ein weiterer Schlüssel in Fasar in einem großen Mohagoni-Thron der auch für 3 Männer reichen würde zu finden sei wussten wir ja schon. Melissas Vorfahr pflegte wohl früher auf dem mit Kissen ausgelegten Möbel herumzufläzen. Er sei im Besitz eines Fasarer Händlers mit Namen Islim ibn Kadar. Das war doch schon einmal ausreichend konkret, um selbst in einer Stadt wie Fasar fündig zu werden, befand ich. Der nächste Schlüssel, so er denn noch nicht gefunden war, sei  auf Maraskan. Dort würden wir einen Esstisch aus Mohagoni suchen und der Schlüssel solle in einem der Tischbeine sein. Ein Händler aus Boran, Marlikin Tschundschin (wenn ich das richtig geschrieben habe, das Maraskani ist da etwas eigen…) sei der derzeitige Besitzer. Atzina, die ja aus Boran stammte, wurde dabei regelrecht hellhörig. Ihr Ortskenntnis mochte uns hier wertvolle Dienste leisten. Des Weiterern wäre noch der Phextempel in Lowangen unser Ziel, auch das sollte nicht so schwer zu finden sein. Ein Kleiderschrank aus Mohagoni mit doppeltem Boden würde hier unser Ziel sein, und ich konnte kaum glauben das die Diener des Phex ein solches Geheimversteck in ihrem Schrank in den letzten Jahrhunderten nicht schon gefunden haben sollten. Und zuletzt wäre da noch eine prachtvolle Kommode aus Mohagoni im Bornland, leider an einem Melissa unbekannten Ort. Nur der Name des Besitzers oder zumindest früheren Besitzers sei ihr bekannt, ein Mann namens  Name Ghorm Gune. Das könnte etwas schwieriger werden, ohne weiteren Anhalt. Das Bornland dürfte ja auch nicht so klein sein, und wenn er nicht gerade ein gelisteter Adeliger, ein reicher Händler oder bekannter Held war, würde es nicht einfach werden, ihn aufzuspüren. Aber das würden wir sehen, wenn es soweit war. Nachdem nun alle Ziele bekannt waren würden wir unsere weitere Reise sorgfältig planen müssen! Aber das würde ich hin bekommen. In Fasar sollte es einen Ort geben, an dem man eine Karte des Kontinents einsehen konnte. Vielleicht ein Hesindetempel, oder in der dortigen Akademie? Auf jeden Fall ging ich die möglichen Strecken schon einmal im Geiste durch. Aber gerade in den firunwärts gelegenen Gefilden fehlten mir da sowohl das notwendige Wissen, als auch die Vorstellungskraft. Und ins Blaue hinein spekulieren war ja nun nicht gerade meine Art.

Darüber hinaus wurde es bei Saris Lager dann fast noch so etwas wie ein gemütlicher Abend. Wir sprachen noch etwas, lernten uns sogar noch ein wenig mehr kennen. Diese fast schon vertraulich zu nennende Atmosphäre führte uns weit fort vom ursprünglichen Thema. Bei den meisten wussten wir ja, welchen Göttern oder Götzen sie folgten, da waren wir ja ein bunter, aber durchaus Toleranter Haufen. Nur bei Faramud war dies nicht so ganz klar. War er nun ein eingläubiger Novadi? Ein zwölfgötterfürchtiger Tulamide? Oder hing er gar irgendwelchen obskuren elementarkulten an?  Er meinte darauf angesprochen, er sei ein einfacher Man und wisse von den Göttern zu wenig. Aber eigentlich drückte er sich erneut um Aussage, insbesondere zu Rashtulla. Von Sari die an irgendwelche himmlischen Wölfe glaubte hörten wir, deren Anführer heiße Gorfang und hasst Menschen. Tolle Aussichten, oder? Ich schlug dann eher aus Spaß vor, Faramud solle Sari ein wenig Tulamidia lehren damit sie hier nicht so verloren sei, aber sie wollte lieber den Umgang mit dem Schild von ihm lernen. Atzina bot sich an Melissa etwas abzuhärten damit sie beim nächsten Verhör nicht wieder gleich einknicke. Und da wir gerade so frei dabei waren bot ich Pamina an ihre Abwehr gegen Zauber zu stärken – und weil ich wieder einmal ein williges, billiges und verfügbares Übungssubjekt benötigte. Sie wollte dann von mir tatsächlich wisse, wie es möglich sei sich gegen Zauberei zu wehren, woraufhin ich entgegnete, es sei in erster Linie eine sache der Übung, der Willenskraft und der Abhärtung. Je mehr man der Zauberei ausgesetzt war, umso eher wäre der Geist von selbst dagegen in der Lage sich solcher Dinge zu erwehren. Auch wenn natürlich einige wenige sich dessen bewusst seien und und der Lage, ihren Geist sogar von sich aus gegen arkane Einflüsse zu stählen. Aber dazu bedarf es besonderer Übungen und Meditationen, oder der Magia Contraria, zu der ich in diesem Fall auch den von mir beherrschten Cantus Arcano Psychostabilis zählte, mit dem ich sowohl mich selbst als auch sie würde schützen können. Freilich, die notwendigen Übungen konnte ich ihr nicht zeigen, da ich ja selbst bereits lang genug auf der Suche nach dem Buch „Entwicklung übernatürlicher Willenskraft“ war, in dem solche verzeichnet sind. Sie war noch etwas skeptisch zuzustimmen, sich auf meine „Übungen“ einzulassen, aber ich versicherte ihr, dass ihr dabei rein gar nichts geschehen würde. Und zu Demonstration warf ich ihr dann, quasi aus dem Handgelenk, einen spontanten Blitz dich find auf dem Rückweg zur Karawanserei um die Ohren. Sie zuckte zwar zurück, merkte aber schnell, dass ihr kein Schaden widerfahren war, wiewohl die Wirkung auch recht schnell wieder verflog. Den Zauber hatte ich schon einmal besser zustande gebracht. Ich würde wirklich mal wieder ein wenig Übung benötigen! Ich nahm ihre ausbleibende Negierung für weitere Kooperation als eine eigene Art von Zustimmung und beschloss, ihr nun, soweit es meine Kräfte zuließen, allabendlich den ein oder anderen Zauber angedeihen zu lassen. Falls sie irgendwann einmal nicht mehr wollte, würde sie es schon zum Ausdruck bringen.

 

Wir waren fast an der Karawanserei zurück, als Pamina einem sehr hässlichen Vertreter der Kategorie Kameltreiber  angegraben wurde. Hasenscharte, vernarbte Pickel, den Burschen hatte Rahja nicht gerade üppig bedacht. Dafür begann er Süßholz zu raspeln, dass mir schon vom Zuhören schlecht wurde. Ich ging einfach weiter. Pamina, so dachte ich, würde mit so einem Klotz am Bein schon selbst zurechtkommen. Und wenn nicht, nun, sie war ja fast erwachsen und auch nicht meine Tochter, also was sollte ich mich da einmischen? Aber sie folgte uns nach kurzem Gespräch um uns einzuholen, auch wenn sie auf mich dabei einen  verschämten Eindruck machte. Anscheinend hatte sie sich mit dieser Ausgeburt der Unansehnlichkeit tatsächlich zum Frühstück. Sie war offensichtlich verstört. Anscheinend hatte sie keinerlei Erfahrung, wie mit solchen ungeschickten Tölpeln umzugehen ist, das arme Ding. Um sie nicht mit der Vorstellung dieses hässlichen Gesellen ins Bett zu schicken, erbot ich mich, ihr zu zeigen wie man eine solche Annäherung richtig vollzog, ohne natürlich dabei Hintergedanken zu haben.  Ich näherte also meinen Mund ihrem Ohr, was auf Grund eines skeptischen zurückweichens erst auf den zweiten Versuch gelang, und hauchte ihr in selbiges mit rauchiger Stimme „Meine Dame, erläubt mir, Euer Kätzchen zu streicheln streicheln bis es kahle Stellen im Fell bekommt“ zu. Das erstaunte quietschen und die darauf folgende Ohrfeige hatte ich zwar halb erwartet, schaffte es aber dennoch nicht, ihr auszuweichen, weswegen sich Paminas flache Hand auf meiner Wange wiederfand. Da hatte ich wohl bei dem jungen unerfahrenen Ding eine Art Reflex ausgelöst – und musste innerlich trotzdem grinsen, auch wenn ich es nicht zeigte.

In der Karawanserei hatte Atzina, die wie meist in einem Zimmer mit mir nächtigte, auch och ein Anliegen an mich. Ich sollte, für den Fall ihres vorgetäuschten oder tatsächlichen Ablebens Vito zu Fabrizio bringen. Ihr Diadem wollte sie seiner Frau vermachen und ihr Festtagskleid meiner Zukünftigen. Dazu müsste ich zwar erst einmal tatsächlich eine Zukünftige haben, aber ich konnte mir Visaria durchaus gut in diesem aufreizenden Stück vorstellen. Ein angenehmer Gedanke!  Die Meerschaumpfeife wollte sie mir hinterlassen. Ich rauche zwar zumeist nicht, aber es wäre eine schönes Erinnerungsstück. Die übrigen Sachen wollte sie, im Falle der Todesvortäuschung,  erst einmal behalten, sie wären auch nicht so auffällig. Und ich sollte ihr in Fasar noch einmal gewöhnliche tulamidische Kleidung besorgen. Das würde wohl kein Problem darstellen.  Die sie derzeit trug konnte sie ja schlecht später wieder verwenden, man würde sie zu schnell wieder erkennen. Aber, und das beruhigte mich durchaus, sollte sie ableben und verschwinden wie geplant, würde sie mir nach einer kurzen Zeit folgen und auf mich achten. Im Ernstfall stünde sie zu meiner Verfügung. Mein persönlicher Schutzalveranier sozusagen. Damit würde ich doch arbeiten können! Ich schlug ihr dann zwar vor, sich aus dem Fundus unserer Beute zu bedienen und sogar als Mann weiterzureisen, aber das wollte sie dann doch nicht, lieber als verschleierte Frau. Ich solle ihr nur immer Nachrichten hinterlassen, wenn wir den Ort wechselten, um ihr das Folgen zu erleichtern. Wir rechneten ja beide damit, das Boran der Ort des Ereignisses werden würde.

Wir zogen früh weiter, das letzte Stück des Weges in Angriff nehmend, bis wir am frühen Abend in Fasar ankommen sollten. Abu fragte uns, was wir mit den  Kamelen zu tun gedachten. Da wir die stinkenden Dinger, selbst wenn wir zurück nach Khunchom wollen würden, dann mit einem Flussschiff, nicht weiter brauchen würden, war verkaufen die einzige sinnvolle Alternative. Er bot uns dann 100 Dukaten pro Tier. Das veranlasste Faramud erneut in lauten und blumigen Worten zu feilschen, wobei ihn Atzina diesmal unterstützte. Was da alles wieder für Schwiegermütter, Tanten, Onkel, Kinder und elende Schicksale bemüht wurden… ich hasse dieses scheinheilige getue um einen vermeintlich guten Preis! Am Ende einigten sie sich auf 500 Goldstücke für alle 4 Tiere. Ein erklecklicher Batzen Gold, zu dem wir eigentlich nicht nein sagen konnten. Ich könnte sogar verstehen, wenn Melissa uf Grund ihrer bisherigen Ausgaben Anspruch auf einen großen Teil des Goldes erheben würde.  Aber das würden wir sehen, was dann in unsere Taschen wandern mochte. Über die Hügel, die Kronstraße hinunter sahen wir schließlich Fasar. Im Abendlicht kamen wir von Osten und sahen in die untergehende Sonne hinein auf die große Stadt. Ein Moloch von Lehmhäusern, Zelten, Steinbauten, Türmen und Brücken, ein unsortiertes Gemenge verschiedenster Behausungsstile und Gebäude. Im Süden sah ich viele Zelte, es stieg Staub auf der anscheinend von Tieren aufgewirbelt wurde. Am Eingang der Stadt fanden wir uns vor einem rotgelb gemauerten Tor, inmitten niedriger, schäbige Lehmhäuser. Es war noch viel Verkehr auf der Straße, aber keine Stadtmauer schloss sich um die Stadt und hätte jemanden daran gehindert andernorts hinein zu gehen. Das Tor und seine 4 Wächter waren somit völlig sinnlos! Die Wachen trugen türkisblaue Kaftane, weißblauen Turbane und Silberbroschen. Sehr auffällig. Einer der Wächter fragte Faramud, den diese Kerle anscheinend wieder einmal als den Anführer unserer Gruppe betrachteten, nach dem woher (Khunchom) und dem Zweck unserer Reise(Faramdu verwies dabei respektvoll auf Geschäfte der Saba Melissa). Beim Durchschreiten des Stadttores besah ich dieses etwas genauer.  Irgendwer raunte den Namen Skorpionstor und ich war beieidruckt ob der Fresken und Reliefs die eingelassen waren. Insektenschwärme, Magier die Zauber wirkten und vieles andere, auch offensichtlich echsisches. Der Name „Pyrdacor“ war in Teilen herausgehämmert, aber für ein scharfes Auge durchaus noch zu entziffern. Die Stadt Fasar war auf Hügeln erbaut worden, was starke Höhenunterschiede, auch von den Gebäuden selbst zur Folge hatte. Der höchste Turm war sicher 30 Schritt und auf der Spitze eines Hügels gebaut, überragte damit alle anderen Gebäude wie ein Fanal. Zwischen den Türmen spannte sich ein Netz aus Hochbrücken, sehr faszinierend, so etwas hatte ich bisher noch nie gesehen. Wozu diese wohl dienten?  Aber um uns rum war die Straße sehr belebt, insgesamt blieben wenig Möglichkeiten sich umzusehen. Nach dem Erlebnis in Khunchom waren wir sehr achtsam was unsere Geldbeutel betraf. Augenscheinlich war das starke Gefälle zwischen Elend und Reichtum. Eine überproportional hohe Anzahl an Bettlern und Gesindel lungerte herum, dazwischen immer wieder einmal Reiche mit ihren Wachen die den Pöbel von ihren herren fern hielten.  Abu war bereits am Eingang von Fasar zurück geblieben und nicht in die Stadt gegangen. Der Kamelhandel sollte morgen Abend in der Karawanserei stattfinden,w enn er seine Waren veräußert hätte. Anstatt aber seiner Empfehlung für eine erste Übernachtung zu folgen und auch in der Karawanserei zu bleiben, folgten wir Atzinas Rat. Etwas die Straße hinunter befände sich das Gasthaus zum tanzenden Derwisch. ein Haus mit Innenhof. Die von Bettlern und Pöbel gesäumte Straße war schon fast ein lästiger spießrutenlauf. Elendsgeschichten wurden über die Straße gerufen, manche besonders unverschämte verfolgen uns sogar oder wagten es an unseren Kleidern zu zupfen! Atzina bedrohte den aufdringlichsten zwar mit ihrem Dolch, aber es nahm ein Ende.  Erst als sie zweien etwas gab, auf mich wirkte es willkürlich, aber vielleicht hatte sie da mehr erkannt als ich, ich habe in solchen Dingen nur wenig Erfahrung, war auf einmal Ruhe. Nur von Sari, oder wohl eher Wala die mit eingezogenem Schwanz an Saris Seite schlich, hielt sich das Volk auffällig fern.

Im tanzenden Derwisch stand eine dralle Tulamidin hinterm Tresen. Aber schon auf den ersten Blick machte das Haus einen sehr guten Eindruck. Wir nahmen Zimmer für alle. Sari brauchte zwar wie immer eine Sonderbehandlung, fand aber Platz auf dem Balkon des besten Doppelzimmers welches Melissa und Aureliane bezogen. Die restliche Zimmerverteilung war zwar fast wie gehabt, führte aber unter unseren Damen trotzdem zu Diskussionen. Ein rauchender älterer Herr im Raum sprach Faramud, der am Ende mit Pamina in einem Zimmer landete, an, er soll sich eine Hauptfrau nehmen, dann hätte er solcherlei Gezänk nicht, wenn er  genug Geld verdiene, sich einen Harem leisten zu können. Das löste bei mir eine gewisse Heiterkeit, bei unseren Damen jedoch blankes Unverständnis aus. Die beiden wechselten sogar einmal ins Urtulamidia. Bei dem Herrn schien es sich um den Besitzer des tanzenden Derwisch zu handeln. Nachdem er seinen kleinen Diskurs mit Faramdu durchgesprochen hatte wünschte er uns (sogar in fast einwandfreiem Garethi) einen wunderschönen Aufenthalt. Pamina, die der Diskussion nur so einigermaßen folgen konnte, machte sich in der Folge dann sorgen um ihren Gegenwert in Kamelen. Naja, eine schlechte Partie in diesen Landen wäre sie sicher nicht, da müsste man wohl mehr als nur ein Kamel hinlegen, meinte zumindest Faramud. Das Eckzimmer an der Straßenfront im ersten Stock, eines unserer Zimmer verfügte sogar über eine Zwischentür zum danebengelegenen  Doppelzimmer mit Terrasse Richtung Skorpiontor. Das letzte Zimmer lag links davon, aber ohne gesonderten Zugang. Das mochte, spekulierte ich, vielleicht sogar dieser Haremsgeschichte mit den Haupt- und Nebenfrauen geschuldet sein. So hätte ein gut situierter Gast hier zumindest jederzeit Zugriff auf alle seine Frauen. Interessant war die Architektur des Gasthauses. Es hatte zwar nur 2 Stockwerke, davon war aber jedes gut und gerne 4 Schritt hoch, so dass die Brüstung des Balkons 5 Schritt über der Straße ins Freie ragte. Deutlich zu hoch, um einfach einmal hinunter zu hüpfen, aber auch hoch genug, um mögliches Gesindel abzuhalten! Sehr schön.

Bevor wir uns auf die Zimmer verteilten überraschte ich  Pamina am Gang noch mit einem schnellen Blick aufs Wesen. Eine überaus nützliche Formel, um den Nutzen, das Potential und die Fähigkeiten des Gegenübers zu ergründen, aber was den Aufwand an Kraft betrifft zu vernachlässigen. Faramud blickte mich dabei scharf an, so als fürchtete er, ich könne dem armen Ding Schaden, aber ich hatte Pamina ja versprochen, ihr werde nichts geschehen. Um genau zu sein, hätte ich ihr den Cantus nicht ins Gesicht gesagt, sie hätte wahrscheinlich gar nicht bemerkt, dass sie gerade einem Zauber unterlag! Das Ergebnis dieser kurzen Einsichtnahme überraschte mich dann gleich in mehrerlei Hinsicht. Pamina war, das blieb erstaunlicherweise festzuhalten, durchaus sogar leicht überdurchschnittlich intelligent. Warum das im Normalfall nicht zum Ausdruck kam war mir rätselhaft, ein dummes Mädel schien sie aber nicht zu sein. Da trifft vielleicht dieses passende Wort von der „Bauernschläue“ zu, oder ich hatte es bisher nicht bemerkt, weil selbst eine leicht überdurchschnittliche Intelligenz derart weit unter meiner lag, dass alles darunter als Bodensatz irgendwie vereinheitlicht war. Wer weiß? Aber ich wusste nun, ich würde sie auch mit Dingen beauftragen können, die über die simpelsten Aufträge hinausgingen. Nicht schlecht. Das sie körperlich robust und geschickt war mochte ihrer Profession geschuldet sein – ein Zierpüppchen hätte wohl auch keine guten Aussichten alleine im Wald gehabt oder damals die Mine überlebt. Da bestätigte sich nur das offensichtliche. Dazu war sie auch noch ausreichend wehrhaft, um uns den erforderlichen schutz angedeihen zu lassen. Regelrecht enttäuscht aber war ich von ihrem restlichen (un-)vermögen. In handwerklicher Hinsicht war sie quasi gar nicht zu gebrauchen, ja sie war noch nicht einmal eine besonders fähige Jägerin! Ich habe gedacht, damit verdiene sie ihr Brot, ja hätte dies sogar gelernt. Aber was sich mir da bot, war eher ein Trauerspiel. Im Wald verhungern hätte sie müssen! Aber, das hatte ich kurz vergessen, sie nahm ja üblicherweise kein Fleisch zu sich, sondern eher pflanzliche Kost. Nun, das mochte die Erklärung sein! Sie war einfach nicht in der Lage, sich ihr Essen zu erjagen, und hatte daher auf weniger schnelle und wehrhafte Beute als Tiere umgesattelt. So eine Rübe ergriff wenigstens nicht die Flucht, wenn man sie am Grün aus dem Boden zog. AHA. Dieses Rätsel war also gelöst. Ich meine sogar, mich an ein Wort dafür aus der mohischen Sprache zu erinnern. Vege-Ta-Ria, was relativ frei ins Garethi übersetzt so viel bedeutete wie, „zu dumm zum jagen“. Und über das völlig verkümmerte, ja geradezu lächerliche arkane Restpotential dessen sich sogar ein Schelm oder Scharlatan geschämt hätte brauchen wir ja keine weiteren Worte zu verlieren. Ich war… enttäuscht. Und dieses armselige Würstchen hatten wir Melissa als kompetente Führerin für Dschungel und Höhlen angedreht? Hoffentlich musste ich mich dessen später nicht einmal schämen.

Die Zimmer hingegen waren eine erfreuliche Überraschung. Gut ausgestattet, sehr ordentlich, ein gemütliches Bett, eine gute Waschkomode, absperrbare Fenster und Türen. Im ruhigen Innenhof nahmen wir dann ein gemeinsames Abendessen ein. Der alte Mann vom Empfang kam ebenfalls hinzu und stellte sich uns als Surkhan ben Rechim vor. Er hing anscheinend dem Rassthulla-Glauben an, aber eher einer gemäßigten Ausrichtung, weswegen er mit uns auch kein Problem hatte. Wir fragten ihn nach dem Händler ibn Kadar den wir suchten, aber der einzige, der im dazu einfiel war im Stadtteil Mantrabar Gewürzhändler. Er selbst, so seine Auskunft, kaufe seine Gewürze aber lieber bei anständigen (damit meiner er wohl dann rasthullagläubigen) Händlern. Und wenn wir etwas bräuchten, er könne uns quasi für alles und jede Lebenslage etwas vermitteln. Er fragte dann Atzina und Sari regelrecht aus und versuchte uns seine Verwandtschaft für alles Mögliche aufzuschwatzen. Schneider, Tischler, Stadtführer und was es dergleichen mehr gab. Es schien kaum eine Branche zu geben, in der nicht irgendeiner seiner zahlreichen Brüder oder Cousins nicht tätig und darin auch noch der Beste wäre. Aber Atzina legte, insbesondere bei dem Thema des Stadtführers,  wert darauf sich selbst einen zu suchen. Mir hätte das Angebot ja sogar zugesagt, aber meine kleine Maraske bestand partout darauf, dass Straßenkinder die bessere Wahl wären. Gut, das war ihr Metier, sie musste es ja wissen.

Vor dem Zubettgehen hatte ich noch das dringende Bedürfnis, mich und meine Kleidung vom Schmutz der Reise zu befreien. Und ich war damit offensichtlich nicht allein. Atzina hätte zwar nur in den Männerbereich des Bades gedurft, wenn sie mir als Bedienstetr den Rücken geschrubbt hätte (was sie verständlicherweise ablehnte), aber es gab auch einen eigenen Badebereich für Damen, den sie mit Pamina, und Melissa dann aufsuchte. Faramud legte eine völlig seltsame Sitte an den Tag, er wollte sich mit Krüglein Öl den Schmutz vom Körper schaben statt zu baden. Dass er danach immer noch stinken würde wie ein Iltis hatte ihm anscheinend bisher niemand gesagt. Im besten Fall würde der Geruch des Öls seinen Gestank doch vorübergehend überdecken, nur damit er in ein paar Tagen wie ein ranziger Schinken roch! Na Pfui! Ich selbst nahm im Hamam in einem angenehm temperierten Becken Platz. Surkhan ben Rechim hatte mir sogar eine junge adrette Dame mitgegeben, die sogar noch kleiner war als ich selbst. Der Mann hatte einen Blick fürs Detail! Es hätte auch recht lächerlich gewirkt, wenn er für diese Aufgabe, sagen wir, eine Thorwaler Hünin abgestellt hätte. Es gibt ja Bereiche des Körpers, an die kommt mal selbst nicht so recht heran beim Waschen. Und das freche Ding wäre wohl auch zu weit mehr bereit gewesen, wanderten ihre Finger doch auch in meinen Lendenbereich. Und ja, ich gestehe, die fand die Berührung ihrer zarten Finger auf meiner Haut sehr angenehm. Aber anstatt im hier und jetzt weilten meine Gedanken dabei immer wieder bei Visaria und ich schlug dieses unausgesprochen im Raum stehende Angebot daher tatsächlich aus. Wie gern wäre ich in diesem Augenblick zu Hause gewesen um meiner Angebeteten näher zu sein! Ich unterzog mich dann noch einer ordentlichen Rasur, gab meine Kleider zum Waschen und lies mir die Haare ölen und binden. Ab hier waren wir wieder in der Zivilisation, und da hieß es auch entsprechend auftreten. Mit dem standesgemäßen Gewand, nicht diesem Reisesack von grauer Robe. Und eben ordentlich zurecht gemacht. Es gab hier in der Stadt ja Kollegen der Zunft, und denen würde auch bei einer zufälligen Begegnung auf der Straße nicht wie der letzte Vagabund über den Weg laufen wollen. Das ist eine Sache des Anstands und der Ehre!

Bereits früh am nächsten Morgen herrschte viel Lärm und Leben in der Stadt. Einen Hahn zum Wecken (ich hatte auch keinen gehört, das nur der Vollständigkeit halber) brauchte man hier sicher nicht. Der Trubel auf der Straße langte völlig aus, um einem ab dem Morgengrauen jeden gesunden Schlaf auszutreiben. Also standen auch wir früh auf. Atzina meinte, sie würde uns noch vor dem Frühstück einen Führer organisieren, das ginge ja schnell, ließ aber vorsichtshalber doch einen guten Teil ihres Geldes bei mir. Sicher ist sicher. Sie war dann aber doch etwas länger weg als erwartet. Warum, darüber verlor sie kein Wort, aber sie hatte einen Burschen aufgetan, kein Kind mehr sondern eher einen jungen Kerl in den frühen Zwanzigern namens Hamil al Feyach, dem sie uns anvertrauen wollte und mit dem wir uns nach dem Essen gleich einige Ecken weiter treffen sollten. Er wollte zwar 3 Silber und 5 Heller am Tag für seine Dienste, aber ein guter Führer der uns Ärger ersparte sollte uns das Wert sein, dachte ich bei mir. Melissa bekam dann auch noch die Rechnung der ersten Nacht serviert und blickte ob des Preises etwas bedröppelt drein, mietete uns dann aber, sie wollte wohl das Gesicht nicht verlieren, gleich auf eine Woche im Voraus  ein.

 

Nach dem Frühstück zogen wir dann los. Mich endlich wieder in ordentlicher Kleidung, sprich nicht mehr dem grauen Reisegewand sondern meiner schwarzen Robe außer Haus begeben zu können empfand ich schon fast wie eine Verwandlung. Man sagt ja, kleider machen Leute – aber eben auch und gerade Magier! Wo ich mich vorher fühlte wie die sprichwörtliche graue Maus, kaum wahrgenommen von meiner Umgebung, konnte ich mir nun der ungeteilten Aufmerksamkeit und des Respekts auch der letzten Bettelschranze sicher sein. Ein kluger Mann sagte einst, sie müssen mich nicht mögen, solange sie mich fürchten. Und genau so war es! Das Leben ist um so vieles leichter, wenn einen die Umgebung mit der notwendigen (Ehr-)furcht betrachtet. Vor unserem Abmarsch stand dann noch die Verteilung der restlichen Beute an, nachdem heute auch die Kamele weggegeben werden sollen. Atzina, die meinte die Straßenkinder hier seien schlimmer als irgendwo sonst, gürtete sich sogar mit dem erbeuteten Sklaventod und Sari nahm ein Schwert nebst Scheide an sich. Ich begnügte mich da mit weniger. Eine Reitgerte (würde sich sicher gut zum züchtigen des Pöbels eigenen), Brotbeuel und Wasserschlauch, eine Dolchscheide für den albernischen Schmuckdolch den ich noch so mit mir herumtrug,  2 Flaschen einfachen Schnapses (für Alchemische Zwecke selbstredend!) und ein Döschen mit Cheriacha, das man ebenfalls als Zutat mancher Elixiere benötigte. Den Rest verteilten wir die anderen unter sich, und was von niemandem gebraucht wurde (die stinkenden Stiefel wollte zum Beispiel keiner haben…) würde dann veräußert. Aureliane blieb mit den Hunden im Gasthaus zurück, sie fühlte sich nicht wohl, Wala der Wolf aber kam mit.

Atzina brachte uns zu unserem neuen Führer, der kaum zwei Straßenecken entfernt wartete. Ich besah mir die Gestalt. Ein Bursche in etwa meinem Alter, er mochte sogar ein klein enig älter gewesen sein als ich. Aufgewecktes Gesicht, tatkräftiger Eindruck und, das gefiel mir am besten, zwar darauf bedacht seine Aufgabe zu erfüllen, aber nicht so servil, wie es hier anscheinend mancher Dienstleister schick fand. Ich prüfte diesen Eindruck direkt mit einem Sensibar Empathicus, aber neben der offenkundigen Neugier war nicht zu erkennen, dass er uns hintergehen wollte oder gar feindselig uns gegenüber gewesen wäre.  Reine Vorsicht, die ich in Zukunft wohl öfter würde walten lassen. Alles in allem aber nicht die schlechtesten Voraussetzungen für einen Kerl den wir von der Straße aufgelesen hatten. Natürlich fragte er uns nach dem wohin, ein Ziel mussten wir ihm schon nennen, wenn er uns denn führen sollte. Ich nannte ihm den Gewürzhändler ibn Kadar in Mantrabat. Dieser war ihm zwar nicht persönlich bekannt, aber in Mantrabat angekommen würden wir uns schon zurecht finden. Den anderen riet er dann, sich bei mir zu halten, da die Straßenkinder sich üblicherweise fern von offensichtlich als Magier zu erkennenden Personen hielten. Diese waren anscheinend hier wenig zimperlich, auch kleinste Verstöße gegen ihre Person direkt mit einer arkanen Strafe zu ahnden. Und das beste war, es schien niemand daran Anstoß zu nehmen! Man stelle sich vor, ich würde auf der Hauptstraße in Gareth einen frechen Taschendieb mittels Fulminictus zur Verantwortung ziehen und dabei töten. Undenkbar, ich hätte ja direkt die Criminal-Cammer am Hals. Und vielleicht dann nach einem Prozess doch einen Freispruch, aber was für Scherereien! Und hier? Die Passanten würden einfach einen Bogen um den verstorbenen machen, der ja selber schuld an seinem Schicksal war und wahrscheinlich seine Leiche plündern, sobald ich außer Sicht wäre. Fantastisch! Das eröffnete ungeahnte Möglichkeiten… Noch in unserem Stadtteil stand ein riesiger Turm, sicher 60 Schritt hoch. Unser Führer bezeichnete ihn als den Bursch des Erhabenen Hablet ben Fesir ben Cherek der den Statteil beherrschte. Es gäbe aber noch andere Erhabene, und deren Türme seien mit Brücken verbunden. In den Stadtteilen Fasars, so erzählte unser Führer weiter, galten unterschiedliche Gepflogenheiten je nach Herrscher, man müsse stets wissen was man wo darf. Das wiederum dürfte für uns als Fremde nicht ganz einfach werden. Und auf meinen Einwand, wir kämen doch über die Brücken leichter voran erhielt ich die Auskunft, diese seien nur mit Erlaubnis eines Erhabenen zu nutzen – welche wir leider nicht hatten.

Daher drängten wir uns über die schon zu früher Stunde verstopften Straßen Fasars. Weiter die Hauptstraße hinunter ändert sich das Stadtbild und die Bebauung langsam. Hier dominierten kleinere, ummauerte Anwesen, die Gassen wurden zunehmend enger, dafür waren die Gebäude zum Teil sehr hoch. Wir bogen von der Hauptstraße ab und gingen durch eine sich verjüngende Seitengasse auf einen Basar zu. Hamil meinte, wir müssten über den Markt müssen, wer von uns aber noch etwas bräuchte könne es hier zu einem vernünftigen Preis erwerben. Naturgemäß war der Markt besonders bevölkert, überall standen und gingen Leute zwischen den Ständen, das Gedränge und damit auch unsere Vorsicht im Hinblick auf unsere Geldbörsen war besonders hoch. Aber, und das stellte ich erfreut fest, Leute die uns bewusst wahrnahmen machten uns tatsächlich Platz und einen Schritt zu Seite um uns Durchlass zu gewähren. Ich führte das auf meine schwarze Robe und das damit verbundene Ansehen zurück, streifte mich doch mehr als nur ein respektvoller Blick. Aber ich mochte mich da täuschen. Atzina konnte es sich nicht verkneifen ein ihr dargebotenes Naschwerk zu probieren und kaufte dann tatsächlich eine große Portion davon für 4 Silberlinge. Auch uns ließ sie  probieren, sie war ja doch immer seine sehr liebe. Die Anderen meinten, es sei sehr lecker, aber hier rächte sich meine sinnliche Einschränkung, ich vermochte leider nur sehr wenig zu schmecken.  Die Konsistenz, außen kross und klebrig ob des verwendeten Honigs, war zwar sehr angenehm, aber den versprochenen Wohlgeschmack konnte ich nur erahnen. Während alle sich an dem Süßkram delektierten nahm ich mir die kurze Zeit und überprüfte unseren Führer Hamil vermittels Sensibar Empathicus auf seine Gesinnung und den Gemütszustand. Rein prophylaktisch, versteht sich. Er war, und das war bereits ein gutes Zeichen, entspannt. Jemand mit Hintergedanken wäre sicher einer gewissen Anspannung oder Nervosität unterlegen. Er schien grundsätzlich ein weltoffener Typ zu sein und das wichtigste, ich konnte keine Feindseligkeit gegen uns erspüren. In ihm hatten wir, soweit das mit Geld käuflich war, wohl eine ausreichend verlässliche Person gefunden. Wir waren dann kaum weiter gegangen, schon hing der nächste Händler an Atzina dran und drängte sie, seine Waren zu verkosten. Diesmal waren es kleine Hügel in Zimtzucker gewälzt, mit einer intensiv schmeckenden Creme gefüllt. Atzina lehnte zwar diesmal ab, aber ich ließ mir den Versuch nicht nehmen. Selbst mit meinen nur  leidlich wahrnehmungsfähigen Sinnen war diesmal der Geschmack deutlich wahrnehmbar. Auf andere mochte es geradezu überwältigend wirken! Und so ging es weiter, ständig wurden wir angesprochen. Bei einem der Gewürzhändler erstand ich eine Unze Khunchomer Pfeffer für einen Silbertaler. Den könnte man ja immer brauchen. Unterdessen hielt unser Führer uns Bettler und Kinder vom Leib, so dass wir ansonsten halbwegs unbedrängt durch das Gedränge kamen.

Nach dem Basar kamen wir nach endlich nach Mantrabad. Hier herrschte erneut ein völlig anderes Stadtbild. Es gab sehr viele mehrstöckige Gebäude mit graubasaltenen Untergeschossen auf die man einfach etwas anderes darauf gesetzt hatte. So wirkte das, was wir auf Augenhöhe sahen sehr alt, die Gassen waren eng, Fenster , soweit überhaupt vorhanden, waren im Erdgeschoss vergittert. Dafür hatte man dann obenauf Erker und Türmchen gesetzt, die das Bild wieder auflockerten. Alles in allem herrschte eine regelrechte Mischung aus verschiedenen Baustilen, so dass man eigentlich von einem einheitlichen Bild kaum sprechen mochte. Auch hier fanden sich zwischen den gewöhnlichen Gebäuden höhere Türme für diese Erhabenen. Ich hätte  zu gerne mal einen dieser Türme von innen gesehen. Nach  mancher reichlich naiven Vorstellung geziemt sich ja ein Turm als klassisches Wohngebäude für den schrulligen Magier. Aber wenn man diese Pracht-Türme hier so sah, kam man glatt in Versuchung sich doch auf diese Wohnform einzulassen. Die Straßen waren weniger belebt als zuletzt in den anderen Vierteln oder gar auf dem Markt. Hamil meinte jedoch, wir sollten aufpassen, hier wären besonders dreiste Diebe unterwegs. Er fragte dann einen Passanten nach dem von uns gesuchten Händler und erhielt nach einem ersten Kopfschütteln doch eine Wegbeschreibung. Nur ein paar Schritt später kam aus einer Seitengasse ein zerlumpter, stinkender, elender Bettler auf uns zu, klagte sein Leid in den höchsten Tönen und jammerte uns mit seiner, wahrscheinlich sowieso erfundenen Geschichte, voll um nach Alomsen zu heischen. Bei Faramud muss er damit irgendeinen emotional angreifbaren Punkt getroffen habem, denn der sonst so kühle und durchaus auch rationale Kämpfer gab dem Elenden dann sogar Geld, obwohl er bei den Dutzenden Jammergestalten vorher nicht einen weiteren Blick übrig gehabt hatte. Der Bettler bedankte sich wortreich, aber Atzina meinte, wir würden gleich angegriffen, er hätte irgendwelchen Anderen Zeichen gemacht, wo Faramdus sein Geld hätte. Faszinierend. Vielleicht sollte ich mir diese Gebärdensprache doch einmal von ihr zeigen lassen, dass schien ausgesprochen nützlich! Man ließ uns auch gar nicht lange warten. Direkt nach der nächsten Biegung kam und eine kleine Heerschar von Kindern mit Tieren entgegen um uns laut krakeelend verlauste Straßenköter und räudige Katzen anzubieten. Dabei näherte sich eines seitlich von hinten Faramud, entging aber Atzinas aufmerksamem Blick nicht. Sie schüchterte mit gezogenen Dolch das Kind ein und sprach es direkt an, woraufhin es sich sofort verschreckt zurückzog. Womit sie nicht gerechnet hatten, waren unsere zum Teil durchaus seltsam zu nennenden Bedürfnisse. Sari kaufte den Kindern dich wirklich eine Katze für 4 Muwlat ab, um diese noch lebend an  Wala zu verfüttern, die ja bisher nicht zum Jagen gekommen war. Wala legte kurzerhand  die große Pfote auf das maunzende Tier, bis ihm ins Genick verschlang den Kadaver dann kurzerhand. Die Augen der Kinder waren dabei, zum Teil wohl vor Schrecken, groß wie Unterteller. Ich selbst hatte mit meiner ersten Anfrage, ob bei den Tieren die sie feilboten auch eine Khoramsbestie dabei wäre kein Glück. So eine hätte ich durchaus gut gebrauchen können! Aber mit meinem zweiten Auftrag sollte ich erfolgreicher sein. Ich hieß der Anführerin der Bande, ein Mädel von vielleicht 12 oder 13 Götterläufen, Eidechsenschwänze zu sammeln. Von den Dingern sollte es ja auf den Gemäuern dieser Stadt mehr als genug geben. Für 1 Muwlat das Stück würde ich sie mir auf dem Rückweg bei ihnen abholen, worauf die Kinderschar johlend davon eilte um sich an die Arbeit zu mache.

Wegen Pamina, die mich kopfschüttelnd und verständnislos ansah, sah ich mich genötigt ihr dies kurz zu erläutern. Eidechsenschwänze, so dozierte ich, seien ein integraler Bestandteil von Heiltränken, da sie als allegorische Komponente für das Leben in Form der ewig jungen Göttin Tsas standen. Allerdings hegte ich einen gewissen Skrupel, selbst Hand an die heiligen Geschöpfe Tsas zu legen, weswegen mir diese Kinder als Handlanger da gerade recht kamen. Zwar könne ich als Substitut auch Storchen- oder Ibisfedern hernehmen, allein diese Tiere waren ja noch schwerer zu erjagen. An Paminas Augen erkannte ich, dass sie höchstens einen Bruchteil dessen was ich versucht hatte zu erklären verstanden hatte. Und ihr Kommentar, ich solle nicht immer so geschwollen daherreden bestätigte meinen Verdacht nur.

Vor dem Anwesen, dass Hamil uns als Ziel anzeigte standen schließlich zwei Wache. Meine freundliche Anfrgae nach einer Audienz beim Herrn des Hauses, slim ibn Kadar blieb jedoch ohne Erfolg. Nicht weil man uns nicht vorlassen wollte, aber die Wache meinte, diesen gebe es hier schon lange nicht mehr. Das Anwesen sei vor zwei Götterläufen an seinen Herrn Erkaban ibn Nasir verkauft worden, wohl auch mit einem guten Teil des Inventars. Das Ersuchen uns dann nun stattdessen zu seinem Herrn vorzulassen hatte ebenfalls keinen Erfolg. Der Händler war auf Kaufmannsfahrt und hatte sogar seine Familie mitgenommen. Im Umkehrschluss für uns, die beiden bewachten sozusagen ein leeres Anwesen. Konnte Phex uns noch holder sein? Pamina fragte dann ob die beiden wüssten wo Islim ibn Kadar nun wohne. Da blitzte dann doch ihre Bauernschläue durch. Uns wurde beschieden, er sei nun im Übergangsbereich zu Kesha Lisik zu finden, in einer ärmlichen Hütte mit einem kleinen Krämerstand davor. Unser Führer Hamil schluckte sichtlich. Das sei keine gute Gegend, dass Armenviertel der Stadt, ob wir dort wirklich hin wollten? Die Antwort auf diese Frage kann sich der geneigte Leser aber natürlich denken… Wir gingen weiter durch Mantrabat und waren am Ende fast einmal durch Fasar durch auf der anderen Seite der Metropole. Bei den herrschenden Temperaturen wahrlich kein Spaß, aber ungemein spannend, wie ich fand. Zu Melissa gewandt meinte ich, der Thron würde ja kaum in einer ärmlichen Hütte stehen, den Weg müssten wir nicht unbedingt auf uns nehmen. Aber heute Nacht hätten wir dann wohl doch ein wenig zu tun. Ich dachte dabei eigentlich an Atzina, aber angesichts der Gefahren dieser Stadt wollte ich sie sicher nicht alleine losgehen lassen. Keshal Lisik schließlich war eine vermüllte Kloake. Unrat und Fäkalien lagen auf der Straße, Gestank waberte durch die Luft. Hier hätte ein reinigender Regenschauer sicher einmal gut getan, allein, wann mochte man in diesem Klima auf so etwas hoffen können? Auf einem etwas freieren Platz vor einem Turm, vernahmen wir Geschrei, dumpfe Schläge und metallischen Klang. Gut 20 Männer waren dort dabei sich brutal in den Haaren zu haben. Wir wichen zurück. Das war nichts, womit wir zu tun haben wollten. Hamil meinte, Keshal Lisik sei umstrittenes Territorium, verschiedene Erhabene lebten hier ihre Machtpolitik aus. Was wir gesehen hatten war wohl der Kampf zwischen 2 rivalisierenden Banden, hier aber nicht ungewöhnlich. Die Erhabenen hätten für solche Dinge Wesire, selber würden sie sich sicher nie die Hände schmutzig machen. Eine Truppe konnte er dem „Bürgermeister“ Hamach ter Gom zuordnen, die andere war ihm aber unbekannt. Und von einer Stadtgarde war weit und breit nichts zu sehen. Hier schien anscheinend einfach jeder machen zu können, was er wollte. Von Recht und Ordnung war man hier offenbar so weit entfernt, wie Alveran von den Niederhöllen. Sorgen machen, wenn man sich etwas zuschulden kommen ließ musste man sich wohl nur vor dem geschädigten, aber nicht vor einer rechtsprechenden Instanz. Kurz gesagt, die Voraussetzungen hier waren für einen Schwarzmagier wie mich hervorragend, wollte er seiner Arbeit in Ruhe nachgehen! Wofür ich in Gareth oder auch Al’Anfa auf dem Scheiterhaufen brennen mochte, könnte ich hier ohne größere Bedenken tun. Wer sollte sich den über einen beschworenen Dämon hier auch aufregen, wenn das Opfer verstorben war? Eben! Niemand! Grandios! Ich überlegte ernsthaft, meinen Wohnsitz zu gegebener Zeit zu verlegen…

Nach einem kurzen Umweg, den wir nahmen um die Stritenden zu umgehen, standen wir schließlich vor einem wahrlich alt aussehenden und titanisch großen Gebäude aus grünem Marmor. Die form und Bauweise zeigte dem geschulten Auge natürlich sofort dessen Funktion, kannte ich solche Bauten ja auch aus meiner Heimat und in deutlich kleinerer Fassung auch aus Fasar: eine Arena. Diese hier nannte unser Führer Murak al Kira und dahinter befände sich der Übergang zum nächsten Stadtteil. Die meisten Händler des Viertels hätten ihre Stände hier um die Arena, sie war sozusagen ein zentraler Punkt. Diese Arena, dass musste man anerkennen, wäre ein in besserem Zustand ein wahrer Prachtbau gewesen und natürlich war der grüne Marmor recht stabil gegen äußere Einflüsse. Aber ohne einen ordentlichen Unterhalt musste auch solch ein Monumentalbau, die Arena mochte über 200 Schritt in der Länge messen, das war schwer zu schätzen, ja auch dem Verfall anheim gegeben. Und dass sich hier niemand originär zuständig fühlte, wie auch ohne eine geregelte Stadtverwaltung oder einen verantwortlichen Herrscher, sah man dem Gebäude dann leider dennoch an. Was hätte man hier, wie daheim in Al’Anfa für ein florierendes Unternehmen aus einer solchen Anlage machen können. Mit wöchentlichen Darbietungen zur Volksbelustigung. Das Publikum wäre hier sicher vorhanden. Ich fragte mich ernsthaft, warum keiner der Erhabenen bisher Anspruch erhob und damit seinen Reichtum mehrte. Das wäre doch eine wahre Goldgrube! Stattdessen sahen wir durch das Einlassportal im Inneren ein Gewimmel von Gesindel, Bettlern und ähnlichem Gesocks. Diese hatten die Arena anscheinend in Beschlag genommen und darin sogar ihre armseligen Bleiben in Form von Holzverschlägen errichtet. Diese würden, so unser Führer, bei anstehenden Veranstaltungen einfach abgefackelt und damit das Pack vertrieben. Nun wusste ich ja, FAsar war groß, sehr groß sogar. Es musste um die 40.000 Seelen zählen. Und was dies für die Arena bedeutete, wenn Hamil meinte die halbe Stadt passe dort hinein, dass kann sich nun jeder ausrechnen, der über einige wenige mathematische Grundkenntnisse verfügt. Ich war, das gebe ich offen zu, beeindruckt. Aber nicht nur auf mich schien das Bauwerk seine Wirkung nicht zu verfehlen. Faramud stand mir ehrfürchtigem Blick davor, und frage, ohne irgendwen dabei konkret anzusprechen, wie alt diese Arena sei. So genau wusste das natürlich niemand von uns, aber ich meinte, sehr alt. Würde man es versuchen vom Namen herzuleiten, vielleicht von Murak Horas, dann wären das über 1000 Götterläufe. Er interessierte sich auch für den Stein, der seiner Meinung nach aus dem Raschtullswall stammen müsse und damit anscheinend sowas wie Heimatgefühle auslöste. Mutter aller Städte. Dann erging er sich wieder in unverständlichem Geschwafel über die Mutter aller Städte, die wahren Menschen und ewigen Kämpfer gegen das Geschuppte die aus den Bergen herab gestiegen waren, und vor Urzeiten Fasar gegründet hätten, in deren Nachfolge er sich anscheinend irgendwie sah. An dieser Stelle war mir der Kerl ein Rätsel. Zu welchem Volk zählte er sich denn nun? Faramud verbeugte sich schlussendlich vor der Mauer und berührt sie mit der Stirn in einer eindeutigen Geste der Ehrerbietung. Vielleicht sollte ich ihn in einer ruhigen Stunde doch noch einmal in ein gezieltes Gespräch verwickeln und dabei seine Gedanken lesen. Das mochte aufschlussreicher sein, als alles was er ansonsten von sich erzählte.

