Tagebuch von Victor Dondoya Lucisresistis Stellamane D'Pelisario von Al'Anfa
Der fünfte Schlüssel (2. Firun 1028 BF)

Ich war nicht unglücklich, als wir Boran am 27. Hesinde hinter uns ließen. Ich hatte den Kalender die letzten Wochen regelrecht aus den Augen verloren, sogar das ich vor 2 Wochen Tsatag gehabt hatte, und keiner der anderen daran gedacht hatte. Meinen Unmut darüber tat ich nur leise kund. Natürlich, woher sollten sie das Wissen. Nächstes Jahr würde ich sie rechtzeitig drauf aufmerksam machen müssen um meine Tsatagsgaben zu erhalten. Pamina bot ich auf der Überfahrt dann an, sie weiter zu bezaubern um ihre Abwehrkräfte gegen Arkanes zu stärken. Dabei diskutierten wir, mit welchen Zaubern und Spielarten der Magie ich das tun könnte und ich stellte schnell fest, dass sie vom Unterscheid zwischen Hellsicht, Illussion oder Beherrschung keinerlei Vorstellung hatte. Ihre Frage, ob ich denn in der Lage sei ihre Gedanken zu lesen. Sie nahm es mir dann nur übel als ich dem nachsetzte, ich sähe darin keinen Sinn, ein leerer Raum bliebe ja trotzdem ein leerer Raum. Das quittierte sie mit einem Schlag in meine Richtung… ansonsten war die Rückfahrt von Maraskan aber kaum der Erwähnung wert.

Am 1. Firun erreichten wir schließlich Kunchom. Der Alte Dachmani schien sich wirklich zu freuen, sowohl als er uns sah, als auch das sein Schiff wohlbehalten zurückkahm. Seine Trauer, als wir ihm von Atzinas ableben erzählten schien fast echt, aber seine Menschenkenntnis erstaunte mich, hatte er doch schon einen Verdacht gehabt, dass sie eben keine einfache Tulamidin gewesen war sie hier vorgegeben hatte. Er hätte sich wohl gern bei ihr bedankt das sie seinen Neffen auf der Hinfahrt gerettet hatte, übertrug aber seine Dankbarkeit nun auf uns, was uns sehr zupasse kam, wir würden ja immer noch sehen müssen wie es nun weitergehen sollte. Aber mein Vorschlag, die erste Tochter die sein Neffe bekommen würde Atzina zu nennen schien ihm sichtlich zu gefallen.

Wir nahmen erneut Quartier im Alten Mahanadi, von bewährtem sollte man nicht abweichen meinte Melissa. Da Pamina mein Angebot schon nicht angenommen hatte bot ich nun Faramud an, ihm zu Übungszwecken ab und an einmal einen kleinen Dämon zur Verfügung zu stellen. Aber auch er schien meine Hilfe nicht zu wollen. Dafür hatte Pamina mich tatsächlich schon auf dem Schiff gebeten ihr das Lesen und Schreiben weiter beizubringen und wir würden das sogar soweit tun, dass ich ihr neben den Grundlagen des Garethi, das sie schon leidlich beherrschte, auch die Zeichen des Tulamidia und des Zhayad beibringen würde. Man konnte nie genug Schriften beherrschen. Ich zeichnete ihr auf ein Blatt, so wie ich sie am Diskus auf Maraskan gefunden hatte die BLHR-Sigille und die Äquivalente in Garethi und Tulamidia auf, was sie aber zunächst vor ein Rätsel stellte. Das war aber letztendlich der Grund, warum wir noch am Abend auf einen Markt gingen um dort für sie ein Notizbuch und einen Kohlestift zu kaufen. Der traurigen Gestalt von Händler die sie beriet schwatzte sie dann sogar noch einige Büchlein für wenig Gold ab. Das hätte ich ihr gar nicht zugetraut, aber der Händler war auch ein miserabler Vertreter seines Faches…

Als wir zurück ins Hotel kamen war bei Melissa eine junge Frau, die sich uns als Surina Ravendoza di Drolina vorstellte. Sie hätte einen Brief von Lucieta dabei den sie mit einer Entschuldigung schicken würde. Die Dame gefiel mir auf Anhieb. Adrett gekleidet in ein ordentliches Kleid nach Vinsalter Mode, gepflegte Erscheinung und eine spitze Zunge. Das sie auch eine spitze Waffe führte, oder eher zwei davon, erfuhr ich erst später als ich herausfand, was eine Vinsalter Vagantin sein sollte, als die sie sich ausgab. Ihr gutes Vorbild veranlasste uns dann auch, vor dem Schlafengehen selbst noch ein Bad zu nehmen und die Kleider nach der Überfahrt einmal reinigen zu lassen. Das war nur richtig in so einem guten Hause.

Am nächsten Morgen wartete die Dame schon im Gastraum auf uns als wir ausgeschlafen hatten. Heute trug sie kein Kleid sondern eine Tuchrüstung am Körper und hatte seitlich ein Rapier sowie einen Parierdolch gegürtet. Ein Hut mit keck wippender Feder saß auf ihrem Kopf und verlieh ihr gleich ein gänzlich anderes auftreten als noch gestern Abend. In dieser Kleidung fiel auch ihre, wenn auch durchaus wohlproportionierte, eher kräftig als zierlich zu nennende Figur deutlich mehr ins Auge. Hätte man mich gefragt, ich hätte sie vielleicht als wehrhafte Rose bezeichnet, aber das tat natürlich niemand. Leider.

Nun hieß es nur noch Sari wiederzufinden, nachdem Junasia sich leider wieder von uns verabschiedet hatte. Pamina und Faramud meinten, wir würden sie auf einem Hügel vor der Stadt treffen können, das sei so vereinbart gewesen. Und sie hatten Recht. Ich bot Sari gleich einen der maraskansichen Lutscher an die ich noch hatte, aber das schien ihr nicht geheuer. Nur Pamina nahm gerne einen. Nun sollte, so hieß es, sich die Dame Surina erst einmal beweisen sollen, bevor man überhaupt darüber nachdenken konnte sie als neue Bedeckung mitzunehmen. Sie würde ein Duell aufs erste Blut mit Faramd führen, während ich, mit ihrem Einverständnis, sie einer magischen Prüfung unterziehen würde. Nun, was soll ich sagen… Faramud war ein geschickter Kämpfer, das hatte ich ja schon gesehen. Aber diese Dame… wie eine zustoßende Viper durchdrang sie seine Verteidigung gleich mit dem ersten Hieb und fügte ihm einen leicht blutenden Schnitt am Arm zu. Das war ein kurzes Vergnügen! Meine Überprüfung dauerte da schon etwas länger. Mit einer Kombination aus Sensibar, dem Blick aufs Wesen und dem Blick in die Gedanken ergründete ich ihre Motive, Ehrlichkeit und Emotion. Aber ich konnte beim besten Willen nichts finden, was sie als ungeeignet erscheinen lassen würde. Sie war offensichtlich weder dumm noch zu zerbrechlich für die Gefahren die vor uns lagen. Uns gegenüber schien sie gemischte Gefühle zu hegen, denn Melissa respektierte sie anscheinend ohne Einschränkung, mir brachte sie Achtung entgegen. Nur der Rest unserer Gruppe schien in ihren Augen eher als Abschaum durchzugehen. Aber gut, ich hatte ja anfangs auch über einige von ihnen nur wenig Besser gedacht. Das mochte noch kommen… und von Faramud schien sie nach dem Kampf recht enttäuscht. Ihr Hauptmotiv sich uns vielleicht anzuschließen schienen ein recht akuter Bedarf an barer Münze sowie die Neugier das zu ergründen was Lucieta ihr erzählt hatte zu sein – was seitens Lucieta ja ein klarer Eidbruch war! Aber was sollten wir nun noch dagegen tun?

Dann folgte etwas, das mich zutiefst befremdete. Melissa ließ uns ABSTIMMEN, ob wir die Dame Surina nun auf der weiteren Reise mitnehmen sollten! So etwas ketzerisch-demokratisches hätte ich nicht einmal ihr zugetraut. Wenn sie es wenigstens MICH hätte entscheiden lassen, oder zumindest selbst… aber nein. Ich war entsetzt. Da sie selbst sowie Pamina und Faramud dafür waren, war die Sache ja eh schon entschieden. Sari war es ziemlich egal. Und ich hatte im Prinzip auch nichts dagegen, sie war ja anscheinend sowohl fähig als auch jemand, mit dem ich mich auf einem gewissen Niveau unterhalten konnte. Aber schon allein wegen des Vorgehens stimmte auch dagegen, gerade weil ich wusste, dass dies keine Auswirkung hatte. Ich wollte damit einfach nur meinen Unmut über die Art und Weise der Entscheidungsfindung zum Ausdruck bringen. Ich versuchte daher, Pamina das Prinzip der Magokrathie zu erläutern, aber das schien sie nicht zu verstehen.

Da dies nun entschieden war machten wir, jetzt wieder alle zusammen, Pläne für die weitere Reise. Das nächste Stück aus unserer Sicht war eine Kommode, die es wohl nach Festum verschlagen hatte. Für die Reise dorthin wollten wir, da eigentlich nur der Seeweg in Frage kam, wieder auf die Verbindungen unseres Freundes Herrn Dachmani zurückgreifen. Der war auch gerne bereit behilflich zu sein, meinte aber, wegen der Gefahren auf  dem Meer würden nach Festum derzeit nur Konvois im Geleit fahren. Das Gebiet das wir durchqueren wollten war nicht umsonst nun als die „blutige See“ bekannt. Der nächste Konvoi würde seines Wissens nach etwa 2 Tagen in See stechen, der letzte wäre vor gut einem Mond gefahren. Ich überschlug das kurz im Kopf und war recht erleichtert. Das würde bedeuten, unsere Widersacher hätten zumindest keinen Vorsprung vor uns, wenn sie auch nach Festum reisen wollten, denn den letzten Konvoi hätten sie selbst von Maraskan aus niemals rechtzeitig erreichen können. Andererseits hieß das, sie könnten sich im gleichen Konvoi wie wir befinden, was mir die Gelegenheit geben würde sie auszuschalten… der Feind wäre ja dann sogar noch hier in Kunchom derzeit! Im Geiste spielte ich schon die Möglichkeiten durch wie ich mich ihrer Entledigen konnte, bis hin zur Versenkung eines Schiffes… die Möglichkeiten dazu hätte ich sicherlich…

Dachmani sorgte dann dafür, dass wir eine Passage auf einem Holk namens Meeresche bekamen, wenn auch als Bedeckung und Schiffsmagier. Nur Melissa würde wohl als Passagierin reisen. Die ging ja nicht mal bei gutem Willen als Mietklinge durch. Außerdem schenkte uns Herr Dachmani angesichts der Jahreszeit und auf Rückfrage sogar einigermaßen „warme“ Kleidung, so dass wir zumindest nicht als gefrorene Eiszapfen in Festum eintreffen würden. Für den dortigen Winter müssten wir uns aber wohl vor Ort noch einmal etwas einkleiden. Und die letzte Überraschung, mit der er aufwartete war dann, als er Melissa einen Brief ihrer Familie übergab. Sie las ihn sofort und war sichtlich entsetzt. Um das zu besprechen, was sie so erschrocken hatte zogen wir uns auf ein Hotelzimmer zurück. Melissas bester Freund, der Avesgeweihte Girasandro, war vorübergehend verschwunden und tauchte in schlechtem Zustand, verprügelt oder gefoltert, abgelegt in einer Gasse wieder auf. Sein Wissen um die Schatzhöhle hatte man ihm anscheinend abgepresst. Also kannte der Feind nun auch unser endgültiges Ziel, und spätestens dort würden wir dann auf ihn Treffen – wenn ich es nicht verhindern und sie vorher beseitigen konnte…  Nun wäre es auf der anderen Seite auch möglich, dass der Feind selbst gar nicht mehr nach den Schlüsselfragmenten suchte und plante uns direkt dort abzufangen, um sich Arbeit zu ersparen. Oder er würde statt nach Festum direkt nach Lowangen gehen, um dort selbst ein anderes Fragment zu bergen. Wer wusste das nun schon? Es waren einfach zu viele Unwägbarkeiten. Mir wäre es ja am liebsten, ich würde sie auf der Fahrt nach Festum auf See zu fassen kriegen, das wäre sicherlich das leichteste….

Sari erbot sich, angesichts der unsicheren Ausgangslage, ihre Geister um Rat zu fragen. Das war zwar nicht gerade was ich eine logische Deduktion nennen würde, hatte sich aber in der Vergangenheit ja schon einmal als erstaunlich hilfreich erwiesen. Also warum nicht? Sie ließ sich dazu von Pamina Möwen und Fische besorgen, deren Knochen ihr als Orakel dienen sollten. Das anschließende Tamtam auf einem Hügel bei Nacht in der Nähe hätte ich normal als Humbug abgetan, wäre ich nicht bereits Zeuge ihrer Erfolge geworden. So nahm ich ihre Worte jedoch ernst. Ein Mann würde allein zu Lande in unserer Nähe reisen – vielleicht jemand der uns beobachten sollte? Aber auf See würden wir dem Feind in der Zukunft nicht begegnen. Nun, das schränkte zumindest die Varianten die es gab um eine ein. Und eine weitere Option für den Folgetag hatte sich uns nun auch aufgetan…

Melissa ließ Surina am nächsten Tag bei Phex ebenso einen Eid leisten, wie wir ihn alle schon abgelegt hatten. Rein zur Sicherheit. Und verhandelte mit ihr vorher noch ihren Anteil und Lohn. Auf dem Weg durch die Stadt versuchte ich unterdessen, den Brief Lucietas, den Melissa an Pamina zur Aufbewahrung übergehen hatte, aus ihrem Gewand zu stehlen. Ich hatte gestern gesehen, wie sie ihn unter ihre Kleidung geschoben hatte. Ich hatte mich ja in Gareth damals nicht umsonst einmal als Beutelschneider versucht. Es gelang mir auch ganz gut, meine Hand vorsichtig in die Falten ihrer Bluse zu schieben… aber ich fand dort lediglich zwei Erkenntnisse. Die eine war, das der Brief sich dort definitiv nicht mehr befand. Sie musste ihn in der Zwischenzeit woanders deponiert haben. Die zweite war, das Pamina ein verdammt aufmerksames Gör war… sie bemerkte meine Hand viel zu früh, interpretierte das Ganze allerdings als unsittlichen Annäherungsversuch und stieß mich lautstark schimpfend weg, weil sie dachte, ich würde sie begrappschen wollen! Die darauf folgende Ohrfeige ging zum Glück daneben… während wir also noch mit uns beschäftigt waren, hatten wir die anderen aus den Augen verloren. Ärgerlich, wollten wir doch beim Weg durch die Stadt extra aufpassen, ob uns vielleicht nicht wirklich jemand folgte und uns beobachtete!

Aus einem Tumult etwas weiter voraus meinte ich zu entnehmen, dass unsere Gefährten dabei vielleicht sogar erfolgreich waren. Aber als wir ankamen wo das Spektakel gewesen sein mochte, war von ihnen schon weit und breit nichts mehr zu sehen. Etwas indigniert streifte ich mit Pamina daraufhin ziellos durch Kunchom, selsbt Saba konnte die Spur der Anderen im Gedränke nicht aufnehmen und irrte Wirr durch die Gassen, führte uns aber schließlich zum Hintereingang unserer Herberge, wo sich eine kleine Blutlache befand. Die mochte, von wem auch immer sie war, vielleicht nützlich sein, weswegen ich mit dem Fuß einmal Paminas Hosenbein durch die rote Flüssigkeit streifte, was diese wiederum nicht sehr lustig fand. Aber wer wusste schon, wozu ich das Blut noch würde brauchen können? Ich musste mir dann nur Gedanken machen, wie ich Pamina dazu bringen konnte mir ihre Hose zu überlassen…

Als wir uns unseren Zimmern näherten hörten wir von oben schon Lärm, sogar aus meinem Zimmer! Die Anderen waren da und hatten, Gipfel der Unverfrorenheit, einen schäbigen Burschen auf einem Stuhl in meinem Quartier gefesselt. Sie waren wohl schon ein wenig dabei ihn zu befragen, kamen aber natürlich ohne meine kompetente Hilfe in diesen Dingen wieder einmal nicht weiter. Ernannte sich Alrik, war aus Fasar und dort ein Dieb der angeheuert worden war, uns zu beobachten.  Mehr hatten sie aus dem verstockten Gesellen nicht herausbekommen. Als wir eintraten saß er bewusstlos und mit blutverschmiertem, leicht geschwollenem Mund und einigen kleineren Blessuren gefesselt auf einem Stuhl. Was folgte war wieder einmal typisch. Sie hatten ihm anscheinend mit mir gedroht um ihn zum Reden zu bringen, sogar das ich seine Seele aus seinem Körper reisen würde. Während er noch bewusstlos war zeichnete ich daher schon einmal prophylaktisch ein Pentagramm um ihn und stellte ein paar Kerzen auf. Aber als ich dann das Angedrohte in die Tat umsetzen wollte, waren auf einmal alle wieder dagegen und hinderten mich. So würden wir niemals weiterkommen! Dem Burschen stand sichtlich die Angst in Augen und Gesicht geschrieben als er wieder zu sich kam und mich sah, aber seine verstockte Art konnten die Drohungen meiner Gefährten nach wie vor nicht durchbrechen. Nun, da würde ich wohl noch etwas nachhelfen müssen…

Ich sah in finster an und raunte ihm zu „So sieh also meine wahre Gestalt…“ und streifte meine Robe ab. Mit einer fließenden Bewegung warf ich mir die Echsenhaut über die Schulter, die ich vor langer Zeit mit Atzina getauscht hatte. An dieses ziehende, zerrende Gefühl das einem bei der Verwandlung in die Glieder fährt werde ich mich glaube ich nie gewöhnen… wobei ich es ja noch nicht oft getan hatte. Während sich also mein Körper verformte und ich mich in einen Achaz verwandelte, beobachtete ich die Reaktion der übrigen Menschen im Raum. Der einzige, der wenig beeindruckt war, weil er es schon kannte war Faramud. Beim Rest reichte die Mimik von fassungsloser Überraschung bis hin zu blankem Entsetzen. Pamina fielen fast die Augen aus dem Kopf während sie unwillkürlich einige Schritt zurück wich und bei unserem Gefangenen war ich mir nicht sicher, ob er sich nicht gleich vor Angst in die Hose machen würde. Seine Panik, als ich ihn nun zischelnd ansprach und fast zärtlich meine Krallenhände um seinen Hals legte, machte ihn auf jeden Fall um einiges gesprächiger. Er war von Felicitas und einem Tom Thomsen beauftragt worden. Felicitas war mit ihren Schergen voraus gereist, sie wollte wohl durch das Mittelreich gen Lowangen ziehen, und dieser Thomsen war ihr dann von Maraskan, er war wohl derjenige der den dortigen Schlüssel gestohlen hatte, nachgereist. Alrik sollte sich später, wenn sie auf dem Rückweg waren, wieder in Fasar mit ihnen treffen und über uns berichten. Mein Vorschlag, den Kerl hier und jetzt zu entsorgen, gerne auch mittels eines Dämons, wurde wie immer rundheraus abgelehnt. Er sei lebend für uns nützlicher. Was für ein Blödsinn! Aber wenn wir dem Feind in Fasar eine Falle stellen wollten, würden wir ihn dort wieder aufspüren müssen… Saar ließ sich daher einige Haarlocken von ihm geben und ich nahm den blutigen Verband den er um den Kopf hatte an mich. Wir würden ihn egal wo er sich in Fasar verstecken mochte wiederfinden… falls ich ihn soweit kommen lassen würde.

Ich spielte tatsächlich kurz mit dem Gedanken, dem Rat der Dame die mir im Traum erschienen war zu folgen und meine „besonderen Fähigkeiten“ zu nutzen. Ich war ja strikt dagegen, den Lump laufen zu lassen, aber ein Mord schien den Anderen zu Widerstreben. Nun, wenn sie es nicht merkten… ein schneller kleiner Hesthoth der in dank des blutigen Lappens schnell aufspüren würde um ihn zu beseitigen wäre sicher im Rahmen des Möglichen und ein kalkulierbares Risiko, zudem mir wohl von niemanden nachzuweisen – in diesen Landen sehr wichtig wegen der juristischen Implikationen eines solchen Vorgehens. Aber am Ende sprachen dann doch zwei Dinge dagegen. Zum einen hatte mich die Examinatio der Dame Surina einen guten Teil an Kraft gekostet und die Beschwörung und der Auftrag an den Dämon hätten mich wohl an den Rand meiner noch verfügbaren Kraft oder vielleicht sogar darüber hinaus geführt. Und er war ja doch unsere einzige sichere Spur zu unseren Feinden, wenn wir wieder auf dem Weg zurück wären. Dann würde ich mir ein solches Vorgehen wohl eher für Fasar aufheben. Dort interessierte so etwas eh niemanden, im Gegensatz zu Kunchom… aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben!

Das Kleiderpaket, das der Herr Dachmani für uns zusammengestellt hatte mochte von seinem guten Willen Zeugen. Aber nicht von seinem Sachverstand oder besonderen Bemühungen. Ich meine, was sollte ich damit? Das waren Kleiderstücke, wie sie ein einfacher Bauer tragen mochte, wenn ihm kalt war, aber doch nicht ein Magus von Stand! Ein Fuhrmannsmantel, lange Unterhose und Unterhemd und Wollsocken – gut, das konnte ich auch unter der Robe tragen – dazu eine Lederhose und dickere Lederstiefel, ein Schlapphut mit Kinnriemen und eine Wollmütze, mit der man aussah wie frisch aus dem Bett aufgestanden. Dazu ein Töpfchen mit Schweinefett, wohl um das Lederzeug zu fetten. Und zu allem Überfluss waren die Sachen zwar in einem ordentlichen Zustand, aber mit Sicherheit schon einmal aufgetragen worden. Es würde alles nichts helfen. Sobald wir in Festum waren musste ich wohl einen Schneider oder Kleiderhändler aufsuchen, um mir vernünftige Kleidung zuzulegen die auch einem Magus geziemt. Mit Sicherheit würde ich auch im Bornland nicht herumlaufen wie ein Kutscher oder Gemeiner. Allein die Vorstellung war gelinde gesagt empörend! Zum Glück gab es ja in Festum eine Akademie, und auch die dortigen Kollegen würden sicher auch im Winter entsprechend der Gildeneigenen Gepflogenheiten gekleidet sein, so dass ich doch davon ausgehen musste, dass man in Festum etwas passendes finden würde. Dem Paket lag dann noch ein Briefchen bei. „Werte Freunde, zur 10 Stunde am 5. Firun auf dem Holken Meeresche habe ich vereinbart, dass ihr als Geleit mitfahren könnt. Der Kapitän ist ein Bornländer namens Iber Janske und erwartet euch sehnlichst. Richtet ihm einen schönen Gruß vom Haus Dachmani aus. In Festum ist es dann an Euch, nach wärmerer Kleidung zu sehen, die dem dortigen Wetter noch besser angemessen ist, sich aber in Kunchom nicht findet.“

Bei der Ankündigung kalten Wetters war mir gestern Nacht ein wahrhaft hesindiger Geistesblitz gekommen. Ich absentierte mich von meinen Begleitern um zur ehrwürdigen Dracheneiakademie zu eilen. Einen Novizen am Tor, der mich von meinem letzten Besuch zu erkennen schien, schickte ich nach einem kurzen Gespräch mir einen Lehrmeister suchen, der den Caldofrigo beherrschen sollte. Ich musste den Milchbart nur kurz zurechtweisen, wagte er es doch mich als Kollege anzusprechen, obwohl er noch nicht einmal die finale Examinatio hinter sich hatte. Eine solche Impertinenz konnte ich natürlich nicht ungerügt lassen. Leider war keiner der Magister mehr da, ich sollte jedoch im Feurigen Salamander, offenbar einem Lokal das die Magister gern besuchten, nachsehen. Da ich in Kunchom nicht gerade ortskundig war musste ich mich einige Zeit durchfragen, es schien ein eher unbekanntes Lokal zu sein, wahrscheinlich nur in gelehrten Kreisen bekannt. Schließlich brachte mich ein kleiner Junge, dem ich dafür 3 Heller gab, in eine mir unbekannte Ecke von Kunchom. Den Hauseingang den er mir wies war düster und ohne ein Kennzeichen, das gute Etablissements sonst auswies. Allerdings hörte ich gedämpfte Stimmen von unten und folgte diesen. Ein Mann in Magierrobe, der sich beklagte dass er Türdienst hatte und deswegen nichts trinken durfte bat mich herein, nachdem ich mich vorgestellt und mein Anliegen dargelegt hatte. Er wies mich dafür an einen Tisch mit 5 Magistern, der am Kopfende sei wohl der, den ich suche. Ich grüßte die kollegen freundlich in die Runde und bestellte erst einmal einen Krug Wein für den Tisch, um mich einzuführen. Nachdem sie sich meine Bitte angehört hatten und ich dem Lehrmeister ein wenig Honig um dem Mund geschmiert hatte, verhandelten wir freundlich über die Möglichkeiten. Am Ende meinte er dann, er könnte mich in den nächsten zwei Tagen in seine Klasse eingliedern und den Cantus im Lehrplan vorziehen. Und auch wenn ich ihm versicherte, eine schnelle Auffassungsgabe zu haben, schien er doch noch skeptisch, ob ich das gewünschte wirklich in der kurzen Zeit in der Lage  war zu verinnerlichen. Ich sollte doch noch schnell in die Akademie zurück und mir einen Abzug von dem Spruch machen um vorzulernen, damit ich mit seiner Klasse würde mithalten können. Lächerlich! Als wenn mir diese Novizen irgendetwas voraus hätten! Aber ein Risiko wollte ich natürlich nicht eingehen, mich am Ende doch zu blamieren, das wäre mir dann schon peinlich… wir plauderten noch ein Stündchen über dies und jenes, was gerade auf Dere vorging. Morgen zur 7. Stunde sollte ich mich dann in der Akademie einfinden. Ein drittel der Kosten, es waren 4 Dukaten, hatte ich gleich beim Novizen vom Dienst in der Akademie zu entrichten, den Rest dann zum Ende des Tutoriums hin. Insgesamt verlangte man 12 Dukaten von mir. Für einen recht weitläufiog bekannten Cantus und nur zwei Tage Arbeit, die ihnen ja nicht einmal großen Mehraufwand machte, nicht wenig, aber ich denke doch angemessen für die Möglichkeit die man mir gab. Und der Geschäftssinn der Kunchomer ist ja ohnehin legendär. Dir Nacht war nur kurz, da ich tatsächlich noch die Abschrift und die niedergeschriebene Matrix studierte und mich schon zur 6. Stunde wecken lies. Aber ein paar starke Kaffee im alten Mahanadi weckten meine Lebensgeister ausreichend um dann gut gelaunt das Tagewerk anzugehen. Die Novizen in der Klasse erinnerten mich an meine eigene Studienzeit. Ein bunter, geschwätziger und trotzdem strebsamer Haufen. Eigentlich fühlte ich mich zwischen all den Jungen und Mädchen richtig wohl. Vielleicht sollte ich ja doch ein Zweitstudium in Erwägung ziehen. Das würde sicher Spaß machen! Am ersten Tag lief ich eher in der Klasse mit und folgte dem allgemeinen Unterricht, während der Magister den zweiten Tag dann fast nur mir individuell widmete. Nach dem üblichen Unterrichtsschluss lernte ich mit dem Magister auch über das Maß der Klasse noch einige Stunden zusätzlich hinaus bei einem Gläschen Wein, Datteln und Gebäck. Ich mochte den Stil dieser Akademie. Man verstand sich hier sowohl auf die Arbeit, als auch das feine Leben. Hier würde ich auf jeden Fall noch einmal herkommen. Vielleicht wäre dieses Institut ja auch etwas für Nandurin. Am Ende beherrschte ich zumindest das Grundgerüst der Matrix, natürlich ohne Schnörkel oder Feinheiten aufgrund der Kürze der Zeit. Ich brachte bei jedem zweiten Versuch den Effekt leidlich zustande, aber den Rest würde ich wohl durch schiere Erprobung ausloten und durch Üben selbst meistern müssen. Aber das erste Ziel war erreicht. Als Leibmagus würde es mir im Notfall sicher gelingen, sowohl mich selbst als auch Melissa kurzzeitig warm zu halten, wenn das Wetter im Bornland gar zu unfreundlich sein sollte oder wir zu erfrieren drohen würden. Da wäre sie sicher überrascht ob meiner Fertigkeiten! Ich war stolz auf mich…

Am 5. Firun kamen wir gerade rechtzeitig zum Hafen um die Abfahrt nicht zu verpassen. Die ersten Schiffe liefen schon aus und ein großer Konvoi sammelte sich vor dem Hafen in der Bucht. Insgesamt 10 Schiffe verschiedener Typen, ohne dass ich sie alle hätte benennen können, fanden sich zu diesem Verband zusammen. Unseres schien das Letzte zu sein. Der Kapitän sprach uns direkt an, ob wir die Bedeckung seien, anscheinend wartete er schon ungeduldig. Wir bestätigten seine Vermutung und gingen an Bord. Der Kapitän war ein hochgewachsener und drahtiger Mann, deutlich gepflegter als man sich den typischen Seebären gemeinhin vorstellte, aber einen ausladenden Schnurrbart und einen Säbel trug er trotzdem zur Schau. Dazu trug er einen kurzen Knüttel an der Seite, wohl ein Motivationsgerät für die Mannschaft. Unser Lohn als Bedeckung wären 5 Silbertaler am Tag, dazu Kost und Logis, die Hängematte unter Deck sollten wir uns selbst suchen. Den Deckdienst durften wir uns selbst aufteilen, er erwartete aber je 3 Mann zu jeder Zeit an Deck. Ich teilte Faramud als Wachdienstleiter ein und sagte ihm, dass ich mit ihm und Pamina Dienst tun würde. Pamina und Surina schienen das aber als nicht ausreichend zu empfinden und Pamina ging zum Kapitän und dem bisherigen Wachleiter. Nun ja… sie würden schon eine Regelung finden. Der Kapitän machte in der Zeit einen der Matrosen zur Sau wegen einem Fass, dass seiner Meinung nach nicht ordentlich festgemacht war. Die Stimmung an Deck schien jedenfalls weniger gelöst, als ich das von anderen Fahrten her kannte.