Um die Arena herum waren tatsächlich reichlich fliegende Händler die auf ausgerollten Teppichen und in kleinen Buden ihre schäbigen Waren feilboten. Wie hätte es auch anders sein sollen in dieser Stadt, wurden wir wieder einmal von der Seite von einer dubiosen Gestalt angesprochen. Kubla ibn Jaichman, stellte er sich unterwürfig vor, und fragte mich als offensichtlich ranghöchsten der Gruppe: „Edler geehrter Herr, weitgereister Hüter des Wissens, ist eure weibliche Begleitung und der Wolf zu verkaufen?“  Ich blickte ihn überrascht an, was ihn anscheinend zu einer Erklärung nötigte. Zum Fest der Magie am 1. Hesinde könne ich damit einen Beitrag leisten das in der Arena zelebriert wird. Die Beiden wären ein besonderes Kämpferpaar und eine Attraktion. Allerdings, so musste ich ihm leider Bescheiden, gehörten sie mir nicht. Und Faramud, der wieder einmal meinte sich einmischen zu müssen, ergänzte, die Beiden stünden unter unserem Schutz, seien aber nicht unser Besitz. Er bot uns dennoch 200 Goldene für Beide, eine durchaus stattliche Summe. Und sie könne dann in der Arena 80 Gegner überwinden um die Korgefälligen 9*9 voll zu machen, um ewigen ruhm und Ehre zu erlangen. Aber wir mussten selbstverständlich ablehnen. Sari und Wala zu verkaufen war natürlich keine Option. Dafür konnte er unsere Frage nach dem Händler ibn Kadar recht schnell beantworten. Quer über den Burschtsch sollten wir einfach nur gehen. Ich gab ihm dann 1 Silber, damit er uns direkt hinführte und dabei das allgegenwärtige Bettlergeschmeiß von uns Fernhielt, anscheinend hatte er hier einen Ruf oder war sogar so etwas wie ein Aufseher. Die genaue Funktion die er einnahm erschloss sich mir nicht. Was sich mir aber schnell erschloss war die Art und Weise, wie er sich mit einer  Gerte, die er freigiebig auf Zudringliche herabsausen ließ, Respekt und uns einen Weg verschaffte. Wieder erstaunlich! Da prügelte der Kerl ungeniert auf den sozialen Abschaum ein, und sicher nicht zum ersten Mal. Aber anstatt das sich das Geschmeiss zusammen rottete und sich seines Peinigers gemeinsam entledigte, duckten sich die Gestalten nur weg und ließen ihn gewähren. Was mochte man mir dann hier ohne Anteilnahme durchgehen lassen? Ein Heer von Bettlern als Blutopfer, nach deren Verbleib niemand auch nur eine Frage stellen würde, und damit unendliche Macht! Unser Weg führte zu einem kleinen, schäbigen Stand an dem ein alter Mann mit langem Rauschebart vergeblich auf Kundschaft harrte. Positiv war, dass er für die Gegend auffällig gepflegt wirkte, aber man sah ihm an, dass er schon bessere Zeiten gesehen hatte. Sein gutes aber abgetragenes Gewand legte davon ein beredtes Zeugnis ab. Auf der Auslage die er feilbot lag allerlei Krimskrams, den ich ansonsten wohl keines zwieten Blickes gewürdigt hätte. Kublah kündigte uns an, und erhielt dafür auch vom Händler einige Münzen. Auch eine Art Tagewerk, dieses Geschäftsmodel. So wurde er also von uns und den möglicherweise durch seine Dienste verdienenden entlohnt.

„Was führt euch zu Islim ibn Kadar?“, eröffnete der Händler das Gespräch. Faramud deutete fabulös an, es sei wegen der Vergangenheit, woraufhin er uns in sein bescheidenes Heim bat und über sein vergangenes Leben sinnierte. Früher hätte er uns in sein Haus gebeten, die Füße mit Rosenwasser waschen lassen und das Mahl mit uns genommen. Aber diese Zeiten wären vorbei. Pamina betrachtete unterdessen interessiert einen roten Schleier auf der Auslage und fragt Faramud ob das ein passendes Stück für sie wäre. Ibn Kadar meinte dann, alles was hier läge hätte eine Vergangenheit. Dies sei der Schleier einer Rahjageweihten, den er einst erhalten hatte und eine Erinnerung an eine unvergessliche Nacht. Dies sagte mir zweierlei über den Mann. Zum einen natürlich, dass er ein sentimentaler Kerl war, aber auch, dass er wohl so verzweifelt wäre, sich von seinem letzten und wertvollen Besitz trennen musste um über die Runden zu kommen. Für Pamina würde das Tragen dieses Schleierst wohl eine Art Bekenntnis zur Erhabenen der Rahjakirche bedeuten, eine Vorstellung, die mich bei diesem naiven jungen unschuldigen Ding innerlich Grinsen ließ. Aber die Farbe des Schleiers allein machte es natürlich nicht aus, auch Atzina trug schließlich  einen roten Schleier und ein rotes Kopftuch. Der Preis von 5 Marawedi hingegen, für ein getragenes Stück Stoff doch reichlich dreist,  sorgte dann aber dafür, das Pamina sichtlich erbleichte. Es begann, umgehend das unvermeidbare Gefeilsche. Ich nutzte die Gelegenheit und betrachte die Auslage vermittels Odem Arcanum. Es mochte ja durchaus sein, das der Kerl ohne es zu wissen tatsächlich ein Kleinod hütete, über die profane Art hinaus. Aber magischen Gegenstände befanden sich anscheinend nicht in seinem Besitz. Nun ja, erwartet hatte ich es auch nicht wirklich, aber man weiß ja nie… der Kraftaufwand hielt sich ja in Grenzen. Ich merkte, wie die anderen anscheinend langsam zum Ende ihrer Verhandlungen kamen. Ibn Kadar  war nun bereit  Pamina den Schleier für 1,5 Marawedi zu geben. Und damit kamen wir endlich auch zum eigentlichen Grund unseres Besuchs zurück. In der Hütte war es sehr ärmlich, er wohnte dort offenkundig alleine und es gab nur einen Raum. Und Platz für einen Thron gab es schlicht nicht. Auf die Frage danach hörten wir, er sei seit der Zeit des Großvaters seines Großvaters im Familienbesitz gewesen. Jetzt aber wohl beim neuen Eigentümer seines Anwesens, Erkaban ibn Nasir oder dem, der ihm das Haus verkauft hatte, der Erhabene Hablet al Fesir ben Cherek. Der Thron stand früher im Audienzzimmer, dem größter Raum des Anwesens, am Ende einer langen Tafel. Atzina wollte von mir einen Bogen Pergament, damit er uns die Stelle aufzeichnen konnte. Aber, immerhin war der Alte ja ein Händler, zuerst wollte er wissen, wie viel ist uns die Information Wert wäre. Das unvermeidliche gejammer und gefeilsche ging wieder los. Er habe als Karawanenführer seine gesamte Habe an Hablet verloren, nur diesen einen Fehler habe er in seinem ansonsten guten Leben gemacht. Und dieser Hablet liebe Luxusdinge. Seine Forderung für die Hilfe waren 25 Marawedi, was Atzina zu einem prustenden Geräusch und entsetzten Gesichtsausdruck veranlasste. Sie ging ohne großen Kommentar hinaus, aber das konnte ich verstehen. Wir wussten auch in meinen Augen genug, um nicht auf die überteuerte Hilfe dieses unverschämten Halunken angewiesen zu sein! Das tat ich, von der Unverschämtheit angestachelt, unter Verweis auf Atzinas Fähigkeiten in diesen Dingen, auch ein wenig vorschnell kund. Faramud begann wie immer zu handeln nachdem  er sich mit einem stummen Blick dafür Melissas Erlaubnis eingeholt hatte. Aber ihr ging es anscheinend nicht schnell genug, irgendwann meinte sie, warum wir uns wegen den 10 Marawedis so anstellten, wenn wir doch heute Abend 500 für die Kamele bekommen würden. Die Frau verstand den Wert des Geldes einfach nicht, typisch Gör, das im Luxus und ohne Mangel aufgewachsen war! Am Ende hatte Faramud den Händler bei 11 Marawedi und dem Schleier für Pamina, dafür erhielten wir eine Zeichnung des Anwesens und die Information wie der unauffälligste Weg zu gehen sei. Dies wäre über das angrenzende Anwesen, das nur während bestimmter Festtage genutzt wird. Der Besitzer lebe ansonsten auf dem Land, weswegen es derzeit unbewohnt sein sollte. In den umlaufenden Garten käme man ungesehen hinein, da der Besitzer zu geizig für Wachen sei.  Und auf der Rückseite seines ehemaligen Hauses wäre ein Fensterladen im 1. Stock, der nicht von innen verriegelt wird, sondern zugeschoben. Aber es würde oft vergessen, ihn einzuhaken. Es hörte sich nach einem Kinderspiel an. Wenn der Thron aber nicht im Haus wäre, dann hätte ihn wahrscheinlich der Erhabene behalten, der selbst mit einem erstaunlichen Leibesumfang gesegnet war, 200 Stein wöge und gut auf den Thron passen würde. Nun hatten wir auf jeden Fall ein Ziel! Das konnte man durchaus als Zwischenerfolg verbuchen.

Unser örtlicher Führer stand immer noch draußen und scheuchte Leute herum. Er versäumte es nicht, mich noch einmal darauf hinzuweisen. wenn ich mir beim Fest der Magie doch einen guten Ruf erwerben wolle oder bei Thomeg Atherion, dann solle ich es mir doch überlegen, die Dame mit dem Wolf zur Verfügung zu stellen. Zur Not könnte er auch auf 220 Marawedi erhöhen, wie er mir zuraunte. Allein der Hinweis auf den berühmten Magister Atherion brachte mich dann schon noch einmal in Versuchung, der Mann war eine Legende in unserer Gilde! Mit so jemandem Gut zu stehen wäre unbezahlbar! Aber leider, leider, konnte ich nicht verkaufen, was mir nicht gehörte. Und ich  muss zugeben, Skrupel gegenüber Sari die ich doch ein wenig mochte, waren natürlich auch dabei. Aber, der Gedanke schoss mir wie ein Blitz durch den Kopf, die Akademie hier würde ich schon besuchen müssen. Allein schon deshalb, um ihnen mitzuteilen, dass sie ein ehemaliges Mitglied aus ihren Rollen streichen konnten. Und weil ich neugierig war, wie die hiesige Akademie von innen Aussah. Einen guten Ruf hatten sie ja in unseren Kreisen, das konnte man nicht leugnen. Ich glaube sogar, sie könnte eine der ältesten Akademien des Kontinents sein, wenn sie ihr Tradition bis in die Anfänge der Stadt zurückführte. Da würde ich  mir Hamil wohl einmal bei Gelegenheit für einen privaten Ausflug ausborgen müssen.

Auf Rückweg sammelte ich bei den Straßenkindern noch die Eidechsenschwänze ein. Ein Kind hielt Wache und pfiff die andere Kinder herbei. Die Katzenhändlerin überreicht mir zerknirscht magere 5 Schwänze! Offensichtlich war die Zeit zu kurz gewesen oder die Eidechsen zu flink. Aber morgen Abend kurz vor Sonnenuntergang könnte ich noch viel mehr erhalten, wenn ich wollte. Und natürlich wollte ich! Auf Rückweg kamen wir zur Mittagsstunde wieder über den Basar. Dort hatte sich, Gipfel der Undenkbarkeit in anderen zivilisierten Landen, ein Borbaradprediger in schwarz und rot in ein Eck gestellt und verkündete völlig unbehelligt seine Lehren. Auf Grund dessen was ich mittlerweile über Faramud wusste hätte ich gedacht, er würde diesem „Priester“ direkt an die Gurgel gehen und ihn ins Jenseits befördern, aber er blieb erstaunlich ruhig. Aus reiner Neugier stellte ich mich zu den übrigen Zuhörern. Der Prediger lud uns sogar nach Xeraanien ein, verkündete Gerechtigkeit und Magie für alle! Das wiederum war doch etwas lächerlich. Magie für alle – als ob so etwas ohne eine vernünftige Ausbildung an einer Akadmie möglich wäre! Ja, ich hatte Gerüchte gehört, dass diese Borbaradianer auch Personen ohne arkanes Potential die Wirkung zauberähnlicher Effekte ermöglichen konnten. Aber wie dauerhaft konnte das sein? Und wie umfassend? Doch allenfalls auf dem Niveau eines dürftigen Laien! Und welchen Preis mussten solche Leute dafür zahlen? Verüpfändeten sie ihre Seele dann doch an einen Dämon? Auszuschließen war das nicht! Atzina und Faramud zogen uns schließlich weiter. Eine gute Stunde später waren wir endlich am tanzenden Derwisch. Ich machte mich im Zimmer erst einmal daran, die Eidechsenschwänze zum Trocknen auf einen Faden aufzufädeln. Völlig überraschend begann Atzina mich anzuschnauzen, was mir einfallen würde ihre Fähigkeiten so offen Preiszugeben. Dieser goldgierige Versagerhändler und auch unser Führer brauchten solche Dinge nicht zu wissen und auch unsere Gefährten kannten sie als Heilerin und sonst als nichts und so solle es aus ihrer Sicht auch ruhig bleiben. Nun gut, ich war da wohl unbeabsichtigt etwas übers Ziel hinaus geschossen, das gebe ich zu. Ich hatte mich da in der Hitze des Moments hinreißen lassen eine unbedachte Äußerung zu tun, was ja sonst wahrlich nicht meine Art ist. Im Stillen gab ich ihr durchaus Recht, das hätte nicht sein müssen, ihren Zorn konnte ich nachvollziehen. Da hatte ich wie es schien einen empfindlichen Punkt bei ihr getroffen und würde mich in zukunft besser unter Kontrolle haben müssen. Auch das ist sonst nicht meine Art, aber unter Freunden… ich blickte beschämt zu Boden und entschuldigte mich bei ihr.

Nach einer kleinen Mittagspause um die schlimmste Hitze zu überbrücken trafen wir uns zur vierten Stunde, um das weitere Vorgehen zu planen bei Melissa im Zimmer. Das naheliegende fassten wir zuerst ins Auge: des nächtens in das Haus einsteigen um nach dem Thron zu suchen. Wobei es Atzina anscheinend nicht sonderlich gut fand, dass ich meinte mitgehen zu müssen, ja am liebsten auch die anderen mitnehmen wollte zum Schutze. Ich wusste einfach nicht, wie gefährlich die Straßen Fasars bei Nacht waren. Aber angesichts der Dinge, die hier schon tagsüber stattfanden wollte ich mir die gesetzlosen Gräuel der Nacht gar nicht erst ausmalen und würde Atzinas Leben sicher nicht so leichtfertig riskieren! Dann mischte sich aber Sari in den Disput ein: Mit ein paar Ratten könne sie uns genau sagen, ob sich der Besuch im Haus überhaupt lohne. Was für einen wilden Hokuspokus sie da wieder vorhatte? Auf jeden Fall stimmte ich, nicht so sehr wegen Vertrauen darin, aber auf jeden Fall wegen einer gewissen Neugierde die mich da packte, zu. Im schlimmsten Fall mochten wir einen Tag Zeit verlieren, aber das war eigentlich nebensächlich. Atzina ging Hamil suchen, er solle Ratten besorgen. Dieser Laufbursche war ungemein nützlich! Es dauerte etwa eine Stunde, dann kam Atzina mit einem Sack und 7 Ratten zurück. Sari meinte, sie müsse dazu über Nacht aus der Stadt heraus. Das mochte sein, oder eine Ausrede um wieder aufs freie Land zu kommen, aber was immer sie vorhatte, wir würden ihr das wohl glauben müssen. Andererseits, ich schätzte sie mittlerweile so ein, das es wohl stimmen mochte, welchen Grund hätte sie uns zu belügen. Wenn sie hätte gehen wollen, wäre sie einfach los. Das hatte sie in der Vergangenheit ja schon öfter getan. Bis auf Aureliane und Melissa begleiteten wir sie alle. Zunächst, es lag auf dem Weg, gingen wir in dieKarawanserei bei Abu das Geld für die Kamele und das verbliebene Zubehör einsammeln. Das LLeuchten in den augen meiner Gefährten, insbesondere bei Pamina die ihr Lebtag wohl noch keine solche Summe besessen hatte, war erfrischend. Abu bat uns auf sein Zimmer zu einem Tee und übergab uns dann dort und nicht vor Aller Augen das Geld. Man muss sagen, es hat sich gelohnt. Vielleicht sollten wir auf Karawanenräuber umschulen, wenn das so lukrativ war. Für jeden blieben am Ende 45 Marawedi, 5 Zechinen, 26 Muwlat. Neben Karawanserei befand sich ein öffentlicher und offensichtlicher  Phextempel. Nachdem ich durch reines Glück zu diesem unverhofften Reichtum gekommen war, anders kann man es kaum nennen, opferte ich dort 5 Marawedi als Zehnt. Diesen Verdienst verdankte ich Phex, und nicht Hesinde. Obwohl, bei Gelegenheit sollte ich wohl auch wieder einmal einen Tempel der Allweisen Schlange aufsuchen, um meinen Respekt zu erweisen. Ob es hier in Fasar wohl einen solchen gab? Ich durfte nicht vergessen, Hamil danach zu fragen!

Danach verließen wir die Stadt gen Rahja hinaus, Sari fand auch schnell außerhalb in den Hügeln um Fasar eine halbe Stunde Fußmarsch entfernt einen Ort der ihr geeignet erschien. Sari machte Feuer, malte sich mit der Asche ein Auge auf die Stirn und wartet bis Mitternacht. Gespannt beobachtete ich das animalisch anmutende treiben. Beim wachen wechselten wir uns ab, wenn sich bei ihr etwas tun würde, wollten wir uns gegenseitig wecken. Sari zog dann ihre Oberbekleidung aus, warf sich ein Wolfsfell über, verfiel in einen kehligen Singsang, wobei sie begann ihre neue Dabla, ein Beutestück aus dem Nachlass der Räuber für das sie sich entschieden hatte, zu schlagen. Die Trommel klang mit schönem, dunklen, tiefen Ton durch die Nacht. Saris Gesang wandelte sich mit der Zeit, wurde mehr und mehr eine Art Wolfsgeheul. Wala blickte uns dabei die ganze Zeit streng (kann ein Wolf überhaupt streng gucken?) an, so als ob wir nicht näher kommen sollten. Es dauert etwa eine halbe Stunde und muss um Mitternacht herum gewesen sein, als Sari verklärt zum Himmel schaute. Eine Klinge blitze auf, dann schlitzte sie die Ratten nach und nach auf und warf sie ins Feuer. Barbarisch, aber faszinierend! Das Feuer brannte etwas herunter, dann fischte sie die verbrannten Knöchelchen der Ratten heraus und warf sie vor sich auf den Boden. Dann betrachtete sie die rußgeschwärzten Hühnerknochen mit gerunzelter Stirn und offenkundiger Konzentration. Wir warteten gespannt auf das Ergebnis. Aber als sie fertig zu sein schien, wickelte sie sich in Decke, kuschelte sich an Wala und schlief quasi auf der Stelle ein!  Was sollte das denn nun? Wollte sie uns veräppeln? Ich meine, ich kenne natürlich die kräftezehrende Wirkung, die mancher Zauber auf den Geist hat. Aber das? Dieser popelige Humbug konnte ja kaum mit der stundenlangen Schaffung eines Artefakts oder einer großen Beschwörung verglichen werden. Das war ja allemal bessere Jahrmarktszauberei! Faramud weckte sie dann auch wieder auf und sie meinte nur: „Wir brauchen nicht ins Haus zu gehen, wir werden dort nichts finden.“ Woher immer sie nun diese Erkenntnis haben mochte. Da es aber eh schon zu spät war um wieder in die Stadt zu gehen, verbrachten wir alle die Nacht im Freien. Das aufsteigende Praiosgestirn weckte uns.

Da wir keinen großen Proviant mitgenommen hatten gingen wir direkt zurück zur Stadt. An Straße passierten wir gerade eine kleine Baumgruppe, als ein Falke trotzig gen Himmel schrie -  und dann tot vom Baum fiel. Sein Schnabel war im Tode zum Schrei erstarrt. Nun beging ich einen, wenn auch folgenlosen, taktischen Fehler. Anstatt die anderen zu warnen, sie sollten das tote Tier nur in Ruhe lassen und nicht anrühren, spurtete ich mit einem lauten „MEINS!“ auf den Lippen los. Pamina reagierte reflexartig, wahrscheinlich so eine Art Jagdtrieb, und war mir direkt auf den Fersen. Nun ja, meine athletischen Fähigkeiten konnte man höchstens als rudimentär ausgeprägt bezeichnen. Natürlich war dieses Mädel, das Zeit Lebens durch die Wälder gerannt war, schneller als ich und zuerst bei der Beute. Der Falke schien äußerlich unverletzt. Atzina meinte, wir sollen aufpassen damit wir uns keine Krankheiten einfangen. Aber auch sie fand selbst bei genauerer Betrachtung kein Anzeichen für Gift oder Krankheiten. Mochte der Falkenboron ihn einfach am Ende siner Lebensspanne zu sich gerufen haben? Auf jeden Fall machte mir Pamina die Beute nun nicht streitig. Wobei ich ja nur ein einziges Interesse hatte. Atzina löste mir die Augen aus dem Falken, eine weitere unerlässliche alchemische Zutat. Leider beschädigte sie eines dabei, aber besser als nichts. Es war gar nicht so einfach, auf dem Markt an Falkenaugen zu kommen, auf Vorrat hatten so etwas die wenigsten Händler. Und Falken an sich nur wegen der Augen zu erwerben war ein recht kostspieliges Unterfangen. Ich packte die Augen mit Alkohol in ein Fläschchen um sie zu konservieren. Das würde vorerst genügen. Ich bot Sari den Falkenkadaver dann für Wala an, aber sie wollte ihn nicht. Wohl zu unsicher, was die Todesursache anging. Im Gasthaus zurück, frühstückten wir mit Melissa auf der Terrasse am Zimmer. Unser Wirt, geschäftstüchtig wie immer kannte natürlich den Erhabenen Hablet, den er „Mondsilberwesir“ nannte. Man könne täglich zur zehnten Stunde bei seinem Wesir um eine Audienz bitten, der Grund müsse nur ein ausreichend Guter sein. Er aber könne uns auch für 10 Marawedi einen bevorzugten Termin verschaffen, dann müssten wir nicht mit dem ganzen Pöbel in der Schlange anstehen. Ich fand, das war durchaus eine Überlegung wert. Hier hatte anscheinend alles seinen Preis. Selbst so etwas Simples wie die Vorsprache bei einem der lokalen Potentaten. Wala bekam vorher noch schnell ein rohes Huhn aus der Küche. Sollte ja auch nicht leben wie ein Hund.

Pamina war lustigerweise der Meinung, wir könnten den Thron ja untersuchen, während wir verhandeln. Alleine die Vorstellung, wie sie daran herumfummelte, während ein 200 Stein schwerer Koloss darauf saß ließ mich schon den Kopf schütteln. Wollte sie ihn dann hochheben wie ein Zimmermädchen den Stuhl beim Putzen? Unmöglich! Ich war eher der Meinung, wir sollten so nah wie möglich an der Wahrheit bleiben. Der Thron war nun einmal ein Familienerbstück der Zeforika, und das hätten diese gerne wieder haben wollen. Pamina, die ja nur einen Teil von allem wusste, zeigten wir erstmals die Schlüssel, sie hatte ja noch keine Vorstellung von den gesuchten Objekten und ging bisher davon aus, wir suchten den Fetzen einer Karte oder ein Stück Stoff. Unerwarteter Weise kam dann noch  Faramud mit einer gar nicht einmal abwegigen Idee um die Ecke. Anstatt direkt zu versuchen den Thron käuflich zu erwerben, was sicher auch nicht billig geworden wäre, könnte man ja auch zuerst vorgeben, nicht sicher zu sein ob dieser Thron das gesuchte Stück ist. Man müsse es erst einmalmal zur Untersuchung begutachten. Sollte das nicht helfen, könnte man ja immer noch weiter sehen. Sari, die anscheinend sowohl der Diskussion als auch ihres Goldes überdrüssig war, war bereit den Preis zu zahlen und machte mit unserem Wirt den Termin klar. Aureliane erbot sich dann, unter Verweis darauf Fesir sei schließlich ein Mann und sie könne da durchaus auch andere Reize einbringen, das verhandeln zu übernehmen. Da sie sich schon in anderen Dingen überraschenderweise als kompetent erwiesen hatte wäre das ja noch eine ihrer näherliegenden Fähigkeiten, dachte ich bei mir. Also beschlossen wir, ihr in dieser Hinsicht zu vertrauen und zumindest vorerst ihr das Reden zu überlassen.

Sari kam auch rasch von unserem Wirt wieder zurück. Zur zehnten Stunde sollten wir am Burtsch sein, dann erhielten wir noch heute eine bevorzugte Audienz. Da die Zeit nach dem Frühstück schon etwas fortgeschritten war mussten wir uns eilen. Surkan al Rechim, der alte Wirt, führte uns sogar persönlich und eilte vor uns her zum Ziel. Für sein Alter schien er erstaunlich rüstig. Aber zum Glück war der Weg nicht allzu weit, auch wenn wir in diesem Teil des Viertels noch nicht gewesen waren. Er führte uns direkt hin durch einige verwinkelte Gassen, aber da dieser Turm der höchste der Stadt war hätten wir ihn sicher auch selbst gefunden. Wie ein mahnender Finger überragte das Ungetüm die darum herum liegenden Häuschen. Hamil schien auch schon vor dem Gasthaus darauf gewartet zu haben, sich heute wieder ein paar Taler zu verdienen und folgte uns ohne auf eine weitere Aufforderung zu warten. Es war schon praktisch jemanden zu haben der einem das Gesocks vom Leib hielt. Aus der näher betrachtet wirkte der Turm zugegebenermaßen sehr seltsam. Zusammengewürfelt von unten nach oben war noch die treffendste Bezeichnung die ich dafür fand. Da passte nichts zu anderen. Ich verstehe zwar nichts von Baukunst, aber rein statisch betrachtet hätte dieses seltsame Gebilde eigentlich in sich zusammen fallen müssen! Eine Treppe führte zu einem Eingang in der Höhe, unten standen unzählige Leute und warteten. Jetzt war ich froh über die Entscheidung. Mit all diesem Pöbel warten zu müssen hätte sicher ewig gedauert! Neben der Treppe war eine Art Plattform die zu einem Aufzug zu gehören schien. Wir sollten nach Machmud fragen und sagen wir kommen von Surkan al Rechim, hieß uns der Wirt. Bewacht wurde der Turm von Wachen in Gewändern, wie sie auch am Skorpiontor gestanden waren. Faramud fragte von weiter hinten nach Machmud und erhielt mehrere Antworten aus der Menge. Der Name war hier anscheinend so verbreitet wie andernorts der Alrik. Uns blieb nichts anderes übrig, wir drängten uns an der Menge vorbei. Zwar folgte uns ein stetiges Murren, aber angesichts eines Magiers mit seinem bewaffneten Gefolge machte man uns letztendlich doch Platz. Recht so, das gemeine Volk kannte seinen Platz, so muss es sein! Vorne angekommen ging ich zur Wache. Ich stellte mich vor und fragte wie geheißen mit Verweis auf Surkan nch Machmud woraufhin wir unter blumigsten Worten auch anstandslos vorgelassen wurde und die Treppe zum Eingang erklommen. Nebendran  beluden zwei Mann den Aufzug. Vor den Wachen am Tor mimte Faramud unseren Diener. Er schien etwas beobachtet zu haben und deutete Melissa und mir an den Aufzug zu nehmen. Den Herren, oder wie er uns nannte Sahib und Saba, sollte wohl eine bevorzugte Behandlung zukommen. Aber der Diener an der Plattform meinte nur mit Erlaubnis des Erhabenen wäre dies möglich und lies sich auch von Aurelianes insistieren nicht davon abbringen. Das war bedauerlich. Nicht wegen der körperlichen Anstrengung der Treppe, die hätte ich nicht gescheut. Aber der Eindruck zählte. Kurz überlegte ich, ob ich Melissa bei der Hand nehmen sollte und uns mittels Transveralis auf Sicht nach oben befördern sollte. Aber ich entschied mich dann dagegen. Sowohl der Aufwand an Kraft für dieses reine protzen, als auch das damit verbundene Risiko  und nicht zuletzt meine noch recht geringe Kenntnis der Formel ließen mich diese Variante aber verwerfen.

Also liefen wir. Unten sollten wir die Waffen abgeben und man wies uns auf zusätzliche Wachen beim Erhabenen hin. Sollte es zu einem Vorfall kommen, würde eine besondere Bestrafungfolgen, aber wir wurden nicht durchsucht, ob nicht doch einer eine versteckte Waffe dabei hätte. Ich gab meine beiden Dolche ab, mehr an Waffen führte ich ja nicht. Den Stab durfte ich aber behalten, hier hatte der Erhabenen eine Abmachung mit Thomeg Atherion getroffen, wie mir ein beflissener Diener mitteilte. Das wiederum fand ich sehr erfreulich! 250 Stufen mussten wir anschließend aufsteigen, eine doch recht strapaziöse Angelegenheit, aber mit zunehmender Höhe wurde der Ausblick über Fasar immer besser. Immer wieder kamen uns Leute in verschiedener Gemütsverfassung entgegen, diese hatten ihre Audienz wohl schon hinter sich, offensichtlich mit unterschiedlich befriedigendem Ausgang. In respektabler Höhe, sicherlich 40 Schritt oder mehr, kamen wir zu einem Saal mit 3 Fenstern. Auf Holzbänken an der Wand saßen bereits zahlreiche Leute, die nach und nach vorgelassen wurden. Wir reihten uns ein, warteten etwa eine halbe Stunde bis wir von einem wichtig dreinblickenden Mann aufgerufen werden. Er führte uns in einen prunkvollen von Säulen gesäumten Empfangssaal an dessen Ende ein Thron unter einem gemalten Sternenhimmel stand. Daneben sah ich einen grau gewandeten Magier stehen, auf der anderen Seite eine Wache mit großem Khunchomer und Schild. Vor einer kleinen Treppe die zum Thron des Erhabenen führte und seitlich bei den Säulen fanden sich Wachen und Höflinge. Nun, zumindest das Drumherum, das muss ich zugestehen, war Eindrucksvoll. Ich nickte anerkennend. Hier wurde kaum weniger Prunk aufgefahren, als bei einem Al‘Anfaner Granden der seine Gäste empfängt, und das will etwas heißen! Freilich, über den Geschmack kann man streiten, aber trotzdem. Wir durften bis zum Fuß der Treppe. Aus dem Augenwinkel sah ich wie Atzina Fachkundig den Raum musterte. Wahrscheinlich fragte sie sich, wo sie falls erforderlich am leichtesten eindringen könnte. Dabei hätte ich uns beide, wo ich nun schon einmal hier gestanden war, mit einem Fingerschnippen hergebracht. Was aber viel interessanter für mich war, war der gemalte Sternenhimmel. Ein wenig kenne ich mich  mit der Astronomie ja auch aus. Ich konnte ziemlich sicher den Nordhimmel und seine Sternbilder identifizieren. Sehr interessant, aber warum fand sich das hier? Verehrte der Erhabene am Ende Phex uns seine Sterne? Sari raunte, die Linien seien falsch gezogen, aber ich konnte da keine Fehler erkennen. Derweilen schminkte, puderte und parfümierte sich Aureliane während wir das Bild musterten. Ich mochte mich täuschen, aber rückte sie da sogar ihre Oberweite zurecht?

Von der Seite kam nach kurzer Zeit ein sehr gut gekleideter, sehr sehr dicker Mann sehr sehr sehr langsam angewatschelt. Der Gang, den ich nicht zum ersten Mal bei einem Wohlhabenden, in die Jahre gekommenen Mann sah, erinnerte mich an eine übergewichtige Laufente, die sich nur mühsam auf den, für das eigene Gewicht viel zu kleinen, Füßen halten konnte. Er schwitzte und schnaufte schon beim Gehen der wenigen Schritte über das Podest bis zu seinem Thron, als würde ihn jeden Moment der Herr Boron zu sich rufen wollen. Dafür, dass muss man sagen, passte der Thron wie angegossen. Die Beschreibung des Möbelstücks durch Melissa hätte treffender nicht sein können. Normal hätten da sicher ein Herrscher und zwei Gespielinnen drauf Platz gefunden. Nun füllte dieser Erhabene die Sitzfläche völlig alleine aus. Der Herold klopfte dreimal auf den Boden. „Der Erhabene Hablet al Fesir ben Cherek ist nun bereit euer Anliegen zu hören“. Die Anzahl der Klopfer deutete dem in Etikette kundigem andernorts, wie wichtig die angekündigte Person war. Mit frei wäre er in der Hierarchie allenfalls irgendwo im Mittelfeld gelandet, vielleicht auf der Stufe eines Landadligen. Nur wusste ich natürlich nicht zu sagen, ob hier die gleichen Gepflogenheiten herrschten. Aber es ist, das werde ich nicht müde zu betonen, dass Detail, auf das man achten muss, nicht das offensichtliche. Derweil reichte ein Lakai in Pluderhosen dem Dicken ein Tablet mit Trauben, Käse und anderen Häppchen, die er von nun an fortwährend in seinem breiten Mund verschwinden ließ. Bei dieser konstanten Nahrungszufuhr brauchte ich mich über die Leibesfülle nicht zu wundern. Der Mann machte aus sich selbst ja die reinste Mastgans! Mit diesem Brocken würde wahrscheinlich sogar ein menschenfressender Oger leicht über jeden noch so harten Hungerwinter kommen! Ich konnte nur hoffen, dass der neben dem Thron stehende Magus nicht unterdessen unsere oder meine Gedanken las… ich würde mich von hier ab wohl zusammen reißen müssen…

 Aureliane trat nun vor und sprach für uns wie ausgemacht. Der Erhabene hörte bis zu einem bestimmten Punkt zu, lies sich dann von seinem Lakai den Mund abwischen bevor er antwortete (zumindest ein gewisses Zeichen von Kultiviertheit) und fragte uns dann, warum er das wunderbare Teil verkaufen sollte. Hätte ich gewusst was nun folgte, ich hätte das Reden selbst übernommen. Aureliane verhandelte und sprach im Angesicht des Erhabenen derart unbeholfen, ja stammelte regelrecht etwas zusammen, dass es mir fast die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Ich hatte erwartet, sie wäre es gewöhnt mit hochgestellten Personen Umgang zu haben und würde eine gewisse Wortgewandtheit an den Tag legen. Ich wurde bitter enttäuscht… Man konnte aus dem nun folgenden Gespräch sagen, das der Erhabene sie verbal nach Strich und Faden zerlegte. Ein altes Familienerbstück sollte nicht erst verschwinden. Warum wollten wir es zurück haben? Er wolle seinen lieb gewonnenen Thron eigentlich nicht hergeben, aber er könnte einem Zeichner das abmalen gestatten, wir könnten ja ein Replikat anfertigen, niemand würde es bemerken und dergleichen mehr. Und man musste leider sagen, Aureliande fand auf keine seiner Einwendungen auch nur eine vernünftige Antwort. Sie kam zwar mit der Fortdauer des Gesprächs ein wenig besser hinein, blieb dem Koloss aber in allen Belangen unterlegen. Ein Trauerspiel, und ich machte mich geistig schon darauf gefasst, mit Atzina tatsächlich des nächtens in diesen sicher gut bewachten Ort eindringen zu müssen. Erst mit der Frage nach Untersuchung zur Klärung, ob es wirklich der Zeforika-Thron sei kam, eher ungeplant und auch eigentlich wieder zu unserem Nachteil, hätten wir einen übel gelaunten Verhandlungspartner vor uns gehabt, Bewegung in die Sache. Das hatte aber nichts mit Aurelianes zutun zu tun. Der graue Magus neben dem Thron schien sich während Aurelianes Vortrag zu konzentrieren, das erkannte ich an seinem Gesichtsausdruck. Zwar machte er keine auffälligen Gesten, aber ich erkenne natürlich das Wirken von Magie, auch ohne protziges Brimborium herum. Er war, das stand fest, der Leibmagier des Dicken, und ich war ebenfalls ausgebildeter Leibmagier. Also tat er vermutlich das, wofür unser Berufsstand da ist. Als da wären zuförderst der Schutz der anvertrauten Person, was in diesem Falle ja unerheblich war, da der Erhabene nicht bedroht wurde. Und ad secundo in Verhandlungen und Gesprächen entweder eine arkane Beeinflussung auszuschließen oder das Gegenüber selbst zu beeinflusse oder zumindest dessen geheime Beweggründe zu eruieren. Da kein Grund vorlag uns zu beeinflusse, er hätte uns ja auch einfach hinauswerfen lassen können, musste also letzteres das Ziel sein. Ob er nun nur Aurelianes Gefühle und Absichten prüfte oder direkt ihre Gedanken las konnte ich nicht sagen, aber das Ergebnis wäre wohl das gleiche gewesen. Er flüsterte dem Erhabenen dann etwas ins Ohr und Ben Fesir änderte prompt seine Art zu sprechen und zu verhandeln.  Das Möbel an sich wäre uns gar nicht so wertvoll, sprach er nun an, was wohl sein Magus auf arkanem Wege herausgefunden hatte. So konkret war diese Aussage, dass ich nun vom Lesen der Gedanken ausging, er uns aber noch einen höflichen Ausweg anbot statt uns direkt zu konfrontieren. Wir sollten uns aber nicht für unser Vorgehen entschuldigen, was Aureliane gerade mit schamesröte im Gesicht tat, sondern für die Zeitverschwendung der armen Seelen die draußen ebenfalls auf eine Audienz warteten. Etwas sei an oder in dem Thron, was uns interessiere, aber der Thron wwäre aufwendig restauriert worden, bevor er ihn seiner jetzigen Verwendung zugeführt habe. Dabei hätten seine Arbeiter etwas gefunden, was offensichtlich nicht dazugehörte. Und der Gegenstand befände sich nun in seiner Schatzkammer, da er bisher ja nicht wusste, worum es sich handle oder wozu er gut wäre. An dieser Stelle mischte sich, vielleicht um ein wenig vom Thema abzulenken, wer weiß, Sari ins Gespräch ein. Und das erwies sich, wenn auch ungeplant, als wahrer Glücksfall. Sie deutete auf die meisterhafte Nachbildung des Nordhimmels, allerdings kam es natürlich erst einmal zu sprachlichen Verwicklungen, da Sari ja immer noch kein Tulamidia sprach. Der Erhabene war anscheinend glühender Anhänger der Sternenkunde (Atzina hüpfte dabei aufgeregt etwas gackernd dabei auf und ab) und wechselte dann für Sari in ein nahezu perfektes Garethi. Nun, es hätte mich auch gewundert wenn ein Angehöriger der Oberschicht nicht zumindest diese Fremdsprache beherrscht hätte. Die Linien seien alle falsch, meinte Sari, und fragte dann nach einem Sternbild, welches sie „Welpenhöhle“ nannte. Sie zeigte ihm eine andere Verbindung zwischen Sternen am eferdgewandten Teil des Himmels auf, die so gar nichts mit den vorgezeichneten Linien zu tun hatte. Die Sterndeutung sei sein steckenpferd, meinte der Erhabene und er kannte anscheinend sogar manche Sternbilder der Nivesen. Die beiden begannen nun zu Fachsimpeln, offenbar verstandt Sari durchaus auch etwas von der Materie. Am Ende mutmaßte der Erhabene er könne die Sterndeutung fremder Völker in anderen, verschiedenen Farben einzeichnen lassen und hielt das für eine ausgesprochen gute Idee. Ich stellte mir das allerdings auf einer Tafel wie dort oben als recht unübersichtlich vor. Man sähe ja vor lauter bunten Linien die Sterne gar nicht mehr und verlöre völlig den Überblick. Ich hätte da eher an eine illusorische Darstellung gedacht, bei der mittels z.B. eines Menetekel Flammenzeichen sich auf Kommando verschiedene Konstellationen von Linien sichtbar machten. Aber das wäre natürlich aufwändig und teuer… wobei der Erhabene nicht den Eindruck machte, dass ihn so etwas wie ein Aufwand in Gold schrecken würde. Aber ich hielt den Mund. Sari meinte dann noch, die Sterne sind Widerspenstig, bessere Weissagung erhielte man aus Knochen. Worauf der Erhabene entgegnete er hätte unsere Ankunft aus einer Sterndeutung vorhergesehen. Dafür meinte Sari hätte sie den Ort des Throns in den Knochen gesehen und die beiden begannen nun über Orakel zu fachsimpeln. Sari erklärt es ihm anhand der letzten Nacht. Mit Liskas Hilfe und der Kraft der Sterne hätte sie… ich klinkte mich geistig aus dem Geschehen und dem unwissenschaftlichen Mumpitz aus. Erstaunlich war, dass sie ihm auf Nachfrage ihren vollen Namen nannte: Sari, Wolfssprecherin aus der Sippe der Liskali.

Damit war das, sprichwörtliche, Eis zwischen uns offensichtlich dank Sari gebrochen. Er würde gerne mit ihr weitersprechen, aber seine Zeit sei knapp, es warteten noch andere. Deswegen kam er zurück zu unserem Anliegen und wandte sich wieder Aureliane zu. Nun wisse er, was er mit dem seltsamen Objekt solle. Wir dürften ihm bei einem kleinen Problem helfen. Von der Phexkirche sei ihm vor kurzem ein Artefakt überantwortet worden. Ein kannenförmiges Gefäß aus der Zeit der Magiermogule, gemacht aus einer Zinnlegierung, besetzt mit Topases und beschriftet mit Glyphen die das Wort Krn’chchur bildeten. Mir rutschte ein: „Das ist doch Echsenwerk!“ heraus, woraufhin Faramdu mich strafend ansah, mir den Ellbogen in die Seite rammte und ich aufschnaufte. Das sei  möglicherweise richtig, meinte der Erhabene, ging aber nicht weiter darauf ein. Die Kanne nun wurde bei ihrer Überbringung durch seinen Boten geraubt, sozusagen auf den letzten Metern, kurz vor dem Turm. Wir sollten sie wiederbeschaffen um sein Gesicht zu wahren. So einfach war das. Der Raub trug sich vor zwei Tagen zu, den Boten hatte er in seinem unermesslichen Zorn hinrichten lassen. Eine Facette an dem Erhabenen, die zu  kennen durchaus wichtig war. Seinen Zorn sollte man also besser nicht erregen… Ich fragte dann nach seiner Leiche, auch Überreste sprechen, wenn man sie nur freundlich fragte, was mir nochmal zwei Ellbogen, diesmal von Aureliane und Pamina einbrachte. Der Erhabene blickte dabei verwundert zu seinem grauen Magier, dieser nickt aber kaum merklich und schaute mich dabei strafend an. Was hatten heute nur wieder alle? Leider war der Kadaver in den Gadang geworfen worden, ohne Bestattung. Letzteres wäre eine wunderbare Voraussetzung gewesen, aber die Leiche ist mittlerweile sicher entweder weit davongetrieben oder von Krokodilen gefressen worden. Sehr bedauerlich! Sari meinte dann aber, ohne das irgendwer ihr einen Ellbogen in die Seite stieß, wie unfair!, man könnte ja auch den Geist fragen. Der Mann wurde in einem Hinterhof des Burtsch getötet. Dort könne man seinen sicher ruhelosen Geist auch noch herbeirufen. Nun ja, was hatten wir schon zu verlieren? Sari meinte dann, sie bräuchte dazu aber einen Verwandten des Verstorbenen, was aber anscheinend kein Problem für den erhabenen war. Und bisher hat Saris Hokuspokus ja erstaunliche Resultate gezeitigt. Der Überfall aber fand in Keshal Isiq zu später Stunde auf der Hauptgasse statt. Zwei Angreifer seien es gewesen, die offenbar Zeit und Ort des Boten kannten, an einen Zufall glaubte der Erhabene nicht. Anscheinend hatten wir nun endgültig das Vertrauen des Erhabenen gewonnen, denn nun erhielten wir ebenfalls ein Tablett mit Häppchen und besiegelten Formel in Phexens Namen den Handel. Wir würden ihm seine Kanne wiederbringen, dafür erhielten wir dann unseren Schlüssel. Wenn man den holprigen Start bedenkt, war doch noch einmal alles gut gegangen. Ich seufzte innerlich vor Erleichterung.

Der Großwesir gab uns dann noch einen Zahori namens Ajano der sich gut in der Stadt auskannte und uns führen sollte mit. Oder vielleicht auch als seinen Aufpasser, damit wir keinen Unfug trieben und uns mit der Kanne aus dem Staub machten. Ich glaube nicht, dass sein Vertrauen in uns schon so weit war, es darauf ankommen zu lassen. Gut wiederum war, dass wir die schriftliche Erlaubnis bekamen, die Hochstraßen sowie seinen Aufzug für die Dauer unserer Anwesenheit zu nutzen. Manche dieser Straßen könnten wir umsonst nutzen, die unter seiner Kontrolle standen, für andere müssten wir allerdings ein Wegegeld zahlen. Aber wir sollten überall passieren können mit unserem Passierschein, so war es unter den Erhabenen der Stadt vereinbart. Die Idee des Aufzugs hatte er, wohl auf Grund seiner zunehmenden Leibesfülle, von den Diamantenminen mit denen er früher gehandelt hatte adaptiert und an den Turm anbauen lassen. Aureliane hatte dann noch einen persönlichen Wunsch: Sie würde gern die Antriebsvorrichtung des Aufzugs ansehen, ein berufliches Interesse als Mechanikerin für sie. Damit war unsere Audienz dann auch beendet, wir waren uns ja einig geworden. Er verabschiedete sich sehr freundlich von uns, entschuldigte sich für das abrupte Ende, aber Andere seien auch noch dran. Man musste kein Menschenkenner sein um zu sehen wie er zufrieden lächelnd auf seinem Thron saß. Er hatte offensichtlich bekommen was er wollte. Bei uns war das noch offen. Aber ich denke nicht, dass er diesen einmal eingegangenen Handel brechen würde, wenn wir unseren Teil erfolgreich abschlossen. Ein Diener brachte uns aufs Dach wo das Gestell des Aufzugs aufgebaut war.

Einige weitere Treppen führten uns nach oben aufs Dach. Von dort hatte man einen geradezu rauschhaften  Ausblick über die Stadt bis in den Raschtulslwall, den Gadang entlang und einen weiten Blick in die Ebenen. Es war erhebend. Das Dach hatte immer noch einen Durchmesser von ca. 20 Schritt, und das in 60 Schritt Höhe die sich auf etwa 20 Stockwerke verteilten. Man konnte den turm gar nicht anders als monströs zu bezeichnen. Ein riesiges Rad mit einem Doppelochsengespann daran, das hier oben im Kreis lief trieb den Aufzug an. Dicke Taue führten über Metallrollen. Leider machte mich das auch nicht schlauer. Ich war vieles, aber kein Mechanikus. Aureliane hingegen inspiziert das Konstrukt und war nach wenigen Minuten aber zufriedengestellt. In ihren augen schien es sich nicht um eine sonderlich komplexe Apparatur zu handeln. Sogar einen Stall mit Tränke und Stroh sowie eine kleine Hütte für den Ochsenführer gab es da oben. Dieser schmierte gerade ein Tau mit Pech ein. Mich trieb eher der Gedanke um, wie man die beiden großen Ochsen wohl auf das Dach gebracht hatte. Hinter mir wurde dann eine Diskussion laut, deren Anfang ich nur am Rande mitbekommen hatte. Faramud, dem der Aufzug recht egal schien wies gerade darauf hin, er wolle nicht unhöflich sein, aber wir suchten nun Kanne aus der Echsenzeit von der Phexkirche, die bei Nacht gestohlen wurde. Dies könne in seinen Augen kein Zufall, das stimme etwas nicht und das würde nicht einfach, sondern gefährlich. Dann wurde kurz darüber debattiert, wen er beschützen müsse. Insbesondere Pamina hatte er sich da auserkoren, die er eben gerade nicht als Achmad Sun (wohl eine Art Kämpferin) einstufte, sondern einfach nur als schützenswerte junge Frau. Oder Jungfrau. So genau war das seinem Kauderwelsch nicht zu entnehmen, brachte Pamina aber regelrecht auf die Palme.

Ich erhalte von einem Wesir bevor wir gingen noch die versprochenen Dokumente für die  Hochstraßen und Aufzug, den wir auf dem Weg hinunter direkt ausprobierten. Durch ein Loch im Boden, 45 Schritt tief, das lediglich von einem Seil abgegrenzt wurde konnte die Plattform herauf gelangen. Der Aufzugkasten kam aufreizend langsam nach oben. Nur Sari meinte, die Treppe nehmen zu müssen, ihr war das Konstrukt anscheinend nach wie vor nicht geheuer. Der Aufzug maß 4 *4 Schritt und hatte einen großen Sitz in der Mitte, dessen Umfang nahelegte das er wohl für den Erhabenen gedacht war. Würd dieser Fleischberg irgendwo anders als in der Mittel Platz nehmen, der Aufzug würde wohl Schlagseite bekommen wie ein leckgeschlagenes Schiff. Wir sollten uns  dann auch einigermaßen gleichmäßig verteilen hieß es. Kurz bevor wir die Fahrt nach unten antraten gesellte sich noch ein verärgert wirkender gut gekleidete Mann zu uns. Seine Audienz war wohl eher nicht zur Zufriedenheit gelaufen. Der Aufzug lag auf einer Seite nahe am Turm an (etwa 2 Spann trennten uns von der Mauer), die andere Seite hatte eine von innen verriegelte Tür sowie kleine Fenster, durch die man erneut den Blick über die Stadt schweifen lassen konnte. Der Aufzug bewegte sich dermaßen langsam, dass Sari schon da war als wir unten ankamen. Problemlos erhielten wir unsere Waffen zurück und gingen dann über die große Treppe hinaus wo wir bereits erwartet wurden. Ein Mann mit knallbunten, in meinen Augen völlig geschmacklosen Pluderhosen, bronzefarbener Haut, weichen, geradezu weibischen Gesichtszüge, einem schwarzen Zopf und mit reichlich Schmuck behängt wartete dort. Trotz seines fast lächerlichen Auftretens drückte seine Haltung einen völlig unangebrachten Stolz und eine widersinnige Arroganz aus. Das würde also unser Führer sein. Ich war versucht, ihn direkt wieder fort zu schicken und lieber Hamils dienste weiter in Anspruch zu nehmen, aber das wäre wohl dem Erhabenen gegenüber zu offensichtlich unhöflich gewesen. Ein Diener des Wesirs führte uns um den Burtsch herum in einen Hinterhof der eingeklemmt zwischen zweistöckigen Gebäuden lag. Dort hatte man den unglückseligen Boten an die Wand gestellt und mit Armbrustbolzen erschossen. Braune Spritzer an der Wand deuteten das traurige Schicksal an. Sari meinte hier heut zur Mitternacht würde sie einen Verwandten des Opfers und Feuerholz benötigen. Ob sie die Verwandten wohl ähnlich Opfern wollte wie  zuletzt die Ratten? Bei einer Dämonenanrufung wäre das durchaus ein passendes Donarium gewesen. Bei Geistern bin ich mir da nicht so sicher. Ich war sehr gespannt! Und der Wesir wollte dann noch Wachen abstellen, die für Ruhe sorgten, da sonst hier auch zu später Stunde Leute herumgehen würden.

Ajano machte dann trotz seines lächerlichen Aufzugs einen aufgeweckten Eindruck. Er musste etwa Mitte 20 sein und fragte uns, was er tun solle? Dabei wirkte er irgendwie zappelig und ungeduldig auf mich. Außerdem zwinkerte er  Aureliane und Pamina jeweils mit einem Auge zu, schäkerte Sari, Atzina und Melissa an, ignorierte Faramud und mich aber weitestgehend. Der unverschämte Hund! Ich hatte ja über die Zahori bisher nicht viel, und noch weniger gutes gehört. Aber dieses Exemplar sorgte nicht gerade dafür, dass meine Meinung von diesem Volk eine Gute wurde. Wir beschieden ihm, er solle uns den Ort des Überfalls zeigen, wo der Bote seines Herrn ausgeraubt worden war. Auf dem Weg dorthin schleimte er unsere Damen, Sari sogar in gebrochenem Garethi, beständig an, das ich mich schon wunderte, wann er endlich auf seiner Schleimspur ausrutschen mochte. Auf dem Weg hielt er uns die Bettler vorne vom Leib, Hamil übernahm diese Aufgabe derweil am hinteren Ende des Zuges, wohin ich mich dann auch begab um dieser eher unangenehmen Gestalt zu entgehen. Unsere Damen schienen mit ihm aber kein Problem zu haben, sie waren wohl geblendet von dem konstanten Strom aus Süßholzraspeln, die er über sie ergoss.

Auf dem Marktplatz, übe den unser Weg erneut führten, herrschte wieder reges Treiben. Sari wollte sich och angemessene Kleidung zulegen, in ihren Pelzen schien sie doch etwas zu schwitzen, und ließ sich dabei von Atzina unterstützen. Ajano führte die Damen zu einem Stand mit gehobener Auslage an Stoffen, ein Schneider der hier sein Handwerk verrichtete – und vermutlich wie immer wenn man hier irgendwo hin geführt wurde, irgendwie mit diesem Zahori verwand war. Die Damen ließen sich, nachdem Sari völlig schamlos mit ihrem Dukatenbeutel gewedelt hatte, von dem Schneider nach Strich und Faden bedienen. Faramud half wie immer ein wenig beim Feilschen und kaufte selbst, nachdem Sari sich ein Gewand zu einem horrenden Preis ausgesucht hatte, ein paar einfache Leinensocken, die er dafür vom Händler fast geschenkt bekam. Aber was Faramud wichtiger schien war der Erwerb zweier Kurzschwerter, weswegen er sich zu einem Waffenhändler aufmachte. Pamina und ich folgen ihm, die Ereignisse beim Schneider waren dann doch eher Dröge. Der Lärm und das Gedränge wurden zu Mittag wieder weniger. Nur der Borbarad-Prediger war auch wieder da und verbreitete seine Wirren lehren. Der Waffenhändler döste an seinem Stand, bis wir ankamen. In seiner Auslage hatte er allerlei verschiedenster Waffen, von denen ich nicht einmal alle hätte benennen können, aber ich bin ja auch kein Experte für diese Mordinstrumente. Faramuds Wunsch war denn auch etwas befremdlich. Ein scharfes, sehr gutes Schwert wollte er haben und ein schartiges, rostiges übel gebraucht aussehendes. Der Händler erfüllte seine Wünsche prompt, und gleich darauf sollte ich auch erfahren, was es damit auf sich hatte.

Faramud ging mit dem schartigen Schwert hinüber zum Borbarad-Priester, ich folgte ihm mit geringem Abstand, Pamina im Schlepptau. Am Faramuds angespanntem Gesichtsausdruck glaubte ich zu erkennen, dass es jetzt interessant werden würde. Der Prediger begrüßte uns mit ausgebreiteten Armen. Er diene Borbarad Xamaloth, aber Faramud ging gar nicht erst auf seine Ansprache ein sondern sprach ihn direkt an: „Was glaubst du, wie lang kannst du Schlägen wiederstehen?“ Das großspurige Auftreten des Predigers reizte Faramud nur weiter, so dass er ihm dann gleich 4 Schläge androhte. Der Prediger hieß Faramud daraufhin einen unwürdigen Wicht, so dass unser Begleiter ohne weitere Worte zu verlieren das Schwert zog. Dem selbsternannten Priester begannen die Augen rot zu unterlaufen, Blut lief ihm aus der Nase. Ich beobachtete das Geschehen fasziniert. War das die Art, wie Borbaradianer ihre Magie wirkten? Und das sollte mit vernünftiger Gildenzauberei vergleichbar sein, bei jeder kleinen Kraftanstrengung dazustehen wie ein abgestochenes Schwein? Das war ja lächerlich! Faramud, der das natürlich ebenfalls sah, aber sicher genauso wenig einschätzen konnte was nun passieren würde,  machte einen Schritt vor und schlug einfach mit Wucht und dem schartigen Kurzschwert zu. Der Hieb saß, ohne eine Abwehrbewegung nahm der Prediger den Schlag und wurde dafür mit einer klaffenden Wunde an der Brust gestraft. Das hatte gesessen. Nach dem Hieb ging er prompt in die Knie und kippte hintenüber von seiner Kiste. Faramud wandte sich zur Menge, höhnte etwas von wegen 4 Schläge und den holen Versprechungen die Borbarad machte, dann trat er, nur um die 4 voll zu machen, noch drei mal mit dem Stiefel nach. Es dauerte nicht lang, da wurden wir von der Seite angesprochen was das soll, der Prediger hätte gutes Gold gezahlt um hier Reden zu dürfen. Zwei Wandschränke von Kerlen und drei mit Armbrüsten kamen  herbei um jemanden den ich als Marktwächter beschreiben würde zu unterstützen. Dem Marktherren sei nun der Verdienst für den nächsten Tag entgangen, das war wohl der Erhabene, der sich für dieses Viertel zuständig zeichnete. Aber zumindest setzte Faramuds verstand angesichts der Übermacht auch wieder ein. Er zahlte, ohne die Miene dabei zu verziehen, 5 Marawedi dafür, dass der Prediger nun nicht mehr sprechen dürfe. Das langte dem Martktwächter offenbar so sehr, das er meinte wir könnten ihn seinetwegen sogar mitnehmen und mit ihm machen was wir wollten. Aber Faramud ließ den Wurm einfach liegen. Das wenige Publikum stänkerte noch etwas hinter Faramud her, hoffte anscheinend, das noch etwas mehr Blut fließen würde, aber Faramud ging einfach zurück zum Waffenhändler und schenkte diesem das gebrauchte Kurzschwert. Ich wollte noch eingreifen, warum er mich nicht gefragt hatte ob ich es haben wolle. Aber natürlich war Faramud mit dem angedachten Zweck, der Herbeirufung eines Dieners Blakharaz, des Herrn der Rachte und dem Antagonisten des Praios, nicht einverstanden. Wobei, das gebe ich zu, es mir langsam sogar Spaß machte ihn allein mit der Möglichkeit einer Dämonenbeschwörung aufzuziehen, auch wenn ich es natürlich niemals in seiner Gegenwart tun würde.

Pamina, die bisher eher sprachlos daneben gestanden hatte, verwickelte uns dann in sein sehr interessantes Gespräch, das etwa so ablief. „Was hat euch so in Rage gebracht? Er war nur eine verirrte Seele, Faramud.“ „Der Prediger predigte das Gebet an die Ungeschaffenen“ „Und das bringt euch so in Rage? Ihr hättet ihn fast getötet!“ „Jede Seele, die an die Ungeschaffenen glaubt, ist eine Verlorene. Wenn er gekämpft hätte, hätte ich ihn getötet.“ Ich warf dazwischen, das er mit dem Dienst an Borbarad den Dienst an einem Sohn der Hesinde predigte, sozusagen einem bößen Halbgott, und dieser habe nicht an die Ungeschaffenen geglaubt, er hat sie beherrscht. Das sei ein wesentlicher Unterschied! Faramud entgegnete darauf, „Wer glaubt, dass die Ungeschaffenen beherrscht werden können, ist bereits einen Schritt in Richtung Chaos gegangen!“ Mein Einwand, ich könne ihm sogar beweisen, dass die Beherrschung des Chaos möglich sein, wollte er gar nicht erst wahrnehmen. Pamina meinte dann wieder zu Faramud: „Ihr habt viel Zorn in euch, Faramud. Ist es nicht trotzdem gefährlich, am hellichten Tag jemanden zu  töten? Und warum darf so jemand überhaupt am hellichten Tag predigen?“ Aber hier darf ja anscheinend eh jeder alles. Faramud entgegnete: „Pamina, ich habe keinen Zorn in mir. Ich bin mir nur der Zerbrechlichkeit der Sphäre bewusst. Ich war nicht wütend. Es war notwendig um zu verhindern, dass sein Gift sich ausbreitet. Daher die Form der Darstellung“ „Aber es gibt so viele, die ihr Gift verbreiten, Faramud. Wenn ihr Euch da durch diese Stadt schlagen wollt, fürchte ich im Eure Gesundheit.“ „Wenn ich zornig gewesen wäre, hätte ich ihn getötet, Aber ich bin selten zornig. Und wenn sich noch mehr Borbaradianer finden, dann sei es so.“ „Aber warum habt ihr ihn nicht einfach ignoriert? Seine „Freunde“ mit den Armbrüsten und die Schläger hätten euch schließlich in eine andere Sphäre befördern können. War es das Risiko wert?“ „Die „Freunde“ sind nicht mit ihm bekannt, sondern nur an seinem Geld interessiert.“ „Aber dieses Geld hätte auch eure Gesundheit gefährden können!“ „Und wenn mein Weg nun bereits in den Tod führt, dann sei es so.“ „Nun, alle Wege führend dahin. Der eine schneller und der andere langsamer... Aber man hat ja die Wahl.“ Das Pamina diese wichtige Erkenntnis formulieren konnte überraschte Faramud sichtlich. Ich lauschte diesem schon fast tiefsinnig zu nennenden Gespräch, das Faramud auch von mir und der geplanten Beschwörerei ablenkte, mit wachsender Überraschung und Spannung, verriet es mir doch einiges über die Beiden. Am Ende meinte Pamina, sei es wohl hier alles eine Frage des Goldes, und wollte dann von mir wissen, da ihr anscheinend die Tasche schwerer wurde als gewohnt, ob ich mich mit Edelsteinen auskennen würde. Aber da ich kein Geschmeidehändler bin und allenfalls den Nutzen von Edelsteinen bezüglich der Verwendung in Artefakten oder Alchemica einschätzen konnte, musste ich dies leider mit einem „Sie sind teuer und funkeln“ verneinen, was Pamina mit einem Augenverdrehen beantwortete.

In Keshal Isiq stand heute ein anderes junges Mädchen an der Mauerecke, aber offensichtlich mit der gleichen Aufgabe wie das Kind gestern. Und natürlich erkannte sie mich, meinte gar überfreundlich man hätte uns nicht so früh zurück erwartet. Aber ich beschied dem kleinen Ding, ich würde meine Ware später abholen, sie hätten noch ein wenig Zeit. Dann gingen wir weiter. Ajano führte uns zu einer Ecke, wo der Raub stattgefunden haben sollte. Atzina war sofort in ihrem Element, das merkte man ihr an, und begann Fragen bei den Anwohnern zu stellen und Bettler auszuhorchen. Aus einer offenen Haustür war Lärm zu vernehmen. Das unverkennbare Geräusch als würde irgendwer dahinter ein Kind schlagen, wimmernde Schreie drangen aus dem Haus. Ich konnte jetzt nicht sage, dass  mich das sonderlich interessierte. Ständig wurde irgendwo auf Dere irgend ein rotzgör gezüchtigt, meist wohl auch zu recht. Und selbst wenn nicht. Mich ging es nichts an und selbst den Herrn Praios schien es im Regelfall einen feuchten Hühnermist zu scheren. Also wer war ich, mich da einzumischen? Aber an Atzinas Gesichtsausdruck sah ich, dass sie sich da einmischen wollte und in das Haus ging, also folgte ich ihr. Das Bild das sich bot entsprach weitestgehend meiner Erwartung. Ein ungepflegt wirkender Erwachsener prügelte auf einen Junge, kaum noch ein Kind zu nennen, ein der schon etwa 15 Götterläufen zählen mochte. Atzina bot, ähnlich wie den anderen draußen, dem Mann einen kleinen Verdienst gegen Informationen an. Immerhin hatte der Überfall vor 2 Tagen genau vor seiner Haustür stattgefunden. Zwar versuchte sich der glitschige Aal herauszureden, aber Atzina drängte ihn verbal in die Ecke. Das passte ihm offensichtlich nicht und er ließ seinen Unmut mit einem weiteren Tritt an dem Jungen aus. Der Nichtsnutz brächte nichts heim – womit anscheinend entweder Geld oder Schnaps gemeint waren - sondern sammelte stattdessen Eidechsenschwänze. Nun sah ich doch interessiert auf. „Habe ich etwas von meinen Eidechsenschwänzen gehört?“ warf ich in den halbdunklen Raum hinein ein. Der Kerl bekam, als er meiner ansichtig wurde und die Erkenntnis in sein alkoholgeschwängertes Hirn eindrang, sein Sohn führte einen Auftrag für eine hochgestellte Persönlichkeit durch, Glotzaugen wie eine fette Koschkröte und trieb den Jungen aus dem Haus er solle sich gefälligst für mich nützlich machen. Eiligst humpelte der Bursche mit blutender Nase, wahrscheinlich sogar durch den letzten Tritt seines erbärmlichen Vaters gebrochen, davon. Atzina zahlte der Jammergestalt dann 2 Zechinen, die wahrscheinlich sowieso wieder in billigen Palmwein angelegt wurden für das was er zu sagen hatte. Er war betrunken – welch wunder- und hatte billigen Schnaps gekauft an jenem Abend, als er auf dem Heimweg war. Er hatte den Boten gesehen. Dieser wurde von einem riesigen Vogel, vielleicht ein Geier oder Adler, flatternd aufgehalten während hinter ihm jemand an der Hauswand senkrecht herunter gekrabbelt kam und ihm dann einen Knüppel drüber gezogen habe. Das Päckchen hätte der Dieb dann mitgenommen und sei wieder kerzengerade die Hauswand hochgeklettert, ohne Seil oder sonst ein Hilfsmittel. Wir gingen hinaus um zu prüfen, was an dieser alkoholgeschwängerten Geschichte des Säufers dran sein mochte. Atzina musterte die Wand und versuchte sich dann ebenfalls daran sie zu erklimmen. Auf mich wirkte die Mauer wie eine normal verputzte Wand, ich konnte nur wenige Griffmöglichkeiten sehen. Atzina, die da ja über mehr Erfahrung verfügte als ich, meinte es sei kaum möglich so schnell dort ohne Seil oder andere Hilfsmittel empor zu klettern, besonders im Dunkeln. Aber dann machte sie sich selbst an den Aufstieg und kletterte flink wie ein Moosäffchen selbst hinauf. Und das sah wirklich gut aus! Von unten bewunderte ich ihre geschmeidigen Bewegungen, die sicheren Griffe die sie setzte, die kräftigen Stöße mit denen ihre Beine sie nach oben trieben. Eine vollendete Vorführung in der Kletterkunst wollte ich meinen, und doch war es immer noch alles andere als „senkrecht die Wand hinauf“. Vielleicht eine Fähigkeit vergleichbar der von Aureliane die wir im Labyrinth gesehen hatten, mutmaßte ich? Worauf Atzina meinte, das sei ja nichts Besonderes, sie könne das ja auch… oben blickte sie über die Häuser um einen Weg zu finden, aber es gab wohl verschiedene routen auf denen man hätte entkommen können, insbesondere wenn man auch in die Gassen absteigen würde. Hexe mit Vertrautentier vielleicht, mutmaßte ich weiter? Ein Geier oder Adler waren ja bei Nacht eher unwahrscheinlich, eine Eule vielleicht eher? Faramud tippte dann auf eine Harpyie, aber das schien mir doch etwas weit hergeholt. Auch wenn ich keine kannte, aber diese Dinger sollten doch irre und unberechenbar sein wie es hieß, also denkbar ungeeignet bei einem wohldurchdachten Raubzug. Aber mehr war hier nicht herauszufinden, weswegen wir uns auf den Rückweg machten, trotz der Erkenntnis mit mehr Fragen als Antworten beladen.

Bei der Straßenbande machten wir dann noch einmal für mich halt. Diesmal waren die nützlichen Kinder deutlich erfolgreicher gewesen, 22 Stück händigten sie mir in einem zerschlissenen Beutel aus. Der humpelnde, zertretene Junge wurde von den anderen vorgeschickt um sie mir zu übergeben. Ich war so zufrieden, dass ich ihnen sogar etwas mehr als das verinbarte Salär gab. Die 26 Muwlat die so lose in meinem Beutel klimperten gab ich ihm alle. Für mich nur lächerliches Kleingeld, aber in seinen Augen wohl ein wohlwollender Dank. Dann überkam mich tatsächlich eine seltsam sentimentale Regung. Immerhin hatte der Junge zu leiden gehabt, weil er sozusagen in meinen Diensten gestanden hatte. Zwar konnte mir irgendein dahergelaufenes Straßenkind an sich völlig egal sein, aber ich verspürte eine gewisse, völlig sinnlose Verantwortung, was das anging. Also hieß ich ihn zu mir zu kommen, was er auch zögerlich tat und sich duckte wie einen Schlag erwartend, als ich die Hand nach ihm ausstreckte. Aber welchen Grund hätte ich denn gehabt, den armen Tropf auch noch zu Ohrfeigen? Stattdessen legte ich meine Hand auf sein Gesicht, die Finger über seiner gebrochenen Nase gekreuzt und heilte diese mit einem kleinen Balsam. An der Überraschung in seinen Augen konnte ich sehen, dass er damit weder gerechnet hatte noch jemals so etwas in seinem jungen Leben erfahren hatte. Nach außen machte ich zwar ein arrogantes, abweisendes Gesicht und bedeutete ihm mit einem wedeln der Hand, er könne nun gehen, aber innerlich lächelte ich, zufrieden mit mir selbst und dem Ergebnis. Atzina meinte dann anscheinend noch einen drauf setzen zu müssen, das sentimentale Mädel, nahm sich noch seines geprellten Beines an und heilt ihn ebenfalls. Dann riet sie ihm, er soll aber trotzdem weiterhumpeln um bei seinem wütigen Vater nicht weiteren Zorn heraufzubeschwören. Da entgegnete der Junge, eines Tages werde ihm einen Dolch in die Rippen stoßen. Und Atzina, der dieser Gedanke offenbar gefiel (so niederhöllisch fies kannte ich sie gar nicht, dass ihr der Gedanke so zusagte) gab ihm tatsächlich einen schweren Dolch um genau diesen Zweck zu erfüllen. Ja sapperlot und dreimal der Dreizehngehörnte! Wie leicht wollten sie es mir denn in dieser Stadt noch machen! Ich bot dem Burschen direkt an, wenn er seine Rache vollzogen hatte ihm den Dolch auch noch für einen Marawedi abzukaufen, was er gerne annahm. Er würde ihn mir über Hamil zukommen lassen da er selber kaum in unser Stadtviertel gehen konnte. Irgendwelche Streitigkeiten zwischen den Kinderbanden, die das verhinderten oder so. Die Waffe, mit der ein Sohn das widerfahrene Unrecht an seinem eigenen Vater gerächt hatte. Gab es denn etwas noch besseres, wenn man einen Diener des Herrn der Rache rufen wollte? Wohl kaum… müßig zu erwähnen, dass Faramud mir schon wieder drohte als ich diesen Gedanken äußerte und ich dabei in mich hinein feixte. Der Bursche war einfach zu lustig und berechenbar, wenn es um solche Dinge ging! Ich hatte das Gefühl, dieser Scherz würde ein regelrechter Dauerspaß mit ihm werden. Atzina kaufte sich am Markt einfach einen neuen Dolch, das war es ihr anscheinend Wert gewesen. Vom Prediger, das nur der Vollständigkeit halber, war keine Spur mehr zu sehen, bevor uns der Weg zurück ins Gasthaus führte.

Saris Besuch beim Schneider schien erfolgreich gewesen zu sein, denn sie kam umgekleidet in ein leichtes Gewand daher, das deutlich besser zum Klima der Region passte als ihre Pelze. Später erfuhr ich, dass sie es sich nur geliehen hatte, bis ihre eigentlichen Stücke fertig sein würden, aber das nur am Rande.Einen Sinn fürs praktische hatte sie, das musste man ihr lassen. Die restlichen Eidechsenschwänze fädelte ich schnell noch zum Trocknen auf, damit war mein Bedarf für die nächste Zeit tatsächlich ausreichend gedeckt. Diese Taktik Atzinas, Straßenkinder für einen  zu billigstem Geld die Arbeit erledigen zu lassen… das würde ich mir wohl aneignen müssen. Wenn ich überlege, wie viel ich einem Apothecarius dafür hätte zahlen müssen… auf diese Weise: ein Spotpreis! Sari ruhte sich vor ihrem Ritual heute Nacht noch aus, aber Müßiggang war (noch) nichts für mich. Ich verließ das Gasthaus noch einmal, diesmal allein, um nach Hamil zu sehen. An seinem üblichen Fleck saß aber lediglich Kind, das ich nach unserem Führer fragend freundlich ansprach. Als es mich sah nahm es jedoch lautstark nach Hamil rufend Reißaus, der kurz darauf verschlafen wirkend aus einem nahen Hauseingang trottete. Nicht dass es mich gestört hätte, seine Faulenzerei am helllichten Tage zu unterbrechen. Ich ließ mich von ihm durch das sich langsam wieder belebende Fasar hindurch zum Markt begleiten. Nicht weil ich den Weg alleine nicht gefunden hätte, das wäre überhaupt kein Problem. Aber ich begann, die Annehmlichkeiten eines Lakaien zu schätzen, der das Gesindel fern hielt. Man weiß ja nie…

Wobei es anscheinend gar nicht nötig gewesen wäre. Auch jetzt, das mochte meiner schwarzen Robe geschuldet sein, machten die Leute sehr respektvoll Platz und auch das angebetele hielt sich mir gegenüber in engen Grenzen. Die hiesigen Magier hatten anscheinend einen gewissen Ruf, solche Dinge nicht gerne zu tolerieren, und das färbte dann sicher auf unsere ganze Zunft ab. Wie sollte der Pöbel auch erkennen, ob man der zu den Zauberern der Fasarer Akademie gehörte, oder lediglich ein Reisender von woanders war? Wobei der unterschied marginal wäre, kein Magus der etwas aufsich hielte würde sich das freche Gebaren des Pöbels gefallen lassen! Halil wollte dann von mir wissen nach was ich suche, und es waren tatsächlich diesmal lediglich reichlich profane Dinge. Ich teilte es ihm mit und er führte mich zuverlässig wieder zu einem seiner weitläufigen Verwandten. Vor dem Häuschen zu dem er mich lotste war ein Baldachin auf zwei Stangen aufgespannt, eine kurze Treppe führte hinunter in ein halb im Boden eingelassenes Geschoss. Der Raum war schummrig, meine Augen brauchten kurz um sich an den Dämmer zu gewöhnen, aber innen erstaunlich weitläufig. Regale standen entlang der Wänden und eine Frau und ein Kind führten bedienend andere Kunden herum während ein Mann in patriarchalischer Wiese vom Tresen die Aufsicht führte. Hamil stellte mich seinem Freund Garfa vor. Natürlich erhielte ich hier nur beste Qualität zum günstigsten Preis. Wie oft hatte ich das jetzt in dieser Stadt schon gehört? Diese Händler waren doch insgesamt erstaunlich einfallslos, was das anpreisen ihrer Waren anging. Aber es sollte mir einerlei sein, wenn er das hatte, was ich suchte. Garfa führte uns durch Regalreihen und das erste Objekt das ich suchte war gleich in der Nähe: Eine profane Haarbürste, ordentlich gearbeitet aus festem Holz dicht mit Borsten, wohl von Schweine, besetzt. Man legt ja doch Wert auf sein Äußeres, und nicht immer war ein Barbier oder Badehaus greifbar. Einige Schritt weiter fand sich dann das Regal mit dem Geschirr. Es gab solches aus Porzellan, aus Zinn… aber ich legte Werte darauf eines aus fein gearbeitetem Silber zu erwerben. Auch solches war vorrätig, mit einem dezent und fein ziselierten Blumenmuster geschmückt. Sehr schön! Es war ein ganzes zusammen gehörendes Set aus Trinkpokal, Teller, Schale, Messer, Gabel, Löffel und sogar einem Schnapsstamper dazu. Auf Rückseite bzw. den Griffen ließ ich meine Initialen eingravieren. Nun musste ich auf Reisen nicht mehr essen wie ein Schwein aus dem Trog mit allen anderen zusammen. Dazu  verkaufte mir der gerissene Händler ein Seidentuch zum Einschlagen der guten Stücke. Da das gravieren nicht sofort geschehen konnte leistete ich eine Anzahlung von 2 Marawedi, 3 weitere würden bei Abholung zu zahlen sein. Vermutlich hatte der Händler nun erwartet, ich würde beginnen den Preis zu drücken und zu feilschen, aber dieses getue war mir nach wie vor ein Greuel. Faramud hätte das jetzt sicher nicht so stehen lassen, aber den hatte ich ja nicht mitgenommen. Nun gut… Garfa verabschiedete sich in kriecherischster Weise, ich solle ihn weiterempfehlen, den Freunden, der Familie etc. pp. Zurück beim tanzenden Derwisch hieß ich Hamil, die Dinge für mich heute Abend zu holen und im Gasthaus für mich abzugeben. Mit einem Blick in die Augen leistete ich ihm nun einen Vertrauensbeweis, denn ich drückte ihm das restliche Gold und eine zusätzliche Zechine für ihn selbst in die Hand. Seine Beteuerung, er würde nie auf den Gedanken kommen einen hochgelehrten Herrn wie mich zu hintergehen brauchte es da schon fast nicht mehr. Ich denke, ich konnte mich auf ihn verlassen. Und wenn schon nicht aus Loyalität, dann zumindest weil er sich keiner arkanen Bestrafung aussetzen wollte. Aber, das gebe ich gern zu, irgendwie mochte ich den Burschen. Auf jeden Fall lieber als diesen Zahori. Ich ging auf mein Zimmer, aber Atzina war nicht da. Sie kam später, da sie es sich im Dampfbad und bei der Massage hatte gutgehen lassen. Und sie duftete ganz wunderbar nach irgendwelchen aromatischen Ölen. Da konnte man schon fast wieder schwach werden. Aber eben nur fast, eiserne Disziplin ist eben eiserne Disziplin. Und natürlich der Respekt vor einer guten Freundin.

Beim Abendessen hielten wir eine kleine Besprechung ab und trugen noch einmal das erfahrene zusammen. Aber bei vielem mussten wir uns doch noch mit vagen Spekulationen zufrieden geben, was nicht sehr ergiebig war. Nach Saris Geisterbefragung würden wir sehen, was als nächstes tun sei. Ich fragte Sari, wie es diesmal vonstattengehen würde, mich hatte langsam eine gewisse wissenschaftliche Neugier über diese archaische Form des arkanen ergriffen. Diesmal, meinte sie, würde sie sich nicht mit irgendwelchen Fetten einschmieren, auch ein Blutopfer sei nicht erforderlich, nur der Verwandte des Geistes, wenn ich es richtig verstanden habe als Anker oder Gefäß für den Geist des verstorbenen. Aber es würde ein paar Stunden Zeit brauchen. Angesichts des Ausblicks auf eine schlaflose Nacht ruhte ich dann noch etwas vor dem Abmasrsch, um des Nächtens einigermaßen frisch zu sein. Atzina erzählte mir später, Melissa bemühe sich tatsächlich besser und selbstbeherrschter zu werden. Aber seien wir ehrlich, wenn ein Foltermeister oder auch nur Schläger sich an ihr vergehen würde… die Aussicht durchzuhalten war bei dem verwöhnten Püppchen wohl gleich Null. Ich überlegte daher, ob man da nicht mittels eines Trankes, oder vielleicht eines Pülverchens nachhelfen konnte. Aber alles was mir einfiel waren einige berauschende Substanzen. Irgendwer brachte sogar Berserkerelixier ins Spiel, was sicher das Schmerzempfinden unterdrückt hätte, aber ja nur als Nebenwirkung. Und eine furienhaft tobende Melissa… eine groteske Vorstellung! Als ich geweckt wurde, es mochte ein Stundenglas vor der Boronsstunde sein, hatte Hamil tatsächlich mein Geschirr im Hotel abgegeben und die Dame vom Empfang brachte es mir aufs Zimmer. Sie war ein neugieriges Ding, hatte aber wohl nicht gewagt das Bündel des Gastes selbst zu öffnen – gute Frau. Vermutlich hatte sie irgendwelche Absonderlichkeiten erwartet, die ich mir hatte bringen lassen. So etwas profanes wie Geschirr, ich zeigte es ihr, da ja daran nichts verwerfliches war, regte ihr Interesse aber nicht weiter an. Schon lustig, was für Vorstellungen die einfachen Leute von meinem Berufsstand haben. Vermutlich hatte sie irgendwelche eingelegten Molchaugen, Kindergebeine oder sonstwas erwartet. Das Volk vergisst sehr schnell, das auch Magier am Ende Menschen sind, die Essen und scheißen müssen, wie jeder andere auch. Aber natürlich mit mehr Anstand.

Wir trafen uns dann alle im Empfangsraum. Faramud fragte mich überflüssigerweise ob wir Geld heute Nacht bräuchten? Man kann zwar immer Geld brauchen, das ist ja eine grundsätzliche Sache, aber wofür er das im Zusammenhang mit einer Geisterbeschwörung fragte blieb mir ein Rätsel. Ich bot mich Sari als Dolmetscher an, sonst mochte es sein das der Geist sie gar nicht verstand. Das war zumindest Saris Meinung. Konnte es sein, das auch die Toten nur ihre eigene Zunge verstanden? Eine lustige Vorstellung. Man stelle sich vor, da stehen sich in Borons Reich sagen wir ein Thorwaler und ein Bornländer gegenüber, und können sich gar nicht verstehen. Also die Seelen, meine ich. Aber wenn Sari das sagte, mochte es sogar stimmen. Sie schien da mehr Erfahrung zu haben als ich. Nichtsdestotrotz… befremdlich. Die Frau vom Empfang kam zu uns und meinte, ein dreckiger Zahori wollte gerade Zutritt zum Hause haben und wartete nun draußen auf uns. Und ob sie uns zur Sicherheit Wachen mitgeben solle? Aber das verneinten wir und nahmen es als Zeichen, das es Zeit für den Aufbruch war. Ajano schien ob der Diskriminierung nicht eingelassen zu werden jedenfalls etwas angefressen. Hamil hingegen, den ich jetzt deutlich lieber dabei gehabt hätte, war nicht aufzufinden. Ich ging dann am Ende des Zuges meinen Stab zur ewigen Flamme entzündet. Das sollte Gesindel von uns fernhalten, während Ajano die Führung vorne übernahm und jede nächtliche Gestalt die um Weg war verscheuchte. Ich gehe davon aus, dass in diesem Viertel bekannt war, das er im Dienste des Erhabenen stand. Und mit dem wollte es sich offenbar niemand verscherzen. Da die Straßen nun leer waren dauerte es kaum ein Viertelstundenglas bis zum Burtsch. Mahmud wartete bereits auf und lies uns nach hinten geleiten. Hinter der Ecke im Hof erwartete und allerdings eine große Überraschung. Auf einem breiten, stabilem Stuhl ruhte der Erhabene, um ihn herum sein Gefolge von etwa 60 Mann, die offenbar die Lust auf ein Spektakel hergelockt hatte. Hablet rief uns schon freudig entgegen und mampfte dabei weiter Weintrauben in seinen breiten Mund. Ein kurzer Blick zu Seite. Sari verdrehte die Augen und guckte genervt. Sie benötige Ruhe, um den Geist vom Körper lösen und ins Totenreich übertreten zu können. Und es werde einige Stunden dauern. Dann meinte sie despektierlich, also wer noch einmal hinters Gebüsch müsse…  Der Erhabene schien etwas anderes erwartet zu haben. Er kenne Seancen anders, mit viel Juhe und Bohei und vor allem nicht so lange. Das kann ich mir gut vorstellen. Wie vielen Scharlatanen dieser Leichtgläubige wohl schon rein aus der Lust am milden Grusel auf den Leim gegangen war? Andererseits… ich denke eine vernünftige Geisterbeschwörung durch einen kompetenten Magier sollte dich ebenfalls nur kurz, allenfalls vielleicht eine Viertelstunde dauern, oder? Auf jeden fall wollte er trotzdem  bleiben, schickte seine Leute aber fort und lies Wachen aufstellen, damit niemand kommt und stören würde. Auf Saris Frage nach der Verwandten wurde der Wesir zusammengestutzt. Diese hätte er natürlich nicht wegschicken sollen! Eine Frau und ein etwa 10 Götterläufe altes Kind wurden herbeigebracht. Die Tochter und der Enkelsohn des verblichenen, wie man uns sagte. Die Frau flehte den Erhabenen an, ihren Sohn zu verschonen, sie war zu allem bereit damit dem Kind nichts geschehe. Anscheinend ging sie davon aus, bei dem was auch immer folgte zu sterben. Allerdings beruhigte ich sie dann, hier wird nun niemand getötet. Wenn sie bereit sei könne der Enkel aber noch einmal mit seinem Großvater sprechen. Das schien sie etwas zu beruhigen. Aber nur etwas. Mit unsicheren Schritten kam sie zu uns. Sari ließ mich ihr sagen, sie solle sich bequem hinsetzen und malte ihr Symbole und Zeichen auf Gesicht, Stirn und Arme. Ein Feuer brannte nahebei in einer Kohlenpfanne und erhellte flackernd die Nacht. Sari legte ihr Wolfsfell, eine Keule die wohl aus dem Knochen irgendeines Tieres geschnitzt war und die Trommel bereit. Dann tanzte sie in seltsam anmutenden Schritten und einem monotonen Singsang um das Feuer herum. Wir warteten mit einem kleinen Abstand. Alles in allem war das Prozedere aber recht ereignisarm. Gold verdienen würde sie mit dieser eher lahmen Vorstellung wohl nicht. Der Erhabene, der etwas anderes erwartet hatte, schnarchte unterdessen lautstark, sein Kopf lag im Nacken und ein Speichelfaden tropfte ihm vom Kinn. Erst als sein Wesir in anstieß, wachte er wieder auf und folgte der Zeremonie. Nicht ohne sich weiter Essen in seine Kauleiste zu schaufeln. Dann nahm Sari einige Kohlen aus dem Feuer und legte sie in eine Schale, setzte sich vor die Frau, streifte ihr Wolfsfell über, und streute irgendwelche Kräuter in die glimmenden Kohlen. Rauch stieg auf, den beide nun einatmeten und daraufhin offensichtlich das Bewusstsein verloren. Was sie da wohl verbrannt hatte? Ich schnupperte in die Luft, war aber zu weit weg um den Geruch erkennen zu können. Ich sollte sie später wohl einmal danach fragen. Wenn es etwas aus ihrer firunskalten Heimat war dürfte ich es bisher höchstens aus Büchern kennen.