Der Wachoffizier des Schiffs hieß Kolja. Es würde 8-Stunden-Schichten geben und mit uns waren noch 26 Matrosen auf dem Schiff. Von uns als Wächtern sollte je einer vorne, mittig (im Krähennest) und hinten stehen. Nachdem der Plan endlich stand sollt ich einen Teil der Morgenschicht machen, mit Pamina und Melissa zusammen als Freigänger, bevor meine eigentliche Mittags- auf Abendschicht dann Begann. Ds war durchaus praktisch, hatte ich doch so nur bei Tageslicht Wachdienst und würde in der Nacht, wo ich ohnehin nichts sag, ruhen können. Damit begann aber meine Schicht auch direkt mit dem Auslaufen. Das Krähennest übernahmen jeweils Pamina, Surina und Faramud in ihren Schichten. Auch das war mir recht, ich hatte kein Verlangen ständig diesen Mast rauf und runter klettern zu müssen wie ein Affe. Ich würde die Wacht am Heck auf der Trutz übernehmen, das entsprach ja auch der Position der wichtigsten Männer an Bord. Seien es Kapitän, Maat, Steuermann oder erster Offizier, wenn man jemand suchte fand man diese in der Regel dort – also bei mir. Bevor es losging suchte ich mir noch freie Haken für meine eigene Hängematte. Ich würde mich sicher nicht in eine verlauste und schon vollgefurzte Bettstatt legen und diese mit einem der Seemänner teilen! Dann nahm ich meine Position hinten ein und beobachtete das Verlassen des Hafens und dann die Schiffe der Flotte als wir aufs Meer hinaus fuhren. Mein Schichtführer war ein kleiner untersetzter Mann mit Bauch, spärlichen Haaren und ungepflegtem Backenbart namens Jost. Er deutete auf mehrere große Kriegsschiffe, die er als Schivonnen identifizierte, und einige kleinere Handelsschiffe, die er alle beim Namen kannte. Das wichtigste, was ich aus diesem Gespräch mitnahm war, dass je weiter wir nach Norden kamen, desto wahrscheinlicher sei auch ein Piratenüberfall. Nun, da musste man sich im Konvoi wohl trotzdem weniger Sorgen machen…

Allerdings, je weiter wir aufs Meer hinausfuhren, umso ruhiger und nervöser wurd die Stimmung an Bord. Das wunderte mich, war doch die Abfahrt eigentlich eine Zeit der Scherze und der freudigen Erwartung auf einem Schiff. Die Männer und Frauen hier wirkten aber eher, als wäre ihnen bange vor der Fahrt. Diese Hasenherzen! Ich hingegen freute mcih schon darauf, die Schrecken der blutigen See erkunden zu können. Wer konnte schon wissen, welche fabelhafte Donaria und Paraphernalia für Charyptoroth ich dort würde ernten können? Zu Mittag gab es Fischeintopf mit Brot, der durchaus schmackhaft war. Einen guten Smutje schienen sie zu haben, der konnte also nicht der Anlass für die schlechte Stimmung sein, was ja durchaus auch einmal vorkam. Der Wind blies stramm und trieb uns voran, aber es zogen auch Wolken auf und es nieselte leicht. Beim Gehen an Deck musste man schon etwas vorsichtig sein um nicht zu straucheln oder zu rutschen. Aber jemanden wie mich mit meiner panthergleichen Gewandtheit focht das natürlich nicht an. In der Nacht wurde es sehr dunkel, ich sah quasi nichts außerhalb der spärlichen Beleuchtung, die an Bord aufgehängt war und hing meine Matte auf um mich zum Schlafen zu legen. Das Rauschen der See und das Knarren der Balken trieb mich rasch in Borons Arme. Schöner wäre es nur noch gewesen, hätte ich eine eigene Kabine beziehen können. Aber für die paar Tage, man hatte uns gesagt die Überfahrt sollte nicht länger als eine Woche und bei gutem Wind sogar kürzer dauern, würde ich das ertragen können. Als ich am Morgen aufstand war das Wetter aber sogar noch schlechter wie wenige Stunden zuvor, der Wind hatte zugenommen und es regnete noch stärker. Auch die Wellen waren nun höher. Das würde tatsächlich eine eher unerfreuliche Wache werden. Ich sah mich sogar genötigt den eingefetteten Mantel Dachmanis über die Robe zu werfen, um nicht gleich von Beginn an völlig durchnässt zu sein. Wie entwürdigend! Dann kämpfte ich mich an meinen Platz am Heck. Bei dem Seegang war man gut beraten, sich ordentlich fest zu halten. Pamina hatte beim Wechsel mit Faramud am Krähennest ein wenig Probleme und stürzte etwas ab, konnte sich aber in einer Querwante gerade noch fangen. Ich wollte mir gar nicht vorstellen wie sehr man im Krähennest an der Mastspitze gerade durchgerüttelt wurde. Spontan empfand ich so etwas wie Mitleid mit Faramud, das hatte der Gute eigentlich nicht verdient. Aber wie sich gleich herausstellen sollte war dieses Gefühl offenbar völlig fehl am Platz.

Als Faramud im Krähennest war kamen aus den Sturmwolken nachtblaue Blitze und zerbarsten krachend an den Mastspitzen, Funken stoben wie Schrapnell über das Schiff. Einige Menschen an Deck schrien, als würden die Getroffenen schlimme Schmerzen erleiden. Ich selbst hatte Glück und wurde nicht getroffen, aber diejenigen die es erwischt hatte machten einen recht unglücklichen Eindruck. Da riss mich ein geradezu irres Lachen aus der Betrachtung der Szenerie. Von oben am Mast, ich wagte kaum meinen Augen und Ohren zu trauen, hallten Faramuds Freudenrufe übers Deck und er schien, Gipfel der Unvernunft, auf dem beengten Platz der dort oben war, so etwas wie ein Freudentänzchen aufzuführen. War dieser Mann von allen guten Geistern verlassen? Ich rechnete jederzeit damit, seinen zerschmetterten Körper vom Deck kratzen zu müssen, aber nichts dergleichen geschah. Was war nur in diesen ansonsten doch recht besonnenen Mann gefahren? Auch später, als die Schicht endete hatte er ein strahlendes Grinsen im Gesicht, das so gar nicht zu unserer Situation passen wollte und er faselte dauernd davon, dass der Sturm uns geküsst hätte. Während der Schicht trieb das Schiff stark nach Osten ab, wie der Steuermann neben mir mich wissen ließ. Wir waren wohl etwas ab vom Kurs und unser Konvoi war zwar stärker auseinander gezogen, aber immerhin waren noch alle Schiffe da, wie der Ausguck bestätigen konnte. Das Abendessen bestand heute erneut aus Suppe mit einem Klecks saurem Rahm oder etwas ähnlichem darauf, Brot und einem schrumpeligen Winterapfel dazu. Nach dem Essen, bei dem man den Löfel recht vorsichtig von der Schüssel zum Mund führen musste um nicht zu kleckern, begab ich mich wieder zur Ruhe. Das war bisher ja nicht wirklich schlimm… nur stellenweise etwas unangenehm. Ich hoffte ja nach wie vor, dass wir wenigstens irgendwann einmal eine dieser legendären Dämonenarchen sehen würden…

Wellen und Wetter hatten sich am nächsten Tag beruhigt, als ich die Wache antrat. Wir passierten gerade die Inseln Tisal und Rulat wie man mir sagte. Wieder harrte ich gespannt darauf, die Schrecken der See zu sehen zu bekommen, aber der Tag verging im Großen und Ganzen ruhig. Die Schichten gingen eintönig ineinander über und ich war stark versucht selbst für etwas Abwechslung zu sorgen… Wenn es stimmte was man sich über dieses Meer erzählte hätte es hier eigentlich ein Kinderspiel sein müssen, einen Ulchuchu als Diener aus Charyptoroths Domäne herbeizurufen. Ich hatte nur das Gefühl, das nicht nur Faramud sondern auch der Kapitän da etwas dagegen haben würde. Und um ehrlich zu sein, einen Nutzen hätte ich außer der Befriedigung meiner Neugier daraus ja auch nicht gezogen…

Der nächste Morgen war schon etwas kühler, eine frische Brise erwartete mich bei strahlendem Sonnenschein an Deck. Auch dieser Tag begann ruhig. Gegen Mittag kam etwas Nebel von Land her auf uns zu, zunächst nur als leicht wabernde Nebelschleier, dann dichter werdend um uns herum. Nun, es war kühl und feucht, das kam mir,  ohne mich in diesen nördlichen Breiten genauer auszukennen, nicht merkwürdig vor. Die Positionsleuchten werden entfacht, aber man schließlich sah man kaum noch die Hand vor Augen. Unsere Rufe, mit denen wir uns verständigten, gingen im Nebel regelrecht unter. Zunehmender Regen setzte ein. In das prasseln der Tropfen mischten sich leise zischende Geräusche, ein ratschen als wenn man einen Dolch in Holz oder Tuch treibt. Was war das? Etwas traf mich unvermittelt hart an der rechte Seite am Arm, ein spitzer, scharfkantiger Eiszapfen, der einen blutenden Schnitt riss. Schlagartig hörten die Geräusche auf, genauso wie der Regen. Als der Nebel sich langsam verzog hörte ich es um das Schiff herum blubbern. Das Wasser schien nicht mehr flüssig zu sein sondern eher gallertartig und bremste das Schiff bis zum Stillstand ab, obwohl unsere Segel nach wie vor gut gebläht waren. Mit den übrigen Schiffen jedoch schien der Neben weiterzuziehen, wir konnten sie nicht sehen und sie daher wohl auch unser Zurückbleiben nicht bemerken. Von rechts glitt langsam ein halb versunkenes, eigentlich schon zerstörtes und zum Sinken verdammtes Schiff auf uns zu. Als wir das Schiff das erste Mal bemerkten mochte es etwa 400 Schritt von uns weg sein und hektische Betriebsamkeit setzte an Deck ein. Da hatte ich meinen Schrecken der blutigen See… dummerweise waren wir nun auf uns alleine gestellt.

Das Schiff näherte sich unserem Bug von der Steuerbordseite. Hinter der Reling sahen wir beim Näherkommen sich ungelenk bewegende Gestalten. Die ersoffenen Seeleute dieses Khans waren als untote Diener Charyps wohl wiedergekehrt.  Faramud begann mit Brandpfeilen auf das Schiff zu schießen, aber der Kahn war dermaßen feucht und vermodert, das die Pfeile erloschen, kaum dass sie ein Ziel trafen. Selbst die Takelage schien so nass, das ein Pfeil der im zerfetzten Segel steckte sofort zischend erlosch. Überhaupt schien das Schiff weniger zu Segeln, als von der Gallerte im Wasser getragen und sogar bewegt zu werden, zog es doch manchmal sogar quer zum Wind! Sari verteilte wie eine wilde ihre kleinen Knochen auf dem Mitteldeck. Das hatte ich schon einmal gesehen, das war eine ihrer Schutzgeisteranrufungen. Das mochte diesmal durchaus angebracht sein. Die Schiffe liefen Bug auf Bug zu und passierten einander mit kaum drei Schritt Abstand. Zwei größere und kräftig aussehende krabbenartige Kreaturen tauchten an der Reling auf und wuchteten mit Eisenhaken bewerte Planken zu unserem Schiff herüber, als sie Mittschiffs zum Liegen kamen. Wir werden geentert! Surina stellte sich tapfer an der linken Planke, Faramud an der Rechten auf um alles aufzuhalten, was darüber gehen mochte. Ich eilte von meiner Wachposition Heck nach vorne hinter Surina um sie zu unterstützen. Die vermoderten Wasserleichen begannen uns zu entern. Eine Krabbe schleuderte sogar eine Leiche über die Lücke zwischen den Schiffen auf Faramud, der auf seine Planke hinauf gesprungen war um die Engstelle zu halten. Faramud wurde von der Wucht des Einschlags von der Planke gedrückt, obwohl er sich schützend hinter sein Schild geduckt hatte. Die nun vor ihm liegende Leiche schlug wie ein auf dem Rücken liegender Käfer um sich. Ich verpasste Surina einen kleinen Armatrtutz um sie wenigstens etwas zu schützen und machte mich dann auf Richtung Faramud, um dort das gleiche beizutragen. Zu allem Überfluss kletterten in unserem Rücken auch noch vier Gestalten über die andere Reling an Bord, die aussahen wie lebende Echsenwesen und sich mit Säbeln und Speeren auf die übrige Besatzung stürzten. Eine geordnete Verteidigung war es jetzt schon nicht mehr, was wir hier boten. In der Nähe der Wasserleichen lähmte mich deren widerwärtiges Aussehen sogar ein wenig, fasst mochte ich meinen, dass sich Furcht meines ansonsten ehernen Geistes bemächtigte. Wie peinlich! Zum Glück sah keiner der anderen meinen Gesichtsausdruck, hatten sie doch alle mit sich selbst genug zu tun. Surina schien es nicht anders zu gehen und Faramud schien sich ebenfalls schwer zu tun den Untoten Paroli zu bieten. Dann spuckte er auf einmal Blut, ohne dass ich gesehen hätte das er getroffen worden wäre und brüllte auf Urtulamidia irgendetwas wie „Die Macht des Blutes, die über das Kalte siegt,“ worauf seine Bewegungen deutlich weniger fahrig sondern wild entschlossen wirkten. Was geschah hier? Ich konnte nur hoffen, dass er nicht zu einem unkontrollierten Wüterich wurde, wenn ich jetzt in seine Nähe käme um ihn zu stärken!

Getrieben von heroischem Tatendrang, und einer guten Portion Selbsterhaltungstrieb, stürzten wir uns in das Gefecht. Ein genauerer Blick zeigte mir, dass es sich bei den vermeintlichen Echsenmenschen um etwas anderes handeln musste. Ich hatte das wohl nur beim ersten flüchtigen Blick aus den Augenwinkeln falsch eingeschätzt. Die Biester hatten keine Schwänze sondern sahen eher aus wie aufrecht gehende Frösche oder Kröten. Ich hatte schon einmal davon bei einer Abhandlung über das Südmeer, Charyptoroth und ihre Anhänger gelesen, aber noch nie einen selber gesehen. Das mussten Krakonier sein, würde ich jetzt meinen. Und sie waren anscheinend auch deutlich stärker als der gemeine Achatz, denn einer von ihnen Schlug gleich mit dem ersten mächtigen Hieb einen unserer Matrosen nieder.

Fast wäre ich über meine Betrachtung zu spät zu Faramud gekommen. Der befand sich schon im Ringkampf mit einer der Wasserleichen, die sich ohne Rücksicht auf ihre eigene Existenz auf ihn gestürzt hatte. Ich applizierte ihm auch noch einen schnellen Armatrutz, um ihn weiter zu schützen, bevor ich mit meinem Stab auf das Unwesen eindrosch, dass da auf ihm lag. Nicht, dass es ihm viel ausgemacht hätte, aber aktiv zu werden gegen diese Unholde gab mir doch ein gutes Gefühl, und sie verloren deutlich an Schrecken, nachdem mein Stab mehrmals auf das kalte Fleisch geklatscht war. Auch Melissa hatte sich tapfer zu uns gesellt, stand auf Faramuds anderer Seite und machte mit ihrem Degen gar keinen so ungelenken Eindruck. Es wirkte zwar mehr, als hätte sie das Fechten auf einer Damenschule gelernt, aber die Spitze ihrer Waffe fand ein ums andere Mal ihr Ziel. Für sie mochte sich das einstechen auf die unbeweglichen Untoten wohl anfühlen wir das penetrieren einer Trainingspuppe…

Auch Wala, die bisher vor Sari und Pamina, die mit Bögen vom Achterdeck schossen, wache gestanden hatte, mischte sich nun auf ein Kommando von Sari hin ein. Gleich mit dem ersten Sprung stieß sie einen der Untoten vom Deck in den grünen Glibber hinab. Über die Reling hörte ich ein gurgelndes Stöhnen, dann ein Zischen und sah Rauch aufsteigen. Potztausend, was war das? Ich ließ kurz von Faramud und seinen Gegnern ab, machte einen Ausfallschritt zum Rand des Schiffes und sah hinab. Der grüne Glibber trug die Leiche zwar, aber diese löste sich gleichzeitig in einer qualmenden Wolke auf und dort wo dies geschah verfärbte sich das Nicht-Wasser zu einem dunkleren, satteren grün… sehr faszinierend, auch wenn sich mir nicht erschloss, was dort genau passierte. Ich meinte, mich an eine Lektion in Brabak zu erinnern, dass pervertierte Elemente Unleben aufnehmen konnten um sich zu stärken, aber das hatte ich bisher nur für eine bloße Theorie gehalten. Es mochte aber, angesichts dieses Schauspiels, auch etwas daran sein.

Während ich mir das Faszinosum besah hatte sich einer der Hummerier vom anderen Schiff aufgemacht, über die bebende Planke auf uns zuzukommen. Faramud hatte sich gerade rechtzeitig von seiner Leiche befreit, um sich mit Melissa dem neuen Feind zu stellen. Ich wollte auch meinen Beitrag leisten, und schleuderte dem stieläugigen Vieh einen Blitz Dich Find ins Gesicht, der mir auch gefühlt recht ordentlich von der Hand ging. Aber was war das? Der Verstand dieser Kreaturen musste so stumpf sein, dass er dem Zauber ohne ein Zucken Widerstand. Oder waren das am Ende gar selbst magische Wesen? In jedem Fall konnte ich mir, angesichts dieser eisenharten Barriere die sein Erbsenhirn zu umgeben schien, offensichtlich jegliche Versuche dieser Art schenken. Das war ärgerlich! Das Biest sprang dann auch mit einem krachenden Geräusch auf das Deck unseres Schiffes. Dort würde ich auch mit meinem Stab nichts ausrichten können, jeder meiner Hiebe würde ungespürt am Panzer des Biests abprallen. Da hätte ich genausogut versuchen können einen Ritter im Plattenharnisch zu verprügeln… schnell wechselte ich übers Deck meine Position und half nun bei Wala aus, die sich in eine der Leichen verbissen hatte.

Der Kampf wogte vor sich hin. Einige der Matrosen hatten die Geschütze, zwei Hornissen und einen schweren Aal, bemannt und schossen damit auf den Feind. An der hinteren Front wurden die Krakonier durch weitere Artgenossen verstärkt, die auf Haien reitend ebenfalls das Schiff enterten. Surina hielt tapfer ihre Planke gegen Wasserleichen und einen Hummerier, das war die einzige Stelle, wo der Feind keinen Boden gut machen konnte. Insgesamt sah es für uns nicht gerade erfreulich aus…

Dann geschah etwas, was mich meine Einschätzung von Sari noch einmal stark überdenken ließ. Die Kleine lag mittlerweile, da sie sich ebenfalls aufgemacht hatte mit einer Zweililie bei Melissa ins Geschehen einzugreifen, aus einer tiefen Bauchwunde die der Hummerier ihr zugefügt hatte blutend an Deck und hatte sich von der Frontlinie wieder zurückgezogen. Ich wagte es kaum zu glauben, aber anscheinend rief sie binnen weniger Herzschläge eine unglaublich starke, flammende Kreatur herbei, ohne dafür überhaupt auch nur eine Basiskomponente oder elementare Repräsentation oder Anwesenheit von Feuer zu benötigen. Und es war nicht einfach nur ein Geist, sondern ein Djinn wie es schien. Wozu war dieses kleine Überraschungspaket denn noch alles in der Lage, bei Hesinde? Der Djinn, der offensichtlich das Böse an Deck spüren konnte, stürzte sich mit wahrem Feuereifer auf unsere Gegner und verbrannte einen Krakonier nach dem anderen zu Schmorbraten. Das Schlachtglück begann sich zu wenden! Gerade als ich schon euphorisch an einen schnellen Sieg glauben wollte traf den Djinn jedoch ein grüner Strahl aus dem Glibber heraus, der das magische Wesen kreischend und rauchend vergehen ließ. Verbarg sich unter dem Schleim noch ein mächtigeres Wesen, oder woher kam das nun wieder? Trotzdem hatten wir die Oberhand gewonnen, und begannen nun langsam unser Deck aufzuräumen.

Dann ging ein Ruck durch die beiden verkeilten Schiffe und mit einem lauten Krachen rammte etwas den Bug des feindlichen Kahns, auf dem nun auch Rotzenkugeln einschlugen. Aus dem Nebel heraus war eine der Begleitschivonnen gekommen, die uns vorhin davongefahren waren! Anscheinend hatte man unseren Verlust doch noch bemerkt. Über eine niedersausende Planke enterten Dutzende Seekrieger das feindliche Schiff, fielen dem Feind in den Rücken und machten nun kurzen Prozess mit allem, was wir übrig gelassen hatten und das jetzt nicht rechtzeitig fliehen konnte. Die Krakonier sprangen ins Wasser und wurden von Haien wieder davongetragen, die Wasserleichen wurden zerhauen und zwei der Hummerier fielen unter Faramuds wütenden Hieben und Surinas erstaunlich präzisen Stichen. Das war gerade noch einmal gutgegangen. Den Glibber, so meinte der Kapitän der Schivone würde er mit Hylailer Feuer vertreiben und auflösen, was er dann auch tat. Dabei hatten wir genug Zeit, uns um uns selbst und das Schlachtfeld zu kümmern.

Wer wusste schon, wann so eine Gelegenheit wieder kehren würde? Ich schnitt den zwei Hummeriern ihre hässlichen Stielaugen ab und nahm dazu einige Taustücke des verfluchten Schiffes an mich. Bessere Donaria für eine charyptotische Beschwörung würde ich weit und breit sicher nicht finden! Dann machte ich mich daran Saris Bauchwunde mit einem gezielten Balsamsalabunde zu versorgen. Sie machte keinen glücklichen Eindruck, aber das hatte sie sich verdient. Immerhin hatte sie uns mit ihrem Feuerdjinn den Arsch gerettet!

Der feindliche Kahn wurde dann ebenfalls mit Hylailer abgefackelt, nicht das er, obwohl er sicher auf den Grund des Meeres sinken würde, dann doch noch einmal auftauchen und Unheil anrichten konnte. Dann setzten wir die Fahrt, bedeckt von der Schivonne, nach Festum fort, wo wir endlich auch ohne weitere Behelligung ankamen. So war es also, durch die blutige See zu reisen… ich war fasziniert!

Festum also. Wir liefen am 6. Firun zum Abend hin in den Hafen ein. Ich hatte schon auf dem Weg mein spärliches Wissen über diese Stadt zusammengekratzt, um wenigstens etwas vorbereitet zu sein. Aber viel mehr, als ich aus dem Gedächtnis – das ja wenigstens recht ordentlich war bei mir – rekapitulieren konnte und was ich im Hylfreichen Leitfaden einmal gelesen hatte, gab es da leider nicht. Größte Stadt und Hauptstadt des Bornlands, drittgrößte Stadt des Kontinents, etwa um die 30.000 Einwohner, davon etliche – wers glaubt wird seelig – Goblins! Berühmt für seine geschäftstüchtigen und humorbefreiten Händler – das konnte ich aus den Erfahrungen in Vaters Kontor sogar bestätigen. Und eine Magierakademie der Grauen Gilde, die aber recht offen für jeden Interessenten sein soll, die Academia Magica Transformatorica Festumiensis, oder kurz Halle des Quecksilbers. Den ehrwürdigen Kollegen würde ich in jedem Fall meine Aufwartung machen. Das Gebot schon der Anstand. Und sie hatten hier mit dem Gelehrtenviertel, das Hesindedorf genannt wurde und auch die Akademie umfasste, wohl eine der größten Bibliotheken der firunseitigen Hemisphäre – ein Bestand von mehreren Tausend Schriften sollte sich dort befinden. Auch ein lohnendes Ziel, wenn es die Zeit zulassen würde…

Womit ich nicht gerechnet hatte, war das lausige Wetter. Sicher, der Herr Dachmani hatte uns vor dem Festumer Winter gewarnt. Aber ich meine, wer konnte denn schon mit so etwas rechnen? Als wir in den Hafen einliefen bließ ein starker Wind vom Land her und brachte eine strenge Kälte, die alles überstieg, was ich je gefühlt hatte – mit Abstand der niederhöllischen Kälte bei manch einer Beschwörung. Die herrschende Feuchtigkeit auf dem Schiff gefror direkt an Plankten und Masten. Selbst aus den Segeln regnete es immer wieder Eis, wenn der Wind hineinschlug. Innerhalb kürzester Zeit waren wir bald, trotz der gestifteten unwürdigen Kleidung, alle durchgefroren und klapperten mit den Zähnen – bis auf Sari die meinte, das sei doch fast noch mildes Frühlingswetter.  So ging das ja überhaupt nicht. Ich würde mir den Tot holen und sah obendrein noch aus wie der letzte Knecht. Das wichtigste, was es hier zu erledigen gab, war also für mich angemessene und warme Kleidung zu besorgen. Da mochte jede Kommode erst einmal warten müssen!

Der Festumer Hafen lag hinter einer kleinen Insel. Vor dieser trennte sich der Konvoi in Kriegs- und Handelsschiffe, die unterschiedliche Teile des Hafens ansteuerten. Kurz vor der Einfahrt kamen die übliche  Zöllner an Bord, wobei ich den Eindruck hatte, die Kontrollen waren freundlicher und lockerer, als ich es erwartet hätte. Ja, es schien als wäre man einfach erfreut, unsere kleine Flottille zu sehen und egal was wir an Waren brächten, ich hatte nicht einmal gefragt was wir transportierten, war willkommen. Im Hafen wartete an den Kais und Docks schon eine beachtliche Menschenmenge, die mit jedem einlaufenden Schiff mehr in Jubel und begeisterte Begrüßungsstürme ausbrach.
Wir als letztes Schiff wurden schon fast frenetisch gefeiert! Mit so einer Begrüßung hatte ich wahrlich nicht gerechnet. Sicher, wir waren nicht persönlich gemeint, aber dass in einer Hafenstadt ankommende Schiffe derart freudig erwartet wurden war schon ungewöhnlich, oder? Man sollte doch meinen, blutige See hin oder her, dass das in einer Weltstadt wie Festum zum Alltag gehörte.