Ich sah den Kopf der Frau in den Nacken sinken, dann erklang aus ihrem Mund eine tiefe männliche Stimme, die Worte an Sari richtete, welche ich umgehend übersetzte: „Wer bist Du?“ „Mein Name ist Sari, ich habe dich hierhergebracht. Wir haben Fragen an Dich und möchten, dass du mit deinen Nachkommen sprechen kannst.“ Der Kopf drehte sich unnatürlich nach hinten, die Augen glommen auf und ein zufriedener Ausdruck legte sich über das Gesicht, sogar eine Träne rann die Wange hinab. Ich musste mich heftig zusammenreisen und den Drang unterdrücken, mit einem Fläschchen diese Träne aufzufangen. Keine Ahnung, ob man das für irgendetwas würde brauchen können, aber… die Träne eines Toten? Wie außerordentlich selten war das denn! Aber ich hielt mich zurück, nicht das ich den Moment und Saris Beschwörung dadurch verderben würde. Wer wusste schon, wie empfindlich so ein Geist war? Er stellte sich Sari als Faruk ibn Hairan vor du fragte dann was er für sie tun könne. Sari übertrug es dann aber mir, die Fragen zu stellen, wobei auch die Anderen sich im weiteren Verlauf an der Befragung beteiligten. „Wer hat dich überfallen?“ Er meinte ein Mann, von hinten kommend. Vor ihm sei ein schwarzer Geier gewesen der ihm den Weg versperrt hatte. Und da war er sich sicher, so genau wie er den langen kahlen Hals und hässlichen Kopf beschrieb. Nachdem er sich aufgerappelt hatte war das edle Stück verschwunden. Sodann fragten wir: „Wer wusste von dem Auftrag außer dem Wesir?“ Er habe niemandem davon erzählt, denn Verschwiegenheit war seine Tugend gewesen. Das Gespräch mit dem Wesir hätte des Nächtens in der Kammer des Wesirs stattgefunden, niemand hätte es belauschen können. Also wollten wir wissen, mit welchem Wesir er den Auftrag besprochen hatte? Dajin ibn Selim. Und das war für mich damit erst einmal der nächste Verdächtige! Faramud wollte dann wissen, „was wisst ihr über den Gegenstand?“ Ein Gefäß der Phexkirche sei er und sehr wichtig. Faramud weiter: „Konnte jemand dir folgen vom Ort der Übergabe aus?“ Das schloss der Geist aus, er habe die üblichen Vorsichtsmaßnahmen angewandt. Kleidung gewechselt, einen anderer Ausgang als Eingang genommen, war vorsichtig und aufmerksam auf die Leute und Passanten gewesen. Aber er erinnere sich daran, öfter einmal ungewöhnlicher Weise einen Geier gesehen zu haben. Das war interessant, der Geier schien hier tatsächlich ein Dreh- und Angelpunkt zu sein. „Und wo begann er seine Reise mit dem Krug?“ Jenseits des Raschttulswalls in Almada sei es gewesen, was mich überraschte. Bisher war ich davon ausgegangen, das Objekt sei nur innerhalb von Fasar transportiert worden und nicht über hunderte Meilen bis hierher. Er erinnerte sich auch an Geier auf der Reise, zum Beispiel auf einem toten Stück Vieh. Und in Almada sei ein Geier auf einem Hausdach, als er den Phexxtempel betreten hatte, wo er das Stück abholte. Den Weg durch Keshal Isiq habe er genommen, weil dort die Brücke in die Stadt führe, aber er komme von hier und für ihn war dieses Viertel normal keine Bedrohung. Sari meinte dann irgendwann, die Zeit sei knapp bemessen und er solle sich nun gebührend verabschieden. Der Geist dankte Sari aufrichtig und nahm Abschied von seinem Enkel, bevor er sich am Ende in grauen Nebel auflöste und verschwindet. Das Prozedere, so lange es gedauert hatte, war zwar noch nicht der Schlüssel zur letzten Erkenntnis gewesen, aber hatte unsere Spur in jedem Fall vertieft – und spannend war es obendrein gewesen!

Nun, die Theorie von der Hexe würde ich damit getrost verwerfen, denn wer hatte schon einmal von einer Hexe mit einem Geier als vertrauten gehört? Ich stritt mich kurz über die Rolle des Geiers in der Natur mit Faramud, der darauf beharrte, der Geier sei ein edles Tier, wohingegen ich diesen dreckigen Aasfresser für einen Abschaum im Vogelreich hielt. Aber vielleicht waren sie ja zu zweit gewesen, die Thesis des Spinnenlaufs wollte ich nach wie vor nicht vollständig verwerfen, und derjenige der geholfen hat war möglicherweise ein Magier in Tiergestalt? Fraglich war auch noch, woher sie wussten, in welchem Phextempel die Übergabe erfolgen würde. Und auch der sehr gezielt gewählte Ort des Überfalls am Ausgangspunkt in Fasar legte mir Vermutungen nahe. Der Auftraggeber der Schurkerei musste wohl auch hier in der Stadt sein, sonst hätte man den Boten ja  in der Einsamkeit auf dem Weg oder im Gebirgen überfallen können. Sari half der Frau unterdessen auf und der Erhabene ließ den Hof wieder aufräumen Dann berieten wir uns mit dem Erhabenen. Er hätte das Artefakt in Verwahrung für die Kirche nehmen sollen und sich für einen verschwiegenen Boten statt einer bewachten Karawane entschieden. Der Wesir den er beauftragt hatte  ist sein persönlicher Bediensteter und dieser habe den Boten dann beauftragt. Aber wo war die undichte Stelle? Nahm man den Erhabenen aus konnte es nur entweder die Phexkirche selbst oder der Wesir sein. Unwahrscheinlich, dass der Geier/Magier/Vertraute einfach auf gut Glück auf die Abholung gewartet hatte. Am naheliegendsten im wahrsten Sinn des Wortes fand es zunächst einmal, den Wesir direkt zu befragen. Hablet ließ nach ihm schicken und der Wesir kam nach kurzer Zeit in Nachtgewand und Morgenmantel aus dem Turm. Er habe den Befehl in seinem Gemach an den Boten weitergeben, nachdem er ihn persönlich vom Erhabenen erhalten hatte. Seine Räume befanden sich im Turm, weit oben. Ein Tier war ihm in dieser Zeit nicht aufgefallen und er habe auch sonst niemand von dem Auftrag erzählt. Und zwar absolut Niemandem, er wahre in Sachen seines Herren strikte Verschwiegenheit. Um mich nicht auf das möglicherweise trügerische Wort einer Schlange verlassen zu müssen wirkte ich bei der letzten Frage einen Blick in die Gedanken und las in ihm, wie in einem offenen Buch. Genau dafür war die Clarobservantia ja da! Aber es stimmte, ich konnte keine Schuld oder einen anderen Gedanken bei ihm feststellen, er hatte mit niemand sonst darüber gesprochen. Den Auftrag, so erzählte er weiter, hätte er spät erteilt, ein Stundenglaß vor der Boronsstunde wo nur wenige im Burtsch unterwegs sind. Und er habe den verlässlichsten Boten gewählt, den bewährtesten den man hatte. Faruk war in solchen Dingen stets die erste Wahl gewesen. Die einzige Absonderlichkeit, der er sich entsinnen konnte war, dass kurz  bevor er den Auftrag erteilte ein Fensterladen geklapperte hatte, aber als er hinausblickte war nichts ungewöhnliches zu sehen gewesen. Er deutete mit dem Finger am Turm hinauf zu seinen Zimmern. Ein schmaler Sims lief dort um den Turm. Wenn wir also nun entweder von einem verwandelten Geier oder einer spinnenläufigen Hexe ausgingen, mochte er durchaus ohne es zu bemerken belauscht worden sein, aber auch das war reine Spekulation. Als Fazit blieb, er hatte sich wohl nichts zuschulden kommen lassen. Schade, damit schied ein weiterer schöner Verdächtiger aus dem Spiel aus. Die Botschaft der Phexkirche, so erzählte der Erhabene, wurde mündlich von einem Phexjünger aus Almada überbracht und der Auftrag auch so weitergegeben, schriftlich war er nicht festgehalten. Und man hatte ihn als Mondsilberwesir der Madar Basari  - das musste eine Art Handelsvereinigun die dem Phex nahe stand sein – als Hüter der Kanne auserkoren, da der Gegenstand schon früher einmal hier in Fasar im Besitz der Phexkirche gewesen sei. Eine Finte der Kirche im Mittelreich um ihn nicht herausgeben zu müssen erschien uns dann auch mehr als unwahrscheinlich. Atzina wollte dann noch wissen warum er dem Zahori vertraue. Ajano habe sich bewährt und seinen Wert bewiesen, sozusagen in den Reihen des Erhabenen nach oben gearbeitet. Es war bitter, wir wussten kaum mehr handfestes als zuvor, hatten lediglich einige Verdachte erhärtet oder ausgeräumt. Aber am Ende der Nacht blieben uns immer noch nur Spekulationen. Der Erhabene bat Sari noch in einem Bildnis des Nordhimmels später irgendwann ihre Sternbilder einzuzeichnen und die Namen dafür zu nennen. Faramud wollte Sari dabei gerne begleiten um daraus ebenfalls zu lernen. Das mit der Astronomie nahmen sie anscheinend alle Drei recht ernst, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen wie mir schien. Faramud hätte ich dabei noch das zugeschrieben, was am nächsten an wissenschaftlichem Interesse lag und dafür zollte ich ihm sogar stillen Respekt. Sari hingegen sah die Sterne anscheinend als Bestandteil ihres verwirrten Glaubens- und Weltbildes und der Erhabene maß der Sterndeutung einen wohl übersteigerten Stellenwert zu. Nun ja, jeder braucht eine Freizeitbeschäftigung, und da konnte ich eine solche Marotte eines Reichen und Mächtigen noch als harmlosere Spielart einstufen, da hatte ich schon viel Schlimmeres gesehen. Wir verabschiedeten uns und er ließ sich die 30 Schritt bis zum Aufzug in einer Sänfte davongetragen. Die Träger stöhnten und schwitzten, als hätten sie einen ganzen Darpatbullen zu schleppen. In den Derwisch kamen wir im Morgengrauen zurück. Die Stadt erwachte in diesen Stunden langsam zu neuen leben und wäre ich nicht so müde gewesen, es hätte sogar eine recht bezaubernde Stimmung sein können. Surkan ben Rechim der Wirt stand um diese Zeit selbst hinter dem Tresen, er war anscheinend ein Frühaufsteher und verdutzt, dass wir so spät zurückkamen. Atzina, die hier reflexartig eine gewisse Verschwiegenheit an den Tag legte log etwas von einer ausschweifenden Feier an einem geheimen Orte, was den Wirt bewegte über seine  eigene Jugend, deren Vorzüge und lang vergangenes erlebte zu sinnieren. Wir gönnten uns derzweil noch ein kleines Frühstück und holten dann den verpassten schlaf nach.

Wie schliefen bis Mittag zum Essen und wurden dazu von der freundlichen Empfangsdame geweckt. Faramud meinte, Ajano solle nun seine vom Erhabenen so gelobte Findigkeit beweisen, er würde ihn zu Erkundigungen losschicken. Unser stärkster Hinweis war derzeit der ungewöhnliche Geier. Stellte sich die Frage, ob vielleicht auch wir beobachtet wurden? Wir sollten verstärkt darauf achten! Zumindest bei Saris Ritual hatte keiner von uns einen Geier oder Falken gesehen, aber ich zweifelte eh daran, dass irgendwer darauf geachtet hatte. Ich wollte zur Akademie gehen und dort fragen. Einem Kollegen wir mir mochten die Fasarer Zauberer eher Gehör schenken, als irgendwem anders von uns. Außerdem hatte ich dort noch ein persönliches Anliegen zu regeln. Faramud meinte, er wolle in Jol Rasthulla nachfragen und bei den Präparatoren der Stadt. Mich erstaunte nicht einmal die Idee an sich, denn wenn schon Vögel tot vom Himmel fielen, vielleicht war das kein Einzelfall und irgendein Straßenbengel nutzte die Gunst und verdiente sich so ein paar Silberlinge zusätzlich. Nein, mich erstaunte, dass er überhaupt dieses selten gebrauchte Wort kannte! Sari ging wie meist mit Faramud, Atzina und Aureliane mit mir. Hier hatte sich bereits eine Art natürlicher Ordnung eingespielt. Melissa sollte unterdessen mit Pamina zum Schutze im Gasthaus bleiben. Dann wiederholte sich das Spiel der letzten nacht und uns wurde gesagt, der Zahori warte erneut draußen, und dürfe nicht herein. Das er ungefragt hierherkam traf sich in diesem Falle hervorragend. Sari warf noch die Frage in den Raum, ob der Geier von einem bösen Geist besessen sein konnte? Auch dieser Gedanke war gar nicht so abwegig. Wobei ich da eher nicht an einen „Geist“ in Saris sinne dachte, sondern vielleicht tatsächlich sogar einen Dämon. Und bei einer zweiten Überlegung kam ich zu dem noch näherliegenden Schluss, dass dies vielleicht sogar übertrieben war. Worauf verstanden sich denn die Fasarer Zauberer am besten? Eben! Beherrschung! Da lag es doch nahe… es hieß ja diese Akademie bildete aus, alles zu beherrschen. Sei es nun Mensch, Djinn, Ifrit… oder eben auch Tier! Also doch nur einer, der gleichzeitig Wände hinauf gehen konnte und ein Tier als Ablenkungsmanöver beherrschte? Das widerspräche aber der Theorie, dass der Geier den Boten beobachtet hatte, denn das wäre damit wohl eher nicht möglich. Es sei denn, jemand konnte durch den Geier wie ein Medium sehen, wenn er nicht selbst der Geier war? So viele Möglichkeiten… mir schwamm langsam der Kopf davon! Atzina beauftragte noch schnell  Hamil, sich ebenfalls umzuhören. Ajano führte Faramud und Sari, ich verzichtete diesmal auf einen Führer. Heute würden wir nicht über die verstaubten Straßen gehen, ich wollte einmal diese famosen Brücken ausprobieren!

Atzina brachte mir als sie von Hamil zurückkam ein Bündel mit – ich schlug das Tuch zur Seite und fand darin denn blutig verkusteten Dolch, der bis gestern noch ihr gehört hatte. Da hatte der junge Bursche aber nicht lange gefackelt, seinen alten Herren in Jenseits zu befördern. Konnte es irgend etwas geben, das heiße, kaltblütige Rache besser versinnbildlichte als ein im Zurn geschwungener Vatermörderdolch? Ich unterdrückte einen kleinen Freudenhüpfer, um den mahnenden Faramud nicht wieder auf den Plan zu rufen. Ich fragte Atzina, ober der Junge seinen Lohn schon erhalten habe, aber sie ging nicht davon aus. Beim nächsten Treffen mit Hamil würde ich mich daran erinnern müssen ihm den versprochenen Marawedi zukommen zu lassen. Ein Handel, war schließlich ein Handel. Da wollte ich mir nichts nachsagen lassen.

Wir gingen also wieder zum Burtsch, zeigten unseren Passierschein vor und flanierten dann über die Hochstraße in 30 Schritt Höhe. Wahrlich, Probleme mit dem Schwindel durfte man hier nicht haben! In der Ferne sahen wir die vieltürmige Akademie sich über die Stadt erheben, der Weg lag also klar vor uns. Von Burtsch zu Burtsch führte der Weg, was im Viertel Sarjaban Sarai verlief ohne das es jemand wagte uns zu behelligen. Auch über das Basarviertel hinweg kamen wir ohne Probleme. Als wir dieses aber hinter uns ließen und über Freistadt und Keshal Angra nach Yol Ifritiim weiterzugehen, begann sich die Lage zu ändern. Die Burtsch hier waren deutlich kleiner und Wächter hielten uns auf, verlangten gar Wegzoll dafür, dass wir weitergehen konnten. Das also hatte der Erhabene gemeint. Und der Zoll war, ich schluckte ohne mir etwas anmerken zu lassen, für 3 Personen doch recht happig. 1,5 Marawedi weil wir im Dienste des Erhabenen Hablet standen zuerst. Im nächsten Viertel zweimal 3 Zechinen pro Person. Und natürlich würde es auf dem Rückweg nocheinmal dasselbe kosten. Da wurde man ja unweigerlich Arm, wenn man nicht gerade über das Vermögen eines Erhabenen verfügte! Ich zahlte das Geld, nahm mir aber vor, die Brücken nicht allzu häufig zu nutzen, das konnte und wollte ich mir dann doch nicht leisten. Zumal diese Brückenstraßen auch noch recht schmal waren, so dass wir hintereinander laufen mussten um in jedem Falle sicher zu sein. Und bei Gegenverkehr wurde es auch manches Mal regelrecht eng. An den Seiten liefen gespannte Seile zum Festhalten, das war der einzige Schutz, den man vor einem Absturz hatte. Ein betrunkener Zecher zu später Stunde sollte sich hier oben besser nicht den Weg suchen! In Yol Ifritiim endlich verlangten sie hingegen wegen mir wiederum kein Wegegeld. Mein Status wurde also durchaus zumindest an diesem Ort auch eigenständig anerkannt!

Wir erreichten die Akademie über Hochstraße, welche seitlich an das Gebäude anschloss. Um aber hier direkt durch die Türe zu gehen, hätte es anscheinend einer Einladung der Akademie bedurft, so dass uns nichts anderes übrig bliebt als eine Treppen hinunter und durch das Tor zu gehen, wie es auch das einfache Volk tun musste. Auch die Bauweise des Akademiegebäudes wirkte auf mich statisch unmöglich. Natürlich war mir nicht unbekannt, dass gerade in den Tulamidenlanden die Akademien mithilfe von Djinnen, Elementargeistern und Dämonen erbaut wurden. Und so schien es auch hier gewesen zu sein, ein normaler Baumeister hätte sich solch verwinkelten, irren und teils der Kraft Sumus trotzenden Elemente kaum ausgedacht, geschweige denn realisieren können! Und wenn man es genau besah, mochte da durchaus noch das ein oder andere Wesen in den Mauern stecken, um sie überhaupt aufrecht zu halten. Auf der anderen Seite wirkte es gerade eben dadurch, die dem feuchten Traum eines Märchenerzählers entsprungen, und verwirrte mich deswegen nicht nur, sondern löste bei näherer Betrachtung eher Begeisterung in mir aus. Vor dem Tor, harrte schon eine Schlange an Leuten darauf, vorgelassen zu werden. Aber Magier wie ich und deren Gefolge wurden anscheinend generell bevorzugt – sehr löblich. Ein Wächter rief mich direkt auf, hatte dabei aber eine nur subtil durchklingende Arroganz in der Stimme, und verwies andere wartende dafür nach hinten. Ich stellte mich standesgemessen mit meinem vollen Namen vor und erläuterte dem Mann, dass ich zwei Anliegen hätte. Zum einen wollte ich Erkundigungen zu einem möglichen magischen Phänomen einholen, zum anderen die Austragung einer Abgängerin aus den Gildenrollen vermelden. Wir durften eintreten und wurden in einen großen Empfangssaal aus dem gleichen grünen Marmor geleitet, den wir schon an der Arena gesehen hatten. An der Wand standen marmorne Wartebänke auf denen bereits mehrere Magier warteten und nahmen Platz. Nach kurzer Zeit kam die Wache mit einem Magus zurück der mich bat im zu folgen. Wir verließen den Saal und stiegen rechterhand einige Treppen hinauf bis in eine Schreibkammer. Der Kollege war anscheinend hier so etwas wie der Skriptor oder Hüter der Aufzeichnungen über die lebenden und toten Absolventen. Im Nachhinein bin ich mir gar nicht mehr sicher, was mich zu diesem Vabanquespiel getrieben hat. Die Chancen waren eher ungleich verteilt, ob sie hier dankbar wären Nachricht zu erhalten, noch dankbarer, dass jemand den schändlichen umtrieben des Namenlosen Einhalt geboten hatte oder doch eher erzürnt bis rachsüchtig, dass jemand es gewagt hatte eine der ihren zu ermorden. Das hätte auch ins Auge gehen können…Ich teilte ihm also das Versterben von Donata Efferdana da Costa mit. Der Magus schien sich sogar an sie zu erinnern und bedauerte ihr Ableben, das ich vor etwa einem Jahr und 4 Monden angab. Als Grund des Ablebens nannte ich Paktierung mit dem Namenlosen, aber auf Rückfragen seinerseits einigten wir uns dann darauf, dass wohl nicht durch den Pakt zu definieren sei, sondern durch jemand dem sie damit auf die Füße getreten sei. So kann man es natürlich auch sagen. Ihre letzten Worte nannte ich unartikulierte Schreie, aber das traf es nur ungenau, wie ich wohl wusste. Bei Ihrem Ableben war Donata ja gar nicht bei Bewusstsein, konnte also so etwas wie letzte Worte nicht äußern. Und die Worte vor der Bewusstlosigkeit würde ich eher als Drohungen einer verzweifelten einstufen, aber sei es drum. So war es plausibel genug. Mulmig wurde mir allerdings, aller er meinte ihr Ableben müsse nachverfolgt werden. Auf die Frage, ob der letzte Gegner bekannt sei antwortete ich wahrheitsgemäß: „Ja, er steht vor Euch.“ Nun würde es sich zeigen, ob ich einen Fehler gemacht hatte. Mich mit einer ganzen Akademie anzulegen wäre natürlich ein aussichtsloses Unterfangen. Aber der Magus ist wirkte im ersten Augenblich einfach nur sehr erstaunt. „Einem Al’Anfaner?“ fragte er ungläubig zurück, um mir dann mit einer kaum erträglichen Überheblichkeit ins Gesicht zu sagen, dass unsereins ja wohl üblicherweise kaum die Macht erlange, um es mit einem Abgänger dieser Halle aufnehmen zu können. Frechheit! Aber damit schien die Sache für ihn auch schon erledigt zu sein. Ich atmete innerlich auf und sagte ihm, er könne es ja auf den stark geschwächten Zustand durch die Paktiererei zurückführen. Dann bedankte er sich für die Nachricht und entließ uns mit einem winken der Hand aus der Kammer, das deutlich zeigte, es war alles gesagt, was es zu sagen gab. Ich verließ den Raum hoch erhobenen Hauptes, nur um deutlich zu machen, dass ich mich hier nicht würde zurücksetzen lassen. Immerhin lebte ich noch, seine Kollega nicht! Draußen nahmen wir erneut Platz. Die Wache teilte uns mit ein weiterer für das andere Anliegen zuständige Magister würde für uns Zeit haben, aber erst in 2 Tagen, da er derzeit auf Reisen sei. Wir ließen uns einen Termin geben und gingen dann hinaus. Auf dem Rückweg würden wir wohl unten herum gehen, die Hochstraßen waren einfach zu kostspielig. Aber das erwies sich diesmal als glückliche Fügung.  Auf dem Dämonenhügel standen an manchen Plätzen tatsächlich fliegende Händler. Und ein selbst schon etwas benebelter Zeitgenosse im Fuhrmannsmantel und mit Schlapphut bot uns freiheraus – wer hätte ihn in dieser rechtsfreien Stadt auch dafür belangen wollen – allerlei Berauschendes an, das man andernorts höchstens beim Apothekarius oder gleich nur auf illegalen Wegen bekommen hätte. Auf seiner Auslage lagen offen einige Rauschkräuter. Illmenblatt und Cheriaca konnte ich direkt ausmachen, Zhitabar und anderes bot er anscheinend auf Nachfrage feil. Atzina und ich sahen uns in die Augen, und ein stilles Verständnis brach sich Bahn, wir hatten den gleichen Gedanken. Wenn nicht hier, wo dann sollte man sich mit allem eindecken, was rosa Wölkchen in den Kopf zauberte? Wobei mein Interesse daran selbstverständlich rein alchemischer, bzw. medizinischer Natur war…

Der Bursche hatte eigentlich alles, wonach wir ihn fragten. Und das sogar in meinen Augen zu einem recht vernünftigen Preis. Ilmenblatt Harz, die Unze zu 7 Dukaten, Schwarzen Mohn der wegen der Herkunft einen leichten Aufpreis kostete, Tigermohn dafür wegen der Nähe zu Aranien wieder etwas günstiger, Zhitabar und für Atzina auch noch Bleichmohn zu einem recht moderaten Preis. Ich gratulierte mir im stillen schon zu diesem erfolgreichen „Spaziergang“. Zählte das Geld ab, fast 11 Marawedi,und wollte mein Päckchen einstecken. Aber noch bevor wir den Handel besiegeln konnten knallte, als er die Finger nach meinem Gold ausstreckte, eine Gerte auf die Hand des Händlers. Eine Frau mit zornig flackernden Augen – im ersten Augenblick fragte ich mich, ob in diesem Viertel etwa die Stadtwache seltsam war – begann mit drohender, fast keifender Stimme auf den Händler einzuschimpfen. Beim zweiten Blick war ich mir aber sicher, diese Dame war mitnichten bei der Wache. Sie mochte um die 40 Sommer gesehen haben, wirkte in ihrem offensichtlichen Zorn kühl und unnahbar, war dabei aber trotz allem auf eine sehr weibliche Art und Weise attraktiv und sinnlich. Wäre da nicht diese völlig übertriebene Aufmachung gewesen. Grell geschminkt und in bunt zusammengewürfelte Gewänder gehüllt wie ein Avesvogel,  mit unzähligen Ringen, Ketten und Armbändern behangen und dazu eine Parfümwolke, die einem schier den Atem raubte. Hätte man sie in der Nacht nicht gesehen, man hätte sie auf jeden Fall am Klimpern des Schmucks kommen hören und aus mindestens 5 Schritt Entfernung gerochen! Der erste Eindruck war… verstörend. Sollte sich jedoch, noch wusste ich es ja nicht, in den nächstem Minuten und Stunden deutlich ins positive wandeln.

Die Dame begann lautstark zu lamentieren, dass sich schon einige Umstehende umwandten, ich würde hier bösartig übervorteilt, die Qualität und Güte der Waren würde nicht stimmen. Der Zhitabar sei alt und tauge nichts, es wären doch nur Reste von der letzten Ernte, die im Übrigen schon viel zu lange zurück lag, und das Kraut daher kaum noch haltbar sei. Man konnte sagen, sie schüchterte den zwielichtigen Gesellen regelrecht ein, während ich mit offenem Munde daneben stand und sprachlos das Spektakel bestaunte. Dann drohte sie ihm unverholen,dem Herrn der AlAchami Meldung zu machen, er würde hier hochgelehrte Männer über den Tisch ziehen verwarf seine ersten Entschuldigungen und sein Angebot über einen kleinen Preisnachlas und trieb ihm bei Zugeständnis mir ein Viertel des Preises zu erlassen bald die Tränen in die Augen. Ich staunte nicht schlecht, als ich das Päckchen, jetzt ohne den Zhitabar, für gerade einmal 7 Marawedi einsteckte und auch Atzina einen guten Schnitt machte. Dann machte sich der Wurm jammernd und klagend von dannen.

Ich verbeugte mich zu der Frau und stellte mich, diesmal mit der Kurzform meines Namens, vor. Ihr Name war Jamila Serpulet, eine Kräuterfrau aus dem Lager der Fasarer Zahori. Natürlich musste ich sie das Fragen, wie ich zu der Ehre käme, dass sie sich derart für mich einsetzte? Sie meinte, man müsse bestimmten Dingen Einhalt gebieten, insbesondre solchen Betrügereien. Schlechte Ware Empfand sie anscheinend fast schon als persönliche Beleidigung, etwas Verwerfliches. Denn die beeinflusst ja das Ergebnis, und das zum Nachteile des Patienten oder Anwenders. Man stelle sich vor, ein armer Schlucker hatte sich das Geld für eine Tinktur vom Munde abgespart und bekomme dann wegen so einem Betrüger ein Elixier, das gar nicht oder nur schlecht wirke? Dann wären sowohl das Gold des armen Mannes, als auch der gut Ruf der  Kräuterfrau, oder in meinem Falle wohl eher des Magus, dahin. Im schlimmsten Falle führte das ja, nimmt man vielleicht einen misslungenen Heiltrank, in höchster Not zum endgültigen Tode. Das kann nun niemand wollen. Für eine Zahori, fand ich, war die gute Frau gar nicht einmal so unsympathisch. Wir begannen ein kleines Gespräch, und durch meine Nachfrage kamen wir schnell darauf, dass wir mit Ajano (dessen Nachname Warharada oder so ähnlich lautete) sogar einen gemeinsamen Bekannten hatten, er stammte sogar aus ihrer Sippe,

Um meinen Dank auszudrücken lud ich sie zu Tee und Gebäck ein, musste aber natürlich mangels eigener Ortskenntnis auf ihr Wissen zurückgreifen, wohin wir uns zu diesem Behufe am besten wandten. Aureliane und Atzina schickte ich zurück in den Gasthof, ich hatte den Eindruck, hier gut alleine klar zu kommen. Wir gingen ins Basarviertel, wobei Jamila unterwegs bei einem der Händler noch diverse Tees kaufte. Neben dem tuchhändler, bei dem Sari sich neu eingekleidet hatte, gab es einen Zeltstand mit Shishe und Kissen, an dem auch Tee ausgeschenkt wurde. Eshila Sunja Haranis Teestube, die uns zum Verweilen einlud. Man empfahl mir Apfeltee, ein Gebräu aus einem sehr dunklen Tee versetzt mit Apfelmost und je nach Belieben, reichlich Honig. Wir bestellten davon und ich roch das sehr angenehme Aroma, nur der Geschmack blieb leider wegen meiner Einschränkung eher zu erahnen, als dass ich ihn wirklich genießen konnte. Für mich schmeckte einfach jeder Tee irgendwie gleich, was ich mir aber nicht anmerken ließ sondern die Güte des Getränks ausführlich lobte. Dabei erfuhr ich, dass nur ein Teil der Zahori hier noch durch die Gegend zog, auch wenn sie nach wie vor in Wagen lebten. Ein Teil ihrer Sippe schien sich hier in Fasar sesshaft gemacht zu haben und nur der Rest zog nach wie vor durch die Lande, und kam bisweilen wieder in der Stadt vorbei. Auf den bequemen Kissen plauderte es sich aber auch wirklich vortrefflich!

Über Ajano kamen wir auf das Thema Tränke, und insbesondere das Mutelixier, von dem sie wohl eines für ihn hergestellt hatte. Hier bot sich mir nun die Möglichkeit, dieser freundlichen Person auf den Zahn zu fühlen, ob sie sich wirklich auskannte, oder nur eine Quacksalberin wie so viele war. Ich wollte wissen, welche Rezeptur sie denn Nutze. Aber ich musste schnell erkennen, die Frau wusste, wovon sie sprach. Löwinnenblut für den Mut und Granatstaub, aber wenn das Blut einer Löwin, was ja nicht ganz einfach zu beschaffen war, nicht verfügbar ist, würde sie wahlweise auf Blut vom Rudelführer von Khoramsbestien ausweichen. Ein interessanter Gedanke, diese Substitution hatte ich bisher noch nicht gekannt! Ich fragte sie, nur so ein Gedanke, ob in nördlichen Landen vielleicht auch das Blut eines Wolfsrudelanführers funktionieren mochte. Sie wiegte den Kopf, meinte dann aber, das sollte durchaus funktionieren, es müsse aus einem Rudel nur das herausgehobendste Individuum, der mutige Anführer sein. Vielleicht nicht ganz so gut wie das Blut der rondragefälligen Löwin, aber funktionieren sollte es eigentlich. Das Elixier für Ajano habe sie bereits fertig, es hatte nur etwas gedauert die Zutaten zu bekommen. Löwinnenblut, so man nicht der Rondra freveln wollte, gab es nicht immer. Aber sie hätte ihre Informanten in den umliegenden Gehöften, falls dort Tiere gerissen würden. Und wenn es soweit war wusste sie es zu verstehen, sich etwas davon zu sichern wenn die Bauern ihre Herden verteidigten. Wir glitten ab in einen Disput über die Alchemie und Trankkunde, Virtutika, das Ersetzen von eigenschaftsfördernden Komponenten mittels Alraune und Magie und viele weitere Dinge. Sie war nicht nur ausgesprochen fachkundig, wie ich gerne zugebe, sicher nicht minder als ich, sondern darüber hinaus auch noch eine sehr angenehme Gesprächspartnerin.

Im Laufe unserer Unterhaltung wollte sie dann von mir wissen was das seltsamste war, was ich je selbst genommen habe. Ich überlegte kurz und meinte dann, ein Elixier der Schwerelosigkeit und erzählte kurz von dem vermeintlich tödlichen Sturz in einen Vulkanschlund, vor dem es mich bewahrt hatte. Das fesselte ihre Aufmerksamkeit und sie äußerte, ich sei ihr ein recht angenehmer Zeitgenosse. Ganz im Gegensatz zu den Magiern der AlAchami, die sie überhaupt nicht leiden konnte. Diese seien ihr zu arrogant und sie wünsche ihnen den Hagel aus dem Gebirge an den Hals. Das gründete sich auf einige Erlebnisse, die sie mit den werten Kollegae hatte. Sie erzählte zum Beispiel eine Geschichte, wo sie im Basarviertel gewesen sei um Besorgungen zu erledigen und ein junger Magier dort herumstolzierte als wäre es sein Viertel. Eine zerlumpte Gestalt kam ihm dabei zu nahe, berührte ihn nicht einmal oder hätte ihn angebettelt, und tanzte dann unkontrolliert durch die Gegend, was den Magier sehr erfreute. Reine Willkür, die kein gutes Licht auf den Charakter warf, aber einiges über das Selbstverständnis der Abgänger dieser Akademie sagte. Und nicht zuletzt an Efferdana hatte ich dies ja selbst schon erleben dürfen! Dann wunderte mich der Respekt, oder vielmehr die Furch, auch nicht mehr, der man hier einer schwarzen Magierrobe gegenüberbrachte. Das einfache Volk konnte ja nie wissen, was der hochgelehrte Herr in seinem Zorn zu tun in der Lage war.

Da wir schon beim Thema Zauberwirker waren, fragte ich sie freundlich, ob sie denn vielleicht nicht selber eine Hexe sei? Wobei ich mich, auch wenn mir anderes ein leichtes Wäre dies zu überprüfen, ich mich aus Respekt vor ihr voll auf ihr Wort verlassen würde. Und ich hätte mit dem Bekenntnis dazu keine Probleme, ich war den Satuariendienerinnen recht zugetan, hatte ich doch bisher nur gute Erfahrungen mit ihnen gemacht. Aber die Antwort war leider ein Nein, sie sei nur eine einfache Kräuterfrau deren Kunst in Fasar stark nachgefragt war. Schade eigentlich, eine Hexe hätte ich jetzt gerade gut gebrauchen können um mir möglicherweise Auskunft über ein diebisches Exemplar dieser Zunft zu erteilen. Aber sie gäbe immer gerne einen Rat, wobei sie mich wieder anlächelte. Also fragte ich sie nach jemand der in der Lage sei senkrecht an einer Wand empor zu steigen. Sie kannte aer nur Leute die gut klettern könnten. Es gäbe aber eine Geschichte, man munkelt unter den Dieben in Fasar sei einer, der außergewöhnliche Gegenstände stiehlt und so etwas könne. Man hört, einem Erhabenen sei eine nicht gerade kleine Menge Edelsteine abhandengekommen, in einer Kammer hoch oben in seinem Burtsch die sogar bewacht war. Aber so jemand hausiere sicher nicht mit seinen Fähigkeiten, wenn er schon den Mächtigen damit auf die Zehen getreten war. Einen Erhabenen zu bestehen, so viel hatte ich schon verstanden, war keine gute Idee. Und das mehrmals zu tun grenzte ja schon fast an Selbstmord!

Ich begann meine Meinung vom Volk der Zahori ein wenig zu ändern. Ihr Motto war, wie bei so vielen Gläubigen, Hilf dir selbst, dann hilft dir Phex und danach lebten sie, was ihren nicht immer guten Ruf erklärte. Was bei einem Händler zur Ehrung seines Ruhm beitragen mochte, warf beim fahrenden Volk wohl eher einen dunklen Schatten, wenn sie die Gelegenheiten ergriffen die sich ihnen boten. Und über Ajano sprach sie dann auch noch Gutes. Er ginge die Dinge mit dem nötigen ernst an, habe sich nicht umsonst beim erhabenen hochgedient. Dies erschien mir mit dem was ich von den Zahori zu wissen glaubte im Widerspruch zu stehen. Leichtlebige, einfältige und verschlagene, alberne Gauner oder bestenfalls hausierende Gaukler und Scharlatane. Aber, meine Jamila, das sei nur die Oberfläche des Volkes, die der Außenstehende sah. Man kann seine Arbeit durchaus ernst nehmen, aber ansonsten beim Genuss der Früchte der Arbeit dann dafür umso  leichtlebiger sein. Aber ersteres interessiere nur die wenigsten, wenn sie über die Zahori sprächen.

Sie fragte mich denn auch, was wir den in den Diensten des Erhabenen Hablet täten, aber darüber wollte ich dann doch lieber Stillschweigen bewahren. Mit diesem Koloss sollte man es sich nicht verscherzen. Ich verwies sie an Ajano, wenn sie dazu etwas wissen wollte, aber der hatte genau diese Lektion anscheinend ebenso bereits gelernt. Ich konnte mir zumindest nicht vorstellen, dass er sehr erfreut wäre, wenn sich herumspräche man habe ihm ein wichtiges Stück gestohlen. Für seinen Ruf bei den anderen Erhabenen wäre es sicher nicht förderlich, und ich wollte nicht der nächste sein der vor einigen Armbrüsten an einer Wand stand.

Da die Zeit langsam fortschritt, wir hatten und regelrecht verplaudert und ich wusste ja nicht, wann meine Gefährten die nächsten Schritte unternehmen wollten, machten wir uns schließlich auf um weiterzugehen. Sie bot mir an, wir könnten das Gespräch jederzeit wieder aufnehmen und ich dürfe sie gerne jederzeit in ihrem Lager und in ihrem Labor besuchen. Auf die Frage, wo ich sie finden könne meinte sie, aus dem Skorpiontor hinaus, am bewohnten Bereich vorbei und links hinunter zum Gadang, dort seien die Wagen ihrer Sippe abgestellt.  Da damit unser weiterer Weg sowieso nahezu identisch war gingen wir auch den restlichen Weg bis zum Derwisch gemeinsam zurück.

Im Basarviertel, als wir an einem weiteren hohen Turm vorbei kamen, meinte sie, dies sei der Burtsch al Mudachim des Bürgermeister Manach ter Ghom, der Raucherturm, den man auch das „Rathaus“ nannte. Dort sei das Büro des Marktkadi und ein kleiner Phextempel untergebracht. Ein Borbaradianer, dabei spuckte sie aus, habe sich erst kürzlich beim Marktkadi beschwert, wie ihm das gekaufte Rederecht verweigert worden war. Sogar Diener des Namenlosen hätten hier schon unbehelligt gepredigt, eigentlich ließen sie jeden für nur 1 Marawedi am Tag gewähren. Ich erzählte ihr dann von Faramud, wie er sich die Schläger des Marktaufsehers vom Hals gekauft hatte. Sie meinte dann, wenn Diener der Erhabenen Geld wollten, solle man immer verhandeln. Sie geben sich stets auch mit weniger zufrieden. Ein wertvoller Hinweis, auch wenn ich mich eigentlich immer noch nicht an diesem unwürdigen Geschachere beteiligen wollte. Vor dem Turm standen Wachen in Rot-Weiß-Grün-lackierten Harnischen. Mir kam ein Gedanke, und ich fragte Jamila, ob sie mich noch einmal begleiten wolle. Wir gingen zum Turm hinüber, und sprach die Wache an. wir wünschten, dem fuchsköpfigen ein Opfer darzubringen. Der Turm maß an der Basis das, was Hablets Burtsch an der Spitze hatte, also etwa 20 Schritt im geviert. Der „Phextempel“ war unter der innen liegenden Wendeltreppe, eher ein gut ausgebauter größerer Schrein als ein eigentlicher Tempel. Es waren nur wenige Leute da. Auf einem Altar stand eine Schale, in der bereits einige kleinere Münzen lagen. Ich verbeugte mich vor dem Altar und legte einen Marawedi für mich und Jamila hinein. Dan kniete ich nieder und sprach „Herr Phex, nimm dies als Zeichen unseres Dankes von mir und der Dame Jamila, weil du unsere Wege so glücklich und zum Vorteil gekreuzt hast.“  Als die Münze die Schale berührte ertönte ein leichter, hallender Klang im Raum. Und ich konnte an Jamilas Gesichtsausdruck sehen, dass sie sehr erfreut war, dass ich sie in Opfer und Gebet einbezogen hatte. Dann gingen wir zurück zum tanzenden Derwisch. Eine letzte Frage wollte sie mir stellen, ob ich die Hochstraßen benutzen dürfe. Dies bejahte ich und sie wollte wissen, wie der Blick von dort oben auf die Stadt war, einen sehnsüchtigen Ausdruck in den Augen. Nach unserem Handel mit dem Erhabenen würde sie gern selbst einmal die Hochstraße benutzen, falls dies möglich sei. Ich versprach ihr, dass ich durchaus bereit wäre, nach erfolgreichem Handel den Erhabenen auch noch um diesen kleinen Gefallen zu bitten und dann die Hochstraße mit ihr gemeinsam zu nutzen. Dann ging sie aufreizend mit den Hüften wackelnd und mir noch einen Blick über die Schulter zuwerfend von dannen. Was für eine nette Person! Wenn sie nur etwas jünger gewesen wäre… nach meinen letzten Erlebnissen mit Damen im reiferen Alter war ich da jetzt etwas vorsichtiger. Und ich konnte ihr ja schlecht ins Gesicht sagen, dass ich derzeit lieber an saftigen Trauben als an süßen Rosinen naschte… so unhöflich wollte ich bei einer so netten Frau wirklich nicht sein! Und da war ja auch noch Visaria…

Das Abendessen hatte ich auf Grund meines längeren Ausflugs leider verpasst, aber danach tauschten wir uns noch etwas aus. Sari meinte, wir werden von einem bösen Geist beobachtet. Um unsere Unterkunft stürben ohne erkennbaren Grund vermehrt Tauben und Kinder brächten diese zu einem Präparator, was sie zusammen mit Faramud herausgefunden hatte. Unklar war wann das begonnen hatte? Vor unserer Ankunft, bei unserer Ankunft oder erst als wir beim Erhabenen waren? Das wäre ein weiterer interessanter Hinweis, sollte sich aber in Erfahrung bringen lassen. Sari fragte mich dann, ob ich das nähere Umfeld ums Gasthaus nach oben magisch betrachten könne. Kurzzeitig und mit begrenzter Reichweite war das gar kein Problem, dafür würde der Odem ja ausreichen. Aber die Steigerung, den Oculus Astralis zur längeren Observierung hatte ich leider nicht im Repertoire.  Sari erstaunte mich erneut, indem sie meinte sie könnte durchaus über längere Zeit magisch beobachten, aber das wäre sehr anstrengend. Dieses Mädel steckte wirklich voller Überraschungen! Wir selbst, informierte ich die Anderen, konnten leider noch nicht viel erreichen, der zuständige Magister Shabob al Dilhaban käme erst übermorgen zurück.

Ich erfuhr, dass der spontane Tod von Vögeln vor drei Tagen begonnen hatte. Das korrelierte leider auf erstaunliche Art mit unserem Eintreffen in Fasar, mochte auch ein Zufall sein, allein, ich mochte kaum daran glauben. Auch Falke war ja vor unserem Zusammentreffen mit dem Erhabenen gestorben. Insofern war eher auszuschließen, dass es sich um eine Koinzidenz im Zusammenhang mit unserem hießigen Auftrag handelte. Vielmehr war anzunehmen, dass uns was auch immer den Tot der Vögel verursachte von außerhalb nach Fasar gefolgt war. Und da lag natürlich Melissas Gegenspielerin zuerst einmal am nächsten, auch wenn wir gedacht hätten sie verfüge über keine magische Unterstützung. Dies musste ich nun zumindest in
Erwägung ziehen. Sari vermisst darüber ihre Knochen auf dem Balkon und Wala hat schon länger nichts mehr gefressen, weswegen sie mit Faramud aus der Stadt hinausging. Aber ich denke, ich brauchte mir keine Sorgen machen. Beide hatten bereits bewiesen, dass sie auf sich achten konnten. Dann begaben wir uns zur Ruhe.