Vom Kapitän erhielten wir die Heuer für die Fahrt – jeder bekam 25 Silbertaler, oder Groschen wie man das hier oben nannte, auf die Hand gezählt. Kein Reichtum, aber ich hatte ja Ausgaben anstehen, die beglichen sein wollten. Ich fühlte mich ernstlich unwohl in diesem Fuhrmannsmantel, aber es war mir beim besten Willen nicht möglich, eine meiner Roben über dieses grobschlächtige Kleidungsstück drüber zu ziehen. In meinem verzweifelten bemühen, nicht völlig unkenntlich in diese Stadt einzumarschieren verließ ich das Schiff mit dem Stolz erhobenen Stab in der Hand und umgeben vom Glitzern eines Favilludo erhobenen Hauptes über die Rampe. So mochte wenigstens der ein oder andere Festumer gewahr sein, dass ein neuer Magus in der Stadt anwesend war. Zufrieden stellte mich das aber nicht…

Da sich niemand von uns in dieser Metropole auskannte blieb uns nichts anderes übrig als herumzufragen, wo man vernünftig residieren konnte. Am Ende wurde uns das Hotel Aljoscha als bestes Haus der Stadt nahegelegt, insbesondere Melissa und die Dame Surina schienen wieder einmal wert auf Komfort zu legen, und auch das obligatorische Straßenkind – ein dürres Ding namens Ulmjescha, fand sich, uns dorthin zu geleiten. Das Mädel schien sehr beflissen uns zu führen, war aber in seinen zerschlissenen Kleidern und abgetragenen Fußwickeln ausgemergelt wie ein Weidenast und zitterte im kalten Wind immer wieder sichtlich. Man mochte glatt Mitleid mit der Kleinen haben und sie allein schon deshalb als Führerin engagieren. Ich gab ihr erst einmal einen der noch verbliebenen maraskanischen Lutscher, gönnte mir selber auch noch einen und musste dann Pamina ebenfalls noch einen abgeben, da sie mich mit gierigem Hundeblick ansah. Überhaupt, Pamina. Als sie das Mädchen sah konnte ich es bereits an ihren Augen sehen. Da musste trotz ihrer jungen Jahre schon so etwas wie ein Mutterinstinkt einsetzen, oder sich irgendwelche Gefühle in ihrer Gebärmutter regen – es war unverkennbar, dass ihr gutes Herz schon beschlossen hatte, etwas für dieses Kind zu tun. Was wiederum gut war, denn so würde ich mich nicht darum kümmern müssen. Den Eltern dieses Kindes gehörte ordentlich ins Gewissen geredet, das arme Ding so verlottert vor die Tür zu schicken!

Das weitere Vorgehen war dann schnell geklärt. Wir bezogen unsere Zimmer – nur Ulmjescha, die wir für weitere Dienste noch zur Verfügung haben wollten musste natürlich den Dienstboteneingang nehmen und hinten warten – dann würde ich mit Pamina das Hesindedorf und insbesondere natürlich die Akadmie aufsuchen, und später wollten wir uns zum Abendessen wieder treffen. Pamina entwickelte in letzter Zeit ein erstaunliches Interesse, an ihrer Bildung zu arbeiten, aber das konnte ich ja nur begrüßen! Und mit noch etwas überraschte sie mich, übergab sie mir doch in einem ruhigen Moment Lucietas Brief, an dem das Siegel schon gebrochen war. Nun, das gute Stück würde ich mir heute Abend als Bettlektüre zu Gemüte führen! Glücklicherweise war unser Gasthaus sogar ganz in der Nähe des Hesindedorfes, so dass wir bei diesem lausigen Wetter nicht allzuweit gehen würden müssen. Überhaupt, das Wetter… hier gab es sogar Schnee! Eine der unangenehmsten und unnützesten Erfindungen der Götter, wie ich anmerken möchte! Ich meine, ich kannte Schnee natürlich aus dem theoretischen Elementarunterricht, hatte sogar einmal eine kleine Menge im Laboratorium gesehen als Magister Wirenze vermittels Manifesto welchen Herbeibeschworen hatte, ich habe nur noch nie welchen in der Natur gesehen. Es war kalt, nass und im besten Fall unangenehm. Außerdem rutschig und schlecht darauf zu laufen – sie konnten hier nicht einmal vernünftig die Straßen davon Räumen, so viel hatten sie! Das fiel sogar einfach vom Himmel herunter und lag dann eklig auf den Haaren, wenn man die Kapuze nicht über den Kopf zog. Widerlich! Und Eis kannte ich natürlich auch, aber eher aus den gekühlten Getränken, die man in den Villen auf dem Silberberg servierte. Hier war dieses gefrorene Wasser quasi allgegenwärtig und machte das Gehen noch gefährlicher! Scheußlich! Da war mir unser angenehm warmes Wetter im Süden doch deutlich lieber!

Ich gedachte kurz, mir den Weg bis zur Akademie mit einem Caldofrigo etwas angenehmer zu gestalten. Die Robe unter dem Mantel auf eine kuschelige Temperatur aufzuwärmen würde meine Laune sichtlich bessern. Aber die Übungen in Kunchom hatten wohl nicht ausgereicht, es wollte mir einfach nicht von der Hand gehen. Als wir dann vor die Tür traten und Ulmjescha wieder das Zittern in ihren dünnen Fetzen anfing, war ich sogar geneigt anstatt mir diese Wohltat angedeihen zu lassen es bei ihr zu versuchen und ich legte ihr in einer freundschaftlichen Geste die Hand auf die Schulter. Aber auch diesmal wollte mir der vermaledeite Cantus nicht recht gelingen. Dafür rügte mich Pamina, ich solle das arme Mädel nicht begrabschen. Unverschämtheit, mit hier irgendwelche Absichten zu unterstellen! Aber auch Pamina hatte natürlich das Frierten des Mädchens wieder nicht übersehen, und so wurde unserem Besuch im Hesindedorf noch ein kurzer Gang über den Marktplatz vorweg gestellt. Sie hatte einfach ein großes Herz und mittlerweile anscheinend auch eine ausreichend große Geldbörse, stattete sie die Kleine doch umgehend mit wenn auch stark aufgetragener, aber doch deutlich wärmerer Kleidung und Schuhen aus, als sie es bisher anhatte. Das Kind war sogar so vernünftig zu sagen, es wolle gar keine neue sondern möglichst schlecht aussehende Kleider, da es sonst sicherlich bald verprügelt und ausgeraubt würde. Schlaues Ding! Nachdem sie also warmes Unterzeug, eine Schaffellweste und einen Umhang sowie wollene Bein- und Oberkleider von Pamina erhalten hatte, die sich nur beim Feilschen mit dem Händler wieder noch naiver anstellte als selbst ich es getan hätte, waren wir wieder auf dem Weg zur Akademie, mit einer sichtlich glücklichen Ulmjescha die nun regelrecht um uns herumhüpfte. Insbesondere, da Pamina ihr auch noch versprach, morgen mit ihr in den örtlichen Tiergarten zu gehen.

Ach ja, der Tiergarten… das war auch so eine Sache gewesen. In dem Hotel hatten wir uns beim Empfang vom Wirt, während wir noch klärten wer welches Zimmer beziehen sollte, das neueste aus der Stadt und die örtlichen Sehenswürdigkeiten schildern lassen. Das meiste war für mich weniger Interessant gewesen. Schlimmer Winter, die Menschen waren hungrig, die Arbeit rar, die Zeiten schlecht. Nun ja, soweit kam das wohl hier im Norden schon einmal vor. Es erklärte zumindest den Empfang des Hafens und warum wir auf einmal mit einer Art Ehrentitel bedacht wurden, wenn wir erzählten mit dem Konvoi und sogar auf dem angegriffenen Schiff gekommen zu sein. Retter des Korns. Ich war mir nicht sicher, ob ein solcher Titel einen andernorts nicht eher der Lächerlichkeit Preisgab, hier schien es aber ernsthaft und ehrerbietig gemeint zu sein. Auf jeden Fall waren wohl manche Leute hier so verzweifelt, dass man sich besser nicht alleine zu später Stunde auf die Straße wagte. Und im örtlichen Tiergarten, einer Art Menagerie, hatte es wohl auch die meisten der gehaltenen Tiere bereits erwischt. Sei es, dass sie dem Hunger der Einwohner Festums zum Opfer gefallen waren, oder selbst nichts mehr zu fressen bekamen und deswegen schon verhungert waren oder bald verhungert sein würden, so man sie nicht doch direkt keulte. In einem Nebensatz erwähnte der Wirt, das einige der letzten Tiere das Wolfsrudel des Zoos seien, aber diese würden wohl auch in den nächsten Tagen getötet und waren wegen des Fells schon an einen Kürschner verkauft. Nun kannte ich unsere kleine Sari jetzt schon einige Wochen, und als diese Worte fielen war mir sofort klar, dass wir über kurz oder lang was das anging von ihrer Seite mit Ärger rechnen mussten. Dazu brauchte ich sie noch nicht einmal ansehen, aber ein Blick in ihr auf einmal starres Gesicht verriet mir sofort, dass ich mit dieser Einschätzung nicht falsch lag. Das würde noch Probleme geben… entweder für die Stadt, für Sari oder für uns alle. Aber das sollten wir zu gegebener Zeit klären und am besten in solche Bahnen lenken, die für alle am wenigsten schädlich sein würden. Zunächst aber hatte ich wichtigere Dinge, nämlich meine eigenen Angelegenheiten, zu klären.

Die Akademie lag, wie es mir unsere kleine Führerin angekündigt hatte, am Rande des Hesindedorfes neben dem namensgebenden Tempel. Ein eleganter, dreistöckiger Bau mit einer Säulenfassade und üppigem Reliefschmuck, aber dennoch geschmackvoll. Das konnte man auf jeden Fall als standesgemäß durchgehen lassen. Die Kollegen schienen ein gutes Maß für sowohl das repäsentative als auch das praktische zu haben. Der Diensttuer am Tor wollte mich zunächst gar nicht einlassen, war ich doch auf den ersten Blick in Mantel nicht als Magus zu erkennen. Erst als ich mein Siegel vorzeigte und angab, mich so bald wie möglich um standesgemäße Kleidung kümmern zu wollen wurde ich mit dem gebührenden Wohlwollen eingelassen. Auch mein „Personal“, also Pamina und Ulmjescha durften natürlich eintreten um nicht in der Kälte zu stehen. Meinen zwei dringendsten Anliegen konnte schnell abgeholfen werden. Zum einen ließ ich mich in das Verzeichnis der in der Stadt anwesenden Magier eintragen. Diese dem Anstand Respekt zollende Geste gegenüber den örtlichen Kollegen war mir seit Bethana in Fleisch und Blut übergegangen und, man muss es einfach sagen, wenn man sich an diese Gepflogenheit hielt wurde man auch selbst von den Kollegen mit ganz anderen Augen gesehen. Eigentlich war ich mittlerweile der Überzeugung, dass Männer und Frauen unseres Standes unabhängig von der Gildenzugehörigkeit zusammen halten sollten. Und da gehörten diese kleinen Gesten einfach dazu. Zum Anderen ließ ich mir weisen, wo man hier eine standesgemäße Kluft für das widrige Wetter erwerben konnte. Ich wurde dazu an die Schneiderin Rabescha Waldtruder verwiesen die ein Geschäft, erkennbar an einer großen Metallspindel vor der Tür, am großen Markt haben sollte. Damit war auch schon sicher, wohin mich mein Weg morgen zuerst führen würde. Ich plauderte noch mit dem Kollegen über die örtliche Bibliothek und den Zugang zu selbiger auch für Nichtmagier, da Pamina sich dafür interessierte aber mit magischen Werken natürlich nichts anfangen konnte, als eine schneidende Stimme mich von hinten Ansprach. Hinter mir stand eine ältere Frau mit zum Dutt gebundenen grauen Haaren, die sich auf ihrem abendlichen Rundgang durch „ihre“ Akademie die Frage gestellt hatte, welcher Magus aus fremden Landen, ich war da mein Mantel mittlerweile am Haken eines Kleiderständers hin endlich wieder auf den ersten Blick als solches erkennbar, mit welchem Anliegen vorstellig wurde. Ich zeigte meine Ehrerbietung der Spektabilität Jaunava Dagoneff gegenüber mit einer Verbeugung. Damit hatte ich nun nicht gerechnet, aber wo sie schon einmal da war… es entspann sich eine freundliche Unterhaltung, die Festumer waren anscheinend wirklich so offen wie man sagte, auch gildenübergreifend wenn man nur höflich genug fragte, so dass ich bald wusste, dass ich für die ortsübliche Gebühr, der Tagessatz betrug zwei Groschen am Tag, natürlich auch die Bibliothek nutzen konnte, und wenn es meine Zeit zuließ auch eines der örtlichen Laboratorien mieten konnte oder mich zu einer kleinen Weiterbildung einfinden durfte. Aber das Gespräch endete genauso abrupt wie es begonnen hatte, die Dame sich bald wieder abwandte um ihren Rundgang fortzusetzen. Einerlei, ich war bester Stimmung, als wir uns auf den Rückweg zum Hotel machten. Wir hatten ja noch Dinge zu besprechen.

Der Gastraum unserer Unterkunft war nur zu einem Viertel gefüllt, so dass wir eine diskrete Ecke für uns haben konnten. Gäste schienen dieser Tage Mangelware in Festum zu sein, so dass die Wirtsleute sich uns eingehend widmen konnten. Das servierte Abendessen war von guter Qualität, wenn auch wegen des aktuell herrschenden Mangels alles andere als üppig. Es gab frisch gebackenes Brot, Hartkäse, Karenschinken und ein Schüsselchen Gemüseeintopf für jeden. Bei den Karenen muss ich gestehen war ich zunächst einem Missverständnis aufgesessen. Ich hatte mich früher am Tag mit Sari unterhalten und sie meinte, ihre Sippe verfügte um etwa 500 Karene. Ich ging jedoch davon aus, dass sie auf Grund mangelnder Sprachkenntnis des Garethi – und meines eigenen Unwissens dass es solche Tiere gab – davon aus, dass sie hier einen falschen Plural gebildet hatte und Karren meinte. Was ja einen beeindruckenden Reichtum andeuten würde! Es dauerte etwas, bis sich das Missverständnis aufgeklärt hatte und nicht der/die Karren sondern das/die Karen/e gemeint war. Eine Hirschart, die laut einer Zeichnung in Paminas Tierbuch sogar über für ein pflanzenfressendes Tier ungewöhnlich aus dem Maul herausragende Eckzähne verfügte die es regelrecht bedrohlich wirken ließen. In jedem Fall war der von diesen Tieren gewonnene Schinken sehr wohlschmeckend, daran mochte ich mich gewöhnen können!

Melissa erinnerte uns noch einmal daran, dass wir hier oben eine Kommode suchen würden, deren letzter Besitzer eine Familie Kirschhausen-Nofzing sein sollte die in oder um Festum herum ein Landgut besitzen sollten. Da es sich anscheinend um wohlhabende Leute handelte und wir in einer gehobenen Herberge residierten fragten wir einfach bei der Wirtsfrau nach, ob sie die Familie kennen würde, bevor wir damit die örtlichen Ämter belästigen würden. Und wir hatten Glück! Unsere Wirtin wusste nicht nur, wo das Gut der Familie zu finden war, zwischen der inneren und der äußeren Mauer nordwärtigen Mauer Festums, sondern auch das die Familie Nofzing in den letzten Jahren wohl nicht gerade Phexensglück gehabt hatte und ihr Wohlstand geschwunden war. Den Rest des Abends verbrachten wir dann damit, in geselliger Runde die lokalen Spezialitäten aus den Fässern und Krügen des Hotels zu verkosten, von denen im Gegensatz zum Essen anscheinend ein reichlicher Vorrat vorhanden war. Insbesondere zwei Getränke die man hier Meskinnes und Vodka nannte schmeichelten der Kehle und der Stimmung in höchstem Maße! Die Wirtin setzte sich zu uns und ich unterhielt die Anwesenden mit der spannenden Geschichte meiner Fahrt in das Südmeer und der Schatzsuche auf einer fernen Insel. Pamina und Surina sprachen den Getränken wohl etwas mehr zu als ihnen guttat, den am Ende des Abends wankten sie nur schwer in ihre Betten, während Melissa und ich selbst keine Probleme hatte und Faramud wie stehts spaßbefreit und abstinent blieb.

Der nächste Morgen brach zeitig an für uns, wir hatten ja viel vor und unserer Führerin gesagt sie sollte sich nach dem Frühstück wieder einfinden. Surina sah elend aus, wollte sich aber nicht helfen lassen. Pamina hingegen nahm meine Hilfe, nachdem ich ihr erzählt hatte das dies in der Mine damals eine meiner regelmäßigsten Tätigkeiten gewesen war, gerne an und ließ sich von mir mittels eines schnellen Klarum Purum gern von ihrem Kater befreien. Ihr Erstaunen darüber, was für Dinge einem kompetenten Magus so einfach möglich waren amüsierte mich immer wieder! Aber warum hätte ich das liebe Ding unnötig leiden lassen sollen? Sie konnte ja nichts dafür, dass sie ihre Grenzen in solchen Sachen noch nicht ausgelotet hatte. Nach einem übersichtlichen Frühstück machten wir uns dann auf zum Marktplatz.

Vor dem Gasthaus erwartete uns schon die nächste Überraschung. Ein von krakelenden Goblins!!! gezogener  Karren rumpelte durch die Straßen und sammelte die in der Nacht oder am letzten Tage Verstorbenen ein um sie zum Boronanger zu bringen. Ich hatte ja gelesen dass es hier Goblins gab, aber das diese sogar regulären Tätigkeiten nachgingen überraschte mich doch etwas. Wie dem auch sei, wir hatten ja keine Leiche abzugeben, diskutierten aber kurz mit den Rotpelzen, deren Garethi trotz allem einen recht üblen Schlag hatte. Ich war mir aber sicher, sollte ich in Festum einmal einen Leichnam benötigen, so würde ich hier wahrscheinlich so billig an einen kommen bei diesen Viechern, wir sonst nirgends. Was aber wohl eher nicht erforderlich sein dürfte. Obwohl so ein wandelnder Leichnam natürlich eine hervorragende Ablenkung für die Wache abgeben würde, falls Sari wegen der Wölfe irgendwelche Dummheiten machen sollte. Jetzt fiel es mir auch wieder ein, wegen des lustigen Abends gestern hatte ich ganz vergessen, sie darauf anzusprechen und sogar den Brief zu lesen. Ärgerlich, aber das würde ich heute Abend dann eben nachholen müssen, wir hatten ja keine Eile derzeit.

Am Markt deckten wir uns alle mit noch etwas wärmerer Winterkleidung ein, für die Melissa aufkam. Ihr war selbst ebenso kalt wie uns allen. Weitere Sätze dicker wollener Unterkleidung, Socken, Beinkleider und etwas das sie hier „Pulli“ nannten schien der Witterung angemessen zu sein. Nur für mein neues Reisegewand aus Loden, dass ich mir bei der Schneiderin bestellte und maßfertigen lies, würde ich selbst aufkommen. Aber die 6 Batzen, das örtliche Pendant zu Dukaten, war es mir Wert ordentlich gekleidet zu sein. Die Schneiderin wusste offenbar wirklich, was Magier wollten. Die Kapuze konnte man mit einer Kordel zuziehen um den Wind draußen zu halten und die Stickereien konnte ich nach Wunsch anbringen lassen. Ich entschied mich für die Symbole der Hesinde, Mada, Phex, Boron und der Magica Clarobservantia. Und auch meine Initialen wurden am Kragensaum appliziert. Kurz überlegte ich, ob es vielleicht schön wäre auf der Innenseite der Robe, quasi als Wendetuch, einen schwarzen Stoff anbringen zu lasse und diesen mit den Zeichen der Zwölf Erzdämonen zu schmücken, aber das hätte in einer Stadt wie Festum sicher zu viele dumme Fragen oder Argwohn ausgelöst, deswegen ließ ich das lieber sein. Am Abend des nächsten Tages, schneller war auch für eine gute Schneiderin so ein Werk wohl nicht zu fertigen, sollte ich meine Bestellung abholen können. Ich konnte es kaum erwarten, diesen liederlichen Fuhrmannsmantel endlich ablegen zu können!

Dann ging es als nächstes, Pamina hatte es Ulmjescha ja versprochen, in die Menagerie. Der Enthusiasmus der Kleinen war richtig niedlich. Sie hatte ihr ganzes Leben in der Stadt verbracht, und war trotzdem noch nie in diesem Tiergarten gewesen und deswegen regelrecht aufgeregt. Und ich war zugegebenermaßen ebenfalls ein wenig Neugierig, was es hier im Norden so an Tieren zu bestaunen geben würde. Mit dem gesamten Tross begaben wir uns zum Eingang des nahegelegenen Zoos. Auffällig fand ich dann für eine Stadt wie Festum doch die vielen ausgemergelten Gestalten und Bettler, die uns auf dem Weg dorthin ständig vor die Füße stolperten. Ich hätte gedacht, Festum sei die reichste Stadt des Nordens, aber die Straßen hier sprachen etwas anderes. Die Wirtin hatte gemeint, es sei Abwärts gegangen, seit der alte Stoerrebrandt sein Handelshaus nach Gareth verlegt hatte, aber das es so schlimm war hätte ich nicht gedacht gehabt. Das mit dem Hungerwinter schien nicht aus der Luft gegriffen. Als wir ankamen entrichtete Pamina für uns alle den Eintritt von zwei Deut pro Person bei einer grobschlächtigen Frau im Kassenhäuschen, die keinen besonders vertrauenswürdigen Eindruck machte. Diese unerfreuliche Gestalt hatte und Ulmjescha schon angekündigt. Sie war wohl neu auf ihrer Position, da die letzten Bediensteten des Zoos entlassen worden waren, weil sie einen singenden Elch, so eine Art Festumer Wahrzeichen, vor der Schlachtung gerettet und zur Flucht verholfen hatten, daraufhin aber gekündigt wurden. Und nun hatte man diese Frau namens Wolfjescha eingestellt, die wohl ihren Prügelstock auch gerne mal gegen die örtlichen Straßenkinder nutzte und sowohl was Gestalt als auch Charakter anging wahrhaft unansehnlich zu sein schien. Auf der anderen Seite war dies, wie sich für mich und uns bald herausstellte ein echter Glücksfall.

Da sonst keine weiteren Besucher in Sicht waren und wohl auch außer uns niemand derzeit im Tierpark war zog die Vettel das Tor zu und schloss sich uns auf unserem Rundgang an. Nun, ich hatte mir etwas mehr erwartet. Die meisten Gehege waren leer. Als wir an einem vorbei kamen, auf dessen Boden gefrorenes Blut lag meinte die Wärterin, hier wäre gestern erst der letzte Schwarzbär geschlachtet worden. Sofort regte sich mein Sammlerinstinkt, konnte ich Bärenblut doch bestens für die Herstellung von Kraftelixieren brauchen. Ich fragte freundlich, ob ich denn überprüfen durfte, ob es sich wirklich um solches handelte und wurde in den Käfig gelassen. Nun hatte ich ja keine Ahnung, worin sich Bärenblut von anderem unterscheiden sollte, als ich an dem Eisklumpen leckte und bestätigend nickte. Aber warum sollte ich die Worte der Frau anzweifeln? Ich ließ etliche der gefrorenen Klumpen in einer Tasche verschwinden, die würde ich später in unserer Unterkunft Auftauen und dann in Fläschchen umfüllen. Der Tag wurde besser und besser! Eines der ersten Gehege die noch belegt waren bewohnte ein ausgemergelter Adler, der anscheinend kurz davor war, vor Hunger von seiner Sitzstange zu fallen. Phex steh mir bei! Wie lange versuchte ich schon an Adleraugen zu kommen für das Zielwasser? Ich offerierte der Frau 2 Silbertaler pro Auge, wenn sie mich rechtzeitig unterrichten würde, falls das arme Tier den sterben würde. Dann überraschte sie mich wirklich. Für 3 Taler würde sie auf den Handel eingehen, und ich sagte sofort zu, da öffnete sie auch schon den Verschlag, und schlug dem Adler ihren Knüppel über den Kopf und brach ihm den Hals. „Hier bitte, Herr, bedient euch!“ waren ihre Worte. Ich war perplex, damit hatte ich nicht gerechnet. Mit schnellen Schnitten meines Messers entnahm ich dem Tier die Augen und zahlte ihr dann 6 Groschen auf die Hand, die schnell in ihrem Mantel verschwand. Pamina war sichtlich entsetzt, sowohl von mir als auch dem Vorgehen der Frau und stotterte ihre Missbilligung in meine Richtung. So einfach war das mit dem Weib? Wer mochte wissen, welche Schätze sich hier noch alles für mich finden ließen! Ich wollte gerade meine Liste durchgehen und Fragen, welche Tiere davon sich hier noch finden mochten, aber nun ließ sich Sari mit einem glitzern in den Augen und einem verkniffenen Gesichtsausdruck den Weg zum Wolfsgehege weißen. Ach ja, Wolfsblut... das fehlte mir ja auch noch!

Wir folgten den beiden, aber Sari schien es eilig zu haben und bald hatten sie und die Frau ein wenig Vorsprung vor uns, da wir doch noch bei dem einen oder anderen Gehege innehielten. Aus zwei Dutend Schritt Entfernung sah ich dann, wie Sari vor dem Wolfsgehege auf einmal einen dolch zückte, diesen der Frau an die Kehle hielt und sie zwang, die Tür aufzusperren. Oweh, das konnte nichts Gutes bedeuten. Tat denn meine kleine Sari hier etwas unüberlegtes, das uns echten Ärger bringen würde? Dann stieß sie die Frau hinein und trat hinter ihr ebenfalls ein. Kehlige, knurrende Laute kamen aus ihrem Mund, als sich die geschwächten und ausgehungerten Wölfe auf die beiden zubewegten und dann die Wärterin mit einem knurren und geifern zerfetzten. Ja, das würde Ärger bedeuten… Pamina führte die kleine Ulmjescha fort, damit sie das nicht mitansehen musste. Fast wirkte es, als hätte Sari die Wärterin an die Wölfe verfüttert, was natürlich absurd war, aber eine gute Lügengeschichte würden wir nun trotzdem benötigen, um nicht unnötig Fragen aufzuwerfen. Dabei schien es am schwierigsten, Surina und Faramud dazu zu bringen, keine falschen Dinge oder lieber einfach gar nichts zu erzählen, wenn jemand Fragen würde. Gerade Surina meinte ständig, das wäre doch kaltblütiger Mord gewesen. Ich war mir da juristisch nicht ganz sicher, aber zumindest fahrlässige Tötung würde man Sari sicher vorwerfen können, war ich natürlich auch nicht wollte. Mein Versuch zu überzeugen, es doch lieber als einen Unfall zu betrachten stieß jedenfalls auf eher taube Ohren. Aber zumindest brachten wir sie soweit, dass sie nicht gleich zur Wache rennen wollte um Anzeige zu erstatten. Für mich stand hier außer Frage, das Sari, die sich schon mehr um mein Leben verdient gemacht hatte als so manch anderer, meine bedingungslose Loyalität benötigte. Ich wollte gar nicht wissen, was genau hier passiert war, aber das es jetzt an mir war, ihr Ärger vom Hals zu halten, das war mehr als klar. Hier würde mir doch wieder zugutekommen, dass ich ein gerütteltes Maß an moralischer Flexibilität besaß! Einen Plan hatte ich schnell gefasst, auch wenn Sari, nach diesem ersten Akt dessen was sie getan hatte, selbst etwas planlos wirkte.

Wir ließen den Schlüssel zum Gehege, der anscheinend für alle Schlösser dieses Zoos passte, in der Tür stecken. Von der Wärterin war mittlerweile nur noch ein Haufen blutiger Kleidung übrig. Dann vermittelte Sari den Wölfen irgendwie, dass sie ihr folgen sollten und führte sie, wir gingen in respektvollem Abstand, zum nördlichen Ausgang, der verschlossen war. Ich öffnete ihn mittels eines kleinen Foramen Foraminor, da das Schloss nicht sonderlich kompliziert war und entließ die Schar hinaus auf eine unbelebte Straße und einen Acker. In etwa hundert Schritt Entfernung war die Stadtmauer zu sehen und Ulmjescha meinte zu unserer Linken wäre das Stadttor. Hier trennten sich unsere Wege, Sari ging mit den Wölfen geduckt über den verschneiten Acker, keine Ahnung wie sie gedachte die Wölfe aus der Stadt zu bringen, aber das war ihr Problem. Sie war klug und kreativ, sie würde sich wohl etwas einfallen lassen. Ich zog das Tor hinter ihr zu und eilte nun mit Pamina im Schlepptau in die Straßen Festums, um nach einer Wache zu suchen. Die ständig „Eine Wilde, eine Barbarin!“ maulende Surina ließ ich lieber zurück, sicher war sicher… Es dauerte auch nicht lange, bis wir auf eine Abteilung der Stadtgarde stießen, die durch die Straßen patrouillierte. Ich legte mein bestes, aufgeregtes und aufgelöstes Gesicht auf und warf mich mit überschlagender Stimme an den Wächter heran. Ein furchtbares Unglück sei zu melden, im Tiergarten gäbe es eine Leiche. Sofort hatten wir die ungeteilte Aufmerksamkeit und ich schilderte japsend, wie wir als zahlende Besucher den Zoo betreten und dann beim Rundgang beim Wolfsgehege die blutigen Überreste einer Frau gefunden hatten. Ich gab mich sogar ängstlich ob der offenen Gehegetür, das die „Bestien“ hier noch herumliefen und eine Gefahr für uns wären, vor der uns die Wache zu schützen hätte. Der Mann kam, angesichts der geschlossenen Zootür, des Schlüssels im Gehegeschloss und dessen offener Tür genau zu den „richtigen“ Schlüssen, nämlich dass die Wärterin wohl unvorsichtigerweise das Wolfsgehege betreten hatte, warum auch immer, er schien eh keine hohe Meinung von der Frau gehabt zu haben, und dann von den Tieren angegriffen wurde. Er würde seine Männer ausschwärmen lassen um nach den Wölfen zu suchen, nicht das noch wer anderes verletzt würde. Wir sollten ihm folgen auf die Wachstation, was wir gerne Taten. Dort wurden wir einem Vorgesetzten Weibel vorgestellt, der sich die Geschichte nun ebenfalls anhörte, an meiner Aussage aber auch keinen Zweifel zu hegen schien. Es war doch immer wieder hilfreich, vom Stande eines Magus zu sein. Als ich ihn dann fragte, wo ich denn das sicherlich aufgenommene Protokoll unterzeichnen könnte zog er eine Braue hoch, wies auf die Anwesenden Wächter und führte mich in eine hintere Stube. Dort erklärte er mir, die Sachlage sei doch wohl klar ein Unfall, wozu es denn da einen solchen Schreibkram bräuchte. Er und seine Leute hätten genug damit zu tun, die eigenen Familien durch den Winter zu bringen und echte Verbrechen aufzuklären, da wäre so eine Lappalie eine dumme und unvorsichtige Zoowärterin nicht die Tinte wert, mit der das geschrieben wurde. Ein Eintrag im Wachbuch würde hier völlig ausreichen. Bei diesen Worten fiel mir, ich zeigte es natürlich nicht, ein Stein vom Herzen. Ich dankte ihm für seine gute Arbeit zum Wohle der Stadt, zeigte mich mit einem Batzen erkenntlich, mit dem sollten seine Männer und Frauen sich etwas Warmes auf meine Kosten von der nächsten Garküche kommen lassen um sich satt zu essen und verließ mit Pamina dann die Wache. Draußen schnaufte ich erst einmal durch, das war ja nochmal gutgegangen soweit. Nun brauchte ich selbst erst einmal eine Mahlzeit und etwas zu trinken in unserem Hotel…

Um die verstörte Ulmjescha, das Mädel war anscheinend schlauer als es auf den ersten Blick schien, hatte sich Pamina gekümmert, von ihr hatten wir wohl keine Dummheiten zu erwarten. Ich begann, die Kleine zu mögen. Vielleicht konnte ich sie ja als Kindermädchen für Nandurin mit in den Süden nehmen, wenn sie hier keine Familie hatte? Oder auch wenn… besonders gut schien es ihr hier in Festum ja nicht zu gehen. Kein Wunder bei dem miserablen Wetter! Faramud schien ebenfalls kein Problem darzustellen, er hatte anscheinend, ungewohnt unaufmerksam für ihn, wirklich nur mitbekommen, dass die Wärterin sich ins Gehege begeben hatte, und nicht wie und warum. Melissa schien ebenfalls ohne Vorbehalte Sari zu unterstützen und versuchte sich sogar daran, meine Argumentation einer juristischen Unbedenklichkeit zu unterstützen. Nur Surina war nach wie vor eine unbekannte Größe. Konnten wir uns auf sie wirklich dauerhaft verlassen? Zumindest, bis wir wieder aus Festum heraus waren? Ich würde sie im Auge behalten müssen, um keine unliebsamen Überraschungen zu erleben. Eine Überraschung am Tag reichte mir völlig, denn das was Sari getan hatte, hatte ich beim besten Willen nicht so kommen sehen.

Als wir uns am Hotel Aljoscha alle wieder trafen, auch Sari war da und hatte das Problem wohl auf ihre Weise gelöst, sie erzählte etwas von Wölfen, die über die Mauer geflogen waren und wirkte recht blass und erschöpft, das typische Anzeichen arkaner Ermüdung, erlebte ich aber doch noch eine kleine Überraschung. Ich wollte mich gerade am Esstisch setzen, als Sari auf mich zustapfte, dann die Arme ausbreitete und mich mit einem dankbaren Gesichtsausdruck umschlang. Ich hätte etwas gut bei Ihr. Das war mir jetzt fast etwas peinlich, als sie so an mir hing. In diesem Augenblick wurde mir doch wieder bewusst, dass sie ja noch jünger war als ich selbst. Ich hatte ihr ein solch impulsives Handeln nicht zugetraut, sonst hätte ich es sicher verhindert, aber ihr aus einer misslichen Lage zu helfen hatte ich als selbstverständlich empfunden. Langsam dämmerte mir, dass wir begannen zu einer verschworeneren Gemeinschaft zusammenzuwachsen, als ich es zu Anfang unserer Reise erwartet hätte. Vielleicht sollte ich Sari, jetzt da ich nicht mehr auf Atzina zählen konnte, etwas weiter ins Vertrauen ziehen, als ich es bisher getan hatte. Aber dazu würde ich eine ruhige Minute mit ihr benötigen. Nun war es auf jeden Fall aber erst einmal Zeit für einen Happen um den Mage zu füllen und ein oder zwei Schnäpschen um die Nerven zu beruhigen…

Zum Essen fanden wir uns alle wieder im Hotel zusammen. Surina war anscheinend beleidigt mit uns, denn sie separierte sich von unserem Tisch und nahm einzeln woanders Platz, was angesichts des Gästemangels kein Problem für die Wirtsleute darstellte. Nun, sie würde sich schon wieder beruhigen… es gab einen deftigen Pilzeintopf mit einer kleinen Schüssel Hirschragout. Lediglich ich erhielt eine noch kleinere Portion als der Rest, da wir vorher irgendwie in eine Diskussion über Magister Galotta gerutscht waren. Meine Hochachtung für diesen brillanten Geist stieß auch hier, wie so oft, auf Unverständnis, ja regelrecht Ablehnung. Diese engstirnigen Kleingeister waren einfach nicht in der Lage, sein Genie von möglicherweise vorhandenen Verfehlungen, die er sicher begangen haben mag, zu trennen. Nun, sei es drum, ich war ja eh kein großer Esser, für mich würde es auch so reichen. Aber diese Zurücksetzung meiner Person würde ich mir merken… sollten sich solche Vorkommnisse wiederholen, müsste ich wohl eine subtile Bestrafung in Betracht ziehen.

Nach dem Essen bat ich Sari zu einem Gespräch unter vier Augen. Ich hatte mittlerweile einfach das Bedürfnis, ihr gegenüber ein wenig offener zu sein. So erzählte ich ihr von meiner eigentlichen Motivation, diese Reise anzutreten. Von den letzten Namenlosen Tagen in Al’Anfa, der Besessenheit von Nandurin und dieser mysteriösen Frau und ihrem Wunsch nach dem Szepter aus dem Schatz, das ich ihr mit Sicherheit nicht geben würde. Nachdem sie davon wusste, was mich eigentlich Antrieb und wie es für mich galt, meine Familie zu schützen, was sie sehr verständnisvoll. Mit diesem Grund konnte sie eindeutig mehr anfangen, als mit einer reinen Queste auf der Jagd nach Gold. Sollte es notwendig werden, und ich habe ja gesehen wozu sie mit ihren Geisterbeschwörungen in der Lage war, ich würde sicherlich auf ihre Hilfe zählen können. Und da wir gerade dabei waren, weihte ich sie auch noch in das Geheimnis um Atzinas unverhofftes Ableben ein, bat sie jedoch, weiter gegenüber Pamina und Melissa deswegen Stillschweigen zu bewahren. Die beiden mochte ich zu gegebener Zeit aufklären, aber da wir sicher noch einmal in Kunchom und damit nahe bei Maraskanern vorbei kommen würden, wäre es mit diesen beiden noch zu früh, das Geheimnis zu teilen. Dieser Zeitpunkt würde später kommen…

Bevor wir nach dem Essen zu unserer nächsten Station gehen wollten, der Dame Nofzing, versuchte ich noch, Ulmjescha als zukünftiges Kindermädchen für Nandurin zu gewinnen. Ich mochte die flexible und überlebenskünstlerische Art der Kleinen, die bereit war auch einfach einmal wegzusehen, wenn man es von ihr verlangte. Genau so jemanden würde ich brauchen können, wenn es mit meinem Fratz vielleicht einmal ein Malheur geben sollte. Ich meine, was brächte mit ein Kindermädchen, das schreiend zum nächsten Geweihten laufen würde, falls Nandurin tatsächlich einmal ausversehen einen Dämon herbeirufen oder einen Dieser zu Boron befördern sollte? Nein, da brauchte ich jemand, der dann einfach die Klappe hielt und beim Beseitigen der Sauerei helfen würde, ohne dumme Fragen zu stellen. Und ich denke, genau so jemand konnte Ulmjescha sein. Sie schienen eine familiären Verbindungen in Festum zu halten, also wollte sie es sich überlegen uns später, wenn unsere Geschäfte erledigt waren nach Al’Anfa zu begleiten. Gutes Mädchen…

Zur Dame Nofzing wusste sie ebenfalls etwas zu sagen, bevor sie uns zu deren Gutshof führte. Die Frau war wohl früher an der Kriegerakademie Festums eingeschrieben und besonders durch ihre Arroganz aufgefallen, wenn sie durch die Straßen der Stadt ging. Aber jetzt würde sie nicht mehr nur „ihres Vaters Geld verprassen“ können, sondern müsste auch einmal richtig Arbeiten. Da schwang ganz unverhohlene Schadenfreude in Ulmjeschas Stimme. Übertriebenes Mitgefühl schien sie also auch nicht zu plagen… eine weitere Eigenschaft, die ich positiv bewerten würde, falls sie in meinen Diensten stehen sollte. Der Weg durch die Straßen war wieder kalt und unerfreulich, aber das würde sie hier oben wohl sobald nicht ändern, also half kein lamentieren. Den Gutshof erreichten wir im Norden Festums nach einem kleinen Fußmarsch. Ein stattliches Anwesen, bei dem innerhalb der Mauern wahrscheinlich allein Grund und Boden genug Wert waren, um ein Leben in Luxus zu verbringen, sollte man es verkaufen. Von den Gebäuden darauf ganz zu schweigen. Eine lange Zufahrt führte zum Herrenhaus. Aus einer Stallung auf der wir am Weg vorbei kamen hörten wir die Stimme einer Frau, die beruhigend auf ein Pferd einredete. Wir sahen hinein, da sonst niemand auf dem Anwesen zu sehen war. Der Stall war groß, hier hätten viele Tiere Platz gefunden, aber nur ein einziger der Verschläge war tatsächlich besetzt. Das Pferd war an der Schulter verletzt, und Sari erbot sich direkt, sich darum kümmern zu wollen, was uns bei der Frau, die sich als die Nofzing persönlich herausstellte, einen guten ersten Eindruck einbrachte. Die Familie musste wirklich in Schwierigkeiten stecken, wenn sie sich nicht einmal mehr einen Stallburschen leisten konnte. Wie wir erfuhren lag das wohl am selbst herbeigeführten Ableben ihres Vaters, der über ein missglücktes Geschäft, anscheinend waren da die Zeforikas nicht unschuldig, weswegen Melissa im Hintergrund blieb, seinen Lebenswillen verloren hatte. Nun war aus der Kriegerin auf einmal eine Verwalterin geworden. Mich würde nicht wundern, wenn es mit dem Haus ob dieser Wendung bald endgültig den Bach hinunter gehen würde, das Metier lag ja nun wirklich nicht jedem. Und man soll die Komplexität von Handel, Geschäft und Verwaltung eines solchen Gutes nicht unterschätzen! Ich würde das jedenfalls nicht machen wollen…

Wir erfuhren auch recht schnell, Melissa kostete diese Information ganze zwei Batzen, was die Verzweiflung der Frau nur weiter zum Ausdruck brachte, das unsere Reise nicht in Festum enden würde. Um ihre Kutsche reparieren lassen zu können hatte sie die Kommode versetzt. Eine Schmiedin aus Rodebrand hatte das Stück gegen ihre Dienste in Zahlung genommen, als sie auf dem Markt ihre Waren feilgeboten hatte. Das war nun schon einen dreiviertelsten Götterlauf her. Rodebrand, so erfuhren wir, war wohl nicht schwer zu finden. Einfach die Bornstraße nach Firun hinauf. Bei diesem Wetter aber sicher kein Vergnügen…  Den Namen der Schmiedin konnte sie uns leider nicht sagen, eine große dunkelhaarige, drahtige Frau. Mehr hatten wir nicht. Aber wie schwer konnte es schon sein, in einem bornländischen Kaff eine Schmiedin zu finden? So  viele würde es da sicher nicht geben… so zogen wir unverrichteter Dinge wieder von dem Gutshof ab mit einem neuen Ziel.

Sari ging ihrer eigenen Wege, sie meinte, sie hätte heute noch eine Verabredung. Ich ließ mir mit Surina, die ihren Zorn anscheinend schon überwunden hatte, von Ulmjescha eine weitere Sehenswürdigkeit der Stadt zeigen. Sie nannten es die „Halle des Quacksalbers“, ein Ort, an dem gebildete Männer und Frauen sich zu Geselligkeit und Disput zusammen finden sollten. Das wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Die Taverne versprühte schon am frühen Nachmittag einen gewissen Charme, dem man sich nur schwer entziehen konnte. Surina suchte sich eine eigene Tischgemeinschaft, die Themen über die ich hier sprechen konnte waren ihr wohl zu unverständlich. Ich jedoch fand einen einzeln sitzenden Kollegen in schwarzer Robe, der mit seinem Weinkrug über ein Problem zu sinnieren schien. Da er offensichtlich ebenfalls aus südlicheren Gefilden stammte, aus Mirham wie ich im Laufe unseres Gesprächs erfuhr, er war zum Zweitstudium in Festum da die Akademie als recht offen in alle Richtungen galt, sprach ich ihn an und wir kamen schnell in ein angeregtes Gespräch. Sein Problem befasste sich mit der Erschaffung von Sandgolemiden und der Übertragung dämonischer Gestalten und Möglichkeiten auf selbige. Sehr faszinierend, auch wenn ich hierbei nur bedingt mitsprechen konnte. Das Gespräch war eine Zeit lang sehr anregend, nahm aber irgendwann eine unerfreuliche Wendung. Wir kamen über die örtlichen Magier zu den Zauberwirken der Nivesen als der örtlichen Naturvölker. Und er begann, wie es so oft in unseren Kreisen vorkommt, heftig über die ungebildeten Wilden und deren Hokuspokus herzuziehen. Es war erstaunlich. Vor kurzem noch hätte ich lebhaft in sein lamentieren eingestimmt. Aber ich musste an Sari denken, was das tapfere Mädel schon alles vor meinen Augen bewirkt hatte. In meinen Ohren klang es fast wie ein persönlicher Angriff auf meine Begleiterin, und das konnte ich beim besten Willen nicht so stehen lassen. Wenn hier jemand überhaupt das Recht hätte, über das Vermögen der Animisten dieses Volkes zu urteilen, dann ja wohl ich aus eigener Erfahrung heraus, nicht dieser Stubenhocker. Und auf Sari wollte ich da schon gar nichts kommen lassen. Also übernahm ich, Hesinde verzeih, die Rolle des Advocatus Daimonis und sprang für „die Wilden“ im Allgemeinen in die Bresche und brach eine Lanze für deren durchaus teilweise erstaunlichen Fähigkeiten. Was wiederum auf das Unverständnis des Kollegen stieß. Mir wurde das Ganze dann recht bald überdrüssig, so dass ich mich absentierte, sobald mein Weinglas geleert war. Sollte er mit seinen dummen Golems doch schauen wie er weiterkam…

Surina wollte noch verweilen, also machte ich mich alleine auf den nicht allzu langen Heimweg. Da ich noch den Furhmannsmantel tragen musste meinte ein Halsabschneider sogar, mich um meine Barschaft bringen zu müssen. Er überlegte es sich allerdings schnell anders, als ich meinen Stab zur Fackel entzündete, den Kragen lupfte und er darunter meine Robe erkannte. Führ einen Strauchdieb erstaunlich höflich entschuldigte er sich und suchte eiligst das Weite. In der Herberge zurück wollte ich mir die Zeit nehmen, Lucietas Brief vor dem Schlafengehen zu lesen. Man stelle sich mein Erstaunen vor, als ich den Briefbogen entfaltete und dieser mit „Lieber Victor…“ begann und darunter Paminas Unterschrift stand. Hatte das durchtriebene kleine Stück es doch tatsächlich gewagt, mit ein falsches Schreiben unterzujubeln! Das hätte ich ihr gar nicht zugetraut… darüber würde ich mit ihr noch reden müssen. Und natürlich, was in dem Brief nun eigentlich gestanden war, denn nun war ich erst recht neugierig!

Am nächsten Tag kam vom Schneider eine Nachricht, dass meine Robe früher fertig geworden war, so dass ich diese direkt abholen konnte. Surina besuchte, um sich ein wenig abzulenken, die örtliche Kriegerakademie, zu der sie anscheinend am vorhergehenden Abend eine Einladung erhalten hatte. Ich verbrachte den Rest des Tages in der örtlichen Bibliothek und wanderte, eher ziellos, durch die langen Reihen Regale und bewunderte die Sammlung an Schriften. Nur über Rodebrannt als Ziel unserer Reise las ich etwas gezielter nach. Aber was soll ich sagen, viel gab es da nicht zu erfahren. Eine „Stadt“ von nur etwa 1500 Einwohnern, dafür mit erstaunlich vielen Tempeln. Liegt in etwas, das die Sewerien nennen und gehörte zur Grafschaft einer Thesia von Ilmenstein. Nun, ich hatte auch nicht erwartet, dass es dort etwas interessantes geben würde… Am nächsten Morgen wollten wir dann zeitig losgehen. Ich hatte ja heftig für eine Reise mit einer Postkutsche, hier oben nannten sie so etwas Kaleschkas und hatten es zu dieser Jahreszeit mit Kufen statt Rädern, plädiert, allein schon wegen dem Wetter. Aber Melissa wollte unbedingt „den Schnee genießen“ und „ein Abenteuer erleben“. Also einigten wir uns darauf, den ersten Tag zu Fuß zu gehen, und dann erst auf eine dieser Kaleschkas umzusteigen. Eine dumme Idee in meinen Augen, aber was sollte ich machen? Sie war wieder einmal beratungsresistent und wer zahlt, schafft am Ende an.

Wir liefen bei bestem Sonnenscheind und einer Temperatur nur knapp unter dem Gefrierpunkt los. Die Bornstraße stellte sich als eine Schneise im rechts und links hoch aufgetürmten Schnee heraus. Anscheinend die einzige Verbindung in den Norden, die halbwegs gangbar gehalten und regelmäßig genutzt wurde. Unangenehm war für uns jedoch das gleißen des Praiosgestirns im Schnee. Das tat regelrecht in den Augen weh, so dass wir alle mit zusammengekniffenen Lidern marschierten. Gegen Mittag kehrten wir in einem armseligen Weiler ein, eher schon ein einzelner kleiner Hof, vor dem ein Mann Holz hackte. Wir baten, in Travias namen, um Gastlichkeit und wollten eigentlich nur gegen Bezahlung etwas Warmes zu Mittag erhalten. Nur Sari ging ohne uns weiter, sie hatte anscheinend keine Lust das Wandern bereits zu unterbrechen, und wollte dann im nächsten Ort auf uns warten. Der Bauer, er hieß Uljew, tischte uns freigiebig auf was er hatte. Und nicht nur Essen, sondern auch einen Fusel, den er für besondere Gelegenheiten aufgehoben hatte. Und ehe wir uns versahen waren wir mit dem Mann in einem veritablen Gelage, da er ein ums andere Mal auf seinen Bronjaren, die Herrin Travia uns als seine Gäste und was ihm sonst noch so alles einfiel anstieß. Surina war binnen kürzester Zeit betrunken. Ich selbst konnte mir ganz gut halten, aber an ein weiterlaufen war bald nicht mehr zu denken. Je weiter der Nachmittag fortschritt, umso melancholischer und freimütiger erzählte er von seinem harten Leben auf der Scholle, dem ungeliebten Frondienst bei seinem Bronjaren und allem was ihm sonst noch einfiel. Ich hatte wieder den Eindruck, dass die Leibeigenen hier oben auch nichts anderes waren als die Sklaven bei uns im Süden. Arbeiteten für ihren Herren, durften ihr Land nicht verlassen, brauchten sogar die Erlaubnis des Herrn, wenn sie Heiraten wollten… ich sah beim besten Willen keinen großen Unterschied! Auch Melissa, die nach dem halben Tag Spaziergang schon die Nase voll hatte vom Laufen, war nun dafür zu haben am nächsten Morgen die Kaleschka auf der Straße abzupassen, um von hier aus weiterzufahren. Da wir mehr Zeit verweilt waren als geplant wären wir heute wohl eh nicht mehr bis zum nächsten Ort gekommen, und ein Marsch im Dunklen, das ja recht früh kam, mit einigen Betrunkenen wäre tatsächlich keine gute Idee gewesen.

Wir wurden früh geweckt um die Kalschka zu erwischen. Da diese aber nur drei Gäste fassen konnte, ein offener Schlitten auf dem wir hinten unter Felldecken Platz nehmen konnte, war die Rangordnung schnell klar. Ich, Melissa und Surina hatten das Privileg zu fahren, Pamina und Faramud durften hinterher laufen. Im nächsten Ort hofften wir dann, eine zweite Kaleschka bekommen zu können. Den braven Bauern wollte Meliassa mit zwei Batzen entlohnen, aber dem war so viel Gold auf der Hand gar nicht so recht. Wie solle er das seinem Bronjaren erklären? Der würde ihm das bestimmt wegnehmen und die Rute geben… Melissa gab ihm daher dann was sie an örtlichen Groschen und Deut hatte, was immer noch ein stattlicher Lohn war, und er sicher leichter würde ausgeben und verstecken können… die Kaleschka brachte uns dann nach Alderow, einem größeren Dorf, das wir gegen Mittag erreichten und wo Sari schon auf uns wartete.

Am Ortseingang standen zwei Wachen des örtlichen Bronjaren um die wenigen Reisenden wie uns mit Fragen nach zu verzollenden Waren zu belästigen, aber wir als einfache Reisende hatten da nichts zu bieten. Nun, immerhin waren die Männer bei ihrer Aufgabe recht freundlich- überarbeiten dürften sie sich zu dieser Jahreszeit ohnehin nicht und sie waren wohl eher froh, ihren langweiligen Dienst mit unserer Durchreise ein wenig unterbrechen zu können. Da es nun galt zunächst eine weitere Kaleschka aufzutreiben, damit wurde unser Kutscher beauftragt, gingen Melissa und Surina in das einzige Gasthaus des Ortes, die „hüpfende Krähe“. Ich hatte nahe am Dorfeingang einige entlaubte Eichenbäume erspäht und mich erinnert, dass ich für die alchemische Anwendung unter anderem noch Eicheln benötigte. Das mag den meisten profan erscheinen, fallen die Dinger doch im Norden so massig von den Bäumen, dass damit die Schweine gefüttert werden, aber in den südlichen Landen wie Al’Anfa wachsen diese Pflanzen nun einmal nicht. So wollte ich die Gelegenheit und die ansonsten müßige Zeit nutzen, um mich hier direkt einmal danach umzusehen.

Das Vorhaben war mit zweierlei Schwierigkeiten verbunden. Zum einen war der Schnee abseits der Straße recht tief, so dass ich mich bis zu den Bäumen ziemlich beschwerlich durch die weiße Pracht hindurchkämpfen musste. Aber wenn ich mir einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte… und dann lagen die von mir gewünschten Eicheln natürlich unter der Schneedecke. Diese mit den Händen auszugraben schien mir dann aber doch zu anstrengend. Zum Glück mangelte es mir nie an kreativen Ideen was den Einsatz von Magie anging. Hatte ich nicht kürzlich erst den Caldofrigo in Kunchom erlernt? Ich legte die Hand auf den Stamm der Eiche und wirkte den Zauber, um den unteren Teil des Baumes auf die eine mollige Wärme zu erhitzen, die rasch begann den in direkter Nähe liegenden Schnee zu schmelzen. Auch wenn der erzielte Radius hinter meinen Erwartungen zurück blieb, meine Fertigkeit ließ mangels Übung immer noch zu wünschen übrig, fanden sich auf dem solcherart vom Schnee befreiten Boden am Ende immerhin 28 der Früchte des Baums, die ich sorgsam trocknete und in einem Beutel verstaute. Es hätte gern mehr sein können, aber immerhin… eine solche Gelegenheit mochte sich recht schnell wieder bieten, insofern ging ich beschwingt und bester Laune nun auch ins Gasthaus.