In der Nacht wachten Atzina und ich in unserem Zimmer auf, wir beide hatten wie es schien den gleichen leichten Schlaf. Wir hörten ein leises Krächzgeräusch, am ehesten einem heißeren Manne, oder vielleicht doch einem Tier, zuordenbar. Dann ein dünner, entfernter Schrei  und kurz danach ein dumpfes, leises Geräusch als hätte man einen Sack mit nassen Kleidern vom Dach geworfen. Was natürlich überhaupt keinen Sinn ergab. Ein schneller Blick vor das Haus aus dem eilig aufgerissenen Fenster hinaus zeigte uns lediglich die Finsternis der Nacht, immerhin war es kurz vor der verborgenen Mada. Einzig ein leichtes Röcheln drang von irgendwo aus der Nähe an unser Ohr. Ich entfachte die ewige Flamme meines Stabes um uns wenigstens etwas Licht zu spenden, aber zu sehen war dennoch nichts Außergewöhnliches. Vielleicht doch eine neue Bedrohung unserer Schutzbefohlenen? Wir eilten zu Aureliane und Melissa ins Nebenzimmer. Aureliane schien ebenfalls alarmiert und rief uns an als wir hereinkamen um eine Bedrohung auszuschließen. Ihr Aufgabe, das will ich ihr zugestehen, nahm sie durchaus ernst, wenn auch wenn sie das bedauerlicherweise nicht immer mit allen Dingen tat. Atzina und Aureliane gingen zur Tür die auf die Terasse führte, ich folgte mit dem Licht in der Hand hinter ihnen, denn von dort schien das Röcheln zu kommen. Auf den Fließen der Terrasse lag eine Gestalt mit verrenkten Gliedmaßen im Halbdunkel. Daneben schwebte, ich konnte meinen Augen kaum trauen, ein Teppich in der Luft. Das Licht meines Stabes enthüllte den am Boden liegenden, es war Ajano. Atzina sprang sofort nach vorne um zu helfen, aber ich konnte an der Art wie er am Boden lag bereits sehen, dass er im Sterben lag. Verzweifelt griff der Totgeweihte nach Atzina und röchelte ihr seine letzten Worte zu. Leider stand ich zu weit hinten, dass ich alles klar verstehen konnte, so dass sich für mich erst einmal ein recht sinnloses Kauderwelch ergab. Ich meinte so etwas zu vernehmen wie wir sollten seine Freunde zum Morgengrauen im Steinbruch von YolIfrit bei der Rubinhütte treffen, was mir doch sehr rätselhaft schien. Nun ja, zum Glück hatte Atzina ihn besser verstanden. Was er eigentlich von Stöhnen und Röcheln unterbrochen sagte war wohl eher „Ich sterbe, der Krn’chchur… weiß… Freunde können helfen… Rubinhüte in Yol Ifrit… Einbruch der Dunkelheit, Steinkreis… Bring al Hasred… Teppich und mich zurück zur Familie“. Eine überaus kryptische und im ersten Moment genauso wenig verständliche Botschaft, aber eklatant anders als das was ich verstanden zu haben meinte. Dann tat er seinen letzten Atemzug und verstarb in Atzinas Armen, die sogar noch versuchte vermittels eines Heiltranks und ihrer mir bereits bekannte Kunst sein Leben zu retten. Aber die verdrehten Gliedmaßen, aus dem Brustkorb herausstehenden Rippen und stetig größer werdende Blutlache unter dem Jungen waren ein deutlicher Beweis, dass der den Boron haben wollte auch vom größten Heiler nicht zu retten war. Der Teppich, ich weiß es hört sich widersinnig an, streichelte mit seinen ausgefransten Troddeln den Toten und wirkt dabei auf seltsame Art und weiße „traurig“. Was im Falle eines möglicherweise beseelten Artefakts das seinem Herrn ergeben war zwar nicht völlig abwegig, aber zumindest ungewöhnlich aber überaus faszinierend war. Atzina untersuchte den Toten dann, ob außer den Spuren die auf einen Sturz aus großer Höhe deuteten noch anderes ungewöhnliches zu finden war. Eine riesige Platzwunde am Hinterkopf die kräftig blutete und einen Teil der Lache unter ihm erklärte. Nun hatten wir Ajano nur kurz gekannt, aber seine etwas komischen spitz zulaufenden Ohren, hatte er bisher erfolgreich unter seinem Kopftuch verborgen, dass hier ja fast zur normalen Kleidung zählte. Soso… ein Elfenbastard also. Nicht, dass mich das gestört hätte. Mich hätte ja eher die Geschichte dahinter interessiert, aber die würde er jetzt wohl kaum mehr erzählen können. Interessanter war da tatsächlich eine Krallenspur die er quer im Gesicht hatte, so als hätten ihn gerade erst die Krallen eines großen Raubvogels getroffen. Das wiederum würde zu dem Krächzen vorhin passen und mochte seinen Absturz erklären. Der Teppich, der nebenbei unverrückbar in der Luft stand, war nämlich nicht gerade groß. Da mochte man schon einmal herunter Fallen, wenn man überraschend das Gleichgewicht verlor. Aureliane zeigte nun wieder ihre unsinnige Seite, ich befürchte der Kontakt mit den Feenwesen hatte sie endgültig verdorben, denn sie streichelte den Teppich und redete ihm gut zu. Dann erst schien ihr bewusst zu werden, dass sie splitterfasernackt war (im Übrigen ein sehr gefälliger Anblick) zog sich zumindest ein Höschen an und wollte dann auf den Teppich steigen, der wich ihr aber aus so dass sie es schnell wieder sein ließ.

Anscheinend aufgeschreckt durch den Trubel kam Pamina verschlafen herein und rieb sich die Augen. Sie hatte bisher nichts mitbekommen. Hatte anscheinend zunächst gedacht sie träume den Lärm. Ich schickte sie los hinunter zum Empfang umnach den Rubinhüten zu fragen, sagte dieser Begriff doch keinem von uns etwas, uns als sie zurückkehrte wussten wir zumindest, dass es sich um so etwas wie eine Bande in Fasar handeln müsse, was zu einem Zahori ja in Gewisser Weise passte. Pamina zog dann den Kadaver ins Zimmer und hinterließ Anfangs eine blutige Spur am Boden, aber das Problem lösten wir durch einwickeln in ein Tuch aus dem Zimmer. Der Teppich folgte seinem Toten Herrn wie ein trauernder Hund. Atzina hatte unterdessen den Leichnam noch oberflächlich durchsucht, aber wenig Aufsehenerregendes gefunden. Ein paar Silber, aber auch das Mutelixier in einem beschrifteten Fläschchen, von dem ich ja wusste dass er es sich hatte fertigen lassen. Ich ließ mir das verkorkte Fläschchen geben, schüttelte es und stellte fest, dass es noch voll sein musste. Nun gut, wofür auch immer er es gebraucht hätte, es war anscheinend noch nicht eingetreten. Ich nahm das Fläschchen vorerst an mich. Atzina meinte dabei sie hätte gern aus der Akademie später irgendwann einen Heiltrank erworben, wenn ich dort erneut vorstellig werden würde. Nun, das dürfte nur ein minderes Problem sein. Der Morgen graute, als wir uns langsam gesammelt hatten. Faramud kam mit Sari zurück und starrt den Teppich an mit großen Augen ehrfurchtsvoll an, während Sari mit verklärtem verklärtem Blick meinte es wohnen Geister darin. Das überraschte mich nicht, aber mich hatte ja keiner gefragt. Das Verhalten des Teppichs legte ja eine Beseelung nahe! Für mich stellte sich eher die Frage, ob es in Saris Sinne Gute oder böse Geister wären? Sari sah sich nun ebenfalls Ayano an. Sie meinte die Krallen waren von einem Vogel der größer wäre als ein Falke, aber natürlich noch viel Raum offen ließ. Sie könnte den Geist Ajanos auch zurückrufen, aber nur wenn er Nachkommen hätte. Zumindest uns hatte er nichts über irgendwelche nachkommen erzählt,  und so alt war er zwar nicht, aber es mochten ja durchaus irgendwo die Hinterlassenschaften rahjanischer Abenteuer zu finden sein. Bei den Damen schien er insgesamt ja gut anzukommen. Da mochte sich auch ein Kind an unerwarteter Stelle finden, aber das würden wir sehen. Eltern hingegen gingen aber aus irgendwelchen obskuren Gründen nach Saris Worten nicht. Ich packte mit Atzina an und versuchte  Ajano auf den Teppich zu legen. Es gelang problemlos, der Teppich wurde steif wie ein Brett und schwebte mit seiner Last weiter. Durch sanftes ziehen konnten wir ihn nun langsam in die von uns gewünschte Richtung dirigieren.

Nun kleideten wir uns alle schnell an, auch ich war ja noch in Hausschuhen und mit Schlafmütze unterwegs. Dann legten wir eine Decke über den Leichnam. Auch dieser Tote hatte dennötigen Anstand verdient. Atzina die schon einmal losgeeilt war rief nach uns und wir gingen, den Teppich im schlepp, hinunter. Es war sozusagen unvermeidlich. Die Dame am Tresen war entsetzt, dass wir eine Leiche durch ihr Haus trugen. Und dann auch noch einen Zahori, was ging da vor! Aber ich hatte ihre Mentalität falsch eingeschätzt. Sie ging uns dann durch die Straße hinterher und rief dabei nach ihrer Freundin um zum gaffen – wohlgemerkt nicht wegen der Leiche – ein toter Zahori schien hier niemanden auch nur einen Deut zu scheren – sondern der durch die Gasse schwebende Teppich war DIE Attraktion. Faramud dem aus unerfindlichen Gründen das Ganze nicht geheuer schien ging als letzter, eine Person immer zwischen sich und Teppich haltend. Die Frage war nur, hatte er Angst vor dem Toten, oder dem Teppich, bzw. dem Geist im Teppich? Auf jeden Fall sagte ich den anderen, wir sollten das Skorpiontor Umgehen. Ich hatte keine Lust den Wachen zu erklären, warum wir eine Leiche durch die Gegend schleiften. Wir gingen direkt durch die schäbigen Gassen des Viertels bis zum Ende der Bebauung, dann hinunter zum Fluss, so wie es mir von Jamila beschrieben worden war. Hinter einer letzten kleinen Hügelkette sahen wir das Wagenlager der Zahori in wilder Anordnung stehen. Die Reste und der Rauch eines großen Gemeinschaftsfeuers lagen in der Luft. Die asche war noch nicht ausgeglüht, die Zahori mussten bis spät in die Nacht gefeiert haben. Atzina sprach einen Mann an und fragte nach Ajanos Familie. Ich zog die Decke weg und er wurde ausgewickelt. Aber mehr, als das er auf unseren Balkon geflogen war konnten wir kaum sagen. Man brachte uns zu seiner Mutter und Schwester. Der Mann war dankbar für unseren „sehr ehrenhaften versuchen ihn zu retten und das Familienerbstück zurückzubringen“. Es war noch wenig Leben im Lager, alle schienen zu schlafen. Er klopfte an einem größerem Wagen ging hinein und kam mit einer Frau im Nachtgewand die sich nur rasch ein buntes tuch übergeworfen hatte zurück. Die Frau  stürzte auf Ajano zu und fing an zu jammern, wie ich es von einer trauernden Mutter erwartet hätte. Durch den Lärm aufgeschreckt kam Leben ins Lager, hier waren viel mehr Leute als ich vermutet hätte. Atzina meinte in ihrer maraskanischen Tradition, man müsse dem Toten 13 gute Ratschläge mit auf die Reise geben. Auch Jamila hatte sich zu der wachsenden Schar gesellt und sprach mich auf den Ratschlag hin „nicht herunter zu fallen“ mit zornig lodernden Augen an. Wobei ich es überhaupt icht sarkastisch gemeint hatte. Den Grund des Ablebens zu vermeiden war in meinen Augen nur folgerichtig. Aber gut, vielleicht kam das gerade nicht so gut an. Sie vergoss ein paar Tränen und schluchzte. Der Dank der Familie jedenfalls war Atzina gewiss. Aber die letzten Worte Ajanos konnte man uns auch nier nur bedingt erklären. Die Rubinhüte seien nur ein Geschwätz in den Gassen oder bestenfalls nur Gesocks, Ajano aber wäre ein anständiger Zahori gewesen. Auf das nicht genutzte Mutelixier zur Sprache kommend meinte die Sippe, es sei Art der Zahori, das der Finder Dinge üblicherweise behalten dürfe. Also behielt ich es bei mir. Aber, und da war ich mir sicher, überprüfen und analysieren würde ich es auf jeden Fall, bevor ich es nutzen oder bei jemand anderem anwenden würde. Faramud versicherte, was auch immer er damit sagen wollte, den Weg zu Ende zu gehen und Jamila verkündete mit erhobener Stimme, die Hilfe der Sippe sei uns sicher, wenn wir Ajanos Mörder finden wollten. Sie könne uns auch die Zukunft weissagen. Aber Faramud wollte sich nicht darauf einlassen. Aber zum Glück hatten wir ja unser leichtgläubiges Küken dabei. Ich schob Pamina zu diesem Zwecke vor und folgte ihr dann neugierig nach. Auch der Rest schloss sich uns nun an. Wir betraten Jamilas Wagen. Auf einem Tisch stand eine Kugel, ein feines Tuch darüber gebreitet. Sie entzündete Räucherwerk und begann mit dem, was ich erst einmal als die übliche Scharlatanerie einstufte. Während Pamina sich setzte standen wir drum herum.  Im Wagen herrschte ein durcheinander aus Büchern, Tiegelchen, Kräutern… hinten dran ein Bett. Auf engstem Raum standen wir zusammen. Links von Jamila stand ein silbernes Spielzeug, eine Kutsche mit Rädern. Faramud schob sich an uns vorbei und schaute sich es an. Spuren im Boden deuteten an, dass die Kutsche  anscheinend verschiebbar war, denn vor den Pferdeschnauzen hin ein kleiner Gong. Aber er behielt seine Finger bei sich, so dass wir nicht erfuhren, wie es wohl funktioniert hätte.

Dann setzte sich Pamina vor Jamila an den kleinen Tisch. Jamila hob das Tuch von der Kugel, und zum ersten Mal sah ich nun die kleine Kristallkugel auf ihrem Ständer stehen. Nun kenne ich die Kugeln, die als ritualgegenstand meiner Zunft dienen ja durchaus, auch wenn ich selbst (noch) nicht über eine solche verfüge. Aber diese hier war irgendwie… anders. Schlieren waberten darin, als würde feiner Nebel im inneren umherziehen. Sie legte die Hände auf die Kugel, warf den Kopf in den Nacken, verdrehte die Augen bis man nur noch das weiße sah und als sie sprach änderte sich ihre Tonlage völlig: „Langer Weg, Suche, große Gefahr. Die Dämonen folgen dir, auch hier in Fasar. Hier…!“ Die vormals grauen Schlieren in der Kugel waren nun bunt, und es sah aus als müsse sie sich regelrecht davon losreisen. War das nun ein vollendetes Schauspiel, oder tatsächlich eine prophetische Gabe? Ich konnte es nicht mit Sicherheit sagen. Dafür warf Jamila uns nun regelrecht hinaus und schlug die Tür hinter uns zu. Sari meinte das war allgemeiner Humbug. Es habe alles für eine vernünftige Vorhersage gefehlt, außerdem hätte ja überhaupt niemand eine Frage gestellt. Sie habe Wala auf diese Art getroffen, und das war sicher keine echte Prophezeiung. Ich blieb unschlüssig, während wir uns auf Weg zum Erhabenen weiter unterhielten. Hätte ich nur einen Odem, oder sogar einen Blick in die Gedanken gewirkt, während des Schauspiels. Aber es war einfach zu überraschend gekommen.

Atzina erzählte, dass Hamil den sie vor unserem Abmarsch noch aufgesuchte hatte, meinte, ein Mädchen wäre uns gefolgt als wir nach Fasar kamen. Die toten Tauben seien hinter uns herunter gefallen. Was konnte das sein? Dämonen die uns folgten? Und wenn ja, von wem geschickt? Und sicher nicht in Geiergestalt, einen solchen Dämon gab es meines Wissens nach nicht. Auf kürzestem Weg gingen wir zum Burtsch des Erhabenen Hablet. Wir trugen nur kurz unser Anliegen bei den Wachen vor um den Erhabenen oder Wesir Dajin ibn Selim zu sprechen. Ein Botenjunge führte uns dann in den Burtsch zum Wesir, der uns quasi sofort empfing. Allerdings nahm er die Nachricht von Ajanos Ableben und der Umstände anders auf, als ich erwartet hätte. Er wollte wissen, ob wir vielleicht ein wenig zu viel Rauschkraut genommen hatten und der fliegende Teppich war sicher nicht vom Erhabenen. Dieser hätte ihm sicher nicht einem lumpigen Zahori gegeben. Das Ableben Ajanos sei zwar bedauerlich, er war ein geschätzter Lakai des Erhabenen, aber eben nur ein Zahori. Daher wehte also der Wind. Soviel also zur Loyalität untereinander. Wäre das einer meiner Untergebenen gewesen, und wenn auch noch so gering, ich hätte mir das ja nicht gefallen lassen. Aber ich verstehe schon… Zahori waren hier in etwa so viel Wert wie der Dreck unter meinen Stiefeln. Wir spannen noch die Theorie von einem Geierangegriff etwas aus und einem möglichen Zusammenhang mit dem Diebstahl. Aber von den Rubinhüten wollte Atzina anscheinend nichts erzählen. Im Großen und Ganzen wirkte der Wesir dann doch eher gleichgültig. Wir sollten tun was wir wollten, um den Handel mit seinem Herrn zu erfüllen und damit hatte sich die Sache für ihn offensichtlich. Pamina fragte noch, ob Ajano einen nächtlichen Auftrag des Erhabenen hatte. Aber das verneinte der Wesir, sein einziger Auftrag sei gewesen mit uns gehen und uns zu Diensten zu sein. Aber einem Zahori weinte in dieser Stadt anscheinend niemand eine Träne nach, außer vielleicht seine Sippe selbst. Dann komplimentierte er uns hinaus, er habe viel zu tun und wäre eingebunden in die Planung des Magierfestes. Als wir ihn schon im Gehen doch nach den Rubinhüten fragten meinte er, dies seien Hilfreiche Wächter der Nacht, Phex sei gepriesen das es sie gibt, schienen ihm aber eher Legenden zu sein, da er sie noch nie persönlich getroffen habe. Also doch keine Verbrecherbande wie anfangs vermutet? Sehr ominös. Klarheit würden wir uns wohl erst schaffen können, wenn wir diese Leute heute Abend persönlich sprechen würden, falls es sie überhaupt gab.

Der erste Weg zu einem erfolgreichen Handeln war noch immer die Aufklärung! Daher ließen wir uns von Hamil bis an den Rand von Yol Ifritiim bringen. Hineingehen in dieses Viertel wollte er aber nicht. Da er uns nun sowieso nicht weiter zur Verfügung stand gab ich ihm noch ein Marawedi für den Dolchjungen und sein Botensilber, um menie Schulden bei dem jungen Vatermörder zu begleichen.  Wir betraten das Trümmerfeld von Yol Ifritim und hielten nach etwas Ausschau das als Steinkreis durchgehen mochte. Ich hatte eine ungefähre Vorstellung davon was ich darunter verstehen würde, aber konnte ich meine Referenzen hier denn anwenden? Anscheinend nicht, denn das was uns erwartete traf zwar im Kern die Beschreibung „Steinkreis“, im Sinne von „Steine die im Kreis stehen“, aber es hätte da doch deutlich exaktere Beschreibungen gegeben. Recht zentral gelegen fanden wir ein Gebilde, das wie ein Steinkreis, aber eigentlich eher wie ein Kreis aus abgebrochenen Säulen, wirkte. Es mochte sich um einen ehemaligen Rundtempel handeln, von dem nunmehr lediglich die Stümpfe der Säulen und Mauern übrig geblieben waren. Aber ein Kreis war es eindeutig. Da wir weitere Gebilde die für uns in Frage kamen auch nach weiterem Suchen nicht fanden musste es sich wohl dabei um den gesuchten Ort handeln. Irgendwie kamen wir dann von Saris Feuergeist auf andere Zauberwirkerinnen und ich auf meine geschätzte Kollega Junasia, die Faramud anscheinend ebenfalls kannte. Wie ich seine Aussage dazu aber einordnen sollte, „Weibern ist nicht gegeben, die magischen Künste auszuüben, insbesondere nicht von den Erben der Drachen“ war mir einigermaßen schleierhaft. Ich an seiner Stelle würde der bekannt heißblütigen Junasia das so nicht ins Gesicht sagen… abgesehen davon dass es natürlich grundfalsch war.

Nun war der Plan zumindest im Grunde gefasst. Und da der Tag noch nicht sonderlich weit fortgeschritten, aber dafür wieder eine lange Nacht zu erwarten war gingen wir zurück zu unserer Unterkunft. Ohne Hamil an unserer Seite wurden wir deutlich häufiger und penetranter angebettelt, es war schon wieder regelrecht lästig. Ich überlegte kurz, ob ich nicht einfach auf Paminas Kleidung einen kleinen Aureolus Güldenglanz legen sollte. Mit ihr als golden glänzender Ablenkung wäre es für den Rest sicher deutlich leichter und ruhiger beim Gang durch die Straßen Fasars. Aber wer weiß, welches Trauma die Kleine dann davon wieder davongetragen hätte… Der Wirt jedenfalls wartete schon auf uns, weil er wissen wollte was heute Nacht los war. Er fürchte um den guten Ruf seines Hauses, jammerte uns die Ohren voll das das Volk auf der Straße über den tanzenden Derwisch schwätzte und ähnliches mehr. Ich ignorierte den Mann einfach. Das einzige was ich mir merkte war, dass es für das Magierfest zum 1. Hesinde nächste Woche schon eine Art Vorprozession geben würde. Viele Magier seien dann in der Stadt zu Gast. Sollten wir dann noch hier sein würde ich mir das auf jeden Fall ansehen!

Melissa bleibt am Abend zurück, ihr war es nicht ganz geheuer auf einen Hügel zu steigen, auf dem angeblich Dämonen umgehen. Sari nahm ihre Knochen mit und die Hunde blieben bei Melissa. Während wir erneut den Weg durch die Stadt gingen räumten die Händler ihre Stände auf und die Gassen leerten sich. Dadurch kamen wir recht schnell vorwärts und brauchten nur eine Stunde bis zum „Steinkreis“. Außer uns war noch niemand da, was wir nutzen wollten um uns zu verstecken. Ich schlug vor, da die Gefahr in diesem Stadtteil bei Nacht ja immer herbeigeredet wurde das wir uns in 2er Gruppen um das Areal postieren sollten. Wenn es doch gefährlich sein sollte wäre ein einzelner unbedarfter für einen Geist oder gar Dämon doch ein zu leichtes Opfer. Eigentlich wollte mit heute einmal mit Pamina gehen. Angesichts der Gefahren die mir vorschwebten wäre ich zu ihrem Schutz als schwächstem Glied unserer Kette wohl am besten geeignet gewesen und Atzina konnte ja meist gut auf sich selbst aufpassen. Aber Faramud verdrehte das ganze wieder einmal ins Gegentei und meinte, Pamina wäre kein ausreichender Schutz FÜR MICH. Sie war dann ziemlich beleidigt mit ihm und ging deswegen mit Aureliane, während ich wie üblich mit Atzina verblieb und Faramud auf Sari aufpassen wollte. Wir suchten uns alle ein paar schöne Verstecke, die es uns ermöglichten bedeckt zu sein, aber recht ungehindert ins Rund zu gelangen, wenn es erforderlich wäre. Pamina memmte noch herum und wollte wissen, was passiert wenn… Aber wer konnte das schon sagen? Wir würden erst einmal sehen müssen, was die Rubinhüte, so sie denn überhaupt kamen, tun würden. Dann konnten wir immer noch entscheiden, ob wir sie entweder schnappen oder uns freundlich unterhalten wollten. Im Zwielicht der Dämmerung hörte ich ein leichtes Rauschen das sich anders anhörte als der sonst so gegenwärtige Wind. Drei Schemen flogen von außen in den Kreis hinein, landeten nacheinander und begannen sich zu unterhalten.

In der schnell dunkler werdenden Dämmerung, sah ich immer schlechter. Ich stand neben Atzina im Schatten der Mauer am Weg. Und wären diese Leute nicht herangeflogen, sondern am Boden bei uns entlang gekommen, sie hätten uns sicher gesehen. Wir vernahmen Stimmen, als sie begannen sich zu unterhalten. Ich gab ihr noch mit, wenn sie einen Angriff für angebracht hielt, solle sie rufen wie ein Khomputer, für freundliche Verhandlungen zwitschern wie eine Nachtigall, dann schlich Atzina vor um zu lauschen und ging hinter einer kleinen Wand nahe bei den Rubinhüten in Stellung. Aber viel bekam sie nicht zu hören, denn nach kurzer Zeit vernahmen wir ein lautes Krächzen. Eineinhalb dutzend wütender Krähen erschienen und stürzten sich auf Faramud und Sari. Faramud reagierte geistesgegenwärtig und versteckte sich und Sari an der Mauer unter  seinem Schild. Wala jaulte auf und verschwand im Dunkel außer Sicht. Atzina hielt nun wohl die Zeit des Handelns für gekommen und trat ins Freie. „Ajano Vaharada schickt uns“, grüßte sie zu den Unbekannten hinüber und stellte sich als Zefira vor, worauf sich ein kurzes Gespräch entspann. Dann eilten sie auch schon gemeinsam los um Faramud und Sari zu helfen, sie waren offensichtlich zu einem schnellen Konsens gekommen. Da ich noch deutlich weiter hinten weg vom Geschehen war eilte ich mit einem „Bei Hesindes goldener Lockenpracht“ auf den Lippen ebenfalls nach vorne, kam aber nicht weit. Ein weiteres Krächzen ertönte und erneut erschien ein dutzend Krähen wie aus dem Nichts vor Atzina und den Rubinhüten. Diese sprangen auf ihre Teppiche, erhoben sich in die Luft und verschwanden für mich in der Dunkelheit. Einen von ihnen hörte ich rufen „Da oben ist jemand“. Ich meinte, ein Geräusch hinter mir zu hören und drehte mich um. Wie aus dem nichts traf mich eine Kralle, riss eine klaffende Wunde in meinen Arm und ein großer Vogel verschwand im Dunkeln. Das war definitiv keine Krähe, ich hätte gesagt viel eher ein Geier! Und bei Praios strafendem Licht, dieses gefiederte Ungetüm würde ich rupfen, wenn ich es in die Finger bekäme! Ich biss die die Zähne zusammen und unterdrückte den Gedanken an die pochenden Schmerzen in meinem Arm. Von oben hörte ich eine weibliche, mir irgendwie bekannt vorkommende Stimme rufen: „Verdammte Rubinhüte, der Höhenkoller soll euch holen“. Kurz darauf landeten die drei Teppichflieger fast direkt vor mir am Boden. Ich ließ die Fackel an meinem Stab entflammen. Endlich hatte ich zumindest in meiner Umgebung wieder eine normale Sicht. Die Rubinhüte boten ein jämmerliches Bild. Mit schlotternden Knien und Angstschweiß auf der Stirn sanken sie auf den Boden.  Unterdessen erschlugen meine Gefährten den Krähenschwarm nach und nach, auch wenn ich aus den gelegentlichen Schmerzensrufen entnehmen konnte, dass auch die Krähen ob ihrer schieren Menge hin und wieder ihren Blutzoll einforderten. Aber der Sieg über eine Horde Vögel war natürlich reine Formsache. Dann sammelten wir uns an meiner Position, alle angezogen von meiner Fackel wie die Motten vom Lichte.

Ich hatte nun das erste Mal einen vernünftigen Blick auf diese ominösen gestalte. Sie hatten jetzt die Teppiche eingerollt und standen zwischen uns. Jemand der übles unterstellen wollte hätte gesagt, wir hatten sie eingekreist, aber einen Grund für Feindseligkeit schien es ja derzeit nicht zu geben. Einer war offensichtlich Schwarzmagus wie ich, dem ich mich deswegen als natürlichem Anführer der Truppe auch direkt zuwandte. Sein Name war Delgares und man stelle sich meine Überraschung vor, als ich hörte das er ebenfalls in Al'Anfa an der Haller der Erleuchtung studiert hatte, wie er mit formvollendeter, wenn auch etwas monotoner Vorstellung zu erkennen gab! Er war zwar einige Götterläufe älter als ich, musste seinen Abschluss erworben haben als ich oder kurz bevor ich selbst  an die Akademie kam, was erklärte warum er mir nicht bekannt war, und darüber hinaus gehörte er anscheinend dem Seekriegszweig an, aber die Gemeinsamkeit in der Vita nahm mich direkt für den werten Kollegen ein. „Wer seid ihr und was tut ihr zu später Stunde hier?“ wollte er von uns wissen. Natürlich stellte ich mich ebenfalls mit vollem Titel vor und dann präsentierten wir uns gegenseitig unser Gildensigel. Fern der Heimat und doch scheint Dere immer wieder Klein zu sein…  Den Namen hatten die Rubinhüte anscheinen von den rote Fez die sie trugen und den roten Gesichtsschleier. Offenbar waren es zwei Männer und eine Frau, kaum älter als ich selbst. Atzina war wenig diplomatisch, blaffte sie unverblümt an und erzählte von Ajanos tot. Er habe uns mit seinen letzten Worten zu ihnen geschickt. War ich vorher noch unsicher, so verdichteten sich die Hinweise auf die mögliche Beteiligung einer Hexe nun langsam immens. Auch das die Rubinhüt erzählten eine Frau auf einem Besen hätte sie angeschrien und dann mussten sie vor Angst landen sprach doch  mehr als deutlich dafür. Ajano habe sie gebeten wegen einem Geier und einem Banditen nachzuforschen. Und tatsächlich hätten sie auf Patrouille einen Geier auf Dach eines Burtsch gesehen, dem Raucherturm. Dies wäre ungewöhnlich, kommen diese Tiere doch sonst nicht in die Stadt. Zudem kletterte am Turm eine Gestalt hoch zum Geier und beobachteten die Stadt. Sie konnten die Person aber nicht fassen, bezeichneten ihn aber als „der Spinnenmann“, ein Dieb den sie schon lange suchten. Daraufhin hätten sie bei der Hellseherin der Zahori gestern Abend eine Nachricht für Ajano hinterlassen. Und genau deswegen kam ihnen die Stimme der Hexe auch irgendwie bekannt vor, sie wären sicher, dass es das Kräuterweib der Zahori sein müsse. Ich hatte den Fluch ebenfalls gehört, der Zorn der in der Stimme mitschwang, könnte durchaus Jamilas gewesen sein.  Die anderen Beiden Rubinhüte stellten sich als Bedemann und Faruscha vor, zusammen seien sie die fliegende Garde, eben auch bekannt als Rubinhüte. Sie würden denen helfen, die Hilfe brauchen und klären ungeklärte Dinge auf. Reichlich pathetisch zwar, aber anscheinend doch ehrenhaft und keine Verbrecherbande. Wir stellen uns darauf kurz ebenso vor, Atzina aber mit ihrem neuen Alias. Bedemann sprach aus, was wohl alle dachten. Man müsse alles dafür tun, Ajanos tot zu rächen. Und damit hatten wir nun mutmaßlich ein gleiches Ziel. Gerüchte über einen meisterhaften Dieb machten in Fasar die Runde. Er klettere herum wie eine Spinne und setzte mit weiten Sprüngen über die Gassenschluchten. Damit blieb aber offen, waren der Dieb und die Hexe eine Person, oder Kumpanen? Am naheliegendsten war wohl, ins Zahori-Lager zu gehen und die Kräuterhexe zu befragen. Hätte ich sie doch nur auf dem Basar arkan untersucht… ich bin freundlichen und attraktiven Damen gegenüber einfach nach wie vor zu arglos! Um den Weg abzukürzen fragte Atzina, ob es möglich sei auf den Teppichen mitzufliegen. Delgares verneinte dies, seiner sei nur kleiner Teppich, der Sturmfürst würde auch keine zweite Person auf sich Dulden. Auf die anderen beiden würde eine zweite Person aber tatsächlich drauf passen. Atzina stand die Verwunderung ins Gesicht geschrieben, waren fliegende Teppiche doch in unseren Augen bisher rare Objekte aus alte Geschichten. Aber hier? Gab es diese Teppich ein Fasar im Dutzend billiger? Dem war aber wohl nicht so. Bedemann ibn Asaf war der Sohn eines wohlhabenden Juwelenschleifers und der Teppich das Geburtsgeschenk seines Vaters das er nach langer Fertigungszeit zum 24 Tsatag erhalten hatte. Delgares studierte wie erwähnt in Al’Anfa am Seekriegszweig und seinen Teppich „Sturmfürst“ selbst geschaffen. Darauf sollte ich mit dem Kollegen unter 4 Augen durchaus noch einmal zu sprechen kommen. Das könnte sich als nützlich erweisen! Feruscha schließlich war die Tochter des Teppichknüpfers Melek aus einer Dynastie die diese Kunst seit alters her betrieben und der Teppich war ein altes Erbstück.  Wir können sie bei ihrem Vater Melek ibn Achmad in Mantrabad erreichen.  Nachdem damit der Form genüge getan war und wir durchaus einiges interessantes Erfahren hatten wollten wir nun zu Tat schreiten.

Wir einigten uns darauf, dass sie vorfliegen sollten um keine Zeit zu verlieren, und jemand von uns mitnehmen würden, der Rest würde zu Fuß nachkommen. Feruscha meinte, ihr Teppich Simojon nähme durchaus jemand mit, solange es eine Frau ist, man höflich sei und ihm am besten Komplimente mache. Konnte es sein, das diese Stofffetzen alle eine eigene Persönlichkeit hatten? Bedemann glotzte Pamina und Aureliane unverhohlen auffordernd an. Gerade, das man ihm nicht den Sabber aus dem Mundwinkel wischen musste. Pamina drückte etwas auf seinen Teppich den er Marafi nannte, und der mit 2 auf 3 Schritt ebenfalls groß genug wäre um einer weiteren Person Platz zu bieten. Dann „kitzelte“ sie den Teppich und biederte sich dem Bettvorleger an, das ich schon wieder an ihrem Verstand zweifelte. Aber was soll ich sagen? Der Teppich „tatschte“ ihr mit einem Eck regelrecht an den Hintern und schob sie dann auf sich hinauf. Hätte ich meine Hand an dieselbe Stelle gelegt, ich hätte mir wahrscheinlich eine Ohrfeige eingefangen! Aber sein Besitzer meinte, der Teppich ist ein kleiner Pascha, das sei schon so in Ordnung. Es hieß dann, sie sollten sich mittig setzen, irgendwas um die Last beim Fliegen auszugleichen. Kollege Delgares rollte seinen Teppich ebenfalls aus. Im Vergleich zu den anderen ein kleines, schäbiges Stück das nur einer Person Platz bot. Aber ich erkannte auf Anhieb eine Agrimoth-Sigile auf dem grauen Hintergrund. Der Teppich bockte rum, bekam dann auf Zahyad Kommandos und die Sporen seines Reiters. Einen freundschaftlichen Umgang pflegten Flieger und Teppich hier wohl nicht, aber wen wunderts, wenn dort tatsächlich ein Dämon gebunden sein sollte? Die anderen hören anscheinend auf Wort, Kommando und Geste und waren deutlich fügsamer. Aber nach 4 Schritt aufsteigen, landeten alle panisch und ängstlich wieder am Boden. Anscheinend hatten sie sich tatsächlich einen satuarischen Gluch eingefangen, die Worte hatte ich vorhin ja vernommen. Höhenangst, wie es schien, mit der sie vorher noch nie Probleme gehabt hatten. Das schlimme an Flüchen war, soweit ich gelernt hatte, dass sie gebrochen werden oder auslaufen mussten. Ansonsten konnte man da wenig machen glaube ich, und Kräuter wie die Mohnsamen halfen da auch nicht weiter. Nun gut. Dann gingen wir eben alle zusammen am Boden. Die drei ortskundigen führten uns durch die Stadt, weswegen wir nur etwa eine halbe Stunde brauchten. Am Derwisch trennten wir uns, der Abend war ja noch jung, um uns zur 5. Stunde des Morgens wieder treffen. Pamina diskutierte mit Bedemann auf der Schwelle des Hotels noch den Ankauf von Diamanten. Atzina mischte sich ein und meinte, sie solle nicht einen großen sondern viele kleine, verschiedenfarbige nehmen wegen des Rücktauschs in Gold.  Das Geschleime wiederzugeben das der Händersohn dabei über Pamina und auch Atzina ergoss erspare ich allen, hier wiederzugeben. Ansonsten würde ich Gefahr laufen beim nächsten Schritt darauf auszurutschen! Widerwärtig!

Atzina tat dann zunächst das, was sie am besten konnte und legte mir einen Verband an. Und sie leistete wie immer hervorragende Arbeit, denn nach einem kurzen Schläfchen ging es mir wieder deutlich besser. Im Zahori-Lager zum Wohnwagen Jamilas zu kommen war kein Problem, man kannte uns ja bereits. Hinter der Tür erwartete uns heilloses Durcheinander. Die Stühle waren zerschmettert, der Tisch kaputt, alles lag wild verteilt herum. Glas- und Tonsplitter von Fläschchen und Tiegelchen verteilten sich am Boden. Die Kristallkugel war verschwunden, aber das Spielzeug mit den Pferden lag noch am Boden, glänzte silbern und auffällig vor sich hin. Ein größeres Buch fand sich unter dem Tisch. Wenig überraschend war es in Tulamidia verfasst und trug den hochtrabenden Titel: „Die Vollstreckung meiner Rache“. Ein dünner Foliant in großer Schrift geschrieben, so dass der Inhalt schnell zu erfassen war. Faramud nahm es zunächst an sich, gab es dann aber an mich weiter. Während die anderen sich weiter im Wohnwagen umsahen überflog ich den Inhalt. Es handelte sich im Wesentlichen um die Beschreibung eines altechsischen Artefakts aus einer Zinklegierung in Kannenform besetzt mit Topasen und seine theoretische Funktionsweise. Nun, das kam mir recht bekannt vor. Eingewoben sollte die Thesis des magischen Raubs in kristallomantischer Zonenvariante sein, der sich durch das Einfüllen einer Vitriolhaltigen Flüssigkeit aktivierte. Durch Erhitzung und Verdunstung würde die gesammelte Kraft über Arkaniumskristalle und Bernsteinsplitter einem Rubin zugeführt und sollte zum Ende in einer potenten Feuerexplosion kulminieren. Dazu fand sich eine Notiz, dass der erste Test mit der Kraft eines schwächlichen Wandermagiers erfolgreich verlaufen sei und ein Feuerball erzeugt werden konnte. Ein zweiter Test brachte ein noch stärkeres Resultat, jedoch würde sich das Artefakt wohl bei der dritten Anwendung auch gleichzeitig selbst zerstören. Was uns in gewisser Weise in Zugzwang brachte, denn wir sollten das Objekt ja dem Erhabenen übergeben. Aber wozu brauchte man so etwas? Einen Angriff auf die Magierakademie? Unwahrscheinlich, denn außer man würde es im inneren Zünden dürften die magischen Sicherungen selbst einem starken Angriff von außen die Wucht weitestgehend nehmen. Das Magierfest im Hesinde? Das lag wohl noch zu weit in der Zukunft. Also würde nur die Vorprozession auch als deutlich leichteres Ziel bleiben. Aber wie viele Magier fanden sich denn für so etwas ein? Sooo viele konnten das doch nicht sein, oder? Delgares warf mir über die Schulter ebenfalls einen Blick hinein und kam wohl zu ähnlichen Schlüssen.

Er wandte sich an Bedemann und meinte, nun sei auch der Verbleib der Arkaniumlieferung die sein Vater vermisse wohl geklärt. Und irgend einem Zwerg in Fasar wären wohl zuletzt einmal Edelsteine insbesondere Bernstein und Rubine im Wert von 120 Dukaten gestohlen worden. Was den Schluss nahelegte, ebenso wie die Tests, dass das Artefakt bereits einsatzfertig vorlag. Eigentlich sollte man sich wenn es soweit war nicht unbedingt in der Nähe aufhalten. Delgares meinte dann, ob ich denn nicht  um die Anziehung der Vorprozession und des Festes wüsste, was mir schon wieder ein wenig zu überheblich klang. Bei der letzten Vorprozession wären gut 300 Magier anwesend gewesen, was mit ein erstauntes Pfeifen entlockte. Das war eine ordentliche Menge! Bis zum Magierfest in eineinhalb Monden könne man danach an der Al’Achami zu vergünstigten Preisen in die dort verfügbaren Thesi, und das waren wohl sowohl eine große Zahl als auch einige sehr seltene und begehrte, eingewiesen werden, was das hohe Interesse erklärte. Und mein Interesse natürlich ebenfalls weckte! Nachdem ich das Ende bereits gelesen hatte blätterte ich an den Anfang des Buches um den Grund für den Zorn auf die Magier zu erfahren. Dort Sprach die Verfasserin davon, „was denen widerfährt, die aus Überheblichkeit, Arroganz und Niedertracht andere Ablehnen. Die arroganten Magier der Al’Achami sollen sehen, wie ihre Magierwelt in Trümmern liegt.“ War es wirklich so simpel? Die Rache einer verschmähten Anwärterin? Und dann? Hatte sie sich der Hexerei zugewandt? Oder war sie vorher bereits eine Hexe gewesen? Das klärte sich hier leider nicht auf. Aber die Beweggründe waren nun wenigstens etwas klarer.

Faramud inspizierte unterdessen das Spielzeug und vom Gong auf dem Halter ertönte, obwohl er ihn gar nicht berührte, ein hoher silbrig klingelnder Ton, der ihn erschauern ließ, mehr geschah aber nicht. Pamina suchte am Boden und fand ein Fläschchen mit der Aufschrift „Heilung“ das sie Atzina gab, einen Tiegel mit Sonnensymbol der wohl Praiosmilch enthielt und zwei Säckchen mit Teekräutern sowie einen Tontiegel mit Tabak. Auch ich sah mich nachdem ich mit dem Buch am Ende war noch einmal im Wohnwagen um. Mörser, Stößel, Schalen, leere Fläschchen, eine Brennpfanne, aber auch viel zu Bruch gegangenes. Insgesamt wirkte das Wageninnere wie geplündert und im Zorn verwüstet. Lediglich ein Zopf Knoblauch schien mir noch so sinnvoll, immerhin ein Substitut für manche Heiltrankrezepte, dass ich ihn mitnahm. Bevor ich den Wagen als letzter verließ warf ich noch einen schnellen Blick mittels Odem auf das Spielzeug – und zuckte kurz bevor ich es berührte zurück. Ein helles Strahlen und eine eigenartige, zornig wirkende Struktur füllten meine Sicht aus, anders als alles, was ich bisher gesehen hatte. War das die Art, wie sich satuarische Flüche zeigten? Ich ließ vorsichtshalber die Finger davon, auch wenn es mich schon sehr reizte. Aber es wäre mit deutlich lieber wenn sich was auch immer darauf lag auf jemand anderen entladen würde, nicht unbedingt auf mich! Das Buch jedoch nahm ich trotzdem an mich. In einer ruhigen Stunde würde ich es noch einmal gründlich lesen, falls ich doch etwas übersehen haben sollte.

Im Anschluss befragten wir die Wächter zu Jamila. Sie war wohl oft sehr schnell zornig und hatte gewütet, sich aber auch genauso schnell wieder beruhigt. Zuletzt hatte sie auch einen Streit mit Ajano wegen eines Mutelixiers gehabt. Aber sie hatte es ihm doch verkauft und es war noch voll? Daran das er sich über eine schlechte Wirkung beklagt haben mochte konnte es also nicht liegen. Sehr seltsam. Einmal habe sie sogar vor Jahren ihren eigenen Raben im Zorn getötet, das Tier immer wieder an die Wand des Wohnwagens geschlagen. Ein Rabe? Das wäre nun ein erneutes Indiz, dass sie unsere gesuchte Hexe wäre. Ein neues Tier habe sie sich danach aber nicht mehr zugelegt. Nein, auch keinen Geier. Neulich, also vor etwa 14 Tagen, sei sie nach Al‘Uruch gegangen, der Nekropole von Fasar. Der einzige regelmäßige Besuch den sie hatte sei ab zu und von einer schäbig aussehenden Halbelfe gewesen, die um sie herumscharwenzelte. Möglicherweise seien die beiden ein Paar. Bei Halbelfe dachten wir natürlich alle zuerst an Ajano. Aber es wäre wohl keine Verwandtschaft von ihm, den Ajanos Mutter käme aus der Sippe, das wüsste man dann. Jamila käme aber immer wieder zurück, sie hätte ihren Wohnwagen schon öfter verwüstet, tauche dann aber ein paar Tage später wieder auf.  Was es uns natürlich deutlich leichter machen würde als sie in dieser großen Stadt zu suchen. Daher baten wir die Wachen uns im Derwisch zu benachrichtigen, wenn sie wieder auftauche. Sie sollten ihr sagen, ihr Freund Victor hätte nach ihr gefragt. Dabei sah Faramud mit einem recht seltsamen Gesichtsausdruck an.