Unser Kutscher Koljew hatte derzeit seine Aufgabe ebenfalls erfüllt und irgend einen Handel auf Melissas Kosten mit dem örtlichen Bronjaren geschlossen, der ihm selbst zur Belohnung einen ordentlichen Krug Gebrannten einbrachte. Es würde zwar erst morgen weitergehen, weil wir dafür die aus dem Norden kommende Post-Kaleschka brauchten, aber sei es drum. Wir mussten also nur die Zeit bis dahin sinnvoll füllen. So wie die Eicheln würde ich auch immer wieder einmal Eulengewölle brauchen, und Pamina meinte, diese Vögel würde es hier in den Wäldern durchaus geben. Also ging ich mit ihr in den nahen Wald und sie hielt die Augen auf nach vielversprechenden Baumhöhlen in denen diese Tiere Nisten mochten. Bei einer veritablen Buche wurden wir schließlich fündig. Das erklettern selbiger wiederum war recht beschwerlich, als wir uns gemeinsam an den Aufstieg machten. Pamina scheute sich anscheinend davor, diese Aufgabe allein zu übernehmen. Wäre sie mir bisher nicht so ans Herz gewachsen, ich hätte sie ja einfach auch mit einem Banballadin dazu bringen können, diese Aufgabe gern und willig zu übernehmen. Aber ich hatte ihr einmal versprochen, solcher Dinge nicht zu tun, und daran würde ich  mich auch halten. Allerdings erwies sich das Klettern auf den gefrorenen Ästen als schwieriger als gedacht. Auch Pamina hatte ihre liebe Mühe und rutschte immer wieder ab. Etwa 4 Schritt unterhalb der Baumhöhle standen dann die Äste so ungünstig, dass wir nicht weiter kamen. Ich selbst war etwas zu klein und hätte mit einem kurzen Sprung um den Stamm herum den nächsten Ast greifen müssen, wobei beim Misserfolg die resultierende Fallhöhe im Falle eines Scheiterns zumindest zu unangenehmen Blessuren geführt hätte. Und ein Kletteraffe war ich nun einmal nicht… und Pamina, die ja deutlich größer war als ich, versuchte zwar sich herumzuhangeln, scheiterte aber dabei, plumpste unelegant einige Schritt herunter in eine Astgabel und plädierte dann darauf, das Vorhaben abzubrechen. Ich wollte noch einen Versuch wagen und mich mittels Transversalis zur Höhlung hinauf befördern, aber auch dieses Vorhaben misslang. Also ließ ich es doch sein. Ein simples Eulengewölle war keinen potentiellen Knochenbruch Wert… ärgerlich! Aber auch kein Weltuntergang. Zurück im Gasthaus schrieb ich Pamina eine Liste der Dinge, die sie mir in diesen nördlichen Gefilden besorgen mochte. Es kam eine ganz ordentliche Aufzählung dabei zustande, wobei sie recht neugierig bei jeder einzelnen Ingredienz wissen wollte, wofür diese zu gebrauchen sei. Aber da eh nichts anderes zu tun war erklärte ich ihr auch dies gerne…

Am Abend als sich der Gastraum ein wenig füllte wär uns sogar nach Tanzen gewesen, aber leider fand sich niemand, der die dazu passende Musik gespielt hätte. Dafür spielten die anderen Gäste ein Spiel, das sie als Deutschnickeln bezeichneten. Üblicherweise hätte ich mich ja auf Grund meines Standes ja nicht an so einem profanen Vergnügen beteiligt. Aber zum einen würde es hier draußen im Nirgendwo sowieso niemand mitbekommen, der sich daran stören konnte, und zum anderen hatte ich den Nachmittag über schon das ein oder andere Getränk zum Zeitvertreib genossen, so dass meine Stimmung auch etwas gelöster war als üblich. Das Spiel wurde, wohl aus Sicherheitsgründen, in einem Nebenraum ausgetragen. Auf dort aufgerichteten Holzpfosten legten die Teilnehmer je einen Kreuzer und versuchten dann, diese mit einer Peitsche herunterzuschlagen. Wer traf durfte die gefallene Münze behalten, wer verfehlte musste einen kleinen Becher mit alkoholischem Getränk Löten. Wer traf, natürlich auch… Ich möchte jetzt nicht behaupten, dass ich bei diesem Spiel besonderes Geschick an den Tag legte. Die Männer und Frauen ließen mich sogar etwas näher als sie selbst an die Pfosten herantreten um es mir zu erleichtern, trotzdem verlor ich deutlich mehr Münzen als das ich Erfolg gehabt hätte. Nun ja, den Umgang mit der Peitsche hatte ich ja, außer auf der Plantage hin und wieder einmal jemanden züchtigen zu müssen, nie so recht gelernt. Wozu auch? Dennoch war es am Ende ein recht vergnüglicher Abend, bei dem der Schnaps in Strömen floss. Und während Pamina bald eine schwere Zunge hatte und schwankte hatte der Alkohol auf mich erneut so gut wie keine Auswirkung. Mein Körper schien sich mehr und mehr recht gut auf den gesteigerten Konsum einzustellen. Oder lag das vielleicht am Wetter, das ich Alkohol in der Hitze des Südens schlechter verkraftete als in der Kälte des Nordens? Tranken die Bornländer vielleicht genau aus diesem Grund so viel? Dass es hier allein wegen der Witterung mehr benötigte, um die Auswirkungen der Trunkenheit zu spüren? Ein interessanter Gedanke, das musste ich durch weitere Experimente erproben! Auf jeden Fall ging es mir am nächsten Morgen zur Abfahrt recht gut, während Pamina einen eher leidenden Eindruck machte.

Die beiden Kaleschkas standen, wie gewünscht, für uns bereit und wir teilten uns auf diese auf. Das Wetter schlug zwar im Laufe des Tages um und wurde zu einem dichten Schneegestöber, aber ich drückte mich einfach tiefer in die warmen Felle und ließ den Kutscher seine Arbeit tun. Das war zwar etwas langweilig, weil wir so zu Nichtstun während der Fahrt verdammt waren, aber immerhin kamen wir vorwärts und erreichten am Abend einen Ort namens Birkhold. Am nächsten Morgen ging es bei mäßigerem Schneefall weiter. Später wurde unsere Fahrt dann durch eine plötzliche Bremsung und aufgeregte Rufe unterbrochen. Ich hatte gerade über die Anwendungsmöglichkeiten eines Klarum-Purum-Ringes mit multipler Ladung beim Wettkampftrinken sinniert, als ich aus den Gedanken gerissen wurde. Auf der Straßen standen auf einmal Dutzende etwa 3 bis 4 Spann große Hirsch- oder Antilopenartige Tiere. Das mussten diese Karene sein! Begleitet wurden sie von Hirten in Leder und Pelz, die offensichtlich dem gleichen Volk wie Sari entstammten, also Nivesen sein mussten. Dieser Umstand, Sari sprach mit Ihnen in ihrer Sprache, die ich leider überhaupt nicht verstand, brachte uns dann anscheinend auch eine Einladung an ihre Herdfeuer ein. Und da es Sari anscheinend ein dringendes Anliegen war und Melissa wie immer ein weiches Herz hatte wurde die Einladung auch angenommen. Offenbar war es Sitte, das auch Gäste hier mit anpacken mussten, und so fand ich mich unvermittelt wieder dabei, wie ich helfen „durfte“ die Zelte, die sie hier Jurten nannten, mit zu errichten. Nun… da Neugier mich schon mein Leben lang begleitete, und dies wirklich etwas Neues für mich war störte es mich nur minder. Im Gegenteil, ich war einfach gespannt auf die Lebensweise dieses Volkes. Aber ich verstand nun, warum diese Nivesen nie in der Lage gewesen waren, eine echte Kultur zu entwickeln. Wer tagtäglich seine Zeit damit verschwendete umher zu wandern und tagaus tagein Stunden damit verbrachte sein Lager auf- und abzubauen hatte natürlich keine Zeit dafür, sich verstärkt kulturellen Dingen oder gar Studien zu widmen. Da hatte eine sesshafte Lebensweise doch eindeutig ihre Vorteile! Ja, man mochte sie darob durchaus als „Wilde“ bezeichnen, wie Surina es wiederholt tat. Aber angesichts meiner Sympathie für Sari wollte ich das nicht so einfach stehen lassen und sprach durchaus dagegen. Wobei es mir da eher nicht um den Inhalt, sondern die Intonation und Intention ging. Sie mochten in gewisser Hinsicht schon „Wilde“ sein, aber ich wollte das nicht als beleidigende oder abwertende Bezeichnung stehen lassen. Mir würde hier, auch angesichts der Freundlichkeit unserer Gastgeber, eher eine romantisierende Konnotation in den Sinn kommen, sagen wir in Richtung der „edlen Wilden“, die eine einfachere aber vielleicht auch ehrlichere und naturverbundenere Lebensweise pflegen als wir selbst. Aber für ihre Bedürfnisse keine schlechtere! Außerdem fand ich einige dieser exotisch aussehenden Mädchen durchaus auf ihre sehr eigene Weise recht niedlich anzusehen… wie die wohl unter all diesen Pelzen aussehen mochten…? Aber das würde ich mir wohl angesichts des Wetters nur ausdenken können. Insgesamt hätten wir es schlechter treffen können, eine Nacht in einer muffigen Taverne war auch nicht besser.

Als das Lager stand und wir ins Gespräch kamen, viele der Nivesen beherrschten erfreulicherweise das Garethi, wenn auch mit starkem Akzent, kamen wir auch auf die örtlichen Tiere zu sprechen. Dabei erzählten sie von einem Ding namens Schneelaurer, eine unerschrockene Kreatur, die sogar in Blutrausch fallen konnte. Blut, Speichel und Haare dieser Bestie hätte ich sicher als Substitut für Mut-oder Berserkerelixier nutzen können. Leider schienen diese Wesen aber auch recht selten zu sein. Pamina nahm ihr Buch über die Tiere des Nordens heraus und zeigte den faszinierten Nivesen ein Bild, um sich bestätigen zu lassen, dass es dieses Tier war von dem sie sprachen. Diese waren fasziniert und aufgeregt darüber, dass Pamina einen Laurer in ihrem Buch „gefangen“ hatte, was ich wiederum recht amüsant fand und auch Pamina schien ihr Vergnügen an der Situation zu haben als die Kinder des Stammes herbeigerufen wurden um das Wunder zu bestaunen. Als Pamina schließlich mit großer Geste ihr Buch mit einem Knall zuklappte beschloss ich, dem ganzen noch einen drauf zu setzen. Mit einem schnell gewobenen Auris NasusOculus ließ ich ein leuchtendes Abbild der Schneelaurerzeichnung aus dem Buch aufsteigen und darüber verharren. Damit hatte natürlich, außer mir selbstverständlich, niemand gerechnet, und so sprangen erst einmal alle, inklusive Pamina, erschrocken zurück. Faramud riss sogar seine Klinge heraus und hieb mehrmals hektisch nach und durch das Trugbild hindurch bis ihm klar wurde, dass hier keine Gefahr drohte. Da ich es nicht schaffte mir ein Grinsen zu verkneifen hatte er mich schnell als Urheber des kleinen Schalks ausgemacht… aber da es offensichtlich harmlos war trug es nun nur zur Faszination der Nivesen bei-und brachte mir als einem „Schamanen“ nur ein wenig weiteren Respekt ein.

Am Abend in der Jurte und am Feuer wurde uns dann die nivesische Entsprechung dessen serviert, was die bornische Landbevölkerung in den Tavernen genoss. Ich hatte den Namen nicht richtig verstanden, aber es wurde uns als „Milch die knallt“ angepriesen, ein Getränk aus offenbar vergorener Karenmilch, das man nur geschätzten Gästen anbot. Und bei Hesinde, das Zeug war nicht schlecht, hatte es aber in sich. Auch wenn die lächelnden Nivesen, die insistierten das wir etwas davon nahmen, immer wieder betonten „Nix Wolf, nix Werwolf“, was auch immer das heißen sollte, uns regelrecht zum Trinken nötigten. Sogar Faramud, der nicht als unhöflich dastehen wollte, nahm etwas. Hätte er besser nicht… schon nach dem ersten Becher viel wer wie ein gefällter Baum um. Ich fand nach den ersten, ungewohnten Schlucken, gefallen an dem Geschmack. Etwas säuerlich, etwas sämig, prickelnd am Gaumen und eine ungewohnte Note. Ob sie da irgendwelche Kräuter des Nordens beimischten die ich noch nicht kannte? Um dem Geheimnis nachzuschmecken nahm ich noch einen zweiten Becher, aber als dieser zur Neige ging, gingen auch mir die Lichter aus… als ich am nächsten Morgen erwachte war die Jurte fort. Anscheinend hatte man das Lager um uns herum abgebaut und war weitergezogen. Erfreulich war, dass keiner von uns einen Kater zu haben schien. War es das, was die Nivesen mit Wolf gemeint hatten? Auf jeden Fall nahmen wir die Fahrt dann wieder auf und erreichten bald darauf den Ort Dornacker- wenn der Name für die Fruchtbarkeit des örtlichen Bodens stehen sollte, dann beneidete ich die hiesige Bevölkerung nicht!

Der Schneefall war wieder stärker geworden und Wind war aufgekommen, so dass nur mäßige Sicht herrschte. Wir würden uns eilen müssen wenn wir noch bis Schotzen kommen wollten, ansonsten würden wir heute nach nur 7 oder 8 weiteren Meilen in Schlüsselfels nächtigen müssen. Wir fuhren daher direkt weiter statt im Gasthaus einzukehren, was bei der Dame Surina direkt Unmut erzeugte. Da es gegen Mittag war wollte sie unbedingt ein Stündchen im Gasthaus einkehren, aber diesmal ließen wir uns nicht darauf ein. Wir Erreichten am Ende sogar noch Schotzen zur 7. Stunde des Abends. Nur wenig Betrieb herrschte im Gasthaus und nur 3 Tische waren überhaupt besetzt. Mit der Matrone hinterm Tresen diskutierten wir kurz die Zimmerverteilung, da es nur begrenzt Zimmer außer dem Schlafsaal gab, aber etwas Besonderes war in diesem Dorf auch nicht zu erwarten.

Nach einem ruhigen Abend und ungestörten Nacht gab es ein zeitiges Frühstück. Heute fiel weniger Schnee, aber dafür war es kälter. Wir nahmen etwas Proviant mit, da die Geschäftstüchtige Wirtsfrau auf die Unwägbarkeit des vor uns liegenden Streckenabschnitts hinwies. Nach Firunen kamen wir dann recht schnell und wurden am Tor angehalten und zur Seite gewunken, um einen größeren Holztransport aus 5 Gespannen durchzulassen. Wir waren ja nur auf der Durchreise, mussten aber auch dafür 3 Heller für jeden zahlen. Das Dorf lag günstig, zumindest in dieser Jahreszeit. Es zu umgehen und sich diesen Zoll zu sparen hätte sicher einen rechten Aufwand bedeutet. Verweilen wollte aber sowieso keiner von uns, da es von Gerbern  streng roch und ist von etlichen Sägewerken zudem noch recht laut war in der Stadt.

Wir fuhren weiter, aber Aves schien seinen Blick gerade abgewendet zuhaben. Nach einem Krachen aus dem Unterholz, schlingerten unsere Schlitten und wir konnten uns gerade so festhalten um nicht hinausgeschleudert zu werden, aber der Kutscher flog in hohem Bogen vom Bock. Zum Glück blieb unser Gefährt dann rasch stehen, man könnte eher sagen es blieb im Schnee stecken. Wir in der vorderen Kutsche hatten einen Kufenbruch, vielleicht waren wir über einen zu großen Stein gefahren? Der Kutscher schien verletzt zu sein, er rieb sich die Schulter. Da würden wir wohl Hilfe vom nächsten Gehöft oder Dorf benötigen. Ich fuhr mit Melissa und Surina in der anderen Kaleschka bis zum nächsten Hof um dort zu warten bis es weitergehen konnte. Dort wurden wir auch höflich aufgenommen. Da die Reparatur wohl bis zum nächsten Mittag dauern sollte, mussten wir hier verweilen. Auch diese braven Bauersleut stellten gastfreundlich einen Krug mit Alkohol bereit, aber er wurde nicht so offensiv angeboten wie bisher so oft. Die Leute wirkten erschöpft, hatten dunkel unterlaufene Augen, die Dame des Hauses wirkte verweint und die Tochter Teneke, um die 15 Götterläufe, klopfte nervös mit dem Löffel auf den Tisch. Das erschien mir seltsam, ja fast verdächtig! Faramud schien dies auch aufzufallen, er fragte daher unverblümt, ob die Familie trauerte. Ein guter Gedanke, in einem Haus zu weilen ds Boron kürzlich besucht hatte war immer eine unangenehme Sache. Erst wollten sie nicht rausrücken und ich musste daher nachbohren. Zwar hatte sie ein Familienmitglied verloren aber nicht an Boron. Der Sohn der Familie, Hanjo, war seit einiger Zeit verschwunden, seit dem 13. Hesinde um genau zu sein, was zufällig ja sogar mein Tsatag war! Ohne ein Wort zu  sagen sei er nach Rodebrannt gegangen um dort in den Peraine-Tempel zu gehen und zu dienen. Da er als Leibeigener die Scholle verlassen hatte bedrückte es die Eltern, die die Konsequenzen für ihn und sich selbst fürchteten. Der Bronjar hatte es anscheinend noch nicht gemerkt. Aber die Familie würde es wohl büße, seine Frondienste übernehmen müssen und hätte dann einen schlechten Stand beim Bronjaren, wenn einmal etwas wie der Traviabund der Tochter anstehen würde. Hanjo suchte anscheinend eine legale Möglichkeit, der Leibeigenschaft zu entfliehen. Der Eintritt in die Priesterschaft galt als solcher, wie mir gesagt wurde. Wir sollten mit ihm reden, wenn wir ihn treffen, wurde uns angetragen, damit er wieder heimkommen würde. Eigentlich nicht unser Problem, aber es lag ja ohnehin auf dem Weg… Faramud war sichtlich überrascht, das auch ich meine Hilfe anbot. Als wenn ich ansonsten ein Unmensch wäre…

Aus einer Seitenkammer gesellte sich ein alter Mann am Gehstock zu uns der reichlich senil wirkte. Das Väterchen Oswin setzte sich zu uns, schien aber nicht nur mittlerweile etwas schwach im Oberstübchen sondern auch Schwerhörig zu sein. Er verstand die gesprochenen Worte kaum richtig und verdrehte ständig, was wir sagten, was eine vernünftige Unterhaltung quasi unmöglich machte. Am Abend brachte der Kutscher aber zumindest gute Kunde, die Kufe war soweit repariert, dass es bis Rodebrand und zu einem Stellmacher oder Schmied reichen würde. Das Essen war karg, gerade was die Leute entbehren konnten. Aber sie gaben, ohne zu klagen. In Rücksprache mit Melissa ließen wir die Proviantbeutel die wir zuletzt gekauft hatten am Morgen zurück, es war ja nicht mehr weit bis zum nächsten Ort. Die Leute freuten sich sichtlich, insbesondre über die Wurst, die für sie ein Praiostagsgeschenk zu sein schien. Aber in Travias Namen sollten ihnen ihre guten Taten auch entgolten sein. Bis Gronitza sollten es etwas über zwei Stunden sein meinte unser Kutscher. Auch das Wetter hatte sich deutlich gebessert. Klar, sonnig und leider sehr kalt. Wir fuhren langsamer, um die Kufen zu schonen, die krude zusammengenagelt waren, aber zumindest zu halten schienen.

Vor der örtlichen Taverne schien es in Gronitza trotz der frühen Stunde hoch her zu gehen, etliche Gespanne standen vor dem Haus. Der Kutscher meinte, es wären nur noch 25 Meilen bis Rodebrand. Wir brachen daher umgehend wieder auf, wofür insbesondere Sari dankbar zu sein schien. Der Kutscher hätte wohl gern eine Pause gemacht und einen gelötet, maulte etwas, aber wir fuhren trotzdem weiter. Die Stadt erreichten wir eine gute Stunde vor Einbruch der Dunkelheit. Im Zentrum sahen wir einen hohen, bebauten Hügel, der Rest lag darum herum im Schatten des Berges. Von der Torwache ließen wir uns einen Gasthof empfehlen. Die „Alte Schanze“ wäre wohl angemessen Quartier wurde uns beschieden, und läge auch noch direkt hinter dem Stadttor. In der Tat hätte man das Haus von dort mit einem Steinfwurf erreichen können. Ein großes, dreistöckiges Anwesen, 2 gemauerte und ein aus Holz aufgesetzt Stockwerk bildeten eine eindrucksvolle Kulisse. Wir wurden direkt in Empfang genommen und begrüßt. Die Wirtin Kundra schien auf sittsame Gepflogenheiten wert zu legen was die Unterbringung unverheirateter Männer und Frauen anging, deswegen teilte ich mir ein Zimmer mit Faramud. Wegen Sari wies sie sogar darauf hin, das zur 8 Stunde Torschluss sei, aber Sari würde hier im Garten nächtigen können. Vor dem Essen machten wir uns frisch, aber auch hier wurde bei den Zubern auf die Trennung vpn Männern und Frauen geachtet. Was an sich lächerlich war, hatte ich doch quasi alle anwesenden Damen schon so gesehen, wie Tsa sie geschaffen hatte… aber wenn es dem Seelenheil der Wirtin diente… Ich fragte die Dame dann nach der Schmiedin, Peranka Ruderow und erhielt die Auskunft, sie in der Nähe des Ingerimm-Tempels finden zu können. Das Nachtlager im Hotel war überaus bequem, die Betten sogar gewärmt. Da konnte man nicht klagen.

Der 18. Firun begann mit einem Frühstück das vergleichsweise üppig ausfiel und seinen Wohlgeruch durchs ganze Haus duftete. Wir erhielten von allem etwas in kleinen Portionen, frisches Backwerk und Eier. Es war nur leicht bewölkt, sonnig aber sehr noch sehr kalt als wir loszogen, nachdem Sari endlich erschienen war. Der Reif knirschte unter unseren Schritten und die Schmiede war schnell gefunden: Ein größeres Anwesen, unsere Kaleschka stand dort im Hof zur Reparatur. Als wir eintraten schlug die Schmiedin das glühende Eisen noch fertig, bevor sie Zeit für uns hatte. Die Frau war etwa 30 Götterläufe alt, hatte kurze dunkle Haare und Brandnarben an den Armen. Als sie uns Ansprach war ich von ihrer tiefen Stimme überrascht und auch ihre Gesichtszüge hatten etwas  Maskulines an sich. Als wir auf die Kommode zu sprechen kamen wurden wir wieder einmal zum Löten eingeladen. Das Stück hat wohl gut zu ihren dunklen Steineichenmöbeln gepasst, aber trotzdem hatte sie es schon wieder für 25 Batzen an einen Magus in schwarzer Robe weiterveräußert, der in einer kleinen Burg am Rande des Bornwaldes wohnte. Er wollte sie um jeden Preis haben, nachdem er etwas gemurmelt und sich dann wie ein kleines Kind gefreut hatte. Interessant. Das Möbelstück würde doch wohl nicht als einziges bisher magisch sein? Er habe die Kommode verladen und sei dann nach Schwarzmos gefahren, das etwa zwei Tagesreisen Nordwestlich der Stadt lag. Ein Karrenpfad führe dahin, der aber eher weniger für die Kaleschkas geeignet sei. Der Name sei etwas wie Magister Gune oder so ähnlich, aber geläufig war mir das nicht. Aber gut, ich musste auch nicht jeden Magus Deres persönlich kennen, oder? Wenn wir in die Richtung gehen würden, sollten wir doch auch gleich bei einem alten Freund der Schmiedin vorbeisehen, dem Köhler Tanjef. Sie vermisst ihre letzte Lieferung Kohle und sorgte sich, weil er nicht gekommen war. Dafür würde sie uns auch einen Dolch geben, wenn wir ihren Kohlennachschub sichern könnten. Auch hier schien es kein besonderer weiterer Aufwand zu sein, wenn es ja eh auf dem Weg lag. Man könnte fast den Eindruck erhalten, es zeichnete sich ein Muster ab.

Der nächste Weg führte mich dann weiter zum Hesindetempel, ich wollte Erkundigungen zu dem Magus einholen von dem wir gehrt hatten, auch wenn ich nur wenig Hoffnung hatte. Die wenigsten meiner Standesgenossen hatten meinen Anstand, sich ordnungsgemäß anzumelden, und einer der im Fuhrmannsmantel unterwegs war wie wir gehört hatten, gehörte wahrscheinlich eher nicht dazu. Aber trotzdem. Ein Geweihter begrüßte uns. Er kannte den Magister selbst nicht und wusste auch nicht von einem Magier in Schwarzmos. Auch ein Blick in die Templregister half uns nicht weiter. Ich nahm die Gelegenheit war um noch ein Gebet zur allweisen Schlange zu sprechen und opferte 5 Taler, bevor wir zum Perainetempel weiterzogen. Der Markt über den wir auf dem Weg mussten war belebt, aber die Händler hier im Norden waren deutlich weniger aufdringlich und geschwätzig als im Süden. Der Feldweg zum Tempel außerhalb der Stadt war zugeschneit, aber quer über die zugefrorenen Felder konnten wir gehen. Dachten wir zumindest. Aber der Schnee war zu tief, so dass wir einen kleinen Umweg auf einem halbwegs ausgetretenen Pfad gehen mussten. Am Tempel herrschte geschäftiges Treiben, ein Fuhrwerk wurde gerade beladen. Ein älterer Mann löste sich aus der Gruppe, begrüßte uns und stellte sich als Bruder Paleh vor. Er konnte uns tatsächlich auf Hanjo Hollerow verweisen, denn er hatte den Namen in einem Buch bemerkt. Der Geweihte Ilmin hatte dies eingetragen, wusste aber auch zu berichten, dass er nur einen Tag hier war, bevor er weitergezogen sei. Man habe ihn abgewiesen, weil er den Dienst an Peraine nur als Ausrede zur Flucht aus der Leibeigenschaft genommen hätte, nicht aus innerer Überzeugung. Das komme, so der Bruder, immer wieder einmal vor. Aber der Dienst an der Herrin des Ackerbaus sei keine Ausrede, sondern eine Einstellung. Und wer diese nicht teile, sei am Ende hier fehl am Platze. Er war dann wohl aus dem Nordtor weitergezogen, wir sollten beim Deichselbruch, ein Gasthof,  weitersuchen wo er die Gesellschaft einiger Bettler gesucht hatte. Hanjo sei schlaksiger Bursche mit tränenden Augen. Wenigstens diese Auskunft half uns etwas weiter. Und wer weiß, wenn der Tempel ihn abgewiesen hatte mochte er der Aufforderung heimzukehren vielleicht auch zugänglicher sein, als im anderen Fall.

Wir teilten uns auf, Faramud und ich gingen zum Deichselbruch, die Anderen sollten Reiseutensilien für den Fußmarsch nach Schwarzmos besorgen. Schneeschuhe, Schneebrillen, Proviant, gefütterte Schlafsäcke, Fäustlinge und Zeltplanen. Unsere Wirtin würde uns sogar einen Schlitten mit Muli für das Gepäck ausleihen, gegen Kaution natürlich. Es war schon erstaunlich welche Möglichkeiten sich eröffneten, wenn nur Melissa mit ihrer schier unerschöpflichen Dukatenbörse wedelte.

Beim Deichselbruch hielten wir Ausschau nach den Bettlern die der Geweihte erwähnt hatte. Aber nur eine etwas heruntergekommene Frau, die gerade in einem Hauseingang verschwinden wollte war weit und breit zu sehen. Faramud fragte sie nach dem Burschen, aber sie kannte ihn nicht. Was eher dafür sprach, dass er hier nicht allzu lange gewesen war. Sehr ärgerlich. Sie ließ einen Tresen am Fenster herunter um später die Armen mit dünner Suppe zu speisen. Faramud, der entweder ein großes Herz, einen Plan oder beides hatte, ließ sich als Hilfskoch von ihr verdingen. Am Ende kitzelte er der Alten dann doch für seine Hilfe etwas Wissen aus dem Mund. Wir sollten gleich bei der Speisung bei den Bettlern fragen. Die Flüssigkeit in ihrem Topf sah weder besonders appetitlich noch sehr nahrhaft aus, aber ich konnte die Alte auch nicht überreden, mich die Suppe magisch zu würzen zu lassen. Dabei hätte ich der Suppe gern den Geschmack von Speck verlieren. Faramud, dem die Brühe wohl ebenso missfiel, ging  daher zum Gasthaus gegenüber um etwas Speck für die Suppe zu kaufen und brachte eine ordentliche Seite zurück in die Küche. Es dauerte eine gute Stunde, bis alles fertig war und die Bettler kamen. Ein jüngerer sah aus, als würde er noch nicht so lange in der Gosse leben wie die übrigen. Die Alte nannte ihn Petar, er schien ein Stammgast bei ihr zu sein. Den nahmen wir uns vor. Faramud konnte auf die freundliche Art und Weise tatsächlich etwas aus ihm heraus bekommen, wenn es dafür Meskines gäbe. Ich seufzte und holte aus der Taverne für 4 Groschen einen kleinen Krug. Dafür erfuhren wir, dass Hanjo vor etwa 2 Wochen das letzte Mal hier war und die Stadt durch das Nordtor mit einer rothaarigen vernarbten Frau die trotzdem hübsch gewesen sei verlassen hatte. Sie seien dann den linken Weg gegangen, wo sich die Straße oberhalb der Stadt gabelte. Wundert es noch jemand? Es war der Weg, der nach Schwarzmos führen sollte… Mehr und mehr hatte ich den Eindruck, dass die Götter in oder bei diesem Örtchen ein ganzes Bündel an Aufgaben für uns bereit gelegt hatten, aber aus Güte wohl darauf verzichteten, uns dafür an zu viele verschiedene Orte schicken zu wollen. Danke Ihr 12!

Wir brachen am nächsten Tag nach einem reichlichem Frühstück Richtung Schwarzmos auf. Melissa wirkte, als ob sie unter der heiteren Oberfläche etwas angefressen wirkt. Am Ende schien sie mit den Forderungen der Wirtin der Schanze nicht ganz glücklich gewesen zu sein, wohl das teuerste Haus das sie bisher erlebt hatte, und ich war mir sicher, das wollte etwas heißen... Das Wetter war wieder etwas trüber und leichter Schneefall hatte eingesetzt, dafür war es aber auch weniger kalt. Pamina machte den Mulitreiber. Der Weg war deutlich schlechter als auf der Straße von Festum nach Rodebrand, das Vorwärtskommen zu Fuß ziemlich mühsam. Hoffentlich hielt Melissa das durch. Gegen Mittag nahm der Schneefall sogar noch zu, aber bis Abend geschah ansonsten nichts, was der Erwähnung wert gewesen wäre. Wir mochten wohl die halbe Strecke geschafft haben, als wir am Abend das Lager im Freien errichteten. Faramud und Pamina suchten ein passendes Plätzchen für die Nacht. Der vorausliegende Waldrand schien vielversprechend dafür. Ich sammele willkürlich Holz, das die passende Größe hatte, keine Ahnung, was hier oben im Norden als zweckdienlich gelten mochte. Im Süden war das Holz entweder eh nass (im Dschungel) oder knochentrocken (überall anders). Pamina knüpfte derweil die Zeltplanen zusammen, Surina stand dumm herrum und wusste nichts mit sich anzufangen. Faramud machte trotz Wind und einiger Mühe ein Feuer für die Nacht. Wir verteilten die Wache auf alle 6, so dass jeder nur kurz dran sein würde. Ich übernehme gleich die erste Wache und übergab dann an Pamina. Das einzige was mir auffiel war, dass es hier oben nachts im freien deutlich stiller, ja fast Grabesstill war, im Vergleich zu den Nächten die ich auf unseren Plantagen im Dschungel verbracht hatte. Fast konnte man meinen, hier oben sei selbst das Leben im Winter erstarrt.

Ich erwache im dunklen, als etwas an meinem Gesicht vorbei streifte. Dann erscholl ein Schrei von Melissa, die mit dem Gesicht nach unten am Boden lag. Ein Tier, das wie ein Schwein wirkte, rammte in Melissa hinein. Um uns herum sah ich im schwachen Feuerschein eine ganze Rotte Wildschweine, zwei davon machten sich am Schlitten zu schaffen, wohl um die Vorräte zu plündern. Bevor ich  mich aus dem Schlafsack mühte schleuderte ich einen ersten Fulminictus auf die Sau bei Melissa. Auch in die Anderen kam und wir begannen unsere Vorräte zu verteidigen. Meine ersten Schritte führten mich zu Surina, ein kleiner Armatrutz für sie, die in ihrer Kleidung ungerüstet da stand. Dann zu Melissa, die immer noch am Boden lag und von einer Sau traktiert wurde. So schnell sie gekommen waren, so schnell hatten wir das Viehzeug auch wieder vertrieben. Eine Sau blieb erstochen zurück, einer weiteren verwundeten folgte Pamina. Ich kümmerte mich zunächst um Melissa, die einige üble Hauerhiebe abbekommen hat. Eine besonders tiefe Wunde an der Seite verschloss ich zur Sicherheit mittels Balsamsalabunde und verband dann die übrigen kleineren Blessuren mit einfachen Bandagen. Das würde genügen, bis wir morgen in das Dorf kommen sollten. Unsere Jäger schätzten, dass wir gute 200 Stein Fleisch erbeutet hätten wenn wir es verarbeitet bekommen würden, dafür war ein guter Teil des Proviants verwüstet und unbrauchbar, sicherlich die Hälfte war den Biestern zum Opfer gefallen. Pamina und Faramud verarbeiteten die Schweine in den verbliebenen Wachen und am nächsten Morgen zum Mitnehmen. Das einzig gute bei diesen Temperaturen war, dass wir uns um die Haltbarkeit des Fleisches erst einmal keine Gedanken machen mussten.

Als ich erwachte schneite es weiter wie gestern, beständige sanfte Flocken Ifirns fielen vom Himmel und tanzten sacht im ruhigen Wind. Eigentlich eine malerische Szenerie, wäre es nicht so lausig kalt gewesen. Wir setzten dann den Weg fort, lust lange weiter in der Kälte zu verweilen hatte ohnehin niemand. Je früher wir das Dorf erreichten, umso besser. Als wir zur Linken ein Waldstück passierten erschollen von dort Hilferufe, unterbrochen von Jaulen und lautem Knurren. Sari, der diese Klänge vertraut schienen, eilte sofort los, wir folgten ihr. Schon beim Näherkommen hörten wir die Stimme eines Mannes, der versuchte „Biester“ zu verscheuchen. Auf einer Lichtung stand ein Mann in ärmlicher Kleidung, der sich mit einer Holzfälleraxt gegen 4 Wölfe verteidigte. Sari begann nun selbst zu jaulen und zu bellen, mich hätte nicht gewundert wenn ihr gleich noch ein Fell gewachsen wäre, so fremd klangen die Laute aus ihrer Kehle. Daraufhin zogen sich die Wölfe etwas zurück. Sie schien in der „Sprache“ der Wölfe zu verhandeln. Anscheinend, so deutete ich zumindest ihre Gesten, bot sie ihnen etwas von den Schweinen als Tribut an, um sie zum Gehen zu bewegen. Warum sie dann aber nicht nahmen und dafür auf unserer Fährte verschwanden erschloss sich mir nicht. Später meinte Sari, sie würden sich an den Schlachtabfällen gütlich tun, die wir achtlos zurückgelassen hatten.

Ich forderte den verschreckten Mann auf, sich vorzustellen. Der rieb sich grad mit Schnee die blutenden Waden ab. Sein Name war Petar Bornski und er kam, wie hier kaum anders zu erwarten,  aus Schwarzmos. Er riet uns jedoch davon ab, dorthin zu gehen, die Dinge liefen gerade nicht gut. Seit einiger Zeit würden sie von einem finsteren Magier geplagt, der hätte sogar schon wandelnde Leichen geschickt, die von den Dörflern erschlagen und dann borongefällig beigesetzt wurden. Er habe auch Tribut gefordert, 2 Menschen, und das Los sei auf seine Frau und seine Tochter gefallen.  Und noch eine Aufgabe, die uns auf unser Endziel hin zog… wenn wir jeden retten würden, auf dem wir jetzt nach der Suche waren, würde schon ein ganz stattlicher Zug zusammen kommen.

Die Hütte des Köhlers Tanjew würde sogar auf dem Weg liegen, wir er uns auf Rückfrage mitteilte. Er führte uns zuerst dorthin, damit wir die Kleinigkeit für die Schmiedin erledigen konnten. Eine windschiefe Hütte stand im Wald, aber die Tür war aufgebrochen. Wegen des frischen Schnees waren keine Spuren zu sehen, was auch immer hier geschehen war mochte schon einige Tage her sein. In der Hütte herrschte Unordnung, sogar Brot lag noch auf dem Boden… das sah nach überstürzter Abreise oder Flucht aus, falls der Köhler überhaupt freiwillig gegangen war. Da Faramud das Angebot eines Thalon zum Suchen des vermissten wie immer ausschlug, ließen wir wieder Pamina und Saba ran. Sie schienen die Spur zunächst auch aufzunehmen, aber später zu verlieren. Die weitere Suche der beiden wirkte eher ratlos auf gut Glück und blieb letztendlich auch ergebnislos. In die Richtung in der Pamina gesucht hatte würde aber wohl etwas weiter die Ruine liegen, in der der Magus Hausen sollte, meinte unser Führer. Nach längerer, unterhaltsamer Diskussion gingen wir dann aber doch zuerst weiter nach Schwarzmos.

Das Dorf war von einer hohen Holzpalisade umgeben, zählte vielleicht 200 Seelen und viele windschiefe Hütten. Nur ein größeres Gehöft war zusätzlich von einer weiteren Palisade umgeben. Einer der Dörfler stand breitbeinig am Tor Wache und trug demonstrativ eine Axt in der Hand. Wir sollten uns beim Vogt anmelden, wurde uns mürrisch Auskunft erteilt. Eine Frau auf der Straße sah uns, drehte um, erstarrte und ging wieder ins Haus. Ähnlich reagierten andere Menschen, sehr reserviert und abweisend. Das fand ich ungewohnt, waren die meisten Menschen hier im Lande doch bisher recht offene uns herzensgute Seelen gewesen. Der Petar brächte uns als Unruhestifter ins Dorf, hörte ich jemanden zischen. Auch Angst vor der Strafe des Bronjaren konnte man aus Satzfetzen heraus hören. Wir gingen wirklich erst einmal zum Vogt, dort mochte sich die Lage erklären. Aber auch hier war der Empfang sehr zurückhaltend. Der Vogt hieß Dulgjef Ebersen und bat uns widerwillig herein und an den Tisch. Zumindest wurde erst einmal in Travias Namen einer gelötet, bevor wir zu unseren Anliegen kommen konnten. Unseren Führer Petar bezeichnete er aber als Hundsfot, er war offensichtlich im Dorf nicht gut gelitten. Außer den beiden wandelnden Toten gab es im Dorf auch schon komische Träume. Das deutete für mich klar auf das Wirken eines Dieners Thargunitots hin. Da kannte ich mich zumindest ein bisschen aus. Da die Diskussion bei dem ängstlichen Vogt aber ansonsten eher fruchtlos verlief, wirkte ich im laufenden Gespräch einen schnellen Banbaladin, um ihn uns etwas gewogener zu machen.

Nun verriet er mit im Vertrauen, dass er die Geschichte, ich hatte ihm etwas von Amtshilfe für einen anderen Bronjaren auf der Suche nach einem Schollenflüchtigen erzählt, auch nur befürworten konnte. Er hatte hier ja eigene Probleme, und brauchte keine zusätzlichen. In der Nähe der Ruine, also keine Burg,  sollten wir auf dem Weg nach einem alten Eremit sehen, der die Geheimnisse des Bornwalds kenne. Leider stellte sich heraus, dass diese Ruine immer noch ein gutes Stück zu Fuß weg war. Und der Krämer des Dorfes sei wohl ein verschlagener Kerl, dem nicht zu trauen ist. Mache sogar Handel mit dem Magier. In der Ruine ginge dazu der Geist des alten Vigo um, ein Schwarzmagier aus vergangenen Tagen der von Rondrianern erschlagen wurde. Der Bronjar habe sich das angesehen, aber nichts gefunden, dafür aber die Leibeigenen des Geschwätzes bezichtig und bestraft. Einer der ausgepeitschten hieß Aljoscha und hatte eiternde Wunden. Ich überredete Pamina, sich das anzusehen und zu helfen. Ich wolle damit nur ihre zweite Karriere als Medicus fördern, wie ich ihr versicherte. Auf ihren Wunsch hin begleitete ich sie aber, um ihr über die Schulter zu sehen. Petar wird als „Verräter“ verwehrt das Haus des Geschundenen zu betreten. Die Frau des Hauses ließ nur uns ein. Der geschlagene lag auf dem Bauch und hatte die tiefen Striemen einer Lederpeitsche auf dem Rücken aus denen zum Teil Sekret und Eiter austrat. Pamina besah sich die Verletzungen und schreckte etwas vor dem üblen Geruch zurück. Eindeutig Entzündungen und Wundbrand, bei der Diagnose waren wir uns einig. Zu helfen war da schwierig ohne die richtigen Mittel. Und ihm die brandige Haut mit dem Messer abziehen, damit ich sie dann heilen konnte, dafür hatte meine kleine Pamina anscheinend nicht die Nerven. Der „alte Olko“, der Eremit, könnte aber über die notwendigen Kräuter verfügen um ihm zu helfen. Da wir eh zu ihm mussten… die richtige Behandlung verschoben wir daher auf später, jetzt sollte Pamina nur die Wunden säubern. Das schien ihr aber auch mehr schlecht als recht zu gelingen. Ich vermute, sie hatte es mit dem heißen Wasser etwas übertrieben. Ein Schrei ertönte und ihr Patient wurde ohnmächtig. Dann säuberte sie die Wunden mit dem Tuch, aber auch das wirkte eher laienhaft und schmerzhaft, auch wenn sie den Schnodder am Ende beseitigt bekam. Das sah aus, als würde sie noch ein wenig üben müssen. Aber die Gelegenheiten dazu würde ich ihr schon verschaffen… Dann gingen wir zurück zum Vogt.

Der Vogt warnte uns vor Xebert dem Krämer, der habe mit Geschäften mit dem Magus so viel Gold verdient, dass in der Ruine sicher ein halbes Dutzend Menschen sein mussten. Am nächsten Morgen brachen wir auf, gingen aber vorher doch noch zum Krämer. Faramud meldete Bedarf an. Der Krämer war sehr groß und hager, wirkte aber schmierig und aus seinen Worten hörte man, dass er dem Magus sehr wohlgesonnen war. „Rechtschaffener Mann, der macht keine schlechten Dinge. Und wohnt wie der Bronjar es gesagt hat sicher auch nicht in der alten Burgruine…“ waren seine Worte. Als wir das Dorf verließen gingen wir zur Sicherheit bald vom Weg ab, um im Dorf keinen Hinweis zu liefern, wohin wir wollten, sollte uns doch jemand Beobachten. Petar führte uns gen Nordwesten in die Wildnis. Eine Straße schien es nun gar nicht mehr zu geben. Abends erreichten wir eine Holzhütte im Nirgendwo, wo der alte Olko leben sollte. Ich schickte Pamina mit ihrem einnehmenden Wesen vor um uns anzukündigen, dem Mädel gegenüber konnte man einfach nicht abweisend oder böse sein. Ein alter Mann schrie sie jedoch schrill an und wirkte ungehalten. Er wurde erst zugänglicher, als Pamina die Ruine erwähnte. Zwar beschimpfte er uns als Landstreicher, aber wir sollten dann doch zu ihm kommen.

Wir folgten dem Alten in seine Hütte. Sofort fielen mir diverse arkane Zeichen auf, die Schutzkreise bildeten. Sie ähnelten denen gegen Dämonen, welche in Brabak gelernt hatte, wichen aber in Details ab. Hier benötigte ich keinen Odem, um mir ziemlich sicher zu sein einen der legendären Sumudiener des Nordens vor mir zu haben. In einem großen Kessel brodelte es, Kräuter hingen von der Decke und lagen Bündelweise herum. Stoffpuppen an bestimmten Positionen der Kreise positioniert. Die Hütte wirkte von innen, als wäre sie direkt nach einem Klischee aus den Geschichten eingerichtet worden. Olko führte uns gezielt um die Kreise herum und mahnte uns, nicht dort hinein zu treten. Nun, mich zumindest musste er da nicht ermahnen, ich wusste ja was geschehen konnte, wenn man den falschen Kreis betrat oder einen Schutzkreis zur Unzeit beschädigte. Dann wollte er wissen, was wir in der Ruine wollten? Ich begann, die verschiedenen Aufgaben die sich uns während der Anreise gestellt hatten aufzuzählen… Er meinte dann ein dunkler Geselle habe sich dort mit seinen Handlangern breit gemacht, es wurden auch schon neue Leute, manche gefesselt in die Ruinen gebracht. Aber der Magier sei nicht das einzige Übel, auch der Geist des Totenbeschwörers Vigo Arterac hause noch dort. Ein Versuch der Bannung den er selbst unternommen haben wollte sei gescheitert, da den Geist irgendetwas an die 3. Sphäre binde. Also noch eine Aufgabe für uns, das Objekt zu finden und nach Möglichkeit zu vernichten. Wenn das so weiter ging würden wir wirklich eine Liste brauchen, damit uns in der Ruine am Ende nicht irgendetwas ausversehen durchrutschte. Der Geist schien sich mit dem Magier arrangiert zu haben. In jedem Fall sollten wir uns vor dem Geist hüten, da er Angst vor dem Dunkel hervorrufen und seine Gestalt verdoppeln konnte um Angriffe ins Leere laufen zu lassen. Pamina schnorrte den Alten Mehrfach um Kräuter für die Wundheilung an, bis er endlich einlenkte. Auf dem Rückweg, wenn wir in der Ruine Erfolg gehabt hatten würde er sie ihr mitgeben. Aber er war, sogar von sich aus, bereit uns ein wenig hilfreiche Dinge mitzugeben, wenn wir dem unseligen Treiben ein Ende setzen wollten. Eine Kräutersalbe und einen Wirseltrunk für jeden und sogar ein paar einfache Heiltränke, die Faramud in seiner Tasche verstaute. Das störte mich nicht, besaß ich doch für Notfälle noch einen eigenen kleinen Vorrat, auch wenn davon nicht mehr so viel übrig war mittlerweile. Ich bräuchte dringend einmal eine Woche Zeit und ein Labor, um hier aufzustocken. Das meiste der Ruine, meinte der Alte noch, würde sich im Untergrund verstecken. Zum Glück hatte ich mit engen Gewölben keine Probleme. Die Nacht durften wir bei ihm in einem kleinen Anbau an der Hütte verbringen, aus meiner Sicht eher ein Stall als ein Gästehaus. Aber gerade noch besser als unter freiem Himmel. Am nächsten Morgen servierte er uns einen Brei aus Kräutern und Waldfrüchten, bevor wir uns wieder auf den Weg machten.

 

Die Ruine wäre noch einen halben tagesmarsch entfernt, beschied uns Olko. Das Wetter war freundlich, hell und kaum bewölkt, als wir zur 10. Stunde losliefen. Ich muss sagen, auch wenn es natürlich weiterhin lausig kalt war, beim Praiosschein und einer solchen Stimmung hatte diese verschneite Landschaft durchaus ihren Reiz. Bedauerlich, dass wir kalendarisch schon so weit fortgeschritten waren, ich hätte doch gerne etwas Schnee vom 1. Hesinde für die Laboratorien mitgenommen. Aber darauf, eine solche Ingredienz in eine Rezeptur zu schreiben, konnten wohl nur Alchemisten aus nördlichen Gefilden kommen… Nach einer kleinen Zwischenrast kamen wir schließlich zur 4. Stunde des Nachmittags an einer über der Hügellandschaft thronenden Ruine an. Kein Mucks regte sich. Überhaupt wirkte die Gegend so, als wäre sie schon lange verlassen, und doch strahlte das Gemäuer eine gewisse Unheimlichkeit aus. Das war also der ehemalige und aktuelle Stammsitz eines Magus? Wie verzweifelt musste man denn sein, um sich als Mann von Stand hier am Arsch der Waldfee zu verstecken, fernab jeglicher Zivilisation? Sari und Pamina sollten zur Sicherheit vorsichtig Auskundschaften gehen, als wir uns von Praios her näherten. Ein verschneiter Weg führte den Burghügel hinauf. Ich befürchtete ja, egal wie vorsichtig wir uns dem Gemäuer jetzt näherten, wenn jemand dort oben Wache gehalten haben sollte, würde er uns schon aus der Ferne gesehen haben. Auf dem Weg heran hatten wir uns ja nicht gerade versteckt gehalten. Und die Reste von Türmen, auf denen jemand hätte Ausschau halten können waren durchaus vorhanden. Phex, sei uns gnädig heute, dass es wem auch immer dort drinnen zu kalt oder langweilig war, in dieser Einöde wache zu schieben! Das Plateau des Hügels wirkte groß, sicherlich etwa 40 Schritt im Geviert. Auch die Ruine selbst, schon von unten sah man hauptsächlich eingestürzte Mauern und Turmstummel, war einmal eine stattliche Festung von etwa 20 Schritt im Quadrat gewesen. Es dauerte nicht lang, dann verschwanden Sari und Pamina aus unserer Sicht, während wir mit wachen Augen von unten nach oben blickten. Immerhin, ein Alarmruf war bisher nicht ertönt.

Auf einmal ertönte oben vom Berg Wolfsgeheul. Wala rannte darauf wie von der Maraske gestochen los, was mich nach den Erfahrungen der Vergangenheit darauf schließen ließ, dass dies ein Ruf Saris gewesen sein musste, Surina eilte nun ebenfalls direkt hinterher den Hügel hinauf. Ich seufzte, denn als gutes Omen wollte ich das nicht gerade interpretieren. Faramud und ich machten uns nun auch auf den Weg, wer konnte schon wissen in welcher Malaise sich Sari gerade befand? Als wir an der Mauer der Ruine ankamen hörten wir einen röchelnd-grunzenden Todesschrei. Pamina, Sari und Wala schienen einen Goblin erlegt zu haben, der sich im hinteren Turmstummel versteckt hatte. Pamina mahnte uns leise zu sein, auch wenn mir das angesichts des schon vernommenen Lärms nur wenig plausibel schien. Aber gut, bisher war niemand aus irgendwelchen weiteren Verstecken hervorgebrochen. Nahebei führte ein Treppenabgang nach unten, den Pamina nun begann auszukundschaften. Sari kam von einem Wachposten den sie auf einem halb eingestürzten Turm eingenommen hatte dazu, den Bogen in der Hand. Ich wollte schon fast entspannt durchatmen, als sich hinter Sari auf einmal ein steinernes Wesen aus der Mauer schälte und sie mit einem kräftigen Schlag gegen die Schulter überraschte, der sie wuchtig zurück schob, bevor sich das Steinwesen wachend vor dem Treppenabgang postierte. Meine Treu! Ich war mir nicht sicher, ob es sich bei diesem Wächter um einen Golem oder einen Elementar handelte, aber auf jeden Fall kam es überraschend! Ich hatte eigentlich mit einem Dämonen- und Geisterbeschwörer gerechnet, aber diese Art von Wächter passte nur bedingt ins Bild. Was mochten noch alles für unangenehme Überraschungen auf uns warten?

Dann folgte das Wesen, relativ langsam aber dafür unaufhaltsam wie eine Gerölllawine, Pamina, die schutzsuchend zu uns gerannt kam. Nein, eindeutig kein Elementar. Ein Steingolem wie aus dem Lehrbuch. Wobei mich seine Fähigkeit, mit der Wand zu verschmelzen dann doch verwunderte. Oder waren wir einfach nicht aufmerksam genug gewesen? Er war groß, stark… und langsam. Sein Wachauftrag schien etwa 5 Schritt um den Treppenaufgang herum zu umfassen, weswegen sich meine Sorgen ob der Gefahr deutlich reduzierten. Mit ein wenig Abstand konnten wir in Ruhe einen Schlachtplan entwerfen, wobei ein Kampf gegen das Ungetüm ziemlich aussichtslos schien. Eher würden unsere Klingen brechen, als das wir hier ernsten Schaden austeilen konnten. Dafür war die Gefahr, dass unsere Knochen unter den Hieben brachen deutlich höher! Sari meinte, es könnte einen weiteren Eingang im Brunnen geben und Pamina meinte, daraus würde es nach Essen riechen. Ich ging mit ihr erst einmal dorthin um mir selbst ein Bild zu machen und der Rest folgte uns. Allerdings war es dunkel dort unten und weder Topf noch Feuer zu sehen. Es mochte sich also auch einfach nur ein kleiner Rauchabzug darin befinden. Sari schmiss einen Stein hinein worauf ein trockenes „Klack“  nach  kurzer Zeit ertönte. Wasser schien dieser Brunnen jedenfalls nicht mehr zu führen. Während wir noch hinabsahen hörte ich hinter uns ein rauhes, kratziges Gruntzen, das entfernt an eine unverständliche, rudimentäre Sprache erinnerte. Noch ein Goblin? Hatte dieser Magus sich am Ende mit diesen Tieren gemein gemacht oder hielt sie sich als Diener? Ein Blick über die Schulter zeigte mir aber einen großen, geradezu hünenhaften Ork, der gerade aus dem Treppenausgang heraustrat und von dem Golem offenbar ignoriert wurde. Leider schien er Melissa gesehen zu haben, die wie ein verschrecktes Kaninchen auf freier Fläche stand und hob einen geflammten, kruden Säbel zum Schlag. Auf dem Rücken trug das Ding eine große Axt, die allein schon durch ihre Machart Beklemmung in meinem Bauch auslöste. Das Monstrum stürmte grunzend auf Melissa los, die mit einer durchaus verständlichen Angst im Gesicht zurück schreckte. Surina schrie ihm entgegen „Hey du stinkendes Tier“. Ihr Ziel erreichte sie, der Ork ließ von Melissa ab, um sich ihr zuzuwenden, warf dabei den Säbel achtlos zu Boden und zog die Barbarenstreitaxt vom Rücken. Mit dieser machte Surina direkt beim ersten Ansturm unangenehme Bekanntschaft, waren ihre im Vergleich dazu wie Spielzeug wirkenden Klingen doch kaum geeignet, einen Hieb dieser Waffe aufzuhalten. Schon der erste Schlag, der mich wahrscheinlich in zwei Hälften geteilt hätte schlug ihr eine blutige Wunde am Bein und schickte sie direkt zu Boden. Ich zog Surina erst einmal nach hinten weg, wohl bedacht nicht selbst in die Reichweite des Wüterichs zu kommen. Dann legte ich vorsorglich einen Armatrutz auf  Faramud, der sich tapfer dazwischen gestellt hatte, damit er länger aushalten mochte als Surina. Immerhin war sein Schild besser geeignet die wuchtigen Schläge der Axt zu stoppen! Pamina feuerte von einem Turm herunter den sie eilig erklommen hatte, auf den Ork, Sari ebenfalls mit dem Bogen direkt neben sich, während Wala den Ork ansprang um sich zu verbeißen. Unser Rondraglück, nach einem kräftigeren Treffer Faramuds auf den Schwertarm des Gegners verlor dieser wenigstens seine Axt! Ich versuchte, die Waffe aus seiner Reichweite zu ziehen damit er sie nicht wieder aufheben konnte, aber verdammt war das Ding schwer! Ich brachte es kaum vom Boden hoch! Stattdessen nahm er aber einfach seinen Arbach auf um weiter auf die noch stehenden Gefährten einzudreschen. Schlussendlich verpasste ihm Melissa, die darauf sichtlich stolz war, den finalen Streich der ihn zu Boden schickte. Meine Treu, der Blutzoll noch vor dem Eingang in diese Ruine war enorm! Ich konnte nur hoffen, das mit diesem Monster der gefährlichste Wächter schon hinter uns lag.

Uns blieb kaum eine andere Möglichkeit, als Surina direkt den ersten Heiltrank Olkos einzuflößen. Atzina, die ich wieder einmal schmerzlich vermisste, wäre ansonsten hier sicher die einzige gewesen, die hätte helfen können. Vorher hing das Bein halb weg vom Körper, vom Blatt der Axt wie ein Schinken vom Metzger durchtrennt. Danach war es zumindest wieder halb dran, auch wenn es immer noch alles andere als gesund wirkte und Surina nur humpelnd vorwärts kam. Nach dieser Erfahrung ging lieber Faramud, der wenigstens Rüstung trug, als erster die Treppe hinunter, bevor der Golem ihn erwischen konnte. Der Golem trampelte schwerfällig hinter ihm oben am Ansatz der Treppe herum, schien diese aber nicht hinabsteigen zu können. Es wirkte, als würde er an einer Barriere hängen, die er nicht überwinden konnte. Was uns die Möglichkeit eröffnete, einen halbwegs sicheren Abstieg unternehmen zu können. Sari lockte den Golem weg, der Stumpf seinem Auftrag zu folgen schien, alles was sich in seinem Radius befand zu verfolgen. Ich eilte Faramud hinterher, bevor der Golem sich recht umgedreht hatte und mir nachkommen konnte, und so ging es dann der Reihe nach mit allen weiter. Wir würden nur beim Verlassen der Gewölbe noch einmal vorsichtig sein müssen…

Die Höhe der Decke und die Breite der Gänge waren mit jeweils 2 Schritten recht eng, ich würde wohl Probleme haben mit dem Stab auszuholen, genauso wie jeder der hier versuchte mit einem Speer zu hantieren. Und nebeneinander in diesen Gängen zu kämpfen würde ebenfalls recht schwer oder riskant sein.  Aber zunächst, als wir auf einem Treppenabsatz verschnauften, nahm ich mir doch noch die Zeit, Surina einmal kurz mit einem Balsamsalabunde von einer weiteren Wunde zu befreien. Angesichts dessen was uns erwarten mochte, tat dies wohl dringend Not, bedachte man wie stark schon die ersten Wächter waren. Ich brauchte sie einfach im Vollbesitz ihrer Kräfte und so blieb mir kaum etwas anderes übrig, als einen Teil meiner zum Glück noch ausreichend vorhandenen Kraft in sie zu investieren. Aber allzu oft würde ich das nicht tun sollen, wenn wir am Ende auf einen Magier und einen Geist stoßen würden. Diesen Paroli zu bieten mochte dann letztendlich doch an mir hängen bleiben. Einzelne Fackeln erhellten spärlich das ansonsten dunkle Gewölbe. Außerhalb des Lichtscheins war es finster wie im Bärenarsch. Faramud erbot sich, vorsichtig den Kopf vorzurecken um zu sehen, was uns nun erwartete. Auf sein Zeichen hin, er deutete es nur mit der Hand an, wandten wir uns nach Links und folgten ihm. Noch verkniffen wir es uns, eine eigene Lichtquelle zu entzünden um unsere Anwesenheit nicht zu verraten. In unserem Rücken schlich Pamina derweil fort in die andere Richtung und öffnete eine knarrende Tür. Da es in der Richtung ebenfalls dunkel war, verlor ich sie schnell völlig aus dem Blick. Und da Sari hinter Pamina herging und wir ansonsten bald aufgeteilt gewesen wären gingen nun alle in die andere Richtung…  Ich wollte hier unten jedenfalls erst einmal nicht unbedingt allein im Dunkel auf einen Feind stoßen!