Unser nächster Weg würde uns dann in die Nekropole führen. Wir hatten wenig genug Anhaltspunkte. Die Rubinhüte könnten uns führen. Aber was hatte es mit dem Geier auf sich? Wir spekulierten herum. Ein seltsamer Vertrauter der Hexe? Ein beherrschtes Tier? Atzina meinte, vielleicht die Halbelfe die sich verwandeln könnte? Aber schlüssig waren alle diese Theorien.

Außerhalb des Lagers boten uns die Rubinhüte an, uns die Nutzung der Teppiche beizubringen, da sie diese derzeit ja nicht selbst verwenden konnten. Leihweise natürlich nur und wenn wir pfleglich damit umgingen. Pamina rannte quasi aus dem Stand los zum Pascha-Teppich. Atzina ging zu Simojon, stieg auf und ließ sich von Feruscha die Handhabung erklären. Die Lenkung geschah durch drehen und ziehen an den Kanten und Ecken. Der Teppich reagiere träge und langsam, aber auch auf einfache gesprochene Befehle. Atzina schmeichelte dem Teppich durch freundliche Worte. Der Teppich wickelte sie regelrecht ein, und das meine ich im wörtlichen Sinne, er mochte sie anscheinend und Atzina legte sich dann drauf um etwas herumzuschweben. Fast schon hinterhältig, beim Ziehen nach rechts flog er nach links! Paminas Teppich wurde von ihr erneut durchgekitzelt und ließ es sich gefallen und klatschte ihr wieder auf den Hintern. Dabei schwang er mit seinen Troddeln wie eine rollige Katze. Bei diesem erfolgte die Lenkung anscheinend rein durch Gedanken.  Auf beiden solle man am besten Knien um Kurven auszugleichen. Allerdings habe der Teppich ein festes Ritual. Zur Mittagszeit, egal wo man ist und was man tut rolle er sich in einer schattigen Ecke zusammen und mache Siesta. Wie lästig! Ich ging zu Sturmfürst. Wohl niemand außer mir würde sich freiwillig auf einen Dämonen-Teppich setzen. Dabei grinste ich vor Erwartung. Dabei machte der Teppich wirklich nicht viel her. Ausgefranste Ränder, er sah regelrecht billig aus, von schmutzgrauer Farbe, übersäht von Brandflecken war eine Agrimoth-Sigile eingewoben. Der Name  des Teppichs sei Negesh-Adorat oder eben Sturmfürst. Er sei sehr eigenwillig, unberechenbar, bisweilen sogar hinterhältig und bösartig. Das bewies er auch gleich. Der Teppich rollte sich unvermittelt zusammen und griff meine Kniekehlen an. Es gelang mir gerade so ihn noch mit dem Stab zu blocken, indem ich meinen Stab vor mir am Boden verkeilte. Dann rollte er sich wieder aus, keilte dabei aber wild aus. Delgares meinte, er verstehe jede Sprache, denn er hatte selbst einen Arjunor hineingebannt. Was für eine geniale Idee, um relativ einfach an einen fliegenden Teppich zu kommen! Ich musste ihn unbedingt später nach dem genauen Vorgehen fragen und auch, ob er mir den wahren Namen Arunjors verraten würde! Allerdings, so Delgares weiter hasse er Regen und Kälte, dann brauche man erst gar nicht versuchen zu fliegen. Ich solle durch ein Opfer von Kraft oder Leben, ich entschied mich für Kraft, eine Bindung zu ihm aufbauen. Meine natürliche Affinität von Dämonen schien ein weiteres zu tun. Allerdings verlief mein erster Versuch aufzusteigen anders als erwünscht. Ich kam zwar auf den Teppich, er stieg auch etwas an, dann aber ging eine Welle durchs Gewebe, hob micht etwas in die Luft und zischt dann ohne mich nach vorne Weg. Ich fiel sehr unelegant mit dem Hintern nach hinten herunter. Dann versuchten wir es weiter, übten zu fliegen und zu steuern, bzw. ich den Sturmfürst unter Kontrolle zu bringen.

In einer Pause nahm ich eine schnelle Augenscheinanalyse an dem Mutelixier Ajanos vor. Wer weiß wie lange es dauern würde bis ich es selbst nutzen musste, vielleicht sogar um den Arunjor zu kontrollieren? Auf der anderen Seite schien es nicht mehr angeraten, Jamila unbedingt zu vertrauen. Und ich behielt recht mit meinem Misstrauen. Ein Mutelixier hätte ich sicher erkannt. Das, soviel konnte ich aber auf jeden Fall sagen, war keines. Um genau zu sein schien es sich eher um ein mir unbekanntes Gift zu handeln! Wie hinterhältig war dieses Weib? Einem Freund und Sippenangehörigen unter dem Vorwand eines Virtutikums ein Gift anzudrehen? Mich schauderte. Ich würde auf jeden Fall Atzina Fragen, ob sie damit vertrauter war um was es sich handeln konnte. Oder ich würde ein einigermaßen ausgestattetes Labor benötigen, um eine ordentliche Analyse durchzuführen.

Als wir das Lager verlassen hatten näherte sich uns eine Frau. Es war die Mutter von Ajano, die wissen wollte, was wir hier tun würden. Wahrheitsgemäß sagten wir, dass wir nachnach Jamila gesucht hatten. Wir haben fragen an sie, auch wegen Ajano. Nun waren ja die Zahori ein bekanntlich schon recht aufbrausendes, bisweilen Jähzorniges Volk, aber Jamila hätten selbst in der Sippe viele nicht verstanden. Dabei verwies sie auf den Vorfall mit dem Raben vor vielen Jahren. Wirerzählten ihr zwar nicht alles, was wir vermuteten, schlossen aber nicht aus, das Jamila etwas mit Ajanos tot zu tun hatte… was sie sich aber kaum vorstellen mochte. Aber offenbar kannte sie Ajanos Freunde, die Rubinhüte, was uns bei ihr noch ein wenig mehr Vertrauen brachte. Wir erzählten, dass auch sie des Nachts abstürzten und Jamila sei dabei in der Nähe gewesen, deswegen hätten wir nun Fragen an sie. Aber Ajanos Mutter konnte uns da auch nicht weiterhelfen, sie wusste nur zu berichten, dass es heute Nacht Geschrei und Gerumpel in Jamilas Wagen gegeben hatte. Das sei aber nichts ungewöhnliches, sie würde so etwa alle 3 Monde ihren Wagen verwüsten und ausrasten. Immerhin, dem Jähzorn gab man sich nicht einfach so hin, irgendetwas musste sie in Rage gebracht haben. Und ich konnte mir gut vorstellen, dass wir das gewesen waren, indem wir ihre Pläne durchkreuzten. Sie meinte auch, nur die Halbelfe war wieder einmal zu Besuch wie schon seit so vielen Jahren, sei sich da aber nicht sicher. Darüber hinaus sei Al Hasred, Ajanos Teppich, sehr traurig seid dessen tot. Er bräuchte etwas Abwechslung, um auf andere Gedanken zu kommen. Aber er wäre nur zu steuern von jemand der des Urtulamidias mächtig ist. Faramud und ich sahen uns an… Sie würde ihn uns auch zur Jagd auf Ajanos Mörder ausleihen. Der Teppich sei jedoch sehr sensibel. Bisweilen dickköpfig, aber treu, anhänglich und melancholisch, er lege Wert auf gutes Benehmen. Und er sei sehr schnell. Da ich aber was einen Teppich anging bereits versorgt war, und mir der Charakter dieses Fluggeräts auch noch recht kompliziert erschien, ging Faramud mit der Mutter, um eine Unterhaltung mit dem Geist im Teppich zu führen. Damit wären wir wohl alle was den Transport durch die Luft anging ausgestattet… wenn wir Sari nur irgendwie auf einen Teppich bekommen würden. Bei Wala schloss ich das jedenfalls aus.

Währenddessen führte ich Unterhaltung mit Atzina über das „Mut-Elixier“. Die Frage, ob sie sich mit Giften auskenne war da natürlich nur der rhetorische Einstieg, mit dem ich ihre Neugier weckte. Ich konnte ihr ja nicht genau sagen, was wir hier hatten, nur dass es wohl nicht gesund sei es zu trinken. Sie besah und beschnupperte den Inhalt ebenfalls, wirkte aber zunächst auch recht ratlos. Aber wo einer allein scheitert, kommt man bisweilen zusammen weiter. Es dauerte ein wenig, aber indem wir unser Wissen ergänzten, ihre Kunde von Giften und meines über die Alchemie, kam ich letztendlich doch zu einem Ergebnis. Shurinknolle! Ein schleichendes Gift, langsam, aber tödlich. Zur Sicherheit nahm ich das Fläschchen wieder an mich. Faramud, der mittlerweile wieder zurückgekehrt war, mischte sich ebenfalls ein. Er meinte, dieses Gift sei gefährlich, selten und schwer zu bekommen. Und wie die meisten Dinge auf die eine solche Beschreibung zutrifft damit auch teuer, jedoch solle man sich in den Landen der Güldenländer nicht damit erwischen lassen. Aber Jamila meinte mir gegenüber ja auch, sie sei gut darin pflanzen zu finden. Insofern mochte sie die Herstellung gar nicht einmal so viel gekostet haben. Was aber nun ist tat eine solche Substanz dann hinterhältiger Weise in Ajanos Mut-Fläschchen? Schloss man aus das Jamila in irgend einer Form an Senilität und Demenz litt, und da war ich mir recht sicher das dem nicht so war, so konnte es sich nur um eine kaltblütig geplante Tat handeln! Und so etwas musste man vorbereiten, das tat man nicht im Affekt. Ihr Zorn oder Hass auf Ajano, oder zumindest das Bedürfnis ihn loszuwerden musste enorm gewesen sein. Was hatte ich das Weib unterschätzt! Und ich war nun doppelt froh, hier nicht zu vertrauensselig gewesen zu sein. Ich mochte mir gar nicht vorstellen, wie ich es zur Verbesserung einer Dämonenbeschwörung unbedarft genommen hätte, um kurz darauf sterbend am Boden zu liegen. Wenn es so potent war wie angenommen mochte sogar fraglich sein, ob meine Kenntnis des Klarum Purum mich dann noch zu retten vermochten! Ausprobieren wollte ich es jedenfalls nicht… Atzina bat mich schlussendlich  um das Gift. Nun gebe ich normalerweise Dinge, die ich im Besitz habe, und für die ich mir eine Verwendung vorstellen konnte, üblicherweise nur ungern wieder her. Und in diesem Fall hätte ich schon eine recht genaue Vorstellung, was damit alles zu bewerkstelligen wäre. Aber es war immerhin meine treue Atzina. Und wenn jemand noch besser wissen mochte, wie man so etwas einsetzte, dann wahrscheinlich sie. Daher reichte ich ihr mit den Worten „Weil du es bist…“ das Fläschchen hinüber.

Ich wagte dann am frühen Morgen zwischen Stadt und Zahorilager einen erneuten Versuch auf Sturmfürst aufzusteigen. Der Teppich bockte wieder, aber diesmal gelang es mir sitzen zu bleiben. Unsere neuen Freunde meinten, wir sollten allerdings lieber nachts fliegen und üben, oder zumindest außerhalb der Stadt bei einem kleinen See. Und wir sollten auch ihre Wacht übernehmen, die Stadt sei sicherer geworden seitdem sie dies täten. Vielleicht unsere beste Spur könnte es sein den Kletterkünstler fangen. Er arbeitete ja anscheinend mit Jamila zusammen. Und aus der Luft dürfte es wohl, genauso wie mit dem Geier, einfacher sein, sie aufzuspüren. Heute Abend wollten wir denn auch zum See gehen um unsere Flugkünste noch etwas zu verfeinern. Nichts wäre peinlicher (und schmerzvoller) als bei einer nächtlichen Verfolgungsjagd hinter dem Attentäter her im Flug an einem turm oder einer Hauswand zu zerschellen. Ich fragte Delgares auch, ob Negesh-Adorat, auf Grund des darin gebundenen Arunjor, so etwas könne wie Blitze werfen oder Sturm-Geschütze abfeuern, aber der Dienst umfasste anscheinend nur fliegen. Das war also Ausbaufähig!  Sari ging noch einmal in den Wohnwagen. Sie hatte anscheinend den gleichen Gedanken wie ich, wenn auch vermutlich aus einem anderen Grunde, und kam mit einer Haarbürste zurück. Was sie damit wollte wusste ich nicht genau zu sagen. Aber ich würde damit als Ankerfokus zur dieser Hexe den größtmöglichen Dämon hinterherjagen können, um ihre Pläne zu vereiteln. Sie mochte ja ihre Fähigkeiten haben, aber da sollte sie einmal sehen, wie sie mit einem Shruuf im Nacken zurande kam! Ha! Zurück beim Derwisch trennten sich vorerst unsere Wege. Die Rubinhüte wollten uns zur 4. Stunde des Nachmittags wieder abholen. Da es zum See ein längerer Weg sei, sollten wir uns etwas zum Übernachten mitnehmen. Langsam fragte ich mich, wofür wir uns überhaupt in einem so teuren Haus eingemietet hatten, wenn wir doch sowieso jede Nacht woanders verbrachten. Aber es war ja zum Glück nicht mein Geldbeutel, der dadurch geschröpft wurde.

Immerhin unser Frühstück nahmen wir ja aber doch regelmäßig dort, und gingen im Anschluss direkt zur Nekropole. Auf dem Weg dorthin, Fasar ist wahrlich eine wunderliche Stadt, sahen wir einen Turm, geformt wie ein Phallus. Überall anders hätte dies den Bauherren wahrscheinlich der Lächerlichkeit preisgegeben… aber hier? Ich war neugierig was sich dahinter verbergen mochte und ging hin. Frauen mit roten Gewändern und Schleiern standen davor. Hatte uns nicht der Händler erst vor wenigen Tagen erzählt ein solcher Schleier weise jemanden als Diener Rahjas aus? Auch wild aussehende Männer, anscheinend Tempelwachen, standen herum. Faramud meinte, es würde sich offenbar um Ferkinas handeln, eine Art wilden Bergstamm und hielt vorsichtshalber unsere Damen auf nicht näher zu gehen. Was diese, mich wunderte es nicht, sich natürlich nicht gefallen liesen. Zudem meinte er, es könne sich auch im einen Tempel für einen obskuren Ferkina-Götzen handeln. Allerdings gingen augenscheinlich Leute dort wie selbstverständlich ein und aus.  Kurzentschlossen ging ich  zu einer Rotverschleierten hin und Fragte nach der Gottheit, der man hier Diene? Und oh Wunder, dies war Rahjas Haus. Nur in einer etwas anderen Form, als ich es nun einmal aus Al’Anfa oder dem Horasreich gewohnt war. Atzina fragte unter Verweis auf den Turm nach der geschlechtlichen Gleichberechtigung und wurde auf den Tempeleingang verwiesen, der wie eine Vagina geformt war. Ich mochte nicht einmal raten, welche Rauschkräuter der Architekt dieses Bauwerks während seiner gesamten Planung zu sich genommen hatte… Die Motive waren zwar naheliegend, aber aus meiner Sicht doch völlig absurd und meinem Empfinden nach auch unangebracht. Allerdings wurden meine Gedanken jäh unterbrochen, als uns eine Wache versuchte zu beschwatzen. Zwar trug er das Blutrot der Geweihten in ihrer Kleidung, aber sein Ansinnen war ein völlig anderes. Erst wollte er uns eine Karawane vermitteln, dann Aussteuer in Form von Geschirr für unsere Damen verkaufen und schlussendlich sogar Rauschkraut. Alles unter wortreichen Verweisen auf seine anscheinend zahlreiche Verwandschaft, die jeder nur erdenklichen Tätigkeit nachging. Ein überaus lästiger Geselle, der uns bald veranlasste weiterzugehen und unser ursprüngliches Ziel zu verfolgen. Auch wenn ich einen Besuch in diesem Tempel damit noch nicht abgehakt hatte. Ob er innen genauso geschmacklos eingerichtet war wie das äußere vermuten ließ? Zu gegebener Zeit würde ich das noch erkunden. Und den größten Spaß dabei hätte ich wohl, wenn ich Pamina überreden konnte mich zu begleiten. Meine Liste, was ich in dieser Stadt noch alles zu erledigen hatte wurde länger und länger…

Wir verließen über eine Brücke die Stadt und überquerten den Gadang und folgten einer Straße zur Nekropole. Nun bin ich ja aus Al’Anfa einiges an Ehrbezeugung den Toten und dem Herrn Boron gegenüber gewohnt. Aber wie hier mit diesem Thema umgegangen wurde war mir wieder einmal ziemlich fremd. An einem Hang zogen sich Grabgebäude entlang. Und das, soweit das Auge reichte! Eine regelrechte Stadt der Toten. Vom gut erhaltenen Gebäude bis zu verfallenen Ruinen aus längst vergangenen Tagen. Ein überschaubares Gewirr von Bauwerken und Bodengräbern, dass das Auge narrte. Beim zweiten Blick sah man, dass oberirdisch der Verfall die wenigen gut erhaltenen Grabhäuser bei weitem dominierte. Wie viele Tote man hier im Laufe der Geschichte wohl aufgebahrt hatte? Fasar als Moloch von einer Stadt, die Älteste auf dem Kontinent… es mochten zehn- ja hunderttausende sein! Der feuchte Traum eines jeden Nekromanten und Grabräubers…  Am Eingang standen zwei schwarzgekleidete Wachen die uns dezent ansprachen und wissen wollten, warum wir hierher kamen? Ich beschrieb Jamila, die vor zwei Wochen hier gesehen worden sein soll und der Wächter spuckte beim Gedanken an die Zahori verächtlich aus. Uns wurde gewährt, uns in borongefälliger Ruhe umsehen zu dürfen, solange wir uns ordentlich verhielten. Ich beruhigte den Wächter, indem ich darauf verwies aus Al’Anfa zu kommen und den Herrn Boron in hohen Ehren zu halten!

Erstaunlich fand ich die Anzahl der vielen Geier die sich auf dem Areal fanden. War man hier den so nachlässig mit den toten, das sich diese Aasfresser hier sammelten? Eigentlich sollte es doch auf dem Boronanger nicht einen fetzen verrottendes Fleisch für diese Totenvögel finden. Sehr seltsam. Es waren aber auch erstaunlich viele Menschen auf dem Gelände. Steinmetze mitsamt ihren Familien lebten offensichtlich zwischen den Gräbern. Kinder huschten durch die Nekropole wie kleine Schatten, spielten still oder halfen den Eltern bei der Arbeit. Dass jemand außer dem Boroni auf dem Anger lebte hatte ich auch noch nie gesehen. Aber hier galt anscheinend wo gearbeitet wird, wird auch gelebt. Und das völlig ohne Scheu vor dem allgegenwärtigen Tot. Wobei der Augenschein vermuten ließ, dass diese Leute auch so arm sein mochten, dass sie sich vielleicht gar keine andere Unterkunft leisten konnten. Ein wenig ratlos standen wir auf dem weitläufigen Areal. Was sollten wir suchen? Einen Geier der sich mit Menschen abgibt oder anderweitig auffällig war? Eine Halbelfe oder jemanden der sich um die Geier kümmert? Das mochte Tage dauern! Verschenkte Tage, falls wir auf der falschen Fährte waren. Wir schickten Faramud die Steinmetze zu befragen. Mit ihm mochten sie noch am ehesten unbefangen sprechen. Aber er laberte die armen Leute regelrecht schwindelig, die sich wohl nicht anders zu helfen wussten als ihn zum ärmlichen Essen einzuladen. Aber immerhin erzählten sie ihm sogar etwas nützliches, während sie die kaum mehr als Wasser zu nennende Suppe teilten. Eine ungewöhnliche Fremde mit einem Geier auf der Schulter sei in den nördlichen Teil der Nekropole zu den alten Verfallenen Gräbern gegangen um die sich keiner mehr kümmert und dort verschwunden. Man wies Faramud den Weg dorthin. Eine breitere Senke zwischen zwei Hügeln. Hier war es deutlich weniger belebt, da kaum neu gebaut oder repariert wurde. Fast schon ein aufgegebener Teil des Boronangers. Aber selbst dieser Teil war noch so groß, dass hier zu suchen bedeutete, die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen finden zu wollen. Irgendein Puzzlestück schien uns immer noch zu fehlen um gezielter suchen zu können. Auf dem Rückweg fragte Faramud die Steinmetze noch einmal. Ein anderer, wohl ein Säufer dem Gesichte und der Alkoholfahne nach, meinte, der Geier auf der Schulter sei mit Sicherheit ein Ifrit gewesen. Er schwor, der Geier habe sich auf einer Mauer in eine Frau verwandelt. Das bestätigte nun wohl Atzinas These von der Halbelfe in Zaubergestalt und grenzte die Varianten ein, nach denen wir uns umsahen. Also hatte mir wohl auch dieses Frauenzimmer die Wunde beim Steinkreis beigebracht. Damit konnte ich es als eine persönliche Angelegenheit betrachten. Um das Miststück würde ich  mich eigenhändig kümmern! Er konnte uns sogar Weg dorthin beschreiben, was Faramud mit 2 Zechinen entlohnte, und meinte sie wohne sicher in einem der Gräber dort. Der gewiesene Platz bot eine Anordnung mit 20 Grabhäusern darum herum, in der Mitte ein verfallenes Haus von dem nur noch die Grundmauer stand. Da sich die Spur nun doch noch verdichtete begaben wir uns dorthin.

Pamina begab sich auf Spurensuche, fand aber nichts. Nun gut, 2 Wochen sind eine lange Zeit, da mag der stetige Wind der vom Raschttulswall her wehte auch alles verwirbelt haben, was uns hätte den Weg weisen können. Also teilten wir uns auf, fanden aber auch bei gründlichster suche nur geplünderte und übermauerte Gräber, Staub und Schutt. Es war… enttäuschend! Aber zum Glück drängte uns die Zeit noch nicht. Sollte es doch soweit kommen, würde ich wohl mit den Haaren Jamilas als Fokus einen Dämon auf die Suche schicken müssen. Das Gebiet wäre ja höchstens die Stadt Fasar, also ein überschaubarer Bereich, das sollte ich auch vom Krauftaufwand her stemmen können. Aber nur als letztes Mittel! Nicht wegen Faramud, aber wenn sie sich auf dem Boronanger versteckte, würde ich diesen nur ungern durch die Anwesenheit eines Dämons besudeln wollen. Dem Herrn Boron muss man den nötigen Respekt zollen, irgendwann stehen wir alle einmal vor ihm! Etwas resigniert gingen wir zurück zum Derwisch und wurden wie versprochen am Nachmittag abgeholt. Stadt dem Abendessen im Haus nahmen wir Proviant mit. Aus dem Skorpiontor hinaus führten und die Rubinhüte Richtung Praios. Nach der Ankündigung hatte ich wunder was für eine Wanderung erwartet, aber nach nur einem Dreiviertelstundenglas standen wir vor einem kleinen See, etwa eine halbe auf eine Meile im Umfang, mit langer Uferzone, der wohl eher flach als tief war. Selbst weit hinein konnte man die Wasservögel noch auf ihren Stelzbeinen stehen sehen. Der Aufbau unseres kleinen Lagers war schnell erledigt, dann wurden wir ins Fliegen eingewiesen. Sturmfürst lies mich aufsitzen, flog artig los, beschleunigte dann aber auf einmal wie verrückt ohne das ich ihm das Kommando dazu gegeben hätte und lies meine Haare im Wind flattern. Überrascht warf ich mich flach hin und hielt mich an den Kanten fest. So en fliegender Teppich ist in der Luft erstaunlich fest, eher wie ein Brett statt einem Stück Webtuch. Dann bockte er wie ein wildes Pferd. Ich kontne mich gerade so festhalten. Er schleuderte nach links und rechts, dass ich meine liebe Not hatte. Noch nie in meinem Leben war ich so schnell gewesen. Ein Gallop zu Pferd schien wie ein gemütlicher Spaziergang dagegen! Wir rasten durch eine Kolonie kreischender Vögel, ich bin mir sicher das hat der Dämon mit Absicht getan, und der Schmerz der kleinen Einschläge und pickenden Schnäbel kam wie eine kurze, heftige Wolke über mich. Dann drehte er unvermittelt um und schwebte langsam und folgsam zurück zu den Anderen. Ich hatte schon gedacht, ich hätte es nun überstanden, aber in der Nähe unsere Lagers drehte sich der biestige Teppich einmal herum, so dass ich drunter hing und verharrte so lange in dieser Position, bis mich die Kraft verlies und ich aus wenigen Schritt Höhe mit den Füßen voran  im sumpfigen Ufermorast landete. Zu allem Überfluss hatte ich auch noch den Eindruck, der Teppich lachte mich aus. Es war empörend! Delgares meinte vom ufer her, das wäre ihm am Anfang ähnlich gegangen und er gab mir den Rat, ihm Paroli zu bieten. Ich solle ihn schlagen, treten, sogar einen Ignifaxius reinjagen, nur die Sigile nicht sollte ich nicht zerstören, denn das würde den Dämon entfesseln. Da hatte ich anscheinend auch die Erklärung für die zahlreichen Brandflecken… zu Faramud gewandt meinte ich dann, ich bräuchte in diesem Fall wohl keine Gerte, sondern einen Teppichklopfer. Nun gut. Ein Wettstreit des Willens also? Den sollte dieser Arunjor wohl haben, wenn er wollte! Dazu müsste ich aber einen Trumpf in der Hand halten… zum Beispiel den wahren Namen dieses Sturmfürsten. Ich bat Delgares mich in dieses Geheimnis einzuweihen, aber er verwies, verständlicherweise, auf einen etwas privateren Zeitpunkt. So etwas sollte man, auch wenn wir beiden wohl die einzigen wahren die dies hier verstehen würden, nicht in aller Öffentlichkeit debattieren. Da hatte er Recht, kein Zweifel. Und dann, da war ich mir sicher, würde ich auch eine vernünftige Kontrolle über dieses biestige Stück Stoff haben!

Pamina, Aureliane hinter sich, kam auf ihrem Teppich herangeschwebt. Dieser reichte mir die Troddeln, offenbar um mir aus dem Morast herauszuhelfen, zog sie dann aber im letzten Moment weg  und schien mich ebenfalls auszulachen. Von einem Dämon hintergangen zu werden… nun gut, damit musste man rechnen. Aber von diesem einfältigen Mädel auf ihrem Bettvorleger? Das schrie geradezu nach einer kleinen Vergeltung!

Der zweite Versuch Sturmfürst zu steuern gelang schon deutlich besser, nachdem ich wieder aufgestiegen war. Wenn man es richtig anging hörte der Teppich aufs Wort, und das meine ich wörtlich! Ich hieß ihn, knapp über Paminas Teppich hinwegzufliegen, was er auch in atemberaubender Geschwindigkeit tat. Damit würde ich sie zwingen sich entweder wegzuducken oder auszuweichen. Ihr Teppich Marafi senkt sich langsam ab. Der treffendste vergleich war wohl, das mein Sturmfürst eine schnittige Al’Anfaner Bireme war, ihr Marafi hingegen eine träger Holken. Das würde niemals reichen um auszuweichen! Pamina zog gerade so noch den Kopf ein, Aureliane hinter ihr hingegen, auf die ich es ja gar nicht abgesehen hatte, wurde von der Kante Sturmfürsts gerammt und hielt sich gerade noch an der hinteren Kante des eigenen Teppichs fest. Ich spürte sofort, dass so etwas Sturmfürst offensichtlich gefiel. Bei solchen Dingen konnte ich mir wohl seiner Dienste sicher sein. Atzina hatte anscheinend vor Aureliane beizustehen und ihren Teppich unter sie zu steuern, schaffte es aber nicht. Und da auch Pamina dabei versagte sie wieder hochzuziehen landete Aureliane ebenfalls im Schlamm. Das war es wohl, was man unter Kollateralschaden verstand. Allerdings schien ich sie damit doch recht erzürnt zu haben denn sie stapfte zurück und zog ihre Balestra aus dem Gepäck. Sie würde doch nicht…? Ich hatte kaum Zeit mir weiter darüber Gedanken zu machen. Anscheinend meinte Atzina, sich ebenfalls an dem Treiben beteiligen zu müssen und rammte mich von schräg unten mit ihrem Teppich und schleuderte mich dadurch ein Stück in die Luft. Sturmfürst ging in Schräglage als ich wieder auf ihm aufkam. Es gelang mir nicht mich auf dem steifen Gewebe festzukrallen und ich rutschte langsam ab. Mir kam jedoch niemand zu Hilfe und auch ein in Gedanken ausgestoßener Befehl an den Teppich wurde nicht befolgt. Richtig, ich musste es ja laut aussprechen! Aber der Gedanke kam zu spät, schon fiel ich wieder herunter in den Schlamm. Als wäre das nicht genug stürzte sich nun Pamina von ihrem Teppich auf mich herab und landet vor mir im Modder. So etwas hatte ich in einem Schaukampf in der Arena schon einmal gesehen, nur das es damals zwei Frauen waren, die sich im Schlamm gewälzt hatten. Sie warf sich auf mich und stieß mich in den Morast. Leider war sie mir im Duell ohne Waffen anscheinend deutlich überlegen und kam auf mir zum Sitzen. Aureliane lachte mich derweil vom Ufer her aus, baute Schlammbälle und warf diese nach uns während Atzina über uns ihren vermeintlichen Sieg herausjubelte.

Nach diesem entwürdigenden Schauspiel reinigte ich mich notdürftig. Das, schwor ich mir, war noch nicht das Ende dieser Geschichte. Das erste was ich zurück in Fasar benötigen würde war ein ordentliches Bad und jemand, der meine Kleidung reinigte. Abends am Lager, berieten wir, was nun zu tun sei. Den Spinnenmann fangen oder zumindest bis zu einem Versteck zu folgen wäre wohl die einfachste Variante. Und mehr Anhaltspunkte boten sich uns derzeit auch nicht. Also würden wir die nächste Nacht wohl nutzen um die Wachrunden der Rubinhüte zu übernehmen, wenn auch mit einem klaren Ziel. Ob wir auch anderweitig tätig würden, sollte sich Gelichter zeigen und ungesetzliches tun würde sich weisen. Sari schien darauf jedenfalls wenig Lust zu haben, was ich ihr kaum verdenken konnte. Irgendwie kam Pamina, ich hatte mich wohl wieder einmal unbedacht zu ihr geäußert, darauf, mich zu Fragen ob ich sie für dumm halten würde. Dass ich das gar nicht tat, immerhin hatte ich ihre geistigen Kapazitäten ja bereits geprüft, würde ich ihr jedoch nicht auf die Nase binden. Aber eine solche Frage verdiente auch eine würdige Antwort. Also drehte ich mich zu ihr, mit hochgezogenen Augenbrauen und meinte in ihre Richtung „Nein, natürlich halte ich Euch nicht für dumm. Ich glaube, ihr habt einfach nur Pech beim Denken.“ Es dauerte kurz, bis sich die Sentenz den Weg von ihren Ohren in den Kopf und zu einem Verständnis gebahnt hatte. Aber natürlich verstand sie die Implikation, wie gesagt, sie war ja nicht dumm… Mit einem „Er provoziert es aber jetzt wirklich!“ stürzte sie sich auf mich, so dass sie oben und ich unten zum Liegen kam. Unter anderen Umständen, zum Beispiel in einem Rahjatempel hätte man diese Position und Geste durchaus anders interpretieren können… was ich ihr auch mitteilte und mir nur ein genervtes Verdrehen ihrer Augen und eine abfällige Bemerkung einhandelte, ich wüsste davon ja gar nichts. Dies konterte ich mit dem Verweis darauf, ich hätte es im Gegensatz zu ihr immerhin schon zu einem Kind gebracht, was wohl ein ausreichender Nachweis meiner Erfahrung sein dürfte. Und ich hätte sicher auch schon an mehr Orgien als sie teilgenommen. Eine sanfte Bewegung meiner Hüften und Lenden veranlasste sie dann schließlich doch, von mir herunterzusteigen. Das kleine Luder… sollte das etwa ihre Schwäche sein? Nun, dieses Spiel beherrschte ich auch… das würde ein Spaß werden in den nächsten Tagen!

Am nächsten Morgen gingen wir zurück nach Fasar. Der Wirt hatte anscheinend schlecht geschlafen und war etwas einsilbig, zumindest viel die Begrüßung deutlich weniger Wortreich als sonst aus. Ich widmete mich zuerst einmal der Körperpflege und der Reinigung. Auf die Straßen Fasars würde ich mich erst wieder begeben, wenn ein standesgemäßes Äußeres sichergestellt war.

Und so verfuhren wir dann auch. Zuerst ein Bad, dem sich sowohl Pamina als auch Aureliane anschlossen. Dann ein kleines Frühstücken im Innenhof, bei dem wir unser weiteres Vorgehen berieten. Da ich mir während der Ruhephase im Bad ein wenig Gedanken gemacht hatte, wie den letztendlich mit der Bedrohung umzugehen sei, und da war ich wieder einmal der einzige, erläuterte ich den Anderen kurz meine Gedanken. Denn wenn nun der Aktivator des Artefakts die verdunstende Vitriollösung sei, müsste man ja diese nur entfernen, um den Ladeprozess zu beenden. Und da ich dafür sogar weitere Verwendung hätte, bestand ich darauf, sie nicht einfach wegzukippen, sondern ordentlich in Glasflaschen abzufüllen. Im Anschluss könne man dann die verbauten Edelsteine und das Arkanium entfernen. Immerhin schuldeten wir dem Erhabenen ja nur die Rückgabe der Kanne selbst. Leider bestand Faramud darauf, diese Dinge, die ja bekanntlich gestohlen waren, zurückzugeben. Aber wenigstens hatte er nichts dagegen, einen Finderlohn dafür einzustreichen. Außerdem, so merkte ich an, sollte jemand ohne magische Begabung die Entleerung vornehmen, selbst eine noch so latente Magie in der Nähe mochte da störend wirken, was letztendlich nur  Faramud als Kandidaten übrig ließ.Aber er nahm das Risiko mit einer nachgerade stoischen Gleichgültigkeit an. Vom handwerklichen Geschick hätte ich ja Aureliane bevorzugt, aber ihre mindere Begabung machte das Risiko in meinen Augen zu unkalkulierbar. Interessanterweise war es Melissa, die meinen Gedanken aufnahm und sogar, ziemlich logisch, weitersponn, da ich zum Ende hin äußerte, der Auslöser für die Explosion könne das vollständige verdunsten der Vitriollösung sein. Natürlich waren noch andere Auslöser denkbar, über einen Befehl zum Beispiel oder das erreichen der vollen Kapazität der Speicherung, aber das waren ohne genaue Analyse nur bloße Spekulationen. Ich sollte das Buch noch einmal genauer auf Hinweise durchlesen. Sie meinte also, da wir keinerlei Entladung des Artefakts wegen der damit verbundenen Zerstörung mehr riskieren könnten, könne ja auch das ausgießen, vulgo das beenden des Aufladens damit, die Explosion herbeiführen. Eine hypothetische Annahme, aber grundsätzlich nicht von der Hand zu weisen, wobei aus ihren Gedanken eher die Sorge um Faramud zu sprechen schien, als andere Überlegungen. Vor den Auswirkungen der Entladung hätte ich Faramud zwar mittels eines kräftigen Gardianums schützen können, das erledigte aber nicht das Problem, dass die Kanne damit hinüber wäre. Also, nahm ich den Faden wieder selbst auf, müsse man vielleicht die Unterbindung der Entladung anders bewerkstelligen. Und da war ich Melissa für das mitdenken nun regelrecht dankbar. Das Mädel schien doch mehr in seinem hübschen Köpfchen zu haben als vermutet. Die zweite Möglichkeit die ich sah war, den Rubin, ich versuchte dabei meinen Begleitern die Bedeutung von Allegorien und sympathetischen Komponenten bei der Erstellung von Artefakten zu erläutern, merkte aber sofort, dass ich hier auf völliges Unverständnis stieß, zu entfernen. Erneut hätte ich mir gewünscht, dabei auf Aurelianes geschickte Finger und vielleicht sogar Kenntnisse der Mechanik zurückgreifen zu können, aber nein… zu viel Risiko. Denn wenn der Rubin als Kernkomponente eines vermuteten Ignispaero-Effekts aus der Gleichung entfernt würde, sollte eigentlich auch dessen Auslösung unterbunden werden. Aber auch das war natürlich reine Spekulation. Wir konnten nur hoffen, dass wir im Besitz des KunChuchur diese These noch einmal sorgfältig würden überprüfen können und nicht unter Zeitdruck agieren mussen.

Dann besprachen wir die weitere Planung für den Tag und die folgende Nacht. Als wir erneut das Thema Teppiche anschnitten, wurde Faramud erst einmal klar, er wusste bis Dato nicht was ein Arunjor sein sollte, dass in Sturmfürst nicht ein djinn gebunden war, sondern ein Dämon. Und dann wollte er partout nicht dulden, dass einer von uns einen Dämon reitet. Ich hatte meine Liebe Not ihm klarzumachen, dass dies mein persönliches Risiko darstelle und mein Schicksal sei. Wenn man damit umzugehen wüsste sei das Risiko durchaus beherrschbar, und auch dieser Teppich habe einen Befehl, der tue nichts, der will nur spielen. Wenn auch auf seine eigene Weise, was ich aber nicht erwähnte. Über Delgares und die Akademie von Al’Anfa kamen wir dann auf einen Disput über meinen hochverehrten Lehrmeister Gallotta und seine Dukaten, die ich von Junasia erhalten hatte. Selbst die Erwähnung dieses großen Magiers brachte ihn in Rage, so dass er mich sogar entsorgen wollte, hätte Melissa nicht eingewandt, dass ich noch gebraucht würde und mir ja bisher nichts habe zu Schulden kommen lassen. Dieser Bursche war dermaßen engstirnig… es war zum Verzweifeln. Aber das kennt man ja. Das einfache Volk fürchtet, was es nicht versteht – und das waren leider die meisten komplexen Dinge. Und es gab wohl kaum etwas komplexeres, als den Umgang mit siebtsphärigen und damit völlig fremden Entitäten. Da waren ja selbst die Alchemie und das Herstellen von Artefakten noch vergleichsweise simple Vorgänge dagegen, und selbst das überstieg schon den Horizont des Großteils der Menschen, und sogar mancher Magier. Aber zumindest konnte ich mich zu den wenigen Außerwählten zählen, die nebeneinander über die Zeit in der Lage sein würden, gleich alle Drei dieser sensiblen Gebiete zu meistern. Ich bräuchte nur noch etwas mehr Zeit zum Studieren. Und dazu das nötige Geld, um mich dem ungestört widmen zu können. Aber daran arbeitete ich ja gerade… Am Ende gab Faramud zumindest wieder Ruhe, auch wenn ich das Gefühl nicht loswurde, dass ich unter seiner Beobachtung stand. Ich würde vorsichtig sein müssen, aber es machte einfach so viel Spaß ihn mit Andeutungen und hingeworfenen Brocken zu reizen! Wie einen Hund, den man ein an einer Leine befestigtes Spielzeug jagen ließ, dass er doch nie erreichte.

Pamina und Aureliane wollten dann zu Bedemann gehen um sich Edelsteine anzusehen. Ich schloss mich mit Faramud mangels weiterer Notwendigkeiten an. Bedemann wirkt sehr müde und wurde gerade  von seinem Vater gemaßregelt als wir den Laden betraten, was aber vor uns als Kundschaft sofort endete. Bedemann widmet sich Pamina, die sich erst mal einige Edelsteine von ihm vorlegen und zeigen ließ. Hinter uns standen zwei Hühnen mit Kunchomern, die den Eingangsbereich dezent mit ihren Körpern schlossen. Gut, ein Edelsteinhändler brauchte natürlich eine völlig andere Sicherheit als ein Krämer, das konnte ich verstehen, auch wenn zwei solche Schlagetods für uns bei einem tatsächlich geplanten Raub sicher kein Hindernis gewesen wären. Aber den normalen Straßengauner dürfte es schon abschrecken. Pamina ließ sich schlussendlich nach erfolgter Beratung ein kleines Häufchen kleinster Diamanten auftürmen und zahlte insgesamt 100 Dukaten dafür. Wie winzig der Beutel mit Edelsteinen im Vergleich zu einem Dukatenbeutel war. Aber es ging ihr ja um den leichteren Transport und die Verwahrung ihres Vermögens, da machte es durchaus Sinn. Faramud, dem der aufgerufenen Preis anscheinend sehr genehm schien, wollte sich dann ebenfalls eindecken, aber der Vater schob Bedemann, zwinkerte dieser Pamina da gerade zu?,  direkt fort, da er ihm offenbar einen viel zu niedrigen Preis verlangt hat. Faramud musste dann unter der fadenscheinigen Begründung, es würde ja auch um die Menge gehen, etwas mehr bezahlen als Pamina, was ihn aber nicht sonderlich zu stören schien. Ich versuchte dann Pamina von der Nutzung von Diamantenstaub im Heiltrank als Substitut für Goldstaub zu erzählen, stieß aber erneut auf völliges wissenschaftliches Dessinteresse und gab es bald wieder auf. Eher würde sich das Mädel seinen Bauchnabel mit Diamanten verzieren lassen, als dass es die sinnvolle Verwendungsweise verstehen mochte, da war ich mir sicher! Hesinde, warum hast du deine Gaben so ungleich verteilt? Wie soll man denn so jemals zu einem geistig anregenden Gespräch kommen! Manchmal hatte ich den Eindruck, für ein intellektuelles Duell hätte ich es hier mit lauter unbewaffneten zu tun! Oder zumindest mit Leuten, die zu einem Schwertduelle meinten, die Bewaffnung mit einem rostigen Buttermesser wäre ausreichend. Aber so war Dere nun einmal geschaffen, da konnte man wohl nichts machen… Ich besorgte mir dann auf dem Markt noch drei leere Glasflaschen für die Vitriollösung später, aber das nur am Rande. Nachmittags ruhten wir dann, stand uns doch eine lange Nacht bevor.

Pamina und Faramud holten ihre restliche Edelstein bevor es abends losging, da sie am Morgen lediglich eine Anzahlung geleistet hatten. Unsere neuen Freunde kamen mit ihren Teppichen vorbei. Delgares wollte mit seinem Teppich auf die Terrasse, aber auf der Schwelle zischte es, der Teppich zuckte, rollte sich aus und schwebte vor der Tür, nicht dazu zu bewegen hinaus zu fliegen. Ein Schauer durchlief ihn dabei. Delgares versuchte erneut ihn weiterzubringen, bekam dafür aber einen Schlag und wurde davon selbst auf die Terrasse befördert. Da war nichts zu machen. Hatte Saru etwa wieder einen seltsamen Hokuspokus veranstaltet? Wieder etwas gegen „böse Geister“? Ein freier Arunjor hätte wohl darüber gelacht, aber in seiner derzeitigen limitierten Form schien es ausreichend zu sein, ihn fern zu halten. Wir diskutierten, wo wir heute Nacht fliegen sollten. Der erste Gedanke war beim Raucherturm, da die von uns gesuchten dort ja schon einmal gesehen wurden. Aber die Rubinhüte meinten, aus der Luft und beim schnellen Fliegen sei Fasar viel kleiner als am Boden, eigentlich stehe und die ganze Stadt offen. Wenn der Spinnenmann etwas begehre dürfte es sich aber mit Sicherheit in einem Burtsch befinden – also müssten wir wohl oder über alle Türme im Auge behalten. Da das Artefakt aber schon vollständig war, könnte der Spinnenmann auf eigenem Beutezug sein, wie ein gemeiner Dieb. Faramud fragte daher nach dem am schlechtesten bewachten Turm? Die Rubinhüte meinten, es wäre der von Karimä al Chalida, einer Diamantenminenbesitzerin. Sie möge keine Magier und habe deswegen auch weder Leibmagier noch anderen magischen Schutz. Ein Auge würden wir auf jeden Fall darauf haben… Pamina hatte das Reden satt und wollte endlich losfliegen. Man konnte fast meinen, sie hätte eine objektophile Beziehung zu ihrem Teppich entwickelt. Um loszufliegen verließen wir Fasar erneut, die Rubinhüte nahmen das recht ernst. Dann überreichten sie uns feierlich ihre Kluft. Wir sollten auf der Wacht den Rubinhut, eine Art Fez, den roten Mantel und Schleier tragen, gerade so wie sie. Erst weigerte ich mich, denn standesgemäß erschien mir nicht, diese Dinge über der Robe anzulegen. Dann aber besann ich mich eines besseren… schwarz und rot  sind im historischen Kontext betrachtet durchaus eine interessante Farbkombination. Faramud ein wenig damit zu reizen, auf die großen Magier zu verweisen deren Bannerfarben dies zuletzt waren, nämlich Borbarad und Galotta, konnte ich mir da erneut nicht verkneifen. Er konterte zwar damit, auch diese seien ja wohl gefallen und gescheitert, aber das ließ ich ihm durchgehen. Vielleicht würde ich ja sogar selbst einmal einen der Splitter der Dämonenkrone beherrschen! Was für eine Vorstellung, wenn auch Faramud meinte, es sei vielmehr umgekehrt, dass der Träger vom Splitter beherrscht würde. Aber was wusste er schon von solchen Dingen…

Delgares nahm mich dann noch kurz beiseite. Ich solle nicht so offen herumreden von „den Dingen“, womit er offensichtlich den Umgang mit Ifriiten meinte. Da müsse er es sich schon überlegen, ob er das Risiko eingehen könne mir den Namen Arunjors mitzuteilen. Auch die Zeitspanne, die ich die meisten der Gefährten kannte war ihm da keine ausreichende Begründung und zu kurz. Und das Angebot zum Austausch von Wissen müsse er sich da ernsthaft überlegen. Müßig, darüber nun zu parlieren… ich spendete Sturmfürst erneut von meiner Kraft zum Aufstieg um ihn gewogen zu halten. Das zeigte anscheinend Wirkung, denn er bockte zwar zunächst, flog dann aber recht gesittet los. Bei den Herren der Winde, hätte ich gewusst was nun folgte, ich wäre weit weniger gelassen gewesen. Für mich, so viel Vorab genommen, wurde die Fliegerei zu einem rechten Desaster.