Da Surina anscheinend ebenfalls keine Lust auf das Dunkel hatte, holte sie sich eine Fackel von der Wand, um um uns herum etwas Licht zu machen. Da aus dem Raum den Pamina gerade entdeckt hatte kein Licht drang machte sie sich mit Sari daran, ihn zu erkunden. Wenn dort jemand gewesen wäre und nicht gerade ein Wühlschrat war der im dunklen sehen konnte, hätte er sicher auch ein Licht bei sich gehabt, oder? Nach und nach enthüllte sich im Fackelschein nun die Einrichtung des Zimmers.  Vier Holzstühle und ein Tisch, auf dem eine Sturmlaterne und ein Signalhorn lagen. Beides nahm Sari an sich. Klassischerweise ein Wachraum am Eingang des Gewölbes, wie es schien, der auch keinen weiteren Ausgang hatte. Sollte es nötig sein, würden wir uns hierher zurück ziehen können.

Ein weiterer finsterer Gang erstreckte sich nach Süden, dem wir nun folgten. Sari übernahm diesmal die Führung, auch wenn ihr in dem Gemäuer sichtlich nicht wohl war. Dabei gaben wir uns Mühe, möglichst leise zu sein. Immerhin hatte sich bisher niemand die Mühe gemacht, nach dem Ork und dem Goblin zu sehen, so dass wir davon ausgehen mussten, dass wir doch unbemerkt geblieben waren. Faramud übernahm es, am Treppenabgang unseren Rücken zu decken und Wache zu stehen. Ich blieb mit dem Fuß schmerzhaft an einem Vorsprung im Dunkel hängen, konnte mir einen Fluch aber verkneifen. Verdammte Tat, selbst mit der Fackel konnte ich hier unten kaum mehr als Schemen erkennen! Als Faramud schließlich nachkam war von hinten, wo Surina die Fackel abgenommen hatte, ein Fluch zu hören, als jemand eine neue Fackel in den jetzt leeren Halter steckte ohne uns zu bemerken. Dann war nur noch das entfernte knallen einer Tür zu hören. Da wir nun wussten, dass sich in der anderen Richtung jemand befand, gingen wir erst einmal auf unserem Weg weiter. Das Gewölbe war zwar nicht gerade ein Labyrinth, aber mir viel es trotzdem schwer, die Orientierung zu halten.

Anscheinend lag eine weitere Abzweigung vor uns die in einen größeren Raum führte. Ein schwacher Lichtschein war von weiter vorne im Gang zu sehen. Sari deutete mit den Fingern nach rechts, anscheinend hatte sie dort etwas gehört oder gesehen. Ich nahm den Stab in die linke und den Dolch in die rechte Hand, Pamina hatte den Bogen und Faramud seinen Kunchomer bereit. Vorsichtig näherten wir uns, darauf bedacht nun möglichst keine verräterischen Geräusche zu machen. Wir hatten hier anscheinend 2 Männer überrascht. Einer davon stellte gerade seinen Würfelbecher beiseite und zog ein Kurzschwert, offensichtlich waren wir nicht leise genug gewesen, der andere hatte ein Tuch in der Hand, wirkte wenig bedrohlich, und wusch damit gerade eine Leiche ab. Der mit dem Kurzschwert sprach den anderen als Hanjo an, er solle schon mal einen weiteren Tisch bereit machen. Hanjo? Das war doch der Bauersbursche, den wir suchten! Pamina nahm mit dem Bogen Maß und setzte zum Schuss an, während Surina vorsprang und in seine Richtung stach. Auch Wala flitzte zwischen unseren Beinen hindurch und biss nach dem schändlichen Schurken. Ich hielt mich zurück. Angesichts unserer drückenden übermacht dürfte das keine lange Schlacht werden. Der Feind zog sich sofort zurück und warf uns die Tür des Raums vor der Nase zu. Weder Surina noch ich schafften es, ihn am Schließen der Tür zu hindern. Daher machten wir Platz. Faramud nahm von hinten Anlauf und versuchte, die Tür mit der Schulter aufzurammen. Er schaffte es gerade noch so eben die Tür aufzudrücken, bevor der Scherge einen Riegel vorlegen konnte. Dann drangen wir vor, während der Kurzschwertträger nun einen großen Tisch umrundete, um sich dahinter zu verschanzen. Während die anderen den Raum stürmten richtete ich das Wort an Hanjo Holerow, der sich verschreckt in einer Ecke zusammenkauerte, dass seine Rückkehr auf den elterlichen Hof erwartet würde. Ich war mir nicht sicher, ob meine Worte in der aktuellen Situation bis in seinen Bauernschädel vordrangen. Faramuds Schritte stockten kurz, als er im Raum 6 Leichen in verschiedenen Verwesungsstadien am Boden liegen sah. Es roch ob der Toten und mangels vorhandener Fenster recht erbärmlich, dass sich einem der Magen umdrehen mochte. Nun, die Totenpflege eines sorgsamen Boronis hätten wir hier wohl auch nicht erwarten dürfen. Während sich die Anderen um den Schurken kümmerten, ging ich eine beruhigende Handbewegung machend auf Hanjo zu und begann, mich mit ihm zu unterhalten. Nicht das uns der Kerl in den Rücken fallen würde, wenn er die Situation falsch einschätzte. Hinter mir stachen und schlugen Faramud und Melissa den Schlagetot zu Boden und schickten ihn anschließend zu Boron. Faramud, der ansonsten ja ein eher überlegter Typ war, schien hier nur wenig Gedanken an einen Gnadenakt zu verschwenden. Was mir durchaus recht war, so blieb diese Aufgabe nicht an mir hängen, denn ich wollte hier keine Gefangenen machen, auch wenn ich ansonsten ja nicht gerade ein blutrünstiger Mensch war. Aber in diesem Keller ein Risiko einzugehen schien mir unangebracht.

Ich überredete Hanjo, doch bitte zu seinen Eltern heimzukehren. Er schien das als eine erfreuliche Aussicht zu sehen, anstatt hier weiter mit Leichen hantieren zu müssen. Was zur Folge hatte, dass wir ihn nun einerseits wie einen Hund im Schlepptau hatten, andererseits aber damit auch einen Führer gewannen, der sich hier unten auskennen sollte. Während ich mich noch mit ihm  unterhielt war ein Teil unserer Gruppe schon weitergegangen. Hinter mir auf dem Gang war auf einmal Hektik und Bewegung, aus der Ferne hörte ich jemand Alarm schreien. Als ich mit Hanjo zu den anderen aufschloss hatten diese bereits einen weiteren Goblin erlegt. Bedauerlicherweise dürfte damit nun das Überraschungsmoment nicht mehr auf unserer Seite liegen. Hanjo gab mir die Auskunft, dass die vermissten Frauen wohl im Kerker lägen. Ansonsten seien, rechnete man die Toten weg, nur noch zwei Gegner am Leben, ein Mann namens Arvid und eine Frau namens Lyn mit spitzen Ohren. Die Tür vor der wir dabei standen sei Arvids Zimmer, aber es war verschlossen. Zwar hätte ich mir durchaus zugetraut, das Schloss mittels eines Foramens zu öffnen, allein ich wollte mir die Kraft aufsparen. Und wenn wir diesen Arvid fänden, oder vielleicht auch er uns, dann würden wir sicher auch so in den Besitz des Schlüssels gelangen… Daher ließen wir uns von Hanjo in Richtung der Gruft führen. Man sollte das unvermeidliche nicht länger hinauszögern als erforderlich!

Wir waren kaum auf dem Weg, als von vorne war eine Stimme zu hören war: „Hanjo, Du Verräter“. Aus dem Dunkel flog etwas in unsere Richtung und explodierte in einem feurigen Ball. Der Gang war auf einmal kurz von einer hellen, heißen Glut erfüllt, die die Kleider meiner Begleiter anflammte. Faramud schien etwas im für mich undurchdringlichen Dunkel gesehen zu haben und stürmte unvermittelt los, direkt in einen Bolzen ein, der aus einer abgeschossen wurde und nun in seinem Schwertarm steckte. Das sah schmerzhaft aus…  die Schritte des fliehenden Schützen verklangen schnell in der Finsternis, dem wir vorsichtig folgten. Vor uns tat sich ein abgedeckter Brunnenschacht an einer Abzweigung auf, aber um die nächste Ecke herum hörte man das klackern einer sich spannenden Armbrust. Da man dies vorab unterbinden sollte lief Faramud hinter sein Schild geduckt erneut los.

Wir folgten, wobei ich einen kurzen Stopp an einer Tür einlegte, hinter der laut Hanjo die Kerker lägen. Nach kurzer Inspektion, die Tür war stabil verschlossen, folgten ich dann aber weiter. Nur um festzustellen, dass Pamina, Melissa, Surina und Faramud einen der Feinde bereits erledigt hatten, als ich vorne anlangte, der andere lag zumindest schon niedergeworfen am, weil Wala sich in ihn verbissen hatte. Mit diesen Lumpen musste man einfach kurzen Prozess machen! Beim Durchsuchen fand ich bei der Frau zwei Schlüssel die ich an mich nahm und 3 Borndorne die ich liegen ließ. Der Kerl hatte neben seiner Waffe ein Tiegelchen mit einer unbekannten Salbe, das ich ebenso an mich nahm sowie einen weiteren Schlüssel.

Faramud blutete unterdessen mit blassem Gesicht den Boden voll, als die Feinde endlich im Staub lagen. Zögernd, wie um Vergebung heischend, und auf uns Andere blickend nahm er dann den zweiten Heiltrank. Es schien ihm sichtlich unangenehm diese Schwäche einzugestehen, aber den Trunk schien er auch bitter nötig zu haben. Ich nahm mit Pamina die beiden Toten, um sie in den Leichenraum mit dem großen Tisch zu bringen, in dem wir auch Hanjo gefunden hatten. Erstaunlicherweise fehlte in dem Raum jede Spur von dem Kerl, den wir dort zu Boron geschickt hatten. Das war, freundlich gesagt, verwunderlich. Aber außer einer größeren Blutlache, in der Pamina Fußspuren einer einzelnen Person fand, die sich von dort entfernt hatte, war nichts zu sehen. War er doch nicht tot gewesen? Oder als Untoter erhoben worden? Nun war ich Neugierig… ich folgte mit Pamina den blutigen Spuren bis zu einem dunklen Gang, gingen dann aber erst einmal die zweite Leiche holen. Da der große Raum leider kein Schloss zu haben schien, verfrachteten wir die Elfe Lyn in ihr Zimmer, das immerhin absperrbar war. Dort fanden sich noch ein Waffenpflegeset, ein Handspiegel und ein Beutel mit Gold, die wir an uns nahmen. Ein kleiner Lagerraum in der Nähe bot außer Werkzeugen und Beleuchtungsmittel nichts Spannendes. In Arvids Zimmer hingegen stand eine kleine verschlossene Kiste, für die uns aber der Schlüssel fehlte. Faramud stemmte das Objekt mit einer Eisenstange aus dem Lager auf. Die Belohnung waren eine ganze Hand voll Schmuck und Münzen, eine regelrechte Schatzkiste. In diesem Raum verfrachteten wir nun alles, was sonst noch an Toten im Gewölbe herumlag. Einige der anderen hätten es wegen der Mühe und Ekligkeit der Arbeit gerne gesehen, wenn die Toten den Weg selbst gegangen wären, aber das Angebot, dass ich dies durchaus bewerkstelligen könnte schlug Faramud wie gewohnt aus, so dass wir es doch per Hand tun mussten. Immerhin waren nun alle Leichen in einem Zimmer mit versperrter Tür, so dass sie selbst dann keinen Schaden anrichten konnten, wenn sie belebt werden würden.

Nun gingen wir zum Kerker, um nach den Gefangenen zu sehen. Allerdings entpuppte sich der Raum als Küche und Hanjos Schlafzimmer. Wollte uns der Trottel veralbern? Oder hintergehen? Ich würde ihn im Auge behalten… Die letzte verbliebene Tür offenbarte dann eine kleine Kammer in dem ein halb zerfallenes Bett stand, daneben ein Strohhaufen auf dem Stofffetzen lagen. Ein übler Geruch verpestete die Luft. Das Quartier des kleinen Rotpelz, den wir oben bereits erschlagen hatten. Nachdem nun der einzige verbliebene Weg den blutigen Fußspuren nach gen Praios führte, folgten wir diesen endlich. Immerhin mit der Gewissheit, keinen Feind mehr im Rücken zu haben. An der nächsten Kreuzung rechts stießen wir schnell auf eine Tür, hinter der ein klägliches Jaulen zu hören war, das wir aber keinem Tier zuordnen konnten. Einer der Schlüssel passte ins Schloss und Hanjo meinte, das sei jetzt aber wirklich der Kerker. Ein kurzer Gang, dann standen wir in einem Zellentrakt von dem 6 Verließe abgingen. Nur ein leises Wimmern war zu hören, das um Hilfe flehte. Surina, die sich tapfer vor wagte, stand unvermittelt einem geifernden Ghul gegenüber. Aber sie machte mit Faramud zusammen kurzen Prozess mit dem Untier. In den übrigen Zellen fanden wir zwei Frauen und einen Mann, die alle nicht in besonders guter Verfassung waren. Wobei es dem Mann augenscheinlich am schlechtesten ging. Selbst an seinem Namen, Tanjef konnte er sich nur bedingt erinnern, manchmal nannte er sich auch verwirrt Vigo, also schiene er Opfer einer Besessenheit zu sein. Tanjef hatte sichtlich Angst vor Hanjo, der wohl auch als Handlanger des Magus dienen musste. Die Gefangenen wollten wir dann im Wachraum hinter dem Eingang unterbringen, damit sie in der Nähe des Ausgangs warten konnten. Aber ihr Bedürfnis, nach draußen zu kommen war stärker, so dass wir ihnen die Wahl ließen ob sie auf uns warten wollten oder direkt nach draußen fliehen. Da Petar eh oben wartete, sollte er sie dann eben zu Olko bringen oder dort oben zusammen mit ihnen auf uns warten.

Wir setzten unseren Weg dann alleine fort. Das nächste Zimmer war wieder ein stinkender Lagerraum für Leichen, den wir aber lieber undurchsucht und dafür verschlossen hinter uns ließen. Man muss ja nun wirklich nicht jeden Leichenstapel durchwühlen… ich fragte mich nur, woher die ganzen Toten stammten! Die nächste Tür sah recht windig aus, war aber verschlossen. Faramud setzte seine Eisenstange an um sie aufzuhebeln, versagte aber wegen seiner noch vorhandenen Wunden kläglich. Ihn so schwach zu sehen bewog mich dann ihn vermittels Balsamsalabunde weiter zu heilen. So nutzte er mir nun wirklich nichts! Unterdessen schafften es Pamina und Surina, die Tür zu öffnen. Während ich noch mit Faramud beschäftigt war drangen die Mädels in den Raum vor, was kurz darauf von mehreren spitzen Schreien quittiert wurde. Hätte ich mich nur nicht gerade um Faramud gekümmert, dann hätte ich helfen können. Einmal wenn man einem klassischen Braggu gegenüber stand… aber auf der anderen Seite war dieser Wächterdämon doch recht harmlos, das würden die Mädels sicher auch alleine schaffen, oder zumindest durchhalten bis ich mich von Faramud lösen konnte. Und mein Vertrauen war gerechtfertigt, denn es dauerte nicht sonderlich lange, bis sie sich des Dämons entledigen konnten. So gefiel mir das…

Bei dem Raum schien es sich tatsächlich um ein großes Labor zu handeln, das zu allem Überfluss sogar sehr gut ausgestattet war. Auf Grund des Gestanks gingen aber alle außer Pamina, Sari und ich aus dem stinkenden Raum hinaus. In einer Ecke fand ich ein schwer lesbares Büchlein in Zahyad mit dem Titel „Die Nutzbarmachung von Leichenteilen“. Ein Fläschchen mit klarer Flüssigkeit und der Aufschrift „Heilung“ war schnell nach einer Geruchsprobe als Heiltrank identifiziert, Zauberkreide für die Beschwörung von Dämonen kannte ich und steckte diese zu meinem eigenen Vorrat, sowie ein Tiegelchen mit silberner Paste und brandigem Geruch, das ich als Waffenbalsam erkannte und an Surina weiter gab. Auf einem weiteren Tisch stand ein Schälchen mit blassgrünem Pulver, vermutlich Bannpulver gegen Unsichtbares, das ich in eine Dose steckte und mitnahm. Ein Schälchen mit blauen Pastillen ordnete ich als Pillen gegen Erschöpfung ein, diese mochten uns ebenfalls noch gute Dienste leisten. Daneben fanden sich vielerlei chirurgische Werkzeuge, von denen ich ebenfalls einiges an mich nahm. Ich bezweifelte jedoch, dass der Magus hier dieses Werkzeug zur Heilung von Gebrechen nutzte… Hier im Labor konnte ich auch das Tiegelchen mit Salbe von Arvid als ein schwaches Waffengift namens Arax identifizieren. Mir brachte das nichts, aber vielleicht konnte Pamina es gebrauchen? Das war, soweit ich es wusste, immerhin ein Gift das man auch zur Jagd verwendete.

Die nächste große, doppelflüglige Tür wirkte schon von außen bedrohlich, daher nahmen Surina und Faramud sie zusammen. Ich folgte ihnen direkt um sie bei Bedarf schützen zu können. Blassgrünes Licht umfing uns. Tiefer im Raum stand eine Art Altar. Alles wirkte wie eine unheilige Krypta, in der sich ein verrückter Nekromant ausgetobt hatte – sehr faszinierend! Süßlicher Geruch lag in der Luft. Noch während wir uns einen Überblick verschafften, hallte ein dumpfes Geräusch, wie das Zuschlagen einer Tür, aus einer Ecke zu uns herüber. Als wir alle im Raum waren fiel auch die große Tür hinter uns ins Schloss und hinter den Säulen kamen 4 Skelette mit Schwert und Schild hervor. Wir gingen in Formation um erst einmal zu sehen, wie gefährlich die Gegner für uns werden würden.  Gleich zu Beginn des Kampfes musste ich einen schmerzhaften Schwerthieb hinnehmen, als das Skelett sein Schwert geschickt um meinen Stab herumlenkte. Es dauerte etwas, aber Faramud schaffte es mit der Zeit 2 der Skelette zu zerstören. Ich war jetzt wirklich froh, ihn vorhin geheilt zu haben. Ich hatte unterdessen den zweiten Hieb einer Knochengestalt einstecken müssen. Bei dem ersten zerhauenen Skelett ging das grüne Licht aus, so dass wir fast wieder im dunklen standen, nur noch von unseren Lampen erhellt. Beim Zweiten begann ein grünlich leuchtender Nebel aus dem Altar heraus zu wabern, der langsam auf uns zuwanderte. Was ging da vor? Das dritte Skelett fiel dann meinen wütenden Stabhieben zum Opfer, was aber zur Folge hatte, dass der Nebel sich schlagartig noch einmal auf das doppelte Volumen ausdehnte und uns zurück drängte, wollten wir nicht damit in Berührung kommen. Obwohl wir nach Kräften versuchten dem Nebel auszuweichen wurde mir übel von dem exorbitanten Gestank den er verbreitete und ich würgte einige Brocken aus dem Magen hervor. Ich wollte daher mit Melissa zurück zur Tür zu kommen, um erst einmal etwas frische Luft zu erhaschen. Auch Faramud folgte uns, nachdem er das letzte Skelett zu Boden gestreckt hatte, während sich die übrigen, auf Grund ihrer Position zum Ende des Kampfes hin, eher zu dem vermuteten zweiten Ausgang orientierten.

Außerhalb der Krypta schien mir ein starker Druck von Geist und Brust zu weichen, abgesehen davon, dass es hier deutlich weniger stank. Nachdem wir etwas zu Atem gekommen waren nahm Faramud ein wenig Nelkenöl von Melissa und träufelte etwas davon auf seinen Schleier. Wir öffneten die Tür erneut, sahen aber kaum etwas, nur der Gestank nahm jetzt wieder zu. Wir versuchten am Rande des Raums dem wabernden Nebel auszuweichen der nun einen beträchtlichen Teil der Krypta einnahm und rannten an der Wand entlang, aber erneut wurde ich von dem Gestank übermannt. Noch während des Laufens musste ich mich gegen die Wand übergeben, und ich meinte in dem Nebel, der uns wie ein jagendes Wesen folgte, schemenhaft etwas wie einen doppelten skelettierten Schädel zu sehen, wenn auch nur kurz. Allerdings schien der Nebel die Säulenreihe nicht überwinden zu können und wir erreichten eine Tür, hinter der die Anderen bereits auf uns warteten. Es war wenig, aber für mich als profunden Kenner der siebten Sphäre ausreichend an Hinweisen, um was für einen Widersacher es sich hier handelte. Ein Dhormarhei, zweigehörnter Diener Thargunitots, mit dessem Miasma man tatsächlich nicht in direkten Kontakt kommen sollte, wollte man nicht in dämonischen Alptraumwelten versinken. Natürlich dozierte ich den Anderen über meine Erkenntnis, aber ich sah schon an ihren Gesichtern, dass sie meinen Ausführungen nur bedingt folgen konnten. Also hielt ich es am Ende kurz und wies sie einfach an, den Nebel nicht zu berühren oder sogar einzuatmen. Das verstanden sie dann.

Zum Glück führte ein Gang weiter, so dass wir zumindest nicht unmittelbar zurück in diese Krypta mussten. Erpicht darauf mich einem zweigehörnten stellen zu müssen war ich auch nicht! Nach zwei weiteren Ecken stießen wir auf eine weitere Tür, die vom Gang abzweigte. Surina öffnete sie unverdrossen, riss sie aber sofort wieder mit erschrecktem Blick zu. Sie meinte, einen Menschen mit leuchtend grünen Augen dahinter gesehen zu haben. Nach kurzer Beratung stellten wir uns dem Gegner und nahmen eine praktischere Formation ein. Der Mann trug eine Rüstung und hielt ein gezogenes Schwert vor sich. Er schien einen, im Gegensatz zur restlichen Katakombe, gut ausgeleuchteten Raum zu bewachen. Den Gang weiter hinunter führte eine Treppe tiefer hinunter auf eine weitere Ebene. Der Kerl, oder was auch immer es war, zog sich einige Schritte zurück, Surina folgte ihm vorsichtig und Pamina stellte sich in der Hoffnung doch einen Schuss zu bekommen direkt dahinter auf. Auch ich drängte mich dazu und legte den leuchtenden Panzer eines Favilludo um Surina, um sie zu schützen und zu verhindern, dass er sie mit gezielten Stichen verwunden konnte. Hinter dem Feind erschien eine höhnisch grinsende, weitere Gestalt. Surina zog sich daraufhin, auf den Feind einstechend, langsam zurück. Dann ertönte ein lautes „Kulminatio“ aus dem Raum. Surina versuchte noch zu flüchten, wurde aber von dem Blitz fast augenblicklich eingeholt. Faramud schoss noch einen Pfeil in den Raum, als der von einem anscheinend von einem Nephazz beseelte Leib herausstürmte und nach ihm schlug. Ein aus dem Raum hallender Plumbumbarum schien aber an Faramud abzuprallen, zumindest sah ich an seinen Bewegungen keine sichtbare Wirkung. Den zweiten Plumbumbarum brachte er jedoch anscheinend ins Ziel. Während wir weiter Hiebe mit dem belebten Leichnam austauschten versetzte der Magier aus dem Raum heraus Faramud in eine kurze Ohnmacht. Sari, die völlig grundlos mit Surina vor dem Blitz geflohen war, kehrte gerade zurück und Pamina versuchte, ihren Bogen wieder aufzunehmen. Nach einem schweren Treffer an Faramud, der diesen noch auf den Beinen stehend bedenklich schwanken ließ, stellte ich mich an seine Seite, half ihm mit meinem Notfall-Amulett wieder zu Kräften zu kommen um weiterkämpfen zu können, und begann mich danach gegen alle Schweinereien zu wappnen, die der gegnerische Magus noch für uns bereit haben mochte. Und genau was ich antizipiert hatte geschah: ein weiterer Kulminatio schoss auf uns zu, während ich meinen Stab rotieren ließ um mittels Gardianum eine Schutzkuppel zu erzeugen, die sich um uns herum auch direkt aufbaute. Jetzt waren wir genau da, wofür ich all die Jahre ausgebildet worden war! Meinem Schutz gelang es auch, den größten Teil des Schadens zu absorbieren, allerdings durchbrach ein kleiner Teil noch mein Schild und sandte ein Brennen durch meinen Körper – immerhin hatte ich den Schaden von Melissa und Faramud abwenden können! Dann zogen sich Magus und Untoter zurück, während wir ihnen vorsichtig folgten. Faramud gelang es nach längerer Anstrengung den erhobenen Körper schließlich zu erschlagen, der Weg zum Magus war frei.

Auf sein „Lasst uns reden“, mein resolutes „Nein“ und Surinas „Ergebt Euch“ erwiderte er wiederum „Nichts leichter als das“, aber Faramuds Zorn, auf den ich hier baute, ließ da keine Kompromisse zu. Surina war zwar offensichtlich an einer friedlichen Lösung interessiert, aber Faramud definitiv nicht. Das war absehbar und von mir auch fest einkalkuliert. Nicht das ich einem anständigen Kollegen etwas Schlechtes gewünscht hätte. Aber dieser hier war von selbst einer weiten Definition von „Anständig“ ungefähr so weit entfernt wie Dere von Alveran. Außerdem spekulierte ich durchaus darauf, im „Nachlass“ dieses Nekromanten das ein oder andere für mich wirklich interessante Objekt zu finden, an das auf andere Art wohl nur schwer hernzukommen sein dürfte. Nachdem er sich dankenswerterweise dann doch nicht ergab sondern wehrte als Faramud drohend auf ihn zukam, half auch Surina ohne weitere Fragen bei der Beseitigung des Problems mit, und gemeinsam mit Faramud gelang es ohne größere Probleme, auch ihn niederzuzwingen und zu töten. Genau so hatte ich mir das vorgestellt… Faramud schlug, sowohl zur Sicherheit, als auch aus Überzeugung, dem Magier den Kopf ab. Ich hieß ihn dann noch, sich mein Amulett für die restliche Wirkungsdauer auf den Körper zu halten, damit ich die Hände frei hatte. Der Nachteil bei diesem Teil war einfach die Dauer die es benötigte, um seine Wirkung zum Abschluss zu bringen, ähnlich wie der darin gebundene Balsamsalabunde selbst. Das Aufladen würde ich wohl erst später erledigen können, aber genau für solche Fälle hatte ich das Stück ja dabei.

Notizen auf dem Schreibtisch in Bosparano ließen darauf schließen, das Gorm, so der Name des Magus, hoffte für seinen Meister Vigo einen neuen Körper zu erschaffen um ihn zurück ins Leben zu rufen. Im Gegenzug würde dieser ihn dann tiefer in die Geheimnisse der Magie einweihen. Das erinnerte ein wenig, wenn auch natürlich viele, viele Stufen geringer, an die Geschichte, die Borbarad seinen Anhängern versprochen hatte, oder? Der auserkorene Körper war wohl der Köhler Tanjef gewesen, den wir ja schon gerettet hatten. Faszinierend war das ja schon, aber die Toten zurückzurufen war etwas, das den Göttern vorbehalten bleiben sollte! Ein kleines Büchlein, wohl die Buchhaltung, wies darauf hin, dass er die letzten Monate Güter und Informationen vom Krämer des nahen Dorfes bezogen hatte. Das mochte den Vogt durchaus interessieren, weswegen ich das Büchlein in die Tasche steckte. Auf einem kleinen Regal über dem Tisch stand dann aber der wahre Schatz: Bücher, die nun meine ganze Aufmerksamkeit fesselten, während Surina den übrigen Raum  nach profaneren Wertsachen durchsuchte. Ich wurde nicht enttäuscht!

Die Titel, die sich da aufgereiht fanden würden sich, zumindest Teilweise, hervorragend in meiner kleinen Sammlung machen. Der Folianth der Kreutherkunde, die Wege ohne Namen – Hexerei und Schwarzmagie sowie Die Nichtwelt, Legenden aus dem Reich der Geister und Phantome ließen mein Herz höher schlagen. Nun, die Kreutherkunde besaß ich schon, aber die würde Pamina sicherlich gute Dienste leisten. Das Mädel wollte ja eh ihre Lesefähigkeiten vertiefen. Da war dieses Buch allemal besser als irgendwelche Schund- oder Pfaffenheftchen! Und die anderen beiden Folianthen waren zwar jetzt eigentlich nicht unbedingt die Themen, mit denen ich vorhatte mich zu beschäftigen. Aber wenn sie einem schon mal in den Schoß fielen, würde ich mich natürlich nicht dagegen verwehren sie zu studieren…

In der Truhe, zu der Gorm den Schlüssel am Hals trug, ging es dann zu meinem Verzücken weiter. Ein Bannschwert das ich an mich nahm um es später einmal an mich zu binden, Astraltränke die Sari und mir noch gute Dienste leisten mochten und ein Goldbeutel, dessen Inhalt wie später aufteilen würden. Der größte Fund war aber, auch wenn ich es nicht lesen sondern nur anhand der Illustrationen identifizieren konnte, eine Kopie des Arcanums. Ich führte ein kleines Freundentänzchen auf. Diese Zeichen schienen die seltenen Imperialen Glyphen zu sein, womit es vermutlich in Aureliani abgefasst war. Welche Geheimnisse würden sich hinter den Deckeln dieses Werks verstecken? Ich musste  unbedingt beginnen, diese Sprache und Schrift zu erlernen! Hierdrin mochte das Wissen stecken, dass ich brauchte um nicht nur die Schatzsuche erfolgreich abzuschließen, sondern auch meine Namenlosen Feinde endgültig in ihre Schranken zu weisen!

Da es manchen von uns aber nicht mehr gut ging wollten wir, bevor wir uns dem bösen Geist stellten, der hier noch irgendwo lauern mochte, noch einmal kurz ausruhen. Surina übernahm freundlicherweise die Wache, weil es ihr im Gegensatz zu uns anderen noch recht gut ging.

Nachdem wir eine, leider nur wenig erholsame Ruhe hinter uns hatten, was vermutlich am nahen Unheiligtum lag, machten wir uns auf den Weg die Treppe hinunter. An deren Ende erwartete uns ein schwarzer Gang mit Totenschädeln und Knochen in Gold und Silber, die wie Intarsien die Wände und den Boden schmückten. Dahinter herrschte undurchdringliche Finsternis, der Flur lag in Schwärze vor uns, die Luft war abgestanden und kratzte im Hals. Als wir die Tür öffneten schlug uns wieder einmal übler Fäulnisgestank entgegen, der uns reihenweise zusammenbrechen lies. Nachdem wir uns halbwegs zusammengenommen hatten, durchschritten wir den Gang, an dessen Ende eine Doppeltür einen Spalt weit offen stand. Im Raum dahinter waren fünf Podeste eingelassen auf denen eine Art Kerzenständer standen, auf denen wiederum goldene Schlüssel mit knöchernen griffen lagen. Die Schlüssel wirkten alle gleich und Sari meinte, in ihnen und dem Schloss der Tür die den Raum nach hinten abschloss würden Geister wohnen, was wohl in ihren Worten hieß, dass sie magisch wären.

Wir konnten beim besten Willen und trotz allen Suchens keinen Anhalt finden, welcher Schlüssel der richtige sein mochte. Ich empfahl daher den 5. Schlüssel zu versuchen, immerhin war Boron der fünfte Gott im Götterkreis und Thargunitot seine Gegenspielerin. Sari probierte es aus, nachdem sie wieder einen kleinen Schutzkreis vorbereitet hatte. Aber das war wohl nicht der richtige Hinweis. Auf sie entlud sich, in dem Augenblick als sie den Schlüssel berührte, ein Corpofrigo und eine dünne Eisschicht überzog ihren kurzzeitig steif gefroren Körper. Das konnte ja noch heiter werden… und da Sari wohl unsere beste Chance war den Geist zu bannen, sie kannte sich als einzige mit solchen Dingen aus, würden wir sie um jeden Preis schützen müssen. Die nächsten Versuche sollten in jedem Fall Faramud, Pamina oder Surina vornehmen!

Nüchtern betrachtet war, auch wenn es absolut das richtige im Sinne der Zwölfe war, das was wir taten schon abwegig und eigentlich für uns persönlich das Risiko nicht wert. Aber ich bin mir sicher, keiner von uns würde sich zum jetzigen Zeitpunkt von dieser Logik abhalten lassen, trotzdem das richtige zu tun. Nur unsere Überlebenschancen, die sollte ich vielleicht noch etwas optimieren… ich rekapitulierte noch einmal, was wir über unseren letzten verbliebenen Feind in Erfahrung gebracht hatte. Ein Geist, wahrscheinlich kein Untoter. Dafür aber wohl sehr mächtig. Früher anscheinend ein Nekromant, der nun vor hatte wiederzukehren. Mächtige Nekromanten waren, zumindest in der Regel, auch gleichzeitig Paktierer. Als solcher hätte er jedoch bei seinem Ableben in die Niederhöllen fahren müssen. Was also hielt seine Seele noch an Dere gefesselt, respektive entzog ihn seiner gerechten Strafe? Ein Mensch oder ein Ding, das ihn an die 3. Sphäre Band? Das mochte eine weitere Möglichkeit sein, falls Sari versagte, wenn sich den die Gelegenheit ergab diese Bindung irgendwie zu lösen. Aber es konnte natürlich niemand garantieren, dass sich dieser Mensch oder dieses Ding auch hier befand, geschweige denn wie gut es bewacht oder geschützt war und wir überhaupt herankommen konnten.

Blieb also eine letzte Möglichkeit, die aber durchaus mit einigem Risiko verbunden war… zumindest für mich. Aber wer wäre ich, wenn ich nicht für den absoluten Notfall vorsorgen würde um unseren Erfolg zu sichern? Angenommen, dieser Vigo war wirklich ein Paktierer, der es irgendwie geschafft hatte sich der Seelenmühle zu entziehen, wäre Thargunitot sicherlich dankbar, wenn ich ihr verschaffte, was das ihre war. Meine Seele mochte ich darauf nicht verpfänden, aber einen Handel mit der Präzeptorin der heulenden Finsternis, zu meinen Konditionen und um uns abzusichern, das konnte ich mir durchaus vorstellen. Der höchste Diener Thargunitos, Nirraven, konnte Seelen ja selbst aus lebenden Körpern reißen, warum also nicht auch eine nur gefesselte oder gebundene Seele von Dere? Er hatte wahrscheinlich nur bisher nicht den Zugang zu dieser Gruft und Dere erhalten, um diesen Dienst für seine Herrin zu erfüllen. Nun, da würde ich vielleicht helfen können! Ich würde nur dafür sorgen müssen, das Faramud nicht Wind von der Sache bekäme…

Da die Tränke zur Regeneration der Zauberkraft leider nicht handlich abefüllt waren, so dass man sie schön teilen konnte, und Sari sich sowieso gerade noch von ihrem Eisschock erholte, zog ich mich unter dem Vorwand, dies im Labor tun zu wollen von den Anderen zurück und eilte allein durch die Katakomben. Sehr gut, niemand, insbesondere Faramud, hatte Verdacht geschöpft, sondern sie alle kümmerten sich um Sari oder versuchten weiter, das Geheimnis der Schlüssel zu ergründen und ignorierten mich. Normal würde ich mich ja darüber ärgern, wenn man mich ignorierte, aber gerade eben kam mir das ausgesprochen gelegen!

Mit ein wenig mulmigen Gefühl ob der geplanten Dreistigkeit betrat ich das Unheiligtum. 7 Kadaver waren dort als Opfer mit dem Altar und der Statue verbunden, eine Art Symbol für die „Weihung“ dieses Ortes. Mit symbolisch erhobenem Stab trat ich an den Rand der Säulenreihe auf den lauernd wabernden Nebel zu, der mir erneut seine doppelt scheußliche Fratze zeigte. „Weiche zurück, Dämon, ich bin hier um mit Deiner Herrin zu sprechen!“ Erst verharrte der Nebel, als wäre er unsicher was nun zu tun sei, aber dann zog er sich langsam zurück in einen Winkel hinter den Altar und ich trat vor. Ich musste mich zusammenreisen, die Hand nicht vom Altar zu nehmen, nachdem ich sie einmal darauf gelegt hatte. Die ungreifbare, finstere Kälte der Niederhöllen strömte durch meinen Arm und meinen Geist. Trotzdem erhob ich die Stimme: „Tjakol, Tjakol, Tjakol,  höre meinen Ruf…“, dabei schloss ich die Augen und harrte in meiner eigenen Dunkelheit auf eine Antwort. Gefühlt eine halbe Ewigkeit musste ich warten, dann fühlte ich durch meine Finger den Arm nach oben etwas fremdes, wie ein erregtes Vibrieren. Vor meinem Gesicht spürte ich ein Lufthauch von der Statue her, der an meinem rechten Ohr vorbei ein einzelnes Wort wisperte, „Sprich!“

Ich darf wohl sagen, dass mich angesichts der gerufenen Präsenz einer Erzdämonin eine gewisse Nervosität packte, und ich schäme mich dessen nicht! „Höre meine Worte, mein Angebot, Präzeptorin der heulenden Finsternis. In diesen Kammern haust ein Geist, eine Seele, die sich Deiner entzieht. Ich werde diese Seele Deinem Zugriff zuführen, auf welchem Wege dies auch sei. Dafür gewähre mir folgendes, ohne das meine Seele verpfändet ist: Offenbare mir den wahren Namen Deines Dieners Nirraven, des Seelensammlers. Und wenn ich ihn herbeirufe, heute oder an einem anderen Tag, so hat er ein einziges Mal zu erfüllen meinen Befehl, so als käme er aus Deinem Mund, ohne dafür von meiner Kraft zu zehren. Diesen Handel biete ich Dir, und Du gewinnst in jedem Fall, sei es nur eine Seele heute, oder darüber hinaus andere Seelen in der Zukunft.“

Ein erneuter Lufthauch, wie Eis in meinem Blut fasste nach mir und schauerliches Gelächter erklang wie aus dem Nichts. Tjakol verweigerte sich dem Handel, warf in die Wage, alle Zeit der Welt zu haben und warten zu könne, ja gar von der Präsenz des Geistes zu profitieren, der immer weitere Opfer anzog. Aber im Gegenzug gegen einen Teil meiner Seele… Nun war es an mir, den Handel zu verweigern, denn meine Seele würde ich niemandem verpfänden, das einzige, was am Ende meiner Zeit vor den Göttern zu meinen Gunsten auf Rethon gewogen werden konnte. Wir würden uns also nicht einigen können, sehr bedauerlich… Ich nahm die Hand vom Altar und der Nebel, als er merkte, dass ich die Gunst seiner Herrin nicht erlangt hatte, versuchte mich zu verschlingen und verfolgte mich, während ich hastig zur Tür rannte. Sehr ärgerlich, damit war wohl leider die beste Chance, die ich uns verschaffen konnte dahin. Aber eher würde ich unverrichteter Dinge von hier fort gehen und die Boroni meiner Heimat hierher senden, als meine Zukunft in Hesindes Labyrinth gegen ewige Knechtschaft in der Seelenmühle eintauschen!

Als ich, darüber nachsinnend, die Treppe zurück hinunter zu den Grüften ging, erschien vor mir ein grünes Licht, dessen Form mir wage bekannt vorkam. In der Form manifestierte sich ein Buchstabe, ein weiteres R. An meinem Ohr säuselte eine sanfte Stimme, „So hatte ich es eigentlich nicht gemeint, aber wer das Große wagt und so sein Anliegen vorträgt, der soll nicht unbelohnt bleiben“. RR? Ich war verwirrt… aber diese Stimme… ich hatte sie im Hafen von Boran bereits im Traum vernommen. Und nun hier erneut… wer gerierte sich hier als mein Gönner?

Auf dem Weg ging ich dann noch ins Labor, den Astraltrank auf 4 Fläschchen abfüllen, um Sari etwas abgeben zu können und meine Abwesenheit glaubhaft zu begründen. Als ich zurück kam hatte Pamina in der Zwischenzeit den nächsten Schlüssel ausprobiert und war dabei von einem klassischen Höllenpein niedergestreckt worden. Mir kam der Gedanke, dass diese ganze Anordnung nur Scharade sein mochte und versuchte zunächst, die Schlüssel vom Schlüsselbund und des Magus am Schloss, aber es passte keiner. Surina versuchte nun ebenfalls ihr Glück und einen Schlüssel, löste dabei aber nur einen niederhöllisch stinkenden Tlalucs Odem aus, der sie und Faramud erfasst und aus den Latschen haute. Mittlerweile ging es uns allen wieder so mäßig, das Sari sich erbot uns alle noch einmal zu heilen und ihre Geister zu rufen. Da es mir selbst ebenfalls nach wir vor nicht gut ging und wir ja zudem für den Notfall die Astraltränke hatten, ließ ich mir diese Wohltat gerne gefallen.

Als nächstes stupste Pamina den dritten Schlüssel von seiner Säule, es geschah aber nichts. Als sie ihn aber vom Boden aufnahm begann sie, obwohl sie extra Handschuhe dafür angelegt hatte, auf einmal zu jammern, zu lamentieren und zu weinen. Der Zauber schien ihr ohnehin nur schwach ausgeprägtes Selbstvertrauen endgültig zu zerstören. Sie schien regelrecht nach aufbauenden worten zu betteln, aber alles was man zu ihr sagte verstärkte nur ihr Selbstmitleid und ihre Unsicherheit. Der letzte Schlüssel schien endlich der richtige zu sein. Warum war es eigentlich immer der letzte Schlüssel? Faramud nahm ihn und sperrte die Tür ohne weitere Probleme auf. Bis Pamina sich erholt hatte, zum Glück wirken derlei Zauber immer nur vorübergehend, erläuterte ich den anderen meine Überlegungen zum Geist und dessen Bannung vermittels Sari oder der Zerstörung des bindenden Gegenstandes. Meinen misslungenen Notfallplan behielt ich wohlweislich für mich. Nicht das einer dieser Leichtfüße noch auf den Gedanken gekommen wäre, stattdessen einen Pakt in Kauf zu nehmen. Wobei… das hätte ich tatsächlich ernsthaft keinem von ihnen zugetraut. Aber man kann ja nie wissen! Pamina schrie, noch während ich sprach, erschreckt auf, als hätte sie ein Geist gestreift. Dann machten ihre Füße bei jedem Schritt komische Geräusche wie klingeln oder schellen und Fanfarenstößen.

Surina ging als erste durch die Tür, meine Warnung beherzigend, das wir Sari noch dringend bräuchten. Nebel zog vom Boden des Ganges herauf, aus dem schmatzende und schlürfende Geräusche ertönten. Gruselig war wohl die treffendste Beschreibung, trotzdem trauten sich fast alle von uns hindurch – außer Sari, die sich nicht weiter wagte, weswegen ich mit Faramud bei ihr blieb, um sie bei Bedarf zu beschützen. Surina und Melissa gingen weiter und wir hörten verzerrt vom Nebel erneut eine Tür aufgehen. Surina rief aus dem nächsten Gang nach uns, sie meinte auf Fallen gestoßen zu sein. Ich empfahl, einen Kadaver zum Auslösen darüber zu rollen, damit sich keine der Damen in Gefahr brächte. Faramud holte daher mit Pamina den kopflosen Körper des Magus. An den Wänden weiter den Gang hinunter fanden sich seltsame Muster, die aber keiner Ordnung zu folgen scheinen. Endlich hatte auch Sari Mut gefasst und sich hinein gewagt, so dass ich sie begleiten konnte. Zusammen mit Pamina schoben sie die Leiche mit ihren Speeren vorwärts über den Boden. Zum Werfen war der Magus selbst für Faramud und Surina etwas zu schwer, das hätte einfach zu lange gedauert. An der nächsten Ecke des Ganges verharrten sie kurz, warteten, dann ging es um die Kurve herum weiter. Auch eine Tür war in der Ecke zu sehen die Sari, mittlerweile zappelig vor Ungeduld, entgegen meiner Warnung selbst mit ihrem Stab aufdrückte. Wir folgten nun, alle. In dem Raum schien gegenüber etwas zu sein, in der Dunkelheit nur schwach auszumachen. Erneut ging Sari, entgegen meiner Anweisung, vor. Und als hätte ich es gehant, auf einmal klappte der Boden unter ihr auf und sie stürzte in eine Grube, deren Grund mit Speeren gespickt war. Eine blutige Spitze ragte aus ihrer Brust, ein schwaches Röcheln war alles, was wir noch von ihr vernahmen, während blutiger Schaum aus ihrem Mund quoll. Faramud machte sich direkt daran, sie wieder hochzuholen und schüttete den Heiltrank aus dem silbernen Fläschchen den wir kürzlich im Labor gefunden hatten in ihren Mund. Ich konnte nur hoffen und beten, das er tatsächlich so gut war wie ich annahm.

Hinter der Speergrube stand ein kunstvoll verzierter Sarkophag mit golden und Silber schimmernden Einlegearbeiten. Das Grab des Magus vielleicht? Der Deckel schien allerdings zu schwer, als das ich ihn allein hätte bewegen können, und helfen wollte mir anscheinend niemand dabei. Nur Faramud konnte ich am Ende mit dem Argument überzeugen, dass vielleicht dort ja das darin war, was den Geist an Dere fesselte. Er hebelte den Deckel mit seiner Eisenstange etwas auf und ich schob ihn dann zur Seite. Ein Skelett mit einem Rest von Kleidung, deren Gespinst noch golden glänzte. An der Hand ein prachtvoller Dolch, ein goldener Kelch daneben und weiter hinten im Grab glitzerte noch mehr verheißungsvoll zu uns heraus. Wir begingen jedoch keinen Grabfrevel, und machen den Deckel wieder zu. Dieser Tote hatte sich nicht von selbst bewegt, und da wir davon schon genug hatten, mochte wenigstens dieser seine Ruhe behalten. Es schien ja auch so genug Reichtümer hier unten zu finden zu geben, ohne dass man sich an einem Grab selbst vergehen musste.

Beim Herausgehen verfiel ich in unversehens in einen Blutrausch und fing an auf Faramud und Surina einzuschlagen. Mir war, als hätte ich kurz davor eine geisterhafte Stimme gehört, aber beschwören konnte ich es nicht im Nachhinein. Es war, als hätte ich einen roten Vorhang vor aus Zorn den Augen, so eine Wut hatte ich noch nie in meinem Leben gespürt. Kaum nahm ich die Hiebe und Stiche war, die mir Farmaud und Surina versetzten, verlor aber meinen Stab nach mehreren Treffern und zog den Dolch. Faramud schnitt mit einem gezielten Streich meine Umhängetasche los und streute einen Teil des Bannstaubs über uns, den ich dort verwahrt hatte. Das alles nahm ich war, als wäre ich ein fremder Zuschauer in meinem eigenen Körper. Es passierte… nichts. Surina schlug mir den Dolch aus der Hand, also kämpfte ich mit der Faust weiter, bis ich schlagartig bewusstlos wurde. Ich wurde wieder wach als wir an der Treppe ankamen, Faramud hatte mich anscheinend getragen. Ich fühlte mich völlig erschöpft, ausgelaugt und war kaum in der Lage mich zu bewegen. Dazu blutete ich aus mehreren tiefen Wunden. Faramud verband meinen Arm, an dem ein tiefer Stich darauf hindeutete, das Surina hier ihr Werk verrichtet hatte. Das würde ich mir merken… Allerdings hatten die beiden Kretins meinen Dolch und Stab bei dem Rückzug zurückgelassen, das ging natürlich überhaupt nicht!  Pamina schien derweil verwirrt und redet nur Unsinn. Also noch mehr Unsinn, als sonst schon. Das arme Ding schien völlig den Verstand verloren zu haben.

Nach kurzer Beratung zogen wir uns in die Schlafkammer des Magus zurück, ich legte mich ins Bett, oder besser, wurde eher hineingelegt. Sari legte ihre Schutzknochen um das Bett und Pamina wurde zu mir gebracht. Sari ließ uns noch einmal Heilung angedeihen, hatte aber offensichtlich von dem Verlies genug und eilte dann grauenerfüllt mit Melissa nach oben. Sie ergriff einfach die Flucht. Und ich konnte ihr es nicht einmal verübeln. Was auch immer hier unten lauerte, war anscheinend doch eine Nummer zu groß für uns. Hätte ich nur nicht versagt bei meinen Verhandlungen mit Thargunitot. Nun war unsere Geistervertreiberin fort, und wo der Verfluchte seinen anker haben mochte konnten wir nur raten. Wir würden ihr wohl bald folgen müssen, aber natürlich nicht ohne meinen Stab, auch wenn Surina und Faramud es erst nicht einsehen wollten, aber zur Not wäre ich auch ohne die beiden meine Sachen holen gegangen! Ich ließ mir von Faramud noch die Wirselsalbe des Druiden und seinen Kräutertrunk auftragen und einflößen. Nach der Ruhe ging es mir deutlich besser, auch wenn ich eigentlich keine zweite Nacht neben diesem Unheiligtum verbringen wollte. Wie konnten es diese Männer, Frauen und Monster nur ertragen, hier monatelang gehaust zu haben?

Mit Faramud und Surina ging ich, nachdem wir erwacht waren, noch einmal hinein, um die zurückgelassenen Sachen zu holen und dann schnell wieder zu fliehen. Bei unseren, oder besser meinen, Sachen schwebte eine helle, leuchtende etwa handgroße Kugel, die, als wir uns näherten in einem hellen Blitz explodierte und uns heftig blendete. Ich kroch die letzten Schritt in Richtung meines Stabes. Als ich los krabbelte, band Faramud ein Seil an mir fest. Nur langsam kehrte unsere Sehkraft zurück. Noch während ich nach meinem Stab griff tauchte unvermittelt eine Gestalt mit Flammenschwert über mir auf, schlug nach mir und traf mich am Arm. Danach verschwand sie genauso schnell ins nichts, wie sie erschienen war. Das pure Grauen! Ich nahm Stab und Dolch hastig an mich, Faramud ließ seinen Schild gleich völlig liegen. Dann flohen wir heillos ebenfalls in Richtung Tageslicht.

In der Krypta und bei dem Golem mussten wir noch einmal vorsichtig sein und dann schnell die Gefahrenstellen passieren. Aber das gelang uns. Die ganze Zeit konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass eine höhnische Präsenz unsere Flucht verfolgte. Diese Demütigung… irgendwann würde ich selbst, oder jemand in meinem Auftrag hierher zurückkehren und dieses Chaos bereinigen… Oben erwarteten uns schon Sari und Pamina mit den Dorfbewohnern in der eisigen Luft bei strahlendem Sonnenschein. Wir waren uns einig, hier nichts mehr ausrichten zu können, hatten wir doch das eigentliche Ziel, den fünften Schlüssel zu finden, erreicht, und machten uns auf den Rückweg. Beim Druiden Olko gaben wir Bescheid, dass er den bösen Geist noch länger behalten durfte. Aber immerhin war der üble Magus beseitigt. Unsere Stimmung war dennoch gedrückt, aber der Druide war jetzt deutlich freundlicher zu uns und den Dorfbewohnern als noch auf dem Herweg. Auch das Heilmittel für den Dörfler mit Wundbrand in Schwarzmos gab er uns nun mit. Dort angekommen mussten wir die Geschichte erneut erzählen, da der Bronjar gerade im Dorf weilte. Aber immerhin blieben wir dabei unbehelligt. Nur der Krämer wurde ausgepeitscht und aus dem Dorf gejagt, nachdem ich seine Rolle in diesem Spiel und das Geschäftsbuch des Magus dem Bronjaren offengelegt hatte.

Dann war es an der Zeit zurück über Rodebrand nach Festum zu ziehen. Auch den örtlichen Boroni würden wir wohl Bescheid geben müssen. Um so ein Unheiligtum sollten sich dann doch lieber die Vertreter der Kirchen kümmern. Und die Rückreise nach Fasar hatten wir ja auch noch zu planen. Ich für meinen Teil verbrachte nun jede freie Minute damit, in den erbeuteten Büchern zu lesen, soweit es die Zeit zuließ. Dafür musste ich zwar auf das gesellige Löten verzichten, aber bei Hesinde, das war es wert! Das Wissen, das sich mir in diesen alten, staubigen Seiten offenbarte war erstaunlich. Nur die darin enthaltenen Thesi, welche ich mir in aller Stille in der Theorie aneignete, würde ich praktisch besser wohl nur ausprobieren, wenn Faramud nicht in der Nähe war. Ein Teil davon waren Canti, deren wirkweise nicht auf einen freundlich gesinnten Erfinder schließen ließen. Aber sei es drum! Unsere Bruderschaft stand nicht umsonst in dem Ruf, sich Wissen um des Wissens willen anzueignen, unbeschränkt von jeglicher einschränkender moralischer Beschränkung. Im Gegenteil, ich bezweifelte ja sogar selbst, dass das meiste dieses Wissens mir je etwas nutzen würde oder ich die Kenntnis dieser Sprüche bräuchte… aber hier ging es ums Prinzip! Selbst wenn ich nie ein Geisterbeschwörer werden wollte und wohl auch nie sein würde, zumindest kein kompetenter, über das Wissen zu verfügen, es in der Theorie zu können… das war es doch, was einen wahrhaft hesindianischen Geist ausmachte!

Die Beute setzten wir in Festum zum Teil in Gold um. Die Bücher behielt ich natürlich, bis auf den Folianth der Kreutherkunde, genauso wie das Bannschwert in meinem Besitz Damit würde außer mir eh niemand etwas anfangen können. Den Rest, insbesondere die Waffen, verteilten die Anderen unter sich, so wie sie es gebrauchen konnten. Am Ende waren wir alle auf jeden Fall um einige wertvolle Stücke und einen ordentlichen Batzen Gold reicher, als zu dem Tag an dem wir zum ersten Mal das Bornland betreten hatten. Phex, was sagst du? War das ein Vorgeschmack auf das, was uns noch erwartete?

Dieser Eintrag wurde am 29.07.2023 (18:23) verfasst und 64 mal aufgerufen.
Kommentare:
Dieser Eintrag wurde noch nicht kommentiert.
DAS SCHWARZE AUGE, AVENTURIEN, DERE, MYRANOR, THARUN, UTHURIA und RIESLAND sind eingetragene Marken der Significant Fantasy Medienrechte GbR. Ohne vorherige schriftliche Genehmigung der Ulisses Medien und Spiel Distribution GmbH ist eine Verwendung der genannten Markenzeichen nicht gestattet.
Diese Webseite nutzt Grafiken aus dem "Das Schwarze Auge" - Fanpaket.
Wir freuen uns über deine Unterstützung:
Hinweis:
Einige Funktionen dieser Webseite verwenden Cookies.
Weitere Informationen: Datenschutzerklärung | Impressum Verstanden und akzeptiert