Um nicht zu weit auseinander zu kommen mussten wir uns an Marafi orientieren, der am langsamsten flog. Pamina und ich hatten zunächst Startschwierigkeiten, fliegen lernt man eben doch nicht mal nebenbei an einem Tag. Sturmfürt machte seinem Namen alle Ehre und gab flott Gas, woraufhin ich etwas nach hinten hing. Ich krallte mich in zwei der Brandlöcher, aber er beschleunigte weiter als er meine hektischen Kommandos hörte. Letztendlich verlies mich die Kraft, bevor ich ihn wieder unter Kontrolle bringen konnte. Ich rutschte ab und landete in einem Gestrüpp 5 Schritt unter mir, trug aber nur kleinere Kratzer davon. Wieder schien der Teppich mich auszulachen, kam aber herbei wie um mich erneut zum Aufsteigen aufzufordern. Man mochte meinen, er sah das alles als Spiel an. Ich trat kräftiger auf als nötig, während ich meine Position erneut einnahm und holte die anderen mit Leichtigkeit wieder ein. Wir flogen in Richtung Keshal Isiq zum Burtsch von Karimä und erlangten dabei das erste Mal in der heraufziehenden Dämmerung einen nächtlichen Blick auf die Stadt. Fasar von oben war ein erhebender Anblick. Das Gewirr an Straßen und Gassen, wie ein Sinne verwirrendes Labyrinth. Vereinzelte Leute die diensteifrig auf Hochstraßen umhereilten bevor die Nacht hereinbrach. Das aufglimmen der Lichter in Fenstern, Höfen und auf Dächern. So also sah ein Vogel die Welt, während mir der Flugwind um den Leib strich. Wir waren gerade im Anflug auf den Burtsch und hatten noch etwa eine halbe Meile weg vor uns, als mich ein massiver Luftstoß von der Seite traf und regelrecht vom Teppich pustete. Ein zweiter Stoß von oben warf mich in nach unten, ohne dass ich auch nur den Hauch einer Chance gehabt hatte zu reagieren. Im Fallen sah ich, wie mein Teppich wilde Haken in der Luft schlug. Sofort sprang der Instinkt an und ich konzentrierte mich. Kurz vor dem Aufschlag landete ich jedoch wie auf Federn und glitt sanft auf ein Flachdach, während Luft um meine Beine herum Staub aufwirbelte. Ich hätte es in der Kürze der Zeit die mein Fall gedauert hatte, wir waren zu diesem Zeitpunkt wohl so um die 50 Schritt hoch geflogen, nie und nimmer rechtezeitig geschafft. Ich hatte noch gar nicht richtig realisiert, das ich nicht am Boden zerschellt war, da kreuzte ich noch die Arme im Schreck und sprach ein verzweifeltes Tansversalis in die Nacht, mit dem Ziel in meinem Bett zu landen. Allerdings muss der Schock über meinen Absturz beträchtlich gewesen sein, denn die Formel, die ich ja zugegebenermaßen auch bei weitem noch nicht gemeistert hatte, misslang in der Eile. Und so stand ich auf einem nächtlichen Dach, anstatt zwischen meinen Laken. Die Anderen kamen mit großen Augen und besorgten Mienen herbeigeflogen. Pamina flog davon um Sturmfürst zu holen, der am dunklen Himmel für mich nicht mehr auszumachen war. Als er endlich kam schwebte er neben mich, dotzte mir in die Kniekehlen wie um zu signalisieren, ich solle wieder aufsteigen, und schien das frommste Lamm der Welt zu sein. Hinterhältiges Biest! Wobei ich mir nicht sicher war, ob er diesmal wirklich für meinen Absturz verantwortlich gewesen ist. Erneut stieg ich auf und folgte Marafi. Einem spontanen Schalk folgend konzentrierte ich mich um eine Illusion zu wirken, kam dabei aber nicht weit. Erneut bebte der Teppich zornig unter mir und beschleunigte heftig. Wieder fiel ich nach hinten weg und in die tiefe, während das Webstück über mir hektische Kapriolen zeigte. Und kurz vor dem Boden fing mich erneut etwas in einer dunklen Gasse wie auf Federn auf.

Farmud eilte an meine Seite, und es entspann sich eine kurze Unterhaltung zwischen uns. Ich fragte ihn „Lasst ihr mich aufsteigen? Mein Teppich ist schon wieder weg…“ wobei ich den Eindruck hatte, das die letztere Feststellung ihm ein wenig Genugtuung bereitete. Aber er entgegnete: Mein Teppich ist ähnlich wie Deiner, zu klein für Zwei. Aber wenn wir uns quetschen, vielleicht…“ Ich hieß ihn mit einem „Beim Arunjor, verdammt!“ kurz warten und konzentrierte mich, schloss kurz die Augen und sprach als ich sie wieder öffnete „Auris, Nasus, Oculus!“. Nichts Besonderes, nur eine harmlose spielerei. Als Faramud losflog um meinen, wie er es nannte „vermaledeiten Teppich“ zu suchen, lief vorne an seinem Fluggerät von links nach rechts und zurück und immer sofort ein roter Balken. Er meinte noch zu mir „Willst Du wirklich nochmals Dein Glück ausreizen? Es scheint Dir nicht gegeben zu sein zu fliegen. Und schon gar nicht auf den unkotrollierbaren Iffrit.“ Dass er mich damit nur noch  mehr anstachelte, nicht aufzugeben war ihm wohl nicht klar. Allerdings weigerte er sich, loszufliegen, solange die Farbe vorne an seinem Teppich entlangfuhr, was aber nach kurzer Zeit von selber aufhörte. Ich hieß ihn noch „Und los jetzt, holt meinen Teppich. Wat mut, dat mut!“ dann schwang er sich auch schon in die Höhe.

Er brachte Sturmfürst dann auch irgendwann herbei. Ich hatte noch gar nicht die Gelegenheit gehabt wieder aufzusteigen, als ein Betrunkener um die Ecke torkelte, unserer Ansichtig wurde und sofort loszeterte. „Die Rubinhüte, da ist das Pack. Jetzt kriegen wir sie zu fassen“. Er zog ein Fleischermesser unter seinem Kittel hervor und stürmte aus 3 Dutzend Schritt auf uns zu. Eigentlich wollten wir uns flux aus dem Staub machen, aber ich hatte erneut Startschwierigkeiten. Nun war Sturmfürst nicht nur besonders bockig, sondern schien trotzdem eine Art „Beschützerinstinkt“ für seinen Reiter zu hegen. Oder einfach eine besonders sadistische Ader. Auf jeden Fall ging er flach über dem Boden in Position, versteifte sich und raste dem Angreifer mit unglaublichem Tempo in die Füße. Ich hörte neben einem tierischen Schmerzensschrei das Brechen der Schienbeine, dann kam der Teppich zurück als sei nichts gewesen. Zu Faramud gewandt meinte ich „Mein Teppich scheint ein gewisses Aggressionspotential zu haben.“ Dann schwangen wir uns wieder in die Lüfte, bevor der am Boden liegende doch noch Verstärkung erhalten konnte. Dort unterhielten wir uns erneut kurz. Faramud meinte, das letzte was er gesehen habe war der Geier beim Turm, bevor er mir folgte. Pamina und Aureliane waren auf ihrem Fluggerät fort.  Allerdings kam kurz darauf Pamina zu uns, aber ohne Aureliane. Diese, so meinte sie, verfolge den Spinnenmann bei der Krypta in der Nekropole, wohin sie ihm gefolgt waren. Das wiederum machte Faramud ungehalten, weil sie nun alleine und, aus seiner Sicht, schutzlos, unterwegs war. Aber wenigstens hatten wir nun ein Ziel.

Wir flogen flott los. Sturmfürst gab ich das Kommando Al Hasred zu folgen, weil ich selbst mittlerweile eh nichts mehr sah ohne Lichtquelle. Wir waren schon außerhalb der Stadt, als Sturmfürst sich senkrecht stellte. Wieder kam ein Windstoß von der Seite und fegte mich hinunter. Aber erneut landete ich sanft am Boden. Über mir war der Teppich ist außer Rand und Band, verschwand im Dunkel als würde er etwas jagen. Langsam formte sich eine Erklärung in meinem Geist. Mochte es gar sein, dass der Ifriit darin überhaupt nicht so bößartig war, wie alle immer meinten? Am Ende versuchte er gar, mich nur vor den Angriffen dieses unheimlichen Geisterwindes zu schützen?  So wie er mich vor dem Angreifer in der Gasse geschützt hatte? Und anstatt mich in der Luft in Gefahr zu bringen, sorgte er während er dort oben focht dafür, dass ich sicher am Boden aufkam, wie auch immer er das anstellte? Aber ein Arunjor war ja bekanntlich ein wahrer Meister des Elements Luft. Da mochte er selbst gebunden im Teppich über solcherlei Kraft verfügen! Das wäre zumindest eine logische Erklärung… zwar untypisch für einen Dämon, aber auch dafür gab es einen Grund. Meine ausgeprägte Affinität zu den Siebtsphärigen, die mich damals ja auch erst in Meister Gallotas Kurs gebracht und seiner Aufmerksamkeit versichert hatte, machte mir auch hier diesen Dämon gewogen. Anders konnte es eigentlich gar nicht sein…

Pamina, die ja derzeit einen Platz frei hatte kam um mich aufzusammeln, wobei sie dem trägen Stoffstück unter sich beruhigend zuredete. Ich setzte mich hinter sie und hielt mich an ihren schmalen Hüften fest. So schlecht fühlten die sich gar nicht an, dachte ich bei mir… Wir schwebten weiter Richtung Nekropole. Aureliane erwartete uns bereits und führte uns an den Eingang einer Gruft, in die der Spinnenmann vermutlich hinein verschwunden war. Ein Buschvorhang verdeckte den Eingang. Deswegen hatten wir ihn wohl auch bei Tag nicht gefunden. Wobei er nicht auffälliger gewesen wäre, als al die anderen die darum herum lagen auch. Pamina bestätigte nach einem prüfenden Blick auf den Boden Aurelianes Aussage. Aureliane, Atzina und ich bewachten den Eingang um niemanden entkommen lassen, falls der Spinnenmann oder seine möglichen Komplizen versuchen sollten zu fliehen. Wir versteckten uns in der Nähe während Faramud mit Pamina zurück flog um Sari zu holen. Sollte es nun zu einer Konfrontation kommen, sollten wir lieber alle Anwesend sein um unsere Aussichten auf einen Sieg zu erhöhen, waren wir doch über die Fähigkeiten unserer Feinde nach wie vor nicht genau im Bilde.

Es dauerte noch nicht einmal lange, da kamen sie gemeinsam zurück. So ein fliegender Teppich ist wirklich eine tolle Sache… Faramud meinte, er habe ein schlechtes Gefühl bei der Sache. Aber bisher war niemand herausgekommen. Der in die Tiefe führende Gang war etwa 1,5 Schritt breit, man konnte recht bequem hineingehen. Faramud ging mit Aureliane vor, dann folgten Pamina und Sari, während ich mit Atzina die Nachhut bildete. Was uns wohl in den Gängen unter der Nekropole Fasars erwarten mochte? Ich war gespannt. Aber es war eher die Anspannung einer neugierigen Erwartung, keineswegs der Furcht bei mir. Auch meine Gefährten wirkten angespannt, bei ihnen mochte sich dies aber vielleicht anders Begründen…

Wir einigten uns dann darauf, das Atzina und Aureliane vorschleichen sollten um uns böse Überraschungen vom Hals zu halten. Atzina hatte ihre Laterne auf Minimum abgeblendet. Ich konnte lediglich im Lichtkreis meintes entflammten Stabes sehen, alles darüber hinaus verschwand für mich wie immer in der Dunkelheit. Deswegen hielt ich mich auch an Faramud fest um ein wenig Führung in der vor uns liegenden Finsternis zu haben. Wir folgten Atzina und Aureliane mit einigem Abstand, immer wenn Faramud meinte sie seien um die nächste Biegung verschwunden. Ich musste mich da jedesmal auf seine Aussage verlassen, aber so schwierig war es für ihn ja nicht. Wir waren schon einige hundert Schritt durch das Dunkel gegangen, als die beiden Späherinnen zu uns zurück kamen. Sie hätten eine Schrift in Urtulamidiya gefunden, und bräuchten nun jemand der diese Vorlesen sollte. Es war eine Grabinschrift die eine Art Torbogen zur rechten zierte. Gut, so etwas war in einer Nekropole auch irgendwie zu erwarten, oder? Teile der Innschrift schienen nachträglich herausgehämmert worden zu sein, vielleicht von einem missgünstigen Konkurrenten. Wer vermochte das nach hunderten von Jahren noch zu sagen? Da Atzina damit anscheinend zufrieden schien, ging sie einfach weiter. Ich jedoch wollte die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen und ging in die Grabkammer hinein während Faramud, der einen seltsam beklommenen Eindruck machte, am Torbogen Wache stand. Ich fand einen ungeöffneten Sarkophag vor, an dem aber eine Ecke abgebrochen war, vielleicht der vergebliche Versuch eines Plünderers ihn zu öffnen. Da ich aber weder die Intention hatte hier Grabschänderei zu betreiben noch über das nötige Werkzeug oder die erforderlichen Muskeln verfügte um einer mehrere Zentner schweren Steinplatte beizukommen, ging ich zurück zu Faramud, der darob sichtlich erleichtert wirkte. Die anderen waren derweil schon weitergegangen ohne auf uns zu warten, aber wir holten sie schnell ein, weil sie nur bis zu einem unpassierbaren Geröllhaufen gekommen waren und dort umkehren mussten um einen anderen Weg zu nehmen. Das Schema, nachdem Atzina diese labyrintische Gruft zu erkunden gedachte war dabei denkbar einfach. Rechte Wand, rechte Hand und immer den Abzweigen folgten, dann konnte man sich eigentlich gar nicht verlaufen. Pamina machte, mit einem von Sari geborgten Stück Kreide, dennoch immer wieder Kreuze an die Höhlenwand, um ganz auf Nummer sicher zu gehen. Naja, ausreichend Erfahrung in Höhlen sollte Pamina nach ihrem Aufenthalt in der Mine ja haben…

An einer weiteren Kaverne vorbei kommen sah ich aus den Augenwinkeln ein goldenes Glitzern hinter einem Sarkophag, an dem die anderen anscheinend achtlos vorbei gegangen waren. Im Vertrauen darauf, dass unsere Späher, immerhin war es Atzina und Aureliane auch noch eine ausgebildete Mechanikerin, uns vor Gefahren schon warnen würden, Schritt in den Raum. Es klickte und drei Bolzen schlugen in mich ein, was mich in eine sofortige Ohnmacht beförderte.
ich erwachte mit einem warmen Gefühl auf der Brust, Atzina über mich gebeugt. Wieder einmal tat sie ihre Wunderwerke… Wir hatten dann einen kurzen Streit darüber, dass Späher Fallen nicht unentschärft zurück lassen sollten, aber Atzina und aureliane beharrten darauf, das wir hier ein klares Ziel verfolgten und nicht in jeden unwichtigen Raum am Rande des Weges hinein sehen müssten. Wobei ich mit dieser Meinung auch am Ende des Disputs gar nicht einverstanden war. Was, wenn dort ein Feind lauerte? Oder ein herrenloser Schatz? Ich musste meiner Gesundheit dann noch selbst mit einem kleinen Balsam auf die Sprünge helfen, die Bolzen hatten doch größeren Schaden angerichtet als es mir gut tat. Als ich das goldene Blinken erwähnte, wurde Pamina hellhörig und wollte sich das ebenfalls ansehen. Tief gebeugt und vorsichtig ging sie den Weg, den ich vorhin ebenfalls beschritten hatte, konnte aber dank der von mir gemachten unangenehmen Erfahrung anscheinend die Falle umgehen. Sie kam mit einem golden glänzenden Kännchen heraus. Leider hatte dieses Kännchen innen anderer Farbton als außen, was us vermuten ließ, dass es entweder nur vergoldet oder gar aus Messing war. Atzina warf Pamina dann vor doch ein Grab nicht plündern zu können und bezeichnete sie gar als gieriges Miststück! Dann schaltete sich auch noch Faramud ein und die beiden redeten so lange auf Pamina ein bis sie tatsächlich ein schlechtes Gewissen bekam und die Kanne wieder hinstellte.

Etwas weiter fanden wir ein Skelett vor einem Torbogen liegend. Faramud schien es sichtlich unbehagen zu bereiten. Pamina suchte den Boden ab, meinte aber es gäbe außer unseren keine Spuren, weswegen der Reist einfach weiter wollte. Ich ging dennoch vorsichtig hinein, tastete mit Stab am Boden entlang. Vor mir fand sich bald ein gemauertes Tischchen, geziert von einem Schild mit Schriftzug. „Hier liegt der unseelige Orhan ibn Salman mit seinen verfluchten Schätzen…“, dazu ein orkischer Schädel. Aber außer mir schien das niemand zu interessieren, selbst der Verweis auf die Schätze machte keinen hellhörig. Und allein konnte ich da leider auch wenig ausrichten. Weder würde ich die schweren Steinplatten bewegen, noch mich um vielleicht vorhandene versteckte Mechaniken kümmern können. In Richtung der anderen entfuhr mir ein „Ihr seid so langweilig!“ musste ihnen dann aber unverrichteter Dinge weiter folgen. Das Skelet, nur der Vollständigkeit halber, ließ ich liegen. Thargunitotgefällige Paraphenalia hatte ich seid Albernia ja schon genug… da musste ich unter Faramuds Nase nicht noch  weiter sammeln, was er sicher wieder missbilligt hätte.

Der Gang wurde nun deutlich niedriger, nur etwa 1,5 Schritt hoch. Wir passierten regelmäßig Nischen und Ausbuchtungen mit Sarkophagen, eine regelrechte Totenstadt unter der Erde. Das hier war, ohne Frage, der feuchte Traum eines jeden Nekromanten! Hunderte, ja Tausende Tote, quasi völlig unbewacht, die man direkt vor und ohne mit einer größeren Störung zu rechnen erheben könnte. Ein Heer williger Leichen, die nur darauf warteten, abgeholt zu werden. Zum Glück für die Fasarer war ein kein Nekromant… Nach einigen Biegungen, meinte ich ein trippelndes Geräusch über uns zu hören. Seitlich rechts über uns erspähte ich im Schein meines Stabes in einer Ecke eine Spinne von respektablen zwei Handtellern Größe. Aber das Spinnentier beachtete Faramud, der sich fast direkt darunter befand,  und auch mich nicht im Mindesten, sondern lief einfach vorbei. Aus der Nähe sah ich eine rotbräunliche kreuzförmige Zeichnung auf dem Rücken der Spinne und Pamina meinte, sie sei wohl giftig. Dort wo die Spinne hin verschwand hingen riesige, wahrscheinlich auch uralte, Netze. Aber Pamina wollte mir diese nicht besorgen, anscheinend aus Furcht vor dem Krabbeltier, versprach aber draußen andere für mich zu suchen. Nun sind Spinnennetze keine allzu schwer zu beschaffende alchemische Zutat, aber was man hat, hat man. Und wenn es einem schon mal so vor die Füße fällt, kann man sich doch auch auf Vorrat eindecken, oder? Naja, beim nächsten Mal…

An einer weiteren Abzweigung hörten wir ein geisterhaftes Wispern, ließen uns davon aber nicht ablenken. Wo, wenn nicht hier sollte man den mit Geistern rechnen? Ich hatte den Eindruck, je weiter wir gingen umso größer wurden die Grabnischen links und rechts. An einem weiteren breiten und hohen Türgang steckte ein Metallstab im Boden verankert. Er hatte eine Fassung an der Spitze in der ein Edelstein steckte und geradezu „magische Falle“ schrie. Ein Schritt dahinter befand sich nur noch dichte Dunkelheit die von keinem Licht durchdrungen wurde. Ein Relief lief um  den Torbogen und ein lockendes Flüstern kam aus dem Raum. Die Inschrift lautete sinngemäß „Geselle dich im Tot zu ihm“. Sari konnte anscheinend nicht widerstehen und versuchte in die Dunkelheit zu gehen. Aber der Stein glühte auf und eine Welle der Kraft stieß Sari schmerzhaft gegen die Wand, während es uns immer noch zur Seite schleuderte. Mit grimmiger Miene rieb ich mir den schmerzenden Steiß. Nun gab es ja, was solche Barrieren anging einige Möglichkeiten. Reagierte sie auf Lebewesen, auf unbelebtes, auf alles? Ich warf einen faustgroßen Stein gegen die Schummerwand. Es leuchtete erneut und der Stein zerschellte an der Wand hinter uns. Einige der kleinen Bröckchen trafen, wie ich an dem einen oder anderen Aufschrei meiner Gefährten hörte. Nun gut, ohne genaue Analyse um das Hindernis zu überwinden gab es für uns hier wohl nichts zu gewinnen, auch wenn es mich schon rein wissenschaftlich Reizen würde die Magie zu verstehen und das Geheimnis zu ergründen. War es ein temporäres Kadunom, das wir vielleicht nur noch einmal entladen mussten, oder sogar ein infinites Artefakt von dem wir niemals Durchlass erwarten konnten? Auf jeden Fall stand es auf meiner Liste später zu erforschender Dinge. Dann zogen wir weiter.

Die ersten Lebewesen die wir hier unten trafen bekamen wir im nächsten Raum zu sehen, der vollkommen Rund war. Als wir alle darin standen kamen zwei fauchende, klackernde riesige Asseln aus einem Seitengang auf uns zu gestürmt. Faramud stellte sich vor mich und neben Pamina. Atzina positionierte sich vor Aureliane. Ich schlug an Faramud vorbei, traf aber nicht, für mich waren diese Biester völlig überraschend aus der tintenschwarzen Dunkelheit erschienen. Es dauerte keine paar Herzschläge da fiel die erste Assel auch schon unter den konzentrierten Hieben und Schüssen, die andere versuchte zu fliehen, wurde von Pamina aber noch Rücklings erschlagen. Ein Blick in die Gesichter meiner Gefährten zeigte, dass sie noch nicht einmal ins Schwitzen dabei gekommen waren. Diese Dinger sahen deutlich bedrohlicher aus, als sie es anscheinend waren.

Wenige Gänge weiter fanden wir in Nischen eingebettet so etwas wie religiöse Darstellungen. Eine  Geiermutter die Geierkinder bemutterte. Drei Gesichter über drei Urnen. Dazu Sinnsprüche die die Herrin Marbo beschrieben. Damit konnte ich Leben, den Marbo war ja einer der gütigeren Aspekte des Herrn Boron. Nur zu verständlich, dass auch hier unten jemand sein Leben im Jenseits unter diese Schutzpatronin gestellt hatte. Der folgende Gang war lange und gewunden. Dahinter kam ein Raum mit einem weiteren Sarkophag, nur dass aus diesem Kratzgeräusche kamen. Eine dicke Steinplatte lag drauf und versiegelte die Grabstatt. Nun gab es ja nur zwei Varianten. Entweder hatte man hier kürzlich eine bedauerliche Seele lebendig hineingeworfen – was natürlich höchst unwahrscheinlich war -  oder ein Untoter versuchte dort mit nimmer endender Energie seinem finsteren Verließ zu entkommen. Da die Anderen zu feige waren betrat ich den Raum zuerst. Diese Kaverne war so ziemlich die größte Gruft, die ich bisher gesehen hatte. Folgerichtig fing ich an Gruftstaub zu sammeln den man für Angstgift ebenso benötigt wie die erst kürzlich erhaltenen Hasenohren. Das dieser Staub sein vollen Potential entfalten würde, daran hatte ich keinen Zweifel und ich hörte erst auf, als mein Beutel voll war. Besen und Kehrblech wären hier hilfreich gewesen… Anschließend versuchte ich den Deckel des Sarkophag aufzuschieben, aber Atzina und Faramud hielten mich auf. Nicht das ich allein allzu große Erfolgsaussichten gehabt hätte… Aber da sieht man wieder einmal, dass bei manchem die Angst den Wunsch überwiegt, ein göttergefälliges Werk zu tun. Entweder, ich verweise hier auf das oben gesagte, wir hätten eine arme Seele gerettet. Oder, viel wahrscheinlicher, einen Untoten gebannt und vielleicht gar einen innewohnenden Dämon zur dunklen Herrin Thargunitoth zurück geschickt. Beides hätte doch im Interesse eines jeden wackeren Streiters sein müssen! Gerade von meiner lieben Atzina, aber auch von Faramud, der sich ja so vehement gegen das dämonische Aussprach, hätte ich doch ein wenig mehr Engagement erwartet. Aber Atzina schien derart auf unser Ziel fixiert, dass sie kaum an etwas anderes zu denken schien, und auf Faramud schien derzeit das gute alte „Angst fressen Seele auf“ zuzutreffen.

Wie tief unter der Erde waren wir wohl mittlerweile? Es musste ein beträchtliches Stück sein, denn die meisten der Gänge hatten abwärts geführt. An einer weiteren Abzweigung wurden wir von einem schrillen, lauten Pfeifton überrascht. Als Pfiff verhalte, hörten wir ein starkes Rauschen wie von einem Sturmwind und einem kurzen Aufleuchten folgte ein Wärmeschwall der uns entgegen durch den Gang stob. Dann vernahmen wir Stimmen, „Da kommt jemand, schnapp dir den Kelch und Weg hier!“ Keiner von uns zweifelte, dass wir die gesuchten wohl gefunden hatten! Wir stürmten los, um die Beute nicht noch einmal entwischen zu sehen. Die Wärme nahm zu, je weiter wir vorankamen. Durch eine Tür traten wir in einen regelrechten Felsendom, dessen gewaltige Ausmaße im Dunkel nicht einmal Ansatzweise für mich zu erfassen waren. Faramud eilte mit Pamina voran, Atzina und ich hintendrein. Sari gesellte sich rechterhand zu Faramud, Aureliane nahm links von mir Aufstellung, so dass man kurzzeitig sogar von so etwas wie einer Formation sprechen mochte – die sich freilich genauso schnell wieder auflöste. Direkt vor uns kohlte ein Holzpodest vor sich hin, verkohlte Bettgestelle, Kisten und die Überreste von Tischen zierten den Raum. Das alles wahrzunehmen dauerte nur den Bruchteil von Sekunden. Viel spannender war ein schneller Kerl der mit einem Kelch oder einer Kanne in der Hand von uns weg sprintete, und dessen Bewegungen so übernatürlich schnell waren, dass sie dabei verschwammen. Klassischer Axxeleratus deduzierte ich gedankenschnell, allein ich vermochte gerade wenig dagegen zu tun. In sicher 30 Schritt Höhe flog eine mit wohlbekannte Frau auf einem Besen davon, einen hässlichen Geier an ihrer Seite. Wir setzten gerade zur Verfolgung an und rannten dem Kerl hinterher. An eine Verfolgung der fliegenden war leider mangels unserer Teppiche gerade nicht zu denken, als ein Geräusch hinter uns wie von brechendem Metall und ein Fauchen meine Aufmerksamkeit beanspruchte. Bei allen Zwölfen! Hinter einem Aufbau, einer Art Balustrade aus Stein, lies sich mit gerade mit ausgestreckten Flügeln ein veritabler Purpurwurm von sicher 10 Schritt Länge auf den Boden der Kaverne sinken. Hatten den die unliebsamen Überraschungen hier überhaupt kein Ende? Der Kerl mit dem Kelch nutzte unsere kurze Unentschlossenheit und klettert, im wahrsten Sinne des Wortes wie eine Spinne, an der Wand hinauf. Von oben fiel durch ein Lock in der weit entfernten Decke der sanfte Schein des Madamals herein und tauchte die Szenerie in gespenstisch silbernes Licht. Unsere Chancen die fliehenden einzuholen standen denkbar schlecht. Aber auch der Kampf mit einem Drachen schien nicht unbedingt erfolgversprechender… auch wenn hier wenigstens der Hauch einer Chance auf Sieg bestand. Schweren Herzens ließen wir die flüchtenden ziehen und wandten uns der naheliegenderen Gefahrenquelle zu.

Während ich mich hinter Faramud positionierte um ihn für die kommende Konfrontation zu stärken hüllte sich der Drache unter Fauchen in einen Feuernebel. Ich legte Faramud die Hände auf die Schulter und flüsterte ihm ein „Dolor Defendear“ ins Ohr, was nichts weiter war als ein ins Bosparano transkribierter Armatrutz. Atzina meinte derweil wohl, das Monstrum besänftigen zu können und rief zum Drachen: „Hat die Hexe dich verletzt?“ woraufhin der Drache sie ins Auge fasste. Er spie einen Flammenstrahl nach Atzina, dem diese aber geschickt auswich. Sari war da wohl weniger zuversichtlich was eine friedliche Lösung anging und schoss mit dem Bogen auf das riesige Ziel. Natürlich, so ein Kampf würde sicher nicht für alle von uns gut ausgehen… aber ich konnte nicht anders als schon weitsichtiger planen. Als ich an die Drachenschuppen dachte die uns im Anschluss in die Hände fallen würden, ganz zu schweigen von dem Drachenblut, dem Karfunkel… es war als hätte mich der Purpurwurm gehört und spuckte sein Feuer nach mir. Faramud, der das mit dem Beschützen anscheinend wirklich mehr als ernst nahm fing aber den auf mich gerichteten Flammenstrahl ab und brannte daraufhin selbst. Mich hätte das Feuer wahrscheinlich verkohlt, so angeschlagen wie ich eh schon war! Da stand ich nun wohl tatsächlich in seiner Schuld, er hatte etwas gut bei mir. Und so abweisend er mir gegenüber doch manchmal war, wenn es hart kam konnte man sich auf ihn wohl verlassen. Ich vielleicht sollte ich ihn in Zukunft doch etwas weniger reizen… Ansonsten schien der Drache aber jetzt ein Gedankengespräch mit Atzina zu führen und ließ uns, ich war mir nun nicht sicher ob ich erleichtert oder enttäuscht sein sollte, tatsächlich gehen. Dann schwang er sich in die Luft und flog davon. Atzina erzählte uns, die Hexe habe den Drachen vergiftet und seine Magie gestohlen. Da rührte wohl die mächtige  Explosion her, ein weiterer Test des Artefakts geladen mit der Magie des Drachen. Ich hatte das Buch wohl falsch gelesen… die Hexe hatte den zweiten Versuch noch nicht vollzogen gehabt, sondern lediglich geplant. Nun gut… Atzina hatte ihr Versprechen gegeben die Hexe zu töten und dem Drachen Nachricht zu senden, weswegen er uns darauf verzichtete uns zu fressen. Sehr nett…  Ich sah mich dann noch etwas um, aber es gab nicht mehr viel zu finden. Geplatzte Phiolen, verbrannte Kräuterbüschel, zersprungene Gefäße und deformierte Metallgeräte waren alles was sich in den schwelenden Resten dieses provisorischen Lagers fand.

Wir verließen die Totenstadt auf gleichem Weg wie wir hineingekommen waren. Den Rückweg zu finden war auf Grund von Paminas Markierungen und Atzinas Technik ja nicht schwer. Es dämmert bereits der Morgen als wir den Untergrund hinter uns ließen und wir flogen ermüdet und zum Teil auch angeschlagen heim. Nur Faramud ging ersteinmal mit Sari per Pedes, da diese nicht ohne Not erneut auf einen Teppich steigen wollte. Pamina schloss sich ihnen nach einem Fehlstart ebenso an, da sie keine Lust und Nerven mehr für die Sperenzien ihres versnobten Fluggeräts hatte. Es war schon fast Routine, als wir im Morgengrauen im Derwisch einmarschierten. Erst einmal Frühstück, das wir noch etwas verlängerten als Faramud angekokelt wie er war nachkam. Ich hatte ja gar nicht mehr mit ihm gerechnet sondern gedacht er würde gleich bei Sari bleiben. Aber anscheinend hatte er doch Sehnsucht nach seinem weichen Bett. Beim Essen tauschten wir dann noch einige sinnlose Belanglosigkeiten aus, nichts was der Erwähnung tatsächlich wert gewesen wäre. Überraschend war, dass eine sichtlich angeheiterte Melissa mit Bedeman im Schleptau der ihr auf den Hintern klatschte und sie mit ihm kokettierte ebenfalls jetzt erst heim kam. Da hatte wohl jemand die Zeit genutzt, sich von der harten Arbeit abzulenken. Aber gut, sie war groß genug um zu wissen was sie tat, und ich erhob ja keinen Anspruch auf sie. Meinem scharfen Auge entging nicht, dass sie einen neuen glitzernden Ohrstecker trug. So war das also… ich meinte mich an ein Lied zu erinnern in dem es darum ging, das Diamanten eines Mädchens beste Freunde seien. Dann wollten wir erst einmal schlafen und dann weiterdenken. Wir waren so erschöpft, dass da gerade eh nichts Vernünftiges bei herum kam. Atzina verband mich erst einmal vor dem zu Bett gehen, was wie immer bei ihren geschickten Händen einen sehr erholsamen Effekt hatte. Für den Abend hatten wir erneut ein Treffen mit unseren neuen Freunden vereinbart, um die nächste Nacht zu planen. Bis zum Abschluss dieser Geschichte sah es so aus, als würde sich unser Tagesrythmus ziemlich verschieben.

Nach der Ruhe ging es mir körperlich deutlich besser, nur der Born meiner Macht war nach wie vor bei weitem nicht gefüllt. Wo man in Fasar wohl Thonnys bekommen konnte? Zum Abendessen waren die Rubinhüte pünktlich da und blickten uns Erwartungsvoll an, so als meinten sie,wir hätten den Plan schon fertig in der Tasche, nachdem uns die Hexe gerade erst entkommen war.  Wie sollten wir sie in dieser Stadt nur finden? Mein Vorschlag wurde, wie üblich, ich hatte gar nichts anderes erwartet, rundheraus abgelehnt. Sari wollte die Haarbürste für eine Dämonenbeschwörung nicht hergeben. Selber hatte sie aber auch keine bessere Idee und machte sich selbst wenig Hoffnung sie zu finden. Da stießen ihre Wind- und sonstigen Geister anscheinend an ihre Grenzen. Was wieder beweist, wo das profane herumbeschwören von ein paar Geistern am Ende scheitert und die hohe Kunst der Invokation Erfolg verspräche wird das arkane Genie immer noch durch die stupende Kleingeistigkeit und Verbortheit der ängstlichen gehemmt. Naja. Wenn ihr Verzweiflung erst groß genug wäre, würden sie schon gekrochen kommen… Was blieb war die möglichen Stellen für das Attentat zu überwachen und zu kontrollieren. Die Prozession folgt wohl einem vorgegebenen Weg durch die Stadt und würde immer an bestimmten Plätzen halt machen, wo eine Ansprache gehalten wird. Wie schnell der Magieentzug wohl wirken würde? Wenn man davon ausging das er zumindest eine gewisse Zeit benötigte, müssten sich also die Opfer vorübergehend im Wirkbereich des Artefakts aufhalten. Das bedeutete, einer der Plätze an dem angehalten würde käme am ehesten in Frage für das Attentat. Also werden wir nun wohl diese inspizieren und observieren.

Am frühen Nachmittag fühlten wir uns ausreichend erholt, um wieder aktiv werden zu können. Ich holte es erst einmal nach und dankte Faramud für den Schutz den er mir gewährt hatte und bedeutete ihm, ich wisse es sehr zu schätzen mich solcherlei auf ihn verlassen zu können. Wobei er den Dank nur bedingt annahm, da er es als eine Art Vereinbarung betrachtete, dass wenn ich ihm magisch helfen würde, er mir seinen Schutz jederzeit ebenso zur Verfügung stellt. Wie auch immer. Auf jeden Fall, und das war etwas, was ich unbedingt noch klarstellen musste, hatten sich die Anderen in der Nekropole meinem Wunsch widersetzt, den rappelnden Sarkophag zu öffnen. Das musste ich in gewisser Weise als Zweifel an meinem Führungsanspruch betrachten. Und wenn dieser schon nicht einfach so anerkannt wurde, musste ich eben dafür sorgen, dass daran sowohl aus moralischen als auch intellektuellen Gründen keinerlei Zweifel beständen. Und das gedachte ich, wie es herausragende Führer nun einmal tun, durch die demonstrative Zurschaustellung sowohl meiner moralischen Überlegenheit als auch einer unwiderlegbaren Argumentation die auch den letzten Simpel dazu bringen musste meinen Wünschen zu Folgen durchzusetzen. Daher fragte ich Faramud wie beiläufig, wie er denn zum Herrn Boron stehe. Der Zweifel in seinen Augen war klar herauszulesen, offensichtlich wusste er noch nicht, worauf ich hinzielte, aber er meinte, es wäre wohl immer von Vorteil, sich mit dem Herren der Toten gut zu stellen. Und wie er es mit Peraine hielte? Seine Verwirrung schien noch zu wachen, aber auch hier wollte er nicht verneinen, den Göttern wohlgefällig zu sein. Also bot ich ihm in einer Art hesindianischen Zangenangriff die Möglichkeit, den Göttern egal wie es ausginge einen Dienst zu erweisen. Ich verwies auf den Sarkophag und bedeutete ihm, entweder habe man dort ein lebendes Wesen eingesperrt, dessen Rettung in den Augen der Herrin Peraine sicher eine gute Tat sei, oder dort lauere ein verdorbener Untoter, für dessen Beseitigung uns der Herr Boron dankbar wäre. Er könne also gar nichts falsch machen, wenn er sich mir in dieser Sache anschließe. Und ich war sehr überzeugend. Seine Skepsis, ja Angst konnte ich förmlich sehen, aber am Ende war es ihm nicht möglich, sich meiner ausgelegten Falle zu entziehen. Eine Grabschändung, so argumentierte ich weiter, würden wir ja nicht begehen. Denn entweder war es bei einem lebenden Wesen ja gar kein Grab, oder auf der anderen Seite bei einem Untoten bereit geschändet, so dass es uns nicht mehr zur Last zu legen war. Und auch die anderen schlossen sich an, selbst Pamina, wenn ich auch bei Boron versprechen musste, mir aus dem Grabe nichts anzueignen, was ich aber guten Gewissens versprechen konnte. Denn darum war es mir ja gar nicht gegangen. Sicher, hätte sich die Gelegenheit ergeben etwas von Wert zu erbeuten wäre ich nicht abgeneigt gewesen. Aber das eigentliche Ziel welches ich mir gesteckt hatte war ja schon erfüllt, also konnte ich diese Kleinigkeit durchaus verschmerzen.

Auch Sari schloss sich uns an, denn würden wir es mit Geistern zu tun bekommen die es auszutreben galt schien sie die erfahrenste von uns zu sein. Das wiederum schien Faramud etwas zu beruhigen. Deswegen machten wir uns auch zu Fuß auf den Weg. Die übrigen schlossen sich uns an, was nur wieder einmal zeigt: Wenn sich die wahre Führernatur erst einmal durchgesetzt hat, folgt der Rest wie von allein. Die meisten Menschen sind doch froh, wenn ihnen jemand sagt wo es langgeht! Schwierig wird es nur, wenn zwei zum Führen geborene Personen aufeinandertreffen. Das gipfelt dann mitunter in so unschönen Dingen wie Krieg. Aber zum Glück geschieht das weit weniger häufig, als man gemeinhin annehmen sollte…

Den Weg zur Nekropole kannten wir ja nun, weswegen wir auch auf unseren Führer verzichteten.Die Teppiche packten wir für später ein, wer konnte schon wissen ob wir nach getaner Arbeit noch einmal in den Derwisch zurückkehren würden bevor unsere nächtliche Aufsicht erneut begann. Auf dem Weg wollten wir noch ein Brecheisen kaufen, irgendwie musste man ja dem Deckel des Sarkophags beikommen. Letztendlich entschied sich Faramud aber für eine Spitzhacke, die er beim Gang über den Basar noch schnell erwarb. Ich schätze Leute mit einer praktischen Veranlagung! Wir streiften durchs Dunkel der Totenstadt bis zum Grab, die Fackel meines Stabes hatte ich dabei wieder entflammt. Das Kratzen war noch da. Damit würde ich ein lebendes Wesen, von Anfang an ja sowieso die unwahrscheinlichere Variante, doch ausschließen. Faramud versuchte den Deckel mit der Spitzhacke anzuhebeln und zur Seite zu schieben. Dies gelang ihm vergleichsweise leicht, seine Statur war ja doch recht kräftig, auch wenn er das unter seinen weiten Gewändern zu verbergen trachtete. Man hört ein Ächzen und Stöhnen, eine bleiche Hand schob sich durch den Spalt, ein Unterarm folgte, während sich anscheinend eine Schulter innen gegen den Deckel stemmte. Faramud ließ die Platte wieder fallen und klemmte damit den halb herausragenden Arm ein. Es schien sich um einen menschlichen, verwest wirkenden Arm mit langen Klauennägeln zu handeln. Der Arm zog sich langsam wieder zurück, wobei die Haut hängen blieb und sich von den  nach innen rutschenden Knochen rutschen streifte. Ein widerwärtiger Anblick! Atzina hackte mit einer Klinge nach dem Handgelenk und trennte es mit chirurgischer Präzision ab. Faramud schlug ebenfalls mit der Spitzhacke nach dem Arm und traf beim zweiten Anlauf, wobei seine Hiebe die sonst so selbstverständliche Eleganz schon ziemlich vermissen ließen. Es war offenkundig, dass er mit einfachen Schlagwerkzeugen deutlich weniger geübt war als mit seinen Klingen. Dann macht er mit dem Kunchomer weiter, was bedeutend besser aussah und trennte den Rest des Arms ab. Die Steinplatte vibrierte, etwas drückte mit großer Wucht und Zorn von innen dagegen. Da Faramud nun lieber das Schlagen übernehmen wollte, sollte Pamina  sich im Aufhebeln hervortun, was aber auf Grund ihrer weit weniger muskulösen Gestalt erst einmal misslang. Ich wollte sie, etwas übereifrig wie ich zugebe, bin ich doch ebenfalls von der Statur her kein Thorwaler, ablösen, erreichte alleine jedoch auch nichts außer einigen Schwielen an den Händen. Zusammen gelang es uns dann jedoch den Deckel leicht anzulupfen. Just in diesem Moment erhielt er einen Schubser von unten, glitt zur Seite weg und knallte laut auf den Boden. Eine Staubwolke wallte auf und ein eineinhalb-ärmiger Ghul erhob sich aus der steinernen Kiste. Er hatte den Deckel wohl mit dem Rücken angehoben, ging nun auf uns zu und schlug dabei mit seiner Klaue einmal ins Leere. Faramud ging mit seinem Schild vor uns in Position, wieder die Rolle des Beschützers einnehmend. Ich wechselte den Stab in die Linke Hand, er war solange er sich in der Form der Fackel befand nur bedingt zum Schlagen geeignet, und zog mit der rechten meinen Dolch. Und auch Pamina wollte nicht zurück stehen. Faramud fing sich zwar zunächst zuerst einen schmerzhaft aussehenden Hieb ein, zwang den Ghul aber rasch auf die knotigen bleichen Knie herunter. Ich stach mit Ausfallschritt hinterher und erzielte beim zweiten Versuch sogar einen Treffer auf das nun relativ immobile Ziel. Paminas Speerstoß, der direkt darauf folgte, erledigte das Untier. Atzina machte ein besorgtes Gesicht, meinte diese Dinger übertrügen hässliche Krankheiten und reinigte Faramuds Wunde sorgfältig mit einer hochprozentig riechenden Lösung. Die Inschrift auf dem Sarkophag wies auf einen: „Deneji ibn Belima, gestorben bei der Säuberung des Boronsanger von einer Horde Ghule“ hin. Im Sarkophag lag ein schön gearbeitetes tulamidisches Schwert, zefallene Kleidung und die Fetzen eines Turbans, dazu ein mit einem Opal geschmückter Ring und eine Halskette aus Silber. In den Fingern gejuckt hätte es mich ja schon, aber versprochen war versprochen. Ich packte den Kadaver nach einer kurzen Diskussion auf meine Decke um ihn aus der Gruft herauszuziehen. Die Decke konnte ich vergessen, in ihr würde ich nie wieder schlafen wollen, da musste ich mir notgedrungen wohl eine neue kaufen. Damit schleppten wir das Biest bis zum Eingang der Gruft und gaben im nächsten Steinmetzdorf Bescheid geben, wo der Ghul zu finden sei. Sie sollten den Boronis das mitteilen, was uns zwar leider um den verdienten Dank der Todespriester brachte, andererseits aber auch unangenehme Fragen ersparte, was wir denn dort unten zu suchen gehabt hätten. Nun ja, man kann nicht alles haben…

Um mich nun etwas kürzer zu fassen… die nächsten Tage bemühten wir uns, waren am Ende aber nur wenig erfolgreich bei der Suche nach unseren Feinden oder der Ergründung ihres Plans. In dieser Nacht flogen wir mehr oder weniger planlos durch die Nacht Patrouille in der Hoffnung auf einen Hinweis. Einmal folgten wir dem Hilferuf einer Frau, die sich als wir eintrafen die Kleidung zurechtrückte und im Dunkel verschwand. Atzina verband auf dem Flachdach eines Burtsch Faramud, während dieser von dort Ausschau hielt. In den Morgenstunden trafen wir wie gewohnt zurück im Derwisch ein, Frühstückten und ruhten danach. Ich gab den Auftrag, mir eine neue Wolldecke zu besorgen, was mich eine Zechine kostete. Vor unserem nächsten Aufbruch lies ich mir vom Wirt den Weg der Magierprozession auf einer kleinen Karte beschreiben. Sie beginne 100 Schritt vom Derwisch auf dem Weg zum Basar, hinüber zum Turm von Manach ter Ghom, dann folgt der Einzug in die Arena. Dort finden dann Vorführungen nur für die Magier statt, gewöhnliches Volk hat draußen zu warten, dann weiter zum Rahjatempel. Dort auf Vorplatz gibt es eine Ansprache durch die Shanja, also die Hochgeweihte des Tempels und dann geht es weiter zum Hesindeplatz wo ein gelehrter  Vortrag durch das Oberhaupt der AlAchami stattfindet um im Anschluss dann weiter  in die Akademie zu ziehen. Atzina meint,e der Kelch dürfte einige Zeit  zum Aufladen benötigen, daher käme am ehesten ein Platz in frage wo die Magier länger verweilen. Da hatte sie Recht und das sollten wir uns ansehen. Das der Kelch dabei aber irgendwie bemerkbar machen würde, ein Leuchten, Zischen, Dampfen oder ähnliches hier ich aber für unwahrscheinlich. Zumindest konnten wir unsere Ziele etwas eingrenzen und müssten nun nur diese wenigen wahrscheinlichen Plätze überwachen.

Dann machten wir uns auf um nach Sari zu sehen, aber ihr Ritualplatz war verlassen. Nur ein kleiner Scheiterhaufen mit in den Boden geritzten Symbolen darum verriet, dass sie hier gewesen war. Faramud meinte, wir sollten warten und des dauerte bis geschlagene 2 Stunden nach Einbruch der Dunkelheit, dass sie mit einem toten Geier am Rücken zurück kam. Sie war etwas außer Atem als sie ankam, das kapitale Tier auf ihrem Rücken wog vermutlich einiges. Den Geier, so teilte sie uns mit, hatte sie um aus ihm zu lesen. Eine echte Weissagung ohne Gezappel und Gebrabbel. Diesen sarkastischen Seitenhieb auf Jamila konnte sie sich nicht verkneifen. Da uns mittlerweile etwas langweilig geworden war, verfielen Atzina und ich darauf, eine Wette abzuschließen welcher Ort es denn nun für den Anschlag sein sollte. Ich tippte auf den Rahjatempel, aber nur, weil Atzina die erste war die die Arena in den Raum warf und eine Wette ja nur Sinn ergab, wenn ich etwas anderes nannte. Um einen Dukaten sollte es gehen, und Pamina und Faramud sahen uns an wie Schafe, so als wäre ihnen das Konzept einer freundschaftlichen Wette völlig unverständlich,  und waren auch nicht zum Mitmachen zu bewegen.

Da aber weiter nicht viel geschah und Sari sich ruhe ausbot, flogen wir erst einmal los zur Arena. Aus dieser drang beißender rauchgeruch herauf, etwa die Hälfte des Areals war schon ausgebrannt. Aus der Luft ergab das glimmen der abgefackelten armseligen Hütten ein recht hübsches Bild, aber ich war mir ziemlich sicher das die ehemaligen Bewohner das anders beurteilen würden. Außerhalb der Arena lagerten jetzt Horden von Bettlern, aber es waren auch deutlich mehr Wachen als zuletzt zu sehen. Die Ränge, Tribünen und Torbögen würden reichliche Versteckmöglichkeiten bieten eine Kanne irgendwo abzustellen. Das war fast nicht zu überblicken. Einig waren wir uns aber, dass diese wahrscheinlich nicht weit vorab irgendwo hingestellt würde. Zu groß war sonst die Gefahr, dass sie dann vielleicht von einem Unbedarften geklaut würde. Mehr geschah in der Nacht jedoch nicht.

Am folgenden Mittag kam Sari in die Herberge, und eröffnete uns, dass das Ziel ist nicht eindeutig zu bestimmen war. Vielleicht, weil sich die Hexe selbst noch nicht sicher war, wo der rechte Ort für ihr Werk sein sollte. Ein Traingol zwischen Arena, Rahjatempel und Hesindetempel hatte Saris Vision offenbart, und damit ein Areal, das dermaßen groß war, dass es unsere Suche kaum weiter einschränkte. Zu Fuß gingen wir dann zur Arena, wo es einen kleinen Aufruhr gab. In den Eingängen standen  Schlagetots die die Bettler herausbeförderten. Zwar rüde, aber nicht wirklich gewalttätig. Von innen hörte man knistern, Rauch stieg auf. Ich würde es am ehesten mit einer kontrollierten Brandrodung wie auf Vaters Plantagen vergleichen, nur das hier eben kein Ackerland gewonnen, sondern der Zweck des Bauwerks wiederhergestellt wurde. Zunächst wollten man uns nicht einlassen. Nach einmaligen umrunden der Arena fragte die wache, was wir wollten während ein Trupp Holz und Öl an uns vorbei trug. Als ich, freundlich aber bestimmt, den Wunsch zum Ausdruck brachte mir den Ort des Spektakels einmal vorab anzusehen wurde die Wache mit Blick auf meine Robe regelrecht freundlich und meinte, selbstverständlich dürfe der hochgelehrte sich informieren und fügte mit einem versuchten Scherze noch hinzu, solange ich kein Gesindel mit herein brächte. Davon animiert drehte ich mich lächelnd zu Pamina um und schickte ein 2Pech gehabt, du musst leider draußen bleiben“ in ihre Richtung, was von einem „Echt jetzt, er kann es nicht lassen…“ quittiert wurde. Aber natürlich nahm ich sie und auch den Rest als mein Gefolge mit hinein. Während nun aus unserer Perspektive der rechte Bereich noch geräumt wurde, waren Arbeiter links bereits dabei ein hölzernes Podest von sicherlich 8 auf 10 Schritt aufzubauen. Mehrere Steintribünen die nach vorne versetzt erhöht in die Arena ragten waren wohl für die Erhabenen gedacht. Beachtete man nun den kreisförmigen Wirkradius eines Ignisphaero, war eine eher mittig Platzierung des Artefakts am wahrscheinlichsten. Faramud tippte auf das unten herum verkleidete Holzpodest, das sicher ein gutes Versteck abgegeben hätte. Hatte die Hexe noch einen Rest humanität bewahrt? Dann war die Arena wohl wirklich ein guter Ort für ihr Vorhaben. Denn nicht nur, dass sich hier drinnen wohl fast nur die von ihr anvisierten Personen aufhalten würden, auch die ansteigenden Ränge der Arena an den Seiten würden die Ausbreitung des Feuersturm von der Stadt weg nach oben hin ablenken. Perfide, aber so hätte ich es gemacht. Völlige Erreichung des Ziels bei gleichzeitiger Minimierung der Kollateralschäden! Im Anschluss inspizierten wir die anderen beiden Plätze, erst Rahja dann Hesinde. Am Platz vor einer seltsam anmutenden mehrbrüstigen Rahjastatue, so eine Darstellung hatte ich bisher noch nie gesehen, wurde ebenfalls gerade ein Podest aufgebaut. Bei der Statue legten Gläubige viele Geschenke für den Tempel ab. Potentiell auch eine schöne Möglichkeit, wie ich sofort erkannte. Den Krunchuchur einfach als Gabe dort zur rechten Zeit abgegeben, und der Rest erledigte sich quasi von selbst. Und niemand würd es wagen, das Geschenk an einen Tempel zu stehlen oder zu entfernen. Da würde jeder, auch wir bei einem Rettungsversuch, sicherlich Ärger mit diesen Ferkina-Wachen bekommen. Sari verschaffte sich mit einem Goldgeschenk zutritt an den Ferkinawachen vorbei zu den Gaben. Der Krunchuchur würde in dem Haufen überhaupt nicht auffallen, so viel war sicher. Auch am Hesindeplatz wurde versetzt zum Eingang des Tempels ein Podest errichtet. In der Mitte des Platzes stand ein Springbrunnen mit vielen Figuren der reichliche Versteckmöglichkeiten für eine Kanne bot, am Eingang des Tempels hing eine große grüne Butzenglaslaterne an einem Eisenmast. Auch dort hinein würde man die Kanne sicher stellen können ohne das es im Nachgang auffiel. Und wer würde die Laterne schon am Tage noch inspizieren? Es half nichts, wir waren nicht schlauer als vorher. Jeder dieser Orte bot ausreichend gute Gelegenheiten, um das Attentat durchzuführen, ausschließen wollten wir keinen davon. Bei Hesinde, da half alles nachdenken nichts!

Was insbesondere mich umtrieb war die Frage, wie lange das Artefakt wohl in der Lage war Ladung aufzunehmen. Um dies experimentell nachzustellen kauften wir auf dem Basar eine 2 Spann große Kanne und Vitriollösung dazu. Im Gasthaus schütteten wir die Lösung in die Kanne um zu warten wie lange es dauert bis die Verdunstung vollzogen wäre. Aber es tat sich nicht viel, selbst in der Sonne dürfte es sicher 2 Tage dauern. Während wir warteten blätterte ich nochmals in Jamilas Buch. Dort, an einer Stelle der ich bisher tatsächlich keine große Beachtung geschenkt hatte fand sich tatsächlich eine Hinweis: „der Prozess wird durch die erste magische Quelle angestoßen, dieser begünstigt die Verdunstung, je mehr Magie kommt, desto mehr Verdunstung entstehet.“ Also war wohl der Rubin nicht nur Fokus und Auslöser, vielleicht sogar der Zauberspeicher, sondern erwärmte durch seine Ignis-Affinität das Vitriol um dessen Verdunstung zu betreiben. Bei 300 Magiern dürfte es dann ziemlich schnell gehen vermutete ich. Die Kanne war bei den Versuchen sehr nahe am Ziel dran, die Initialisierung erfolgte also aus nächster Nähe. Ich vermutete aber, dass mit der steigenden Potenz und Geschwindigkeit der Absorption auch deren Reichweite steigen könnte. Zumindest sollte sie das tun, wenn das Artefakt seinen Zweck erfüllen solle. Der Effekt wäre ja nur mäßig spektakulär, würde sich die Kraft allein aus Personen speisen die, sagen wir mal, 10 Schritt darum herum standen. Wie groß die Kapazität zum Speichern von Kraft war und ob die Auslösung dann auf Kommando erfolgte oder bei Überschreiten des Speichervolumens hatte ich nach wie vor nicht erkennen können. Und wie bei einer solchen Konzentration arkaner Macht und sei es auch nur kurzfristig das Überschreiten der kritischen Essenz verhindert werden konnte war mir ebenfalls noch nicht klar. Dieses Artefakt musste in geladenem Zustand auf der Okharim-Skala auf jeden Fall der Stufe Karfunkel zugeordnet werden.

Am nächsten Tag weihten wir die Wachen der verschiedenen Orte ein, dass die Prozession bedroht würde. Da wir im Auftrag eines erhabenen Unterwegs waren und uns legitimieren konnten schenkte man uns sogar Gehör. Nur die Ferkinas am Rahjatempel stellen sich etwas quer und wollten, gierige Bastarde die sie sind, wissen was uns die Hilfe wert sei. Am Ende erklärten sie sich aber dann doch bereit, da ich ihnen für den Fall das sie uns den KrunChuchur lieferten oder zuerst aufspürten und uns Nachricht davon geben würden einen Finderlohn von 10 Marawedi versprach.

Aber nach wie vor hatten wir ein handwerkliches Problem, je nachdem wer am Ende den Rubin aus der Fassung würde entfernen sollen. Aureliane würde das sicherlich hinbekommen. Atzina vielleicht auch noch. Aber wir Anderen hätten da ein ernstes Problem und es zeigte sich, das Faramud, den ich ja dafür eigentlich auserkoren hatte, mit feinmotorischen Aufgaben abseits des Kämpfens ungefähr so überfordert war wie ein Moosaffe, der man versuchte das Lesen beizubringen. Dieses Dilemma gingen wir am letzten Tag vor der Prozession an. Es kam uns da gerade recht, das beim Frühstück, Bedemann anwesend war der anscheinend erneut mit Melissa geschäkert hatte. Als Edelsteinhänder konnten wir ihn natürlich Fragen, wie man den Rubin aus seiner Fassung lösen könnte. Wir folgten ihm in die Werkstatt seines Vaters, der bei unserem Anblick ein recht sauertöpfisches Gesicht machte. Er zeigte uns an verschieden großen Fassungen, wie so etwas zu bewerkstelligen war. Je nach Fassung musste man eine andere Zange nehmen um diese aufzubiegen. Aber zumindest die Spekulation über das richtige Werkzeug konnte ich recht schnell durch messerscharfe Kombination eindämmen, da uns der Wert und damit die Größe des gestohlenen Rubins ja bekannt war! Er müsste so in etwa um die 20 Karat haben. Nachdenken hilft, sage ich immer. Bedemann gab uns das Werkzeug auch für eine Größe mehr und weniger, also insgesamt 3 Zangen und ein Hebeleisen dazu. Wir übten das Öffnen der Fassung im Laufe des Tages noch an ausgedienten Stücken aus der Werkstatt und Atzina stellte sich tatsächlich recht geschickt an. Ihr kam da wohl die Erfahrung mit widerspenstigen Schlössern zugute. Nachts beobachteten wir aus der Luft die vermuteten Orte, konnten aber nach wie vor keine Auffälligkeiten feststellen. Jamila und ihre Helfershelfer schienen alle Aktionen im letzten möglichen Augenblick ausführen zu wollen um ein vorzeitiges Scheitern zu verhindern. Sehr ärgerlich für uns. Bevor es ernst wurde nahmen wir ein letztes Frühstück im Derwisch ein, denn die Prozession sollte zur 10. Stunde beginnen. Da die Nacht wieder lang gewesen war ruhte ich wenigstens noch 2 Stunden bevor wir uns fertig machten und aufbrachen. Meiner Magengegend hatte sich diese Erwartungsvolle Kribbeln bemächtigt, dass immer dann einsetzte, wenn große Dinge bevor standen. Heute, wurde mir bewusst, war die Spanne der möglichen Ausgänge sehr groß. Von unserem vorzeitigen Eintritt in Borons Hallen bis zu endlosem Ruhm als Retter der südaventurischen Magierschaft mochte alles geschehen. Sari brachte Wala vorsorglich aus der Stadt, falls es schief gehen sollte. Dem Wolf wäre kaum schnell genug begreiflich zu  machen, wenn er im letzten Moment fliehen müsste. Sie folgte dann zu Fuß am Boden der Prozession, der Rest von uns schwang sich in die Lüfte und flog darüber. Besonderes Aufsehen schienen wir dabei aber nicht zu erregen, denn auch mindestens zwei weitere Magier waren mit ihren fliegenden Teppichen bei der Prozession, oder vielmehr darüber. Nur der Vollständigkeit halber sei hier gesagt, dass ich in meinem schwarzen Ornat flog, ohne die lächerliche rote Verkleidung zu tragen. Mich als fliegenden Kollegen würde hier ohnehin niemand hinterfragen oder in Zweifel ziehen.

Aus der Luft beobacheten wir, wie zahllose Menschen in Fasar entlang der Prozessionswege und der Plätze zusammenströmten. Es wirkte, als hätte die Menschen der Stadt ein Sog erfasst, der den sensationslüsternen Pöbel alle zu diesen Orten zog. Magier in unterschiedlichsten Roben und Aufmachungen sammelten sich unter und um den Torbogen zum Basarviertel wo der Weg beginnen sollte. Vor der illustren Ansammlung hatte man ein kleines Rednerpult errichtet, an dem ein schwarzberobter Magus mit zusätzlicher Bedeckung begann eine Ansprache an die versammelten Kollegen zu richten. Jeder, auch ich in der Luft, konnte das gesprochene Wort gut verstehen, wenn es auch mit einem seltsamen Hall erklang. Spontan hätte ich auf eine akkustische Verstärkung vermittels Vocolimbo getippt, aber es könnte natürlich auch etwas ganz anderes sein. Der Redner grüßte die versammelten Magier, verlor aber kein Wort an das übrige Volk, und erklärte den geplanten Ablauf. Atzina kreiste suchend und spähend umher wie ein Falke auf der Suche nach der Feldmaus. Ein Blick in den Himmel zeigte nur in der Ferne ein paar kreisende Geier im Wind, nicht jedoch über der Stadt. Unser Aasvogel schien anscheinend sein schändliches Treiben zunächst nicht fortsetzen zu wollen. Dann setzte sich der Zug gemessen in Bewegung. Vornweg wurden zwei Banner der Al‘Achami getragen, gefolgt von einigen Dienern die das Rednerpult anscheinend von Station zu Station tragen sollten.

Auf dem Basar als zweiter Etappe gab es erneut eine Ansprache durch Spektabilitas Minor Farhun Garisch Habat al Horusch (oder so ähnlich, ich war etwas abgelenkt durch die Ausschau nach dem Feind). Auf jeden Fall wurde auch seine Stimme nach kurzer Zeit verstärkt. So war das also! Bei dem Pult musste es sich wohl um ein Artefakt handeln, dass die Stimme des jeweiligen Redners verstärkte. Sehr faszinierend. Für jeden Demagogen wäre das ein unschätzbares Hilfsmittel. Die Spektabilitas pries die Vorzüge des Zweitstudium an der Al‘Achami an und lud die Anwesenden Magier ein, sich diesen Hort der Weisheit und des Wissens zu erschließen. Atzina kam und nach einer kurzen Absprache teilten wir uns auf. Distanz wäre ja durch unsere Geschwindigkeit ohnehin nur ein relatives Hindernis. Ich übernahm die Wacht am vorderen Teil der Prozession, die Mitte sollten Faramud und Pamina übernehmen und hinten deckte Pamina das Feld ab. Hinter den Magiern folgte eine Traube gemeinen Volkes dem Weg, Sari hing aber am Rande der Magierversammlung und war nur auszumachen, weil von dem restlichen gemeinen Volk respektvoll Abstand zu den Robenträgern gehalten wurde. Ein grober Überblick entlockte mir ein anerkennendes Pfeifen. Geschätzt zwischen 200 bis 250 Magier musste dieser Zug umfassen. Beachtlich, fürwahr. Ich hatte einmal Geschichten gehört, dass nicht einmal zu den letzten allaventurischen Konventen diese Anzahl an Zauberern erschienen war. Gut, da ging es um Krieg, Verwaltung und recht trockenen Kram wie die Auslegung des Kocex Albyricus, und hier um Gelehrsamkeit und heiteres Beisammensein. Aber trotzdem… und zur eigentlichen Prozession mussten es noch mehr sein! Wenn die aktuelle Aufgabe beendet war, würde ich mir das mit Nandurin sicher auch einmal ansehen. Der Zug zog dann doch recht rasch weiter am Burtsch des stellvertretenden Bürgermeisters vorbei.

Dominierend waren natürlich schwarze und dunkle Roben, aber man sah auch noch etliche Graue. Weiße musste man jedoch als vereinzelte Flecken im ansonsten dunkleren Leibermeer suchen. An den Rändern sahen wir auch gelegentlich Zahori in ihren bunten Kleidern, die das Spektakel ebenfalls beäugten. Und auch auf den Flachdächern, den Burtschen und den Hochstraßen waren Menschen versammelt, die die Prozession beobachteten. Was es uns dummerweise nicht leichter machte, die von uns gesuchten irgendwo zu erspähen. Das war ja schlimmer als nach einer einzelnen Perle im Meer zu suchen.

Nachdem auf dem Weg nichts weiter geschah setzet ich mich einige Minuten vor Ankunft der Prozession in der Arena ab, flog voraus und landete auf dem Podest. Nachdem wir diesen Ort als besonders geeignet eingestuft hatten wollte ich eine kleine Inspektion machen, bevor die Meute hier eintraf. Die Wächter sahen mich zuerst verdutzt an, ließen mich dann aber als offensichtlichem Magier in Ruhe. Die Waren gut erzogen, natürlich wussten die Wohlgelehrten Herren genau was sie taten, auch wenn es dem einfachen Volke manchmal seltsam vorkommt. Aber das hatte normal schon seine Richtigkeit und da hat sich der Pöbel oder eine einfach strukturierte Wache halt nicht einzumischen. Ihre Leute hatten sie hier im Griff, dass musste man diesen Magiern von der Al’Achami zugestehen. Ich sah schnell noch unter dem Podest nach ob dort eine Kanne wie den Krunchuchur versteckt war, wurde aber nicht fündig. Dann flog ich tief über die Tribünen hinweg um von oben einen Blick drauf zu werfen, aber auch hier war nichts zu finden. Noch während ich suchte kamen die ersten Magier durch das Tor herein geschritten. Erneut wurde eine Rede gehalten und er erfolgte die Ankündigung einiger magischer Demonstrationen, die ein Muss seien für alle offenen Geistes. Hier wurde ein scheeler Blick auf die Anwesenden Weißmagier geworfen. Die Demonstrationen seien aber nur für Magier als Fachpublikum, wohl auch Beschwörung wäre dabei, das Volk müsse hier jedoch draußen bleiben. Aber ansonsten geschah auch hier nichts, und den Dukaten von der Wette hatte ich damit schon fast sicher. Dann ging es weiter zum Rahjatempel.

Als ich angeflogen kam war Sari schon da. Sie hatte, nachdem man sie offensichtlich nicht in die Arena gelassen hatte, die Zeit genutzt und die Gaben vor dem Rahjatempel anscheinend schon einmal überprüft. Schlaues Mädel! Ich mochte es, wenn auch Andere einmal mitdachten. Verlässliche Gefährten waren so schwer zu finden, aber Sari hatte, ähnlich wie Junasia damals, durchaus das Potential dazu, auch wenn wir in manchen grundsätzlichen Dingen nicht immer einer Meinung waren. Ein bisschen erinnerte sie mich richtig an meine liebe Junasia, auch wenn natürlich der Grad der akademischen Bildung ein ganz anderer war. Die Hochgeweihte des Tempels hielt einen kleinen Vortrag zum Thema Magie und Liebe. Und natürlich ließ sie es sich nicht nehmen, die versammelten Magier in das Haus der Rahja zu Kurzweil und Zerstreuung einzuladen. Das traf mich ja dann auch. Ich hoffte inständig, wir hätten vor unserer Weiterreise noch genug Zeit, auf dieses Angebot würde ich dann doch gerne zurückkommen. Ein Rahjadienst im Tempel war gewiss kein Vertrauensbruch zu Visaria, oder? Aber Sari empfing uns und meinte, auch hier sei der Krunchuchur nicht zu finden. Nun war ich einerseits etwas enttäuscht, denn die Wette mit Atzina hatte ich damit ja nicht gewonnen. Auf der anderen Seite war ich wiederum froh, dass weder Faramud noch Pamina trotz meiner Aufforderung eingestiegen waren und dagegen gehalten hatten, denn sonst wäre ich  nun wirklich mein Gold los gewesen. Manche muss man anscheinend zu ihrem Glück zwingen, und selbst wenn man sie mit der Nase darauf stößt schaffen sie es immer noch, an sich bietenden Gelegenheiten wie die blinde Kuh im Kinderspiel vorbeizustolpern. Damit war der Beweis wohl erbracht, das Phex bei diesen beiden sein Händchen nicht im Spiel hatte.

Pamina und ich flogen vor zum Hesindeplatz. Dort übernahm ich die Kontrolle der grünen Laterne, Pamina den Brunnen. Nun wurde ich langsam stutzig. Wieder nichts. Was hatten wir übersehen? Erneut kreisten wir zur Übersicht in der Höhe über der Menge. Es folgte die Ankündigung weiterer Vorträge, auch von seiner Spektabilität Thomeg Atherion selbst am 1. Hesinde. Diesen in Magierkreisen berühmten Mann würde ich mir nur zu gerne ansehen. Nur Schade, dass es bis Hesinde noch so lange hin war. Ich sinnierte noch darüber, ob wir wohl eine erhebliche Fehlkalkulation getroffen hatten, als ich aufmerkte. Etwas war anders. Es dauerte nur kurz bis mir klar wurde, was. Die Stimme des gerade sprechenden Magiers war mitten im Satz verstummt. Und dann spürte ich es auch. Schlagartig verlor einen erheblichen Teil meiner Kraft, so als hätte ich einen anstrengenden Zauber gewirkt. Mein Teppich flog nur noch ruckelnd und widerwillig. „Es geht los, der Kelch muss hier irgendwo sein“, rief ich zu den anderen hinüber, die mit ihren Fluggeräten ähnliche Probleme hatten. Auf dem Platz unter uns herrschte verwirrte Konfusion. Ich landete in einer Seitengasse, wer konnte schon wissen ob ansonsten nicht ein Absturz kurz bevor stand und ging zum Eingang der Gasse um über den Platz zu blicken. Ein Magier in dunkler Robe rannte an mir vorbei, weg vom Platz. Diesen hatte wohl angesichts der seltsamen und unangenehmen Begebenheit die Angst gepackt. Erst im Nachhinein sollte ich von Atzina erfahren, dass es sich bei jenem Flüchtenden wohl um den Spinnenmann gehandelt hatte, den seine übernatürliche Begabung zum Klettern ebenfalls verlassen hatte. Vermutlich war er es auch gewesen, der in Verkleidung den Kelch auf dem Platz deponiert hatte. Sie hatte ihn gesehen, wie er kläglich von der Mauer eines turms gerutscht war, musste sich dann aber entscheiden, entweder ihn zu verfolgen, oder die Entschärfung des KrunChuchur zu übernehmen. Sie wählte letzteres, zum Wohle aller Anwesenden und der Stadt. Entscheidungen müssen manchmal mit allen Konsequenzen getroffen werden, und ich konnte Atzina für die ihre hier in keiner Weise tadeln. So schön es gewesen wäre diesen Schurken zu erwischen, aber das Wohl der Vielen ging hier vor. Schade nur, dass sie mir nicht Bescheid gegeben hatte, aber die Reaktionen mussten hier Schlag auf Schlag erfolgen, da war wenig Zeit zum Zaudern. Das konnte ich ihr nicht vorwerfen. Nun musste ich mir für dieses Problem tatsächlich eine andere Lösung überlegen… aber ich hatte da bereits eine Idee.

Ich konnte die Irritation in den Gesichtern der Kollegen auf dem Platz sehen, ja geradezu spüren. So musste es sich anfühlen, in eine Koschbasaltkammer gesperrt zu werden. Kurz darauf kam Pamina mir geflogen, die Teppiche hatten anscheinend keine existenziellen Probleme. Sie erzählte mir, dass der Kelch gefunden war und ich ihr folgen sollte. Wir kamen über den Platz zurück geflogen, aber das spannendste hatten wir schon verpasst. Atzina hatte nicht gezögert und taper wie geplant mit flinken Fingern den Stein entfernt. Auf sie war einfach in jeder Situation verlass. Vielleicht sollte ich diesen Hagar einfach unauffällig verschwinden lassen, wer weiß, vielleicht dann… Der Rubin war augenscheinlich magisch geladen, sprühte gar kleine Funken. Aber nachdem der Prozess der Kraftakkumulation unterbrochen war wusste ich auch instinktiv, dass die Struktur des Steins nicht dazu geeignet war, die Kraft dauerhaft zu halten. Er würde sie nach und nach verlieren und wieder an seine Umgebung abgeben. Was gäbe ich darum, dieses Kraftreservoir nutzen zu können. Die Macht von 200 Magiern auf einem Punkt konzentriert, und keine Möglichkeit sie abzuschöpfen. Das war, bei Hesinde, mehr als bedauerlich. Faramud wollte den Stein im Hesindetempel abgeben. Da hatte Sari, die Hesinde irgendwie mit Mada assoziierte, aber etwas dagegen. Magister Ismed ibn Pakisal, der gerade neben uns stand hatte wie ich schon glänzende Augen und wollte den Stein ebenfalls haben. Ich verwies aber darauf, dass er gestohlen sei und wir ihn seiner Besitzerin zurück bringen wollten. Das Bedauern stand ihm ins Gesicht geschrieben, aber wir sollten dann zur dritten Stunde in der Al‘Achami Rapport zu den Ereignissen erstatten, die zu einer so unerfreulichen Störung der Prozession geführt hatte. Atzina entfernte derweil  noch die Bernsteinsplitter und das Arkanium aus dem Gefäß. Das sah nun etwas seltsam aus mit lauter entleerten Fassungen daran und büßte optisch doch einiges von seiner Schönheit ein. Faramud nahm den Kelch an sich und packt ihn unter seinen weiten Gewändern weg.

Ich bestand darauf, eigentlich nur weil ich vermeiden wollte das sich ein übereifriger Kollege des Artefakts bemächtigte, dass wir so schnell wie möglich zurück zum erhabenen Al Fesir gingen um den Krunchchur abzugeben. Dort wurden wir sofort vorgelassen. Seine Frage nach unserem Erfolg war fast schon rethorisch, wären wir ihm doch ohne das vereinbarte Objekt erst gar nicht unter die Augen getreten. Faramud setzte erst zu einer ausschweifenden Erklärung an, wurde dann aber unterbrochen und holte schließlich den Kelch unter dem Burnus hervor. Er setzte noch einmal an grob seine Wirkung in blumigen Worten darzulegen, wurde aber vom Erhabenen dabei ausgebremst der Sari bat es in kurzen und klaren Worten zu erklären. Wir übergaben den Kelch und ein Wesir holte im Gegenzug den Schlüssel für uns. Eine Hand wäscht die andere, wie man so schön sagt. Ein gelungener und ehrlicher Handel, ich war mir sicher, Phex lächelte in diesem Augenblick sein füchsisches grinsen auf uns herab. Ein gutes Gefühl. Die überzähligen Haken und Halterungen, sollten wieder entfernt werden, wies der Erhabene einen Diener an, bevor er uns schließlich entließ.  Das Unser Hauptanliegen hatten wir also erfüllt. Wir hätten Fasar nun guten Gewissens verlassen können, wären da mit Jamila und ihrem Gefolge nicht noch einige unangenehme lose Fäden offen. Und insgeheim hoffte ich, noch die ein oder andere Woche in Fasar bleiben zu können, um das Lehrangebot der Akademie zu nutzen. Aber die Hoffnung war wohl unrealistisch. Wir gingen zurück zum Derwisch. Dort gaben wir Pamina den Schlüssel. Ich wollte ihn Melissa als unserer Auftraggeberin überantworten, aber sie meinte, zurecht, das es klüger wäre das Risiko zu verteilen, fall doch einer von uns einmal dem Feind in die Finger fiele. Pamina nun wählten wir, weil sie am jüngsten, am ungefährlichsten und wenigsten Verdächtig wirkte. Wer würde schon denken, dass wir diesem naiven Ding so ein wertvolles Objekt anvertrauten? Eher würde sich unser Feind zunächst auf alle anderen konzentrieren! Melissa schäkerte immer noch mit Bedemann und schien deswegen schon fast fahrlässig uninteressiert an unserem weiteren Vorgehen. Also war es wieder einmal an mir, Entscheidungen zu treffen. Gut, ich war es ja gewohnt… Bedemann erbot sich noch, die gestohlenen Dinge gegen Finderlohn zurück zu geben, so dass wir noch einmal zumindest mit einem kleinen Trostpflaster aus dieser Sache herauskamen. Wobei ich das Arkanium schon gern behalten hätte. Aber man soll sein Glück bekanntlich ja nicht überstrapazieren.

Zur dritten Stunde gingen wir zur Akademie wie vom Magister geheißen. Nur Sari wollte wieder einmal nicht mit uns kommen. Wahrscheinlich hatte sie Angst vor den festen Mauern und den Geistern die darin wohnten. Leider wollte sich auch die Haarbürste nicht herausgeben, obwohl ich sie dringend darum bat. Als wir ankamen drängte Atzina nach vorne an den Wartenden vorbei, wobei sie lautstark auf unseren Termin verwies. Magister Pakisal, der tatsächlich der Spezialist für Dämonenbeschwörung in der Arena gewesen wäre, erwartete uns bereits und sprach, ohne sich groß um meine Gefährten zu scheren, mich an. „Ihr seid der Herr über diesen kläglichen Haufen?“  Dies bejahte ich, allein schon um seinen Erwartungen gerecht zu werden:„Dieser klägliche Haufen ist mein kläglicher Haufen“. Anstatt mich auf ein Gespräch im Foyer einzulassen und damit meinen Status zu schmälern lud ich mich selbst zu einem Glas Wein bei  ihm ein. Anscheinend die richtige Taktik, denn sein geflüstertes Lob über mein „nassforsches Auftreten“ schien mir aufrichtig. Wir folgten ihm in sein Studierzimmer und ich bekam einen Kelch guten Weines, der Rest jedoch nur Wasser vorgesetzt. Meine Hoffnung, dass sie dieses Schauspiel mit Ruhe ertrugen bewahrheitete sich zum Glück. Ich erzählte ihm die Geschichte um die Hexe, sparte den eigentlichen Grund unserer Reise dabei aber aus. Das musste er ja nicht wirklich wissen. Wichtig war, dass die Objekte ihren Besitzern zurückgegeben worden waren, das Artefakt somit demontiert und funktionsunfähig war. Er zweifelte zwar zunächst an der Geschichte, dass jemand außerhalb der Mauern einer Magierakademie in der Lage sein sollte solch ein mächtiges Artefakt zu schaffen, aber die Theorie ja nun schon zweimal in der Praxis erprobt, also über jeden Zweifel erhaben. Das Motiv für Jamilas Taten war wohl die simple Rache einer abgelehnten Scholarin. Als ich sie beschrieb grübelte der Magister kurz, erinnerte sich aber an einen Vorfall vor vielen Jahren, bei dem eine Zahori sich als Studiosa der Alchemie beworben hatte, aber mit Gelächter, Schimpf und Schande vor die Tür geworfen worden war. Seine Anerkennung äußerte er dann, dass die Magierschaft sich bei mir und meinen Bediensteten bedanken könne für unsere heroische Tat. Ich solle mich bei Interesse an einem Zweitstudium auf ihn und darauf berufen. Atzina, deren Gedanken wie so oft in die gleiche Richtung gingen wie die meinen, bot für den Fall das wir das Problem mit der Hexe vor unserer Abreise nicht lösen könnten die Haare der Hexe an. Das würde sicherlich genügen um mit den Mitteln der Akademie ihre Umtriebe zu beenden. Dann wurden wir wieder nach außen geleitet. Im Großen und ganzen war ich recht zufrieden bisher.

Ein Problem ergab sich allerdings, als wir erneut zurück im Derwisch waren. Pamina, die dem Magister durchaus aufmerksam zugehört zu haben schien, wollte die Haare nicht für Folter und Mord herausgeben. Da wir aber, eingedenk der Rachsucht der Hexe und ihrer von uns vereitelten Pläne, mit einer weiteren Racheaktion rechneten, sollte Faramud Sari herbeiholen. Bevor ich mich zum Schlafen legte vollzog ich noch eine kleine Meditation um meine vom Krunchuchur recht erschöpfte Kraft zumindest ein wenig aufzufüllen. Während ich meditierte sah ich in unserem Zimmer wie Atzina einen den Dolch mit dem Shurinknollengift präparierte. Gut so, dass würde uns im Zweifel einen Gegner der entkam am Ende doch noch vom Hals schaffen! Nur sich selbst verletzen sollte sie sich  dann im nächsten Gefecht nicht. Wir wachten zu zweit und abwechselnd aber nichts passierte. Hatten wir die Hexe denn dermaßen erschreckt? Sari und Pamina wollten das Problem nach wie vor nicht lösen, zumindest nicht auf die Art der hiesigen Magier. Pamina war generell dagegen und Sari wollte keine bösen Geister herbeigerufen wissen. Deswegen hatte sie, das schlaue kleine Luder, während wir in der Akademie waren die Bürste verbrannt. Ich nahm es, wusste ich mir doch auch anders zu helfen, recht gelassen. Aber Atzina war auf einmal regelrecht beleidigt mit Pamina und Sari und warf ihnen recht heftige Anschuldigungen an den Kopf. Dann stürzte sie davon und flog auf dem Teppich zum Zahori-Lager um sich im Wohnwagen nach alternativen Foki umzusehen oder noch besser, die Hexe dort anzutreffen. Selbstverständlich folgte ich ihr.

Auf den Stufen des Wagens saß jedoch eine junge Frau mit 2 Kindern in den Armen, ein Mann kam gerade heraus, streckte sich und kratzte dabei seinen Schritt. Atzina wollte natürlich wissen warum sie jetzt dort wohnen, aber das war recht schnell aufgeklärt. Jamila war aus der Sippe ausgestoßen worden für den Mord an Ajano. Ihre Habseligkeiten waren ausgekehrt im Lagerfeuer verbrannt worden, das gehöre zum Ritual des Ausstoßens. Nur dieses unheimliche Spielzeug mit den zwei Pferdchen war noch vorhanden, aber daran traute sich immer noch niemand so recht. Ayanos Mutter herbei als sie uns sah und dankte Faramud, der auch ohne zu zögernd en Teppich zurück gab, und uns. Als kleinen Dank schenkte sie Faramud ein silbernes Medaillon an einer Kette in das ein Bild mit zwei tanzenden Zahori eingraviert war. Atzinas Laune war unterdessen um keinen Deut besser geworden. So zornig hatte ich sie bisher nur selten gesehen.

Da der Rest darauf drängte so schnell wie möglich weiterzuziehen konnte ich es natürlich vergessen, an der Akademie noch ein wenig Wissen zu erwerben. Schade. Den Imperavi-Cantus für den man hier berühmt war hätte ich nur zu gern erlernt! Um die Gemüter etwas zu beruhigen verteilte ich die Aufgaben so, dass wir uns aufteilen mussten. Und ich bei meinem nächsten Vorhaben ungestört war.  Atzina sollte sich allein zum Botenvogel begeben der ihre Nachricht an den Drachen überbrachte, ich würde noch einmal die Akademie aufsuchen und Pamina sollte sich mit Faramud um eine Passage auf einem Flussschiff nach Kunchom kümmern, während Sari Bedemann aus Melissas Bett ziehen sollte um sie zum Weiterreisen zu motivieren .

Ich sputete mich zurück zur Al‘Achami und Magister Pakisal. Die Nachricht, dass Sari den Fokus verbrannt hatte fand er nicht sehr erfreulich, da damit die einfachste Lösung des Problems auf einmal in die Ferne rückte. Aber ich ließ ihn nur kurz schmoren, bevor ich ihm eine weitere Gelegenheit anbot, die ich auch vor meinen Gefährten bisher zurückgehalten hatte. Selbstverständlich hatte es einen Grund, dass ich die Nachricht so ruhig aufgenommen hatte. Der Unwissende denkt ja oft, damit ein Magier ihm etwas Böses könne bräuchte es Blut, Haare, Fingernägel oder ähnliches. Und es stimmt, das sind die wohl am einfachsten zu  nutzenden Foki. Aber eben nicht die einzigen! Nicht nur war ich auf Grund des Studiums ihres Tagebuchs wohl der einzige Mensch auf Dere neben ihr, der in der Lage gewesen wäre das Artefakt irgendwie zu rekonstruieren und damit ein ziemlich exklusives Wissen hatte. Nein, ich hatte ja noch das von ihr handgeschriebene und mit ihrem Hass vollgesogene Tagebuch selbst! Und dieses tauschte ich nun bei Magister Pakisal gegen den Gefallen seiner Empfehlung und die Möglichkeit in Zukunft Zugang zur Al‘Achami zu erhalten. Die Zulassung zu einem Zweitstudium oder anderen Vergünstigungen in dieser Institution waren damit eigentlich nicht mal mehr eine Formsache. Und ganz nebenbei konnte ich damit das Problem Jamila auch noch mit nahezu absoluter Sicherheit als erledigt betrachten. Da unsere Abreise kurz bevor stand sagte ich ihm, er solle das Schreiben für mich nach Al‘Anfa senden. Ein Schreiber nahm Adresse und Daten auf, dann verabschiedete ich mich, erneut hochzufrieden mit der erzielten Lösung. Es wäre zwar befriedigender Gewesen das Problem selbst zu lösen und dieser hinterhältigen Hexe selbst das Handwerk zu legen, das Buch hätte ich dann in Kunchom an der Akademie sicher ebenfalls gewinnbringend veräußern können, aber so war es auch eine akzeptable Lösung.

Zurück im Derwisch berichtete ich nur der immer noch kochenden Atzina davon, was zumindest ihre Stimmung wieder aufhellte und ihr Gemüt beruhigte. Am Abend vor der Abreise führte ich dann noch ein Gespräch unter Kollegen mit Delgares, der ja auch seinen Teppich noch wiederhaben wollte. Bei einem guten Glas Rotwein zogen wir uns ins Kaminzimmer zurück, wo er mir erklärte, dass Sturmfürst mitnichten ein Artefakt im engeren Sinne war sondern in dem Teppich lediglich der Dämon mit dem Dienst der Fliegerei gebunden war. Ein Unterfangen, das gerade bei einem Arunjor nicht auskam ohne die Verstärkung der Kraft eines einzelnen Magiers. Da er den Unitatio recht verächtlich abtat war klar, dass er sich damit auf Blutopfer bezog. Aber, wie er so schön sagte, Sklaven sind hier billig und den Abschaum dieser Stadt vermisste ohnehin niemand, da könne man mit so etwas sogar noch Gutes tun, wenn ich verstehe was er meine. Oh ja, ich verstand. Zum Glück war Faramud nicht hier, der hätte mit Sicherheit bei diesen Worten schon den Kunchomer in den Händen gehalten, zum Schlag erhoben. Und auch wenn ich es nicht sagte, ich stimme dem Kollegen da mitnichten zu! Die Seele eines jeden Menschen, sei es nun Sklave, Bettler oder Verbrecher, ist ein gut der Götter! Sie in einem Blutopfer den Ifritiim zu überantworten halte sogar ich für schändlich. Aber meine Ansicht in diesen Dingen tat in dieser Diskussion tatsächlich nichts zur Sache. Um binden von Dämonen von Delgares zu erlernen fehlte uns wegen des geplanten Aufbruchs leider sowohl die Zeit als auch die dazu nötige Kraft. Was wir aber tun konnten, und darüber wurden wir uns nach einem zweiten Glas dann einig, war das Wissen um die Geheimnisse der wahren Namen von Dämonen zu tauschen. Während er mich im Fortgang der Nacht in die Kenntnisse um die Herbeirufung Arunjors unterwies – die Nebenbei bemerkt sowohl meine Kraft übersteigen würde als auch mit meinem derzeitigen Wissen wohl meinen sicheren Tot bedeuten würde – erklärte ich ihm mit geduldigen Worten und Zeichnungen der nötigen Sigillen wie man den Wasserwächter Ulchuchu in seine Dienste zwang. Ein gerechter Tausch und ich denke für uns beide durchaus ein nutzbringender Handel. Ich machte mir eine geistige Notiz in den Unterlagen der Al’Anfaner Hallen bei meiner Rückkehr rein aus Neugier doch einmal einige kleine Recherchen über diesen Kollegen anzustellen.

Am nächsten Morgen, ich war noch ziemlich Müde da die Nacht quasi schlaflos verlaufen war, die Anderen hatten soweit ich wusste ihren letzten Abend in Fasar ohne mich sehr genossen, begaben wir uns auf eine Schalluppe die den Gadang hinunter fuhr. Unser Ziel war, von Kunchom aus eine Passage nach Maraskan zu finden um dort in Boran nach dem nächsten Schlüssel zu suchen. Möge Hesinde uns weiter so hold sein wie bisher!

Dieser Eintrag wurde am 14.04.2020 (18:50) verfasst und 494 mal aufgerufen.
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